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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 1 AKTIONSPLAN DER EU ZUR BIODIVERSITÄT: Bewertung 2010

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 1

AKTIONSPLAN DER EU ZUR BIODIVERSITÄT:

Bewertung 2010

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Bibliografische Daten befinden sich am Ende der Veröffentlichung.

Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2010

ISBN 978-92-79-16247-3doi : 10.2779/37516

© Europäische Union, 2010 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.Gedruckt in Belgien

Gedruckt auf mit dem eu-umweltzeichen versehenem recyclinGpapier wurde (www.ecolabel.eu)

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Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Warum ist biologische Vielfalt wichtig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Der Zustand der biologischen Vielfalt in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Die Bewertung des EU-Aktionsplans zur Biodiversität 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Ziel 1: Schutz der wichtigsten Lebensräume und Arten der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Ziel 2: Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Fläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Ziel 3: Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Meeresumwelt der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Ziel 4: Stärkung der Vereinbarkeit der regionalen und territorialen Raumplanung mit der biologischen Vielfalt in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Ziel 5: Wesentliche Verringerung der Auswirkungen von gebietsfremden invasiven Arten auf die biologische Vielfalt in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Ziele 6, 7 und 8: Stärkung der Rolle der EU bei der Bekämpfung des weltweiten Verlusts an biologischer Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Ziel 9: Unterstützung bei der Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Ziel 10: Wesentliche Stärkung der Wissensgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Unterstützungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

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Der Schwarzfleckige Ameisenbläuling (Maculinea arion) - eine im Rahmen der FFH-Richtlinie geschützte gefährdete Art.

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Im Jahr 2006 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan der EU zur Biodiversität erarbeitet, der anschließend von den Umweltministerinnen und Umweltministern der 27 EU-Mitgliedstaaten verabschiedet wurde. Ziel des Aktionsplans war die Entwicklung eines umfassenden Programms mit Aktionen und Zielen, die es der EU ermöglichen würden, ihrer Eigenverpflichtung nachzukommen und den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 einzudämmen.

Vier Jahre später ist der Zeitpunkt gekommen, Bilanz zu ziehen und die Relevanz des Aktionsplans für die biologische Vielfalt in Europa zu beurteilen. Zu diesem Zweck hat die Europäische Kommission eine detaillierte Bewertung des Aktionsplans vorgenommen und die bei der Umsetzung der 150 Maßnahmen des Aktionsplans erzielten Fortschritte überprüft. Ein Grundlagenbericht („EU 2010 Biodiversity Baseline Report“), der die neuesten Fakten und Zahlen über den Zustand und die Entwicklungstendenzen der verschiedenen Komponenten der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme in der EU enthält, wurde auch von der Europäischen Umweltagentur erstellt.

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Ergebnisse dieser beiden Dokumente zusammen und hebt die wichtigsten Ergebnisse hervor, die bei der Durchführung der zehn zentralen Ziele des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt 2006 erzielt wurden.

Die Hauptschlussfolgerung der Bewertung 2010 lautet, dass zwar in einigen Bereichen – zum Beispiel bei der Vervollständigung des Natura-2000-Netzes von Schutzgebieten der EU und bei der Verringerung der Verschmutzung von Süßwasser aus Punktquellen – erhebliche Fortschritte erzielt wurden, das übergeordnete Ziel der Eindämmung des Verlustes an biologischer Vielfalt bis zum Jahr 2010 jedoch nicht erreicht wurde.

Einleitung

Bis zu 25 % der europäischen Tierarten sind weiterhin vom Aussterben bedroht und selbst verbreitete Arten leiden nach wie vor unter einem Mangel an geeigneten Lebensräumen außerhalb von Schutzgebieten. In ganz Europa schreiten die Zersiedelung der Landschaft, die industrielle Entwicklung und die Schaffung neuer Infrastrukturen unaufhaltsam voran – häufig auf Kosten der noch vorhandenen Naturgebiete.

Europa sieht sich nicht nur mit dem fortschreitenden Verlust und der fortschreitenden Verschlechterung und Zersplitterung von natürlichen Lebensräumen konfrontiert – auch ganze Ökosysteme stehen vor dem Zusammenbruch. Die potenziellen Folgen dieser Entwicklung sind sehr ernst. Unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Wohl hängt sehr stark von der kontinuierlichen Bereitstellung lebenswichtiger Ökosystemleistungen ab. Die Vorteile, die diese Ökosystemleistungen für die Gesellschaft erbringen, werden jedoch häufig übersehen.

All dies zeigt an, dass wir unsere politischen Anstrengungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in den kommenden Jahren verstärken und dafür Sorge tragen müssen, dass die biologische Vielfalt und die von ihr erbrachten zahlreichen Ökosystemleistungen besser in die anderen Politikbereiche der EU integriert und auf diese Weise zum Fundament unserer wirtschaftlichen Entwicklung und unseres gesellschaftlichen Wohls werden.

Unter diesem Gesichtspunkt dürften die im Zuge der Umsetzung des EU-Aktionsplans zur Biodiversität 2006 gewonnenen Erfahrungen als Sprungbrett für eine wirksamere Biodiversitätsstrategie der EU für die Zeit nach 2010 außerordentlich wertvoll sein.

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Die Natur erbringt viele wertvolle Dienstleistungen zum Nutzen des Menschen, z. B. sauberes Wasser.

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„Biologische Vielfalt“ (auch „Biodiversität“ genannt) bezeichnet die Vielfalt des Lebens auf der Erde. Sie umfasst die genetische Vielfalt, die Artenvielfalt und die Vielfalt ganzer Ökosysteme. Durch Interaktion mit der physischen Umwelt schafft diese Vielfalt komplexe Ökosysteme, die für das Überleben aller lebenden Organismen – und damit auch des Menschen – unverzichtbar sind.

Biodiversität und Ökosysteme sind als solche bereits wichtig, stellen aber zusätzlich noch eine Reihe von Gütern und Dienstleistungen bereit, ohne die das Leben auf der Erde nicht möglich wäre. Der Mensch benötigt Nahrung, Fasern, Brennstoffe und Arzneimittel und ist auf Dienstleistungen wie Klima- und Überflutungsregulierung, Wasserreinigung, Bestäubung und Bodenbildung angewiesen, Dienstleistungen, die für unseren wirtschaftlichen Wohlstand und unsere Sicherheit, Gesundheit und Lebensqualität unerlässlich sind.

Der Verlust der biologischen Vielfalt ist daher viel mehr als „nur“ der Verlust von Arten. Er bedeutet auch Rückgang der Produktivität und der Resilienz ganzer Ökosysteme. Folgen dieses Verlustes sind beispielsweise der massive Rückgang von Fischbeständen und Bestäuberpopulationen, die weiträumig nachlassende Bodenfruchtbarkeit und eine verringerte Kapazität der Flüsse, Überflutungswasser zurückzuhalten.

Im letzten Jahrhundert hat der Mensch enorm von der wirtschaftlichen Entwicklung profitiert, die sein Leben bereichert hat. Ein Großteil dieser Entwicklung ging jedoch auf Kosten der Variabilität und Reichweite natürlicher Systeme, d. h. der biologischen Vielfalt.

Ein Teil des Problems besteht darin, dass die biologische Vielfalt und die Kontinuität der von ihr erbrachten zahlreichen Ökosystemleistungen, von denen unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Wohl abhängt, in der Regel als vorwiegend öffentliche Güter ohne wirklichen wirtschaftlichen Wert empfunden werden. Der gesellschaftliche Nutzen der Natur wird häufig übersehen und bei alltäglichen Kosten-Nutzen-Abwägungen nur selten berücksichtigt.

Diese Haltung führt dazu, dass unser Naturkapital weiter zurückgeht und unser Wohlergehen sowie das zahlloser Arten und ganze Lebensräume in Frage gestellt werden. Menschliche Erfindungsgabe und Technologie stoßen an Grenzen, wenn es darum geht, diesen Verlust auszugleichen. Ist das Naturkapital erst einmal verloren, ist eine Umkehr nicht möglich, und es kann als sehr viel kostspieliger sein, technische Lösungen umzusetzen als die biologische Vielfalt von vorne herein so zu schützen, dass Probleme gar nicht erst auftreten.

Warum ist biologische Vielfalt wichtig?

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Viele der in Europa noch vorhandenen natürlichen Ökosysteme werden von anderen Formen der Landnutzung verdrängt.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 9

Europa – ein Kontinent der KontrasteTrotz seiner geringen Größe verfügt Europa über eine erstaunliche biologische Vielfalt. Einen Großteil davon verdankt der Kontinent seinen sehr unterschiedlichen klimatischen und topografischen Bedingungen. Diese natürlichen Kräfte sowie der jahrhundertelange Einfluss des Menschen auf die Natur haben ein komplexes und verwobenes Netzwerk aus natürlichen und naturnahen Lebensräumen geschaffen, von denen jeder einzelne durch einen besonderen Mix aus pflanzlichen und tierischen Lebensgemeinschaften gekennzeichnet ist. Die Zahl der verschiedenen Arten ist möglicherweise weniger groß als bei anderen Kontinenten, viele europäische Pflanzen und Tiere sind jedoch endemisch, d. h. sie kommen nur in Europa vor.

Die biologische Vielfalt Europas ist bedrohtDie biologische Vielfalt Europas geht jedoch dramatisch zurück. Die wichtigsten Belastungs- und Einflussfaktoren sind bekannt. Hauptursachen des Rückgangs sind die Zerstörung, Verschlechterung und Zersplitterung von Lebensräumen durch Landnutzungsänderungen. In den letzten 50 Jahren war Europa durch erhebliche Landnutzungsänderungen, eine Intensivierung der Produktionssysteme, die Zersiedelung von Landschaften, Infrastrukturentwicklungen und die Aufgabe traditioneller (häufig biodiversitätsverträgliche) Bewirtschaftungspraktiken gekennzeichnet.

Weitere wichtige Störeinflüsse sind der Raubbau an natürlichen Ressourcen, die Verbreitung gebietsfremder invasiver Arten und die Umweltverschmutzung. Auch der Klimawandel beeinflusst die biologische Vielfalt und bewirkt Veränderungen der Artenverteilungs-, Migrations- und Reproduktionsmuster.

Global gesehen tragen der hohe Verbrauch und die steigende Nachfrage nach natürlichen Ressourcen in Europa zum Biodiversitätsrückgang andernorts in der Welt bei.

Viele dieser Störfaktoren gehen darauf zurück, dass die traditionellen Wirtschaftswissenschaften den wirtschaftlichen Wert des Naturkapitals und der von ihm erbrachten Ökosystemleistungen nicht anerkennen. Eine große unabhängige Studie über den ökonomischen Wert von Ökosystemen und biologischer Vielfalt (The Economics of Ecosystems and Biodiversity, TEEB) beziffert allein den weltweiten Verlust an Leistungen terrestrischer Ökosysteme auf 50 Mrd. EUR.

Der Zustand der biologischen Vielfalt in Europa

Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis).

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10 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Zustand der biologischen Vielfalt in Europa im Jahr 2010Im Jahr 2010 hat die Europäische Umweltagentur (EUA) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission einen Grundlagenbericht über den Zustand der biologischen Vielfalt in der EU im Jahr 2010 (EU 2010 Biodiversity Baseline Report) erstellt, der die neuesten Fakten und Zahlen zum Zustand und zu den Entwicklungstendenzen der verschiedenen Komponenten der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme in der EU zusammenfasst.

Die Schlussfolgerung dieses Grundlagenberichts lautet, dass die biologische Vielfalt in der EU weiterhin ernsthaft bedroht ist.

Der Verlust der Artenvielfalt schreitet in der EU zwar nicht so rasch voran wie auf anderen Kontinenten, der Prozentsatz der vom Aussterben bedrohten Arten gibt jedoch weiterhin Anlass zu größten Bedenken. Bis zu 25 % der europäischen Tierarten, darunter Säugetiere, Amphibien, Reptilien, Vögel und Schmetterlinge, sind vom Aussterben bedroht. Bei einem noch größeren Prozentsatz zeigt sich ein Populationsrückgang.

Eine umfassende Erhebung der im Rahmen der Naturschutzvorschriften der Europäischen Union geschützten seltenen und bedrohten Arten und Lebensraumtypen aus dem Jahr 2009 hat ergeben, dass sich 65 % der geschützten Lebensräume und 52 % der geschützten Arten in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden. Für Arten, die auf Grasland, auf landwirtschaftlich genutzten Flächen und in Küstengebieten leben, sieht die Lage noch schlechter aus.

Die letzte Bestandsaufnahme über die Vegetation in der EU hat ergeben, dass die durch Zersiedelung, industrielle Entwicklung und neue Infrastrukturen entstandenen künstlichen Flächen europaweit weiterhin rasch zunehmen. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass große Gebiete urbanisiert oder durch ein wachsendes Verkehrsnetz fragmentiert wurden. In den letzten 15 Jahren wurden über 12 500 km² Fläche zubetoniert, was entspricht einem Zuwachs an künstlich angelegten Flächen um nahezu 8 % entspricht.

Dieser Zuwachs geht häufig zu Lasten wertvoller Naturgebiete, insbesondere Feuchtgebiete und Grasland, die bereits in der Vergangenheit stark zurückgegangen sind. Die verbleibenden Lebensräume werden mehr und mehr voneinander isoliert, so dass gegenwärtig fast 30 % des Gebiets der 27 Mitgliedstaaten der EU leicht bis sehr stark zersplittert sind.

Diese Zersplitterung kann die Gesundheit der Ökosysteme erheblich beeinträchtigen; viele dieser Ökosysteme können dann Leistungen (wie die Bereitstellung von sauberer Luft und sauberem Wasser, Überflutungs- und Erosionsschutz) nicht mehr in optimaler Qualität und Quantität erbringen. Die meisten Ökosysteme in Europa gelten heute als geschädigt.

Die europäische Bevölkerung verbraucht gegenwärtig doppelt so viele natürliche Ressourcen, wie europäische Land- und Meeresgebiete hergeben. Dadurch gerät die biologische Vielfalt unter enormen Druck – nicht nur in Europa, sondern auch andernorts in der Welt.

Der Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) am Kerkini-See, Griechenland

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 11

Gruppe/IUCN-Kategorie In der EU-27 vom Aussterben

bedrohte Arten

Meeressäugetiere 25 % Landsäugetiere 15 % Vögel 12 % Amphibien 22 % Reptilien 21 % Libellen 16 % Schmetterlinge 7 %

Erhaltungszustand der im Rahmen der FFH-Richtlinie der EU geschützten Arten, nach Gruppen

(bewertete Anzahl in Klammern)

LEGENDE: Grün = günstig; Orange = ungünstig – unzulänglich; Rot = ungünstig – schlecht; Grau = unbekannt

Landnutzungsänderung im Zeitraum 1990 bis 2006: Flächenänderung bei den wichtigsten Lebensraumtypen

Erhaltungszustand der im Rahmen der FFH-Richtlinie der EU geschützten Lebensraumtypen, nach Hauptlebensraumtypen

(bewertete Anzahl in Klammern)

Übergangs�ächen (Waldgebiete, Gestrüppe usw.)

Bebaute Flächen (städtisch, industriell usw.)

Gewässer (künstliche Reservoirs usw.)

Natürliches Grasland

Extensiv genutzte landwirtschaftliche Fläche

Feuchtgebiete

-10% -5% -0% 5% 10% 15%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Hoch- und Niedermore (56)

Lebensräume in Küstenbereichen (84)

Dünenlebensräume (62)

Wälder (181)

Süßwasserlebensräume (84)

Grasland (102)

Heide- und Buschvegetation (36)

Felsige Lebensräume (64)

Hartlaubgebüsche (32)

Amphibien (152)

Arthropoden (336)

Fische (242)

Säugetiere (381)

Mollusken (81)

Nicht-Gefäßpflanzen (92)

Reptilien (149)

Gefäßpflanzen (799)

Sonstige (8)

(Quelle: EU-Projekt RUBICODE)

Entwicklung zwischen den Zeiträumen Positive Veränderung zwischen den Zeiträumen 1950–1990 und 1990 bis jetzt Negative Veränderung zwischen den Zeiträumen 1950–1990 und 1990 bis jetzt = Keine Veränderung zwischen den beiden Zeiträumen

Zustand für den Zeitraum von 1990 bis jetzt ■ Verschlechtert ■ Gemischt ■ Verbessert ■ Unbekannt ■ Nicht zutreffend

Ökosysteme

Dienstleistungen

Landwirt-schafts

gebundeneÖkosysteme

Wälder WiesenHeide- und

Busch-vegetation

Feucht-gebiete

Flüsse und Seen

Bereitstellung Nutzpflanzen/ Holz Nutztierbestand = = = Genießbare Wildpflanzen =Brennholz =Fischfang = =Aquakultur Genetische Vielfalt = = =Süßwasser Regulieren Bestäubung =Klimaregulierung = = =Regulierung von Schädlingen =Regulierung von Erosion = = =Wasserregulierung = =Wasseraufbereitung = =Gefahrenregulierung = =Kulturell Freizeit = ➔ =Ästhetik = = = =

Derzeitiger Stand und Tendenzen der Ökosystem-Dienstleistungen in der EU

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Hoch- und Niedermore (56)

Lebensräume in Küstenbereichen (84)

Dünenlebensräume (62)

Wälder (181)

Süßwasserlebensräume (84)

Grasland (102)

Heide- und Buschvegetation (36)

Felsige Lebensräume (64)

Hartlaubgebüsche (32)

Amphibien (152)

Arthropoden (336)

Fische (242)

Säugetiere (381)

Mollusken (81)

Nicht-Gefäßpflanzen (92)

Reptilien (149)

Gefäßpflanzen (799)

Sonstige (8)

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12 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Die Donau ist ein europäischer Biodiversitäts-Hotspot. Seine Erhaltung und nachhaltige Nutzung erfordern ein länderübergreifendes, koordiniertes Vorgehen.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 13

Engagement der EU für die Eindämmung des BiodiversitätsverlustesDie Europäische Union engagiert sich bereits seit vielen Jahren für den Schutz der biologischen Vielfalt in der EU und weltweit. Die Naturschutzgesetzgebung der EU reicht bis ins Jahr 1979 zurück, und die ersten Biodiversitätsstrategien datieren von 1998. Die EU-Mitgliedstaaten zählten zu den Ersten, die sich im Jahr 2001 dazu entschlossen haben, den Verlust der biologischen Vielfalt in ihren Ländern bis zum Jahr 2010 aufzuhalten.

Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, hat die EU im Jahr 2006 einen umfassenden Aktionsplan zur Biodiversität verabschiedet, in dem hervorgehoben wird, dass der Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme für eine nachhaltige Entwicklung unerlässlich ist. Zum ersten Mal wurden alle relevanten wirtschaftlichen Sektoren und Politikbereiche in einem einzigen Strategiedokument zusammengefasst und für dessen Umsetzung mitverantwortlich gemacht. Der Aktionsplan erkennt an, dass in allen Sektoren der Gesellschaft und der Mitgliedstaaten konzertierte Maßnahmen erforderlich sind, wenn das übergeordnete Ziel erreicht werden soll.

Der Aktionsplan der EU zur Biodiversität umfasst vier Hauptaktionsberei-che, zehn Hauptziele und vier Unterstützungsmaßnahmen, mit denen das Biodiversitätsziel für 2010 erreicht und ein Erholungskurs eingeschlagen werden soll. Diese Aktionen und Ziele kommen in über 150 prioritären Einzelmaßnahmen und Unterstützungsmaßnahmen zum Ausdruck, die sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene umgesetzt werden sollen.

Bewertung der Auswirkungen des -Aktionsplans der EU zur BiodiversitätSeit 2006 hat die Europäische Kommission den EU-Aktionsplan zur Biodiversität mehrfach überprüft. Die erste ausführliche Bewertung erfolgte im Jahr 2008, die zweite im Jahr 2010. Diese letzte Bewertung hat bestätigt, dass das übergeordnete Ziel der Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis 2010 nicht erreicht wurde, obwohl in einigen Bereichen durchaus erhebliche Fortschritte zu verzeichnen sind.

Da die Frist für das Erreichen der Biodiversitätsziele 2010 abgelaufen ist, ist die EU nunmehr aktiv darum bemüht, die politische Agenda der EU und der internationalen Staatengemeinschaft voranzubringen und dabei den bei der Umsetzung des aktuellen EU-Aktionsplans zur Biodiversität gewonnenen Erfahrungen sowie der neuen Biodiversitätsvision der EU für 2050, den von den EU-Staats- und Regierungschefs im März 2010 vereinbarten Zielen für 2020 sowie den globalen Zielen, die anlässlich der 10. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt im Oktober 2010 verabschiedet wurden, Rechnung zu tragen.

Im letzten Teil dieser Broschüre werden die wichtigsten Ergebnisse der Bewertung des EU-Aktionsplans zur Biodiversität 2010 zusammengefasst und insbesondere die wichtigsten Erfolge und Fortschritte hervorgehoben, die für jedes der zehn Hauptziele erzielt wurden.

Die Bewertung des EU-Aktionsplans zur Biodiversität 2010

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14 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Politikbereich 3: Biologische Vielfalt und Klimawandel Unterstützend zu den Kyoto-Verpflichtungen zur Verringerung von

Treibhausgasemissionen wird im Aktionsplan eine Reihe von strategischen Maßnahmen skizziert, die die Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel erleichtern sollen. Darüber hinaus empfiehlt der Aktionsplan, gesunde Ökosysteme als wirkungsvolles Mittel zur Minimierung der Folgen des Klimawandels zu nutzen, indem gegebenenfalls auf natureigene Ressourcen zurückgegriffen wird, die häufig sehr viel kosteneffizienter sind als technische Lösungen.

Politikbereich 4: Die Wissensgrundlage Schließlich hebt der Aktionsplan die dringende Notwendigkeit der

Erweiterung unseres Verständnisses der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen hervor. Durch Vertiefung unseres Wissens über dieses komplexe Thema wird es in den kommenden Jahren leichter fallen, politische Maßnahmen zu verfeinern und zu verbessern.

Die vier Politikbereiche werden durch eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen untermauert, die u. a. darauf anzielen, ausreichende Finanzmittel für die Biodiversitätserhaltung bereitzustellen, die Entscheidungsprozesse auf EU-Ebene zu verbessern, Partnerschaften mit wichtigen Interessenträgern aufzubauen und die Öffentlichkeit für den Biodiversitätsschutz zu sensibilisieren und in diesbezügliche Initiativen einzubinden.

Die vier zentralen Politikbereiche des EU-Aktionsplans zur Biodiversität Politikbereich 1: Biologische Vielfalt in der EU

Der Aktionsplan räumt der vollständigen und rechtzeitigen Umset-zung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie oberste Priorität ein, denn diese Richtlinien sind die Eckpfeiler der Maßnahmen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der EU. Anerkannt wird jedoch auch, dass Anstrengungen erforderlich sind, um die biologische Vielfalt im weiteren Umfeld zu erhalten, weshalb der Aktionsplan hervorhebt, dass Biodiversitätsbelange in andere sektorbezogene Politikbereiche einbezogen werden sollten und das Problem der gebietsfremden invasiven Arten bewältigt werden muss.

Politikbereich 2: Die EU und die weltweite biologische Vielfalt Als einer der weltgrößten Handelspartner und Geber von Entwick-lungshilfe trägt Europa eine besondere Verantwortung dafür, dass seine diesbezüglichen Aktivitäten nicht zu einer unnachhaltigen Entwicklung und zum Raubbau führen. Der Aktionsplan sieht daher ein Programm mit Maßnahmen zur Stärkung der Kohärenz und der Synergien zwischen Handel, Entwicklungszusammenarbeit und Biodiversitätserhaltung vor.

Die EU-Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um die biologische Vielfalt der EU zu erhalten.

Als Folge der immer stärkeren Intensivierung landwirtschaftlicher Bewirtschaftungs-praktiken wird der Europäische Ziesel (Spermophilous citellus) immer seltener.

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Übersicht über den EU-Aktionsplan zur Biodiversität

Unterstützungsmaßnahmen

1. Sicherstellung ausreichender Finanzmittel2. Stärkung der Entscheidungsfindung innerhalb der EU

3. Aufbau von Partnerschaften4. Ausbau des Kenntnisstands, der Sensibilisierung und der Partizipation der Öffentlichkeit

f f

Politikbereich 1:Biologische Vielfalt

in der EU

Ziele:1. Schutz der wichtigsten

Lebensräume und Arten der EU2. Erhaltung und Wiederherstellung

der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Fläche

3. Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Meeresumwelt der EU

4. Stärkung der Vereinbarkeit der regionalen und territorialen Raumplanung mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt in der EU

5. Wesentliche Verringerung der Auswirkungen von invasiven gebietsfremden Arten und gebietsfremdem Erbgut auf die biologische Vielfalt in der EU

Politikbereich 2:Die EU und die weltweite

biologische Vielfalt

Ziele:

6. Wesentliche Stärkung der Effizienz des internationalen Regierungshandelns für die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen

7. Wesentliche Stärkung der Förderung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen im Bereich der EU-Außenhilfe

8. Wesentliche Verringerung der Auswirkungen des internationalen Handels auf die weltweite biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen

Politikbereich 3:Biologische Vielfalt und

Klimawandel

Ziel:

9. Unterstützung bei der Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel

Politikbereich 4:Die Wissensgrundlage

Ziel:

10. Wesentliche Stärkung der Wissensgrundlage im Hinblick auf Schutz und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt in der EU und weltweit

Überwachung, Bewertung und Überprüfung

Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 15

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16 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Naturnahes Grasland in voller Blüte – einer der im Rahmen der FFH-Richtlinie geschützten artenreichen Lebensraumtypen.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 17

Ziel 1

Schutz der wichtigsten

Lebensräume und Arten

der EU

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die VogelschutzrichtlinieDie Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie sind die zentralen Politikinstrumente der EU zur Eindämmung des Biodiversitätsverlustes in der Europäischen Union. Ziel der Vogelschutzrichtlinie ist der Schutz aller Wildvögel in der EU; die FFH-Richtlinie erstreckt sich auf weitere 1 500 seltene und bedrohte Pflanzen- und Tierarten, für deren Erhaltung konzertierte Maßnahmen erforderlich sind. Rund 230 wertvolle Lebensraumtypen (einschließlich Heuwiesen, Heidelandschaften und Salzsümpfe) werden als solche bereits als schützenswert eingestuft.

Gemeinsam bilden diese beiden Richtlinien die bislang ehrgeizigste und größte Initiative zum Schutz des reichen Naturerbes Europas und seiner wertvollen Ökosysteme. Sie ermöglichen den 27 Mitgliedstaaten, innerhalb eines gemeinsamen Rechtsrahmens und unabhängig von politischen und administrativen Grenzen zusammenzuarbeiten, um die am stärksten gefährdete Arten und Lebensräume in Europa in ihrem gesamten natürlichen Lebensraum zu schützen.

Die Richtlinien verfolgen im Wesentlichen zwei Ziele - EU-weiter Schutz der Arten als solcher durch Artenschutzvorschriften und Erhaltung der wichtigsten Kernlebensräume bestimmter seltener und gefährdeter Arten durch Vorschriften für den Schutz von Lebensräumen, die zur Ausweisung der Natura-2000-Schutzgebiete führen.

Innerhalb dieser Natura-2000-Gebiete sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Aktivitäten zu vermeiden, die Arten oder Lebensräume, für die diese Schutzgebiete ausgewiesen wurden, erheblich gefährden könnten, und geeignete Erhaltungsmaßnahmen zu ergreifen, um den guten Erhaltungszustand dieser Arten und Lebensräume zu bewahren oder wiederherzustellen.

Das Natura-2000-Netz ist so gut wie vollendetEiner der wichtigsten Schwerpunkte des EU-Aktionsplans zur Biodiversität besteht darin, die vollständige und rechtzeitige Umsetzung der Bestimmungen dieser beiden Richtlinien zu gewährleisten. Beim Aufbau des Natura-2000-Netzes wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Seit dem Jahr 2006 wurde das Netz um Land- und Meeresgebiete einer Fläche von über 200 000 km² erweitert.

2010 umfasste das Netzwerk mehr als 26 000 Schutzgebiete in allen 27 Mitgliedstaaten und ist somit das weltgrößte koordinierte Netz von Schutzgebieten.

Auch bei der Ausweisung von Natura-2000-Meeresgebieten wurden spürbare Fortschritte erzielt; dieser Prozess ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Identifizierung schützenswerter Meeresgebiete ist kompliziert, denn das Terrain ist schwer zugänglich und wissenschaftliche Erkenntnisse fehlen. Die marine Komponente des Natura-2000-Netzes dürfte jedoch bis zum Jahr 2012 abgeschlossen sein.

❦❦

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18 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Das europäische Netzwerk von Schutzgebieten (Natura 2000), nach biogeografischen Regionen

LEGENDE :

Biogeografische Regionen innerhalb der EU

ATLANTISCHE REGION BOREALE REGION ALPINE REGION KONTINENTALE REGION PANNONISCHE REGION STEPPENREGION SCHWARZMEERREGION MEDITERRANE REGION MAKKARONESISCHE REGION

Biogeografische Regionen außerhalb der EU

ARKTISCHE REGION ANATOLISCHE REGION

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10

20

30

40

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70

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19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

juin-2009

Kum

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(ha)

RumänienBulgarienSlowenienSlowakeiPolenMaltaLitauenLettlandUngarnEstlandTschechische RepublikZypernVereinigtes KönigreichSchwedenPortugalNiederlandeLuxemburgItalienIrlandGriechenlandFrankreichFinnlandSpanienDänemarkDeutschlandBelgienÖsterreich

Kumulierte Fläche der von den einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der FFH-Richtlinie der EU ausgewiesenen Schutzgebiete im Zeitverlauf

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 19

Der Rotfußfalke (Falco vespertinus) – eine bedrohte Tierart von europäischer Bedeutung, für die 2009 ein EU-Artenaktionsplan entwickelt wurde

Bisherige erfolge

• DasNatura-2000-NetzvonLandgebietenistweitgehend vollständig.

• BeiderAusweisungvonNatura-2000-Meeresgebieten wurden erhebliche Fortschritte erzielt.

• FürbestimmteGebietewurdenangemesseneBewirtschaftungsnahmen eingeführt.

• FürbestimmteArtenmitBedeutungfürdieEU wurden Artenaktionspläne verabschiedet.

• ImJahr2009wurdeeinersterumfassenderEU-weiter Gesundheitscheck in Bezug auf den Erhaltungszustand von Arten und Lebensräumen mit Bedeutung für die EU veröffentlicht.

• FürIndustriesektorenwurdenLeitfädenentwickelt, um die Anwendung der beiden Naturschutzrichtlinien zu erleichtern.

• DurchschnittlichwurdenfürdenpraktischenNaturschutz im Rahmen von Natura 2000 oder anderen Aktionen zum Schutz der biologischen Vielfalt im Zeitraum 2007-2009 pro Jahr mindestens 119,5 Mio. EUR aus dem EU-Förderprogramm LIFE+ bereitgestellt.

• EswurdenEU-LeitlinienzurFinanzierungderBewirtschaftung von Natura-2000-Gebieten über EU-Finanzierungsinstrumente veröffentlicht.

• ZwischenzeitlichwurdedieUmwelthaftungsrichtlinie in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt.

• EswurdeeineneuesfreiwilligesSystemzumSchutz bedrohter Arten und Lebensräume in EU-Gebieten in äußerster Randlage und überseeischen Ländern initiiert, die sich am Natura-2000-Netz orientiert.

Management von Natura-2000-GebietenJe mehr sich das Natura-2000-Netz seiner Vervollständigung nähert, desto dringlicher muss sichergestellt werden, dass die Schutzgebiete und die in diesen Gebieten lebenden schutzbedürftigen Arten so erhalten und bewirtschaftet werden, dass innerhalb der EU ein günstiger Erhaltungszustand erreicht wird. Gegenwärtig befinden sich nur 17 % aller geschützten Arten und Lebensraumtypen in einem günstigen Erhaltungszustand.

Bewirtschaftungspläne sind zwar nicht obligatorisch, haben sich jedoch als nützliche Instrumente für die Entscheidung über Erhaltungsmaßnahmen erwiesen, die auf Ebene der einzelnen Gebiete erforderlich sind. Außerdem erleichtern Bewirtschaftungspläne die Einbeziehung anderer Interessenträger und Landnutzer in die Bewirtschaftung der Gebiete, wobei der örtlichen Landnutzung und regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist.

Natura 2000 ist mehr als nur ein Netzwerk von Naturschutzgebieten. Natura 2000 erkennt an, dass Menschen ein fester Bestandteil der Natur sind und dass es für Mensch und Natur am besten ist, wenn beide Teile partnerschaftlich zusammenarbeiten. Ziel von Natura 2000 ist nicht der systematische Ausschluss wirtschaftlicher Aktivitäten, sondern vielmehr die Festlegung von Parametern für diese Aktivitäten, damit letztere durchgeführt werden können und gleichzeitig der Schutz vorhandener wertvoller Arten und Lebensräume gewährleistet ist.

Ein derartiger Ansatz hat viele Vorteile für den Naturschutz und die Menschen, die in ländlichen Gebieten leben und arbeiten. Durch aktives Einbeziehen der verschiedenen Landnutzer in die Bewirtschaftung von Natura-2000-Gebieten kann sichergestellt werden, dass gefährdete naturnahe Lebensräume und Arten, die auf eine angemessene Bewirtschaftung angewiesen sind, erhalten bleiben. Seine schiere Größe macht das Natura-2000-Netz zu einem wichtigen Hilfsmittel, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit und das soziale Gefüge zahlreicher ländlicher Gebiete europaweit zu sichern.

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20 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Zunehmende Zersplitterung der LandschaftDa die beiden Naturschutzrichtlinien allein die biologische Vielfalt in Europa nicht werden erhalten können, werden auch Maßnahmen erforderlich sein, um die natürlichen Ökosysteme flächendeckend zu schützen. Auch heute sind die meisten der in Europa noch vorhandenen Gebiete mit hohem Naturwert (einschließlich der Gebiete des Natura-2000-Netzes) noch von Umweltverschmutzung und intensiver Landnutzung bedroht. Zudem liegen diese Gebiete inmitten einer lebensfeindlichen und zunehmend undurchdringlichen Umwelt.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung gehen über den Verlust von Arten hinaus. Die biologische Vielfalt ist der Motor, der unsere Ökosysteme antreibt und der dafür sorgt, dass diese wichtige Leistungen für die Gesellschaft erbringen können, wie z. B. die Reinigung des Wassers und die Versorgung der Böden mit Nährstoffen. Verlieren gesunde Ökosysteme die Heterogenität ihrer Lebensräume und ihre Artenvielfalt oder werden sie zu stark geschädigt, zersplittert oder isoliert, sind sie nicht mehr in der Lage, diese wichtigen Leistungen zu erbringen.

Die Doppelbelastung durch die Intensivierung der Landwirtschaft und die Flächenstilllegung stellt eine ernsthafte Gefahr für die biologische Vielfalt in Europa dar.

❦❦

❦❧❧

In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Feld- und Waldvögel um ungefähr 25 % zurückgegangen; diese Entwicklung

scheint jedoch allmählich zum Stillstand zu kommen.

Indikatoren: Heimische Vogelarten

60

65

70

75

80

85

90

95

100

105

19901991

19921993

19941995

19961997

19981999

20002001

20022003

20042005

20062007

Heimische Feldvogelarten (36 Arten)

Heimische Waldvogelarten (29 Arten)

Alle heimischen Arten (136 Arten)

Ziel 2

Erhaltung und Wiederherstel-

lung der biologischen

Vielfalt und der Ökosystem-

leistungen in der weiteren

Landschaft

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 21

Bisherige erfolge

• Im Rahmen der EU-Verordnung über die Entwicklung des ländlichen Raums (2007-2013) wurden beträchtliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt, um die biologische Vielfalt in land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebieten zu fördern.

• In den 27 Mitgliedstaaten der EU wurden für Agrar- und Waldumweltmaßnahmen 22 Mrd. EUR bereitgestellt.

• Weitere590Mio.EURstehenfürFinanzierungen zugunsten land- oder forstwirtschaftlich genutzter Natura-2000-Gebiete zur Verfügung.

• Beim„GAP-Gesundheitscheck“imJahr2008 wurde der biologischen Vielfalt eine höhere Priorität eingeräumt.

• Im Jahr 2010 hat die Europäische Kommis-sion ein Grünbuch zum Waldschutz und zur Waldinformation veröffentlicht und somit eine Debatte über die Möglichkei-ten eines EU-Konzepts für den Waldschutz und die Waldinformation angestoßen.

• Im Jahr 2010 wurde ein neuer Europäischer Atlas der Bodenvielfalt veröffentlicht.

• ImRahmenderWasserrahmenrichtlinieerstellen die Mitgliedstaaten zurzeit Bewirtschaftungspläne für Wassereinzugsgebiete.

• DieWasserqualitätdereuropäischenSüßwasserökosysteme verbessert sich.

• ImJahr2009wurdeeineneueRahmenrichtlinie für die nachhaltige Nutzung von Pestiziden verabschiedet.

• Es laufen Arbeiten zur Entwicklung eines Konzepts für eine ökologisch kohärente grüne Infrastruktur für Europa, die dazu beitragen soll, das wachsende Problem der Zersplitterung von Lebensräumen und des Verlusts von wertvollen land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen einzudämmen.

„Ökologisierung“ der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EUDa die Landwirtschaft nach wie vor die vorherrschende Form der Landnutzung in Europa ist (fast 50 % der Landfläche der EU werden landwirtschaftlich genutzt), legt der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt einen besonderen Schwerpunkt auf die Einbeziehung der Biodiversitätsbelange in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU.

Im Zuge der jüngsten Reformen der GAP und der Verordnung über die Entwicklung des ländlichen Raums (2007-2013) wurden neue politische Instrumente und Maßnahmen eingeführt, um die Einbeziehung von Biodiversitätserwägungen in die land- und forstwirtschaftlichen Praktiken EU-weit zu verbessern. Direktzahlungen an Landwirte im Rahmen von Säule I der GAP wurden von der Erzeugung abgekoppelt und stattdessen an die Einhaltung bestimmter Umwelt-, Tierschutz- und Lebensmittelsicherheitsstandards gebunden.

Im Rahmen von Säule II wurden außerdem neue Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums eingeführt, um land- und forstwirtschaftliche Aktivitäten zu unterstützen, die Fauna und Flora begünstigen. Dazu gehört auch die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für Natura-2000-Gebiete als Ausgleich für Einkommensverluste oder für die Kosten, die für zusätzliche Bewirtschaftungsmaßnahmen anfallen und die erforderlich sind, um die Ziele des Natura-2000-Netzes zu erreichen. Weitere Maßnahmen betreffen obligatorische Agrar- oder Waldumweltprogramme, die maßgeschneidert werden können, um Land- und Forstwirte zu unterstützen, die freiwillig landwirtschaftliche Praktiken anwenden, die als umwelt- und biodiversitätsverträglich angesehen werden (und über die Mindestanforderungen hinausgehen).

Insgesamt wurden in den 27 Mitgliedstaaten der EU rund 23 % der Haushaltsmittel für die Entwicklung des ländlichen Raums Agrarumweltmaßnahmen zugewiesen und weitere 590 Mio. EUR gingen an Natura-2000-Projekte. Zurzeit kann zwar noch nicht genau beziffert werden, welcher Anteil der für Agrarumweltmaßnahmen bereitgestellten Finanzmittel speziell für Naturschutzmaßnahmen aufgewendet wird, es ist jedoch klar, dass die Gesamtauswirkungen auf die biologische Vielfalt weitestgehend positiv sein werden und dazu beitragen dürften, dass land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen für Fauna und Flora künftig weniger lebensfeindlich sind.

Verringerung der UmwelterschmutzungEin weiterer wichtiger Schwerpunkt des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt betrifft die Verringerung der Verschmutzung der europäischen Süßwassersysteme. Besondere Bedeutung wird in diesem Zusammenhang der rechtzeitigen und wirksamen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie beigemessen, die Oberflächen- und Grundwasser vor Verschmutzung und Verschlechterung schützen soll.

Die Richtlinie soll insbesondere gewährleisten, dass für alle Gewässer bis zum Jahr 2015 ein guter (auch guter ökologischer) Zustand erreicht wird. Dies soll durch eine Reihe von Bewirtschaftungsplänen und gezielte Aktionsprogramme für jedes der 110 Wassereinzugsgebiete der EU bewerkstelligt werden. Zurzeit befinden sich diese Bewirtschaftungspläne noch in der Entwurfsphase, eine Mehrzahl wurde jedoch bereits Ende 2009 zur Abnahme an die Europäische Kommission übermittelt. Jüngste Studien haben gezeigt, dass die Verschmutzung der meisten europäischen Flüsse dank strengerer EU-Umweltstandards bereits zurückgeht.

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22 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Bedrohte europäische MeereDie ausgedehnten Meeresgewässer, die die EU umgeben, spielen für den Schutz der biologischen Vielfalt eine wichtige Rolle. Doch auch sie sind massiv bedroht. Überfischung ist weit verbreitet, und viele Fischbestände sind unter die sicheren biologischen Grenzen gesunken. Der Klimawandel, invasive gebietsfremde Arten und ein sehr hohes Seeverkehrsaufkommen, das zu einem erhöhten Risiko von Ölunfällen führt, haben die bestehenden Probleme noch verschärft.

Es kommt nach wie vor in unvertretbarem Maße zu Verschmutzungen und Eutrophierung aus terrestrischen Quellen. Eutrophierungen aufgrund der Anreicherung von Nährstoffen im Wasser können eine Kette von unerwünschten Folgen nach sich ziehen, beginnend mit einem übermäßigen Wachstum von Plankton, das den Anteil an organischem Material, das sich auf dem Meeresboden ablagert, erhöht. Der dadurch verursachte Anstieg des Sauerstoffverbrauchs kann zu einem Sauerstoffmangel und „toten Zonen“ am Meeresboden führen, in denen andere Lebensformen nicht mehr existieren können.

Die Gemeinsame Fischereipolitik Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt plädiert für eine nachhaltigere Nutzung der Meeresres-sourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU. Nach Jahrzehnten der Überfischung und des unselektiven Fischfangs hat die Bewirtschaftung der noch vorhandenen Fischbestände einen kritischen Punkt erreicht. Angesichts dieser Tatsache haben die EU-Mitgliedstaaten unter großem Druck mehrjährige Bewirtschaftungs- und Wiederaufstockungspläne für eine Reihe kommerziell genutzter Fischarten in unterschiedlichen Meeresgebieten erarbeitet, um die Fischerei auf ein nachhaltigeres Maß zu reduzieren und die Wiederauffüllung der überfischten Bestände zu fördern.

Seegraswiesen sind extrem reich an Biodiversität und spielen eine wichtige Rolle für den Küstenschutz.

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❦❧❧

Ziel 3

Erhaltung und Wiederherstel-

lung der biologischen

Vielfalt und der Ökosystem-

leistungen in der

Meeresumwelt der EU

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 23

Außerdem wurden Maßnahmen ergriffen, um selektivere Fangmethoden einzuführen und auf diese Weise die zu unvertretbar hohen und unerwünschten Beifangmengen von Nicht-Zielarten wie Seehunden und Delfinen zu verringern und empfindliche Tiefseelebensräume wie Seegraswiesen im Mittelmeer und Korallenriffe im Nordostatlantik zu schützen. Zur Unterstützung dieses Prozesses setzt die Mehrzahl der Mitgliedstaaten Mittel aus dem reformierten Europäischen Fischereifond (2007-2013) ein, um ein nachhaltigeres Gleichgewicht zwischen den Ressourcen und der Fangkapazität der EU zu fördern und die Meeresumwelt und ihre gefährdeten Lebensräume und Arten besser zu schützen.

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU Im Jahr 2008 hat die EU eine ehrgeizige Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verabschiedet, die einen koordinierten ökosystembasierten Ansatz zur Verbesserung der Meeresumwelt verfolgt. Übergeordnetes Ziel der Richtlinie, die auf vorhandenen Rechtsvorschriften und Vereinbarungen aufbaut, ist es, bis 2020 einen guten ökologischen Zustand der Meeresumwelt zu erreichen. Wie die Wasserrahmenrichtlinie enthält auch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie eine Reihe von gemeinsamen Zielen und Grundsätzen, die auf jedes der vier Meeresgebiete der EU (Nordostatlantik, Schwarzes Meer, Ostsee und Mittelmeer) Anwendung finden sollen.

Da mit der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie soeben erst begonnen wurde, ist es noch zu früh, um ihre Auswirkungen auf die Meeresumwelt zu beurteilen. Es ist jedoch klar, dass die Einführung und Umsetzung eines konzertierten Programms mit Aktionen zugunsten der einzelnen Meeresgebiete erhebliche Vorteile für die Meeresökosysteme mit sich bringen könnte, und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb der geschützten Meeresgebiete. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist auch ein wichtiges politisches Instrument, mit dem sichergestellt werden kann, dass die im Jahr 2009 verabschiedete neue Integrierte Meerespolitik der EU Umweltbelangen umfassend Rechnung trägt.

Bisherige erfolge

• ZielderimJahr2008verabschiede-ten Meeresstrategie-Rahmenrichtli-nie ist es, bis 2020 für alle Meeresge-wässer der EU einen guten Umweltzustand zu erreichen.

• 19der22Küstenmitgliedstaatenhaben entweder bereits Pläne für das Integrierte Küstenzonenmana-gement (IKZM) verabschiedet oder stehen kurz davor.

• DieEuropäischeAgenturfürdieSicherheit des Seeverkehrs hat die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten sowohl in technischer als auch in wissenschaftlicher Hinsicht in Fragen des Vorgehens bei Ölunfällen unterstützt.

• Es wurde eine Reihe von Wiederaufstockungsplänen für kommerziell genutzte Fischbestände in verschiedenen Meeresgewässern verabschiedet, die dazu beitragen sollen, überfischte Bestände wieder aufzustocken.

• Es wurden Rechtsvorschriften eingeführt, um empfindliche Tiefseelebensräume gegen unnach-haltige Fangmethoden zu schützen.

• ImJahr2009wurdeeinAktionsplander Gemeinschaft für den Schutz von Haien verabschiedet.

• Die meisten Mitgliedstaaten haben Projekte zur Förderung des nachhalti-gen Fischfangs und des Schutzes der biologischen Vielfalt der Meere im Rahmen des Europäischen Fischerei-fonds vorgeschlagen.

Anteil der Fischbestände innerhalb und außerhalb sicherer biologischer Grenzen

Die Grafik zeigt den Anteil der geschätzten überfischten Fischbestände (rot) und der Fischbestände, die sich innerhalb der sicheren biologischen Grenzen bewegen (blau). Die Größe der Kreise entspricht dem Fangvolumen in der betreffenden Region.

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24 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

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Ziel 4

Stärkung der Vereinbarkeit der

regionalen und territorialen

Raumplanung mit der

Erhaltung der biologischen

Vielfalt in der EU

Stärkere Einbeziehung der Raumplanung Verglichen mit anderen Regionen der Welt ist Europa ein relativ dicht besiedelter Kontinent, dessen Landfläche in weiten Teilen aktiv genutzt wird. Dies bedeutet, dass die verbleibenden natürlichen Gebiete sehr stark durch diverse Entwicklungsaktivitäten belastet werden.

Der Aktionsplan zur biologischen Vielfalt erkennt die Notwendigkeit des Schutzes dieser wertvollen Ökosysteme vor ungünstigen Entwicklungen an und hebt insbesondere hervor, dass gewährleistet werden muss, dass neue Entwicklungspläne und projekte einer angemessenen Biodiversitätsprü-fung, einer strategischen Umweltprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass durch die Ermittlung alternativer Standorte oder durch geeignete Schutzmaßnahmen negative Auswirkungen auf die Natur so gering wie möglich gehalten oder ganz vermieden werden.

Erfolgen diese Prüfungen in der ersten Planungsphase, so können Biodiversitätsbelange von vorne herein berücksichtigt werden. Dieser strategische Raumplanungsansatz schafft einen integrierteren Rahmen für die nachhaltige Entwicklung und verringert das Risiko von Schwierigkeiten und Verzögerungen.

Alle neuen Pläne und Programme, an denen die Strukturfonds der EU (der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Europäische Sozialfonds und der Kohäsionsfonds) beteiligt sind, müssen einer strategischen Umweltprüfung unterzogen werden, bevor ihre Finanzierung genehmigt werden kann.

Bebaute Flächen nehmen weiter zu - auf Kosten der natürlichen Lebensräume.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 25

Bisherige erfolge

• AllePläneundProgrammeimRahmen der neuen EU-Strukturfonds (2007-2013) wurden einer strategi-schen Umweltprüfung unterzogen.

• DieEU-StrukturfondshabenneueMöglichkeiten eröffnet, um den Schutz der biologischen Vielfalt im Rahmen von regionalen Entwicklungsprogrammen und grenzüberschreitenden Programmen direkt zu fördern.

• DasAntragsformularfürGroßprojekte,die über EU-Fonds kofinanziert werden sollen, enthält auch einen ausdrücklichen Verweis auf die verbindliche und umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. die angemessene Biodiversitätsprüfung im Falle von Natura-2000-Gebieten.

• DurchLeitlinienundVertragsverlet-zungsverfahren fördert die Europäi-sche Kommission die ordnungsgemä-ße Anwendung von strategischen Umweltprüfungen, Umweltverträg-lichkeitsprüfungen und angemesse-nen Biodiversitätsprüfungen.

• EslaufenArbeitenzurEntwicklungeines Konzepts für eine ökologisch kohärente grüne Infrastruktur für Europa mit dem Ziel der Verabschie-dung einer EU-Strategie zu diesem Thema im Jahr 2011, die dazu beitragen könnte, das wachsende Problem der Zersplitterung von Lebensräumen zu bekämpfen und durch Entwicklung und Erhaltung von Ökosystemen die Anpassung an den Klimawandel zu erleichtern.

Außerdem müssen große Entwicklungsprojekte (d. h. Entwicklungsprojekte mit einem Kostenaufwand von über 50 Mio. EUR), die über die EU-Strukturfonds kofinanziert werden sollen, zunächst von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Die Europäische Kommission wird auch sicherstellen, dass bei der Umweltverträglichkeitsprüfung und – im Falle von Projekten, die Natura-2000-Gebiete betreffen - bei der angemessenen Biodiversitätsprüfung die möglichen Auswirkungen auf die Natur, einschließlich der biologischen Vielfalt, vollständig berücksichtigt und alle erforderlichen Maßnahmen vorgesehen werden, um diese Auswirkungen zu beseitigen oder zu minimieren.

Investitionen in die NaturDie EU-Strukturfonds für den Zeitraum 2007-2013 bieten ebenfalls die Möglichkeit, den Biodiversitätsschutz über regionale oder lokale EU-Entwicklungspläne und -programme direkt oder indirekt zu fördern. Die Mitgliedstaaten haben für die „Förderung der biologischen Vielfalt und des Naturschutzes (einschließlich Natura 2000)“ insgesamt rund 2,7 Mrd. EUR bereitgestellt. Im touristischen Bereich sind weitere 1,1 Mrd. EUR für die „Förderung des Naturkapitals“ und 1,4 Mrd. EUR für den „Schutz und die Entwicklung des Naturerbes“ vorgesehen; beide Förderpakete betreffen auch Natur- und Biodiversitätsprojekte.

Einige Mitgliedstaaten nutzen die Finanzmittel hauptsächlich, um Projekte zur Wiederherstellung von Lebensräumen oder zur erneuten Anbindung von Gebieten zu fördern, die durch Infrastrukturentwicklungen zersplittert wurden (z. B. durch die Schaffung von ökologischen Korridoren). Andere legen die Betonung eher auf die Umsetzung des Natura-2000-Netzes oder die Förderung des Naturschutzes durch den Tourismus und andere Freizeit-/Erholungstätigkeiten.

„Ökobrücke“ über eine Straße im Nationalpark Hoge Veluwe in den Niederlanden.

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26 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

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Ziel 5

Wesentliche Verringerung der

Auswirkungen von invasiven

gebietsfremden Arten auf die

biologische Vielfalt in der EU

Die Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) ist in vielen Teilen Europas zu einer invasiven Art geworden

Ausbreitung von invasiven gebietsfremden Arten Invasive gebietsfremde Arten sind nicht heimische Arten, deren Eindringen in Gebiete, die nicht zu ihrem natürlichen Lebensraum gehören, eine Bedrohung für die biologische Vielfalt darstellt. Invasive gebietsfremde Arten können Tiere, Pflanzen, Pilze oder Mikroorganismen sein. Sie gelten nach dem Verlust und der Zerstörung von Lebensräumen als zweithäufigste Ursache für den weltweiten Verlust an biologischer Vielfalt.

Die modernen Handelsströme begünstigen die Verbreitung von Arten über ihre natürlichen biogeografischen Grenzen hinaus. Mit zunehmendem Handel-, Reise- und Verkehrsaufkommen innerhalb der EU und dem Rest der Welt ist auch die Rate, mit der absichtlich oder unabsichtlich neue Arten eingeschleppt werden, exponentiell angestiegen. Es wird prognostiziert, dass sich dieser Trend fortsetzen wird und dass sich bereits etablierte Populationen gebietsfremder Arten weiter ausbreiten werden.

Viele eingeführte Arten sind von kritischer Bedeutung für die Produktionssysteme, die die europäischen Wirtschaftssysteme untermauern. Sie eröffnen eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten und werden in der Gesellschaft als Zierpflanzen, Heimtiere, exotische Vögel, Wild oder Fische zum Angeln und für die Aquakultur sehr geschätzt. Ein Teil der nach Europa eingeführten Arten ist jedoch invasiv geworden und bedroht die heimische biologische Vielfalt. Mittlerweile gibt es nachweislich über 10 000 gebietsfremde Arten, von denen rund 10 % bis 15 % eine potenzielle Gefahr für die biologische Vielfalt in Europa darstellen.

Die Folgen der Ausbreitung dieser Arten sind bereits in der gesamten EU spürbar. Invasive Arten bedrohen nicht nur die heimischen Arten und Lebensräume, indem sie sie verdrängen, sondern sie verursachen auch ernste wirtschaftliche Schäden. Für 2008 wurden die Kosten für die Bekämpfung von invasiven gebietsfremden Arten und die Behebung der durch diese Arten entstandenen Schäden EU-weit auf 9,6 bis 12,7 Mrd. EUR geschätzt.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 27

Bisherige erfolge

• Die im Jahr 2008 erschienene EU-Mittei-lung „Hin zu einer EU-Strategie für den Umgang mit invasiven Arten“ präsen-tiert verschiedene politische Optionen für die Entwicklung einer EU-Strategie für den Umgang mit invasiven gebiets-fremden Arten.

• EswurdeeineStudiezurUntersuchungder Durchführbarkeit eines EU-weiten Frühwarnsystems für invasive gebiets-fremde Arten in Auftrag gegeben.

• FürdieTilgungundBekämpfungvoninvasiven gebietsfremden Arten innerhalb und außerhalb des Natura-2000-Netzes wurden 38 Mio. EUR aus dem EU-LIFE-Fonds bereitgestellt.

• Die Gemeinsame Forschungsstelle koordiniert zurzeit Bewertungen der Auswirkungen von invasiven gebietsfrem-den Arten auf Wasserökosysteme (und der Frage, wie diese Arten bei der Definition der guten ökologischen Gewässerqualität berücksichtigt werden sollten).

• EswurdenmehrereProjektedurchge-führt, die im Rahmen von EU-Program-men für Forschung und technologische Entwicklung finanziert wurden, (z. B. „Delivering Alien Species in Europe“ (DAISIE), „Assessing LArge scale Risks for biodiversity with tested Methods“ (ALARM) und „North European and Baltic Network on Invasive Alien Species“ (NOBANIS)) um die Ausarbei-tung politischer Maßnahmen der EU im Bereich invasive Arten zu untermauern.

• ImJahr2007tratdieVerordnung(EG)Nr. 708/2007 über die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur in Kraft.

Hin zu einer EU-Strategie zur Bekämpfung invasiver gebietsfremder ArtenDer EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt weist mit Nachdruck darauf hin, dass das Problem der invasiven gebietsfremden Arten angegangen werden muss. Die Notwendigkeit eines gemeinsamen Konzepts auf EU-Ebene wird umso deutlicher, als die von einigen Ländern bislang ergriffenen Maßnahmen oft durch das Nichthandeln anderer Länder wieder zunichte gemacht werden, weshalb bisher nur punktuelle Erfolge erzielt wurden.

Die geltenden Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der EU sind ein Teil der Lösung des Problems der invasiven Arten. Gegenwärtig gibt es jedoch keine Mechanismen, mit denen sich Vorgehensweisen benachbarter Länder oder von Ländern in derselben Teilregion harmonisieren oder vereinheitlichen ließen. Außerdem gibt es keine formalen Vorschriften zur Durchführung einer Risikoanalyse unter dem Gesichtspunkt der absichtlichen Einschleppung nicht heimischer Arten, die sich auf die biologische Vielfalt negativ auswirken könnte.

In Reaktion auf diese Belange hat die Europäische Kommission im Dezember 2008 die Mitteilung „Hin zu einer EU-Strategie für den Umgang mit invasiven Arten“ herausgegeben, in der vier politische Optionen für den Umgang mit den von invasiven gebietsfremden Arten ausgehenden Gefahren präsentiert werden. Diese Optionen basieren auf dem international anerkannten „hierarchischen Dreistufenansatz“, nach dem die Verhütung unerwünschter Einschleppungen das wirtschaftlichste, wirkungsvollste und umweltschonendste Konzept ist, gegebenenfalls gefolgt von Tilgung oder langfristiger Eindämmung/ Bekämpfung.

Die Mitteilung verweist auf die Bedeutung eines Frühwarnsystems zum schnellen Austausch von Informationen zwischen benachbarten Ländern, sobald gebietsfremde Arten auftreten, sowie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Bekämpfung. Der nächste Schritt besteht in der Ausarbeitung einer EU-Strategie für den Umgang mit invasiven gebietsfremden Arten.

Prozentsatz der durch invasive gebietsfremde Arten beeinträchtigten bedrohten und nicht bedrohten Arten, nach Artengruppen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Alle

Libellen

Schmetterlinge

Meeressäugetiere

Landsäugetiere

Reptilien

Amphibien

Prozentsatz der beeintrtächtigten Arten

Nicht bedrohtBedroht

(Quelle: IUCN, 2009, 2010)

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28 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

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Ziele 6, 7 und 8

Stärkung der Rolle der EU

bei der Bekämpfung

des weltweiten Verlusts an

biologischer Vielfalt

Förderung der biologischen Vielfalt über die EU-Außenhilfe Im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit in der internationalen Arena erkennt die EU an, dass es nicht ausreicht, sich ausschließlich auf die biologische Vielfalt in Europa zu konzentrieren. Wichtig sind auch die Auswirkungen des Konsumverhaltens in der EU auf den Rest der Welt. Daher betreffen drei der Ziele des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt die Rolle der EU bei der Bekämpfung des weltweiten Verlusts an biologischer Vielfalt.

Abgesehen davon, dass für eine wirksame weltweite Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und anderer Übereinkommen zur Biodiversität plädiert wird, betreffen diese Ziele auch auf Themen wie den internationalen Handel und die Einbeziehung von ökologischen Themen Ökologisierung von EU-Entwicklungspolitiken und programmen.

Im Rahmen ihrer Entwicklungspolitik für den Zeitraum 2007-2013 plädiert die EU für die Einbindung der biologischen Vielfalt in ihre Programme für Entwicklungszusammenarbeit. Daher wurden für die meisten Länder und Regionen, mit denen die EU im Rahmen der externen Kooperation zusammenarbeitet, Umweltprofile erstellt. Bisher wurden über diese geografischen Programme rund 133 Mio. EUR für die Erhaltung der biologischen Vielfalt bereitgestellt, und zwar hauptsächlich in der Region Zentralafrika sowie in Äthiopien, Malawi, Honduras, Bolivien und Brasilien. Es sind jedoch weitere Anstrengungen erforderlich. Ein Grund für die geringe Beteiligung an diesen Programmen liegt darin, dass die biologische Vielfalt in den Partnerländern selbst eher nebensächlich behandelt wird.

Die EU stellt erhebliche Finanzmittel für den Schutz tropischer Regenwälder bereit.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 29

Bisherige erfolge

• Im Rahmen der EU-Entwicklungspolitik (2007-2013) wurden innerhalb der Programme für Außenhilfe zugunsten verschiedener Entwicklungsländer 133 Mio. EUR für die Erhaltung der biologischen Vielfalt bereitgestellt.

• AußerdemwurdenfürdenZeitraum2007-2010 im Rahmen des „Thematischen Programms für Umweltschutz und nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen der EU (ENRTP)“ insgesamt 114 Mio. EUR für die Erhaltung der biologischen Vielfalt bereitgestellt.

• Weitere20Mio.EURwurdenimRahmeneines Finanzierungsabkommens zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Bewirtschaftung von Schutzgebieten in AKP-Ländern genehmigt.

• ImRahmenihresaufdenHandelbezogenenProgramms für Nachhaltigkeitsprüfungen führt die Europäische Kommission bei allen geplanten regionalen und bilateralen Freihandels- und Partnerschaftsverein-barungen Nachhaltigkeitsprüfungen durch.

• DieEuropäischeKommissionunddieMitgliedstaaten bemühen sich aktiv um die Sensibilisierung für und die Förderung der Umsetzung der Bonner Rahmenrichtlinien über den Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechten Vorteilsausgleich (ABS).

• DieEUengagiertsichaktivfürdieUmsetzungdes Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES).

• BeiderFörderungderRechtsdurchsetzung,Politikgestaltung und des Handels im Forstsektor (FLEGT) wurden erhebliche Fortschritte erzielt.

• DieEUdrängtweiterhinaufeinewirksameweltweite Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und anderer internationaler Übereinkommen zur Biodiversität.

Die EU verfügt auch über ein spezielles „Thematisches Programm für Umweltschutz und nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen“, das in den letzten vier Jahren (2007-2010) mehr als 114 Mio. EUR für die Erhaltung der biologischen Vielfalt zur Verfügung gestellt hat. Zusätzlich trägt die EU erheblich zur 5. Auffüllung des Treuhandfonds der Globalen Umweltfazilität bei, der Entwicklungsländern Zuschüsse für Projekte im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt, dem Klimawandel und anderen globalen Umweltthemen gewährt. Für den Zeitraum 2010-2014 sind 1,2 Mrd. Dollar für Projekte und Programme zur biologischen Vielfalt vorgesehen.

Verringerung der Auswirkungen des internationalen HandelsSeit der Verabschiedung des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt hat die EU ihre Bemühungen um Berücksichtigung der Umweltbelange beim internationalen Handel verstärkt. Als Teil ihres Programms zur Nachhaltigkeitsprüfung führt die Europäische Kommission für alle geplanten regionalen und bilateralen Freihandels- und Partnerschaftsabkommen in Asien, Afrika und Lateinamerika Nachhaltigkeitsprüfungen durch.

Auf EU-Ebene spornt die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten an, sich selbst das Ziel zu setzen, bei 50 % ihrer Ausschreibungen auf Umweltverträglichkeit zu achten. Die Behörden in der EU geben jedes Jahr mehr als 2 000 Mrd. EUR für den Kauf von Waren und Dienstleistungen wie Computern, Gebäuden, Papier, Lebensmitteln und Reinigungsdienstleistungen aus. Indem sie bei ihren Ausschreibungen auf Umweltverträglichkeit achten, können diese Behörden – kollektiv – die Verbrauchsmuster innerhalb der EU nachhaltig beeinflussen und eine stärkere Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten und Technologien anregen.

In Bezug auf den weltweiten Artenhandel wurden bei der Umsetzung des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) und des im Jahr 2003 verabschiedeten EU-Aktionsplans „Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor (FLEGT)“ Fortschritte erzielt. Zur Unterstützung des Aktionsplans hat die EU außerdem einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, der Verpflichtungen für Wirtschaftsbeteiligte enthält, die Holz und Holzerzeugnisse auf den Markt bringen. Der Vorschlag basiert auf dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht, der die betreffenden Wirtschaftsbeteiligten dazu verpflichtet, ein System anzuwenden, das das Risiko des Inverkehrbringens von illegal geschlagenem Holz und daraus hergestellten Produkten auf dem EU-Markt minimiert.

Der Rotaugenlaubfrosch (Agalychnis callidryas) wurde zum Symbol vieler Kampagnen zur Rettung des Regenwalds.

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30 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Ziel 9

Unterstützung bei der

Anpassung der biologischen

Vielfalt an den Klimawandel

Klimawandel und biologische Vielfalt In Wissenschaft und Politik herrscht mittlerweile breiter Konsens darüber, dass menschliche Aktivitäten für den Klimawandel verantwortlich sind. Letzterer manifestiert sich durch extremere Wettermuster in verschiedenen Teilen der Welt sowie längere Trockenperioden, häufigeres Hochwasservorkommen und schmelzende Gletscher. Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Kosten dieser Entwicklung können enorm sein.

Der Klimawandel beeinträchtigt auch die Fauna und Flora. Die jüngste Bewertung von 122 in Europa weit verbreiteten Vogelarten hat ergeben, dass die Erderwärmung 92 Arten negativ beeinflusst hat und nur 30 Vogelarten begünstigte. Dies zeigt, dass Europa mit enormen Veränderungen seiner biologischen Vielfalt und seiner Ökosysteme rechnen muss.

Ganze Ökosysteme könnten auch völlig zerstört werden; viele sind bereits unwiderruflich geschädigt. Werden sie jedoch unterhalten und nachhaltig genutzt, so können sie beim Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen und wirksam und effizient auch für die Klimaanpassung genutzt werden. Torfmoore, Wälder und Feuchtbiotope können erhebliche Mengen Kohlendioxid speichern, während Dünen und Süßwasser-Ökosysteme einen natürlichen Schutz vor Hochwasser und dem ansteigenden Meeresspiegel bieten.

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Das Moorschneehuhn (Lagopus lagopus) dürfte vom Klimawandel stark betroffen sein.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 31

Verringerung von Treibhausgasemissionen Die Bekämpfung des Klimawandels erfordert zwei Arten von Maßnahmen. Zum einen müssen die Treibhausgasemissionen verringert werden, und zum anderen sind Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen erforderlich, um die unvermeidlichen Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen.

Was die Verringerung der Treibhausgasemissionen anbelangt, so deutet die jüngste Erhebung der Europäischen Umweltagentur über die Treibhausgasemissionen der Mitgliedstaaten darauf hin, dass die Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 11,3 % zurückgegangen sind. Mehrere Länder, insbesondere die neueren Mitgliedstaaten, haben ihre Emissionen erheblich reduziert. Folglich hat die EU-27 als Ganze durch die alleinige Verringerung der nationalen Emissionen mehr als die Hälfte ihres unilateralen Zieles, ihre Emissionen bis 2020 um 20 % zu reduzieren, erreicht und ist somit auf Kurs, ihre Kyoto-Ziele auch insgesamt zu verwirklichen.

Nutzung der Natur für den KlimaschutzIm Jahr 2009 hat die Europäische Kommission ein Weißbuch zur Anpassung an den Klimawandel veröffentlicht. Das Weißbuch betont die Bedeutung der Erhaltung und Wiederherstellung der Integrität der Ökosysteme und der Entwicklung einer „grünen Infrastruktur“ für die EU aus gesunden, zusammenhängenden Ökosystemen und natürlichen Landschaftselementen. Es verweist auch auf die Notwendigkeit eines umfassenden und integrierten Konzepts zur Erhaltung und Verbesserung von Ökosystemen und der von ihnen erbrachten Güter und Leistungen.

Das Weißbuch erkennt an, dass ökosystembasierte Konzepte anwendungsbereit, allgemein zugänglich und kostengünstig sind. Die Erhaltung von gesunden Ökosystemen ist wirtschaftlich sinnvoll, denn die Suche nach technischen Lösungen als Ersatz für die Leistungen, die die Natur kostenlos erbringt, ist technisch schwierig und extrem teuer.

Allerdings muss auch sichergestellt werden, dass die Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen der biologischen Vielfalt nicht schaden. Diesbezüglich wurden bereits viele Initiativen getroffen; unter anderem wurden Kriterien für die ökologische Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und anderen flüssigen Biobrennstoffen im Rahmen der neuen EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen festgelegt.

1980 1985 1990 1995 2000 2005

130

120

110

100

90

80

70

60

In den letzten zwanzig Jahren haben die Auswirkungen des Klimawandels auf weit verbreitete

Vogelpopulationen zugenommen.

Bisherige erfolge

• MehrereMitgliedstaatenhabenihreTreibhausgasemissionen bereits erheblich reduziert.

• DieEUalsGanzehatbereitsmehrdieHälfte ihres unilateralen Ziels, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 20 % zu reduzieren, erreicht und ist auf Kurs, ihre Kyoto-Ziele insgesamt zu verwirklichen.

• DieEUhatdazuaufgerufen,denVerlust der globalen Waldfläche bis 2030 aufzuhalten und die Abholzung der Tropenwälder (Bruttowert) um mindestens 50 % gegenüber den derzeitigen Werten zu verringern.

• ImJahr2009hatdieEuropäischeKommission ein Weißbuch zur Anpassung an den Klimawandel veröffentlicht, in dem die Bedeutung der Erhaltung und Wiederherstellung der Integrität von Ökosystemen hervorgehoben wird.

• EswurdenvonderEUfinanzierteForschungsprojekte gestartet, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt zu untersuchen.

• DieEU-Richtlinie2009/28/EGzurFörderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen enthält ökologische Nachhaltigkeitskriterien zum Schutz der biologischen Vielfalt.

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32 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Erforschung der Biodiversität zur Untermauerung der PolitikDie Komplexität der biologischen Vielfalt verstehen, ist eine enorme wissenschaftliche Herausforderung. Die vielen noch offenen Wissenslücken müssen unbedingt geschlossen werden, wenn die Zusammenhänge und die gegenseitige Abhängigkeit von Mensch, biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen verständlicher werden soll. Nur so wird eine fundiertere und umfassende Wissensgrundlage geschaffen, die künftige politische Strategien und Aktionen untermauern kann. Auch Investitionen in langfristige Programme zur Umweltüberwachung, bei denen moderne Technologien zum Einsatz kommen und bei denen der Zugang zu dialogfähigen Datenbanken gewährleistet ist, sind unerlässlich, wenn wir unser Wissen über die Auswirkungen der biologischen Vielfalt auf das Funktionieren der Ökosysteme verbessern wollen.

Im Rahmen ihres Aktionsplans zur biologischen Vielfalt legt die EU besonderen Akzent auf die Finanzierung der Grundlagenforschung im Bereich Biodiversität und Ökosysteme durch ihre Forschungsrahmenprogramme. So wurden im Rahmen des 6. und des 7. Forschungsrahmenprogramms (2002-2006 und 2007-2013) für Projekte, die die biologische Vielfalt betreffen, bereits mehr als 200 Mio. EUR bereitgestellt. Die Ergebnisse dieser Projekte fließen, zusammen mit den Ergebnissen der jeweils eigenen Forschungsinvestitionen der Mitgliedstaaten, kontinuierlich in die Entwicklung der EU-Biodiversitätspolitik ein.

Zur weiteren Förderung dieses Prozesses wurde im Juni 2010 ein Atlas der Biodiversitätsrisiken veröffentlicht, in dem die Ergebnisse verschiedener europäischer Forschungsprojekte in umfassender Weise dargestellt sind. Außerdem haben die Europäische Kommission und die Europäische Umweltagentur ein neues Europäisches Informationssystem für Biodiversität (BISE) eingerichtet, dessen übergeordnetes Ziel darin besteht, in Europa ein einziges Portal für den Zugang zu einheitlichen, aktuellen und von Fachkollegen gegengeprüften Informationen, Daten und Erkenntnissen zur biologischen Vielfalt zu schaffen.

Zur Erweiterung unseres Wissens über den Zustand der biologischen Vielfalt ist eine langfristige ökologische Überwachung unerlässlich.

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Ziel 10

Wesentliche Stärkung der

Wissensgrundlage

BIODIVERSITY INFORMATIONSYSTEM FOR EUROPE

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 33

Darüber hinaus fördert die EU aktiv auch die Biodiversitätsforschung und die Sammlung von Biodiversitätsdaten auf internationaler Ebene. Die EU hat mit dazu beigetragen, dass im Juni 2010 die Zustimmung der internationalen Staatengemeinschaft zur Einrichtung eines weltweiten Wissen-schaftsrats zu Fragen der biologischen Vielfalt (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystems Services, IPBES) erwirkt wurde mit dem Ziel, die unabhängige wissen-schaftliche Beratung für die weltweite Politikgestaltung zu stärken. Zur Förderung der Einrichtung des IPBES stellt die EU dem UN-Umweltprogramm (UNEP) ebenfalls 1 Mio. EUR zur Verfügung.

Untersuchung der wirtschaftlichen Aspekte der biologischen VielfaltIn Reaktion auf einen Vorschlag der G8+5-Umweltminister aus dem Jahr 2007 übernahm die EU die Rolle als Hauptfinanzierer einer maßgeblichen weltweiten Studie zum ökonomischen Wert von Ökosystemen und biologischer Vielfalt (The Economics of Ecosystems and Biodiversity, TEEB). Die Studie, die sich auf weltweites Fachwissen in den Bereichen Naturwissenschaften, Wirtschaft und Politik stützt, bewertet die Kosten des Verlusts an biologischer Vielfalt und des damit zusammenhängenden weltweiten Rückgangs der Ökosystemleistungen und vergleicht sie mit den Kosten einer wirksamen Erhaltung und nachhaltigen Nutzung.

Im Mai 2008 wurde anlässlich der 9. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt ein TEEB-Zwischenbericht vorgestellt. Der Bericht enthielt deutliche Anhaltspunkte für erhebliche weltweite und lokale wirtschaftliche Verluste und für die Auswirkungen auf das Wohl des Menschen, die dem Verlust an biologischer Vielfalt und an Ökosystemleistungen zuzuschreiben sind und auf rund 50 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt werden.

Die zweite Phase der TEEB-Studie betraf u. a. einen Bericht über die ökologischen und wirtschaftli-chen Grundlagen sowie vier gezielte Endnutzerberichte, die auf diesem Referenzbericht aufbauen. Die Endnutzerberichte enthalten gezielte Antworten, einschließlich Empfehlungen für nationale und internationale politische Entscheidungsträger, lokale und regionale Verwaltungsfachleute, Unternehmen sowie Verbraucher und Bürger, auf die Frage, wie die nachhaltige Entwicklung gefördert werden kann, indem Ökosysteme und biologische Vielfalt besser geschützt werden und ihr wirtschaftlicher Wert von Anfang an berücksichtigt wird.

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中間報告

生態系と生物多様性の経済学

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Bisherige erfolge

• ImRahmendes6.Forschungsrahmenpro-gramms (2002-2006) wurden 78,6 Mio. EUR in Forschungsprojekte im Bereich Biodiver-sität investiert.

• Weitere 199,5 Mio. EUR wurden bislang im Rahmen des 7. Forschungsrahmenpro-gramms der EU (2007-2013) bereitgestellt.

• DieEuropäischeKommissionbeteiligtsichan der globalen Strategie zur Fortschreibung der Weltökosystemstudie („Millenium Ecosystem Assessment“) und engagiert sich für eine regionale Bewertung für Europa mithilfe des von der Europäischen Umweltagentur gestarteten EURECA-Projekts.

• Die Europäische Kommission hat dazu beigetragen, dass im Jahr 2010 ein Überein-kommen zur Einrichtung eines weltweiten Wissenschaftsrats zu Fragen der biologi-schen Vielfalt (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosys-tem Services, IPBES) vereinbart wurde und unterstützt dieses Vorhaben mit 1 Mio. EUR.

• ImJuni2010wurdeeinAtlasderBiodiversitätsrisiken veröffentlicht, in dem die Ergebnisse einer Reihe von europäischen Forschungsprojekten zusammengefasst sind.

• EswurdeeinneuesEuropäischesInformationssystem für Biodiversität (BISE) eingerichtet, um ein einziges Portal für den Zugang zu Daten über die biologische Vielfalt der EU zu schaffen.

• DieEUistHauptfinanziererderweltweitenStudie über den ökonomischen Wert von Ökosystemen und biologischer Vielfalt (TEEB), deren Ergebnisse für die Festlegung künftiger politischer Maßnahmen aus-schlaggebend sein werden.

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TEEB PARA LOS RESPONSABLES DE LA ELABORACIÓN DE POLÍTICAS

NACIONALES E INTERNACIONALES

RESUMEN: RESPONDER AL VALOR DE LA NATURALEZA

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TEEB FOR BUSINESSEXECUTIVE SUMMARY

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34 Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010

Unterstützungs-massnahmen

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Um sicherzustellen, dass die Ziele und Maßnahmen des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt so wirksam wie möglich umgesetzt werden, werden sie durch zusätzliche Maßnahmen zur Finanzie-rung, Entscheidungsfindung, zum Aufbau von Partnerschaften und zur Sensibilisierung unterstützt.

Sicherstellung ausreichender Finanzmittel Die finanzielle Vorausschau der EU für den Zeitraum 2007-2013 hat neue Möglichkeiten für die

Kofinanzierung von Natura 2000 und anderen biodiversitätsbezogenen Maßnahmen innerhalb der EU eröffnet. Der LIFE+-Fond zur Förderung von Maßnahmen in den Bereichen Natur und biologische Vielfalt sieht für diesen Zeitraum 836 Mio. EUR zur Förderung von Natura 2000 und Biodiversitätsprojekten vor.

Stärkung der Entscheidungsfindung innerhalb der EU Um die Entscheidungsfindung innerhalb der EU zu stärken, müssen die politischen Maßnahmen

der EU und der Mitgliedstaaten im Bereich der biologischen Vielfalt insbesondere über eine gut funktionierende Governance-Struktur besser koordiniert werden. Die Europäische Kommission und die einzelstaatlichen Behörden halten regelmäßig gemeinsame Sitzungen ab, um den Stand der Umsetzung des Aktionsplans zur biologischen Vielfalt und der beiden Naturschutzrichtlinien zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Maßnahmen der EU, auch in ihren Beziehungen zum Rest der Welt, abgestimmt sind.

Aufbau von Partnerschaften Die Europäische Kommission misst dem Aufbau von Partnerschaften mit verschiedenen

Interessenträgern besondere Bedeutung bei und hat in diesem Bereich viele Initiativen gestartet. Im Jahr 2010 hat sie die Plattform „Business and Biodiversity“ (B@B) ins Leben gerufen, ein internetbasiertes Instrumentarium, das Unternehmen bei der Einbeziehung von Biodiversitätsbelangen in ihre Kernaktivitäten unterstützt und es ihnen ermöglicht, Lösungen für die Herausforderungen zu finden, die diese Einbeziehung für ihren Tätigkeitsbereich bedeutet.

Ausbau des Kenntnisstands, der Sensibilisierung und der Partizipation der Öffentlichkeit

Die Europäische Kommission misst dem Aufbau von Partnerschaften mit verschiedenen Interessenträgern besondere Bedeutung bei und hat in diesem Bereich viele Initiativen gestartet. Im Jahr 2010 hat sie die Plattform „Business and Biodiversity“ (B@B) ins Leben gerufen, ein internetbasiertes Instrumentarium, das Unternehmen bei der Einbeziehung von Biodiversitätsbelangen in ihre Kernaktivitäten unterstützt und es ihnen ermöglicht, Lösungen für die Herausforderungen zu finden, die diese Einbeziehung für ihren Tätigkeitsbereich bedeutet.

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Aktionsplan der eu zur biodiversität: Bewertung 2010 35

Bildnachweise:Titelseite : Alle drei Bilder, IstockphotoSeite 4 : David KjaerSeite 6 : Peter CreedSeite 8 : IstockphotoSeite 9 : Kern, Nationalpark Donauauen Seite 10 : J. Peltomaki, Wild WondersSeite 12 : Kocacs, Nationalpark DonauauenSeite 14 : K. Wothe, Wild WondersSeite 14 : Europäische KommissionSeite 16 : Peter CreedSeite 19 : Csaba Loki

Literaturhinweise Website der Europäischen Kommission zu Natur und biologischer Vielfalt: http ://ec.europa.eu/environment/nature/index_en.htm

EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt 2006 und Bewertung 2010:http ://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/comm2006/index_en.htm

Grundlagenbericht über die biologische Vielfalt in der EU 2010:http ://www.eea.europa.eu/publications/eu-2010-biodiversity-baseline/

Europäisches Informationssystem zur biologischen Vielfalt (Biodiversity Information System for Europe, BISE):www.biodiversity.europa.eu

Berichte zum Thema „Ökonomischer Wert von Ökosystemen und biologischer Vielfalt“ (The Economics of Ecosystems and Biodiversity, TEEB): http ://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/economics/index_en.htm

Das Natura-2000-Netz:http ://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/index_en.htm

Europäische Kommission

Aktionsplan der eu zur Biodiversität: Bewertung 2010

Luxemburg; Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union

2010 – 36 S. – 21 x 21 cm

ISBN 978-92-79-16247-3doi : 10.2779/37516

Weitere kostenlose Exemplare dieser Veröffentlichung können unter folgender Adresse bezogen werden:Europäische KommissionGeneraldirektion Umwelthttp ://bookshop.eu/

Seite 20 : David KjaerSeite 22 : StellaStyles, FlickrSeite 24 : IstockphotoSeite 25 : Staatsbossbeheer Seite 26 : FlickrSeite 28 : IstockphotoSeite 29 : IstockphotoSeite 30 : IstockphotoSeite 32 : Ruth HaynesSeite 33 : IstockphotoSeite 34 : Erstes Bild David Kjaer, Zweites Bild Europäische Kommission

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