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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT 19 .JAHRGANG Nr. z5 I3. APRIL x94o 0BERSICHTEN. AKTIVE SCHUTZIMPFUNG GEGEN BACILLENRUHR* . Von R. PRIGGE. Aus dem Staatlichen lnstitut fur experimentelle Theraple m Frankfurt a, M, (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr, R. OTTO). ExperimentelI-Therapeutische Abtefiung (Prof. Dr. R. PRIGGE), Das Problem der aktiven Schutzimp]ung gegen Bacillen- ruhr hat in der letzten Zeit sehr an Bedeutung gewonnen. Die Bemfihungen urn die Entwicklung einer brauchbaren Impfmethode sind in der Hauptsache auf 2 Wegen voran- gekommen: man hat einerseits versucht, durch orale Ver- abreichung yon abget6teten Ruhrbacillen eine ,,lokaIe" Immunitgt der Darmwand zustande zu bringen; andererseits hofft man, durch parenterale, vor allem subcutane Ein- verleibung der gesamten Leibessubstanz oder bestimmter Zellbestandtefie der Dysenteriebacillen einen wirksamen Schutz gegen die Erkrank~g erzeugen zu k6nnen. Das zuerst genannte Verfahren, das vor kurzem an anderer Stelle aus- ffihrlich er6rtert wurde (PRIGGEt), hat allerdings in Deutsch- land vorers~L nur bedingtes Vertrauen gefunden. Im Vorder- grunde des Interesses steht die Methode der parenteralen Immunisierung, tiber deren neuere Entwicklung im folgenden beriehtet werden soil. Das Verst~ndnis der hier gewonnenen Ergebnisse macht zun&chst einige Bemerkungen fiber die yon den Ruhrbacillen gebildeten Gi]tsto]Je erforderlich. I. ~ber die Natur des Ruhrgi]tes sind zwei Theorien auf- gestellt und lange Zeit heftig gegeneinander verfochten worden, eine monisfische, die atle Wirkungen des Shiga-KrusescI~en Ruhrbaciltu, auf ein einziges giftiges Agens, das ,,Toxin", zurfickffihren wollte, und eine dualistische. Der Streit ist ]etzt eindeutig zugunsten der letzteren entschieden. Schon die ~tlteren Arbeiten yon KROSE, PFEIFFER und UNGERMANN, SELTER, BS:SSAU u. a. spraehen ffir die Ansicht, dab der Shiga-Kruse-Bacillus neben dem Toxin noch ein sog. ,,Endo- toxin" oder ,,Endogen" bildet (Literatur s. bei P~IGGE ~' 3, und bei LENTZ und PRIGGE~). Die Eigensehaften, die man den beiden Noxen zuschrieb, sind in Tabelle i zusammengestellt. Tabelle t. Eigenschaften des Shlga-Kruse-Toxins und des -Endotoxins. Toxin Endotoxm yon der ]3akterienzelle leicht abtrennbar 2. thermolabil 3 ~eurotoxisch (paretlsch) 4- flit Kaninchen und M~use hochtoxisch 5. hohe antigene Wirksamkel• yon der Bakterienzelle schwer abtrennbar thermostabil enterotoxisch (marantisch) Ifir Meerschweinchen hoch- toxisch schwache antigene Wirksamkeit W&hrend die Existenz des Toxins schon seit Jahrzehnten feststeht, konnte das Vorhandensein des Endotoxins erst in den letzten Jahren endgfiltig nachgewiesen werden. Zu- gleich ist es gelungen, die Substrate, an die die verschiedenen Giftwirkunge, n gekntipft sind, also eben das ,,Toxin" und das ,,Endotoxin" aus der Bakterienzelle zu ldsen, sie voneinander zu trennen und bis zu einem gewissen Grade rein darzustellen (BoIVlN; MORGAN U. a. ; Literatur s. bei PRIGGE3). ES mul3 allerdings betont werden, dab nicht alle St~tmme des Shiga- Kruse-Baeillus die beiden giftigen Antigene enthatten, und dab gerade dieser Umstand die v611ige Kl~rung der Sachlage so lange verz6gert haben dfirfte. Untersucht man n~mlich eine gr6Bere Anzahl yon Einzelkolonien, so findet man regel- * Auf Wtmsch der Schriftleitung. ** Antigene Wlrksalnkeit = Immunismrungsvermogen. Klinische Wochenschrift, ~9~ Jahrg, m/il3ig 2 Arten von Keimen, solche, die sowohl das Toxin wie das Endotoxin bilden (,,O-Formen"), und solche, die nur Toxin aufzubauen vermSgen (,,o-Formen"). Abimpfungen der endotoxinfreien o-Keime bleiben stets nnd flir alte Zeit endotoxinfrei, w/ihrend aus den endotoxinhaltigen O-Kolonien immer wieder beide Koloniearten -- endotoxinhaltige und endotoxinfreie -- hervorgehen. Der endgfiltige Nachweis des Endotoxins war auch dadurch erschwert, dab nur ein kleiner Tell dieses Giftes in die frfiher meist untersueh~en Filtrate yon Bouillonkulturen fibergeht. Die Gewinnung gr6Berer Mengen gelingt nut dutch Extraktion der Bacillen selbst oder dutch Konzentration der in den Kulturfiltraten enthaltenen Antigen- mengen (Entfernung des Toxins durch Trichloressigs/iure- ffilhmg mit anschlieBender Dialyse und Alkoholprgcipitation des Endotoxins bei schwaeh saurer Reakdon oder F/illung des Endotoxins mit Alaun bzw. Adsorption an Aluminium- hydroxyd, gegebenenfalls zusammen mit dem Toxin). Anders als bei den Shiga-Kruse-Baeillen liegen die Ver- h&ltnisse bei den sog. ,,gi/tarmen" Ruhrbacillen (den Flexner-, Kruse-Sonne- und Schmitz-BaciUen): Schon vor l~tngerer Zeit wurde nachgewiesen, daft die Flexner:Bacillen nur Endotoxin bilden (PRIGGE6). Das gleiche gilt nach neueren Untersuchungen ffir die Kruse-Sonne-Bacillen (HAAST), w~h- rend die Sehmitz-Bacillen neben einem Endotoxin auch ganz kleine Mengen Toxin aufzubauen scheinen (BucHWALD s, SCHROERS). Die Endotoxine der drei giftarmen Ruhrbacillen- Typen lassen sich vom Endotoxin des Shiga-Kruse-Bacillus und untereinander -- trotz groBer J~hnlichkeit der Wirkun- gen -- serologisch unschwer unterscheiden. Auch bei den Flexner- und Kruse-Sonne-Bacillen gibt es Varianten, denen das Endotoxin -- und somit jegliche G~ftwirkung -- fehlt; doch sind diese Zusammenh~nge noch nicht so grfindlich er- forscht wie beim Shiga-Kruse-Bacillus. l~ber die sto]fliche Natur des Shiga-Kruse-Toxins ist heute noch verh~tltnism/iBig wenig bekannt; wahrscheinlich ist dieses Gift -- ebenso wie das Toxin des Diphtheriebacillus -- ein Protein. Genauere Untersuehungen liegen fiber die ver- schiedenen Endotoxine vor. Es handelt sich hier nach den bis- herigen Ergebnissen um Kohlehydrat-Lipoid-Verbindungen; der Polysaccharidanteil des Shiga-I{ruse-Endotoxins enth/ilt i5% d-Galaktose, 7,5% 1-Rhamnose und 25% N-Acetyl- aminozucker. Die pathogenetische Bedeutung der beiden Gifte hat man wohl darin zu erblicken, dab die Endotoxine -- die bei allen Ruhrerregern nachweisbar sind -- entsprechend den /ilteren Anschauungen (vgl. Tabelle I) die Darmerscheinungen ver- ursachen, w/ihrend das Toxin die Ursache der Allgemein- vergiftung nnd der nerv6sen Erscheinungen ist, die wir bei den schweren F/illen yon Shiga-Kruse-Ruhr beobachten. Das bis heute gewonnene experimentelle Material reicht aller- dings noch nicht aus, um diese Auffassung restlos zu beweisen. Die meisten Untersuchungen sind an Kaninchen, Meer- schweinchen und M~usen durehgeftihrt, die zwar gegen par- enteral einverleibte Bacillen oder ihre Gifte sehr empfindlich sind, bei denen sich aber nicht das charakteristische Krank- heitsbild der Ruhr und -- bei Verffitterung der Ruhrbacillen -- meist nicht einmal eine Infektion erzeugen l~13t. Eine rest- lose K1/~rung der angeschnittenen Fragen ist nur bei Tieren zu erwarten, bei denen sich wirklich eine ,,Ruhr'" erzeugen 1/iBt und die somi~ auch den Zwecken der vergleichenden Pathologie genfigen (Allen), nicht bei Versuehstieren, deren Bedeutung sich auf die Eignung zur Vornahme biologischer Giftmessungen und zur Durehffihrung yon Immunit~ts- studien beschr/inkt (M/iusen, Kaninehen usw.). Sichergestellt ist vorerst nur die Tatsache, dab neben dem Toxin aueh das Endotoxin eine wichtige RolIe in der Pathogenese der Ruhr 29

Aktive Schutzimpfung Gegen Bacillenruhr

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Page 1: Aktive Schutzimpfung Gegen Bacillenruhr

KLINISCHE WOCHENSCHRIFT 19 . J A H R G A N G N r . z5 I 3 . A P R I L x94o

0BERSICHTEN. A K T I V E S C H U T Z I M P F U N G

G E G E N B A C I L L E N R U H R * .

V o n

R. PRIGGE. Aus dem Staatlichen lnst i tut fur experimentelle Theraple m Frankfurt a, M,

(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr, R. OTTO). ExperimentelI-Therapeutische Abtefiung (Prof. Dr. R. PRIGGE),

Das Prob lem der aktiven Schutzimp]ung gegen Bacillen- ruhr ha t in der le tz ten Zeit sehr an Bedeu tung gewonnen. Die Bemfihungen urn die En twick lung einer b rauchbaren I m p f m e t h o d e sind in der Haup t sache auf 2 Wegen voran- gekommen: m a n ha t einerseits versucht , durch orale Ver- abre ichung yon abge t6 te ten Ruhrbac i l len eine ,,lokaIe" Immunitgt der Darmwand zus tande zu br ingen; anderersei ts hoff t man, durch parenterale , vor a l lem subcutane Ein- ver le ibung der gesamten Leibessubs tanz oder bes t immte r Zel lbestandtef ie der Dysenter iebaci l len einen wirksamen Schutz gegen die E r k r a n k ~ g erzeugen zu k6nnen. Das zuerst genannte Verfahren, das vor kurzem an anderer Stelle aus- ffihrlich er6r te r t wurde (PRIGGEt), h a t allerdings in Deutsch- land vorers~L nur bedingtes Ver t rauen gefunden. I m Vorder- grunde des Interesses s teh t die Methode der parenteralen Immunisierung, t iber deren neuere En twick lung im folgenden ber ieh te t werden soil. Das Vers t~ndnis der hier gewonnenen Ergebnisse m a c h t zun&chst einige Bemerkungen fiber die yon den Ruhrbac i l l en gebi ldeten Gi]tsto]Je erforderlich.

I. ~ b e r die Natur des Ruhrgi]tes sind zwei Theor ien auf- gestel l t und lange Zeit heft ig gegeneinander ver fochten worden, eine monisf ische, die atle Wi rkungen des Shiga-KrusescI~en Ruhrbaciltu, auf ein einziges gift iges Agens, das , ,Toxin", zurfickffihren wollte, und eine dualist ische. Der S t re i t ist ]e tz t e indeut ig zuguns ten der le tz te ren entschieden. Schon die ~tlteren Arbe i ten yon KROSE, PFEIFFER und UNGERMANN, SELTER, BS:SSAU u. a. spraehen ffir die Ansicht , dab der Shiga-Kruse-Baci l lus neben dem Toxin noch ein sog. ,,Endo- toxin" oder ,,Endogen" bi ldet (Li tera tur s. bei P~IGGE ~' 3, und bei LENTZ und PRIGGE~). Die Eigensehaf ten, die man den beiden Noxen zuschrieb, sind in Tabel le i zusammengeste l l t .

Tabelle t. E i g e n s c h a f t e n des S h l g a - K r u s e - T o x i n s und des - E n d o t o x i n s .

Toxin Endotoxm

yon der ]3akterienzelle leicht abtrennbar

2. thermolabil 3 ~eurotoxisch (paretlsch) 4- flit Kaninchen und M~use

hochtoxisch 5. hohe antigene Wirksamkel•

yon der Bakterienzelle schwer abtrennbar

thermostabil enterotoxisch (marantisch) Ifir Meerschweinchen hoch-

toxisch schwache antigene Wirksamkeit

W&hrend die Exis tenz des Toxins schon seit J ah rzehn ten feststeht , konnte das Vorhandensein des Endo tox ins erst in den le tz ten J a h r e n endgfil t ig nachgewiesen werden. Zu- gleich ist es gelungen, die Substrate , an die die verschiedenen Giftwirkunge, n geknt ipf t sind, also eben das , ,Toxin" und das , ,Endo tox in" aus der Bakter ienzel le zu ldsen, sie vone inander zu t rennen und bis zu einem gewissen Grade rein darzustel len (BoIVlN; MORGAN U. a. ; L i t e r a tu r s. bei PRIGGE3). ES mul3 allerdings be ton t werden, dab n ich t alle St~tmme des Shiga- Kruse-Baei l lus die beiden gift igen Ant igene enthat ten, und dab gerade dieser U m s t a n d die v611ige Kl~rung der Sachlage so lange verz6ger t haben dfirfte. Un te r such t m a n n~mlich eine gr6Bere Anzahl yon Einzelkolonien, so f indet man regel-

* Auf Wtmsch der Schriftleitung. ** Antigene Wlrksalnkeit = Immunismrungsvermogen.

Klinische Wochenschrift, ~9~ Jahrg,

m/il3ig 2 Ar ten von Keimen, solche, die sowohl das Toxin wie das E n d o t o x i n bi lden ( , ,O-Formen") , und solche, die nur Tox in aufzubauen vermSgen ( , ,o-Formen") . Abimpfungen der endotoxinfre ien o -Keime bleiben stets nnd flir alte Zeit endotoxinfrei , w/ihrend aus den endotoxinhal t igen O-Kolonien immer wieder beide Koloniear ten - - endotoxinha l t ige und endotoxinfre ie - - hervorgehen. Der endgfilt ige Nachweis des Endo tox ins war auch dadurch erschwert, dab nur ein kleiner Tell dieses Giftes in die frfiher meis t untersueh~en F i l t r a te yon Boui l lonkul turen fibergeht. Die Gewinnung gr6Berer Mengen gel ingt n u t du tch E x t r a k t i o n der Bacil len selbst oder dutch Konzen t ra t ion der in den Kul tu r f i l t r a t en en tha l tenen Ant igen- mengen (Ent fe rnung des Toxins durch Trichloressigs/iure- ffilhmg m i t anschlieBender Dialyse und Alkoholprgcip i ta t ion des Endo tox ins bei schwaeh saurer R e a k d o n oder F/i l lung des Endo tox ins m i t Alaun bzw. Adsorpt ion an Aluminium- hydroxyd , gegebenenfalls zusammen m i t dem Toxin).

Anders als bei den Shiga-Kruse-Baei l len liegen die Ver- h&ltnisse bei den sog. ,,gi/tarmen" Ruhrbacillen (den Flexner- , Kruse-Sonne- und Schmitz-BaciUen): Schon vor l~tngerer Zeit wurde nachgewiesen, daft die F lexner :Baci l len nur Endotoxin bilden (PRIGGE6). Das gleiche gi l t nach neueren Unte r suchungen ffir die Kruse-Sonne-Baci l len (HAAST), w~h- rend die Sehmitz-Baci l len neben einem E n d o t o x i n auch ganz kleine Mengen Toxin aufzubauen scheinen (BucHWALD s, SCHROERS). Die Endo tox ine der drei g i f ta rmen Ruhrbaci l len- Typen lassen sich v o m E n d o t o x i n des Shiga-Kruse-Baci l lus und untere inander - - t ro tz groBer J~hnlichkeit der Wirkun- gen - - serologisch unschwer unterscheiden. Auch bei den Flexner- und Kruse-Sonne-Baci l len gibt es Var ianten, denen das E n d o t o x i n -- und somi t jegliche G~ftwirkung -- fehl t ; doch sind diese Zusammenh~nge noch n ich t so grfindlich er- forscht wie beim Shiga-Kruse-Bacil lus.

l~ber die sto]fliche Natur des Shiga-Kruse-Toxins ist heute noch verh~tltnism/iBig wenig bekann t ; wahrscheinl ich ist dieses Gift - - ebenso wie das Toxin des Diphther iebaci l lus - - ein Protein. Genauere Unte r suehungen liegen fiber die ver- schiedenen Endo tox ine vor. Es hande l t sich hier nach den bis- herigen Ergebnissen um Kohlehydra t -L ipo id-Verb indungen ; der Polysacchar idante i l des Shiga- I{ruse-Endotoxins enth/i l t i 5 % d-Galaktose, 7,5% 1-Rhamnose und 25% N-Acety l - aminozucker .

Die pathogenetische Bedeutung der beiden Gifte ha t man wohl dar in zu erblicken, dab die Endo tox ine - - die bei allen Ruhre r regern nachweisbar sind - - en tsprechend den /il teren Anschauungen (vgl. Tabel le I) die Darmersche inungen ver- ursachen, w/ihrend das Tox in die Ursache der Allgemein- verg i f tung nnd der nerv6sen Ersche inungen ist, die wir bei den schweren F/i l len yon Sh iga -Kruse -Ruhr beobachten. Das bis heu te gewonnene exper imente l le Mater ial re icht aller- dings noch nicht aus, um diese Auffassung restlos zu beweisen. Die meis ten Unte r suchungen sind an Kaninchen, Meer- schweinchen und M~usen durehgeftihrt , die zwar gegen par- enteral e inver le ibte Bacillen oder ihre Gifte sehr empfindl ich sind, bei denen sich aber n ich t das charakter is t ische Krank- hei tsbi ld der R u h r und - - bei Verff i t terung der Ruhrbac i l len - - meis t n ich t e inmal eine Infek t ion erzeugen l~13t. E ine rest- lose K1/~rung der angeschni t tenen Fragen ist nur bei Tieren zu erwarten, bei denen sich wirkl ich eine , ,Ruhr '" erzeugen 1/iBt u n d die somi~ auch den Zwecken der vergle ichenden Pathologie genfigen (Allen), n ich t bei Versuehst ieren, deren B e d e u t u n g sich auf die E ignung zur Vornahme biologischer Gif tmessungen und zur Durehff ihrung yon Immun i t~ t s - s tudien beschr / inkt (M/iusen, Kan inehen usw.). Sichergestel l t ist vore rs t nur die Tatsache, dab neben dem Toxin aueh das E n d o t o x i n eine wicht ige RolIe in der Pa thogenese der Ruhr

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Page 2: Aktive Schutzimpfung Gegen Bacillenruhr

Klinische 338 PRIGGE, Bacillenruhr. Wochenschrift

spiel• w~ihrend der W i r k u n g s m e c h a n i s m u s im e inze lnen noch n i c h t v611ig gekl~irt is• Versch iedene Au to ren , neuer - d ings vo r a l l em ISTR~TI n , v e r t r e t e n die Auffassung, daf~ n i c h t n u r das E n d o t o x i n , s o n d e r n a u c h das Tox in schwere Ver- ~ n d e r u n g e n der D a r m s c h l e i m h a u t zu e rzeugen ve rm6ge ; das Tox in w~re h i e r n a c h n i c h t n u r ein Nerveng i f t , s onde rn zugleich ein D a r m g i i t .

I I . Das W e s e n de r Immunit(~t u n d die aUgemeinen Prin- zipien der alctiven Schutzimp]ung dfirfen als b e k a n n t voraus - gese tz t werden. Es set d a h e r n u r d a r a n e r inner t , d ab es bet Mensch u n d Tier a l lm~hl ich zu e iner , , G e w 6 h n u n g " k o m m t , w e n n m a n d e m IK6rper kleine, unsch~idliehe G a b e n eines bak te r i e l l en Giftes e inve r l e ib t u n d die I n j e k t i o n in geeigneten Z e i t a b s t ~ n d e n - - gegebenenfa l l s u n t e r S t e ige rung der Dosis - - wiederhol t . I n gewissen F~l len k 6 n n e n a u c h a b g e t S t e t e Baci l len oder abe r ungi f t ige chemische D e r i v a t e der B a k - t e r ieng i f te v e r w a n d t werden . Mi t der , , G e w 6 h n u n g " en t - wickel t sich ein Schutz , eine sog. ,,alctive ImmunitY• gegen die Verg f f tung m i t gr6Beren T o x i n g a b e n oder gegen die In - fek t ion m i t l e b e n d e n Baei l len. Dieser Schu tz b e r u h t darauf , dab der Organ i smus au f die e i n v e r l e i b t e n S u b s t a n z e n m i t der B i l dung yon Schutzsto//en (,,AntikSrpern", i n sbesondere An t i - tox inen , A n t i e n d o t o x i n e n , Agg lu t in inen , Pr~icipi t inen USWo) reagier t .

Die i l t e r e n Versuche, zu e iner b r a u c h b a r e n Schu tz - i m p f u n g gegen B ac i l l en r uh r zu gelangen, h a b e n ganz ver- sch iedene E rgebn i s se gezeitig• je n a c h d e m ob es sieh u m die Bek~impfung der g i f t a r m e n Dysen te r i ee r r ege r (der F lexner - , Kruse -Sonne- ~und Schmi tz -Bac i l l en) oder u m die I m m u n i - s ie rung gegen Sh iga -Kruse -Bac i l l en hande l t e .

Das P r o b l e m der Schutzimp/ung gegen die gi/tarmen Ruhr- bacil&n, vo r a l l em gegen ihre wicht igs• Typen , die FIexner - u n d Kruse -Sonne-Bac i l l en , is• in seinen Grundz i igen schon sei t l~ingerer Zei t ge16st (L i t e r a tu r s. bei LE~TZ u n d PRIGGn4). H ie r s ind vo r a l l em die e rs t vo r wenigen J a h r e n yon OTTO~ ve rSf fen t l i ch ten E rgebn i s se zu erwfihnen. Die au I OTTO S Ve ran l a s sung du rchge f t i h r t e s u b c u t a n e A p p l i k a t i o n eines aus abget6teten Keimen b e s t e h e n d e n p o l y v a l e n t e n F l e x n e r - I m p f - stoffes k o n n t e im J a h r e 1917 auf e inem m i t 35o0 M a n n be- leg ten T r u p p e n f i b u n g s p l a t z e ine R u h r e p i d e m i e bzw. - endemie zum Er lSschen br ingen . Die Erfo lge s ind de s ha lb besonde r s beweiskr~f f ig , wei l die E r k r a n k u n g e n bet den anderw~ir t ig u n t e r g e b r a c h t e n , n i e h t g e i m p f t e n Tei len der in B e t r a c h t k o m m e n d e n T r u p p e n k S r p e r u n d in der U m g e b u n g des T r u p p e n i i b u n g s p l a t z e s a u c h w e i t e r h i n in sehr groBer Z a h l a u f t r a t e n u n d sogar eine Re ihe y o n Todesopfe rn fo rder ten . Mi t Rf icks ich t au f den U m s t a n d , dab die F l exne r -Bae i l l en in ve r sch iedene serologische R a s s e n (A, ]3, C usw.) yon un te r - sch iedl icher ep idemiologischer B e d e u t u n g zerfal len, muB m a n fordern, dab die F l e x n e r - I m p f s t o f f e vo r a l l em K e i m e der K r u s e s c h e n R a s s e n A, D u n d H, fe rner solche der engl ischen Rasse X u n d der (vie l le icht m i t der Rasse I der Schmi tz - Bae i l len iden t i schen) Sa r to r ius schen Rasse F e n t h a l t e n .

Gu te Erfolge s ind m i t a b g e t 6 t e t e n K e i m e n a u c h bei der B e k ~ m p f u n g der d u r c h Kruse -Sonne -Bac i l l en ( K R u s ~ s , ,E- R a s s e " ; , ,Mi lehzueker rasse") v e r u r s a c h t e n R u h r erziel t worden (RODENWALDT 17, ERNST u n d TRAPPMANN ls u. a.). Mi t Schmi tz -Bac i l l en , die n u r in beschr~Lnktem U m f a n g e eine Rolle als R u h r e r r e g e r spielen, s ind um f ang r e i che re Schu tz - i m p f u n g e n b i she r n i c h t durchgef i ihr• worden ,

Der Mechanismus der Immunitdt gegen die g i f t a r m e n R u h r b a c i l l e n is• nich• vSllig gekl~irt. I m m e r h i n h a b e n die U n t e r s u c h u n g e n yon BolVI~ ~ n n d yon HAAS ~ ergeben, dab die E n d o t o x i n e der R u h r b a c i l l e n im O r g a n i s m u s die E n t - s t e h u n g v o n A n t i k 6 r p e r n ( , ,Pr i ic ip i t inen") auslSsen, m i t denen sie u n t e r N iede r sch lagsb i ldung ( , ,Pr~icipi ta t ion") zu r eag ie ren v e r m o g e n u n d dab die pr~ic ipi t ierenden A n t i k 6 r p e r m i t den A g g l u t i n i n e n gegen die e n t s p r e c h e n d e K e i m a r t i den t i s ch sind. Das A g g l u t i n a t i o n s v e r m S g e n des Se rums gegen endo- t ox inha l t i ge R u h r k e i m e (O-Formen) da r f d a h e r a l s , , I n d i c a t o r " fiir das Bestehen einer an t i endo• Immuni tY• a n g e s e h e n werden, w e n n s c h o n die Menge der pr~ic ipi t ierenden u n d agg lu t in i e r enden A n t i k S r p e r nich• als Marl der I m m u n i t ~ i t ge l ten k a n n . D e n n die e n t g i f t e n d e W i r k u n g der I m m u n s e r a

gegeniiber Endotoxin ist nur geringffigig (PRIOGE ~ 6, LENTZ und PRIGGE 4, a. a. O. S. 1454, HAAS~). Es is• daher anzu- nehmen, dab die antiendotoxische Immunit~it ein vorwiegend cellul~ires, nicht auf AnfikSrperwirknng, sondern auf einer ,,Desensibilisierung" der empiindlichen Organe beruhendes Ph~inomen is• (PRIGGEI~ Die bisher gewonnenen Experi- mentalergebnisse sprechen ferner daiiir, dab znr Erzeugung einer Immuni tY• gegen F lexne r - u n d Kruse-Sonne-]3ac i l len die i n t a k t e L e i b e s s u b s t a n z der Bac i l len n i c h t n o t w e n d i g i s t u n d dab es m6gl ich sein wird, die b i she r v e r w a n d t e n a b g e t 6 t e - t en K e i m e n n t e r b e s f i m m t e n B e d i n g u n g e n d u t c h endo- t o x i n h a l t i g e ]3ac i l l enex t rak te zu ersetzen.

E s set schon a n dieser Stel le d a r a u f h ingewiesen, dab eine zweekvol le P r o p h y l a x e tier B a c i l l e n r u h r n u t d a n n m6gl ich sein wird, w e n n die Impfs to f fe eine h i n r e i c h e n d e Wirkungs- breite bes i tzen . Aus d iesem G r u n d e werden in Z u k u n f t woh l n u r solche I m p f s t o U e eine Rol le sp ie len k 6 n n e n , die gegen alle w i c h t i g e n R u h r e r r e g e r zu schii• ve rmSgen . Es mi~ssen also kombinierte (,,polyvalente") ,,Mischimp/sto//e" verwandt werden, die nicht nur eine Immunit~t gegen Shiga-Kruse- Bacillen, sondern aueh gegen die gi/tarmen Ruhrerreger er- zeugen.

I I I . Sehr viel schwerer als gegen die g i f t a r m e n R u h r - bac i l len l~Bt sich ein wirlcsamer I~pjschutz gegen Shiga- Kruse-Bacillen erzeugen.

Zur L6sung dieses Problems sind in der I-tauptsache drei Wege beschri t ten worden. Zahlreich waren vor allem die Versuche, mit abget6teten Baciller~ zum Ziel zu kommen, wie dies bet den gift- armen Ruhrbacillen gelungen is• Alle diese Bemfihungen sind ohne ausreichenden Eriolg geblieben. Auf Grund der nengewon- nenea Einsichten in die Ant igenst ruktur der Shiga-IKruse-Bacillen (s. Abschnit~ I) lassen sich diese unbefriedigenden Ergebnisse ieicht erkl~ren. Die Shiga-Kruse-]3aeillen enthal ien in ihrer Leibes- substanz grofle Mengen Toxiq~, die aus der Baktermnzelle ziemlieh schnell ins umgebende MedSum i*bertrete~. Aus IOO mg feuchten Bakterien gewinnt man etwa lOOO--25oo t6dliche Dosen Toxin (PRIGG~3). Mit den zur Erzielung einer wirksamen antiendo- toxischen ImmunitY• erforderlichen Endotoxinmengen, die im subcutanen Gewebe verhgiltnismgifiig langsam Jrei qzerden, mfiBten also erhebliche Mengen freien Toxins parenteral einverleibt werden, die schwere Vergiftungsbilder hervorrufen. Da die subeutane In- jektion abget6teter Shiga-Kruse-]3acillen in der Ta t so heitige lokale und allgemeine Reaktionen bzw. Vergiftungserscheinungen erzeugt, dab ihre Einfiihrung in die Praxis der Schutzimpiung nich~ m Frage kommt, k~me also h6ehstens die Anwendung sehr Meiner Bacillendosen in Betracht . Die drei- oder viermalige Vinspritzung solcher Mengen geniigt abet weder znr Erzeugung eines hochwer- tigen Schutzes gegen die Endotoxinwirkungen noch gegen die Toxinwirkungen, wennschon gewisse Immunisierungsergebnisse auch ant diesem Wege erzielt werden k6nnen. Auch die yon DURAND 19, SIMONETT120, OTTEN und ]KIRSCHNER 21 U. a. empfohlene Behandlung der Ruhrbacil len rail Formaldehyd (an Stelle der Ab- • dureh Hitze oder Ather) ha t die Schwierigkeiten keineswegs zu beseitigen vermocht. Da das Toxin dutch Formaldehyd nieht nur entgiftet, sondern auch seiner immunisierenden Eigenschaften beraubt wird (s. u.), kann yon Formolvaccinen kein vollwertiger Impfschutz erwartet werden. Die experimentelle Prflfung der- artiger Impfstoffe ha t gezeigt, dab sie zwar bet Kaninchen, die ver- haltnism~Big leicht immunisiert werden k6nnen, einen gewissen Schutz erzeugen, bet M~iusen, deren Immunismrung sehr viel schwmriger ist, dagegen stets vOllig versagen.

Einen wesentlichen Yortschri t t brachte die Verwendung der Tox4n-Antitoxin-Imp/sto//e (TA-Pr~parate), vor allem des yon BOEHNCK]~ 23 angegebenen P r ipa ra t e s , ,Dysbakta" . Dysbakta enthielt neben einem nieht v611ig neutralen Gemisch yon toxin- hali igem Bouil lonkulturfi l t rat mi t ant i toxlschem Serum gewisse Mengen yon abgetOteten Shiga-Kruse- (und Flexner-) Baeilten. Die Wirkungen dieses Pr~iparates haben einen Tell der Untersueher einigermaBen zufriedengestellt; recht gute Ergebnisse ha t vor allem TH. J . ~ORG]~RS 22 erzielt. Gin allgemein befriedigendes Resul tat is• jedoeh nicht gewonnen worden. Aus der Zusammensetzung des Impfstoffes l~gt sich dies unschwer verstiindlich machen: Dysbakta enthielt zwar gr6Bere Mengen an Anti toxin gebundenen Toxins, die im Organismus -- bet der Aufspaltung des Toxin-Antitoxin- Komplexes -- so langsam fret wurden, dab sie keine Vergiftungs- erscheinungen hervorriefen, sondern nur das Zustandekommen ether anti toxischen ImmunitY• bedingten. Unzureichend dflrfte dagegen die Endotoxinko~zer~tratio~ des Pr~parates gewesen sein. Denn Bouillonkuiturfi l trate enthal ten in der Hauptsache nur

Page 3: Aktive Schutzimpfung Gegen Bacillenruhr

Jg. xg, Heft x5 PRIGGE, Bacillenruhr. 339 I3. April x94o

Toxin (s. Abschni t t I); und die mit den abget6teten Baclllen dem Impfstoff beigeffigte Endotoxindosis war dadnrch begrenzt, dab mit den Keimen auch wieder Toxin zugesetzt wurde und dab die _Menge des in den Giftserumgemischen vorhandenen Anti toxins eine nachtriigliche Vermehrung des Toxins nur in beschr~nktem Umfang gestattete.

An dri t ter Stelle ist der Versuch zur Herstellung sog. Dysenterie- ,,Formoltoxoide" zu erw~hnen. Das Toxin des Diphtheriebacillus Ial3t sich bekannt l ich durch Behandlung mit Formaldehyd in eine 1Viodifikation, ein ,,Toxoid" fiberffihren, die v6Ilig ungiftig ist, aber das gleiche Immunisierungsverm6gen besitzt Tie das Ausgangs- produkt. Mlt dieser Modifikation, die in tausendmal gr6fleren Dosen angewandt werden kann als das Toxin, l~Bt sich eine hoch- gradige Immunit~it gegen Diphtherie erzeugen. Ganz anders hegen die VerhMtnisse beim Dysenterietoxin. Zwar wird durch Formol anch hier eine Entgi f tung erzielt; aber gleichzeitig mit der Toxizit~it wird auch das Immunisierungsvermbgen vernichtet . Unter der Elnwirkung des Formols kommt es also nicht zu einer Umwandlung yon Toxin in Toxoid, sondern zu einer Zerst6rung des gesamten Toxinkomplexes (PRIGGE 2 3). Hierin ist ein wdsentlicher Unterschied zwischen Diphtherie~ und Dysenterietoxin zu erblicken; das letztere scheint noch labiler zu sein als das erstere. Trotzdem haben DUMAS, RAMON und BILAL 2s OTTEN und I4~IRSClalNER 9& 11. a. uber Immunisierungserfolge rnit sog. , ,Dysenterie-Formoltoxoiden" berichtet. Die Erfolge dieser Autoren haben allerdings nnr be- schr~nkte Anerkennung getunden. Sie dflrften sich dadurch er- kl~ren, dab mflc Produkten gearbeitet wurde, die noch kleine Mengen nichtentgiJteten Toxins enthiel ten; auch im Tlerversuch lassen sich mit untert6dlichen Dosen von Shiga-Kruse-Toxin noch gewisse Immunisieru ngsergebnisse erzielen.

Da die Formoltoxoide aus Bouil lonkulturfi l traten hergestellt werden, entsprechen diese Pr~parate auch hmsichtl ich ihres Ge- haltes an Endotoxin nicht den Aniorderungen, die auf Grund unseres vertieften Finblickes in die Ant igens t ruktur der Shiga-Kruse- Bacillen zu stellen sind. Es set noch erwlihnt, dab sich das Endo- toxin des Shiga-Ernse-Bacillus ebensowenig in Toxoid umwandeln laBt Tie das Toxin; nach den Untersuchungen von HAAS 7 wird durch Formaldehyd nicht einmal eine Entgi f tung erreicht. Das gleiche gilt far das Flexner-Endotoxin.

Aus den v o r a n g e h e i i d e n D a r l e g u n g e n f iber die verschie- dei ien zur Schu tz impfu i i g gegeii S h i g a - K r u s e - R u h r ver- wandten Pr~iparate g e h t hervor, dab die Erzielung eines wirksamen Impfschutzes nur daun zu erwarten ist, wenn folgeiide Prinzipien befolgt werden:

a) die :[mpfstoffe mfissen die beiden yore Shiga-I~ruse- Baci l lus geb i lde ten Antigene, also sowohl das Endotoxin Tie das Toxin, e n t h a l t e n ,

b) die Impfs to f f e mfissen m6g l i chs t grofle Antigenmengen e n t h a l t e n , (tie - - zur V e r m e i d u n g y o n G i f t w i r k u n g e n - - in geeigneter Bindung in den O r g a n i s m u s e i i i zubr ingen siiid.

Die ers te F o r d e r u n g 1/iBt sich erftillen, i n d e m m a n die g e s a m t e L e i b e s s u b s t a n z e n d o t o x i n h a l t i g e r K e i m e v e r w e n d e t ; m i t Rf icks ich t a u f die im A b s c h n i t t I gesch i tder ten Dissozia- t ioi isph/ i i iomeiie muB die A n t i g e n s t r u k t u r de r zu r Impfs to f f - he r s t e l l ung d ie i ienden B a k t e r i e n s t~ndig koi i t ro l l ie r t werdeii . A n Stelle der Vol lbak te r ie i i k6 i inen a u c h L 6 s u n g e n yon T o x i n u n d E i i d o t o x i n v e r w a n d t werden, die d u r c h E x t r a k t i o n der Shiga-I~[ruse-Bacil len n a c h den y o n P R I G G E 6'~, B O I V I N 9, M O R G A N 27, ].~AISTRICK u i i d T O P L E Y 2s u n d H A A S 1~ a n g e g e b e n e n

Verfahre i i he rzus te l l en Mud. A u c h aus F i l t r a t e n yon Boui l lon- k u l t u r e n der O-St~imme 1/iBt s ich T o x i n u n d E n d o t o x i n ge- winnen , l e tz te res j edoch n u t in verh~ltnism~iBig k le inen Meiigen. A m v o r t e i l h a f t e s t e n dfirf te es seth, das T o x i n d u r c h E x t r a k t i o n g e t r o c k n e t e r e i ido tox inf re ie r o -Ke ime m i t phys io- logischer NaC1-L6sung (PRIGGE~, a. a. O. S. 12 u n d 13) u n d das E n d o t o x i n d u t c h E x t r a k t i o n voii O-Keimei i m i t ver- d iannte r Trichloressigs~iure (BolvlN") zu be re i t en .

Zu r Erf f i l lung der zwe i t en F o r d e r u n g is t es no twend ig , die gift igeii Ai i t igene, v o r a l l em s / imt l iches Toxin , in gebun- dene r F o r m dem O r g a n i s m u s e i i izuver le iben, d a m i t Vergif- t ungse r sche inu i igen ausgesch lossen werdeii . Al le rd ings da r f die B i n d u n g n i c h t so l e s t seiii, d a b die zur I m m u n i s i e r u n g erforder l ichei i A i i t ige i imengen zur f i ckgeha l t en werdeii . Die zur I m m u n i s i e r u n g d ie i ienden K o m p l e x e mfissen eine gewisse , ,Labil i t~i t" bes i t zen ; sie mfissen also im O r g a n i s m u s in der Weise au fge spa l t en werden , dab n a c h u n d IIach kleiiie un- schgdl iche G i f t m e n g e n f re iwerdei i u n d i/are i m m u n i s i e r e n d e W i r k u n g e n t f a l t e n k6nnen . E i n e de ra r t ige B i n d u n g k a n n

au/ spezi]ischem Wege dutch Antiserum ( I m m n n s e r u m ) bzw. d u r c h das in i h m e n t h a l t e n e A n t i t o x i n u n d A n t i e n d o t o x i i i erziel t werden . D a R o u x u n d Y E R S I N 26, SV, SCHMIDT 13,

W A D S W O R T H , QUIGL]~Y ui id SICKLES 1~, ]~AMON, LtKM]~TAY~R, RICHOU und NICOL 15, OTTENSOOSER 25, I~EIN]~CK U. a. gezeigt haben, dab bakterielle Toxine durch Adsorption an Alu- minium-, Cer- uiid Lanthaiihydroxyd oder dutch F/illullg mit Alaun und Calciumsalz entgi]tet werden, ohne ihr Immuni- sierungsvermBgen zu verlieren, kann das Antiserum auch d u r c h unspezi]ische Adsorbentien e r s e t z t werden . Die Ver- w e n d b a r k e i t des A l u m i n i u m h y d r o x y d s zu r E n t g i f t u i i g y o n Sh iga -Kruse -Tox i i i bzw. - E n d o t o x i n i s t unseres Wisseiis zu- e rs t yon A. DEMNITZ gepr f i f t worden . Die Beiif i tzui ig yon A d s o r b e n t i e n a n Stelle des A n t i s e r u m s h a t den Vortei l , d ab die E n t s t e h u n g e iner ~ b e r e m p f i n d l i c h k e i t gegen a r t f r e m d e s SerumeiweiB m i t S iche rhe i t v e r m i e d e n wird.

D u r c h a u s g e d e h n t e Ver suehe m i t P r ~ p a r a t e n , welche E n d o t o x i n u n d Tox in in B i n d u n g a n spezif isches A n t i s e r u m oder a n ein unspez i f i sches A d s o r b e n s e n t h i e l t e n (ETA-Imp/ - stoj]en*), k o n n t e gezeigt werden , d a b es n a c h d e n oben dar- gelegten Prinzipien gel ingt , eine wirksame _~mmnnitat gegen die Gi/te des Shiga-Kruse-Bacillus zu erzielen. Die zu d iesen U n t e r s u c h u n g e i i b e n S t i g t e n P r X p a r a t e w u r d e n z u n ~ c h s t im I n s t i t u t ffir expe r imen te l l e T h e r a p i e in F r a n k f u r t a . M . , sp~ter , als grbBere I m p f s t o f f m e n g e n ffir die E r p r o b u n g a m Menschen b e n 6 t i g t wurden , in den B e h r i n g - W e r k e n in Mar- b u r g a. d. L. herges te l l t . D e m yon den B e h r i n g - W e r k e n schlieBlich v e r w a n d t e n H e r s t e l l u n g s v e r f a h r e n i s t es auch zu v e r d a n k e n , dab ein den I m p f s t o i f e n u rspr f ing l ich a n h a f t e n d e r MangeI (s. Abschn . IV) be se i t i g t w e r d e n konn t e . Der Nachwe i s der Immuni t~ i t wurde zue r s t bet Tieren e rb rach t , u n d zwar n i c h t n u r bet K a n i n c h e n , s o n d e r n a u c h bet 2~ii~usen, bet dei ien die Erzeugu i ig eiiies I m p f s c h u t z e s besonde r s schwier ig ist. Die e r s t en Ver suche wurde i i m i t sog. , ,Bac i l l en le ibe rg i f t " (ET) durchgef f ihr t , das aus O-St~immen b e r e i t e t wa r u n d E n d o t o x i i i (E) u n d Tox in (T) i m gle ichen Verh / i l tn i s e i i th ie l t T ie der l ebende Keim. Die Impfs to f f e wurde i i in der Weise herges te l l t , dab au f eine gleiehbleibende Menge A n t i s e r u m steigende Dosen E T entf ie len**. T a b e l l e n 2 u n d 3 zeigen, d a b die immunisatorisehe Wirksamkeit derartiger JmpJsto/]e bet ]ortsehreitender Erh6hung der Antigendosis sehr viel schneller zunimmt als ihre Toxizitgt.

Die B e d e u t u n g der in den T a b e l l e n 2 ui id 3 wiedergegebe- nen Versuchsergebi i i s se w u r d e be sonde r s u n t e r s t r i c h e n d u r c h die Resu l t a t e , die m i t Formol impfs to f fe i i erz ie l t wu rden . Die geprf i f ten Pr~Lparate w a r e n aus fo rmo lha l t i gen Boui l lon- k u l t u r f i l t r a t e n u n d formol is ier te i i Baci l lcn z u s a m m e n g e s e t z t . Hinsichtlich ihres Toxingehaltes stellten sie also nichts anderes als stark verdi~nnte L6sungen dar. A u c h diese Impfs to f f e erwiesen sich bet K a n i n c h e n als wi rksam, v e r s a g t e n abe r vol l- k o m r n e n bet weiBen M/iusen, die sich wegen ih re r s ch l ech t en I m m u n i s i e r b a r k e i t als besonders wertvolle Testtiere ]i~r die Imp]sto]]pri~]ung erwiesen h a b e n . Tabe l le 4 g i b t e inen l Jbe r - b l ick f iber diese V.erh~ltnisse.

Tabelle 2. G i f t i g k e i t u n d S c h u t z w i r k u n v o n E T A - I m p f - s t o f f e n be t K a n i n c h e n

Injizierte Ilnpfstoffmenge pro I I5oo g K6rpergewicht I Tomzitat Sehutzwirkung

(Vol.: 1,5 ccm, 3mahge Inj.) ] (Anzahl der innerhalb (Anzahl der gegen 2 sieher Endotoxin- . I voneWochengestorbenen tSdliche Dosen ET ge- l �9 Toxin Anhserum I Tmre) schutzten Tiere)

mg ecru /

I,O 0 ,0 5 1,2 0 ,0 5 1,2 0 ,0 5 1,2 0 ,0 5 1,2 0 ,0 5 1,4 o,o5 1,4 0,05 1,6 0,05 2,0 0 ,0 5

0/20 = 0% 0120 = 0% 0 / 2 0 = 0% 0 / 2 0 = 0% 0120 = 0% 0/20 = 0% 0120 = 0% 212o = Io% 512o = 25%

4/19 = 2x% z5 / I9= 79% zo/I3 = 77% I4/I 7 = 82% I 8 / I 9 = 9 5 % 19119 = zoo% 2o/2o = Ioo% H / I I = Ioo%

818 = ioo%

* Mlt Alaun oder Aluminiumhydroxyd entgiftete Impfstoffe konnen auch als ]~TA1- Praparate bezeichnet werden (A1 = Aluminium). ** NahereAngabenuber dieTechmk der]mmunisierungsversuches.Abschnitt IV, S.34o.

29*

Page 4: Aktive Schutzimpfung Gegen Bacillenruhr

340 P R I G G E , B a c i l l e n r u h r . Klinische Wochenschr i f t

Tabelle 3. G i f t i g k e i t u n d S c h u t z w i r k u n g v o n E T A - I m p f - s t o f f e n be t we iBen M/iusen.

Inj izler te Impfs toffmenge pro l I5 g Korpergewicht Toxizitat

(VoI.: o.15 ecru, 3malige Inj.) i (Anzahl der innerhalb

Endotoxin- Tox in

lllg

0 , 0 2 5

0,04 0 , 0 6 0 , 0 8 o , I 0,12

Antiserum

cem

0,005 0 , 0 0 5 0 , 0 0 5 0 , 0 0 5 0 , 0 0 5 0,005

I von 2 Woehen gestorbenen Tiere)

0/50 = 0% 0/50 = 0% 2/50 = 4% 2/5 ~ = 4%

19/5 ~ = 38% 11/5 ~ = 22%

Schutzwirkung

(Anzahl der gegen 2 smher t6dl iche Dosen E T ge-

sehutz ten Tiere)

1 / 3 7 = 3% 6/42 = x4%

2o/33 = 6I % 28/37 = 76% 20/25 = 8o% 22/37 = 82%

TabeIle 4. G i f t i g k e i t u n d S c h u t z w i r k u n g y o n F o r m o l - I m p f s t o f f e n be t K a n i n c h e n u n d we iBen Mfiusen.

des Impf- I Toxiz i ta t Schutzwirkung Nr. (Anzahl der inner- (AnzahI der gegen

Tmrar t In j iz ier te Dosis ha lb yon 2 Woehen [ 2 sieher t6dliehe stories [I] gestorbenen Tiere) I DosenETten Tiere)geschutz"

Kanin- chen

M~use

I 1I 111 V 1 II 111 V

3mal 1, 5 ecm pro 15oo g

3naal o,15 ccm pro 15 g

1/2o = 5% i 14/17 = 8 2 % 2/20 ~ lO% I 9/15 = 6 o % 0/20 = 0% 0% 9/15 = 60% 0/20 4/16 = 25% o/4o 0% I 0 / 3 2 = 0% 0/40 0% 0 / 3 8 = 0% 0/40 0% 0 / 3 8 = 0% 1/4o 2,5% 0 / 3 4 = o%

IV. N a c h d e m die im Tierversuch gewonnenen Resu l ta te gezeigt ha t t en , dab sich m i t den ilach dem E T A - P r i n z i p her- geste l l ten Impfs to f f en ein wi rksamer Schutz erzeugen l~Bt, waren e ingehende Pr l i fungen am Menschen erforderl ich. Die hierzu v e r w a n d t e n Impfs to f f e wurden zuvor jeweils im Tier- versuch auf ihre Unsch/ id l ichkei t und ihre Wi rksamke i t un te r such t .

Die UnschOdIichkeltspruJung wurde in der Weise vorgenommen, dab Mengen yon i,o cem pro IKilogramm K6rpergewieht bet 20 Kaninchen und Mengen yon o,oi ccm pro Gramm (~ io ccm pro Kilogramm) K6rpergewicht bet 40 wei/3en Miiusen subcutan mjiziert wurden. Als unschi~dlich wurden nur solche Pri~parate an- gesehen, die weniger als ein Fflnftel der Tiere innerhalb yon 14 Tagen tOteten. Da ifir den Mensehen nur eine Einzeldosis von hOchstens o,oi--o,o2 ccm pro Kilogramm KOrpergewicht (= o,75--I, 5 ccm filr 75 kg schwere Fersonen), also hOchstens der 5 o. Tefl der Ka- ninchendosis bzw. der 5oo. Teil der M~usedosis vorgesehen war, wurde durch die Prfifung iedes Ge]ahrenmomcnt /at die Geimp/ten mit Sicherheit ausgeschlossen. Die Wirksamkeit der Impfstoife wurde in der Weise geprfift, dab die Kaninchen drei subcutane Injektionen yon i,o ccm pro Kilogramm (= 1, 5 ccm pro i5oo g) und die Manse drei subcutane Injektionen yon o,oi ccm pro Gramm (= o,I 5 ccm pro 15 g) erhielten, und zwar so, dab zwischen der I. und 2. Impfung 4 Wochen, zwischen der 2. und 3. Impfung 3 Wochen und zwischen der 3- Impfung und der Erfolgsprflfung (Verg4/tung mit zwei sicher tddl@hen 1)oscn J~T, intravenOse In- jektion) wieder 4 Wochen verstrichen. Tabelle 5 zeigt das Ergebnis der Vorprflfungen, die mit den zur Erprobung am Menschen be- st immten ImpfstoffeI1 durchgeffihrt wurden.

Von den in Tabelle 5 aufgefuhr ten E T A - I m p f s t o f f e n wurden bisher vier in e ingehenden U n t e r s u c h u n g e n am Men-

schen geprfif t (I, II, IV und VI). P r / ipa ra t V blieb mi t Rfick- s icht auf den zu ger ingen W e f t der im Tierversuch fest- gestel l ten Schu tzwi rkung yon der Prf i fung ausgeschlossen. Die Prf i fung yon E T A V I I wird noch for tgesetz t . SXmtlicbe U n t e r s u c h u n g e n am Menschen w u rd en yon t I e r rn Dr. SYL- VXSTER, Berlin, durchgeff ihr t , der fiber die m i t den ver- sch iedenen P r g p a r a t e n gewonnenen Ergebn i s se an andere r Stelle noch ausffihrl ich be r i ch ten wird. Wi r beschr / inken nns daher im folgenden auf eine zusammenfas sende Uber - s icht fiber die Resu l ta te .

Bet der Durchfuhrung von Immunisierungsversuchen gegen Shiga-Kruse-Ruhr muB die Bewertung der beim Menschen erzielten Erfolge sowohl die Entwicklung der antitoxischen wie der anti- endotoxischen ImmunitXt berficksichtigen. Entscheidend ffir die Bewertung eines neuen Impfverfahrens ist letzten Endes selbst- verst~indlich nut die Bew~hrung in Epidemiezeiten. Vor der prak- tischen Erprobung im Ernstfall mfissen dagegen andere Verfahren herangezogen werden, die ein Urteil fiber die Brauchbarkeit der Methode gestatten. Da eine unmittelbare Prfifung der Wider- standsfahigkeit gegen Vergiftung oder Infektion (wie im Tier- versuch) beim Menschen nicht m6glich 1st, kommen In erster Linie serologische Untersuchungen in Be t rach t Verh~ltnism~Big einfach ist im Prinzip die Beurteilung der afltitoxlschen Immun4tgt. Allerdings darf es als erstaunlich gelten, dab Untersuchungen fiber die Antitoxinbildung bet aktiv gegen Shiga-Kruse-Ruhr lmmuni- sierten Menschen bisher kaum durchgefuhrt worden sind. Der Grand hierffir ist wohl in dem Umstand zu suchen, dab der Anti- toxingehalt des Blutserums his vor kurzem nur bet hyperimmuni- sierten Tieren, vor allem bet Pferden, mit hinreichender Genauigkeit t i triert werden konnte. Nach Einverleibung der ffir die Schutz- impiung des Menschen in Betracht kommenden kleinen Antigen- dosen treten so geringe Antitoxinmengen im Blur auf, dab ihr Nach- wets mit den frfiher zur Verfilgung stehenden Methoden im allge- meinen miBlingen muBte. Eine neuerdings entwickelte Methode zum Nachweis kleiner Mengen yon Shiga- Kruse - Antitoxin (PRIGGE 10) hat diesen Mangel aber jetzt behoben.

Frfiher war es fiblich, die beim Menschen erzielten Erfolge einer Schutzimpfung gegen Ruhr ausschlieBlich auf Grund des Agglutinint4ters zu beurteilen. Dieses Yerfahren muB ffreilich als sehr anfechtbar gelten. Immerhin schieBt die vielfach geiiuBerte Kritik fiber das Ziel hinaus. Seitdem wir wissen, dab das Endo- toxin (Endogen) der Shiga-Kruse-Bacillen mit dem O-Antigen (O-Agglutinogen) und der das Endotoxin pr~cipitierende Anti- k6rper mit dem O-Agglutinin als identisch zu gelten haben (Ab- schnitt II ; vgl. Abschnitt I), mfissen wir doch einen engeren Zu- sammenhang zwischen dem Anti-O-ANglutinintiter und der anti- endotoxischen Wirksamkeit der Shiga-Kruse-Sera annehmen. DaB letztere -- absolut genommen -- stets nut gering ist, kann nicht als Argument gegen die vertretene Auffassung gelten, sondern spricht lediglich dafflr, dab der Endotoxin-Andendotoxin-Komplex nicht in gleicher Weise entgiftet ist wie der Toxin-Antitoxin-Komplex. Andererseits ist zu bedenken, dab die antiendotoxische Imn~unit~it in der Hauptsache wohl nicht humoral bedingt ist, sondern vor allem cellul~rer Natur zu sein scheint. VTenn wit den Anti-O- Agglutiningehalt des Blutserums somit keinesfalls als 2dab der antiendotoxischen Immunit~t ansehen dflHen, so ist sie doch zweifellos ein brauehbarer Indicator fflr ihr Vorhandensein. Vor allem verdienen die Unterschiede, die der Agglutinintiter vor and nach der Impfung erkennen l~13t, aufmerksame ]3eachtung.

7. E T A I und I1. Die m i t diesen P r ~ p a r a t e n erzielten Erfolge s t i m m t e n so wel t fiberein, dab eine ge t r enn te ]3e- sp rechung sich erfibrigt. E in Tell der Ge impf t en erhiel t eine

Tabelle 5. G i f t i g k e i t u n d S c h u t z w i r k u n g v o n E T A - I m p f s t o f f e n bet I Z a n i n c h e n u n d w e i B e n M~usen .

Tierar t

Kaninchen

Mause

Nr. des Impf-

stories

I II IV

VII I II IV V VI VII

Zusammense tzung

Gif t

Endotoxin + Toxin (Bacillenleibergift) ,, , , ,,

,, ,, , , . . . . (gereinigt)

ii ii (Bacillenleibergift) ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, . . . . (gereinigt) ,, ,, ,,

Bmdungsmi t t e I

Antiserum

J ,

Aluminiumhydroxyi

Antiserum

Alumimumhydroxyd

Toxiz i t a t I Schutzwirkung (Anzahlder innerhalb [ (AnzahI der gegen

Inj iz ier te Dosis yon 2 Wochen gestor- [ 2 slcher t5dhche Dosen benen Tiere) j E T geschutzten Tiere)

3real I,O ccm pro kg /

~mal o,oi Gem pro g

! 0/20 = 0% 1/2o = 5% 3/20 = 15%

2/20 = I i ! I/20 0/20 3/4 ~ % 4/4 ~ = lO% 3/4 ~ = 7,5% 4/4 o = io% 2/40 = 5% 2/40 = 5%

12/18 = 67% 18/18 = lOO%

14/15 = 93%

8/15 = 53% 17/17 = Ioo%

15/I 9 = 79% 15/3 ~ 50% 28/3I = 90% 27/29 = 93% 14/34 = 41% 29/34 = 85% I7/32 = 53%

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Jg. 19, H e f t 15 PRIGGE, Baeillenruhr 341 13. Apr i l 194o

In jek t ion , ein a nde r e r Teil zwei oder drei E i n s p r i t z u n g e n , je- weils m i t 4 Woche~, Intervali Zur U n t e r s u c h u n g s t a n d e n 8o m i t E T A I u n d I I ge impf te P e r s o n e n zur Verff igung. Bet al len wurde u n m i t t e l b a r vo r der e r s t en I m p f u n g B l u t en t - n o m m e n . Bet I I P e r s o n e n k o n n t e die zweite B l u t e n t n a h m e ers t i o M o n a t e n a c h der l e t z t en I m p f u n g v o r g e n o m m e n werden. Von d en f ibr igen 69, bet denen das fiir die zwei te T i t r a t i o n e, r forder l iche Blot stets 4 Wochen naeh der letzten Imp/ung abge~ommen wurde, h a t t e n 4 bere i t s vo r der I m p f u n g e inen gewissen A n t i t o x i n t i t e r (o, 125 his o,5 A n t i t o x i n e i n h e i t e n in I ccm), w ~ h r e n d be t den 65 a n d e r e n vor der I m m u n i s i e r u n g kein A n t i t o x i n im S e r u m nachgewiesen werden k o n n t e (stets < o, i25 AE/ccm) . l ) b e r die bet diesen 65 P e r s o n e n ge fundenen A n t i t o x i n t i t e r b e r i c h t e t Tabel le 6. Die P r i i fung der O-Agg lu t ina t i on m u B t e in der Mehrzah l der F~tlle un te r - bleiben, weil die zur Verf f igung s t e h e n d e n S e r u m m e n g e n n u r zur B e s t i m m u n g des A n t i t o x i n g e h a l t e s aus re i ch ten . Wie Tabel le 6 zeigt, k a m es bet 32 yon 44 3 real ge impf t en Per - sonen zu e iner deu t l i chen A n t i t o x i n b i l d u n g , u n d zwar b e t r u g der Mittelwert des geb i lde t en A n t i t o x i n s e twa I AE/ccm.

Tabelle 6. A n t i t o x i n t i t e r des S e r u m s 4 W o c h e n n a c h d e r [ m p f u n g m i t S h i g a - K r u s e - E T A - I m p f s t o i I I u n d II.

Doses

I real O , I c c I n

I real 0,2 ccm I mal 0,3 ccm I mal 0,5 ccln I mal I,O ccru 2 mal 0,2 ccm 3 real 0,2 ccm

Z a h l de r Personen

ii II Z a h l der S . . . . . i t einemv2nUfitoxingehalt (AE/eem)

20 ~ o 1251 bis bL bls bis bis bis bis

I 0 2 5 [ 0 5 I O 2 0 5 ~ I O 0 2 0 0 I1 . . . . . . . .

(insges. 65)

5 4 2

5 4 4 3 I I

4 i 44 12

Z

I

I

2 I

8 8 6 3

T ro t z d iesen gf ins t igen Er fo lgen m u g t e yon e iner aus- g e d e h n t e r e n E r p r o b u n g der E T A - I m p f s t o f f e I u n d I I ab - gesehen werden , weil die d u t c h sie v e r u r s a c h t e n Ortliehen InzpJreaktionen verhgl tn i smXBig s t a r k waren . Die U r s a c h e fiir die b e o b a c h t e t e n E r s c h e i n u n g e n dt i r f te da r in zu e rb l ieken sein, dab die Pr~Lparate die i n t a k t e L e i b e s s u b s t a n z der Shiga- Kruse-Bac i t l en , also n i c h t n u r E n d o t o x i n u n d Toxin , sonde rn a u c h gewisse ungf ins t ig w i rkende Begleitsubstanzen en th i e l t en , welche s tg rke re E n t z f i n d u n g e n a n der I n j ek t i ons s t e l l e aus- 16sten.

2. E T A IV . Da yon d e m Pr~Lparat E T A I V n u r die H~If te der bei E T A I u n d I I v e r w a n d t e n Dosen in j i z ie r t wurde , k a m e n ger ingere I m p f r e a k t i o n e n zur B e o b a c h t u n g als bei den zuvor ge impf t en Pe r sonen . Dieser Vor te i l wurde abe r da- d u r c h e n t w e r t e t , d ab die m i t den allzu k le inen Dosen (3rea l o, I ccm) e r zeug t en A n t i t o x i n m e n g e n h i n t e r den frf iher erziel- t en T i t e r n betrS.eht l ich zurf ickbl ieben. Tabel le 7 g ib t eine l Jbe r s i ch t f iber die Wer t e , welche bei 28 G e i m p f t e n ge funden wurden , de ren S e r u m sich vo r de r I m p f u n g als a n t i t o x i n f r e i erwiesen h a t t e .

Tabelle 7. A n t i t o x i n t i t e r des S e r u m s 4 W o c h e n n a c h d e r I m p f u n g m i t S h i g a - K r u s e - E T A - I m p f s t o f f IV.

Dosls

i mal o,I ccm i mal 0,3 ccm 3mal o,i ccm

] Z a h l der Sera m i t e inem A n t i t o x l n g e h a l t (AE/ccm) Zah l der [[ yon Personen I . . . . . . . . . . .

(insges. 28) __ o i - 5 o 25 bis o 5 bis x o bis ~ o bis I1 o,= 1 i;o: 5 % -'5,o

2

I I

24 15 3 I i

Bet e inem Tell de r m i t E T A IV g e i m p f t e n P e r s o n e n re ich te des S e r u m zur P r f i fung des AgglutinationsvermSyens (O-Agglu- t i na t ion ) arts. Die h ie rbe i f es tges te l l t en T i t e r wa ren - - ab- so lu t g e n o m m e n - - im a l lgemeinen sehr gering. A b e r es w u r d e

Die Se ra deren T i t e r ge rade den Klassengrenzen e n t s p r a c h e n , s ind jewel!s ill de r nachs thoheren Klasse aufgel~hr t .

in v ie len F~l len ein deu t l i che r Unterschied zwischen dem A n t i - O - A g g l u t i n i n t i t e r v o r u n d nach der I m m u n i s i e r u n g b e o b a c h t e t * ; u n d zwar wa r in diesen F i l l e n der U n t e r s c h i e d ohne ]ede Ausnahme in d e m S inne a u s g e p r i g t , d ab nach der I m p f u n g ein hOherer Ti t e r fes tzus te l len wa r als vorher . Die Regelmafligkeit dieses P h ~ n o m e n s sp r i ch t e indeu t ig dalfir, dab es als Indicator ffir die d u t c h die I m p f u n g erziel te U m - s t i m m u n g des Organ i smus zu ge l ten ha t . Tabel le 8 g ib t e inen [ )be rb l i ck f iber die m i t E T A I V erz ie l ten Agg lu t in in t i t e r . Es k o n n t e n die Sera yon 12 3rea l g e i m p f t e n P e r s o n e n u n d das S e r u m einer i ma l g e i m p f t e n P e r s o n u n t e r s u c h t werden . Le tz te res h a t t e weder vo r noch n a c h der I m p f u n g i rgend- welches A g g l u t i n a t i o n s v e r m S g e n ; es i s t in Tabel le 8 n i c h t be r f icks ich t ig t worden . Von den 12 3 mal ge impf t en P e r s o n e n ze ig ten n u r 2 k e i n e n Ans t i eg des T i te r s : i h r S e r u m besal3 vo r u n d n a c h der I m m u n i s i e r u n g ke iner le i A g g l u t i n a t i o n s k r a f t .

Tabelle 8. A n t i - O - A g g l u t l n i n t l t e r * * 4 W o c h e n n a c h d r e i - m a l i g e r I m p f u n g m i t o,i c cm S h i g a - X r u s e - E T A - I m p f -

stoff IV.

T i t e r eOrder I m p f u n g

I : I

1 : 2

I :5 i : i o 1:2o

Z a h l de r Perso~en

(insges. 12)

Z a h l der Sera m i t e inem E n d t i t e r von

l:I 1:2 x ' 5 r . Io

1 4

I

2

I:50

3. E T A VI. W e s e n t l i c h gi ins t igere Er fo lge als m i t E T A I V k o n n t e n wieder m i t E T A V I erziel t werden . Zur He r s t e l l ung dieses P r g p a r a t e s wa ren a n Stelle der i n t a k t e n L e i b e s s u b s t a n z de r Sh iga -Kruse -Bac i l t en E n d o t o x i n u n d T o x i n irb gerei•igter Eorm v e r w a n d t . D iesem U m s t a n d wa r es zu v e r d a n k e n , dab die I m p f r e a k t i o n e n , die des P r i i p a r a t ve ru r s ach t e , t r o t z e r h b h t e r K o n z e n t r a t i o n de r w i r k s a m e n Ant igene , v o r a l l em des Toxins , u n d t ro t z hShe re r Dos ie rung des Impfs to f fes (3mal o,3 ccm) deu t l i ch ger inger w a r e n als bet den frf iher u n t e r s u c h t e n Impfs to f fen . A n t i t o x i n b e s t i m m u n g e n w u r d e n a n 3 ~ m i t E T A V I ge impf t en P e r s o n e n durchgef i ih r t , de ren S e r u m vo r der I m p f u n g in a l len Fgl len a n t i t o x i n f r e i war. Tabel le 9 g ib t die Crbersicht f iber die IesLgestell ten Ti ter , die den m i t E T A I u n d I I erz ie l ten E r g e b n i s s e n e twa gle ichwer t ig waren .

Tabelle 9. A n t i t o x i n t i t e r des S e r u m s 4 W o c h e n n a c h d e r I m p f u n g m i t S h i g a - K r u s e - E T A - I m p f s t o f I VI.

Dosis

i mal O , I cem I mal 0, 3 ccm I mal o, 5 ccm

3 real 0,3 ecru

Zah l der Personen

(insges. 3o)

I

3 2

24

Zah l der Sera m i t e inem An t i t ox ingeha l t (AE yon

10~125 0,25 <0,125 bis bis

0,25 0,5

I

3 2 2 2

o,5 bis x~o

X,O ~,O 5.0 bis bis bis 2jO 5~0 I0,0

2 8 3

rccm)

IO,O bis

2o~o

/3efr iedigende R e s u l t a t e l iefer te a u c h die Pr f i fung des An t i -O-Agg lu t i n in t i t e r s . Es w u r d e n die Sera y o n 4 i ma l g e i m p f t e n P e r s o n e n geprf i f t ; sie besaBen v o r de r I m p f u n g s / imt l ich keiner le i A g g l u t i n a t i o n s v e r m 6 g e n ; n a c h de r I m p f u n g w u r d e ledigl ich bet e inem y o n i h n e n ein A g g l u t i n i n t i t e r (I : 5) festgestel l t . F e r n e r w u r d e n die Sere yon 2o 3 m a l ge impf t en P e r s o n e n u n t e r s u c h t ; die bet i h n e n e r m i t t e l t e n Agg lu t in in - t i t e r s ind in Tabel le IO z u s a m m e n g e s t e l l t N u r in e inem Fal le b l i eb der T i t e r a n s t i e g aus (vor u n d n a e h der I m p f u n g 1 : 2 ) .

* Dxe zusammengehor igen (d. h. v o r und nach de r I mpf ung en tnommenen) Serum- p roben wurden s te ts a m g le ichen T a g un t e r such t ; h i s zur U n t e r s u c h u n g wurden die Se re be t - - 1 6 ~ C (eingefroren) au fbewahr t . * * Als T i t e r gel ten die w i r k s a m e n Grenzverdiiz~n~ngen des Serums . D a zur Ausfuhrung de r Agglu t ina t ionsprobe gleiche Te l l e Se rumverdf l lmung und Bae i l l enaufschwemmung gemiseh t werden , sol l ten die T i t e r z a h l e u - - s t r eng genon lmen - - ve rdoppe l t werden. W l r haben uns abe r an dm ub l iehe F o r m de r T i t e r a n g a b e gehal teu .

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34 2 SC.~UN~T, Vitamin A. Klmische Wochenschriit

Tabelle io. A n t i - O - A g g l u t i n i n t i t e r 4 W o c h e n n a c h d r e i - m a l i g e r I m p f u n g m i t o, 3 c c m S h i g a - K r u s e - E T A - I m p f -

s t o f i u

Tlter ~Jof der Impfung

I:I

I:2

I:IO

Zahl der Personen

(insges. 2o)

Zahl der Sera mlt emem Endtlter yon

I:i 1.2

2

I

I : 5 I2Io

i 4

I I I

1:5o

V. Fal3t m a n die Ergebnisse der ml tge te i l t en U n t e r s u c h u n - gen zusammen, so ist zu sagen, dab m a n mi t Impfs tof fen , die nach dem E T A - P r i n z i p herges te l l t sind, im Tierversuch und be im Menschen eine immunis~torisehe Un~stimmung gegent~ber den Gif ten der Ruhrbac i l l en (SmGA-KRUS~) erzeugen kann. Diese U m s t i m m u n g k o m m t dar in zum Ausdruck, dab ge- impf te Versuchstiere das Doppe l t e der bei normalen Ind iv iduen sicher t6dl ich wi rkenden Gi f tmenge ver t ragen. Beim Menschen konn te d u t c h serologische U n t e r s u c h u n g e n gezeigt werden, dab im Blur der Ge impf ten spezifische SchutzstoHe auf t re ten . Die Impfs to f f e kSnnen so zubere i te t werden, dab sich die Imp]reaktionen, die zur E r re i chung der U m s t i m m u n g in K a u f g e n o m m e n werden mfissen, in gu t ertrXglichen Grenzen hal ten . Ob die U m s t i m m u n g gentigt, um einen ro l l w i rksamen Schutz gegen Bacillenruhr zu gew/ihrleisten, muB die wei tere Prf i fung yon E T A - I m p f s t o f f e n zeigen. E in abschlieBendes Ur te i l wird nur auf Grund ausgedehn te r kl inischer E r f a h r u n g e n m6glich seth. Die pralctische DurchJi~hrung der Nch~tzimp/ung

m a c h t die Ve rwendung yon polyvalenten Mischimp/stoffen erforderl ich, die neben den An t igenen des Shiga-Kruse- Bacillus auch die Ant igene der wich t igs ten ,,gi]tarmen" Ruhr- erreger, vor allem der F lexner - und Kruse-Sonne-Bac i l l en en tha l ten .

L i t e r a t u r : i R. PRIG-G-E, Med. Khn. I937, Nr 13 u. 25 -- R. PRIGGE, Zbl. f. Bakt. I Orig. 14 o, 23o (1937). - - 3 R. PRmOE,

Zbl. t~akter. I Orig. I44, 4 (1939). - - ~ O. LE~TZ u. R. PRIGGE, Handbuch der pathogenen Mikroorg., 3- Aufl. 3, I377ff. -- 5 M. It. SCHR6ER, Arch. f. Hyg. I23, 193 (1939)- -- 6 R. PmGGE, Z. f. t tyg. lO5, 488 (1926). -- ~ R. HAAS, Z. Immun.forsch. 91 , 254 (1937); 92 , 355; 94, 239 u. 48o (1938). -- s H. BUCH- WALD, Z. Immun.forsch. 96, 445 (1939). - - s A BolVlN u. L. M~SROBEAN~J, Premier Congr6s des Microbiologlstes de Langue frangaise, k Paris, 27. X. 1938, Paris, Anc. imp. de la Cour d'Appel - - 46632. - - ~0 R. PRIGGE, Z. Immun.forsch. 97, 459 (194o). _ 11 G. ISTRATI, C. r. Soc. Biol. Paris I29, io io (1938). - - 12 R. HAAS, Z. Immun.forsch. 97, 317 (1939). - - la Sv. SCHMIDT, C. r. Soc. Biol. Paris Io7, 33 ~ (1931). - - ar A. WADSWORTIL J. J. Q~JIG- LEY U. G. R. SICKLES, J. inf. Dis. 6I, 237 (1937). - - 1~ G. RA~o~, E . LNM~TAYER, E . R l c n o n u . L. s R e v u e d ' I m m u n o l . 3, 285

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ORIGINALIEN. 0 B E R D E N VI TAMI N A - G E H A L T EINIGER P F L A N Z L I C H E N OLE.

Zugleich Bemerkung zu der Arbeit yon Maxim und Bors*.

VoI1

A. SCtlEUNERT. Aus dem Veterlnar-Physiologischen Inshtut der Unlvers]tat Leipzig

Vor kurzem h a b e n MAXIM und t3ORS fiber den Vi tamin- gehal t rumfinischer 01e ber ichte t . E in le i t end weisen sie darauf hin, dab die nleisten yon den dor t igen Bauern oder Kleinmii l lern zum H a u s g e b r a u c h herges te l l ten 01e dickfli~ssig und in tens iv gef/irbt sind, w~ihrend die 01e, die im H a n d e l ve rkau f t werden, durch das Raf f in ie ren dimnflfissig und fas t farblos geworden sind. Die Au to ren gaben an, dab die Roh51e einen b e d e u t e n d e n V i t amingeha l t besi tzen, w~ihrend die m i t den Handels61en viel schw~cher ausfa l lende Carr-Pr icesche Reak t ion auf e inen ger ingeren V i t amingeha l t schlieBen l~iBt. U m dies zu bewelsen, h a b e n sie sich se lbs t O1 hergestel l t , in- dem sie die reifen, t rockenen Samen maschinel l zerkle iner ten und in der K~ilte mi t re inem Le ich tbenz in auszogen. Nach V e r d u n s t u n g des L6sungsmi t t e l s wurde d a n n in diesen Roh- 61en die Carr-Pr icesche Reak t i on anges te l l t n n d der Vit- amin A-Gehal t m i t Hilfe des S t u f e n p h o t o m e t e r s yon Zeiss gemessen. Hierbe i erh ie l ten sie zum Tell ganz gewaltige, du rchweg aber i m m e r hohe Wer te , die ganz und gar im Wide r sp ruch zu dem stehen, was m a n seit ]3eginn der Vi tamin- forschung fiber das u der Vors tu fen des V i t ami n A in pf lanzl ichen 01en weiB. Als Belspiel set erw~ihnt, dab sie in i g SonnenblumenS1 zwischen 683 und ilOO, in Ki~rbis- samen61 sogar zwischen 6o6 und 128o in te rna t iona le Vi t - amin A - E m h e i t e n (I.E.) e rmi t te ln . Die gewalt ige H d h e dieser Zahlen wird Mar, w e n n man bedenk t , dab I g ether Sommer- b u t t e r n u t 4 o - - 8 o I .E. n n d i g L e b e r t r a n 1ooo - - I5oo solcher E inhe i t en im al lgemeinen zu en tha l t en pflegt. Aber auch die ger ings ten yon ihnen ge fundenen Wer te , wie e twa 16 I .E. fiir Leinsamen61 und 22o I .E. ffir ttanf61, s ind framer noch sehr

* Klin. Wschr. 18, tI. 49, I555 (1939).

hoch, f indet m a n doch in gewbhnl ichen gr tmen Gemilsen und ro ten !VI6hren in i g nur 8O--lOO I .E. Die yon den Au to ren in den I~oh61en v e r m u t e t e n V i t a m i n A-\~:irkungen sind also durchaus unwahrschein l ich .

Das Z u s t a n d e k o m m e n dieser W e r t e erkl~rt sich zwanglos aus der a n g e w a n d t e n Methodik. Es is t eine bet V e r w e n d u n g der Carr -Pr iceschen Reak t i o n zn b e a c h t e n d e Grundregel , dab unverse i f te 01e keine r ich t igen W e r t e ergeben k6nnen. Da das S t u f e n p h o t o m e t e r Hel l igke i t sunte rsch iede miBt, we rden alle Stoffe, die die Yarbe der Ole verCunkeln, die L ich tdu rch - ]~ssigkeit also abschw~tchen, eine Verst~irkung der Carr- Pr iceschen Blauf i i rbung vor t f iuschen u n d d a m i t zu zu h o h e n W e r t e n ffihren.

A u g e r d e m is t wet ter darauf hinzuweisen, dab ja in den pf lanzl ichen Olen Vi t amin A als solches n ich t v o r k o m m t , sondern n u t dessen P rov i t amine , die en t s p r echenden Caroti- noide, insbesondere fl-Carotin, dar in e n t h a l t e n sind. Es ist eine wei tere G ru n d t a t s ach e dieser Methodik, dab die Carot ine eine um vieles schw~ichere Car r -Pr ice -Reak t ion geben als das V i t amin A, und dab infolgedessen eine mi t Carot in angestel l te B laureak t ion unm6gl ich m i t einer E ichkurve ausgewer te t werden kann, die mi t re inen V i t ami n A-L6sungen (Vogan), wie es die A u t o ren ge tan haben, herges te l l t ist. W e n n man, wie es die A u t o ren auch v e r s u ch t haben, in pf lanzl ichen 01en mi t I-tilfe der co lor imet r i schen Ca ro t i n b es t i mmung die Vit- amin A-Wirkung e rmi t t e ln will, so k a n n dies nu t so geschehen, dab m a n nach Versei fung die Carot inoide a u f n i m m t und m i t Hilfe der ch roma tog raph i schen Methode das //-Carotin nnd, soweit vo rhanden , die ande ren P r o v i t a m i n e A isoliert und d a n n das / /-Carotin in re iner Lbsung color imetr isch be- s t immt .

Infolge dieser Z u s a m m e n h a n g e sagen auch die wei te rh in von den be iden A u t o ren mi tge te i l t en Ergebnisse , die sie an verse i f ten 01en g ew o n n en haben, m c h t s fiber deren tats~ich- liche V i t ami n A-Wi rkung aus. Diese Ergebnisse , die durch- weg viel n iedr iger sind, beweisen nur, dab in den IRoh61en i rgend etwas anderes b e s h m m t worden ist, welches bet der Versei fung en t f e rn t wird n n d deshalb weder //-Carotin noch V i t ami n A gewesen sein kann.