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Education Day „Schmerz“ Dr. Julia Wager Recklinghausen, 14.03.2019 Akuter und chronischer Schmerz: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Akuter und chronischer Schmerz: Unterschiede und ......Von chronischem Schmerz spricht man wenn der „Schmerz über die normale Zeit der Wundheilung hinweg anhält (in der Regel 3

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Education Day „Schmerz“

Dr. Julia Wager

Recklinghausen, 14.03.2019

Akuter und chronischer Schmerz:

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Schmerz ist…

„... ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer aktuellen oder potentiellen Gewebeschädigung

einhergeht oder mit den Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

(Merskey & Bogduk, 1994)

„... das, was der Betroffene über die Schmerzen mitteilt.“(McCaffery & Ferrell, 1997)

McCaffery & Ferrell. J Pain Symptom Manage. 1997; 14(3):175-88. Merskey & Bogduk, Classification of chronic pain. 1994

Akutschmerz

� Akut, sehr kurze Dauer- Medizinische Intervention (Impfung, Blutabnahme)

� Akut, kurze Dauer- Operation

� Akut, längere Dauer- Otitis media, Pharyngitis, postoperativer Schmerz

� Akut, andauernd- Anhaltender Verbrennungsschmerz oder postoperativer Schmerz,

Neonatologische/pädiatrische Intensivbehandlung

Klassifikation Akutschmerz bei Kindern

Abgrenzung: Akuter und chronischer Schmerz

Abgrenzung: Akuter und chronischer Schmerz

AKUTER SCHMERZ

� Gewebsschädigungen

� Intensität hängt stark mit dem Reiz zusammen

� Lokalisation klar zuzuordnen

� Warnfunktion – physiologische Funktion

Abgrenzung: Akuter und chronischer Schmerz

AKUTER SCHMERZ CHRONISCHER SCHMERZ

� Gewebsschädigungen � Eigenständige, unabhängige Erkrankung

� Intensität hängt stark mit dem Reiz zusammen

� Lokalisation klar zuzuordnen

� Unabhängig vom ursprünglichen Auslöser/Reiz (falls es einen gibt)

� Intensität korreliert nicht mit dem möglichen Auslöser/Reiz

� Warnfunktion – physiologische Funktion

� Keine Warnfunktion

� wichtige Rolle psychologischer und sozialer Faktoren bei der Aufrechterhaltung und Verstärkung des Schmerzes

Abgrenzung: Akuter und chronischer Schmerz

AKUTER SCHMERZ CHRONISCHER SCHMERZ

� Gewebsschädigungen � Eigenständige, unabhängige Erkrankung

� Intensität hängt stark mit dem Reiz zusammen

� Lokalisation klar zuzuordnen

� Unabhängig vom ursprünglichen Auslöser/Reiz (falls es einen gibt)

� Intensität korreliert nicht mit dem möglichen Auslöser/Reiz

� Warnfunktion – physiologische Funktion

� Keine Warnfunktion

� wichtige Rolle psychologischer und sozialer Faktoren bei der Schmerzwahrnehmung

� wichtige Rolle psychologischer und sozialer Faktoren bei der Aufrechterhaltung und Verstärkung des Schmerzes

Definition chronischer Schmerzen

Von chronischem Schmerz spricht man wenn der „Schmerz über die normale Zeit der Wundheilung hinweg anhält (in der

Regel 3 Monate)“ (Merskey & Bogduk, 1994)

Merskey & Bogduk, Classification of chronic pain. 1994

� Chronisch, funktional- Spannungskopfschmerz, chronische Bauchschmerzen, muskuloskeletaler Schmerz

- Somatoforme Schmerzstörung (ICD-10, F45.4)

- Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10-GM, F45.41)

� Chronisch, primär “organischer” Schmerz - Ohne lebensverkürzende Erkrankung: schwere rheumatische Erkrankungen,

Osteogenesis Imperfecta, Epidermolysis Bullosa (keine lebensverkürzende Form)

- Bei lebensverkürzender Erkankung: Krebs, EB (schwere Fälle), Muskeldystrophie Duchenne), schwere Cerebralparese

Klassifikation chronischer Schmerz bei Kindern

Warum ist die Unterscheidung akut/chronisch wichtig?

� Damit der Patient den Schmerz „versteht“ (Ursache, Möglichkeiten der Schmerzbeeinflussung, etc.)

� Um dem Leid des Patienten angemessen zu begegnenWorunter leidet der Patient am meisten?

� Um die Therapieziele und die Art der Behandlung festzulegen

AKUTER SCHMERZ CHRONISCHER SCHMERZ

� Schmerzwahrnehmung (Schmerzstärke)

� Beeinträchtigung im Alltag (Funktionsfähigkeit)

Gatchel et al. Psychol Bull. 2007; 133(4):581-624.

Biologische Faktoren

� Nozizeption durch Gewebeschädigung

� Zentrale Schmerzverarbeitung− (Periphere und/oder) zentrale

neuronale Sensibilisierung

− Neuronale Schmerzinhibition

Wager & Zernikow MonatsschrKinderheilkd 2014; 162:12–18.

Psychologische Faktoren

Emotionen

Kognitionen

Verhalten

Emotionen

� Ängstliche Kinder haben eine stärkere Schmerzwahrnehmung bei Akutschmerz (Kuscu et al., 2008)

� Depressivität und Ängstlichkeit sind stark mit chronischen Schmerzen und deren Aufrechterhaltung assoziiert (Miro et al., 2007)

- Patienten in tertiären Einrichtungen haben erhöhte Depressions- und Angstwerte (Zernikow et al., 2012)

- Erhöhte Depressions- und Angstwerte sind mit einem ungünstigeren Schmerzverlauf assoziiert (Mulvaney et al., 2006; Stanford et al., 2008)

Kuscu et al. Int J Paediatr Dent. 2008;18(2):139-45.Miro et al. Eur J Pain. 2008; 12(1):30-47.Mulvaney et al. J Am Acad Child AdolescPsychiatry. 2006; 45(6):737-44.Stanford et al. Pain. 2008 15;138(1):11-21.Zernikow et al. BMC Pediatr. 2012 May 16;12:54.

� Funktional vs. Dysfunktional

- Grundüberzeugungen

- Bewertungen

Kognitionen

Katastrophisieren

vs.

Selbstwirksamkeit

Ich hab den Schmerz im Griff!!

Crombez et al. Pain. 2003; 104(3):639-46.

Schmerz ist unkontrollierbar!

Schmerzen gehören dazu!

Der Schmerz wird niemals aufhören!

Verhalten

� Passives Verhalten und Schonung- Bei akuten Schmerzen angemessen

- Bei chronischen Schmerzen nicht angemessen� Häufig entspricht Verhalten bei chronischen Schmerzen dem Verhalten

bei akuten Schmerzen

� Vermeidungsverhalten - z.B. aus Angst, dass die Schmerzen wieder auftreten oder stärker

werden

Asmundson et al. Pain Res Manag. 2012; 17(6):397-405.Walker et al. J Pediatr Psychol. 2007; 32(2):206-16.

Soziale Faktoren

Freunde

Schule

Familie

Eltern / Familie

� Reaktion der Eltern beeinflusst das Stress- und Schmerzlevel des Kindes

� chronisch schmerzkranke Eltern � Risikofaktor für chronische Schmerzen eines Kindes; mögliche Ursachen:

- Genetik

- Modelllernen

- Psychologische elterliche Aspekte: Verhalten, Kognitionen, Emotionen

Liossi et al. Clin J Pain. 2007;23(5):392-9Hoftun et al. JAMA Pediatr. 2013; 167(1):61-9.

Schule

� Kinder mit chronischen Schmerzen - haben weniger Freunde

- werden in der Schule häufiger gemobbt

- erhalten von Gleichaltrigen vor allem Zuwendung für schmerzfreies Verhalten

- versäumen Schulunterricht

- erleben einen Leistungsabfall

- nehmen sich als weniger Leistungsfähig wahr

Forgeron et al. Pain Res Manag2010Hjern et al. Acta Paed 2008Logan et al. J Pain2008Logan et al. J PedPsychol 2010Zernikow et al. BMC Ped 2012Voerman et al. Clin J Pain,

1. Gilt für akute Schmerzen ebenso wie für chronische Schmerzen

2. Die Dimensionen sind bei jedem Individuum unterschiedlich ausgeprägt

3. Das Gewicht der einzelnen Dimensionen variiert (nach Individuum / nach Art des Schmerzes)

Fazit

� Den Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen zu erkennen, ist wichtig für die Behandler

- z.B. Bewertung von Befunden, Differentialdiagnosen

� Den Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen zu verstehen, ist wichtig für die Patienten

- Edukation

Freitag, 15.03., 16:30

Samstag, 16.03., 11:00

Freitag, 15.03., 16:30