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Schon von weitem ein Blickfang: die Architektur des neuen Hymer-Museum ist einem Caravan-Fenster nachempfunden Fotos: Hymer-Museum Von Anja Wasserbäch Den Älblern eilt der Ruf voraus, etwas eigen- sinnig und stur zu sein. Und das ist durchaus positiv gemeint. Denn das sind manchmal nicht die schlechtesten Eigenarten, vor al- lem wenn es um Kulinarik geht. Man muss durchaus an das glauben, was man vor Ort hat und was man daraus macht. Ein paar Leute auf der Schwäbischen Alb haben das nun über einige Jahre gemacht, an etwas ge- glaubt. Sie haben alte Sorten, uralte Viecher und vieles mehr ausgegraben oder gar re- importiert, um nun alles unter einem Label zu vermarkten. Echte Käpsele eben. Es gibt nun Albbüffel, Alblamm, Albschnecken, Albkäse und auch wieder Alblinsen. Albdin- kel, Albnudeln, Alb-Bier, Alb-Wasser. Sogar Albbüffelleder-Produkte. Und wer auf die Alb fährt – in den kleinen Ort St. Johann-Gächingen beispielsweise –, möchte diese Spezialitäten probieren. Der Landgasthof Hirsch, betrieben von der Fa- milie Failenschmid, ist spezialisiert auf Alb- büffel-Produkte, Mitglied bei der Vereini- gung Slow Food und an diesem trüben, kal- ten Sonntagmittag sehr gut besucht. Die Wirtschaft selbst gibt es seit 260 Jahren. Ausflügler und Familien, Motorradfahrer und Wanderer treffen sich hier. Die gute Stu- be ist gefüllt. Der Wirt selbst bespricht am Nebentisch das Essen für eine Familienfeier, vielleicht ist’s eine Konfirmation. Man kennt sich. Männer trinken Bier, die Frauen natur- trübes Albschorle, noch so eine Erfindung der Älbler. Es duftet deftig, nach dicken Soßen und Braten. Sonntagsgeruch. Die Frauen hier geben den Ton an. Seit zwei Generationen führen sie das Regiment, Schwiegertochter Katja leitet das Team, die Rezepte kommen von Oma Rose. Sie weiß, was in eine schwäbische Hirnsuppe muss, wie eine klare Rinderkraftbrühe zu schme- cken hat und dass der Schwabe zu seinem Fleischpfännle gern noch viel extra Soße hätte. Manche Gerichte aber gehen auch in einem Traditionslokal wie dem Hirschen mit der Zeit. Das Tatar von der Lachsforelle – und ja, auch der Fisch kommt wie alles hier von der Schwäbischen Alb – ist ein guter Start. Es schmeckt herrlich leicht, etwas säuerlich und sehr zart. Zum Hauptgericht aber muss es natürlich etwas vom Albbüffel sein, an dessen Popularität der Metzger Lud- wig Failenschmid nicht ganz unschuldig ist. Willi Wolf hat die sturen Viecher auf die Alb zurückgebracht, nachdem es sie dort vor 120 000 Jahren auch schon mal gab. Failen- schmid hat an den Züchter und seine Büffel geglaubt. Und die Ware erst mal ausprobiert. Denn: Wurst ist ihm nicht wurst. Er hat eine Methode seines Opas ausgegraben, damit das Fleisch nicht zäh wird. Zudem fand er heraus, dass sich vor allem jüngere Tiere zur Schlachtung eignen. Sind sie zwischen zwölf und 15 Monate alt, ist das Aroma ausgereift. So viel zur Theorie. Doch auch den Praxis- test besteht das Fleisch. Es schmeckt etwas rezenter als Rind, aber nicht ganz so intensiv wie Wild. Zum Albbüffelbraten vom Heu- bett gibt es eine feine Kräutersoße (aus Bio- Land-Kräutern vom Eichberghof aus Mün- singen), dazu werden Dinkelspätzle und Wurzelgemüse serviert. Ein guter Service der Failenschmids ist es, dass es auch zwischen „zwoi ond fünfe“ etwas zu Essen gibt. Mit Fleischkäse, Ripple und Schweinebraten zwar nur eine kleine Auswahl, aber immerhin steht man hier nicht vor verschlossenen Türen. In der dazugehörigen Metzgerei nebenan gibt es Albbüffelwurst und -fleisch zu kau- fen. Auch Albbüffelgöschle, eine Abwand- lung von Maultaschen. Eingepackt sind sie, wie kann es anders sein, mit Albdinkelteig. Auch heute, an diesem trüben Sonntag, ist geöffnet. Wie praktisch. Albbüffel auf dem Teller Besser essen: Der Landgasthof Hirsch und die Metzgerei der Failenschmids in St. Johann-Gächingen setzen auf regionale Produkte Info Landgasthof Hirsch Gasthof Hirsch mit Metzgerei Foto: StN ¡ Landgasthof Hirsch und Metzgerei, Parkstraße 2, 72813 St. Johann-Gächingen ¡ Telefon 0 71 22 / 82 87 - 0 ¡ Öffnungszeiten: Täglich ab 11.30 Uhr, mitt- wochs ist Ruhetag. Warmes Essen gibt es Mo–Sa von 11.30 bis 14.00 Uhr und von 17 bis 21 Uhr, So von 11.30 bis 14 Uhr und von 17 bis 20 Uhr. Zwischen 14 und 17 Uhr muss man aber nicht hungern: Es gibt eine kleine Speisekarte mit warmen Gerichten. ¡ www.failenschmid.de Stuttgart Freudenstadt Horb Horb Neckar Plochingen Plochingen Stuttgart Stuttgart Reutlingen Reutlingen St. Johann-Gächingen St. Johann-Gächingen StN-Grafik: Herrmann Info Erwin-Hymer-Museum ¡ Adresse: Erwin-Hymer-Museum, Robert- Bosch-Str. 7, 88339 Bad Waldsee, Telefon 0 75 24 / 97 66 76 - 00. www.erwin-hymer-museum.de ¡ Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr (Einlass bis eine Stunde vor Schließung). ¡ Preise: Erwachsene 9,50 Euro, Kinder (6 – 18 Jahre) 4,50 Euro, Gruppen ab 10 Perso- nen 8,50, Schulklassen 4 Euro/Person. ¡ Eine Führung für eine Gruppe von bis zu 20 Personen kostet 80 Euro zuzüglich Eintritt. (bcm) Von Birgit-Cathrin Duval aus Bad Waldsee In allen Größen und Formen säumen sie die Landstraßen. Ist es Einbildung, oder nimmt die Dichte der Wohnmobile tatsächlich zu, je näher man Bad Waldsee kommt? In der Tat liegt das mobile Reisen mit Hausstand im Trend. Der uralte Traum der Menschheit vom Unterwegssein und unabhängigen Rei- sen wird im neuen Hymer-Museum doku- mentiert. Schon von weitem ist das Mu- seumsgebäude auszumachen: mit leuchtend rotem Rahmen, unverkennbar in der Form eines Caravan-Fensters gebaut. Ein überdi- mensionales Schaufenster in der Land- schaft, das durch seine riesigen Glasflächen Einblick in die Ausstellung gewährt. Das rund 10 000 Quadratmeter große Ge- bäude versteht sich als Museum für Kultur- geschichte und Technik. Konzept und De- sign der Ausstellung stammen von der Stutt- garter Kommunikationsagentur Milla & Partner. Johannes Milla hat kürzlich auch mit einem in unserer Zeitung veröffentlich- ten Vorschlag zur Umgestaltung des Neuen Schlosses für Aufsehen gesorgt. Dem Besucher eröffnet das Hymer-Mu- seum eine Erlebniswelt, die das Wie, Wohin und Warum des mobilen Reisens zum Inhalt hat. „Camping ist eigentlich nichts anderes als den kompletten Hausstand ins Auto ver- laden und verreisen“, meint ein Besucher. Wie sich Sack und Pack am besten ver- stauen lässt, kann man an mehr als 80 histo- rischen Fahrzeugen und Gespannen begut- achten, darunter erste Prototypen wie der „Ur-Troll“, gebaut 1957 von Firmengründer und Stifter Erwin Hymer. Der Besucher wird auf farbig markierten Traumstraßen zu insgesamt acht Sehn- suchtsorten geführt, die jeweils eine Epoche der Zeit des mobilen Reisens symbolisieren. Den Auftakt bildet die grüne Traumstraße, symbolisch für die ersten Autowanderer der 1930er Jahre, die das Abenteuer Alpenüber- querung lockte. Da ächzten und stöhnten die Motoren, krochen die Fahrzeuge im Schne- ckentempo die steilen Passstraßen himmel- wärts, im Schlepptau eine Einzelzelle auf Rädern, die Urform des heutigen Wohnwa- gens. „Wenn wir eine Nacht draußen unter dem freien Himmel im Zelt nächtigen, uns bei Sonnenaufgang den Kaffee selbst ko- chen und die Zähne im Bach spülen, dann sind wir moderne Zigeuner“, so beschrieb der bekannte damalige Reisejournalist Theo Rockenfeller den Zeitgeist dieser Tage, als das Campen noch Wohnwagenwandern hieß. Es war die Zeit von so manch skurrilem Gefährt, dem Sportberger G2 etwa, einer Mischform aus Nutz- und Wohnwagen, der an heutige Hundeanhänger erinnert, damals bekannt als „Schäferkarren“. Die, die über das nötige Kleingeld verfüg- ten, verreisten nobel im Borgward Isabella Coupé von 1960 mit dem Luxus-Anhänger Dethleffs Nomad, weniger Betuchte fanden im Ferrari-roten Fiat mit dem Laika-500- Anhänger den passenden Reisegefährten. Orange markiert den Sehnsuchtsort In- dien. Zu Tausenden pilgerten die Blumen- kinder und Hippies während der 60er Jahre ins ferne Asien. Ihr Markenzeichen: der kul- tige VW-Bus, kunstvoll mit psychedelischen Mustern verziert. Ohne GPS, Handy oder Internet – Reisen war damals eine existen- zielle Erfahrung auf der Suche nach spiri- tueller Erleuchtung und sich selbst. Auch DDR-Bürger entdeckten das Cam- pen als Ausdruck von Individualität und reisten an die Ostsee. Für alle, die sich keinen Wohnanhänger leisten konnten, gab es die „Villa Sachsenruh“, ein spartanisches Auto- zeltdach, das auf dem Dach des Trabant be- festigt wurde. Mit der schokobraunen Zelt- plane ähnelt es einem überdimensionalen Stück Schweizer Toblerone-Schokolade. Entlang der Traumstraße, die von den Alpen nach Italien, Indien, an die Ostsee, in die marokkanische Wüste und zur legendä- ren Route 66 in den USA führt, stehen die ausgefallenen Fahrzeuge: historische Auto- mobile, Reisemobile und Caravans. Liebe- voll restauriert und dekoriert wirken sie so lebendig, als wären die Urlauber nur kurz hinausgegangen. Jeder der acht Sehnsuchtsorte lässt sich mit allen Sinnen erfahren. Im indischen Tempel steht der Kult-VW-Bus, im marok- kanischen Zelt erlebt der Besucher auf der Leinwand das geschäftige Treiben des Ba- sars, als wäre er live dabei. Im Wigwam der Nordamerika-Route sitzt man auf Sätteln, die täuschend echt den Trab eines Pferdes si- mulieren. In der eisblauen Pudelmütze des Sehnsuchtsortes Skandinavien bleibt der Besucher im warmen Caravan, während er durch ein Fenster auf die vereiste Polarland- schaft sieht, in der im Wechsel Polarlichter, Sturm, Wolken und Sonne erscheinen. Das Museum präsentiert sich mit einem rundum gelungenen Konzept, an dem die ganze Familie Freude hat. Kinder wie auch Erwachsene finden viel Platz zum Auspro- bieren und Entdecken. Fotostationen laden dazu ein, sich vor großer Kulisse mit witzi- gen Accessoires auszustatten und sich selbst zu fotografieren. Die Fotos können als Post- karte erworben oder später im Internet her- untergeladen werden. Als Highlight zum Abschluss lassen sich die Fotos im Globus- raum mit seinen dreidimensional im Raum schwebenden Weltkugeln mit Touchscreen aktivieren und anzeigen. So erleben die Be- sucher ihre eigene Weltreise. Der Besuch ist zu Ende, das Reisefieber ist geweckt. Am liebsten möchte man sofort aufbrechen. Trabi mit Toblerone Im neuen Hymer-Museum in Bad Waldsee werden Besucher zu acht Sehnsuchtsorten geführt Wer seinen Hausstand dabeihat, ist unabhängig und kann bleiben, wo es ihm gefällt. Caravaning ist deshalb sehr beliebt. Wie das mobile Reisen sich verändert hat, erleben Besucher im neuen Hymer-Museum in Bad Waldsee. Touren & Themen Am Limes entlang WELZHEIM. Auf römische Spuren bege- ben sich Besucher an diesem Sonntag im Welzheimer Ostkastell. Limes-Cicerones begleiten die Gruppe zu einem Rundgang am einstigen Grenzwall. Die zweistündi- ge Tour startet um 14 Uhr im Ostkastell. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Kosten: drei Euro pro Person, Kinder bis zwölf Jahren sind gratis. Aktionen & Aktivitäten Familientag WALDENBUCH. Stockbrot, Ponyreiten, Kasperltheater und eine Märchenerzäh- lerin – all das erwartet Kinder und ihre Eltern beim Familientag am 1. Mai im Museum der Alltagskultur in Schloss Waldenbuch von 12 bis 17 Uhr. Der Schlosshof verwandelt sich an diesem Tag in einen Biergarten. Wer will, kann an diesem Tag einen besonderen Alltags- gegenstand mitbringen, der dann für die Dauer von sechs Monaten ausgestellt wird. Das Museum hat an diesem Tag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Eintritt: drei Euro, eine Familienkarte kostet fünf Euro. Junge Störche SALEM. Auf den zahlreichen Horsten im Affenberg Salem ist zurzeit lautes Ge- klapper zu hören. 25 Brutpaare haben sich hier versammelt. Wie sich die Jung- tiere entwickeln, können Besucher über Videokameras verfolgen. Anfang Mai werden auch die ersten Berberaffenbabys erwartet. Der Affenberg ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet acht Euro. Start der Freizeitbusse ALFDORF. Zum 1. Mai starten die Frei- zeitbusse im Schwäbischen Wald wieder in die neue Saison. Das wird mit einem großen Fest im Alfdorfer Teilort Hellers- hof gefeiert, in unmittelbarer Nähe der Waldbusstrecke. Von 11 bis 17 Uhr ist jede Menge geboten: Jazzfrühschoppen, Bewirtung sowie Verkaufsstände von Direktvermarktern. Außerdem können E-Bikes und Segways ausprobiert wer- den. Für Wanderer und E-Biker gibt es geführte Touren zum Hellershof, die an verschiedenen Orten starten, etwa Welz- heim, Rudersberg, Murrhardt, Alfdorf, Gschwend und Althütte. Alle Touren beginnen am Vormittag und enden zur Mittagszeit in Hellershof. Infos zur An- meldung bei der Fremdenverkehrsge- meinschaft, Telefon 0 71 51 / 501 - 13 76. E-Rallye CALW. Bei der ersten Schwarzwald-E- Rallye am Wochenende 5. und 6. Mai in Calw sind nur elektrisch betriebene Fahrzeuge mit zwei, drei oder vier Rä- dern zugelassen. Zu sehen sind zum Bei- spiel Elektro-Autos der Marken Renault, Citroën, Peugeot, Opel und Mercedes. Eine Besonderheit ist der E-Sportwagen Tesla Roadster. Entlang der 200 Kilome- ter langen Rundstrecke sind verschiede- ne Zwischenstopps vorgesehen. www.encw.de In der dazugehörigen Metzgerei nebenan gibt es Albbüffel-Wurst und -Fleisch zu kaufen In der DDR war Campen ein Ausdruck von Individualität Per Touchscreen erleben Besucher ihre eigene Weltreise Gemütliches Wohnzimmer auf Rädern Auf dem Affenberg brüten wieder die Störche Foto: Affenberg Märkte & Museen Kunsthandwerk SCHILTACH. Über 70 Kunsthandwerker präsentieren am Sonntag in Schiltach ihre Waren. Zugelassen sind nur Künst- ler und Handwerker, die selbst herge- stellte Produkte verkaufen. Begleitend zum Kunsthandmarkt gibt es eine Spiel- straße für Kinder, Musik, kulinarische Angebote und vieles mehr. Marktbeginn ist um 11 Uhr, die Geschäfte haben von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Finale der Zeit HEILBRONN. Wollen Sie wissen, wie Sie in 20 Jahren aussehen? Dann sollten Sie die letzte Gelegenheit nutzen, die Son- derausstellung „Zeit – Expedition in die vierte Dimension“ in der Experimenta in Heilbronn zu besuchen. An diesem Sonn- tag endet die Ausstellung. Zum Ab- schluss ist folgendes Programm geplant: Samstag können Besucher ab 14 Uhr eine geometrische Figur bauen, Sonntag ist um 14 Uhr ein Puppentheater zu Gast. Öffnungszeiten: Mo–Fr 9–18 Uhr, Sa und So 10–19 Uhr. Eintritt: acht, ermäßigt vier Euro. 16 Nummer 98 Freitag, 27. April 2012 Freizeit · Tipps für Trips

Albbueffel auf dem Teller

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Lesenwerter BEricht über den Landgasthof Hirsch in Gaechingen und dem Albbueffel

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Page 1: Albbueffel auf dem Teller

Schon vonweitemein Blickfang: die Architektur des neuenHymer-Museum ist einemCaravan-Fenster nachempfunden Fotos: Hymer-Museum

Von Anja Wasserbäch

DenÄlblerneiltderRufvoraus, etwaseigen-sinnig und stur zu sein. Und das ist durchauspositiv gemeint. Denn das sind manchmalnicht die schlechtesten Eigenarten, vor al-lem wenn es um Kulinarik geht. Man mussdurchaus an das glauben, was man vor Orthat und was man daraus macht. Ein paarLeute auf der Schwäbischen Alb haben dasnun über einige Jahre gemacht, an etwas ge-glaubt. Sie haben alte Sorten, uralte Viecherund vieles mehr ausgegraben oder gar re-importiert, um nun alles unter einem Labelzu vermarkten. Echte Käpsele eben. Es gibtnun Albbüffel, Alblamm, Albschnecken,Albkäse und auch wieder Alblinsen. Albdin-kel, Albnudeln, Alb-Bier, Alb-Wasser. SogarAlbbüffelleder-Produkte.

Und wer auf die Alb fährt – in den kleinenOrt St. Johann-Gächingen beispielsweise –,möchte diese Spezialitäten probieren. DerLandgasthof Hirsch, betrieben von der Fa-milie Failenschmid, ist spezialisiert auf Alb-büffel-Produkte, Mitglied bei der Vereini-gung Slow Food und an diesem trüben, kal-ten Sonntagmittag sehr gut besucht. DieWirtschaft selbst gibt es seit 260 Jahren.

Ausflügler und Familien, Motorradfahrerund Wanderer treffen sich hier. Die gute Stu-be ist gefüllt. Der Wirt selbst bespricht amNebentisch das Essen für eine Familienfeier,vielleicht ist’s eine Konfirmation. Man kenntsich. Männer trinken Bier, die Frauen natur-trübes Albschorle, noch so eine Erfindungder Älbler. Es duftet deftig, nach dickenSoßen und Braten. Sonntagsgeruch.

Die Frauen hier geben den Ton an. Seitzwei Generationen führen sie das Regiment,Schwiegertochter Katja leitet das Team, dieRezepte kommen von Oma Rose. Sie weiß,was in eine schwäbische Hirnsuppe muss,wie eine klare Rinderkraftbrühe zu schme-cken hat und dass der Schwabe zu seinemFleischpfännle gern noch viel extra Soßehätte. Manche Gerichte aber gehen auch ineinem Traditionslokal wie dem Hirschen mit

der Zeit. Das Tatar von der Lachsforelle –und ja, auch der Fisch kommt wie alles hiervon der Schwäbischen Alb – ist ein guterStart. Es schmeckt herrlich leicht, etwassäuerlich und sehr zart. Zum Hauptgerichtaber muss es natürlich etwas vom Albbüffelsein,andessenPopularitätderMetzgerLud-wig Failenschmid nicht ganz unschuldig ist.

Willi Wolf hat die sturen Viecher auf dieAlb zurückgebracht, nachdem es sie dort vor

120 000 Jahren auch schon mal gab. Failen-schmid hat an den Züchter und seine Büffelgeglaubt. Und die Ware erst mal ausprobiert.Denn: Wurst ist ihm nicht wurst. Er hat eineMethode seines Opas ausgegraben, damitdas Fleisch nicht zäh wird. Zudem fand erheraus, dass sich vor allem jüngere Tiere zurSchlachtungeignen.Sindsiezwischenzwölfund 15 Monate alt, ist das Aroma ausgereift.

So viel zur Theorie. Doch auch den Praxis-test besteht das Fleisch. Es schmeckt etwasrezenter als Rind, aber nicht ganz so intensivwie Wild. Zum Albbüffelbraten vom Heu-bett gibt es eine feine Kräutersoße (aus Bio-Land-Kräutern vom Eichberghof aus Mün-singen), dazu werden Dinkelspätzle undWurzelgemüse serviert.

Ein guter Service der Failenschmids ist es,dass es auch zwischen „zwoi ond fünfe“etwas zu Essen gibt. Mit Fleischkäse, Rippleund Schweinebraten zwar nur eine kleineAuswahl, aber immerhin steht man hiernicht vor verschlossenen Türen.

In der dazugehörigen Metzgerei nebenangibt es Albbüffelwurst und -fleisch zu kau-fen. Auch Albbüffelgöschle, eine Abwand-lung von Maultaschen. Eingepackt sind sie,wie kann es anders sein, mit Albdinkelteig.Auch heute, an diesem trüben Sonntag, istgeöffnet. Wie praktisch.

Albbüffel auf dem TellerBesser essen:Der Landgasthof Hirsch und dieMetzgerei der Failenschmids in St. Johann-Gächingen setzen auf regionale Produkte

Info

Landgasthof Hirsch

GasthofHirschmitMetzgerei Foto: StN

¡ Landgasthof Hirsch und Metzgerei,Parkstraße 2, 72813 St. Johann-Gächingen

¡ Telefon 07122/8287 - 0¡ Öffnungszeiten: Täglich ab 11.30 Uhr, mitt-wochs ist Ruhetag. Warmes Essen gibt esMo–Sa von 11.30 bis 14.00 Uhr und von 17bis 21 Uhr, So von 11.30 bis 14 Uhr und von17 bis 20 Uhr. Zwischen 14 und 17 Uhr mussman aber nicht hungern: Es gibt eine kleineSpeisekarte mit warmen Gerichten.

¡ www.failenschmid.de

Stuttgart

Freudenstadt

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St. Johann-GächingenSt. Johann-Gächingen

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Erwin-Hymer-Museum

¡ Adresse: Erwin-Hymer-Museum, Robert-Bosch-Str. 7, 88339 Bad Waldsee, Telefon0 75 24 / 97 66 76 - 00.www.erwin-hymer-museum.de

¡ Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr,donnerstags bis 21 Uhr (Einlass bis eineStunde vor Schließung).

¡ Preise: Erwachsene 9,50 Euro, Kinder (6 –18 Jahre) 4,50 Euro, Gruppen ab 10 Perso-nen 8,50, Schulklassen 4 Euro/Person.

¡ Eine Führung für eine Gruppe von bis zu20 Personen kostet 80 Euro zuzüglichEintritt. (bcm)

Von Birgit-Cathrin Duval

aus Bad Waldsee

In allen Größen und Formen säumen sie dieLandstraßen. Ist es Einbildung, oder nimmtdie Dichte der Wohnmobile tatsächlich zu, jenäher man Bad Waldsee kommt? In der Tatliegt das mobile Reisen mit Hausstand imTrend. Der uralte Traum der Menschheitvom Unterwegssein und unabhängigen Rei-sen wird im neuen Hymer-Museum doku-mentiert. Schon von weitem ist das Mu-seumsgebäude auszumachen: mit leuchtendrotem Rahmen, unverkennbar in der Formeines Caravan-Fensters gebaut. Ein überdi-mensionales Schaufenster in der Land-schaft, das durch seine riesigen GlasflächenEinblick in die Ausstellung gewährt.

Das rund 10 000 Quadratmeter große Ge-bäude versteht sich als Museum für Kultur-geschichte und Technik. Konzept und De-sign der Ausstellung stammen von der Stutt-garter Kommunikationsagentur Milla &Partner. Johannes Milla hat kürzlich auchmit einem in unserer Zeitung veröffentlich-ten Vorschlag zur Umgestaltung des NeuenSchlosses für Aufsehen gesorgt.

Dem Besucher eröffnet das Hymer-Mu-seum eine Erlebniswelt, die das Wie, Wohinund Warum des mobilen Reisens zum Inhalthat. „Camping ist eigentlich nichts anderesals den kompletten Hausstand ins Auto ver-laden und verreisen“, meint ein Besucher.

Wie sich Sack und Pack am besten ver-stauen lässt, kann man an mehr als 80 histo-rischen Fahrzeugen und Gespannen begut-achten, darunter erste Prototypen wie der

„Ur-Troll“, gebaut 1957 von Firmengründerund Stifter Erwin Hymer.

Der Besucher wird auf farbig markiertenTraumstraßen zu insgesamt acht Sehn-suchtsorten geführt, die jeweils eine Epocheder Zeit des mobilen Reisens symbolisieren.Den Auftakt bildet die grüne Traumstraße,symbolisch für die ersten Autowanderer der1930er Jahre, die das Abenteuer Alpenüber-querung lockte. Da ächzten und stöhnten dieMotoren, krochen die Fahrzeuge im Schne-ckentempo die steilen Passstraßen himmel-wärts, im Schlepptau eine Einzelzelle aufRädern, die Urform des heutigen Wohnwa-gens. „Wenn wir eine Nacht draußen unterdem freien Himmel im Zelt nächtigen, unsbei Sonnenaufgang den Kaffee selbst ko-chen und die Zähne im Bach spülen, dannsind wir moderne Zigeuner“, so beschriebder bekannte damalige Reisejournalist TheoRockenfeller den Zeitgeist dieser Tage, alsdas Campen noch Wohnwagenwandernhieß. Es war die Zeit von so manch skurrilemGefährt, dem Sportberger G2 etwa, einerMischform aus Nutz- und Wohnwagen, deran heutige Hundeanhänger erinnert, damalsbekannt als „Schäferkarren“.

Die, die über das nötige Kleingeld verfüg-ten, verreisten nobel im Borgward IsabellaCoupé von 1960 mit dem Luxus-AnhängerDethleffs Nomad, weniger Betuchte fandenim Ferrari-roten Fiat mit dem Laika-500-Anhänger den passenden Reisegefährten.

Orange markiert den Sehnsuchtsort In-dien. Zu Tausenden pilgerten die Blumen-kinder und Hippies während der 60er Jahreins ferne Asien. Ihr Markenzeichen: der kul-tige VW-Bus, kunstvoll mit psychedelischenMustern verziert. Ohne GPS, Handy oderInternet – Reisen war damals eine existen-zielle Erfahrung auf der Suche nach spiri-

tueller Erleuchtung und sich selbst.Auch DDR-Bürger entdeckten das Cam-

pen als Ausdruck von Individualität undreistenandieOstsee.Füralle,die sichkeinenWohnanhänger leisten konnten, gab es die„Villa Sachsenruh“, ein spartanisches Auto-zeltdach, das auf dem Dach des Trabant be-festigt wurde. Mit der schokobraunen Zelt-plane ähnelt es einem überdimensionalenStück Schweizer Toblerone-Schokolade.

Entlang der Traumstraße, die von denAlpen nach Italien, Indien, an die Ostsee, indie marokkanische Wüste und zur legendä-ren Route 66 in den USA führt, stehen dieausgefallenen Fahrzeuge: historische Auto-mobile, Reisemobile und Caravans. Liebe-voll restauriert und dekoriert wirken sie solebendig, als wären die Urlauber nur kurzhinausgegangen.

Jeder der acht Sehnsuchtsorte lässt sichmit allen Sinnen erfahren. Im indischenTempel steht der Kult-VW-Bus, im marok-kanischen Zelt erlebt der Besucher auf derLeinwand das geschäftige Treiben des Ba-sars, als wäre er live dabei. Im Wigwam derNordamerika-Route sitzt man auf Sätteln,die täuschend echt den Trab eines Pferdes si-mulieren. In der eisblauen Pudelmütze desSehnsuchtsortes Skandinavien bleibt derBesucher im warmen Caravan, während erdurch ein Fenster auf die vereiste Polarland-schaft sieht, in der im Wechsel Polarlichter,Sturm, Wolken und Sonne erscheinen.

Das Museum präsentiert sich mit einemrundum gelungenen Konzept, an dem dieganze Familie Freude hat. Kinder wie auchErwachsene finden viel Platz zum Auspro-bieren und Entdecken. Fotostationen ladendazu ein, sich vor großer Kulisse mit witzi-gen Accessoires auszustatten und sich selbstzu fotografieren. Die Fotos können als Post-karte erworben oder später im Internet her-untergeladen werden. Als Highlight zumAbschluss lassen sich die Fotos im Globus-raum mit seinen dreidimensional im Raumschwebenden Weltkugeln mit Touchscreenaktivieren und anzeigen. So erleben die Be-sucher ihre eigene Weltreise.

Der Besuch ist zu Ende, das Reisefieber istgeweckt. Am liebsten möchte man sofortaufbrechen.

Trabi mit TobleroneIm neuenHymer-Museum in BadWaldseewerden Besucher zu acht Sehnsuchtsorten geführt

Wer seinen Hausstand dabeihat, istunabhängig und kann bleiben, wo esihm gefällt. Caravaning ist deshalb sehrbeliebt. Wie dasmobile Reisen sichverändert hat, erleben Besucher imneuenHymer-Museum in BadWaldsee.

Touren & Themen

AmLimes entlangWELZHEIM. Auf römische Spuren bege-ben sich Besucher an diesem Sonntag imWelzheimer Ostkastell. Limes-Ciceronesbegleiten die Gruppe zu einem Rundgangam einstigen Grenzwall. Die zweistündi-ge Tour startet um 14 Uhr im Ostkastell.Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.Kosten: drei Euro pro Person, Kinder biszwölf Jahren sind gratis.

Aktionen & Aktivitäten

FamilientagWALDENBUCH. Stockbrot, Ponyreiten,Kasperltheater und eine Märchenerzäh-lerin – all das erwartet Kinder und ihreEltern beim Familientag am 1. Mai imMuseum der Alltagskultur in SchlossWaldenbuch von 12 bis 17 Uhr. DerSchlosshof verwandelt sich an diesemTag in einen Biergarten. Wer will, kannan diesem Tag einen besonderen Alltags-gegenstand mitbringen, der dann für dieDauer von sechs Monaten ausgestelltwird. Das Museum hat an diesem Tagvon 10 bis 17 Uhr geöffnet. Eintritt: dreiEuro, eine Familienkarte kostet fünfEuro.

Junge Störche

SALEM. Auf den zahlreichen Horsten imAffenberg Salem ist zurzeit lautes Ge-klapper zu hören. 25 Brutpaare habensich hier versammelt. Wie sich die Jung-tiere entwickeln, können Besucher überVideokameras verfolgen. Anfang Maiwerden auch die ersten Berberaffenbabyserwartet. Der Affenberg ist täglich von 9bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostetacht Euro.

Start der FreizeitbusseALFDORF. Zum 1. Mai starten die Frei-zeitbusse im Schwäbischen Wald wiederin die neue Saison. Das wird mit einemgroßen Fest im Alfdorfer Teilort Hellers-hof gefeiert, in unmittelbarer Nähe derWaldbusstrecke. Von 11 bis 17 Uhr istjede Menge geboten: Jazzfrühschoppen,Bewirtung sowie Verkaufsstände vonDirektvermarktern. Außerdem könnenE-Bikes und Segways ausprobiert wer-den. Für Wanderer und E-Biker gibt esgeführte Touren zum Hellershof, die anverschiedenen Orten starten, etwa Welz-heim, Rudersberg, Murrhardt, Alfdorf,Gschwend und Althütte. Alle Tourenbeginnen am Vormittag und enden zurMittagszeit in Hellershof. Infos zur An-meldung bei der Fremdenverkehrsge-meinschaft, Telefon 0 71 51 / 501 - 13 76.

E-RallyeCALW. Bei der ersten Schwarzwald-E-Rallye am Wochenende 5. und 6. Mai inCalw sind nur elektrisch betriebeneFahrzeuge mit zwei, drei oder vier Rä-dern zugelassen. Zu sehen sind zum Bei-spiel Elektro-Autos der Marken Renault,Citroën, Peugeot, Opel und Mercedes.Eine Besonderheit ist der E-SportwagenTesla Roadster. Entlang der 200 Kilome-ter langen Rundstrecke sind verschiede-ne Zwischenstopps vorgesehen.

www.encw.de

In der dazugehörigen Metzgerei

nebenan gibt es Albbüffel-Wurst

und -Fleisch zu kaufen

In der DDR war Campen ein

Ausdruck von Individualität

Per Touchscreen erleben Besucher

ihre eigene Weltreise

GemütlichesWohnzimmer auf Rädern

Auf dem Affenberg brüten wieder dieStörche Foto: Affenberg

Märkte & Museen

KunsthandwerkSCHILTACH. Über 70 Kunsthandwerkerpräsentieren am Sonntag in Schiltachihre Waren. Zugelassen sind nur Künst-ler und Handwerker, die selbst herge-stellte Produkte verkaufen. Begleitendzum Kunsthandmarkt gibt es eine Spiel-straße für Kinder, Musik, kulinarischeAngebote und vieles mehr. Marktbeginnist um 11 Uhr, die Geschäfte haben von12 bis 17 Uhr geöffnet.

Finale der ZeitHEILBRONN. Wollen Sie wissen, wie Siein 20 Jahren aussehen? Dann sollten Siedie letzte Gelegenheit nutzen, die Son-derausstellung „Zeit – Expedition in dievierte Dimension“ in der Experimenta inHeilbronn zu besuchen. An diesem Sonn-tag endet die Ausstellung. Zum Ab-schluss ist folgendes Programm geplant:Samstag können Besucher ab 14 Uhreine geometrische Figur bauen, Sonntagist um 14 Uhr ein Puppentheater zu Gast.Öffnungszeiten: Mo–Fr 9–18 Uhr, Sa undSo 10–19 Uhr. Eintritt: acht, ermäßigtvier Euro.

16 Nummer 98 • Freitag, 27. April 2012 Freizeit · Tipps für Trips