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Die Formen und die Wirkung von Schrift und Typen, erzählt und illustriert von Paulo Heitlinger. 2019 ALPHABETE

Alfabetos, Caligrafia e Tipografia. Este exemplar é de 2016portugal-kultur.de/ebooks/Alphabete-ebook-Leseprobe.pdf · 2019. 5. 2. · Anthropologin Katina Lillios über tausend hand-große

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  • Die Formen und die Wirkung von Schrift und Typen, erzählt und illustriert von Paulo Heitlinger. 2019

    Al phAbe t e

  • Autor und Layout: Paulo Heitlinger.

    Copyright 2019 by Paulo Heitlinger.

    Diese Publikation ist für den persönlichen Gebrauch des Lesers bestimmt. Jedes Exemplar wird mit dem Namen des Besitzers digital gekennzeichnet. Diese Signatur erlaubt es dem Verfasser jeden Missbrauch festzustellen. Die Weitergabe dieses Exemplars würde mit rechtlichen Schritten geahndet werden.

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    Copyright 2019 by Paulo Heitlinger.

    IntroAl phAbe t eDie Formen und die Wirkung von Schrift und Typen, erzählt und illustriert von Paulo Heitlinger. 2019

  • Alphabete / Themen / Themen / Seite 3 Text suchen: CTRL+F

    ThemenThemenIntro .............................................................................. 2Themen .........................................................................3

    Willkommen! .....................................................................................7Einleitung ...........................................................................................8

    Vor der Schrift ............................................................ 10Ausweise, vor der Schrift.................................................................11

    Prolog.......................................................................... 14Das Phönizische ............................................................................. 15Die Escrita do Sudoeste auf der iberischen Halbinsel ............ 19Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel .... 21

    Arabisch ...................................................................... 27Arabische Buchstaben ...................................................................28

    Griechisch ..................................................................34Griechische Buchstaben ................................................................36

    Rom .............................................................................39Römische Buchstaben .................................................................. 40Römische Inschriften ..................................................................... 41Die römische Glyphen ....................................................................45Die römische Schrift ist gemalt .....................................................50Planung und Kooperation .............................................................52Leitlinien ..........................................................................................53Textkomposition .............................................................................55Die verschiedenen Träger ..............................................................58Buchstaben aus Glas ......................................................................62Macht und Status ............................................................................65Steinmetze .......................................................................................70

    Inschriften ...................................................................71Die Capitalis Monumentalis..........................................................72Geometrische Capitalis .................................................................88Enge Capitalis ................................................................................. 94Breite Buchstaben.......................................................................... 99Die Rustica in Steininschriften ....................................................101Seriflose Römische ........................................................................ 111Lateres signati ................................................................................113Mit dem Pinsel gemalte römische Buchstaben .........................114Graffiti aus Pompei ........................................................................121Ornamentierte Buchstaben ........................................................ 125Gepixelte Buchstaben .................................................................. 128Moderne Pixelung ......................................................................... 135

    Schreibschrift .......................................................... 140Cursiva, eine Schreibschrift .........................................................141Die jüngere Kursive ....................................................................... 143Getrennte Worte ...........................................................................144Majuskeln mit Minuskeln kombiniert ....................................... 149Die Quadrata für Bücher .............................................................. 153Die Rustica für Bücher ................................................................. 158

    Westgotische Schrift ................................................163Evolution der westgotischen Versalie ........................................164

    Runenschriften ........................................................ 184Verbreitung der Runen ................................................................. 185Verwendung der Runen ............................................................... 188

    Unzialen. ..........................................................................................192Die runde Schrift ........................................................................... 193

    Themen

  • Alphabete / Themen / Themen / Seite 4 Text suchen: CTRL+F

    Unzialen in Stein .......................................................205Steinschriften .............................................................................. 206Versalien der Inseln ...................................................................... 217

    Die erste Renaissance .............................................. 222Weiterhin Capitalis .......................................................................223Die karolingische Schrift ............................................................ 226

    Codexe, Akten, Briefe ..............................................231Das Skriptorium im Kloster ........................................................234Die mittelalterliche Kanzler ........................................................239

    Humanistische Schrift .............................................240Niccolò Niccoli ............................................................................. 242Antonius de Bozollo ..................................................................... 244Venezianische Typen ....................................................................245Die zweite Renaissance ............................................................... 246

    Gotische Schriften ...................................................249Aus Italien: die Benaventana .......................................................252Die Gotische aus Bologna (1300-1400) .......................................253Die geschriebene Textura ............................................................255Die geschriebene Gotische Rotunda ..........................................261Gerardus Mercator ...................................................................... 268

    Manuale ....................................................................268Giovanni Francesco Cresci .......................................................... 271

    Fraktur ...................................................................... 274Die historische Fraktur ................................................................275Die Deutsche Schrift .................................................................... 280Modisten, die Exponenten der deutschen Kalligraphie ......... 281Brechtel, der Ältere .......................................................................283Delirium der Ornamentation ..................................................... 284

    Die Fraktur von Hitler .................................................................. 289Konservative Zeitungen ...............................................................292

    Schrift auf Glas......................................................... 297Mit dem feinen Pinsel ...................................................................303Romanisierte Gotische und andere Hybride ........................... 304Die Behrens-Schrift ......................................................................305Die geometrische Fraktur ........................................................... 308More geometrico, die Quadratur der Schrift ............................ 310Sebastiano Serlio ........................................................................... 317Die Vektorisierung der Buchstaben ........................................... 318

    Johannes Gutenberg ................................................ 327Mechanische Typograhie ............................................................328Vom Manuskript zum Druckwerk ..............................................330Patrizen .......................................................................................... 331Punzen, Matrizen, Guß, Typen ...................................................332B-42: Das erste Buch als Serienprodukt .....................................334Die Typographie ............................................................................338Der Millenium-Mann ...................................................................339Bewegliche Typen ........................................................................ 340Der Wert der Typen! ..................................................................... 341Manufaktur der Typen .................................................................342Der Punzenschneider .................................................................. 344Die Punzenschneiderin Nelly Gable ...........................................345Die Matrizen ..................................................................................349Genau messen: Typometer ..........................................................357Der Handsatz .................................................................................359Das Kerning ...................................................................................372Ligaturen ........................................................................................374Aufzug ............................................................................................379

  • Alphabete / Themen / Themen / Seite 5 Text suchen: CTRL+F

    Stephan Füssel .............................................................................. 380

    Berühmte typographische Werkstätten ..................381Die schnelle Ausbreitung der Prototypographie .....................382Verbreitung in Europa ................................................................. 386Die typographische Gotische Rotunde ......................................387Die ex-Partner von Gutenberg ................................................... 390Anton Koberger, in Nüremberg ...................................................393William Caxton, in England ........................................................397Erhard Ratdolt, in Venedig und Augsburg.................................399Nicolas Jenson .............................................................................. 403Aldus Manutius und Francesco Griffo ......................................406Die goldene Zeit der Typographie in Frankreich ..................... 412Le Bé i ..............................................................................................414Antoine Augereau, das erste Opfer der Zensur .........................416Geoffroy Tory ................................................................................. 418Claude Garamond: das moderne Buch ......................................422Robert Estienne, Drucker des Königs ...................................... 428Die „Garaldes“ ...............................................................................432Jacques Sabon ............................................................................... 434Simon de Colines ...........................................................................435François Guyot ..............................................................................437Evolution in Holland und Flandern ...........................................439Nicolaes Biestkens ....................................................................... 446Die Elzevier in Leyden und Amsterdam ................................... 448Die Dynastie Enschedé in Haarlem ........................................... 449Johann Michael Fleischmann .................................................... 450Die Typographie Royale in Paris, 1640 .......................................452England führt ................................................................................458Mechanik Exercises, von Moxon .................................................459Caslon, britischer Punzenschneider .........................................461

    John Baskerville of Birmingham ............................................... 465Barock-Antiquas .......................................................................... 467Das Manuel Typographique von Fournier ............................ 468Les Didot ........................................................................................473Spanische Typographie............................................................... 480Bodoni, in Parma ......................................................................... 482Die Didones................................................................................... 489Die British Letter Foundry von Bell ........................................ 492Von Vincent Figgins, für die Werbung ....................................... 494J.E. Walbaum: Fraktur und Antiquas ........................................ 496Breitkopf: berühmte Partituren ................................................ 498Schriftstreit um Antiqua und Fraktur ....................................... 499Die Egyptiennes ........................................................................... 500Holzbuchstaben ............................................................................ 501Benjamin Franklin, Typograph und Verleger ...........................503Die American Type Founders ......................................................505Die pantografische Matrizen ......................................................507Gußmaschinen ............................................................................. 510Die Kelmscoot Press von William Morris ...................................511Theodore Low DeVinne ................................................................ 514Goudy, der Exzentriker ................................................................ 516Der Erfolg der Times .................................................................... 520Die Schriftgießerei Gebrüder Klingspor ...................................524Die Stereotypie, ab 1727 ................................................................527

    Jugendstil ................................................................. 529Die neue Kunst ..............................................................................530Koloman Moser .............................................................................534Roycroft von Elbert Hubbard ......................................................537

    Steindruck ............................................................... 540Revolution in Farben ....................................................................542

  • Alphabete / Themen / Themen / Seite 6 Text suchen: CTRL+F

    Alois Senefelder .............................................................................543Im Duft von Rimmel: Jules Chéret, der Werbetrommler .........555Toulouse-Lautrec ..........................................................................559

    Das 20. Jahrhundert ..................................................561Die Brüder Stenberg .....................................................................562Adrian Frutiger, Mr. Univers ........................................................568Neville Brody ..................................................................................573A.M. Cassandre ..............................................................................577Rafael Bordallo Pinheiro, Meister der «Lythographia» ......... 580

    Seriflose ....................................................................583Für die Werbung: Proto-Groteske ............................................. 586Die modernen Seriflosen ............................................................ 590

    Bauhaus .................................................................... 593Die Ära der Akzidenz-Grotesk ....................................................594Die Berthold Schriftgießerei, in Berlin ......................................597

    elementares .............................................................5991925: Elementare Typographie ...................................................600Josef Albers.................................................................................... 605„elementare alphabete” ..............................................................606Alles elementar? ............................................................................ 613Die Futura ...................................................................................... 617Die berühmte Gill Sans ............................................................... 628

    Lichtdruck ................................................................634

    Schreibmaschinen ....................................................639An der Maschine tippen .............................................................. 643Die plumpe Schrift ........................................................................652

    Setzmaschinen .........................................................653Den Satz beschleunigen .............................................................. 654

    Schriften von Linotype ................................................................660

    Der Fotosatz ..............................................................661Der Edison der grafischen Industrie ......................................... 664Diatype und Diatronic................................................................. 665Diatype, ein Fotosatzgerät ..........................................................666

    Wayfinding ................................................................669Eine nostalgische Einleitung ..................................................... 670London, for instance ....................................................................672Die Karte des Tube ........................................................................673Legible London............................................................................. 676Piktogramme .................................................................................678Otl Aicher .......................................................................................681

    Infografik ..................................................................683Vorläufer Minard .......................................................................... 684Mister Dresser, Pionier des Designs .......................................... 686Otto Neurath, Vater der Infografik ............................................ 688Im Detail: genau ............................................................................691Gerd Arntz zeichnet Piktogramme ........................................... 692

    Buchstabenstile .......................................................698Scripts ............................................................................................ 699Art-Déco Glamour ....................................................................... 700Kalligrafie im Stil Art-Déco .........................................................707Brush, die Pinselschrift .................................................................711

    Neon ..........................................................................712Leuchtende Schriften ................................................................... 713Kommerzielles Lettering ............................................................ 731Kalligraphische des 21sten ..........................................................732Font-Klans .....................................................................................734

    Stichwortverzeichnis ............................................... 739

  • Alphabete / Themen / Willkommen! / Seite 7 Text suchen: CTRL+F

    Willkommen!Diese digitale Edition beinhaltet die besten Teile der auf Por-

    tugiesisch geschriebenen Bücher Tipografia und Alfabetos, so wie einige wichtige Artikel, die in det Zeitschrift Cadernos erschie-nen sind.

    Die Typographie brauchte mehr als 550 Jahre um sich zu per-fektionieren; aber vieles, was sie erreichte, haben die Kalligra-phen schon früher erreichen können. Eine banale Einsicht, die lange Zeit brauchte, bis sie sich in meinem Kopf durchsetzte. Dementsprechend möchte ich nicht mehr über Typographie alleine, sondern vor allem über Schrift forschen und schreiben. Die Kalligraphie bekommt die Bedeutung, die ihr ansteht; sie ist die Schriftform die immer wieder den Menschen besonders nahe stand. Auch heute.

    E in starkes „Besten Dank“ schulde ich vielen Freunden, die dazu beigetragen haben, die Qualität der Beiträge zu steigern: Peter Karow, Birgit Wegemann, Jorge Silva, José Gameiro, Isabel Medeiros, Dino dos Santos, Miguel Sousa, M.M. Malaquias, Nick Shinn, Mark Jamra und der schon ver-storbene Kurt Weidemann.

    März 2019Paulo Heilinger

    Wie benutzt man dieses e-book?

    Dieses digitale Dokument bietet einen hohen Grad von Interaktivität an. Das Das Verzeichnis der Themen erlaubt den direkten Sprung zur genannten Seite. Das Register, am Ende des Bu-ches, auch. Ein Mausklick auf «The-men» führt den Leser direkt auf Sei-te 3 zurück. Klicken Sie auf Register, um dorthin zu springen. Die internen Links – die gekreuzten Referenzen – sind ebenfalls interaktiv. Die externen Hyperlinks (URLs) setzen Ihren Web-Browser in Fahrt und öffnen die ent-sprechende Web-Seite. Gute Navigation!

  • Alphabete / Themen / Einleitung / Seite 8 Text suchen: CTRL+F

    Dieses Buch kommt zu einem Zeitpunkt auf den Markt, wo man besonders viele Angebote von international arbeitenden Typeface-Designern online sieht. Raffiniert gezeichnete Schriften, in unzähligen Modi entfaltet, suchen ihre Käufer.

    Seltsam. Das Interesse vieler scheint sich aber auf die Schriften zu konzentrieren, die manuell hergestellt werden. Handschriften. Kalligraphie, populär, warm, nicht technisch, unkompliziert. Lettering, handmade letters, nennen die Engländer dies.

    Diese Diskepranz ist nur eines der Merkmale, die uns auf die Notwendigkeit hinweist, eine oft praktizierte Trennung der Typographie von der Kalligraphie aufzuheben. Eine Trennung, welche die meisten Menschen gar nicht verstehen.

    Einleitung

  • Alphabete / Themen / Einleitung / Seite 9 Text suchen: CTRL+F

    In diesem Buch versuchen wir «Schrift» als das zu verstehen, was mit den unterschiedlichsten Mitteln arbeitet, um uns Buchstaben zu liefern, die angemessen erscheinen: Buchstaben für Wände, für Werbung, für Tatoos, für Plakate, für Leitssysteme, für Zeitungen, für Bücher, für Notizen, für Menüs, für...

    Mal überwiegen die handwerklichen Lösungen, das Handgemachte, mal scheint das Technisch perfekte, das Typographische wichtiger zu schein. Eine Analyse der historischen Entwicklungen zeigt uns, daß beide Stränge immer parallel nebeneinander liefen.

    Die Typographie hat immer der Kalligraphie Muster und Beispiele entnommen, um sie technisch erschließbar zu machen, um damit in die Serienproduktion zu gehen. Doch die Menschen können es einfach nicht lassen, Buchstaben mit der Hand zu zeichnen und zu malen...

  • Vor der Schrift

  • Alphabete / Vor der Schrift / Ausweise, vor der Schrift / Seite 11 Text suchen: CTRL+F

    Geritzte Schieferplatten

    Ausweise, vor der Schrift

    I m Süden der Iberischen Halbinsel haben Archäologen geritzte Schieferplatten gefunden, die lange Zeit als „symbolische Dar-stellungen einer Muttergottheit“ fehlinterpretiert wurden. Die US-amerikanische Forscherin Katina Lillios konnte dagegen bele-gen, daß diese Platten, die in steizeitlichen Grabstätten gefunden wurden, die darin deponierten Toten identifizieren.

    K ollektives Gedächtnis — bereits vor 5.000 Jahren haben sich Einwohner der Iberischen Halbinsel mit „Ausweisen” identifiziert. Genauer gesagt, mit geometrischen Mustern, die auf handgroße Schieferplatten (placas de xisto) mit feinen Linien geritzt wurden. Diese Praxis wurde in der Übergangszeit zwischen Neolithikum und Chalkolithikum betrieben. Deswegen fand man solche dekorierte Platten nicht nur in den Dolmens (Neolithikum) sondern auch in den Tholoi (Kuppelgräber des Chalkolithikums).

    Die Musterung dieser primitiven Ausweise zeigt den Großklan an, dem der Verstorbene angehörte, und die Anzahl der Bänder repräsentierte die Generation, gezählt nach einem vermeintlichen Urahnen. Lange bevor ein Schriftsystem in diesem Gebiet eingeführt wurde, war man instande, mittels Ritzungen wichtige Eigenschaften der Elitemitglieder „niederzuschreiben“.

    D ie nächste Seite zeigt alle Platten, die in einem bestimm-ten Dolmen geborgen wurden. Keine gleicht irgend einer anderen. Diese Art der Identifizierung wurde nicht länger als 5oo bis 700 Jahren praktiziert, denn dann setzte die Glockenbe-cher-Kultur in Europa ein. Und die kennzeichnete die Verstorbenen auf eine ganz andere Weise aus.

  • Alphabete / Vor der Schrift / Ausweise, vor der Schrift / Seite 12 Text suchen: CTRL+F

    Kollektives Gedächtnis — bereits vor 5.000 Jahren haben sich Einwohner der Iberischen Halbinsel mit „Ausweisen” identifiziert. Genauer gesagt, mit geometrischen Mustern, die auf handgroße Schieferplatten (placas de xisto) mit feinen Linien geritzt wurden.

  • Alphabete / Vor der Schrift / Ausweise, vor der Schrift / Seite 13 Text suchen: CTRL+F

    K leine, kunstvoll gemusterte Steine als Identitätsträger? Um diese Vermutung zu prüfen, analysierte die amerikanische Anthropologin Katina Lillios über tausend hand-große Steinplättchen, die im Laufe der letzten 140 Jahren aus den Megalithgräbern Portugals und Spa-niens geborgen wurden. In diesem Licht entpuppte sich die Fülle an Placas de xisto als das kollektive Archiv der Clans der Megalith kultur im Süden der Iberischen Halbinsel.

    Diese Gedächtnis-Register sind in Europa ein-malig; weltweit betrachtet, sind es die ersten bekannten „Ausweise” überhaupt. Die individuell geritzten Plättchen bilden deswegen ein kollektives Gedächtnis, weil sie von den diversen Clans „gele-sen” werden konnten – und anerkannt wurden.

    Heute werden Bürger mit Ausweiskarten und Chips identifiziert; aber daß die entfernten Vor-fahren der Portugiesen und Spanier auch schon vor circa 5.000 Jahren Ausweis-Steinchen benutz-ten, ist eine neue, verblüffende Erkenntnis. Die mit feinen Linien akribisch geritzten Muster auf den Schieferplatten gehen weit über die Bedeutung der sonstigen Grabbeigaben hinaus.

    Diese kunstvollen Objekte zeigen, welchem Stamm oder Clan der Verstorbene angehörte, und in welcher Abstammungslinie er zu einem „Urah-nen” positioniert war. ϡ

    Geritzte Schieferplatten, jede einzelne mit eigenen Mustern. Teil des kollektiven Archivs der Klans der Megalith kultur im Süden der Iberischen Halbinsel.

  • Alphabete / Prolog / Ausweise, vor der Schrift / Seite 14 Text suchen: CTRL+F

    Glyphen mit rauher Schönheit. Escrita do Sudoeste. Museu Arqueológico Provincial de Badajóz.

    Prolog

  • Alphabete / Prolog / Das Phönizische / Seite 15 Text suchen: CTRL+F

    Das erste fonetische Alphabet kam aus dem östlichen Mittelmeer

    Das Phönizische

    D ie Wiege praktisch aller Formen der Schrift lag, etwa vor 3.500 Jahren, im Vor-deren Orient. Die phönizische Schrift ist eine Schrift aus 22 Zeichen, die vom 11. bis 5. Jahr-hundert v.u.Z. im Libanon, in Palästina und in Syrien erfolgreich verwendet wurde. Mit ihr wur-den nicht nur die phönizische Sprache, sondern auch die aramäische, hebräische und andere semi-tische Sprachen geschrieben. Die althebräische Schrift ist eine Variante der phönizischen Schrift. Aus der phönizischen Schrift entstanden die grie-chische, die altsüdarabische Schrift – und, über deren Abkömmlinge, auch fast alle heutigen alpha-betischen Schriften.

    D iese Schrift wurde im 11. Jahrhundert v.u.Z. von den Phöniziern durch Abstra-hierung der protokanaanäischen Schrift entwickelt. Das älteste Zeugnis ist eine Inschrift auf dem Sarkophag des Herrschers Ahiram von Byblos (Seite 18) im heutigen Libanon, geschrieben um 1000 v.u.Z. So ist das Phönizische das erste Alpha-bet überhaupt. Allerdings war es ein reines Kon-sonantenalphabet, das heißt, es besaß keine Buch-staben für die Vokale, wie wir sie zum Beispiel im Deutschen verwenden: a, e, i, o, u.

    Zweisprachige Inschrift – oben, Latein, unten Punisch. Die Inschrift berichtet, daß das Gebäude bezahlt ist und dem lokalen Neureichen Annobal Rufus gewidmet wurde. Römisches Theater in Lepcis Magna, Lybien. Foto: Sebastià Giralt.

    Aus den 22 phönizischen Lettern

    entwickelten sich wichtige Schriftsysteme,

    wie das Hebräische, das Griechische,

    das Aramäische und das Latein. Auch

    die Escrita do Sudoeste ist ein Derivat

    des phönizischen Alphabets.

    Das Arabische und das Hebräische

    haben eine Eigenschaft des

    Phönizischem beibehalten: man

    liest von rechts nach links.

  • Alphabete / Prolog / Das Phönizische / Seite 16 Text suchen: CTRL+F

    D as phönizische Alphabet sollte bald zur Grundlage des griechischen Alphabets werden. Das kann man gut erkennen, wenn wir uns diese beiden Schriften anschauen. Die Griechen übernahmen vor ungefähr 2.800 Jah-ren das phönizische Alphabet und ergänzten es durch die bislang fehlenden Vokale. Dabei verwen-deten sie einige der phönizischen Buchstaben, die sie für die Schreibweise ihrer griechischen Sprache nicht benötigten, einfach als Vokalzeichen; so zum Beispiel das nach links gekippte „A“.

    Die genauen Umstände, warum die Griechen das Alphabet von den Phöniziern übernahmen, konnten die Wissenschaftler noch nicht aufklären. Hier ergibt sich noch Handlungsbedarf für künf-tige Sprachforscher. Als Entstehungsorte der grie-chischen Schrift werden die griechischen Inseln Kreta und Rhodos angenommen. ¶

    Zwei Statuetten aus Ton: eine schwangere Göttin und ein Reiter auf ein befflügeltes Pferd. Interessante Zeugnisse des Synkretismus der phönizischen Kultur. Fotos von J.P. Dalbéra, Musée des Civilisations de l'Europe et de la Méditerranée http://www.mucem.eu

    Münze mit griechischer und phönizischer Inschrift.

  • Alphabete / Prolog / Das Phönizische / Seite 17 Text suchen: CTRL+F

    Phönizische Schrift. Freiluftmuseum in Karatepe-Arslantas, Türkei. Mehr solche Bilder auf www.hittitemonuments.com/karatepe.

    „Vor langer Zeit kamen diverse Systeme

    auf, die fähig waren, unser Denken

    zu registrieren. Solche Systeme,

    abstrakte oder figürliche, sind vor der

    erschienen. Die Erfindung des

    alphabetischen Systems durch die Völker

    des Vorderen Orients, vor etwa 1.200

    Jahren v.u.Z., war eine weitführende

    Etappe in der Geschichte der Menschheit.

    Indem es das gesprochene Wort auf eine

    Anzahl von phonetischen Symbolen (oder

    Buchstaben) abbildete, vermochte das

    Alphabet die Niederschrift verschiedener

    Sprachen einer Region zu ermöglichen.

    Und schuf dadurch einen starken

    Kommunikationslink unter den Völkern.

    Das Alphabet kann als der erste

    Akt eines gewissen mediterranen

    Humanismus verstanden werden,

    Geburt und Fundament unserer Kultur

    und unserer modernen Gesellschaften.”

    Frei nach Ladislas Mandel, 1998.

  • Alphabete / Prolog / Das Phönizische / Seite 18 Text suchen: CTRL+F

    U nter den wichtigsten Texten für die Ent-wicklung der Alphabete liegt die Inschrift für das Gedächtnis an Ahiram, König von Biblos. Diese wurde um 1.000 v.u.Z. durch seinen Sohn in Auftrag gegeben. Diese Inschrift, die als die erste tatsächlich phönizische betrachtet wird, benutzt 19 der 22 Buchstaben dieses Alphabets und zeigt auch Elemente, die Wörter separieren. Das Sarkophag wurde vom französischen Archäologen Pierre Montet 1923, an der Stelle von Jbeil, im Lyba-non (das historische Biblos) gefunden; es gehört heute dem Nationalmuseum von Beirut. Foto: G. Eric and Edith Matson Photograph Collection da Library of Congress, EUA. Unter dem Foto des Sarkophagen, die berühmte

    phönizische Inschrift.

    aHBKLMNORSTZPQ RSWXYhpstPhönizische Schrift, als Digitalfont.

  • Alphabete / Prolog / Die Escrita do Sudoeste auf der iberischen Halbinsel / Seite 19 Text suchen: CTRL+F

    Die Escrita do Sudoeste auf der iberischen Halbinsel

    Die Stele von Abóbada wurde bei Gomes Aires, in Almodôvar, Südportugal, gefunden. Sie ist eine der ganz wenigen, die auch ein Bild zeigt. In der Mitte, eingerahmt von den Bändern mit Glyphen, steht ein bewaffneter Krieger in aggressiver Pose – er zeigt uns seine Waffen. Diese Stele zeigt das erste phonetische Alphabet welches in Portugal benutzt wurde – die Escrita do Sudoeste. Stelen mit Inschriften in Escrita do Sudoeste stammen aus dem Gebiet des Baixo Alentejo und konnten datiert werden, weil sie sich auf Nekropolen beziehen. Diese Todesstätten hatten zunächst runde, später rechteckige Gräber. Das Datum dieser Gräber schwankt zwischen dem 7. und dem 5. Jahrhundert v.u.Z. Die Escrita do Sudoeste ist ein direktes Derivat des phönizischen Alphabets.

  • Alphabete / Prolog / Die Escrita do Sudoeste auf der iberischen Halbinsel / Seite 20 Text suchen: CTRL+F

    Fragment einer Stele mit einer Inschrift, fotografiert im Museu Arqueológico de Badajóz, Spanien. Die Glyphen sind solche von der Escrita do Sudoeste. Bibliografie: La estela inscrita de Siruela, Badajoz, José M. Otero, José L. Melena, Universidad de Salamanca. Foto: ph.

  • Alphabete / Prolog / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 21 Text suchen: CTRL+F

    Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel

    Fragment einer Stele, Museu Arqueológico de Beja, Südportugal.

    Man datiert auf das 6. Jahrhundert die erste Schrift

    mit phonetischer Basis, die man auf der iberischen

    Halbinsel eingesetzt hat. Wichtige Prozesse der sozialen

    Entwicklung hatten bereits während des Chalkolitikums

    eingesetzt, jedoch ohne Erscheinung einer Schrift.

    B efestigte Siedlungen, Machtzentren, wurden bereits im Chalkolitikum (3.000– 2.000 v.u.Z.) der Iberischen Halb-insel errichtet, aber sie wurden nicht vom Erscheinen eines Schriftsystems begleitet. Erst später wurde eine Schrift aus dem Mittelmeer importiert. Sie kam mit den Phöniziern und stellt nicht nur das älteste System phonetischer Schrift für die Iberische Halb-insel, sondern für ganz Westeuropa dar.

    Die sogenannte Escrita do Sudoeste oder Tartéssica oder Sudlu-sitana, wurde während der Eisenzeit im Süden Spaniens und Por-tugals von den Tartessos entwickelt – so nannten die Griechen die damaligen Bewohner der Regionen Andalu zien, spanische Extre-ma dura, Baixo Alentejo und die Algarve.

    Die Inschriften, die gefunden wurden, stammen hauptsächlich aus den inneren Gebieten des Alentejo und der Algarve (insbeson-dere aus der Serra do Caldeirão), Gebiete wo sich die Quellen der Flüsse dieser Region (Sado, Mira, Arade) und der drei Flüße, die in den Guadiana münden (Ribeiras de Oeiras, Vascão und Foupana) befinden. Die Zone erstreckt sich bis Badajóz, in der spanischen Extremadura.

    Fonetische Werte der Glyphen der Escrita do Sudoeste, nach Information des Museu Arqueológico Provincial de Badajoz, in Extremadura, Spanien.

    AEHIBKLMNORSTUZÀÇÌÈÍÎÔÛÙé

    Escrita do Sudoeste, Digital-Font.

  • Alphabete / Prolog / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 22 Text suchen: CTRL+F

    D ie Glyphen des Alphabets der Escrita do Sudoeste stam-men eindeutig aus dem phö-nizischen Alphabet. Man zählt 27 Zeichen, das ist die Zahl die man auf einer Stele findet, wo alle Glyphen des Alphabets verzeichnet sind. Auf die-sem Stein aus Espanca (Castro Verde, Beja) findet man einen Alphabet, wel-ches von einer geübten Person graviert wurde, und ein zweites, welches von einem Lehrling gemeißelt wurde.

    H eute können wir einen gro-ßen Teil der Inschriften lesen – besser gesagt, wir können sie aussprechen – aber wir kennen die Inhalte nicht. Man mag Worte identi-fizieren, aber die Forscher verstehen sie nicht. Ein Rosetta-Stein, der eine Übersetzung leisten würde, fehlt.

    Die Stelen, seien sie dem Totenkult gewidmet oder für andere Zwecke graviert worden, sind Elemente, die häufig in Grabstätten der europäischen Eisenzeit vorkommen. Bilder von Schwerten und Eisenäxte, wie sie an dieser Stele im Museu Regional de Beja (www.museuregionaldebeja.net) angebracht wurden, lassen keine Zweifel über die aggressiven und kriegerischen Aspekte der Gesellschaften zu, welche die Escrita do Sudoeste adaptiert hatten.

    Die Glyphen aus der Stele von Espanca.

  • Alphabete / Prolog / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 23 Text suchen: CTRL+F

    Stele mit Escrita do Sudoeste, gefunden im Landgut Herdade do Monte Gordo, freguesia de Rosário (Almodôvar), im Alentejo, Südportugal.

    Keramikfragment mit Escrita do Sudoeste.

  • Alphabete / Prolog / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 24 Text suchen: CTRL+F

    Funde mit Escrita do Sudoeste im geographischem Kontext mit den anderen Schriftsystemen, die auf der Iberischen Halbinsel vor der römischen Invasion geschrieben wurden. Karte im Museo Arqueológico Provincial de Badajoz, Extremadura, Spanien.

  • Alphabete / Prolog / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 25 Text suchen: CTRL+F

    Seite A des Bleis der Bastida de les Alcuses (Moixent, Valência, Spanien). Die hier sichtbare Escrita Ibérica Meridional (oder Suroriental) ist eine Schrift, die der Escrita do Sudoeste ähnlich

    ist. Wie die meisten anderen frühen Alphabete auf der Iberischen Halbinsel, besitzt diese Schrift Glyphen für Konsonanten und für Vokale, aber auch Zeichen, die Silben darstellen. Deren Verwendung wird zwischen dem 4. und dem 2. Jahrhundert v.u.Z. datiert.

  • Alphabete / Prolog / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 26 Text suchen: CTRL+F

    Das Bronze von Cortono. Schriftsystem: Signário ocidental. Diese Schrift drückt die keltiberische

    Sprache aus, vermutet man. Sie ist eine Anpassung der Escrita Ibérica Nororiental. Wurde zwischen dem 2. und dem 1. Jahrhundert v.u.Z., im Inneren der Iberischen Halbinsel (Guadalajara, Soria, Zaragoza) verwendet. Man schrieb sie von links nach rechts.

  • Alphabete / Arabisch / Erste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel / Seite 27 Text suchen: CTRL+F

    Arabisch

  • Alphabete / Arabisch / Arabische Buchstaben / Seite 28 Text suchen: CTRL+F

    Arabische BuchstabenDie arabische Schrift ist heute eine der am

    weitesten verbreiteten Schriften der Welt.

    Sie hat eine Geschichte von eineinhalb

    Jahrtausende, obwohl ihr Ursprung, wie

    der fast aller Alphabetschriften, älter ist.

    Sie wird von rechts nach links geschrieben.

    D ie arabische Schrift hat ihren Ursprung in der Byblos-Schrift und der phönizischen Schrift. Die Form der Buchstaben und die Grundlagen für die weitere Schriftentwicklung wurden in der aramäischen Schrift gelegt. Die Ent-wicklung ging dann über die nabatäische Schrift zu einer Schriftform, die heute als Kufische Schrift bezeichnet wird, aber weiter zu fassen ist. Diese Schriftform ist der Anfang der heutigen arabischen Schrift.

    W ährend ihrer Entwicklung mussten Punkte zur Unterscheidung gleich geschriebener Konsonanten hinzu-gefügt werden, aus 18 wurden schließlich 28 (mit Hamza: 29) Zeichen. Hinzu kam die Umbildung der Reihenfolge des arabischen Alphabetes.

    Diese sich allmählich vollziehende Umbildung konnte an einer Abart, der maghrebinischen Schrift erkannt werden, die im Westen des islamischen

    Tafel mit arabischer Inschrift, Mértola, Portugal.

  • Diese Marmortafel feiert den Bau eines Turmes. Silves, Faro, Südportugal. 624 Hégira (1.227 n.u.Z.) Geschrieben im nasridischen Kursiv. Museu Arqueológico de Faro, Algarve,

    Portugal. Foto: ph.

    Gebietes von 800 bis 900 n.u.Z. in Gebrauch war und von einem Gelehrten entwickelt worden ist. Diese stand der Reihenfolge des Altsemitischen noch erheblich näher als alle späteren Formen der arabischen Schrift. Bei der maghrebinischen Schrift gibt es verschiedene Abarten; so unter-scheidet man einen tunesischen, algerischen, fazi-schen, andalusischen und sudanischen Typus.

    Ornamentierte Schriften

    M it dem Bilderverbot im Islam erlangte die Ornamentik eine Bedeu-tung, die auch die Schrift mitein-bezog. Dadurch, daß immer mehr Gewicht auf die künstlerische Ausbildung der Schrift gelegt wurde, entwickelte sich auch zunehmend eine anspruchsvolle arabische Kalligrafie, die zu einer Entwicklung zahlreicher Stilarten führte. Zwar kamen später einige dieser Stilarten wieder aus der Mode, doch sind einige von ihnen noch bis zum heutigen Tage erhalten geblieben.

    D ie arabische Schrift kennt zahlreiche Schriftformen (arabisch chatt) und -typen. Alle arabischen Schrifttypen sind Kursive, bei denen die meisten Buchstaben eines Wortes verbunden sind.

    Es gibt – im Gegensatz zur lateinischen Schrift – keine Versalien und keine Majuskelschrift. Es gibt zwei Grundformen: eine eckige und eine runde. Die eckige heißt nach der irakischen

    Stadt al-Kûfa kufische Schrift (Kufi) und wird häufig für Inschriften in Stein und großforma-tige Korantexte verwendet. Die am häufigsten im gesamten islamischen Raum – vor allem im Druck – gebrauchte runde Schrift ist die Neshi-Schrift, von der es zahlreiche regionale und kalli-grafische Varianten gibt: In Persien die elegante Nasta‘lîq-Schrift (von den Türken meist Ta‘lîq-Schrift genannt, während die Perser ihrerseits unter diesem Namen eine aus dem alten Tawqi-Duktus hervorgegangene, nur noch selten ange-wandte Kanzleischrift verstehen), besonders für Lithographien und Drucke poetischer Literatur beliebt.

    Die Neshi-Schrift findet hauptsächlich in religiösen, juristischen und ähnlichen Texten Verwendung. Im Briefverkehr und für Notizen verwenden die Perser jedoch meist die Scheka-ste-Schrift. Dieser Schriftduktus ist wegen der häufigen Verbindung normalerweise unver-bundener Zeichen miteinander für Ungeübte schwer lesbar. Die moderne arabische Hand-schrift im Maschrek beruht auf der Ruqa.

  • Alphabete / Arabisch / Arabische Buchstaben / Seite 30 Text suchen: CTRL+F

    Todesinschrift. Mit kufischen Lettern. Museu Arqueológico de Badajóz.

    Fragment einer Todesinschrift.Übersetzung: „Im Namen Gottes, [der Gnädige.] Das ist die Todesstätte […] Ibn Khãlis […] Muhammad Ibn al-[…]”11. bis 12. Jahrhundert. Museum von Mértola – Núcleo Islâmico. Bibliografie: Macias, Santiago. Mértola: o último porto do Mediterrâneo. Mértola: Campo Arqueológico de Mértola, vol 3, pp.46. 2005.

  • Alphabete / Arabisch / Arabische Buchstaben / Seite 31 Text suchen: CTRL+F

    D iese Stele bekundet die Erbauung eines Alminars. Geschnitz-tes Hochrelief, 419 x 394 x 46 mm. 969 n.u.Z. Herkunft: Cór-dova. Acht Linien mit kufischen Zeichen, in Höhe von 7 mm. Dieses Stück wurde von mehreren Autoren analysiert, darunter Lévi-Provençal, der sie als einzigartig nannte, da sie die Erbauung einer religi-ösen Stätte durch eine Privatperson kommentiert.

    Text des Epitafs: „Nur Gott ist ewig! Gott habe Mitleid (mit dem hier begrabenen); Du, ja Du der mich anschaut, betrachte diesen Ort einen Moment. Für ihn ist dieser Ort schon vorbei.”

    Herkunft: Frielas, Loures. Islamische Periode, 12. Jahrhundert. Marmor. Maße: Höhe 33,5 cm, Breite 51,5 cm, Dicke: 4,5 cm. Museu Nacional de Arqueologia. Kufische Schrift.

  • Alphabete / Arabisch / Arabische Buchstaben / Seite 32 Text suchen: CTRL+F

    Todestele von Abu Bakr

    Diese Stele gehörte der Sammlung vom Wissenschaftler Estácio da Veiga an, der sie 1877 am Turm der Burg von Mértola vorfand. Ausgestellt im Museu de Mértola. Museu de Arte Islâmica, Südportugal.Epigrafisches Feld mit 13 Zeilen, kompakt geschrieben mit einer kursiven Schrift ohne Diakriten, mit einem wenig gepflegtem Layout. Maße: 445 x 260 x 70 mmDatum: 598 H./1202 n.E.

    Bibliografie Torres, Cláudio; Macias, Santiago (coord.) (2003): Museu de Mértola: Arte islâmica: guia do museu. Mértola: Campo Arqueológico de Mértola.

  • Alphabete / Arabisch / Arabische Buchstaben / Seite 33 Text suchen: CTRL+F

    Koran aus Sevilla

    D ieses Manuskript ist eines der wenigen, die aus der islamischen Periode in der ibe-rischen Halbinsel stammen. Es wurde in Sevilla, 1226 u.Z. (624 A.H.) beendet. Der arabi-sche Text wurde auf Pergament in der kondensierten andalusischen Schrift geschrieben.

    Es wurde der Zerstörung durch die christliche Reconquista entrissen durch Muslime, die von Spa-nien nach Nordafrika flohen. Doch 1535, als Karl V (1500–1558) Tunis eroberte und eine Spedition gegen barbarische Piraten unternahm, konnten seine Trup-pen diesen Koran konfiszieren und sie brachten es zurück nach Europa.

    Das wertvolle Manuskript kam zu Johann Albrecht von Widmanstetter (1506–1557, Diplomat und Orientalist); dessen Bibliothek wurde dann in die Bibliothek des Münchener Hofes integriert. Das Manuskript ist heute in der Staatsbibliothek in Mün-chen aufbewahrt.

  • Alphabete / Griechisch / Arabische Buchstaben / Seite 34 Text suchen: CTRL+F

    Außerhalb Griechenlands finden sich wenige Zeugnisse der griechischen Schrift-Kultur. Diese Stele wurde mit griechischen Buchstaben graviert. Mértola, Baixo Guadiana, Portugal. Foto: ph.

    Griechisch

  • Alphabete / Griechisch / Arabische Buchstaben / Seite 35 Text suchen: CTRL+F

    Eine von den wenigen Steininschriften auf Griechisch in Portugal. Stele aus Mértola, Südportugal. In dieser kleinen Stadt gab es früher eine Gemeinde, die Verbindungen nach Griechenland hatte. Foto: ph.

  • Alphabete / Griechisch / Griechische Buchstaben / Seite 36 Text suchen: CTRL+F

    Griechische BuchstabenKaum andere Buchstaben haben die ästhetische Schönheit, die klare Lesbarkeit und die erhabenen geometrischen Formen wie das griechische Alphabet der Antike.Gesetzestexte über das Hekadotempton.

  • Alphabete / Griechisch / Griechische Buchstaben / Seite 37 Text suchen: CTRL+F

    D as griechische Alphabet (neugriechisch ελληνικό αλφάβητο, ellinikó alfávito, auch ελληνική αλφαβήτα) ist die Schrift, in der die griechische Sprache seit dem 9. Jahrhundert v.u.Z. geschrieben wird. Die griechische Schrift ist eine Weiterentwicklung der phönizischen. Vom griechischen Alphabet stammen u.a. das lateinische, das kyrillische und das koptische Alpha-bet ab. Das griechische Alphabet umfasst heute 24 Buch-staben, die ebenso wie im lateinischen Alphabet als Majus-keln (Großbuchstaben) und Minuskeln (Kleinbuchsta-ben) erscheinen.

    Während die Antike nur Versalien kannte, die für das Schreiben von Briefen und Büchern lediglich kursiver geschrieben wurden, entstanden mit der Minuskel erstmals jene Kleinbuchstaben, die noch heute in den griechischen Druckschriften fortleben.

    Die dabei übliche Zuordnung, Großbuchstaben am Beginn von Namen sowie ggf. von Sätzen zu verwenden, kommt jedoch erst in der frühen Neuzeit auf; im Mittel-alter wurden Handschriften zunächst vollständig in der Unziale, später vollständig in Minuskel geschrieben, wobei die Großbuchstaben höchstens für Überschriften u. ä. Aus-zeichnungen gebraucht wurden.

    W ahrscheinlich geschah die Übernahme im 9. Jahrhundert v.u.Z., manche Forscher neh-men einen früheren Zeitpunkt an. Als Entste-hungsorte werden Euböa, Kreta, Rhodos und Zypern vor-geschlagen. Die ersten überlieferten griechischen Inschrif-ten, auf der Dipylon-Kanne von Athen und dem Nestor-

    ΑΕΙΟΩΥ

  • Alphabete / Griechisch / Griechische Buchstaben / Seite 38 Text suchen: CTRL+F

    becher von Pithekussai, stammen aus dem frühen 8. Jahrhundert v. u.Z.

    D as phönizische Alphabet war eine Kon-sonantenschrift. Im Griechischen spiel-ten aber die Vokale eine weitaus größere Rolle als in den semitischen Sprachen, weshalb für sie auch eigene Buchstaben benötigt wurden. Zu diesem Zweck wurden phönizische Buchstaben, die im Griechischen nicht vorkommende Laute bezeichneten, zu Vokalzeichen umfunktioniert.

    Es ist unklar, ob es sich bei der Schaffung der Vokalzeichen um eine geplante Innovation oder eine bloße Fehlinterpretation des phönizischen Systems handelte. Aus dem Aleph für den Knack-laut wurde das Alpha für [a], aus dem He für [h] das Epsilon für [e], aus dem Jodh für [j] das Iota für [i] und aus dem Ajin für den speziellen semitischen Kehllaut das Omikron für [o].

    A us dem phönizischen Waw entwickelten sich im Griechischen zwei Buchstaben: das konsonantische Digamma für [w] und das vokalische Ypsilon für [u] (später [y]). Dadurch war das griechische Alphabet die erste Schrift, die sowohl Konsonanten als auch Vokale durch eigen-ständige Zeichen darstellte. Es ist aber davon aus-zugehen, daß die Entwicklung der Vokalzeichen in einem schnellen Schritt erfolgte, da sie schon in den frühesten bekannten griechischen Inschrif-ten vorhanden sind und keinerlei Schriftdenkmäler bekannt sind, in denen Griechisch in einer Konso-nantenschrift geschrieben würde.

  • Rom

    Vorformen des klassischen römischen Alphabets

  • Alphabete / Rom / Römische Buchstaben / Seite 40 Text suchen: CTRL+F

    A O

    M

    Römische Buchstaben

    D ie Formen und die Propor-tionen der „klassischen“ römischen Schriften, kon-kret, die der Capitalis Monumenta-lis, fügen sich in einfache Grund-formen ein. Ihre Typometrie orien-tiert sich am Quadrat, Dreieck und Zirkel. Im Quadrat, oder im Drei-eck, welches in einem solchen Qua-drat paßt, können die Buchstaben V, A, X, O, N, H, C, G, D und T pla-ziert werden. Andere Buchstaben brauchen nur die Hälfte eines Qua-drates: E, F, S und L. Andere sind breiter als dieses Quadrat – das M. Ein Buchstabe ist schmäler: das I. P, B und R nehmen Zwischenwerte ein. Das Q hat ein eigenes Maß, wegen seines Schweifes. Alle diese Angaben sind ungefähre Angaben. Die Kreativität der Handwerker hat viele Variationen erschaffen; des-wegen wäre es unsinnig, „absolute Kanons“ zu fixieren. •

    V GI

    D XESFL

    NH

    P BR

  • Alphabete / Rom / Römische Inschriften / Seite 41 Text suchen: CTRL+F

    Römische InschriftenInschriften haben die Funktion, eine

    Information über einen langen Zeitraum

    zu fixieren. Im Allgemeinen ist damit

    auch die politische Repräsentation – oder

    das Erinnern und Gedenken verbunden.

    Zugleich sollten über die visuelle

    Wahrnehmung einer pompösen Inschrift

    bestimmte Gefühle angesprochen werden.

    E s sollen Affekte ausgelöst werden, wie z.B. Wertschätzung, Würde, Erhabenheit, Achtung, Respekt, Ehrfurcht und Ähn-lichem. Diese Rolle wurde nicht allein durch eine entsprechende Größe, sondern vor allem durch den gezielten Einsatz gestalterischer, grafisch/pla-stischer Mittel realisiert bzw. unterstützt. Das ver-wendete Material und die Technik waren imma-nenter Bestandteil der ästhetischen Wirkung.

    Inschriften waren meist in Stein eingemeißelt. Nicht selten wurden die Buchstaben zusätzlich rot eingefärbt oder vergoldet. In der Antike wurden die Buchstaben oft mit roter Farbe nachgezogen. Auch Metallguss bzw. -gravuren finden für Inschriften Verwendung. Eine besondere Technik stellt das Sgraffito (Kratzputz) dar. Darüber hinaus wird auch mit spitzen Gegenständen in Mauern oder anderes Material gekritzelt bzw. geritzt, sowie mit Farbe auf Holz oder auf Wände gemalte Graffiti.

    ...archaische Versalien. Lapidarium des Museo de León, Spanien. Foto: ph.

  • Alphabete / Rom / Römische Inschriften / Seite 42 Text suchen: CTRL+F

    D ie ältesten uns bekannten Inschriften stammen aus der frühen Antike. Als historische Quellen sind sie insbeson-dere für die Erforschung der Antike und des Mit-telalters von Bedeutung. Sie ergänzen die Kennt-nis über die Lebenswelt aus dieser Zeit und helfen Geschichte zu rekonstruieren. Inschriften werden von einer eigenen Disziplin erforscht, der als histo-rische Hilfswissenschaft geltenden Epigraphik.

    Die Anzahl der antiken Inschriften geht in die Hunderttausende. Seit 1853 werden die lateinischen Inschriften durch den Corpus Inscriptionum Lati-narum aus dem gesamten Raum des ehemaligen Imperium Romanum in geographischer und syste-matischer Ordnung erfasst. Der Corpus ist seit sei-ner Begründung durch Theodor Mommsen die maßgebliche Dokumentation des epigraphischen Erbes der römischen Antike.

    A us der großen Vielfalt von römischen Inschriften ragen in ihrer Bedeutung für die Schriftgeschichte die Denkmale der römischen Kaiserzeit heraus. Die repräsentativ gestalteten Buchstaben der Capitalis Monumentalis stellen einen Kristallisationspunkt in der Entwick-lung des lateinischen Alphabetes dar.

    In diesen antiken Meisterwerken der Schrift-gestalter und Steinmetze hat die ästhetische Aus-formung der lateinischen Großbuchstaben ihren Höhepunkt erreicht. Gleichzeitig war damit die Form der Buchstaben (außer H, J, K, U, W, Y und

    Todesinschrift. Gezeigt im Museu de Évora. Die Tatsache, daß diese Inschrift auf einer Schichtplatte auszuführen war, hat die Arbeit des Steinhauers (Lapicida) erschwert. Mehr als graviert, wurden die Buchstaben auf dieses schlecht geeignete Material geritzt. Foto: ph.

  • Alphabete / Rom / Römische Inschriften / Seite 43 Text suchen: CTRL+F

    Z, die erst später ergänzt wurden) endgültig festge-legt, kanonisiert.

    Wiedergeburt in der Renaissance

    I n der Renaissance setzte eine intensive Beschäftigung mit den klassischen Inschrif-ten ein. Viele Künstler und Wissenschaft-ler, u.a. Albrecht Dürer (Seite 43), der Mathemati-ker Luca Pacioli und Francesco Torniello, haben sich mit dem Formen kanon der Majuskel auseinander-gesetzt. Unterstützt von geometrischen Messungen waren sie bemüht, die Schönheit dieses Alphabe-tes didaktisch transparent zu machen. Die Eleganz und Klarheit dieser Schrift beruhen vor allem auf den Proportionen der Buchstaben, dem Fett-, Fein-Kontrast in der Linienführung, ihren Serifen und

    Inschrift für Publius Julius Tanginus. Datum: I. Jahrhundert u.Z. In São Pedro do Corval (Reguengos de Monsaraz, Alentejo, Portugal) gefunden, im Museu de Évora ausgestellt. ME 1812. p(ubli) iuli g(ai!) f(ilii) / gal(eria) tang/ini an(norum) l h(ic) s(itus) e(st) s(it) t(ibi) t(erra) l(evis)Die Tatsache, daß diese Inschrift auf einer Schichtplatte auszuführen war, hat die Arbeit des Lapicida erschwert. Mehr als graviert, wurden die Buchstaben auf dieses schlecht geeignete Material eher geritzt. Fotos: ph.

    Auf dieser Seite: römische Inschriften, die an Hilfslinien ausgerichtet sind.

  • Alphabete / Rom / Römische Inschriften / Seite 44 Text suchen: CTRL+F

    Beispiel römischer Buchstaben, die schlecht gezeichnet und schlecht graviert wurden. Es

    mehren sich Fehler in der Ausrichtung, im Kerning und in der Orientierung der Achse der Lettern. Das «Y» ist sehr schlecht ausgeführt. Stele für Galla, im Museu Arqueológico Nacional, in Lissabon, ausgestellt. Foto: ph.

    schließlich auf dem Rhythmus, der dem Gesamt-schriftbild innewohnt.

    D ie Humanisten haben diese Großbuch-staben in ihre Schriften, die humanisti-sche Minuskel und die humanistische Kursive übernommen. Beide bildeten die Modelle für die ersten lateinischen Drucktypen: die Anti-qua und die Kursive. Die künstlerisch ausgereif-ten Formen der klassischen römischen Inschriften haben über 2.000 Jahre hinweg bis in die Gegen-wart hinein bleibende ästhetische Maßstäbe gesetzt. Eines der berühmtesten Beispiele aus dieser Zeit ist die Inschrift der Trajanssäule (114 n.u.Z.).

    Die Capitalis Monumentalis, die klassische römische Schrift, stellt auch für zeitgenössische Schriftgestalter eine grundlegende Orientierung dar. •

  • Alphabete / Rom / Die römische Glyphen / Seite 45 Text suchen: CTRL+F

    D as lateinische Alphabet wurde aus dem griechischen und aus dem Etruskischen entwickelt. Die erste Veränderung war die Einführung des G, um die Laute G e K zu diferenzie-ren – eine Initiative des Spurius Carvilius Ruga, der die erste Schule für Grammatik in Rom begründet. Zu dieser Zeit gab man das Z der Etrusker auf.

    Als die Römische Republik aufhörte, nach der Eroberung von Griechenland (146 v.u.Z.) wurden die griechischen Buchstaben Ysilon und Zeta am Ende des Alphabets angefügt, damit die Römer auf adäquate Art und Weise griechische Namen und Worte schreiben konnten.

    I m zweiten Jahrhundert v.u.Z. wurde das latei-nische Alphabet auf 23 Buchstaben festgelegt, was sich im wesentlichen bis zum Ende des Imperiums hielt.

    A, B, C, D, E, F, G, H, I, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, V, X, Y, Z.

    Das Zeichen /V/ entspricht sowohl dem Vokal-laut /u/ wie auch dem konsonantischen /v/. Das I repräsentierte die Laute /i/ und /j/. In keiner römi-schen Inschrift sehen wird U und J geschrieben, denn diese Buchstaben wurden erst in der Renais-sance eingeführt.

    I n den Inschriften sehen wir diakritische Zei-chen. Im geschriebenem Latein war das Apex (Plural: Apices) ein fonetisches Akzent, wel-

    Die römische Glyphen

    ches unserem ( ´ ) ähnlich war; man setzte es auf die Vokale, die lang auszusprechen waren.

    Der sicilicus, ähnlich unserem Accent circum-flexe, zeigte an daß der Buchstabe, auf dem es gesetzt wurde, zwei mal zu lesen war.

    Der Neigungswinkel der Achse der Buchstaben Q und O ist eine der Charakteristiken der römischen Lettern, die sich direkt aus dem Modus ableiten, wie sie gezeichnet wurden: mit einem breiten Pinsel.

  • Alphabete / Rom / Die römische Glyphen / Seite 46 Text suchen: CTRL+F

    Die Römer benutzten die Punktuation, um Worte zu trennen – aber auch für dekorative Zwecke, am Anfang oder am Ende einer Linie. Die Punktuation wurde auf halber Höhe der Buchsta-ben • gesetzt. Die Form von Punktuation, die öfter benutzt wurde, war das Dreieck mit Spitze nach unten; weniger oft erscheinen Quadrate. Im i. Jahr-hundert u.Z. erscheint die Blattform • (hedera distinguens), und im 2. Jahrhundert auch der Zirkel.

    D ie römischen Buchstaben folgen zwar die Orthodoxie von Formen, die im gesamten Imperium praktiziert wurden, aber sie zei-gen auch regionale Eigentümlichkeiten und indivi-duellen Ausdruck, sie variieren nach dem Ordinator

    der damit beauftragt wurde, die Buchstaben auf der Steintafel vorzuzeichnen.

    Die Buchstaben wurden zunächst mit einem mehr oder weniger breitem Pinsel gezeichnet; die-ser wurde diagonal gehalten. Diese Methode des Vorzeichnens, bevor die Meißel für die Gravie-rung genommen wurde, erklärt die unterschiedli-chen Breiten der Striche der römischen Buchstaben, insbesondere in der Kaiserzeit – so wie im unten gezeigten /A/. Ob sie auch das Vorhandensein, sowie die unterschiedlichen Ausrichtungen der Serifen erklärt, ist ein oft diskutiertes Thema, den-noch sind die Spezialisten zu keiner einheitlichen Meinung gekommen... •

    Römische Ligaturen.

  • Alphabete / Rom / Die römische Glyphen / Seite 47 Text suchen: CTRL+F

    D iese wunderbare römi-sche Inschrift identi-fiziert das Grabmo-nument des Weinhändlers Pob-litius. Römisch Germanisches Museum, Köln, Deutschland. Von drei Typen von Inschriften charakterisiert – Sterbeinschrif-ten, Votiv- und Honorarinschrif-ten – hat die lateinische Epigra-fik der Kaiserzeit vordefinierte Formen gehorcht, die als Indi-katoren ihrer Typologie uns die-nen. Zum Beispiel: Formeln wie /D.M.S./ (den Göttern Manes geweiht), H.S.E. (hier ist) und /S.T. T.L./ (möge die Erde Dir leicht sein) lassen keinen Zwei-fel über die Sterbewidmung einer Inschrift. •

  • Alphabete / Rom / Die römische Glyphen / Seite 48 Text suchen: CTRL+F

    S chauen Sie wie die Buchsta-ben der Inschriften wunderbare 3D-Effekte auslösen. Dies ergibt sich aus dem tiefen Einschnitt mit dem Meißel in den Stein. Auf diese Art ändert sich das Bild der Buchstaben, je nach Winkel und Intensität des Licht-einfalls. Doch wenn die Buchstaben auf glatte Flächen – z.B. die des Gips – angebracht wurden, ging dieser Effekt verloren. Natürlich auch, wenn man auf Pergament (oder später auf Papier) schrieb... Museum Astorga, Spanien. Foto: ph. •

    Licht und Schatten

  • Alphabete / Rom / Die römische Glyphen / Seite 49 Text suchen: CTRL+F

    Ein etwas ungewohnter Beleuchtungswinkel zeigt wie sorgfältig die feinen Serifen ausgearbeitet wurden. Diese Endformen wurden zu einem wesentlichen Merkmal der eleganten Buchstaben, die römische Steinmetze schufen. Museo de la Romanización, Calahorra, Spanien. Foto: Manuel Ramirez Sanchez.

    Serifen

  • Alphabete / Rom / Die römische Schrift ist gemalt / Seite 50 Text suchen: CTRL+F

    Lange Zeit versuchte man zu ergründen,

    wie genau die Römer ihre Steintafeln

    beschriftet haben. Edward M. Catich, ein

    US-amerikanischer katholischer Priester,

    Lehrer und Kalligraph, gab uns die Antwort.

    Edward M. Catich

    G eboren 1906 (Stevensville, Montana) gestor-ben 1979 (Davenport, Iowa), Edward M. Catich erlernte in einem Waisenhaus die Schildermalerei. Nach seinem Studium kam er in den 1930er nach Rom, wo er neben theologischen Fächern auch Archäologie und Paläografie studierte. Die Inschriften der römischen Kaiserstädte der augu-stinischen Zeit und der folgenden verdankten ihre Form ganz der Verwendung des Flachpinsels, und nicht auf die Erfordernisse der Meißel oder andere Steinmetzwerkzeuge.

    Während seiner Studienzeit in Rom untersuchte Catich vor Ort die antiken römischen Inschriften, insbesondere auch jene am Fuße der Trajansäule. Zurück in den USA, gründete er später an der Saint Ambrose University einen Fachbereich für Kunst und lehrte dort 40 Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahre 1979. Kalligrafie und die Steinmetztechniken blie-ben über all' die Zeit seine Leidenschaft und mach-ten ihn in Technik und Historie zu einem Experten.

    Aus den Skizzen von Catich: Buchstabe R, vorgezeichnet vom Ordinator mit einem Pinsel (in Grün), und dann in Stein gemeißelt (in Rot).

    Die römische Schrift ist gemalt

    IntroThemenWillkommen!Einleitung

    Vor der SchriftAusweise, vor der Schrift

    PrologDas Phönizische Die Escrita do Sudoeste auf der iberischen HalbinselErste phonetischen Schriften auf der Iberischen Halbinsel

    ArabischArabische Buchstaben

    GriechischGriechische Buchstaben

    RomRömische BuchstabenRömische InschriftenDie römische GlyphenDie römische Schrift ist gemaltPlanung und KooperationLeitlinienTextkompositionDie verschiedenen TrägerBuchstaben aus GlasMacht und StatusSteinmetze

    InschriftenDie Capitalis MonumentalisGeometrische CapitalisEnge CapitalisBreite BuchstabenDie Rustica in SteininschriftenSeriflose RömischeLateres signatiMit dem Pinsel gemalte römische BuchstabenGraffiti aus PompeiOrnamentierte BuchstabenGepixelte BuchstabenModerne Pixelung

    SchreibschriftCursiva, eine SchreibschriftDie jüngere KursiveGetrennte WorteMajuskeln mit Minuskeln kombiniertDie Quadrata für BücherDie Rustica für Bücher

    Westgotische SchriftEvolution der westgotischen Versalie

    RunenschriftenVerbreitung der RunenVerwendung der Runen

    Unzialen.Die runde Schrift

    Unzialen in SteinSteinschriften Versalien der Inseln

    Die erste RenaissanceWeiterhin CapitalisDie karolingische Schrift

    Codexe, Akten, BriefeDas Skriptorium im KlosterDie mittelalterliche Kanzler

    Humanistische SchriftNiccolò NiccoliAntonius de BozolloVenezianische TypenDie zweite Renaissance

    Gotische SchriftenAus Italien: die BenaventanaDie Gotische aus Bologna (1300-1400)Die geschriebene TexturaDie geschriebene Gotische RotundaGerardus Mercator

    ManualeGiovanni Francesco Cresci

    FrakturDie historische FrakturDie Deutsche SchriftModisten, die Exponenten der deutschen KalligraphieBrechtel, der ÄltereDelirium der OrnamentationDie Fraktur von HitlerKonservative Zeitungen

    Schrift auf GlasMit dem feinen PinselRomanisierte Gotische und andere HybrideDie Behrens-SchriftDie geometrische FrakturMore geometrico, die Quadratur der SchriftSebastiano SerlioDie Vektorisierung der Buchstaben

    Johannes GutenbergMechanische TypograhieVom Manuskript zum DruckwerkPatrizen Punzen, Matrizen, Guß, TypenB-42: Das erste Buch als SerienproduktDie TypographieDer Millenium-MannBewegliche TypenDer Wert der Typen! Manufaktur der TypenDer PunzenschneiderDie Punzenschneiderin Nelly GableDie MatrizenGenau messen: TypometerDer HandsatzDas KerningLigaturenAufzug Stephan Füssel

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