Algebra I - math.uni- · PDF fileAlgebra I Sommersemester 2003 Christoph Schweigert Universit¨at Hamburg Fachbereich Mathematik Schwerpunkt Algebra und Zahlentheorie (Stand: 24.08.2005)

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  • Algebra ISommersemester 2003

    Christoph Schweigert

    Universitat HamburgFachbereich Mathematik

    Schwerpunkt Algebra und Zahlentheorie(Stand: 24.08.2005)

    Inhaltsverzeichnis

    1 Gruppen 11.1 Mengen mit Verknupfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Untergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.4 Restklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.5 Normalteiler und Isomorphiesatze . . . . . . . . . . . . . . . . 101.6 Zyklische Gruppen und Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . 121.7 Operationen von Gruppen auf Mengen . . . . . . . . . . . . . 191.8 Konjugationsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241.9 Endlich erzeugte abelsche Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . 251.10 Symmetrische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351.11 Die Satze von Sylow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.12 Kompositionsreihen, Normalreihen, auflosbare Gruppen . . . . 451.13 Etwas homologische Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

    2 Korpererweiterungen 562.1 Konstruierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562.2 Algebraische Korpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . 622.3 Einfache Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

    3 Ringe 813.1 Lokalisierung von Ringen, maximale Ideale, Primideale . . . . 813.2 Teilbarkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 883.3 Primfaktorzerlegung in Polynomringen, Satz von Gau . . . . 97

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  • 4 Galoistheorie 1074.1 Zerfallungskorper und normale Korpererweiterungen . . . . . . 1074.2 Vielfachheit von Nullstellen, separable Korpererweiterungen . 1114.3 Galoiserweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

    Literatur:Literatur, die ich bei der Vorbereitung haufig herangezogen habe:

    Kurt Meyberg, Algebra, Teil 1, Hanser 1980.Falko Lorenz, Einfuhrung in die Algebra, Teil I. Spektrum Akademischer

    Verlag, 1996.Wolfgang Soergel, Skript zur Vorlesung Algebra, erhaltlich unter

    http://home.mathematik.uni-freiburg.de/soergel/Skripten/Algebra.ps

    Die aktuelle Version dieses Skriptes finden Sie unterhttp://www.math.uni-hamburg.de/home/schweigert/ss03/skript.ps

    als postscript-Datei und unterhttp://www.math.uni-hamburg.de/home/schweigert/ss03/skript.pdf

    als pdf-Datei. Bitte schicken Sie Korrekturen und Bemerkungen [email protected]!Bei Frau D. Glasenapp mochte ich mich fur Ihre groe Hilfe bei der Erstellungdieses Skriptes und bei den Hamburger Studenten, besonders bei Herrn Chr.Curilla, J. Hartmann, Frau A. Roser und Fraz G. Schlundt, fur zahlreicheHinweise bedanken.

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  • 1 Gruppen

    1.1 Mengen mit Verknupfung

    Definition 1.1.1.(i) Eine Verknupfung > auf einer Menge A ist eine Abbildung

    > : A A A(a, b) 7 a>b ,

    die jedem geordneten Paar (a, b) von Elementen a, b der Menge A einweiteres Element (a>b) A zuordnet.

    (ii) Eine Verknupfung > heit assoziativ, wenn gilt a>(b>c) =(a>b)>c a, b, c A.

    (iii) Die Verknupfung heit kommutativ oder abelsch genau dann, wenn gilta>b = b>a a, b A.

    Ist eine Verknupfung assoziativ, so liefern Ausdrucke der Forma1>a2 . . .>an wohlbestimmte Elemente von A, das Resultat ist unabhangigdavon, wie man die Klammern setzt.

    Definition 1.1.2.(i) Sei (A,>) eine Menge mit Verknupfung. Ein Element e A heit

    neutrales Element genau dann, wenn gilt

    e>a = a>e = a a A .

    (ii) Ein Monoid ist eine Menge mit einer assoziativen Verknupfung, in deres ein neutrales Element gibt.

    In einer Menge mit Verknupfung kann es hochstens ein neutrales Elemente geben, denn fur jedes andere Element e mit e>a = a>e = a a Ahaben wir e = e>e = e. Wir durfen also in einer Menge mit Verknupfungvon dem neutralen Element reden. Manchmal bezeichnen wir es auch mit1. Man beachte, dass hierfur weder Assoziativitat noch die Existenz vonInversen gefordert werden muss.

    1.2 Gruppen

    Um eine reiche Theorie zu bekommen, reichen Monoide nicht aus.

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  • Definition 1.2.1.Eine Gruppe ist ein Monoid (A,>) derart, dass es fur jedes a A ein a Agibt mit a>a = e, fur e das neutrale Element des Monoids A.

    In einer Gruppe kann es fur jedes a A nicht mehr als ein a A gebenmit a>a = e, es heit das Inverse von a. Denn wahlen wir zu einem a einmogliches a mit a>a = e, so folgt aus a>a = e durch Anwenden von >aschon a = a, es gilt also auch in einer nicht notwendig kommutativen Gruppea>a = e. Ist b A irgendein anderes Element mit a>b = e, so folgt durchAnwenden von a> schon b = a.

    Das Inverse von a>b wird gegeben durch die Formel (a>b) = b>a. In derTat folgt aus der Assoziativitat (a>b)>(b>a) = e. Diese Formel ist auch ausdem taglichen Leben vertraut: Wenn man morgens zuerst die Strumpfe an-zieht und dann die Schuhe, so muss man abends zuerst die Schuhe ausziehenund dann die Strumpfe.

    Bemerkung 1.2.2.Man findet manchmal als Teil der Definition einer Gruppe die Bedingungabgeschlossen unter Verknupfung. Es ist jedoch nicht sinnvoll, so etwas voneiner Menge mit Verknupfung zu fordern. Diese Bedingung wird vielmehr erstsinnvoll als Forderung an eine Teilmenge einer Menge mit Verknupfung, undsie wird uns dementsprechend bei der Definition einer Untergruppe begegnen.In der Definition einer Gruppe hat diese Bedingung nichts zu suchen.

    Beispiele 1.2.3.(i) Beispiele von Gruppen sollten Sie aus der linearen Algebra kennen: die

    ganzen (rationalen, reellen, komplexen) Zahlen bezuglich der Additi-on, die nicht-verschwindenden ganzen (rationalen, reellen, komplexen)Zahlen bezuglich der Multiplikation. Die Elemente eines Vektorraumsbilden unter Addition eine Gruppe mit dem Nullvektor als neutralemElement, die invertiblen Matrizen mit Eintragen in einem Korper unterMultiplikation von Matrizen bilden eine (nicht-kommutative) Gruppe.

    (ii) Fur jede Menge X ist die Menge S(X) aller Bijektionen von X aufsich selbst eine Gruppe, mit der Komposition von Abbildungen alsVerknupfung. Sie heit die Gruppe der Permutationen von X. DieGruppe der Permutationen der Menge {1, 2, . . . , r} heit auch die r-te symmetrische Gruppe, Bezeichnung Sr.

    (iii) Gruppen als Symmetrien:Stellen wir uns eine ebene Figur vor, d.h. eine beliebige Teilmenge der

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  • Ebene A R2. Unter einer ursprungserhaltenden Symmetriebewe-gung oder Symmetrie unserer Figur verstehen wir eine urspungserhal-tende Bewegung g O(2) der Ebene, die unsere Figur in sich selberuberfuhrt, in Formeln gA = A. Alle Symmetrien einer Figur bildenunter der Hintereinanderausfuhrung als Verknupfung eine Gruppe, dieSymmetriegruppe der Figur. Bei den meisten Figuren besteht die Sym-metriegruppe nur aus dem neutralen Element, aber ein Herz hat schonzwei Symmetrien, die Identitat und eine Spiegelung. Der Buchstabe Hhat sogar 4 Symmetrien. In gewissem Sinne konnen wir eine Grup-pe interpretieren als einen abstrakten Symmetrietyp. Gruppen tretendaher in den verschiedensten Gebieten als Symmetriestrukturen auf. In-teressanterweise wurden historisch Gruppen aus einem anderen Grundeingefuhrt, den wir in der Galoistheorie kennen lernen werden.

    Lemma 1.2.4 (Kurzen in einer Gruppe).In einer Gruppe folgt aus a>x = a>y schon x = y und ebenso folgt ausx>b = y>b schon x = y.

    Beweis.Wir multiplizieren (oder, allgemeiner, verknupfen) unsere erste Glei-chung von links mit dem Inversen von a, und die zweite von rechts mitdem Inversen von b.

    Gruppen werden meist additiv oder multiplikativ geschrieben. Bei additivgeschriebenen Gruppen nennt man das Inverse von a das Negative von a. Imfolgenden werden wir abstrakte Gruppen stets multiplikativ schreiben, nurkommutative Gruppen manchmal auch additiv. In diesem Fall bezeichnenwir das neutrale Element auch mit 0.

    Wir wollen nun die Frage untersuchen, welche Gruppen es uberhaupt gibt.Um Gruppen uberhaupt vergleichen zu konnen, brauchen wir die folgende

    Definition 1.2.5.Seien G,H Gruppen.

    1. Ein Gruppenhomomorphismus : G H ist eine Abbildung, der dieMultiplikation respektiert, d.h. es gilt (ab) = (a)(b) a, b G.

    2. Ein injektiver Gruppenhomomorphismus heit auch Monomorphismus.(Cf. griechisch oo einzig, z.B. der Mon-arch als Alleinherrscher.)

    3. Ein surjektiver Gruppenhomomorphismus heit auch Epimorphismus.(Cf. griechisch darauf, z.B. das Epizentrum eines Erdbebens, dasauf der Erdoberflache uber dem Zentrum im Erdinneren liegt.)

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  • 4. Ein bijektiver Gruppenhomomorphismus heit auch Isomorphismus.(Cf. griechisch o derselbe, z.B. das Iso-top als Element am selbenPlatz im Periodensystem.)

    5. Zwei Gruppen heien isomorph genau dann, wenn es zwischen ihneneinen Isomorphismus gibt.

    6. Ein Gruppenhomomorphismus einer Gruppe in sich selbst heit auchEndomorphismus. (Cf. griechisch o in hinein, z.B. die Endo-skopie,bei der man in den Korper hinein schaut.)

    Es gibt gute Grunde, Monomorphismus ein wenig anders zu definieren: einGruppenhomomorphismus f : X Y heit Monomorphismus, wenn furjede Gruppe Z und jedes Paar von Gruppenhomomorphismen g1, g2 : Z X aus f g1 = f g2 folgt, dass g1 = g2. Analog heit f Epimorphismus,wenn wenn fur jede Gruppe Z und jedes Paar von Gruppenhomomorphismeng1, g2 : Y Z aus g1 f = g2 f folgt, dass g1 = g2. Isomorphismen sinddann Epimorphismen, die auch Monomorphismen sind.

    Beispiel 1.2.6.Die Exponentialfunktion ist ein Gruppenhomomorphismus von der additivenGruppe der reellen Zahlen in die multiplikative Gruppe aller von Null ver-schiedenen reellen Zahlen exp : (R,+) (R, ).(Ist dieser Homomorphismus injektiv? Surjektiv? Wie sieht diese Antwortfur die Exponentialfunktion der komplexen Zahlen aus?)

    Bemerkungen 1.2.7.(i) Die F