21
AUSGABE NR. 3 FRÜHJAHR 2018 ERSTE ARMENISCH-ÖSTERREICHISCHE STUDIERENDENZEITUNG DIE FLÜGEL VON TATEV Ein Touristenmagnet – eine österreichische Firma hat dazu entschieden beigetragen KULTUR- KONTAKTE Auslandserfahrungen prägen - und sind manchmal karottenfarben GLEICHE GEDANKEN Wonach sehnen sich armenische Dorfkinder sowie georgische Studierende und Pensionisten? Alpen-Kaukasus

Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: [email protected] Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | [email protected] Coverbild „Kloster Tatev“

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

AUSGABE NR. 3 • FRÜHJAHR 2018

ERSTE ARMENISCH-ÖSTERREICHISCHE STUDIERENDENZEITUNG

DIE FLÜGEL VON TATEVEin Touristenmagnet –

eine österreichische Firma hat dazu entschieden beigetragen

KULTUR- KONTAKTE

Auslandserfahrungen prägen - und sind manchmal

karottenfarben

GLEICHE GEDANKEN

Wonach sehnen sich armenische Dorfkinder sowie georgische

Studierende und Pensionisten?

Alpen-Kaukasus

Page 2: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

2 3

EDITORIAL

MORITZ LENGLACHNERChefredakteur

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER!

Zwar besitzt der Sommer im Allgemeinen die Angewohnheit, mit Riesenschritten und viel zu schnell zu Ende zu gehen, doch dass unsere Frühlingsausgabe erst nun erscheint, war nicht

intendiert. Apropos Schritte. Im April und Mai haben zehntausende Armenier aller Altersgruppen in der sogenannten „Samtenen Revolution“ dem Protestslogan folgend „ihren Schritt“ gemacht und einen friedlichen Regierungswechsel erzwungen. Entschlossenheit, Euphorie und Aufbruchsstim-mung dominierten das Jerewaner Straßenbild über Wochen. Auf meinen täglichen Gängen durch die Stadt traf ich regelmäßig Bekannte oder Studierende, die ballspielend, musizierend oder tan-zend Straßen blockierten. Diese politischen Veränderungen haben die fahrplanmäßige Ankunfts-zeit unseres Alpen-Kaukasus Kuriers verzögert, sie bringen aber auch neue Möglichkeiten mit sich. Die kommende 4. Ausgabe wird sich aus diesem Grund unter anderem ausführlich mit der „Samte-nen Revolution“ und ihren Folgen beschäftigen.

Bleiben wir aber zunächst bei der vorliegenden 3. Ausgabe und deren Themen. Der Schwerpunkt-teil widmet sich dieses Mal „Zielen und Ängsten“. Wir erfahren darin einerseits, was unterschied-liche Menschen anspornt und zu ihrem Engagement bewegt, andererseits aber auch, was sie verunsichert und beängstigt. Zweifellos wird sich so mancher Leser – unabhängig von seiner Her-kunft – in Textpassagen selbst wiederfinden. Weniger wieder gefunden, als vielmehr wieder betont, haben wir in zahlreichen Artikeln den berei-chernden Aspekt von Kulturkontakten und Auslandserfahrungen. An dieser Stelle sei die langjähri-ge Schulpartnerschaft zwischen dem Bundesgymnasium Dornbirn und der Schule Nr. 3 in Gyumri besonders hervorgehoben. Gyumris traurigster Tag – der 7. Dezember 1988 – wird ebenfalls ge-schildert. Überdies wird die Frage beantwortet, was armenische Dorfkinder und georgische Stu-dierende und Pensionisten verbindet. Traditioneller wird es, wenn wir uns armenischen und öster-reichischen Trachten sowie Salzburger Braukunst zuwenden. Beim Kloster Tatev haben Armenien und Österreich ohnehin zu einer atemberaubenden Symbiose zusammengefunden. Im Kulturteil berichten wir über armenische Rockmusik, Literatur und das ReAnimania-Animationsfestival.

Die Idee für das Lösungswort des Kreuzworträtsels verdanke ich im Übrigen einer überaus berei-chernden Lehrtätigkeit im Sommer am Österreichischen Kulturforum Teheran, deren Studierende uns zukünftig ebenfalls mit Gastbeiträgen bereichern werden. Der Alpen-Kaukasus Kurier sieht sich als nationenübergreifendes Bindeglied zwischen Studierenden und Freunden der deutschen Sprache. Unsere Autoren und Leser sollen dazu ermutigt werden, über Tellerränder und Staats-grenzen zu blicken, wobei unser Fokus selbstredend der Kaukasusregion sowie Österreich gilt.

Zum Abschluss sei Anastasia Osipova für das Layout, Katharina Pichler für die Unterstützung in und aus Georgien sowie den Österreichischen Botschaften für Armenien und Georgien, der Stadt Wien und dem Österreichischen Sprachdiplom (ÖSD) für deren Unterstützung gedankt. Ein laut schallen-des shat shnorhakalutyun hingegen an unser wunderbares, ständig anwachsendes internationales Autorinnenteam! Shnorhavor!

INHALT

AKTUELLES4 Klöster, Karaoke

und Kaiserschmarrn

6 Frauen dürfen nicht rauchen, es sieht nicht schön aus

7 Diplomprüfung hinter Gefängnismauern

8 Die „Goldgrube“ Amulsars

THEMA: ZIELE UND ÄNGSTE10 Leben an der Grenze

11 Karottenfarbige Eindrücke vom Europäischen Freiwilligendienst (EVS)

in Armenien

12 Wenn ich keine Arbeit habe, muss ich nicht im Büro bleiben

14 Unverheiratet und trotzdem normal oder wie aus mir eine

Woman for Development wurde

16 Ich möchte bei meinen Kinder und Enkelkindern leben –

Wohnen im Alter in Georgien

18 Das Studium im Auge, den Nebenjob im Nacken

19 Zukunft zwischen Angst und Hoffnung

KUNST & KULTURVon den Klassikern zur Entdeckung 32 eines neuen Planeten

Nemra 33

ReAnimania 34

Ungefundene Gänseblümchen 35

Sehnsucht 36

Schmerz 37

UNSER LEBENMöge Gott mir Flügel geben 20

Der traurige Morgen der glücklichen Stadt 22

Ein guter Trunk macht Alte jung 24

Reise um die Welt 26

Zurück in die Schule 27

Dorfleben in Armenien – 28 ein verlorenes Paradies

Warum soll ich meine 30 traditionelle Kleidung nicht tragen?

TEAM 38

RÄTSEL 39

IMPRESSUM

Herausgeber:Moritz Lenglachner OeAD-Lektor Staatliche Brjussow-Universität JerewanKontakt: [email protected]

Redaktion: Moritz LenglachnerGrafikdesign: Anastasia Osipova | [email protected] „Kloster Tatev“ von Asya Hakhnazaryan

Auflage 300 StückJerewan, 2018

„Alpen-Kaukasus Kurier“ - Erste armenisch-österreichische Studierendenzeitung

Diese Zeitung ist ein Projekt von Studierenden, Absolventen und Freunden der Deutschen Sprache.Sie wird ehrenamtlich erstellt, ist kostenlos erhältlich und erscheint zu Beginn jedes Semesters.Das Copyright aller in dieser Publikation veröffentlichten Texte und Bilder liegt bei den jeweiligen AutorInnen und FotografInnen.Die Texte und Bilder dürfen nicht ohne vorherige Genehmigung durch die Rechteinhaber weiterverwendet werden. Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Texte und Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.

Page 3: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

4 5

KLÖSTER, KARAOKE UND KAISERSCHMARRN

AKTUELLESAKTUELLESAKTUELLES AKTUELLES

Von Simone Klien, Sanna-Mae Freuis, Elias Braun, Aurel Drexel, 7b und Nare Melkonyan

Zurück in Gyumri wurden, wie bereits bei vorherigen Besuchen, einige mittel-lose Armenier mit kleinen Lebensmittel-rationen versorgt. Der Besuch ihrer sehr ärmlichen Behausungen war ein aufrüt-telndes doch vor allem schockierendes Erlebnis.

Am Abend stand das Kochen typischer Gerichte beider Länder auf dem Pro-gramm. Dazu wurde das Jugendzentrum „Loft“ für drei Stunden angemietet, in dem viele musikalisch talentierte arme-nische SchülerInnen für gute Stimmung sorgten. Da die Zeit schnell abgelaufen war, stürzten wir leider Hals über Kopf aus dem Loft, weswegen nicht der ganze Kaiserschmarrn vertilgt werden konnte. Um dem Tag dennoch einen krönen-den Abschluss zu verleihen, gingen wir schlussendlich noch auf die Suche nach einem Ort, um zu tanzen. Der zweite Vorschlag war ein Volltreffer und wir be-kamen einen eigenen Partykeller inklu-sive DJ, welcher nicht schlecht staunte, als Avetis plötzlich sein Saxophon aus-packte und mit extremer Klasse impro-visierte.

Freitag 25. Mai

Wegen des Feierns am Donnerstag durf-ten wir am Freitag etwas länger schla-fen. Um 13 Uhr sollten wir bei der Schu-le sein. Tatsächlich trafen wir uns aber schon um halb 11, um auf dem Markt und in dessen Umgebung einzukaufen. Die darauffolgende Besprechungszeit in der Schule wurde von je zwei Schülern aus beiden Ländern für ein Fußballtur-nier genutzt. Vor dem plötzlich einset-zenden Regen flohen wir ins Museum von Gyumri, welches die bewegte Ge-schichte der Stadt erzählt.

Nach dem Mittagessen fuhren wir schließlich zur „Schwarzen Burg“, einer ehemaligen russischen Befestigungs-anlage, die heutzutage unter anderem für Konzerte verwendet wird, sowie zur monumentalen Statue „Mutter Armeni-en“. Danach nahmen wir, begleitet von einem kurzen Feedback, unser Abend-essen im Restaurant ‚‚Faeton“‚ ein. Wäh-rend die meisten danach ins Bett gingen,

spazierte eine kleine Schülergruppe zum Abschied noch durchs nächtliche Gyumri.

Samstag 26. Mai

Wir konnten und wollten nicht glau-ben, dass am Samstagmorgen die Zeit in Gyumri bereits vorbei war. Dennoch, es half nichts, und wir mussten uns bereits von einem Großteil der Gastge-schwister verabschieden, da aufgrund der Prüfungszeit nur zwei nach Jerewan mitkommen konnten. Zumindest noch mit diesen beiden fuhren wir dann in Richtung Hauptstadt. Unterwegs durf-ten wir noch die schöne Landschaft Ar-meniens bestaunen. Unser erster Halt fand bei einem Genoziddenkmal in den Bergen statt, wo Armenier von osmani-schen Soldaten über eine Klippe getrie-ben worden waren. Einen zweiten Stopp machten wir am Sevansee, der fast die halbe Fläche Vorarlbergs und zu dieser Jahreszeit, neben dem schönen Klos-ter Sevanavank und vielen Touristen, ein prachtvolles Blumenmeer aufweist. Die Location für Fotos und ein Picknick nutzend, verbrachten wir annähernd zweieinhalb Stunden dort, ehe wir nach Jerewan aufbrachen. Nach dem Einche-cken im Hostel, einem rasch behobenen Buchungsfehler sowie sintflutartigen Regenschauern gingen wir rasch ins Stadtzentrum, wo wir noch ein paar Sou-venirs kaufen konnten. Anschließend trafen wir uns mit dem österreichischen OeAD-Lektor Moritz Lenglachner, der uns in ein besonderes Lokal, „Bei Gaya-ne“, abseits der Touristenpfade führte.

Sonntag und Montag 27./28. Mai

Nicht ganz ausgeschlafen erwartete uns um 9 Uhr ein Monsterprogramm, das wir allerdings sehr genossen. Nachdem uns der über 5000 Meter hohe Ararat begrüßt hatte, erhielten wir im Genozid-museum eine sehr interessante Führung über die Vertreibung und Ermordung von über 1,5 Millionen Armeniern, wor-über man im österreichischen Schulun-terricht, trotz seiner Bedeutung, leider nichts oder wenig erfährt. Anschließend wurden wir von Lusine Ikilikyans Tochter und ihrem Mann zu ihnen nach Hause eingeladen, wo wir mit Pizza und Ka-raoke erfreut wurden. An die holprigen Straßen inzwischen längst gewöhnt, be-suchten wir am Nachmittag das Kloster Geghard und den Tempel Garni.

Zurück in Jerewan erledigten wir letzte Einkaufte und Sanna-Mae fand schließ-lich sogar noch ein Maturaballkleid. Zum Abendessen trafen wir uns erneut mit Moritz, dieses Mal in einem syrisch-ar-menischen Lokal, in dem er uns viele Köstlichkeiten quer durch die Karte be-stellte. Anschließend statteten wir noch den Kaskaden, einem über 100 Meter

hohen stufenförmigen Bauwerk einen Besuch ab. Von oben warfen wir einen letzten Blick auf das nächtliche Jerewan. Um 2 Uhr früh holte uns dann der Bus vom Hostel ab und brachte uns zum Flughafen, wo der emotionale Abschied von den mitgekommenen Armeniern in-klusive Lusine Ikilikyan stattfand.

Kurz vor 6 Uhr ging dann unser Flug, der von den Mädchen zum Schlafen genutzt wurde. Endlich konnte man dann wieder die Schrift lesen und verstand wieder etwas, als die Ankunft in Zürich erfolgte, von wo uns Simones Vater dankenswer-terweise abholte.

Alles in allem war unser Schüleraus-tausch ein unvergessliches Erlebnis in einem wunderbaren Land, mit großarti-gen, herzlichen und äußerst gastfreund-lichen Menschen. Wir möchten uns dafür in erster Linie bei Frau Professor Schmölz und Lusine Ikilikyan bedanken, die dies Jahr für Jahr ermöglichen. Damit der Austausch auch in Zukunft Bestand haben kann, hoffen wir darauf, dass sich auch nächstes Jahr wieder einige moti-vierte SchülerInnen finden werden.

Montag 21. Mai

Nichts war in der Schule los, als wir uns am Pfingstmontag um 9 Uhr trafen, um noch Geschenke in extra mitgebrachte Koffer ein-zuladen und anschließend mit Frau Profes-sor Schmölz sowie ihrer Mutter und Tochter (an dieser Stelle ein Dank an die beiden) zum Züricher Flughafen fuhren. Von dort flogen wir über Kiew nach Jerewan, da es keine Direktverbindung gab. Unsere Ankunft in Armenien fand kurz vor Mitternacht statt. Wenig später trafen wir uns nicht nur wieder mit den Gastgeschwis-tern, die allesamt von Gyumri nach Jerewan gekommen waren, sondern machten auch erste Bekanntschaft mit armenischen Stra-ßen. Halb vier war es, als unser Tag schließ-lich vorbei war, wir Gyumri erreicht hatten und unsere erste Nacht in Armenien begann.

Dienstag 22. MaiUm 11 Uhr sahen wir einander im Gymnasi-um Nr. 3 nicht nur zum ersten Mal bei Tages-licht wieder, sondern lernten auch Anna, die bei unserem allerersten Schüleraustausch dabei war und nun selbst Deutschlehrerin ist, sowie andere armenische SchülerInnen kennen. Von der Schule aus ging es gemein-sam ins Zentrum Gyumris, wo wir mit dem Hauptplatz und dem Rathaus der Stadt zwar zuerst die schönen Seiten, kurz darauf aber auch viele zerfallene und eingestürzte Häuser und holprige Straßen zu sehen be-kamen. Darauf folgten ein spontan einge-schobener Besuch bei einem Karussell und einem Riesenrad und das Mittagessen im „Yaghli House“.

Bevor wir am Abend noch einmal essen gin-gen, kehrten wir kurz zu den Gastfamilien zurück, was zur Geschenkübergabe und zur Schlafnachholung genutzt wurde. Das Abendessen gab es schließlich in dem rie-sigen Fischrestaurant „Cherkezi Dzor“. Der Fisch war frisch gefangen und er schmeckte sehr gut! Danach fand der Tag seinen Aus-klang in einer Karaokebar, wo ein armeni-scher Schüler mit seiner Gesangsleistung beeindruckte.

Mittwoch 23. Mai

Am Mittwoch startete unser Programm mit dem Empfang beim Di-rektor des Gymnasiums Nr. 3. Bereits gewohnt, dass wir weder die Schrift lesen noch die Sprache verstehen konnten, lauschten wir ge-spannt der Übersetzung unserer armenischen Deutschlehrerin und Verantwortlichen für die Schulpartnerschaft Lusine Ikilikyan. Bei un-serem anschließenden Besuch in „Emils kleiner Sonne“, der öster-reichischen Caritas-Tagesheimstätte für behinderte Kinder, wurde uns, nach der Übergabe einer Spende von Aurel in Vertretung sei-ner Oma, das Gebäude gezeigt. Anschließend ging es weiter zum Di-rektor des Photon Gymnasiums, der uns ebenfalls herzlich empfing. Nach einem Vormittag reich an netten Begrüßungen gingen wir bowlen und Pizza essen. Voller Neugier machten wir uns dann auf den Weg zu dem in einem Tal liegenden Kloster Vahramaberd, bei dem wir nach einer halben Stunde rumpeliger Fahrt ankamen. Das schöne Gebäude, die teilweise zerfallenen Mauern und die Umgebung nutzten wir für ein Fotoshooting. Nachdem uns eine armenische Frau in der Kirche etwas vorgesungen hatte, ging es wieder zurück nach Gyumri in ein georgisches Restaurant. Als Ausklang eines weiteren unvergesslichen Tages spazierten wir mit unseren Gastgeschwistern durch Gyumri und anschließend nach Hause.

Donnerstag 24. Mai

Am Donnerstag ging es eine Dreiviertelstunde lang über holprige Stra-ßen auf über 2000 Höhenmeter zum Kloster Harich. Die Lage des Ge-bäudes im Gebirge und die besondere Architektur nutzten wir für eine Kletterpartie und viele Fotos. Anschließend fuhren wir per Kleinbus in Richtung der nächsten tollen Attraktion. Nachdem die Fahrt noch zum Eis-Essen und „Vo Mello bis ge Schoppernou“-Singen genutzt worden war, wartete der Lochstein darauf, dreimal durchklettert bzw. durchrutscht zu werden, was der Legende nach Glück bringen soll.

Armenienbesuch 2018 der Schulpartnerschaft Bundesgymnasium Dornbirn – Gymnasium Nr. 3 Gyumri

Ausflug zum Kloster Harich mit den Gastgeschwistern

Beim Kochen armenischer und

österreichischer Speisen im Jugendzentrum LOFT

Unsere armenisch-österreichische Gruppe beim Kloster Sevanavank

Page 4: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

6 7

FRAUEN DÜRFEN NICHT RAUCHEN,

ES SIEHT NICHT SCHÖN AUS

AKTUELLES

Mit 42 Jahren wurde Mher Yenokyans Kindheitstraum Wirklichkeit. Ironischerweise hinter Gefängnismauern

AKTUELLES

Von Svetlana Muradyan und Lilit Khatschatryan

Warum greifen Menschen zu Zigaretten? Ist Rauchen nicht eine Geldverschwen-

dung? Ist es das wirklich wert? Ist Rauchen eine Suchterkrankung oder nur eine schlechte Angewohnheit? Und schließlich, was denken armenische Jugendliche im Allgemeinen über das Rauchen? Um diese Fragen zu beantwor-ten, haben wir eine Straßenumfrage in Je-rewan gestartet.

Die meisten Befragten begannen im Alter von 13 bis 16 Jahren zu rauchen. Die Gründe für diese Entscheidung waren sehr unterschied-lich. Jeder der Befragten hatte seine eigenen ganz persönlichen Motive, wann und weshalb sie rauchten. Einige antworteten, dass persön-liche Schwierigkeiten, Nervosität und anhal-tender Druck sie gezwungen hätte, damit an-zufangen. In angespannten und schwierigen Situationen würden sie meist automatisch, ohne es zu merken, zur Schachtel greifen. Sie versuchten, durch das Rauchen mit Stress und Nervosität fertig zu werden. Sie fänden ihre Hilfe in Zigaretten und leider funktioniere es fast immer.

Einige Befragte meinten, dass sie keinen Grund für das Rauchen hätten. Es schmecke ihnen einfach und es mache ihnen Spaß, sich nach dem Essen, nach einem Kaffee, in Stress-situationen, nach Anspannung und während einer Unterhaltung eine Zigarette anzuzün-den.

Eine kleine Anzahl von Befragten (13 bis 15 Jahre alt) gestand, dass sie sich mit „einer Tschick“ einfach selbstsicherer und selbstbe-wusster fühlen. Sie rauchen, um erwachsen zu wirken und um einen lässigen Eindruck auf das andere Geschlecht zu machen.

Der Zigarettenpreis in Armenien ist auf den ersten Blick nicht hoch. Wenn man aber trotzdem jeden Tag mindestens eine Schachtel Ziga-retten kauft, kommt eine Menge Geld zusammen. Doch halten die Ju-gendlichen das Rauchen für eine unnötige Geldverschwendung?

Viele antworteten, wenn man etwas wirklich genieße, sei es keine unnö-tige Geldverschwendung. Sie erkannten allerdings, dass sie den Groß-teil ihres Gehalts für Zigaretten ausgaben. Trotzdem hatten sie nicht den Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören.

Manche waren einverstanden, dass Rauchen eine unnötige Geldver-schwendung sei. „Was bringt mir das Rauchen. Das ist lediglich Geld aus dem Fenster werfen“ war die Antwort eines 20-Jährigen. Sie gaben zu, dass sie viel Geld sparen könnten, wenn sie nicht rauchen würden. Zu unserer Überraschung wollten sie das Rauchen aber ebenfalls nicht aufgeben.

Was viele Jugendliche an die Zigarette bindet, ist die Sucht. Wer mit dem Rauchen aufhören möchte, braucht einen starken Willen. Auf die Fra-ge, ob sie einmal versucht haben, damit aufzuhören, gaben viele die gleiche Antwort: „Ja, ich habe es mehrmals versucht, leider aber verge-bens“. Die Jugendlichen hielten es für nicht leicht, von ihrer Sucht los-zukommen.

Rauchende Frauen werden in Armenien von großen Teilen der Gesell-schaft nicht akzeptiert. Trotzdem können wir heutzutage an öffentli-chen Orten viele Raucherinnen sehen. Was denken andere über sol-che Frauen? Die Antworten waren selbstverständlich unterschiedlich. Einige sagten: „Ich habe nichts dagegen. Rauchen ist eine persönliche Entscheidung. Jeder darf rauchen, unabhängig davon, ob Mann oder Frau.“ Eine rauchende Passantin entgegnete: „Ich rauche, mir ist es egal, was andere denken. Ich habe meinen Spaß am Rauchen und nie-mand hat das Recht, mich zu kritisieren.“ Andere meinten nervös: „Oh, rauchende Frauen wirken eklig. Frauen dürfen nicht rauchen, es sieht nicht schön aus.“ Ein alter Mann begann detailliert zu erklären, warum Frauen nicht rauchen dürften: „Zigaretten wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit der Frau aus. Das verringert die Chancen, schwanger zu werden und besonders in der Schwangerschaft stellt das Rauchen eine große gesundheitliche Gefahr dar, denn die Mutter gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Kind.“ Abschließend fügte er hinzu: „Jede Frau, die sich für das Rauchen entscheidet, sollte sich der Konsequen-zen bewusst sein und sich auf diese vorbereiten.“

Es ist nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören. Gesundheit schätzt man erst, wenn man sie verloren hat. Es ist wichtig, nicht in die Schach-tel zu greifen, sondern nach gesunden Mitteln zu suchen, um Stress zu bewältigen. Werfen Sie Ihre letzte Zigarette in den Müll, sparen Sie das Geld und kaufen Sie sich stattdessen etwas Schönes. Seien Sie körper-lich aktiv und planen Sie Ihr neues Leben ohne eine Zigarette zwischen Zeigefinger und Mittelfinger. Ein Leben ohne Zigarette ist schön!

Dass Rauchen gesunheitsgefährdend ist, weiß eigentlich jeder. Aber ungeach-tet dessen rauchen viele Menschen in der Hoffnung weiter, dass die negativen Folgen an ihnen vorbeigehen werden.

TODESURTEIL LEBENSLANG Vor 22 Jahren wurde der 20-jährige Mher Yenokyan, ehema-liger Student der Medizinischen Universität aufgrund des Vorwurfs des Mordes an seinem Kollegen Joseph Aghadya-nov verurteilt. Mher Yenokyan, der seine Schuld immer be-stritt und betonte, dass er nur Zeuge des Verbrechens war, wurde zum Tode verurteilt. Als die Todesstrafe in Armenien 2003 abgeschafft wurde, wurde auch das Urteil auf lebens-lange Haft umgeändert. Später wurde es reduziert. Mher Yenokyan versucht seit vielen Jahren vergeblich die erneute Begutachtung seines Straffalls zu erreichen. Die letzte Absa-ge erhielt er im Februar.

REPORTER AUS DEM GEFÄNGNISDie Freundschaft mit einer Journalistin der Nachrichtensei-te „Hetq“ führte dazu, dass nahezu die ganze armenische Nation über Mher Yenokyan und seine Geschichte Bescheid weiß. Zurzeit lebt Yenokyan im obersten Stock des Ge-fängnisses Nubarashen. Wie hunderte andere lebenslang Verurteilte lebt er dort unter schlimmsten Bedingungen. Yenokyan ist jetzt 42 Jahre alt und unterscheidet sich un-zweifelhaft von seinen Mithäftlingen.Er besteht auf seine Unschuld, fungiert für die anderen Ge-fangener als Sprecher zu den Medien, schrieb im Jahr 2011 Kurzgeschichten mit eigenen Illustrationen, versuchte zwei-mal aus dem Gefängnis zu fliehen (2004 und 2009) – was ein einzigartiges Phänomen in der armenischen Geschichte ist – und schließlich initiierte er 2011 eine Gesetzesänderung, sodass es Gefangenen nun möglich ist, Organe an Verwand-te zu spenden, was zuvor verboten war. Mher Yenokyan ist sehr aktiv als Schriftsteller. Er hat seine eigene Website, schreibt Briefe aus dem Gefängnis, kritisiert Lücken der ar-menischen Verfassung und schrieb literarische Werke über die Freiheit, das Leben ohne eiserne Barrieren sowie weite-re Bücher.

ERSTER IN DEN POSTSOWJETISCHEN LÄNDERNAm 18. Mai 2018 verteidigte Mher Yenokyan seine Dip-lomarbeit im Gefängnis Nubarashen. Es ist das erste Mal, dass in einem postsowjetischen Land ein lebenslang Ver-urteilter Rechtsanwalt wird. Rechtsanwalt sein – dies war bereits sein Kindheitstraum. Das Thema seiner Diplomar-beit entstammt natürlich aus der Logik seines jahrelangen Kampfes: „Die Revision rechtmäßiger Urteile: Theoretische und praktische Probleme“.Der lebenslang verurteilte Häftling präsentierte seine Ar-beit in russischer Sprache. Die Verteidigung verlief ebenfalls auf Russisch, weil dieses Verfahren für das Bestehen der Staatsprüfungen an der armenisch-russischen slawischen Universität obligatorisch ist. Trotz Hunger, Ungerechtigkeit, grausamer Behandlung und der Bestrafung, sieben Jahre keinen Besuch erhalten zu dürfen, versucht Mher Yenokyan dennoch, seine Identität durch die Beschäftigung mit Litera-tur und Wissenschaft zu erhalten.

Von Ani Poghosyan

DIPLOMPRÜFUNG HINTER

GEFÄNGNIS-MAUERN

Foto

: Nar

ek A

leks

anya

n |

hetq

.am

In Relation zum Durchschnittseinkommen ist Rauchen

selbst in Armenien sehr teuer - und leider sehr verbreitet

Page 5: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

8 9

AKTUELLES AKTUELLES

Im Jahre 2012 identifizierte das britische Bergbauunternehmen Lydian International Limited den an den Provinzgrenzen von Vayots Dzor und Syunik gelegenen geologische

Komplex Amulsar als die ertragreichste Goldquelle Armeniens. Die – wortwörtliche – Goldgrube hat seither nicht nur das Interesse zahlreicher Investoren geweckt, sondern auch Umweltschützer und Aktivisten weltweit aufgeschreckt und zum Handeln angeregt. Doch was genau hat es mit der Mine nun auf sich?

DIE „GOLDGRUBE“

AMULSARSVon Pia Winter

WEITERE INFORMATIONENDie Dokumentation

„Amulsar: State of indifference“, welche in Armenisch, Russisch und

Englisch verfügbar ist und das Thema im Detail behandelt ist auf

www.youtube.com zu finden

Weitere Recherchearbeiten und Berichte der Armenian Environmental Front zu

umweltbedingten Aspekten und zu den Auswirkungen des Projektes:

www.armecofront.net

Umweltrisiken

Die Behauptung von Lydian International, das Projekt in Überein-stimmung mit internationalen Umweltstandards zu implementieren, wird durch zahlreiche unabhängige Berichte widerlegt. Gemäß dem Recherchebericht „Amulsar Gold Project: Overview of Concerns with the Amulsar Gold Project, Potential Consequences, and Recommendations“ durchgeführt von Blue Minerals Consultancy aus Australien, Buka En-vironmental in den USA und Clear Coast Consulting aus Kanada, birgt der Bergbaubetrieb in Amulsar ein hohes Risiko von langwierigen negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Die möglicherweise mit Chemikalien verunreinigten Wassermengen, welche sich von dem Hauptausgrabungsort hinunter in weitere Wasser-Ökosysteme ver-breiten würden, stellen derzeit die größte Besorgnis der Umweltak-tivisten dar.

Die Kontamination von Grundwasser sowie weiterer Trinkwasser-quellen würde sich nicht nur in angrenzenden Gebieten abspielen, sondern sich auf ganz Armenien auswirken, da auch das Kechut Re-servoir, welches einen Großteil Armeniens mit Trinkwasser versorgt, von der Verschmutzung betroffen wäre. Wasserstände würden zu-rückgehen und die seismische Aktivität in diesem Gebiet könnte zu großen Problemen bezüglich der instabilen Konstruktion von Bau-anlagen führen. Ebenso stellen auch die inadäquate Evaluierung von chemischem Müll sowie die Unterschätzung der Menge an saurem Bergbauwasser und das potentielle Durchsickern von kontaminier-ten Flüssigkeiten in die Umgebung eine enorme Gefahr für umlie-gende Ökosysteme dar.

Abschließend lässt sich also feststellen, dass die unzureichende Re-cherchearbeit Lydians, dessen Unerfahrenheit im Bergbau sowie die fehlenden finanziellen Mittel, um solchen umweltschädlichen Kon-sequenzen entgegenzuwirken, darauf hinweisen, dass das Amulsar Bergbauprojekt eine höchst riskante Operation darstellt und von of-fiziellen Stellen sowie Investoren überdacht werden sollte!

Que

lle: W

ikip

edia

Com

mon

s

Lydian International Limited

Das britische Bergbauunternehmen Lydian International Limited, gegründet in St. Helier auf der britischen Kanalinsel Jersey, ist in der Erkundung und Weiterentwicklung von Mineralgrundstü-cken in der Kaukasusregion engagiert, wobei die Goldmine Amulsar als primäres Ziel gilt. Durch die armenische Niederlassung Lydian Armenia CJSC, bisher bekannt als Geoteam CJSC, wurden im Jahr 2016, nach zahlreichen Diskussionen und Änderungsanträgen bezüglich finanzieller und rechtlicher Angelegenheiten, erste Bergwerke und Schmelzanlagen für die Gewinnung von rund 70 Tonnen Gold errichtet. 2014 erhielt Lydian das offizielle Schürfrecht, wobei jedoch mit ersten Tätigkeiten nicht vor 2016 begonnen werden konnte, da es an finanziellen Mitteln mangelte. Der Beginn des eigentlichen Abbauprozesses ist für das Jahr 2018 angesetzt und der zu erwartende Gewinn des Projektes wird auf etwa drei Billionen Dollar geschätzt.

Die Goldmine in Amulsar

Der Berg Amulsar enthält, im Vergleich zu anderen Mineralien und Metallen, eine überdurch-schnittliche Menge an Gold. Diese sich im Berginneren befindenden Substanzen sind inaktiv, solange die obere Schutzschicht des Ökosystems intakt bleibt. Für die Gewinnung von Gold muss jedoch diese oberste Schicht entfernt werden, wodurch chemische Prozesse in Gang gesetzt werden, welche potentiell gefährlich sein könnten und noch nicht ausreichend erforscht wor-den sind. Nach der Entfernung der kargen Felsschicht wird das Erz gewonnen, zerkleinert und anschließend zu einer Zyanid-Auslaugungsanlage abtransportiert, um in den Erhalt von reinem Gold zu kommen.

Es wurden etwa 3,3 Millionen Dollar an die angrenzenden Gemeinden Gndevaz, Saravan und Gorvak verteilt, um in den Besitz der benötigten Grundstücke für die Ausgrabungsarbeiten zu ge-langen. Des Weiteren fanden soziale Entwicklungsprogramme für die Bewohner der Dörfer statt und eine finanzielle Entschädigung wurde jenen geboten, welche ihre bewirtschafteten Flächen aufgeben mussten. Während die Mehrheit der Dorfbewohner das Projekt befürwortet, gibt es auch einige skeptische Stimmen, welche Besorgnis bezüglich möglicher schädlicher Konsequen-zen und Risiken für spätere Generationen zeigen.

Unabhängigen Berichten zufolge

stellt das Goldabbauprojekt Amulsar vor allem eine Gefahr für

das Kechut Trinkwasserreservoir (rechts im Bild) dar

Foto

: Dav

id M

ucke

nhub

er

Page 6: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

10 11

KAROTTENFARBIGE EINDRÜCKE

VOM EUROPÄISCHEN FREIWILLIGENDIENST (EVS)

IN ARMENIEN

Warum hast du dich entschieden, gerade nach Arme- nien zu kommen?

Ich bin in Armenien gelandet, weil ich ein spezielles Interes-se für das Freiwilligenprojekt bei Helsinki Citizens’ Assembly hatte. Bei der Auswahl war also das Land für mich nicht so wichtig wie das Projekt selbst.

Was sind deine Aufgaben bei Helsinki?Wir sind drei Freiwillige dort und wir können relativ frei entscheiden, woran wir arbeiten möchten und mit welchen Aufgaben wir Zeit verbringen wollen. Ich habe beispielsweise eine kleine Forschung über das österreichische Strafvoll-zugsgesetz gemacht und einige Artikel über Projekte oder allgemeine Anlässe verfasst. Wir führen auch einige Projekte bezüglich Menschenrechten durch. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Vorführung und nachfolgende Diskussion der Dokumentation: „Amulsar: State of Indifference“, welche ein Goldgrabungsprojekt im Süden Armeniens betrifft. Wir sind besorgt darüber, da das Projekt das Trinkwasser verunreini-gen und nahen Gemeinden viel Leid zufügen würde. Durch die Filmvorführungen planen wir, Aufmerksamkeit auf das Problem zu lenken.

Kannst du ein paar interessante oder unterhaltsame Dinge erwähnen, die du in Armenien bemerkt hast?Ja sicher! Beispielsweise wenn man sagt: „Okay, wir werden morgen auf einen Kaffee gehen“ oder so etwas ähnliches. Man kann sich dann sicher sein, dass dies nicht passieren wird. Irgendwie mag ich diese Art. Sie ist sehr ungebunden. Außerdem kann ich sagen, dass in Österreich die Leute um 7 Uhr morgens sehr in Eile sind, aber hier in Vanadzor scheint das Leben nicht vor 10:30 zu beginnen. Unterhaltsam ist auch, dass es sehr unhöflich ist, sich hier in der Öffentlich-keit die Nase zu putzen! Etwas, unter dem ich sehr leide. (lacht)

Es gibt manchmal kleine Dinge, die gleich-zeitig aber großartig sind. So etwa ist die kleine Stadt Chambarak an der Grenze zu Aserbaidschan, die unsere Grenze ver-vollständigt und diese schützt.

Interview mit Pia Winter durchgeführt und übersetzt

von Lusine Manukyan

Chambarak ist eine kleine Stadt in Armenien, nicht weit ent-fernt vom Sewansee. In sowjetischer Zeit trug Chambarak

die Bezeichnung Krasnoselsk. Früher hatte diese Ortschaft noch weitere Namen gehabt: Michajlowka, Karmir und Kras-ni. Das Dorf Michajlowka wurde 1835 gegründet. Russen aus den Provinzen Saratow und Samara des zaristischen Russ-lands waren in die Außenbezirke des Reiches vertrieben wor-den, weil sie die orthodoxe Kirche und deren Rituale nicht ak-zeptierten. Angehörige dieser russischen Minderheit wurden Molokaner genannt. Eine dieser Gruppen siedelte sich in der Nähe des Sewansees an und gründete das Dorf Michajlowka.

Chambarak hat heute etwa 7100 Einwohner. Man kann sagen, dass die Stadt nur im Zentrum städtisch ist. Die Bewohner beschäftigen sich zumeist mit Viehzucht und Landwirtschaft. Die meisten Russen, die in Chambarak lebten, verließen Ar-menien während des Krieges um Bergkarabach. Zurzeit woh-nen in den Häusern der Molokaner Migranten aus dem Dorf Artswaschen. Diese waren 1992 von dort nach Chambarak geflüchtet.

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan ist de facto bis heute nicht gelöst. Auch heute bewachen die meis-ten Männer der Stadt die Grenze zum Nachbarland. In der Regel leisten sie ihren verpflichtenden zweijährigen Militär-dienst, kommen danach zurück nach Chambarak und ver-bringen tagsüber ihre Zeit an der Grenze.

Eine dieser Personen ist der 23-jährige Nver Voskanyan. Er ist zwar noch sehr jung, trotzdem bevorzugt er es, im Militär zu dienen und nicht, einer anderen Arbeit nachzugehen. Nach dem Dienst in der Armee ist er nach Chambarak zurückge-kehrt und hat beschlossen, das gleiche in seiner Heimatstadt zu machen und die Grenze zu bewachen. Er erwähnt: „Das gefällt mir gut. Ich diene der Heimat mit großer Begeiste-rung.“ Er verbringt fünfzehn Tage pro Monat im Schützengra-ben und wird hierfür vom Staat bezahlt.

Der Tag in einem Schützengraben sei nicht langweilig. Die große Verantwortung verlange stets Aufmerksamkeit. Außer-dem seien sie dort zumeist mit Freunden, Klassenkameraden und Nachbarn zusammen. Chambarak ist eine kleine Stadt, fast alle kennen einander und zahlreiche Männer verrichten wie Nver ebenfalls Grenzdienst. Die Situation an der Gren-ze Chambaraks ist derzeit aber nicht angespannt. Vereinzelt hat es kleine Schießereien gegeben, zum Glück ist aber nichts Schlimmes passiert. Der Krieg erreichte Chambarak Ende 1992, als das Dorf Artswaschen von Aserbaidschan erobert wurde. Heute liegt das Dorf Vahan an der Grenze. Der Name des Dorfes bedeutet „Schild“ und es ist der Schutz der Stadt Chambarak.

Nver ist der Meinung, dass die Zeit zeigen werde, ob das Pro-blem zwischen beiden Ländern friedlich gelöst werden könne oder nicht. Er könne sich sein Leben ohne Schützengraben kaum vorstellen und bezweifelt, dass einmal eine Zeit kom-men werde, in der man an der Grenze ohne Angst leben und die Schützengräben verlassen könne. Solange diese wun-derschöne Zeit noch nicht gekommen ist, bevorzugt er, im Schützengraben zu bleiben und den Frieden seines Volkes zu bewachen. Allerdings möchte Nver an das Gute glauben, weshalb er beiden Völkern, Aserbaidschanern und Armeni-ern, ein friedliches Leben ohne Verluste wünscht.

LEBEN AN DER GRENZE

Von Asya Hakhnatsaryan

Blumenniederlegung für gefallene Kameraden in Chambarak

Jan ist ein armenisches Suffix, welches an Namen angehängt wird, um Zuneignung auszudrücken. Es kann mit dem Englischen dear oder dem Deutschen liebe/r verglichen werden.

Die Helsinki Citizens’ Assembly Vanadzor ist eine armenische Men-schenrechts NGO, welche auf die Förderung von zivilen Initiativen, den Schutz von Rechten und die Unterstützung von Friedenskonsolidierung auf regionalem und nationalem Level, fokussiert ist.

Gibt es irgendetwas, das Österreich mit Armenien verbindet? Da denke ich sofort an die Natur. Wir haben auch Berge, Seen und kleine Dörfer zwischen hohen Bergen. Wenn es etwas zu feiern gibt, geben wir uns ebenfalls viel Mühe. Wir legen massenhaft Essen auf den Tisch und kochen traditionelle Gerichte, vor allem jene, die wir an anderen Tagen des Jahres nicht zubereiten.

Was magst du am liebsten an Armenien?Ich glaube, ich mag am liebsten, dass die Familie so im Mittelpunkt steht. Die Bedeutung von Familie und Kindern ist wirklich faszinierend. Ich sehe oft, wie sehr Familien ihre Beziehungen zueinander schätzen und jeder den anderen unterstützt. Des Weiteren mag ich die Natur, weil ich gerne wandere. Ich habe mich einfach in die Berge verliebt.

Was sind die armenischen Wörter, die dir am besten gefallen und die du deinen Freunden beibringen wirst?Also, ich liebe Karotten, deshalb finde ich es sehr cool, dass es das Wort karottenfarben gibt, nämlich gasaragujn. Ich mag auch shaganagagujn sehr, welches sich einfach lustig anhört und die armenische Bezeichnung für die Milchstraße Harda-goghi Chanaparh, welche so gar nichts mit Milch zu tun hat.

Und was ist mit jan? Ach…jan, ich liebe es, weil wir solch einen Kosenamen für Personen, die uns wichtig sind, im Deutschen nicht haben. Die Übersetzung Liebling sagt meiner Meinung nach nicht ge-nau aus, was in jan implementiert ist. Jan bedeutet für mich Liebe, Vertrauen und Verständnis der Person gegenüber. Ich verwende es bereits mit Leuten von zuhause und wenn sie fragen, was das bedeutet, sage ich einfach, dass sie das nicht wissen müssen, sie sind ab jetzt einfach jan.

Also, Pia jan, dann bedanke ich mich herzlichst für das Interview!Ich sage danke, Lusine jan!

ZIELE & ÄNGSTE ZIELE & ÄNGSTE

Page 7: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

12 13

Zuerst war es ein bisschen schwer aber ich habe mich allmählich daran gewöhnt. Sie informierten mich, dass es in ihrer Universität ein Stipendium gäbe und ich mich bewerben könne. Meine Eltern sind niemals dagegen gewesen, sondern haben mich sehr unterstützt. Ohne ihre Hilfe hätte ich nirgendwohin fahren können. Sie glaubten einfach nicht daran, dass es klappen wird, weil es damals fast unmöglich war, in ein anderes Land zu fahren. Nachdem wir mit der Bürokratie gekämpft hatten, gelang es mir.

Konnten Sie bereits mit englischsprachigen Menschen in Kontakt treten, nachdem Sie zwei Monate Englisch gelernt hatten? Diese zwei Monate waren meine Grundlage, dann habe ich mir die Sprache selbst beigebracht. Aber mir half vor allem das Sprechen. Ich erinnere mich gut daran, als ich das erste Mal einen Satz gesagt habe. Ich habe mich so gefreut, dass man mich verstanden hatte. Dann antwortete man mir, doch ich habe nichts mehr verstanden und bin geflohen. Es ist sehr wichtig, keine Angst vor Fehlern zu haben und zu sprechen. Mein Französischlektor sagte immer: „Wenn man sich setzt und wartet, bis seine Sprachkenntnisse voll-kommen werden, um erst dann zu sprechen, werden sie nie vollkommen“.

Welche Methoden nutzen Sie, um Sprachen leichter und schneller zu lernen? Da die Sprachkenntnis aus vier Teilen besteht – Lesen, Schreiben, Hörver-stehen und Sprechen – sollte man alle Methoden gleichzeitig lernen. Um Deutsch zu lernen, sehe ich mir Videos auf YouTube – Deutsch mit Marija und Easy German – an. Außerdem lese ich viele Bücher. Es hilft mir beson-ders, mit dem Kindle zu lesen, denn ich kann die Übersetzungen der unbe-kannten Wörter sofort sehen.

Welche Sprachen beherrschen Sie? Ich beherrsche Armenisch, Russisch, Englisch und Französisch. Ich kann ein wenig Deutsch (Anm. der Redaktion: eine enorme Untertreibung) und Spanisch und jetzt lerne ich Italienisch.

Halten Sie sich selbst für einen polyglotten Menschen?Ja, das kann man so sagen. Es gibt keine bestimmte Definiten von polyglott. Ich glaube, wer drei oder vier Sprachen beherrscht, der kann als polyglott gelten.

WENN ICH KEINE ARBEIT HABE, MUSS ICH NICHT IM BÜRO BLEIBEN

Von Astghik Mkrtchyan, Arewik Sayadyan und

Hratsin Torosyan

Aus welcher Sprache ist es Ihrer Meinung nach am schwierigsten, simultan zu übersetzen? Ich glaube, es hat nichts damit zu tun, aus welcher Sprache man übersetzt. Es ist wichtig, zwei Sprachen gut zu beherrschen, weil beim Simultandolmetschen die Zeit für das Denken sehr knapp ist.

Was ist Ihres Erachtens schwieriger: Übersetzungen aus dem Armenischen ins Englische oder umgekehrt? Beides weist Schwierigkeiten auf. So wird zum Beispiel manches im Armenischen länger formuliert als im Englischen. Ein englisches zwei- oder dreiteiliges Wort kann im Armenischen siebenteilig sein oder mit zwei Wörtern ausgedrückt werden. Wenn dann Englisch schnell gesprochen wird, kann der Dolmetscher nicht alles so gut übersetzen. Übersetzungen ins Englische sind schwierig für mich, weil es nicht meine Mutter-sprache ist. Alles ist aber von der Qualität des Spre-chens abhängig.

Was können Sie über die deutsche Sprache und deren Perspektiven in Armenien sagen? Ich bin kein Deutschspezialist und kenne die Nachfra-ge nach dieser Sprache nicht, aber ich glaube die Per-spektiven sind nicht so groß, denn fast alle deutsch-sprachigen Experten sprechen auch Englisch.

Wie war Ihr erster Arbeitstag als Dolmetscher? Mein erster Versuch als Simultandolmetscher war sehr wichtig für mich, da ich mich selbst nicht ent-täuscht habe. Man sprach sehr deutlich. Es war sogar ziemlich leicht. Beim nächsten Mal aber sprachen die Personen bereits unverständlicher und für mich war es ein wenig schwer, zu dolmetschen. Mit der Zeit habe ich mich aber verbessert.

In welchen Bereichen machen Sie Übersetzungen und welche liegen Ihnen am Herzen? Meistens mache ich juristische Übersetzungen aus dem Strafgesetzbuch, dem bürgerlichen Gesetzbuch, anderen Rechtsakten und so weiter. Ich arbeite auch mit Journalisten.

Welche Vor- und Nachteile hat Ihr Beruf?Ein Vorteil ist, dass der Übersetzer in seinem Beruf selbstständig ist. Am Anfang ist es schwer, weil man selbst eine Arbeit finden muss, aber mit der Zeit wird man bekannter und bekommt selbstständig Angebote. Man trifft viele interessante Menschen, spricht über unterschiedlichste Themen und lernt sehr viel dabei.

Welche Schwierigkeiten haben Sie in der Arbeit und auf der Suche danach gehabt? Anfangs war es ein bisschen schwer, weil man noch unbekannt ist. Heute brauche ich nicht mehr nach Arbeit zu suchen.

Die Nachfrage ist also sehr groß? Der Beruf des Simultandolmetschers ist sehr gefragt, denn solche Übersetzer gibt es heutzutage nur weni-ge. Es gibt viele schriftliche Übersetzer, deshalb gibt es im diesen Bereich nicht immer Arbeit. Es gibt auch eine Zeit, in der wir keine Arbeit haben – oft in den Winterferien oder im August.

Sie haben gesagt, dass Sie Simultandolmetscher sind. Gibt es in Armenien einen Ort, wo man Simultandol-metschen lernen kann? Ja gibt es, aber es ist mir nicht bekannt wo. Ich habe es mir selbst beigebracht. Damals gab es Kurse an der Amerikanischen Universität Jerewan.

Wie lange dauert Simultandolmetschen normalerweise? Es kann eine Stunde oder sogar einen Tag dauern. Wenn es mehr als eine Stunde dauert, arbeiten wir zu zweit, denn es ist sehr schwer, so lange zu übersetzen.

Welche Methoden würden Sie im Sprachunterricht unterrichten? Zuerst würde ich die mündlichen Kenntnisse der Studierenden fokussieren. Ich würde praktischen Un-terricht machen und würde nicht nur Wörter lehren, sondern auch Redewendungen und Sätze, damit die Studierenden in der Lage sind, mit anderen in Kontakt treten zu können. Erst dann würde ich mehr Gramma-tik lehren.

Wenn Sie erneut die Möglichkeit hätten, einen neu-en Beruf zu wählen, würden Sie wieder den Beruf des Dolmetschers wählen? Ja sicherlich, denn wie gesagt, ich bin in meinem Beruf frei. Wenn ich keine Arbeit habe, muss ich nicht im Büro bleiben. Zwar ist es eine harte Arbeit, aber sie wird gut bezahlt. Dank dieser Arbeit reise ich außer-dem oft.

Welche Ratschläge würden Sie uns zukünftigen Dol-metschern geben? Viel aus verschiedenen Bereichen lesen und den Sprachentwicklungen folgen. Jahr für Jahr gibt es in der Sprache viele Änderungen. Das sollte man verfol-gen. Außerdem sollte man schriftliche Übersetzungen machen, um den Wortschatz zu erweitern. Und Filme anschauen!

Interview mit dem Simultandolmetscher Vahagn Petrosyan

Herr Petrosyan, können Sie zu Beginn etwas über sich

erzählen?

Mein Name ist Vahagn Petro-syan. Ich bin bereits 20 Jahre lang Simultandolmetscher für Englisch, Armenisch und teilweise Russisch. Ich habe eine russische Schule absolviert, aber russische Über-setzungen fallen mir schwer. Ich hatte bis zum dritten Studienjahr Physik studiert, dann ergriff ich eine Gelegenheit, nach Amerika zu fahren und das spornte mich zu meiner Berufswahl an.

In der Schule habe ich Französisch gelernt, doch in der Sowjetunion lehrte man nicht so gut und ich sah mich auch selbst nicht im Sprachenbereich. Dann habe ich zufällig zwei Monate Englischkurse besucht. Danach waren Amerika-ner nach Armenien gekommen und ich habe versucht, mit ihnen zu sprechen.

Foto

: Ana

stas

ia O

sipo

va

Foto

s: M

oritz

Len

glac

hner

ZIELE & ÄNGSTE ZIELE & ÄNGSTE

1) Beim Interview mit Vahagn Petrosyan

2) Vahagn Petrosyan bei der Arbeit auf der Konferenz „Peace Education for Peacebuilding“ im Dezember 2017 in Gyumri

Page 8: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

14 15

ODER WIE AUS MIR EINE WOMAN FOR DEVELOPMENT WURDE

UNVERHEIRATET UND TROTZDEM NORMAL

Die Frauen, die ihr tägliches Lavasch mit mir teilen, sind seit Langem in der Shirak Region von Armenien aktiv. Seit 1997 existiert die Organisation unter diesem Namen, mit dem ich mich mittlerweile auch identifiziere. Wo-men for Development ist keine feministische Organisation, sondern eine, die ausschließlich aus Frauenpower besteht aber diverse Zielgruppen in den Dörfern bedient, Kinder und Männer inklusive.

Women for Development wurde in der schwierigen Nacherdbebenzeit in Gyumri gegründet. Der Zerfall der Sowjetunion, die hohen Migrations-raten, die tausenden Menschen, die alles Materielle verloren hatten und gezwungen waren, in Übergangsunterkünften zu leben, genauso wie die steigende Armut haben Women for Development motiviert, sich aktiv mit den dringenden Problemen der armenischen Gesellschaft auseinanderzu-setzen. Verbesserung der Lebensbedingungen, Einhaltung der Menschen-rechte, Ausbau demokratischer Werte und Aufklärungsprojekte im Bereich der reproduktiven Hygiene sind nur ein Bruchteil der ursprünglichen Ar-beitsbereiche von WFD. Mittlerweile hat sich die Organisation auf Themen spezialisiert, die in zwei Hauptprogramme münden: Entwicklungsarbeit in den Communities der Shirak Region und Friedensarbeit.

Die Entwicklungsarbeit von WFD hat lange Geschichte und expandiert wei-terhin dank des Vertrauens, das WFD in Dörfern wie Arpeni, Landjik, Toros und Tsoghamarg im Laufe der Jahre gewonnen hat. Zu den durchgeführten Projekten gehören Renovierungsarbeiten, Ausstattung von Kindergärten, Etablierung von kommunalen Gärten, Greenhouses, Kino-Clubs, Forum Theater Gruppen, Peace Summer Camps und vieles mehr, was sich die Dorfbewohner selber ausdenken, schließlich unterstützen wir existieren-de Visionen, anstatt selber welche von außen aufzwingen zu wollen. Diese Überzeugung korrespondiert mit dem von Gohar Markosyan, Präsidentin von WFD, manifestierten Motto für die Projekte: „Not for the community, but with the community!“.

Die Hauptmotivation für mich, eifrig in die Arbeit zu schlüpfen, ist aller-dings auf die Friedensarbeit von Women for Development zurückzuführen. Mehr als 15 Jahre lang haben meine Kolleginnen LehrerInnen ausgebildet, didaktische Materialien konzipiert, Kinder und Jugendliche trainiert bevor sie das Konzept offiziell etabliert beziehungsweise institutionalisiert ha-ben. Das geschah 2015 auf höchster Ebene als das Konflikttransformati-onsprogramm in Armenien Teil des Schulcurriculums wurde, nachdem das Bildungsministerium des Landes die Effektivität der Methode in den Schul-räumen anerkannt hatte.

Die Entwicklung muss allerdings weitergehen, denn die Konflikte sind ein integraler Bestandteil des Alltags, besonders in einem kleinen Land, das sich von beiden Seiten von den Nachbarn bedroht fühlt und die Protektion des „großen Bruders“ Russland benötigt, um ruhig schlafen zu können. In dieser kaukasischen Republik herrscht zweijährige Militärdienstpflicht, was die Aus-einandersetzung mit der Konflikt-, wenn nicht Kriegsthematik, unvermeid-bar macht.

Umso wichtiger ist es, dass die Zivilgesellschaft in Armenien nach Alternativen und Ansätzen für friedliche Konfliktlösung sucht. Women for Develop-ment sieht eine Alternative in der (Aus-)Bildung, deshalb organisieren wir Friedensveranstaltungen, Konferenzen, Ausstellungen von Kinderbildern zum Thema Frieden sowie diverse Workshops.

Die von WFD veranstaltete internationale Konfe-renz „Peace Education for Peacebuilding“ brachte im Dezember 2017 insgesamt 130 TeilnehmerInnen aus 25 Ländern nach Gyumri. SpezialistInnen aus allen Ecken der Welt (von Australien, über Japan, Irak und Ghana bis hin zu Kolumbien) trafen aufei-nander, um sich zum Thema Friedensbildung aus-zutauschen und gemeinsam nach neuen Wegen zu suchen.

Die Kinderausstellungen lenken die Thematik in die gleiche Richtung aber auf einem anderen Ni-veau. Die Aufgabe besteht darin, die kleinsten Repräsentanten der Gesellschaft zu ermutigen, die eigene Friedensvision zu zeichnen, sich gut zu überlegen, was sie bedeutet und sie letztendlich zu verinnerlichen. Die Tendenz sieht es vor, den Wettbewerb jährlich durchzuführen.

Bis Mitte August 2018 war die von WFD initiierte Friedensausstellung der abgeschlossenen Kinder-wettbewerbe „I am a Sower of Peace“ und „Let´s Live in Peace with our Neighbours“ in der Deutschen Botschaft in Jerewan zu besichtigen. Dort befand sich die Auswahl der faszinierendsten Bilder der letzten zwei Projekte. Der diesjährige Wettbewerb lud unter dem Titel „Power of Peace“ bis Mitte Juni 2018 zur Teilnahme ein.

Women for Development hat zwar fundierte Er-fahrung aber gleichzeitig noch viel zu tun. Die ar-menische Gesellschaft zu sensibilisieren und die Ansätze der gewaltfreien Konfliktlösung zu popu-larisieren, sind langwierige Prozesse, die energie- und zeitintensiv ausfallen. Seit 21 Jahren arbeitet „Women for Development“ daran und wird weiter-hin am Ball bleiben.

Von Anna Simitchieva

Der Juli 2017 war ein turbulenter Mo-nat voller Entscheidungen. Vor cir-

ca einem Jahr durfte ich Teil der Familie von Women for Development (WFD) in Gyumri werden und den hektischen Alltag der multikulturellen deutschen Hauptstadt gegen die ruhige, traditionel-le Lebensweise der zweitgrößten armeni-schen Stadt ersetzen. Das bedeutete, ein Leben voller Termine hinter mir zu lassen und mich mit dem Improvisationsdruck des unvorhersehbaren heutigen Tages in Armenien anzufreunden. Konkret heißt das, unter anderem Marschrutkas für 10 mit 30 anderen Personen zu nutzen, jeglichen GemüseverkäuferInnen zu er-klären, dass man gleichzeitig unverheira-tet und trotzdem normal sein kann und die Kunst zu beherrschen, sechs Dolmas nacheinander aus Höflichkeit zu verput-zen, um die kulinarischen Fähigkeiten armenischer Hausfrauen nicht infrage zu stellen. Im April und Mai 2018 durfte ich zusätzlich die emotionelle Achterbahn ei-ner historischen Revolution im Lande live aus der ersten Reihe erleben. In diesem Gefüge bin ich mittlerweile zu Hause, hauptsächlich wegen der Geborgenheit im Team meiner humorvollen Kollegin-nen, die in stressigen Situationen immer souverän die richtigen Worte finden: „Problem chka, Anna jan!“ – „Kein Prob-lem, liebe Anna!“.

Die Arbeit von WFD hat großen Einfluss auf die lokalen Communities

Seit 2015 ist das von WFD erarbeitete Friedenstransformati-

onsprogramm Teil des armenischen Schulcurriculums

Wer den Kopf nicht hebt, kann die Sterne nicht sehen.

Armenisches Sprichwort

˝˝

Foto

: pri

vat

ZIELE & ÄNGSTE ZIELE & ÄNGSTE

Foto

s: W

omen

for

Dev

elop

men

t

Page 9: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

16 17

Von Mariami Gigauri, Tinatini Devidze und Ekaterine Goshua

ICH MÖCHTE BEI MEINEN

KINDERN UND

ENKELKINDERN LEBEN

WOHNEN IM ALTER IN GEORGIEN

DIE VERANTWORTUNG FÜR ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN LIEGT BEI UNS Ich bin mir sicher, dass in anderen Ländern alte Menschen besser leben als in unserem. In Georgien ist die Situation sehr schrecklich.

Man kann sagen, dass die Regierung in Georgien sich nicht um die alten Menschen kümmert. Sie gibt ihnen lediglich ein kleines Gebäude, wo es kei-nen Strom und kein Wasser gibt. Sie müssen an dem schlimmsten Ort leben, den man sich vorstellen kann. Und die Pension liegt bei etwa 200 Lari – also ungefähr bei 70 Euro. Das reicht nicht einmal für Medizin und Essen.

Wenn ich alt bin, möchte ich an einem normalen Ort leben, wo ich wenig Probleme habe und mich respektiert fühle.

Wenn meine Eltern älter werden, möchte ich, dass sie bei mir wohnen. Und wenn ich viel Geld habe, kaufe ich ihnen ein Haus und passe auf sie auf. Je-den Tag werde ich nach ihnen sehen. Und bei Bedarf helfe ich mit Geld aus.

Es ist sehr wichtig für alte Menschen, dass die grundlegenden Bedürfnisse erfüllt sind. Wir sollten über diese Dinge nachdenken, weil wir später einmal in der gleichen Situation sein werden. Daher liegt die Verantwortung bei uns, über unsere Familie und zukünftige Generationen nachzudenken und etwas zu ändern, solange wir Zeit dazu haben.

WÄRME UND AUFMERKSAMKEIT

In Georgien leben viele ältere Menschen mit ihren Verwand-ten. Letztere betreuen und sorgen sich um die Großeltern, welche mit der nächsten Gene-ration im selben Haus wohnen, da das angenehm für sie ist. Dann haben sie weniger Sorgen und bekommen Wärme und Aufmerksamkeit zu spüren.

Manchmal haben die jüngere und die ältere Generation mit-einander Probleme. Die Junge möchte alleine leben, ohne ihre Verwandten, aber die älteren Menschen brauchen oft Perso-nen, die mit ihnen leben und für sie sorgen. Wenn es dieses Problem in den Familien gibt, werden die alten Menschen in die Armenhäuser gedrängt. In Georgien haben wir verschie-dene Organisationen, die sich um ältere Menschen sorgen. Zum Beispiel „Der Weg der Freundlichkeit“, „Meine Familie“ und so weiter. Ältere sowie so-zial schwache und hilflose Men-schen bekommen kostenlose Verpflegung und Unterkunft bei der Bezirksverwaltung. Um registriert zu werden, müssen sie sich bei der lokalen Behör-de melden. Danach erhalten sie Plätze und sie können im Armenhaus bleiben.

Ich denke, dass ältere Men-schen mehr verdienen als ein Leben im Armenhaus. Sie brau-chen Liebe, Pflege und Auf-merksamkeit. Wir sollten uns um sie kümmern, ihnen mehr Zeit widmen und ihre Tage schöner machen.

WEIL WIR ALLE EINMAL ALT SEIN WERDEN

Ich finde es wichtig, dass Menschen ab einem hohen Alter dort leben, wo sie leben wollen. Sie sollten selbst eine Ent-scheidung treffen und von niemandem gezwungen werden, an einem Ort zu leben, wo sie nicht wollen. Ich kann nicht verstehen, warum Kinder ihre Eltern im Stich lassen und sie zwingen, alleine im Dorf oder in einem Altersheim zu woh-nen. Diese Vorstellung ist schrecklich für mich.

Gut für alte Menschen in Georgien wäre, wenn sie selbst entscheiden könnten, ob sie in der Stadt oder im Dorf mit eigenem Garten und Tieren leben wollen. Sie sollen glücklich sein können. Leider haben einige ältere Menschen nieman-den. Dann gibt es für sie die Möglichkeit, in einem Alters-heim zu leben. Nicht so gut finde ich, dass es in der heutigen Zeit keine guten Lebensbedingungen für ältere Menschen in Georgien gibt. Natürlich gibt es auch Altersheime, die ganz okay sind, aber sie wohnen dort trotzdem allein, ohne Kin-der und Verwandte und nicht im eigenen Haus.

Wenn ich alt bin, möchte ich in einem Privathaus in der Stadt leben. Ich möchte auch einen großen Garten, wo ich viele Blumen, Früchte und Gemüse haben kann. Mein Wunsch ist es, in der Nähe meiner Kinder und Enkelkinder zu leben und ich möchte mich auch um meine Enkelkinder kümmern. Ich will mit meinem Mann leben und auch einen Hund haben.

Wenn meine Eltern einmal alt sind, möchte ich, dass sie in meiner Nähe wohnen. Sie wollen beide in einem Dorf leben, Tiere haben, Gemüse und Früchte anpflanzen und ruhig und gemeinsam in der Natur ihre Zeit verbringen. Die Hauptsa-che für mich ist, dass sie glücklich sind.

Wir sollten uns alle daran erinnern, dass wir uns um unsere Eltern, Großeltern und andere ältere Menschen kümmern sollten. Weil wir alle einmal alt sein werden.

ZIELE & ÄNGSTE ZIELE & ÄNGSTE

FOTOSOben: Arbeiten bis ins hohe Alter ist in Georgien weit verbreitetS. 17 oben: Familie, Freude und Nachbarn spielen eine bedeutende Rolle im sozialen Gefüge GeorgiensS. 17 unten: Viele junge Georgier sehen sich aufgrund der Arbeitsmarktsituation außerstande, in ihne Heimatdörfer zurückzukehren Fo

tos:

Mor

itz L

engl

achn

er, A

nast

asia

Osi

pova

Page 10: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

18 19

DAS STUDIUM IM AUGE,

DEN NEBENJOB IM NACKEN

Von Tsovinar Sukiasyan

A uf der ganzen Welt ist Arbei-ten ein Zeichen der Unabhän-

gigkeit. In Armenien ist es auch so, aber hier ist es ungewöhnlich, dass jemand mit 19 oder 20 Jahren schon eine Arbeit hat. In diesem Alter ist in Armenien ein Studium nahezu selbstverständlich, manchmal so-gar unverzichtbar. Das ganze ist mit der Mentalität dieses Landes ver-bunden. Aber diese verändert sich im Laufe der Zeit, weshalb ich eine Umfrage gemacht habe, um her-auszufinden, wie viele Studierende neben dem Studium noch einem Job nachgehen und ob dieser etwas mit dem Studienfach zu tun hat.

An der mit Google Forms durchge-führten Umfrage haben mehr als 500 BA- und MA-Studierende ver-schiedener Universitäten Armeni-ens teilgenommen. In der Umfrage wurden keine sogenannten „Fern-studenten“ berücksichtigt, da diese im Regelfall bereits beruflich tätig sind.

30% der Befragten studieren und haben einen Job. 70% arbeiten noch nicht. Es ist auffällig, dass das

ZIELE & ÄNGSTE

Studieren und gleichzeitige Arbeiten im 3. Studienjahr fast der Normalfall ist. In den 1. und 2. Studienjahren kommt dieser Fall sehr selten vor.

Da jeder Studierende den Wunsch hat, nach dem Ab-schluss in einem Feld zu arbeiten, dass mit seinem Stu-dium zu tun hat, ist es interessant, zu fragen, wie viele der arbeitenden Studierenden (30%), einen adäquaten Job gefunden haben. 51% dieser Studierenden haben einen mit dem Studienfach verbundenen Job, was ja echt enttäuschend ist. Ein Grund dafür sind die gerin-gen Arbeitsplätze. Außerdem verlangen die meisten Arbeitgeber in Armenien Berufserfahrung und das ha-ben die Studierenden natürlich noch nicht.

Warum arbeiten Studierende anstatt sich auf das Studium zu konzentrieren? Dafür gibt es verschiede-ne Gründe. Der häufigste Grund für Nebenjobs sind die verpflichtenden Studiengebühren. Ein weiteres Problem ist, dass ein großer Teil der Studierenden in Jerewan Wohnungen mietet, weshalb sie sich noch mehr Sorgen machen müssen, da die Eltern das Gan-ze meist nicht finanzieren können. Leider muss man also feststellen, dass die Studierenden wegen finanzi-ellen Schwierigkeiten zum Arbeiten gezwungen sind. Ich hoffe aber, dass es auch solche gibt, denen das Ar-beiten Spaß macht. Außerdem kann die Kombination von Job und Studium helfen, seinen Tag effizienter zu planen.

Man muss anmerken, dass sich die Zahl der arbeiten-den Studierenden im Laufe der Zeit vergrößert hat, was vor allem auf die steigenden Studiengebühren zurückzuführen ist, denn je weniger Studierende es gibt desto höher sind die Gebühren. Allerdings ent-scheiden sich im Allgemeinen immer mehr für einen Nebenjob und jeder Studierende hat unterschiedliche Gründe hierfür.

Von Merri Smbatyan

Die größten Ängste der Armenier sind ohne Zweifel mit der militärischen Lage des Landes verbunden, denn sämtliche Familien haben Angehörige und Freunde, die bei der Armee dienen. Diese Zahlen sind in meinen Ergebnissen nicht einberechnet. Die Umfrage zeigt aber auch, dass 80% der Befragten Angst vor dem Alleinbleiben und Verlust Verwandter, 5% vor Gott und 5% vor Dunkelheit haben. 10% der Befragten fürchten sich vor allerlei Krabbeltieren und Schlangen, vor Hunden, vor Wasser, vor dem Fliegen und Fahrstühlen. Enttäuschungen, Misser-folge bei der Arbeit und natürlich das Älterwerden sind ebenfalls bedrohlich für einige Armenier.Erstaunlich ist, dass bei Armeniern der Aspekt der Hoffnung eine große Rolle spielt. Jugendliche meinten jedoch zumeist, dass sie keine Hoffnung, sondern Ziele haben, die sie verwirklichen müssen. Für die meisten Befragten waren die folgenden vier Punkte am wich-tigsten: eine gute Ausbildung, ein guter Job, eine stabile Familie und natürlich nützlich zu sein für sein Land.

Angst… Zukunft… Hoffnung… Das beste Mittel gegen Angst ist, mit seinen eigenen Kräften dagegen anzu-kämpfen. Das wichtigste für die Zukunft sind Ziele, Ehrgeiz, Ausdauer und Selbständigkeit. Wenn du eine große Zukunft haben willst, lass deine Ängste hinter dir und sei selbst deine größte Hoffnung.Für mich war es interessant, zu sehen, was für Ängste und Ziele armenische Jugendliche haben. Die meis-ten der Befragten sehnen sich primär nach einer gesicherten Arbeit und einer stabilen Familie. Dies hängt mit der schlechten Arbeitsmarktsituation für Jugendliche in Armenien zusammen. Und wer keinen Job findet, fährt ins Ausland, um dort zu arbeiten. Dadurch werden viele Familien getrennt. Trotz allem ist die Mehrheit der armenischen Jugendlichen zielori-entiert und in den meisten Fällen geben sie nicht auf.

Angst… Beschleunigung der Herztätigkeit, kalter Schweiß, ein Gefühl, als hätte man einen Knochen im Hals und unregelmäßige Bewegungen. Wir fürchten uns vor allem vor dem Verlust unserer Verwandten, vor Unfällen, vor dem Tod, vor (wilden) Tieren, aber es gibt auch Ängste, die unsere Phantasie erfindet.

Ich habe eine Internet- und Straßenumfrage durch-geführt, um zu sehen, was für Ängste Menschen

in Armenien haben und was sie sich für ihre bezie-hungsweise die Zukunft ihrer Kinder erhoffen.

ZUKUNFT ZWISCHEN ANGST UND HOFFNUNG

Ich fürchte gesundheitliche Probleme und bin besorgt um andere. Alles was ich möchte ist, dass meine Kinder ihren

Platz in diesem Leben finden und selbständig werden.

Gohar, Lehrerin (65)

Ich habe Angst vor dem Verlust von Verwandten, vor betrügerischen Menschen und natürlich vor den Niederlagen Barcelonas. Für mich sind meine Ziele wichtig und ich hoffe,

dass ich sie erreichen und Bedürftigen helfen kann.

Diana, Studentin (20)

Ich habe Angst vor meinen Dummheiten. Die Familie, Liebe und eine gute Arbeit sind für mich sehr bedeutend.

Lusine, Studentin (21)

Meine größte Angst ist, dass die Zeit vergeht und ich es nicht schaffe, meine Wünsche zu realisieren.

Armine, Studentin (20)

Ich habe Angst vor Gott. In Zukunft achte ich mehr auf mich selbst, denn jeder ist seines Glückes Schmied.

Hasmik, Schuldirektorin (40)

Ich habe keine Ängste. Ich hoffe nur, in Zukunft eine Partnerin zu finden und eine glückliche Familie zu haben.

Armen, Journalist (35)

˝

˝

ZIELE & ÄNGSTE

Das Spektrum studentischer

Nebenjobs reicht oft weit.Die Bezahlung ist jedoch meist karg

Foto

: Ana

stas

ia O

sipo

va

Foto

: Ana

stas

ia O

sipo

va

Page 11: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

20 21

Von Anna Arsenyan und Siranusch Hovhannisyan

Einer dieser sehenswerten Orte ist das Kloster Tatev oberhalb der Schlucht des Flusses Worotan, in der

Nähe der Stadt Goris. Dieses Kloster stammt aus dem 9. Jahrhundert und war eine der modernsten mittelalterlichen Universitäten Armeniens. Hier wirkten Philosophen, Musiker, Maler, Kalligrafen und Mönche. Die Gelehrten des Klosters erstellten Manuskripte für die gesamte armenische Welt. Tatev war das politische Zentrum des Fürstentums Syunik und der Sitz dessen Erzbischofs. Die Klosteranlage umfasst drei Kirchen. Die Wichtigste ist die Kirche Peter und Paul, Surb Poghos-Petros, erbaut zwischen 895 und 906. Außerdem bestand die Klosteranlage aus Lehrräumen, Zellen für Mönche, einer Bibliothek, einem Speisesaal, einem Glockenturm sowie weiteren Nebengebäuden.

1931 verursachte ein Erdbeben große Schäden. Die verbleibenden Gebäude zeugen von der damaligen Schönheit und Größe der Anlage. Nach dem Erdbeben

wurde das Kloster von 1974 bis 1998 wiedererrichtet. Im Garten des Klosters ragt eine 904 erbaute acht Meter hohe „pendelnde Säule“ (Gavazan) in den Himmel. Diese Säule pendelte während des Erdbebens und warnte, der Legende zufolge, wenn sich feindliche Truppen näherten. Diese Säule faszinierte mit ihr Merkwürdigkeit und Schönheit Angreifer so sehr, dass sie es nicht wagten, dass Kloster zu zerstören.

Der Ursprung des Namens Tatev ist nicht sicher belegt. Einer Legende nach konnte dessen Architekt nicht von einer soeben erbauten Kuppel herabsteigen, weshalb er rief: „Togh astvats indz ta-tew“ (dt. „Möge Gott mir Flügel geben“).

Laut einer anderen Legende wurde das Kloster nach Sankt Eustathius benannt. Dieser war einer der 70 Schüler des Apostels Thaddäus, der das Christentum in Syunik verbreitete.

MÖGE GOTT MIR FLÜGEL GEBEN

Viele nennen unser Heimatland Armenien ein Freilichtmuseum. Dafür gibt es viele Gründe. Armenien ist reich an alten Kirchen und Klöstern, historischen Museen und schönen Landschaften.

Bereits seit langem wird das Kloster besucht, aber nach dem Bau einer Seilbahn nahm die Zahl der Touristen bedeutend zu. Die im Oktober 2010 eröffnete Seilbahn „Wings of Tatev“ wurde vom Schweizer Kompetenzzentrum der österreichisch-schweizerischen Firma Doppelmayr/Garaventa als Teil eines touristischen Aufbauplanes in Armenien errichtet. Die Doppelmayr/Garaventa-Gruppe ist Weltmarktführer im Seilbahnbau.

Die Tatev-Seilbahn verbindet die Dörfer Halidzor mit Tatev und dem dortigen Kloster. Die Länge der Seilbahn beträgt 5750 Meter. Es ist die weltweit längste Strecke, die eine Pendel-Seilbahn ohne Halt zurücklegt. Die zwei 25-Personen-Pendelbahnen schwingen sich elf Minuten über die malerische Schlucht des Flusses Worotan. Die Einwohner der beiden verbundenen Orte Tatev und Halidzor dürfen die Seilbahn unentgeltlich benutzen.

Die spektakuläre Seilbahn und das Kloster Tatev gehören zu den Must-See-Orten Armeniens.

Von oben ist die Schlucht des Flußes Worotan zu sehen. Während der Fahrt wird die ganze Geschichte der Seilbahn erzählt. Damals kostete die Fahrt 3000 Dram und es lohnt sich, wenigstens einmal mit der Seilbahn zu fahren. Zuerst hatte ich Angst aber dann war ich von der Schönheit der Natur so fasziniert, dass ich auf meine Angst nicht mehr achtete.

Nur elf Minuten dauert die Fahrt mit der Kabinenseilbahn von Halidzor zum Kloster Tatev. Sehr eindrucksvoll!

Ich hatte keine Angst. Ich mag die Höhe, aber gleichzeitig hielt ich die Fahrt für riskant. Unten befindet sich das Kloster Poghos-Petros. Es war angenehm, den kurvigen Weg zum Kloster von oben zu sehen.

Zuerst hatte ich Angst, aber die Aussicht war einfach atemberaubend. Ich habe es wirklich genossen.

Ein unvergesslicher Moment! Das ist wie im Traum. Wir werden zurückkehren!

Ein Wunderschönes Erlebnis, besonders wenn man an die Entfernung zwischen den beiden Orten denkt, die mit der Seilbahn verbunden sind. Wie ist das alles gebaut worden?!

Mir selbst gefällt die Höhe. Schon drei Mal bin ich mit dieser Seilbahn gefahren und jedes Mal hatte ich ein anderes Gefühl. Wenn ich noch einmal zurückkomme, werde ich die Chance, mit der Seilbahn zu fahren, wieder ergreifen.

Ein sehr schöner Ort. Es ist angenehm, dort im Café zu sitzen, einen Kaffee zu trinken und dabei die Natur zu genießen.

Wunderbar! Das ist einer von vielen beeindruckenden Orten, die man besuchen muss, wenn man in Armenien ist.

DAS SAGEN BESUCHER DES KLOSTERS TATEV

UNSER LEBEN UNSER LEBEN

˝

˝ Malerische Schlucht des Flusses Worotan Fotos: David Muckenhuber (l.), Anastasia Osipova (r.)

Page 12: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

22 23

Die Geschichten sind verschieden, doch das Unglück vereint alle.

Bereits 30 Jahre sind seit dem Erdbeben von Spitak vergangen. Doch Gyumri hat sich nie richtig von den Folgen des Erdbebens erholt. Die alte Stadt blieb bis heute zu großen Teilen zerstört. Manche Ruinen stehen noch wie „lebende Mahnmale“ und erin-nern an die furchtbare Katastrophe.

Die zweitgrößte Stadt Armeniens hatte vor dem Erdbeben 230.000 Einwohner. Heute leben noch 150.000 Menschen in der Stadt. Für die Überlebenden sind die Folgen immer noch dramatisch. Unmittelbar nach dem Erdbeben war die internati-onale Hilfsbereitschaft – so auch von Österreich – groß. Vielen internationalen Hilfsorganisationen und Privatinitiativen ist die Stadt zu Dank verpflichtet, doch die Hilfe hat zu kurz gegriffen. Nach dem Erdbeben ist hier die Zeit stehen geblieben. Die Stadt versank im Dornröschenschlaf.

Noch heute leben tausende Menschen in Notunterkünften (in Jurten, Zelten, Garagen und Wohncontainern) unter extrem schwierigen Bedingungen. Diese Container waren eigentlich als Übergangslösung gedacht, doch vielen Bewohnern fehlt das Geld. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. 70 Prozent der Menschen leben unter oder an der Armutsgrenze. Das ist mehr als doppelt so viel wie in anderen Regionen Armeniens. Nahezu keine Cont-ainer verfügen über eine Heizung oder Isolierung. Besonders hart sind die Winter. Die Temperaturen erreichen im Winter bis zu minus 30 Grad.

Obwohl das Leben in der Stadt noch schwer ist und viele Bewoh-ner arbeitslos sind, obwohl es in der Stadt keine einzige Firma gibt und die Bewohner noch traurig sind, obwohl die schreckli-chen Erinnerungen und Anblicke aus dem Gedächtnis nicht zu löschen sind, ist die Hoffnung auf eine bessere Zukunft stark. Jugendliche organisieren verschiedene Projekte (z.B.: „Eine Post-karte, eine Wohnung“), um wieder funktionierendes Leben und Stabilität in die Stadt zurückzubringen und um die Zahl der Obdachlosen zu reduzieren.

Manchmal ist das Leben wirklich hart. Doch nichts kann die Menschen in Gyumri aus der Bahn werfen.

DER TRAURIGE MORGEN DER GLÜCKLICHEN STADT

Von Ani Igityan

Mit einer geschätzten Anzahl von mindestens 25.000 Toten und bis zu einer Million Obdachlosen zählt es zu den schwersten Erdbeben der letzten Jahrzehnte. Binnen 40

Sekunden hat das Erdbeben die Stadt in ein riesiges Trümmerfeld und in eine Steinwüste verwandelt. Unzählige Hochhäuser wurden zerstört, darunter viele Schulen und Kinder-gärten, die vormittags voll besetzt waren. Tausende Bewohner der Stadt wurden unter den Ruinen begraben, es gab tausende Opfer. Es war für alle Familien eine Tragödie uner-messlichen Ausmaßes.

7. Dezember, 11:41 Uhr. Ich musste in die Schule gehen, als sich etwas Außergewöhnliches ereig-nete. Es dauerte nur einige Sekunden. Die Wände begannen, sich in Wellen zu bewegen und zu knacken. Durch diese Risse zogen Staubwolken. Keine Ahnung was passierte. Ich floh ins Wohn-zimmer. Bodenbretter sprangen hoch. Alle Wände waren schon zerstört…Mir war schwindlig… unsere Nähmaschine begann, sich verrückt im Kreis zu bewegen. Sie kam bis an die Badezim-mertür heran, und kam wieder zurück… dann traf sie mich und warf mich unter den Tisch. Dieser wurde ein Fahrstuhl für mich, der Boden öffnete sich und wir – die Nähmaschine und ich – stürzten nach unten, erzählt der Gyumrier Maler Karen Barseghyan. Der 9-jährige Junge hatte Glück im Unglück. Er überlebte zwei Tage unter den Ruinen.

Ich sah gar nichts, es war dunkel. Keine Stimme. Ich konnte mich nicht bewegen und meine Hand war eingeklemmt… Atmen fiel schwer.

Nach der Katastrophe wurde der Künstler zwei Jahre lang behandelt. Um seine Hand wieder spüren zu können, begann er zu malen.

In den ersten drei bis vier Stunden blieb die in Ruinen verwandelte Stadt alleine mit ihrem schweren Schicksalsschlag. Es war unmöglich, mit der Hauptstadt Jerewan oder mit ande-ren Städten Kontakt aufzunehmen. Die Menschen rannten verängstigt auf die Straßen. Alle suchten in Trümmern, trotz der sinkenden Chancen, nach Verschütteten und brach-ten Verletzte in Sicherheit. Doch in all dem Unglück geschah ein Wunder. In der Familie Mirzoyan kam das erste Kind zur Welt. Xanum ist eines von sieben Kindern, das am 7. Dezember 1988 in Leninakan geboren wurde.

Beim Erdbeben kam meine Tante ums Leben. Im gleichen Haus Trauer und Freude zugleich, schildert Xanum Mirzoyan.

Die Überlebenden waren stumm. Die eigene Stadt war fremd. Wie ist es, eine Katastrophe zu überleben, die vielen anderen das Leben gekostet hat? Viele wollten lieber sterben als das alles mit eigenen Augen zu sehen.

Vielleicht hatten wir etwas Unrechtes getan, dass wir überlebt haben.

Das Jahr 1988 war fatal für meine Heimatstadt. Während des schrecklichen Erdbebens wurde Gyumri völlig zerstört und in Ruinen verwandelt. In der Region

kommt es häufiger zu Erdbeben, kaum eines jedoch hatte so verheerende Folgen wie jenes am 7. Dezember 1988.

Foto

s: A

nast

asia

Osi

pova

Ich war auf dem Weg nach Hause… Ich spür-te, dass die Erde sich unter meinen Füßen auf und ab bewegte. Zuerst dachte ich, dass ein schwerer Zug hinter mir vorbeigefahren war. Aber als ich mich umdrehte, merkte ich, dass sich die Erde in einer riesigen Welle auf mich zubewegte. Dann hat es gerumst und auf der gegenüberliegenden Straßen-seite war ein Haus in einer riesigen Staub-wolke zusammengebrochen. Der Boden, die Häuser, einfach alles war in Bewegung. Ich konnte mich nur mit Schwierigkeiten auf den Beinen halten, erzählt der 70-jährige Bewohner Hamlet.

Alle mehrstöckigen Gebäude in der Umge-bung stürzten nacheinander ein. Ich beeil-te mich, nach Hause zu kommen. Als ich an meinem Wohnhaus ankam, lag alles in Trüm-mern. Niemand war mehr zu sehen. Meine Frau und mein Sohn hatten sich im Gebäu-de befunden. Ich dachte schon, ich würde sie niemals wieder sehen… doch nach zwei Tagen hörte ich Rufe der Rettungskräfte! Meine Frau und mein Sohn überlebten als einzige des eingestürzten Hauses… aber meine Tochter… sie konnte nur noch tot geborgen werden.

Der Boden begann heftig zu vibrieren. Wir verstanden nicht, was los war... ich habe gedacht, die Türken bombardieren uns. Es schien, als würde sich die Hölle auftun. Häuser stürzten lärmend ein. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich dort nicht alleine war, jemand starrte mich an und bewegte sich nicht… er sprach auch nicht. Ich konnte aus diesem schrecklichen Traum nicht erwachen. Erst nach der Rettung erfuhr ich, dass es ein Erdbeben gegeben hatte und ich drei Tage unter Ruinen verschüttet gewesen war, erinnert sich die Überlebende Gohar.

Es war unbeschreiblich. Überall waren Chaos, Verletzte, Leichen und Blut. Wir verstanden

nicht was passierte und was wir machen soll-ten. Es war ein schrecklicher Anblick.

˝˝

UNSER LEBEN UNSER LEBEN

Ruine eines Wohnheimes auf einer der Zentralstraßen; die andere Hälfte ist bewohnt

Page 13: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

24 25

UNSER LEBEN

Ein Anziehungspunk für Jung und Alt -

der traumhafte Gastgarten

Alleine der gemütliche Stockhammersaal bietet bereits 242 Personen Platz

Foto

s: m

arke

ting

conc

epts

Jeder mag ein köstliches Bier, am besten frisch gezapft, direkt aus einem traditionellem Holzfass. Wo gibt es das noch? Die Antwort lautet, im

Augustiner Bräustübl im Salzburger Stadtteil Mülln.

EIN GUTER TRUNK

MACHT ALTE JUNG

Von Gayane Harutyunyan

Das ist dort völlig normal und sogar Regen oder schlechtes Wetter können die Freude der Besu-cher nicht trüben. Das Bräustübl ist der perfek-te Ort, wenn man sich mit einer großen Gruppe treffen oder einfach mit ein paar Freunden Bier trinken will. Ein bunter gesellschaftlicher Mix, der das Augustiner Bräu zu einem wahren Kommu-nikationstreffpunkt für Einheimische und Tou-risten macht. Das Bier des Augustiner Bräus mit seinem unverwechselbaren Charakter schmeckt Bierliebhabern aus der ganzen Welt. Platz gibt es genug und Bier sowieso. Der jährliche Produkti-onsmenge beträgt bis zu 13.000 Hektoliter. Ein Großteil fließt direkt aus dem Holzfass in die tra-ditionellen Steinkrüge der Gäste. Das Besondere ist, dass das Bier bis heute nach altem Rezept (rein aus Malz, Wasser, Hopfen und Hefe) ganz ohne Konservierungsstoffe und groß-teils von Hand gebraut wird. Die Besucher können im gemütlichen Biergarten unter den großen Kas-tanienbäumen die feine Tropfen des Bieres ver-kosten. Das Augustiner Bräustübl ist, wie bereits erwähnt, die größte Gaststätte Österreichs und allein der Gastgarten bietet seinen Gästen etwa 1500 Sitzgelegenheiten. Aber außer diesem Gar-ten hat das Augustiner Bräustübl auch drinnen ca. 1200 Sitzplätze, sodass für jeden das „richtige Platzerl“ gefunden werden kann.

Das Augustiner Bräustübl ist deshalb ein absolutes Muss, das bei keinem Salzburg-Besuch fehlen darf.

Das Augustiner Bräustübl in Salzburg-Mülln, von Einheimischen kurz Müllner Bräu genannt,

ist Österreichs größte Gaststätte und gilt als welt-berühmte Institution in Sachen Bier. Sie befin-det sich am Fuße des Mönchsbergs und wurde im Jahre 1621 von Augustinermönchen gegrün-det. Doch das Augustiner Bräustübl glänzt nicht nur durch sein Bier alleine, es besitzt auch einen der schönsten Gastgärten in Österreich, einen Ort der Begegnung und der Tradition. Das Besondere ist, dass man trotz reichhaltigem Angebot an Essen sein eigenes mitbringen und vor Ort genießen kann.

UNSER LEBENBi

ld: A

sya

Hak

hnat

sary

an

Bild (links):Blick über die Salzach auf die Salzburger Altstadt

Page 14: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

26 27

UNSER LEBENUNSER LEBEN

ZURÜCK IN DIE

SCHULE Von Carla Ruprecht

- Ich unterrichte jeden Mittwoch in Geghaschen. - Du unterrichtest wo? So reagierten die meisten, wenn ich von meinem Unterrichtspraktikum in der Kotayk-Region erzählte. „Warum genau diese Schule?“, ist dann in der Regel die zweite Frage. Nur wenige wissen, dass die Schule in Geghaschen eine Partnerschule des österreichischen Bildungsministeriums ist. Regelmäßig reisen die dortigen Lehrerinnen für Fortbildungen nach Wien, Materialien werden zur Verfügung gestellt, sogar der österreichische Botschafter für Armenien, Dr. Alois Kraut, kam zu Besuch und der Beweis, dass die Welt klein ist: Mein ehemaliger Chef des Österreich Insti-tuts Bratislava absolvierte hier seinen zweiwöchigen pädagogischen Kurzaufenthalt.

Zugegeben, bis kurz vor meiner Abreise nach Arme-nien wusste ich nicht einmal, dass es in Armenien österreichische Partnerschulen gibt. Wie es der Zufall so wollte, kam ich über mehrere Ecken an die höchst engagierten Zuständigen des Bildungsministeriums, die mir das Praktikum anboten, mich mit kostbaren Materialien versorgten und für meine Transportkos-ten von Jerewan zur Schule und zurück aufkamen.

Mein erster Eindruck in der Schule war: Fast alle Kinder sprechen Deutsch! Ich war sehr überrascht und erfreut darüber. Angefangen in der 3. Klasse können schon die 9-Jährigen einzelne Begrüßungen und Floskeln auf Deutsch sagen, die sie bei meinem ersten Besuch ganz stolz im Chor präsentierten. Im Laufe des Praktikums kamen die kleinen Uniformträ-ger immer wieder zum Lehrerzimmer, um ein schüch-ternes „Guten Tag“ loszuwerden, und dann kichernd wegzulaufen – ich schmolz dahin.

So entzückend die Kleinen waren, meine Zielgruppe waren die Teenager. Mit den beiden Deutschlehre-rinnen der Schule vereinbarten wir, dass ich in der 8. bis zur 11. Klasse unterrichten konnte, sprich 14- bis 17-Jährige – Pubertät pur. Schon bei den ersten

Besuchen wurde ich neugierig beäugt: „Wer ist denn die da?“, dachten sie sich wahrscheinlich. Doch ich war mindestens genauso aufgeregt. In den ersten Wochen versuchte ich, die Gruppen kennenzuler-nen, mir möglichst alle Namen zu merken (so viele beginnen mit „A“!) sowie mir generell ein Bild ihres Sprachniveaus zu machen. Ich beobachtete, dass die SchülerInnen allgemein sehr sprechscheu sind, was aber auch an ihrer Aufregung liegen könnte. Mit Sprachspielen, Liedern und Bildern versuchte ich, sie zu motivieren und ich hatte den Eindruck, sie langsam auftauen zu sehen. Zwar war jedes frühe Aufstehen an den Mittwochen ein kleiner Kampf für mich, jedoch machte es alles wieder wett, als ich die Klassen betrat und mir die SchülerInnen entgegenstrahlten.

Natürlich war nicht immer alles rosig. Oft war ich am Rande der Verzweiflung, als ich in Klassen kam, die schon mehrere Jahre Deutsch lernten und ich in entsetzte Gesichter nach meiner „Wie geht es?“-Frage blickte. Doch mit der Hilfe der Lehrerinnen, die mit Übersetzungen halfen, bewältigten wir auch das.

Sobald ich das Gefühl hatte, dass sich mein Unterricht an der Schule halbwegs eingependelt hatte, starteten politische Protestbewegungen in Jerewan sowie ganz Armenien. Oft waren die Straßen blockiert, die Lehr-kräfte protestierten. Ich freute mich für die Armenier, jedoch fehlte mir auch das Unterrichten, das mir zu dieser Zeit nicht möglich war. Nach dem Ende der Revolution blieben nur noch wenige Unterrichtstage bis zum Semesterschluss. Traurig über diese Tatsache kam mir die Idee einer Art Sommerschule im Dorf, die dank freundlicher Unterstützung aus Wien umge-setzt werden konnte. Zwei anstrengende aber schö-ne Wochen lang, Mitte Juni bis Anfang Juli, trainierte ich mit den SchülerInnen und konnte zeigen, dass Deutsch auch Spaß machen kann.

Foto

: Mor

itz L

engl

achn

er

Märchen öffnen Türen Beeindruckende Aufführung Schneewittchens in Geghaschen

Von Lilit Nalbandyan

REISE UM DIE

WELT Das Ausbildung im Ausland hat mein Leben in vielerlei Hinsicht verändert. Ich war eine FLEX’19 Austauschschülerin in den USA.

FLEX ist ein Austauschprogramm, welches Schü-lern die Chance gibt, im Ausland zu studieren,

bei einer amerikanischen Familie zu leben und eine neue Kultur kennenzulernen. Das Jahr in den USA war eines der besten Jahre meines Lebens, weil ich viele neue Dinge erleben durfte. Ich bin in eine amerikanische Schule gegangen, habe freiwillig in einer öffentlichen Bibliothek gearbeitet, viele Leu-te aus verschiedenen Ländern kennengelernt und bin eine unabhängige, zuversichtliche und gesellige Person geworden.Eine Ausbildung im Ausland ist eine Lebenserfah-rung, die jeder machen sollte. Es erweitert den Horizont und öffnet neue Wege und Chancen für deine zukünftige Karriere. Du hast die Chance eine neues Land und dessen Kultur zu entdecken. Zu-dem lernst du ein neues Bildungssystem kennen. Ich habe Fächer studiert, die wir in Armenien in der Schule nicht kennen, beispielsweise Chinesisch, Soziologie, Psychologie und Politik. Ich habe es ge-nossen, diese Lektionen zu lernen, weil sie für mich neu waren. Wenn du zurückkommst, bekommst du eine neue Perspektive auf Kultur, Sprachkenntnisse, Bildung und die Bereitschaft, Neues zu lernen. Du entwi-ckelst neue Interessen und schließt neue Freund-schaften. Vor meiner Ausbildung im Ausland hatte ich angefangen, alleine Deutsch zu lernen, aber in den USA habe ich es in der Schule fortgesetzt und jetzt lerne ich weiter. Ich hoffe, dass ich einmal in Deutschland studieren kann. Ich arbeite viel und ich bin sicher, dass harte Arbeit mir helfen wird, mein Ziel zu erreichen. Es ist eine einmalige Chan-ce im Leben. Also nutze die Chance und reise um die Welt. Geh und lerne andere Kulturen kennen. Es gibt nichts Besseres als das!

Page 15: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

28 29

UNSER LEBEN UNSER LEBEN

„Dorfleben ist... von weitem hören, wer gleich vorbeigefahren kommt...“

Armenische Dörfer werden geprägt von ihren gastfreundlichen, bodenständigen und familienverbundenen Bewohnern

DORFLEBEN IN ARMENIEN –

EIN VERLORENES PARADIES

Von Araksja Iritsyan

Man hat ständig das Problem, eine Arbeit zu finden. Die Arbeitslosigkeit ist sehr verbreitet, deshalb sind im Sommer in den Dörfern nur Kinder, Frauen und alte Menschen zu sehen, die oft traurig und ruhebe-dürftig aussehen. Die Augen der Kinder sind darüber hinaus häufig mit grenzenloser Sehnsucht erfüllt. Warum? Das erkläre ich jetzt. Da es im Dorf keine festen Arbeitsstellen gibt, fahren viele Männer jähr-lich ins Ausland – vor allem nach Russland –, wo sie in befristeten Jobs tätig sind, um ihre Familien versor-gen zu können. Das Ergebnis ist, dass die harte länd-liche Arbeit auf den Schultern der Frauen und Alten liegt, während sich die Kinder nach ihren Vätern, Opas oder Brüdern sehnen. Man kann sich nicht vor-stellen, was für ein Glücksgefühl die Kleinen haben, wenn ihre Familienmitglieder, Verwandten oder Be-kannten wieder nach Hause kommen. Das können nur diejenigen verstehen, die es erlebt haben.

Am Ende möchte ich noch eines betonen. Trotz all dieser Schwierigkeiten lächeln die Kinder, machen Witze und, was besonders wichtig ist, sie haben ihre Hoffnung nicht verloren, sind optimistisch und war-ten darauf, dass eines Tages alles gut sein wird und sie ihre Heimat und ihre Familie nicht mehr verlas-sen müssen. Kinder sollen in einer vollständigen Fa-milie aufwachsen.

Ich bin ein Dorfkind. Meine Kindheit habe ich in einem kleinen armenischen Dorf ver-

bracht und diese Zeiten waren für mich die schönsten, sorglosesten und unvergesslichs-ten Momenten meines Lebens, weil ich da-mals noch nicht wusste, wie schwer es ist, im Dorf zu wohnen, zu arbeiten und etwas zu machen.

Mein Dorf liegt nicht so weit vom Sewanseeu-fer entfernt und ist von Bergen umgeben. Auf den ersten Blick erscheint es wie ein Paradies: reine Natur, atemberaubende Umgebung, majestätische Berge, reizende Landschaf-ten und einfache gastfreundliche Menschen. Jetzt sagen Sie vielleicht: „Alles ist perfekt, um hier glücklich zu leben. Man darf sich nicht be-schweren. Was braucht man mehr?“. Naja, die Dorfbewohner haben hier die Möglichkeit, sich wohl zu fühlen, aber das war bislang nur die schöne Seite der Geschichte, denn es gibt ein enorm großes Problem in meinem und nahezu jedem anderen armenischen Dorf.

Foto

s: M

oritz

Len

glac

hner

, Ana

stas

ia O

sipo

va

Page 16: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

30 31

UNSER LEBEN UNSER LEBEN

WARUM SOLL ICH

MEINE TRADITIONELLE

KLEIDUNG NICHT

TRAGEN?Von Iren Saqoyan und Amalja Hovhannisyan

Was ist heutzutage modisch und was altmodisch? Diese Frage ist

gegenwärtig sehr aktuell. Jedes Land hat seine eigene interes-sante Kultur. Dazu gehören auch die

nationalen Trachten. Diese sind ein besonderer Teil der Kultur.

Unter dem Begriff „Tracht“ versteht man tradi-tionelle, historische, für ein Land oder eine

Region typische sowie mit dem Familienstand und dem Beruf verbundene Kleidung. In diesem Artikel möchten wir besonders über die österreichischen und armenischen Trachten sprechen und der Fra-ge nachgehen, ob diese jetzt modern oder schon altmodisch sind.

Die Forschung unterscheidet seit dem 19. Jahr-hundert verschiedene österreichische Trachten aus Materialien wie Leder, Leinen und Wolle. Ty-pisch für eine österreichische Frauentracht sind beispielsweise das aus mehreren Bestandteilen bestehende Dirndl-Kleid und manchmal festliche Hauben aus Pelz sowie Krönchen aus Gold- und Silberfiligran (Goldhaube). Männer tragen hirsch- oder gämslederne kurze oder knielange Hosen, Anzüge aus grauem oder braunem Loden oder Tuch mit farbigen Aufschlägen (Steireranzug).

Bereits früher waren Trachtenelemente in die ös-terreichische Mode übernommen worden und prägend für das Kleidungsverhalten weiter Be-völkerungskreise. So wurden seit dem späten 19. Jahrhundert Trachten als Kennzeichen des „Öster-reichischen“ in der Werbung (Tourismus, Lebens-mittel, usw.) eingesetzt. In den letzten Jahren hat in Österreich die Tracht. Fo

to: M

aras

hlya

n

Armenische Familie in traditioneller Tracht

Österreichische Tracht: Dirndl und Lederhose

Traditionelle armenische Kleidung

Bild

er: A

sya

Hak

hnat

sary

an

In Armenien ist die Situation anders. Zuerst einmal wissen sehr wenige Menschen, dass es zwei Kategorien armenischer National-kleidung gibt: Östliche und Westliche. Dies ist auf den Wohnort des armenischen Volkes in früheren Zeiten zurückzuführen. Waffen waren außerdem ein fester Bestandteil der Kleidung jedes Mannes. Der Grund hierfür war das gefahrvolle Leben im Kaukasus. Ein wesentlicher Bestandteil der Frauenkleidung war der Kopfschmuck. An diesem konnte man den sozialen Status der Frauen erkennen.

Und wie findet man die Trachten in Armenien? Altmodisch oder modern?

Die 19-jährige armenische Studentin Christi-ne Adonts, die sehr gern jeden Tag Trachten trägt, meint dazu: „Warum soll ich meine tra-ditionelle Kleidung nicht tragen? Selbstver-ständlich mache ich das, denn es ist meine Nationaltracht und sie ist typisch für mein Hei-matland. Alle meine Familienmitglieder tragen sowohl gern Trachten als auch traditionelle Schmucksachen“.

Wichtig ist, dass man sich kurze Zeit wie ein echter Armenier fühlen kann

Im Herzen der Hauptstadt befindet sich das ganz besondere und mit der Tradition eng verbundene „Marashlyan“-Fotostudio. Die Di-rektorin Emma Marashlyan lebte lange Zeit in Russland. Als sie vor fünf Jahren nach Ar-menien zurückkam, beschloss sie, ein Fotostu-dio zu gründen. „Ich war sicher, dass es eng mit der alten armenischen Kultur verbunden sein soll“. Ihr Antrieb war es, die armenische Tradition, besonders alte traditionelle Trach-ten verschiedener Zeiten und Regionen, bei-spielsweise Kars, Artsakh (dt. Karabach) und Vaspurakan, zu bewahren. „Vor fünf Jahren hatten viele die alten armenischen Trachten bereits vergessen gehabt. Doch um diese wie-der bekannt zu machen, kann man bei uns Fo-tos mit diesen traditionellen Kleidungsstücken machen. Selbstverständlich kann jeder kom-men, egal woher man kommt. Wichtig ist, dass man sich kurze Zeit wie ein echter Armenier fühlen kann“.

Page 17: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

32 33

KUNST & KULTUR KUNST & KULTUR

VON DEN KLASSIKERN ZUR

ENTDECKUNG EINES NEUEN

PLANETEN

Von Milena Jilavyan

Tänze und Musik sind untrennbare, cha-rakteristische Teile der Geschichte von

Nationen. Die klassische armenische Mu-sik wird durch die Instrumente Duduk, Saz, Kamancha, Tar und Kanun charakterisiert. Die armenische Kultur und besonders die Musik haben uns einige unverwechselbare Namen wie etwa Komitas, Sayat-Nova, Aram Khachatryan, Tigran Mansuryan und Robert Amirkhanyan beschert. Aber was können wir über die heutige Zeit sagen? Wie fast überall sind auch in Armenien viele Lieder einander sehr ähnlich. Sie haben nichts zu sagen und keinen Sinn. Das betrifft beson-ders das Genre der Popmusik. Das einzige zum Hören würdige Genre ist für mich die Rockmusik. Die letzten Jahren haben in Ar-menien viele junge qualitative Rockgruppen hervorgebracht, die unter Jugendlichen und auch Erwachsenen eine sehr breite Hörer-schaft haben.

Die ersten und ältesten armenischen Rock-gruppen sind in den 60er-Jahren im noch so-wjetischen Armenien entstanden. Beispiele sind Artur Meschyan sowie die Gruppen

Die letzten Jahre kann man in Arme-nien als Jahre der Veränderung in

verschiedenen Bereichen bezeichnen. Das betrifft auch die Musik. Es kamen verschiedene gute und talentvolle Mu-siker und Bands zum Vorschein, die der armenischen Musik neue Schattierungen hinzufügten. Eine dieser Bands ist Nem-ra. Deren Mitglieder, die Studierenden Van, Vaspur und Marianna sowie der äl-tere Marek, haben bewiesen, dass man zusammen trotz jungen Alters eine tolle Arbeit leisten und es auf die großen Büh-nen schaffen kann.

Die Geschichte der Alternative/Indie- Rock Band begann 2012 in Jerewan. Vans Nachbar wollte seine Gitarre wegwer-fen, gab sie ihm aber stattdessen. Van versuchte damals zum ersten Mal, ein Lied zu schreiben. Da die Gitarre sehr alt war, wurden seine Finger ganz blutig. Zusammen mit seinem Bruder Vaspur haben sie Marianna und ihren Bruder Marek kennengelernt, die mit großer Begeisterung als Pianistin und Schlag-zeuger der Gruppe beitraten. So haben die jungen und enthusiastischen Studie-renden einen neuen Weg eingeschlagen.

Asparez, Ayas, Tarerq, Tesilq und Maximum. Im Jahre 1982 ent-stand die berühmte und heute noch sehr beliebte und aktive Gruppe Bambir, 1986 die wohl einflussreichste und ruhmreichs-te Gruppe Vostan Hayots, deren Genre der armenifizierte Har-drock ist. Später wurden auch die Gruppen MDP (Manic Depres-sive Psychosis), Oaksenham und Strangers bekannt. Eine meiner Lieblingsgruppen ist Lav Eli, deren Wirken auf 1996 zurückgeht. Heutzutage noch aktiv sind Nairi, Dorians, Empiray, Reinkarnatsia und Rahvira. Vergessen wir auch die weltberühmte amerikani-sche Gruppe System of a Down nicht, deren Mitglieder alle arme-nischer Herkunft sind. 2016 gab die Band ihr bislang einziges Armenien-Konzert.

Nun will ich über eine Gruppe sprechen, die weder alt, noch neu ist und vor vier Jahren mein Herz erobert hat. Damals war sie noch nicht so bekannt aber jetzt ist alles anders. Sie war wie eine Entdeckung für mich, wie ein neuer Planet in dieser teils verblassten Welt. Sie haben meinen Tag und mein Leben berei-chert. Als ich erstmals eines ihrer Lieder hörte, wusste ich nicht, dass der Sänger Armenier ist. Danach hatte ich eine Zeitlang im-mer einen Ohrwurm. Tag und Nacht sang ich dieses Lied, goo-gelte es und stellte fest… sie sind Armenier! Dann war ich das erste Mal auf einem ihrer Konzerte. Aber nicht weil ich bereits ein Fan war, sondern weil es ein Charity-Konzert für ein Kind war. Von diesem Tag an wurde ich nach und nach ihr Fan.

Die Rede ist von Nemra. Falls Sie sie nicht kennen, drehen Sie zum Beispiel die Lieder Last Chance to Love, Feet in the River, Connec-tion lost oder Born in 94 auf. Nemra wurde 2012 gegründet. Ihr Musikstil ist dem Alternative- und Indie-Rock zuzuordnen. So-wohl die Lieder als auch Musik schreiben sie selbst, meistens der Lead-Sänger und Gitarrist Van Eghiazaryan. Nemra besteht aus vier Mitgliedern, den Brüdern Van und Vaspur (Bass) Egh-iazaryan sowie den Geschwistern Marianna Karakeyan (Vocals und Piano) und Marek Zaborski (Schlagzeug).

Die Fans dieser Gruppe heißen Nemranians. Die Gruppe selbst erhielt aufgrund der speziellen Atmosphäre, die sie mit ihren Liedern schafft, den Beinamen Planet Nemra. Regelmäßig spie-len sie Open-Air Konzerte aber auch in verschiedenen Pubs und Theatern. Also auf geht’s! Fliegen wir zusammen zum Planeten Nemra!

Vostan Hayots - Rockmusik made in Hayastan und bis heute aktiv

Von Lusine Vardanyan und Margarita Sirunyan

Wie für alle jungen und neugegründeten Bands war es auch für Nem-ra schwer, Fuß zu fassen. Aber den Mitgliedern zufolge ist ein trotz Schwierigkeiten erreichter Erfolg nicht zu vergleichen mit einem Erfolg auf leichtem Wege. Und heute fühlen sich die Mitglieder auf der Bühne wie zu Hause. Ihre Lieder sind meistens auf Englisch, aber sie machen auch schöne Covers armenischer Volkslieder.

Ohne ihr Musikprojekt Nemra können sich die Mitglieder ihre Leben nicht mehr vorstellen, da sie in diesem Fall gewöhnlich und langweilig wären. Die Band hat 2016 ihr erstes Album „Mubla“ veröffentlicht („Al-bum“ rückwärts). Auch der Name Nemra ist keine zufällige Kombina-tion der Buchstaben. Wenn man den Namen von rechts liest, erkennt man den Namen „Armen“. Sie möchten dadurch ihre armenische Her-kunft zum Ausdruck bringen.

Seit ihrer Entstehung wurde die Gruppe auch sehr viel kritisiert. Frü-her versuchten sie, die Kritik zu beherzigen, aber mit der Zeit haben sie verstanden, dass sie besser wissen, was sie machen wollen. Die Mitglieder haben Freude an ihren Liedern und Konzerten, doch beson-ders begeistert sind sie über ihre Fans. Die Quelle ihrer Inspiration sind für sie Ereignisse und Menschen in ihrer Umgebung. Auf die Frage was sie in Armenien gerne ändern würden, haben sie geantwortet:

„Die Werte der Menschen. Wir möchten, dass die Menschen weniger Wert auf die materiellen Dinge und mehr auf die geistigen legen.“

Das Ziel der Gruppe ist es, auch in Europa bekannt zu werden. Ihre Fans, die Nemranians, können sich auf das neue Album „Hmmm“ sowie weitere Konzerte freuen.

NEMRA

Que

lle: W

ikip

edia

Com

mon

s

Que

lle: F

aceb

ook

Page 18: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

34 35

Als ich bei dem Animationsfestival ReAnimania 2016 als Freiwillige gearbeitet habe, konnte ich viel

Neues lernen. Ich sah nicht nur neue Animationstech-niken, sondern lernte auch von Meinungen und Ideen Anderer, die wie ich während des Festivals am Informa-tionszentrum arbeiteten.

Einmal befragte mich eine Frau über das Festival. Sie hatte keine Ahnung über ReAnimania und ich sollte ihr kurz alles erklären. Im Laufe des Gesprächs teilte sie mir mit, dass ihre Kinder schon erwachsen sind und keine Zeichentrickfilme mehr anschauen. Es war für mich nicht neu, zu hören, dass sie Animationsfilme nur als Unterhaltung für Kinder sieht. Ich selber hatte die gleiche Meinung vor der ReAnimania.

Zwar kennen fast alle das Jerewaner Golden Apricot International Film Festival, aber nur wenige haben vom International Animation Film und Comics Art Festival gehört. Von 28. Oktober bis 3. November 2018 wird-die ReAnimania zum 10. Mal organisiert. Dabei werden Zeichentrickfilme und Comics aus der ganzen Welt präsentiert. Das Festival zeigt in dieser Herbstwoche nicht nur Zeichentrickfilme von bereits weltberühmten Autoren, sondern auch Filme von neuen, die gerade ihren Weg im Bereich Animation begonnen und schon viel zu sagen haben. Während des 10. Festivals 2018 werden viele Aktivitäten organisiert, um den Besu-chern zu ermöglichen, zu verstehen wie Animationsfil-me entstehen. Die Menschen können auch selber krea-tiv ans Werk gehen.

Auf dem Festival erzählen Zeichentrickfilme und Comics über Liebe, Krieg, Hoffnung, Verrat und vieles andere. All diese Themen und noch viele mehr lassen sich bei der ReAnimania finden. Es gibt selbstverständlich nicht nur Themen für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Während das 8. Festivals 2016, habe ich viele Leute gesehen, die gekommen waren, um Zeichentrickfil-me anzuschauen. Da waren Eltern mit ihren Kindern, Studierende, Erwachsene und sogar Leute, die älter als 70 waren. Animation hat allen etwas zu erzählen. Es ist eine Kunst, die mit uns kommuniziert.

Meistens denken die Menschen über Animation und Comics, dass diese nur etwas für Kinder sind. Es stimmt nicht, dass die gemalten Leute und Tiere nur für Kinder sind, um ihnen etwas, das Erwachse-ne schon kennen, zu lehren. Oft vergessen wir wie zauberhaft unsere Einbildungskraft sein kann. Anima-tionen und Comics zeigen uns wichtige Aspekte unse-res Lebens, woran wir nicht immer denken. Wir sehen uns auf der ReAnimania!

REANIMANIAANIMATION: EINE KUNST

FÜR ALLE GENERATIONEN

Von Gohar Grigoryan

KULTURTIPP:Vom 28. Oktober bis 3. November 2018 findet in Jerewan zum 10. Mal das ReAnimania Festival statt

#ReA2016 #ReAWinners Short Film Public Jury AwardJonas and the Sea/ Netherlands, 2015Director Marlies Van Der Wel

Que

lle: F

aceb

ook

Von Margarita Sirunyan und Mariam Mirakyan

UNGEFUNDENE GÄNSEBLÜMCHEN

Verschiedene Generationen, Tatsachen und Mentalitäten. Vieles könnte man sagen, womit

man die menschliche Seele beschreiben kann, die zu den geheimnisvollsten und unergründlichs-ten Rätseln gehört. Es gibt Fragen, an die jeder Mensch ab und zu denkt und versucht Antworten zu finden. Welche Personen sind unsere wirkli-chen Gefährten im Leben und wer muss uns bald verlassen? Wen hält man für den besten Freund und wer ist wirklich der beste. Manche dieser Fragen hat der junge Autor und Fotograf Edgar Harutyunyan versucht, in seinem soeben auf Armenisch erschienenen und viel gelesenem Buch „Ungefundene Gänseblümchen“ zu beantworten.

Die Hauptpersonen Hajk und Astghik waren von ihren Ehepartnern geschieden. Mit der Zeit wurden sie dicke Freunde und liebten einander sehr. Aber die bittere Vergangenheit hatte bei Astghik tiefe Wunden geschlagen, sodass sie nicht verstehen konnte, dass ihr das Leben noch eine zweite Chance gewährte, geschätzt und geliebt zu werden. Unverständnis trübten das Verhält-nis zwischen ihr und den Eltern ihres Ex- Mannes Taron und bedrohten das zukünftige gemeinsa-me Leben Astghiks und Hajks. Das Buch ist nach dem Wunsch Astghiks, bei ihrer Hochzeit ein mit Gänseblümchen geschmücktes Tafelgeschirr zu verwenden, benannt. Da trotz langer Suche keines mit Gänseblümchen aufgefunden werden konnte, heißt das Buch „Ungefundene Gänseblümchen“.

Diese Situation mögen manche Leser als einfache traurige Liebesgeschichte verstehen, aber unserer Meinung nach gibt es im Buch einige „Geheimnisse“, die sich wahrscheinlich so tief versteckt haben, dass uns nur der Autor darauf hinweisen kann. Interesse und Neugier haben uns gezwungen, Herrn Harutyunyan zum Interview einzuladen.

Die Frage, ob es heute auch Familien wie jene Tarons gibt, bejaht Herr Harutyunyan. Solche Familien könne man als unentwickelt bezeichnen. Außerdem seien solche Fälle für ihn ein großes Problem, besonders bei unserem Volk. Die Eltern sollten verstehen, dass ihr Kind schon erwachsen ist und es loslassen, damit es selbst Entscheidungen fällen und sein Leben gestalten kann, da ansonsten eine ähnliche Situation wie bei Astghik und ihrem Mann eintreten könne.

Wir fragten Edgar Harutyunyan auch nach seiner Inspirati-on für das Buch. Er meint, dass er alles was im Buch stehe selbst erlebt habe. Etwa 90% des Buches beziehe sich auf ihn. Die Hauptpersonen seien real. Man kann folglich sagen, dass Edgar Harutyunyan in diesem Buch sein Leben beschrieben hat. Dies hat er so tiefgründig gemacht, dass man sogar nach mehrmaligem Lesen des Buches noch mit ihm reden muss, um die Beweggründe der Charaktere zu verstehen.

Noch 2018 wird Edgar Harutyunyan sein drittes Buch heraus-geben. Von „Ungefundene Gänseblümchen“ sind bereits mehr als 900 Exemplare verkauft worden, was für den arme-nischen Buchmarkt eine vergleichsweise beachtliche Menge darstellt. Edgar Harutyunyan hofft, seine ersten Schritte zum großen schriftstellerischen Ruhm zu machen und all seine Reiseeindrücke und Fotografien in seinen Büchern publizie-ren und mit der heutigen Jugend teilen zu können.

Edgar Harutyunyan offenbart uns beim Interview einige Geheimnisse

KUNST & KULTUR KUNST & KULTUR

Page 19: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

36 37

Das Leben ist wie ein Schmerzmittel. Es bringt viele Nebenwirkun-gen mit sich. Du bemerkst nicht, wie schön die Natur und deine

Umgebung sind, deine Augen verlieren ihre Farbe und werden ganz blass. Schmerz. Du kannst alles Mögliche machen, nichts wird dir helfen. Du bleibst ganz allein mit deiner kranken Seele in der Dunkel-heit des Bewusstseins und kannst kein Licht mehr einschalten. Schmerz. Dein ganzes Wesen ist erfüllt von unablässigen Bienensti-chen, die dich ein Leben lang quälen und dir keine Ruhe lassen.

Mach deine Augen zu, all das ist nur ein schlechter Traum, den du bald wieder vergisst. Wie heißt es in einem Lied: „Who's gonna safe my soul?“. Wer weiß, wie viel über dich erzählt wird. Dich, deinen wahren Charakter und deine Beweggründe kennt ohnehin niemand. Alles was du hast, ist die Erinnerung an die Schmerztage und nie-manden interessiert, was du brauchst. Du lebst nicht auf dieser Welt, auf der Welt der Freude und des Glücks. Sag mal „Ciao“ und führe deinen Weg weiter. Mach die Augen zu und verschwinde in der Ewigkeit.

Such jemanden anderen, der deine Nachteile ignoriert, der dich ret-ten kann. Nur dann findest du deine Ruhe. Plötzlich stehst du früh-morgens auf und fühlst, dass die Glühbirne deines Lebens bereits kaputt ist und niemand sie reparieren kann. Du versuchst, dich zu erhängen, doch stirbst nur langsam, alle Zellen deines jungen aber schon gespaltenen Körpers fühlend.

Deine Berührungen frieren alle Menschen, die dich umgeben. Aber du hoffst, dass es noch einen Ort gibt, wo du dich lebendig fühlen kannst. Du gehörst nicht zu dieser Gesellschaft, die jeden frisst. Du versuchst, deine Schmerzen und deine Seele zu waschen, sie nach außen zu wenden und von der Sonne trocknen zu lassen. Der Wind soll dich hin und her schleudern, vielleicht wird dir übel werden aber das macht nichts, du kannst ja kotzen und weitertanzen. Die Nacht soll dich verdunkeln, anders färben, damit du dein echtes Gesicht siehst und mit dem Morgen kommt deine Erleichterung: der Tod.

Zuerst wollt ihr einander nicht sehen, aber das Treffen ist so lange erwartet. Ihr beide atmet tief. Die Luft dröhnt aufgrund des Zusam-menstoßes mit der Vergangenheit. Das Treffen war unvermeidlich. Schmerz?

Du fühlst nichts mehr.

Dein alter Bekannter ist bereits bei dir, er zeigt dir den Weg. Den Weg zur Unsterblichkeit. Nur sterbend ergreifen wir den Sinn des Lebens und lebend sehen wir den Tod neben uns nicht.

Von Svetlana Melikyan

SCHMERZ

Du hast mich alleine gelassen,

bist wieder einmal gegangen.

Dieses Mal war es anders,

mein Herz war gebrochen.

Du warst die Liebe meines Lebens.

Doch ich war stark,

so stark wie noch nie zuvor in meinem Leben.

Ich habe nicht mehr auf dich gewartet,

habe einen Schlussstrich gezogen,

obwohl meine Sehnsucht nach dir groß war.

Auf einmal standest du da, an meiner Tür,

ich sah ein Lächeln in deinen Augen – ein Lächeln, das um Vergebung bat.

Ich hatte es so vermisst, das Lächeln und deine Blicke.

Ich lächelte zurück, doch es war das Lächeln einer Siegerin.

Ich brauchte dich nicht mehr,

ich war stark, drehte mich um und schloss die Tür.

Die Sehnsucht nach dir ging nach einer langen Zeit weg.

Ich war endlich wieder glücklich – glücklich auch ohne dich.

Und ich war so stolz – stolz auf mich.

Von Iskuhi Tashchyan

SEHNSUCHT

KUNST & KULTUR KUNST & KULTUR

Page 20: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

38 39

TEAM

AUTORINNEN

Anastasia OsipovaStudierte Übersetzen, professionelle Fotografie und Grafikdesign in Wien und Krasnodar. Lebt seit 2015 in Jerewan.

Moritz LenglachnerStudierte Geschichte und Germanistik in Graz, Mainz, Fribourg und Bern. Unterrichtstätigkeit in Frankreich,

der Ukraine und im Iran. Ist seit Herbst 2016 als OeAD- Lektor an der Brjussow-Universität Jerewan tätig.

REDAKTION

Anna ArsenyanDeutsche Philologie

Elias Braun

BG Dornbirn, 7B

Tinatini Devidze Management

Staatliche Ilia Universität Tiflis

Aurel Drexel BG Dornbirn, 7B

Sanna-Mae Freuis BG Dornbirn, 7B

Mariami Gigauri Management

Staatliche Ilia Universität Tiflis

Ekaterine Goshua Bankwesen und Finanzwirtschaft

Staatliche Ilia Universität Tiflis

Gohar Grigoryan Betriebswirtschaft

Amerikanische Universität Armeniens

Asya Hakhnazaryan BA-Absolventin Landeskunde

Gayane Harutyunyan Deutsche Philologie

Amalja HovhannisyanDeutsche Philologie

Siranusch Hovhannisyan Deutsche Philologie

Ani IgityanMA Englische Sprache und Literatur

Staatliche Universität Shirak

Araksja IritsyanLandeskunde

Milena Jilavyan Landeskunde

Lilit Khachatryan Landeskunde

Simon Klien BG Dornbirn, 7B

Lusine Manukyan Englische Sprache und LiteraturStaatliche Universität Vanadzor

Svetlana Melikyan BA-Absolventin Landeskunde

Nare MelkonyanSchule Nr. 3 Gyumri

Mariam Mirakyan Lehramt Deutsch

Asghik MkrtchyanLandeskunde

Svetlana MuradyanLandeskunde

Lilith NalbandyanEnglische Sprache und LiteraturStaatliche Universität Vanadzor

Ani Poghosyan Presse und Kommunikation

Staatliche Universität Jerewan

Carla Ruprecht MA Deutsch als Fremd- und Zweitsprache

Universität Wien

Iren SaqoyanDeutsche Philologie

Arevik SayadyanLandeskunde

Anna SimitchievaKommunikation und Fundraising

Women for Development

Margarita SirunyanLehramt Deutsch

Merri SmbatyanDeutsche Philologie

Tsovinar SukiasyanDeutsche Philologie und Literatur

Staatliche Universität Jerewan

Hratsin TorosyanLandeskunde

Lusine Vardanyan BA-Absolventin Landeskunde

Pia Winter EVS-Freiwillige

Helsinki Citizens’ Assembly Vanadzor

RÄTSEL

Page 21: Alpen-Kaukasus - cms.bmeia.gv.at · Kontakt: moritz.lenglachner@oead-lektorat.at Redaktion: Moritz Lenglachner Grafikdesign: Anastasia Osipova | a.os@gmx.at Coverbild „Kloster Tatev“

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Sponsoren für die Unterstützung!

In Friedensreich Hundertwassers Gemälde „Das 30 Tage Fax Bild“

haben sich sieben Fehler eingeschlichen. Findest Du sie?