1
WOCHENVERÄNDERUNG STAND: 14.03.14 Swiss-Market-Index 8114.02 -3.16% 10-jähriger Eidgenosse 0.96 -0.05 1 Euro in Franken 1.2127 -0.49% Goldpreis ($/Unze) 1378.60 0.45% www.nzzprint.ch unsere zustellung: So schnell wie durchdacht. QUELLE: INVESTIERE.CH NZZ-INFOGRAFIK / cke. Finanzierungs-Zyklen eines Startups Expansion Stabilisierung Gründer Profitabilität Zeit = übliche Kapitalquellen ... Startphase (seed stage) Frühe Phase (early stage) Börsengang/ Management-Buyout Post-Börsengang Investmentbanken, andere Finanzinstitutionen Strateg. Beteiligung grosser Firmen Strategische Partnerschaften Wagniskapital- Fonds Business Angels Familie u. Freunde Montag, 17. März 2014 Nr. 63 GELDANLAGE STEIGENDE AKTIENMÄRKTE Was treibt die lange Hausse an den Börsen? Börsen-Radar, Seite 22 ONLINE-SHOPPING Fallstricke bei der Schnäppchenjagd Private Finanzen, Seite 23 GESPRÄCH MIT ANDR ´ E KISTLER Aktien bieten gegenüber Bonds hohe Risikoprämien Standpunkt, Seite 23 MÄRKTE UND MEINUNGEN Schwellenländer vor Neustart? Michael Ferber Nach einem furiosen Start in das 21. Jahrhundert haben sich Schwellenländer-Aktien in den vergan- genen Jahren weniger gut entwickelt. Wie die London-Business-School-Pro- fessoren Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton im jährlich erscheinen- den Rendite-Jahrbuch der Credit Suisse ausführen, legte der Schwellenländer- Aktienindex MSCI Emerging Markets im Zeitraum 2000 bis 2010 um jährlich 10,9% zu, während die Industrieländer- Börsen nur 1,3% pro Jahr gewannen. Zuletzt haben Emerging-Markets-Ak- tien aber Rückschläge erlitten, vor allem die Straffung der US-Geldpolitik macht ihnen zu schaffen. Welche Chancen bieten sich Investo- ren also mit diesen Titeln? Die Profes- soren haben dafür einen Emerging- Markets-Aktienindex konstruiert, der die Entwicklung der Papiere seit dem Jahr 1900 darstellt. Die Mitgliedschaft in dieser Gruppe variiert, so verliess Finnland 1932 die Schwellenländer- Gruppe, Japan folgte 1967 und Spanien 1974. Hingegen kamen 1955 Brasilien und Indien hinzu, 1963 Korea, 1976 unter anderem Argentinien und Mexiko sowie 1987 die Türkei. China, Russland und Südafrika waren sowohl 1900 als auch 2013 Teil der Gruppe. Über die 114 Jahre hinweg hat der Emerging-Markets-Aktienindex eine jährliche Durchschnittsrendite von 7,4% erzielt, während Industrieländer-Titel auf 8,3% kamen. Besonders schlecht entwickelten sich die Emerging-Mar- kets-Papiere im Zeitraum 1945 bis 1949. Verantwortlich dafür war vor allem die Börse des damaligen Schwellenlands Japan, die in diesem Zeitraum in Dollar gerechnet fast 98% ihres Werts verlor. Ein weiterer Faktor war der Sieg der Kommunisten im chinesischen Bürger- krieg. Die Schliessung der Märkte in China brachte den Investoren dort einen Totalverlust. Im Zeitraum 1950 bis 2013 entwickelten sich Emerging- Markets-Papiere dann mit 12,5% pro Jahr im Schnitt um 1,7 Prozentpunkte besser als Industrieländer-Titel. Schwellenländer-Aktien sind volati- ler, und die Korrelation mit Industrie- länder-Papieren ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Für Emerging-Mar- kets-Titel sprechen aber die im Ver- gleich mit Industrieländern niedrigere Staatsverschuldung, höhere Wachs- tumsraten sowie die Demografie. Dim- son, Marsh und Staunton gehen für die kommenden Jahre davon aus, dass sich die dortigen Börsen um bis zu 1,5 Pro- zentpunkte pro Jahr besser entwickeln als die in Industrieländern. Als Kleinanleger in Startups investieren Auch private Investoren können sich über verschiedene Vehikel an Schweizer Jungunternehmen beteiligen In der Schweiz häufen sich die Beispiele erfolgreicher Startups, weshalb auch Kleininvestoren dem Trend folgen und in diesem Segment investieren wollen. Bei aller Euphorie gibt es aber be- sonders für Privatpersonen erhebliche Risiken zu beachten. Marie-Astrid Langer Der jüngste Verkauf von Whatsapp an das soziale Netzwerk Facebook hat einen Mann besonders gefreut, von dem man nur selten in der Presse liest: Jim Goetz, Gesellschafter des Wagniskapi- talgebers Sequoia Capital. Goetz betei- ligte sich im Namen von Sequoia in den vergangenen Jahren mit rund 60 Mio. $ an dem Kurznachrichtendienst; dieser Anteil ist seit Anfang Februar 3 Mrd. $ wert. Eine Verfünfzigfachung des einge- setzten Kapitals ist wohl die Ausnahme in der Startup-Szene – dennoch bewe- gen derartige Beispiele auch private Kleinanleger dazu, sich für Investitio- nen in Startups zu interessieren. In der Schweiz erstreckt sich die Bandbreite erfolgreicher Startups vom Halbleiter- hersteller Sensirion bis zum Umfrage- werkzeug Doodle. Ein Unternehmen zu gründen, liegt seit einigen Jahren im Trend, und auch Privatanleger würden gerne einen Hauch von Startup-Luft schnuppern. Doch wie kann man sich als solcher an einem Schweizer Startup beteiligen? Crowdinvesting statt -funding In der Regel sind für Investoren solche Startups interessant, die sich in der «Early stage»-Phase befinden (siehe Grafik), weil es den Jungunternehmern zu diesem Zeitpunkt meist an Finanzie- rungsalternativen fehlt. Experten spre- chen auch von einer «Equity-Lücke», weil die Jungunternehmer über traditio- nelle Finanzierungskanäle noch keine Kredite erhalten. Auch zu Wagniskapi- tal (Venture Capital oder VC) haben Startups in dieser Phase kaum Zugang, weil sie noch keinen Cashflow nachwei- sen können oder ihr Geldbedarf unter dem Investitionsvolumen liegt, ab dem VC-Fonds in der Regel aktiv werden. Diese Finanzierungslücke am Markt können Kleinanleger nutzen, um in Form von «Schwarmfinanzierungen» in Startups zu investieren, besser bekannt als Crowdinvesting. Dabei schliessen sich Personen zusammen, um mit einer Vielzahl von kleineren Beträgen ein Unternehmen finanziell zu unterstüt- zen. Auf der deutschen Plattform com- panisto.com können Privatpersonen Beträge zwischen 5 € und 50 000 € in Startups europaweit investieren. Jung- unternehmer präsentieren dort ihre Ge- schäftsidee, derzeit etwa einen Gratis- zugang zu Zehntausenden E-Books oder eine Internetplattform zur Rauch- entwöhnung; nennen die für ihr Vor- haben benötigte Geldsumme und stel- len sich den Fragen potenzieller Klein- investoren. Sind diese von der Startup- Idee überzeugt, beteiligen sie sich per Mausklick an dem Startup und sind ab sofort Anteilseigner. Immer häufiger klicken auch Schwei- zer auf den «Investieren»-Button: Ge- mäss Firmenangaben stellen hiesige Kleininvestoren auf companisto.com mittlerweile die drittgrösste Investoren- gruppe. Wird der erforderliche Geld- betrag zusammengetragen, nimmt das Startup seine Tätigkeit auf; sonst wer- den die bereits gezahlten Beträge zu- rückvergütet. Im Gegenzug werden die Kleinanleger in der Rechtsform eines «partiarischen Nachrangdarlehen-Ge- bers» sowohl am Gewinn als auch am Unternehmenswert beteiligt. Mit dieser Rechtsform geniessen sie zwar keine Mitsprache, verfügen aber über Infor- mationsrechte, etwa auf Quartalsbe- richte. Hier besteht auch der wesentliche Unterschied zum bekannten Crowd- funding, bei welchem die Geldgeber – oft im Kulturbereich – als eine Art Mäzen auftreten; als Dank für ihre Spende erhalten sie etwa eine CD des geförderten Künstlers, aber keine Ge- winnbeteiligung. Die Crowd-Investoren hingegen gewähren ein Darlehen und erhalten eine Gewinnbeteiligung. Sollte die Firma an einen Grossinvestor ver- kauft werden («exit»), bekommen sie eine proportionale Beteiligung am Ver- kaufspreis ausgezahlt. Lange Beteiligungsdauer Ein ähnlicher Ansatz wie bei Com- panisto steckt hinter den Geschäfts- modellen der österreichischen Platt- formen 1000x1000.at oder von seed- match.de, dem laut eigenen Angaben ersten deutschen Crowdinvestment- Portal. Dort kann man sich bereits mit 250 € an einem Startup beteiligen. Seit der Gründung 2011 haben Kleinanleger 11,7 Mio. € in 57 Startups investiert. Seedmatch selbst finanziert sich so, dass es in den Fällen, in denen die anvisierte Mindestsumme tatsächlich zusammen- gekommen ist, vom Startup 5% bis 10% des gesamten Finanzierungsbetrags er- hält. Bei aller Euphorie über die Beteili- gung an einem Startup sollte man als Kleinanleger nicht vergessen, dass es sich dabei um Risikoinvestitionen han- delt. Eine Faustregel besagt, dass nur eines von zehn Startups erfolgreich ist, wobei der Begriff des Erfolgs natürlich unterschiedlich definiert werden kann. Anleger können also ihr gesamtes in- vestiertes Geld verlieren, wenn sich die Geschäftsidee als wenig zündend er- weist. Aus diesem Grund müssen sich interessierte Kleinanleger bei der Schweizer Wagniskapital-Plattform investiere.ch erst als Investoren bewer- ben und nachweisen, dass sie über sub- stanzielle Erfahrung in der Startup- Branche verfügen und die Risiken ab- schätzen können. Einen ähnlichen An- satz verfolgt auch die Plattform deal- market.ch; ihr Geschäftsführer Urs Häusler bezeichnet die gängigen Crowdinvesting-Plattformen insofern als gefährlich, als die Jungunternehmer einen Wissensvorsprung gegenüber Kleinanlegern haben, also «Insider» mit «Outsidern» handeln. Entscheidend sollte aus Sicht der Pri- vatinvestoren sein, dass sie möglichst lange am Erfolg des mitfinanzierten Startups beteiligt sein können, also die sogenannte Mindestbeteiligungsdauer lang ist. Erst nach dem Ablauf dieser Periode können die Gesellschafter des Startups die Anteile zurückkaufen. Da junge Firmen oft erst nach ein paar Jah- ren Gewinne einfahren, wird das En- gagement für die Kleinanleger womög- lich erst dann profitabel. Bei Com- panisto etwa beträgt die Mindestbeteili- gungsdauer acht Jahre, bei Seedmatch ist das investierte Geld mindestens fünf Jahre gebunden. Business Angels als Helfer Eine Alternative für interessierte Klein- investoren stellen Vereinigungen von Business Angels dar. Darunter versteht man Privatpersonen – meist ehemalige Unternehmer–, die Startups in der An- fangsphase mit finanziellen Mitteln, Kontakten und Wissen unterstützen. Allerdings investieren Business Angels meist höhere Beträge von 20 000, 50 000 oder gar mehr als 100 000 Fr. Das Schweizer Startangels-Netzwerk oder der Verein Business Angels Swit- zerland (BAS) schlagen ihren Mitglie- dern potenziell interessante Startups aus der ganzen Schweiz unverbindlich vor. Nach persönlichen Treffen mit den Jungunternehmern können die Busi- ness Angels dann individuell oder ge- meinsam die Jungunternehmen unter- stützen. Diese Unterstützung erfolgt entweder in Form von Geld oder Zeit, also beispielsweise Rechtsbeistand, Be- ratungsgesprächen oder Branchenkon- takten, oder auch in kombinierter Form. Als Gegenleistung werden sie entspre- chend an der Firma beteiligt. Es gebe viele spannende Startups auf dem Schweizer Markt, sagt BAS-Geschäfts- führer Jan Fülscher, doch die Anleger seien meist ganz auf sich gestellt, weil der Markt sehr intransparent und nur wenig reguliert sei. Eine weitere Möglichkeit, als Klein- anleger in Startups zu investieren, bie- ten spezialisierte Fonds; allerdings gibt es nur wenige, die sich auf Schweizer Jungunternehmen konzentrieren. In hiesige Startups investieren beispiels- weise die Produkte von Creathor Ven- ture oder Red Alpine. Bankhäuser bie- ten hingegen meist keine Fonds an, die auch für private Kleinanleger in Frage kommen. Deren Instrumente richten sich meist an Family-Offices. ANZEIGE Mit vielen kleinen Investitionen können selbst Privatanleger einem Jungunternehmen beim Start helfen. ILLUSTRATION JÖRN KASPUHL

Als Kleinanleger in Startups investieren

  • Upload
    dangbao

  • View
    219

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Als Kleinanleger in Startups investieren

WOC

HEN

VERÄ

NDE

RUN

GST

AND:

14.0

3.14

Swiss-Market-Index 8114.02 -3.16%

10-jähriger Eidgenosse 0.96 -0.05

1 Euro in Franken 1.2127 -0.49%

Goldpreis ($/Unze) 1378.60 0.45%

www.nzzprint.ch

unsere zustellung:

So schnell wie durchdacht.

QUELLE: INVESTIERE.CH NZZ-INFOGRAFIK / cke.

Finanzierungs-Zyklen eines Startups

Expansion Stabilisierung

Gründer

Profi

tabi

lität

Zeit

= übliche Kapitalquellen. . .

Startphase(seed stage)

Frühe Phase(early stage)

Börsengang/Management-Buyout Post-Börsengang

Investmentbanken,andere

Finanzinstitutionen

Strateg. Beteiligunggrosser Firmen

StrategischePartnerschaften

Wagniskapital-Fonds

Business AngelsFamilie u.Freunde

Montag, 17. März 2014 ^ Nr. 63

GELDANLAGE

STEIGENDE AKTIENMÄRKTE

Was treibt die langeHausse an den Börsen?Börsen-Radar, Seite 22

ONLINE-SHOPPING

Fallstricke bei derSchnäppchenjagdPrivate Finanzen, Seite 23

GESPRÄCH MIT ANDRE KISTLER

Aktien bieten gegenüberBonds hohe RisikoprämienStandpunkt, Seite 23

MÄRKTE UND MEINUNGEN

Schwellenländervor Neustart?Michael Ferber ^ Nach einem furiosenStart in das 21. Jahrhundert haben sichSchwellenländer-Aktien in den vergan-genen Jahren weniger gut entwickelt.Wie die London-Business-School-Pro-fessoren Elroy Dimson, Paul Marsh undMike Staunton im jährlich erscheinen-den Rendite-Jahrbuch der Credit Suisseausführen, legte der Schwellenländer-Aktienindex MSCI Emerging Marketsim Zeitraum 2000 bis 2010 um jährlich10,9% zu, während die Industrieländer-Börsen nur 1,3% pro Jahr gewannen.Zuletzt haben Emerging-Markets-Ak-tien aber Rückschläge erlitten, vorallem die Straffung der US-Geldpolitikmacht ihnen zu schaffen.

Welche Chancen bieten sich Investo-ren also mit diesen Titeln? Die Profes-soren haben dafür einen Emerging-Markets-Aktienindex konstruiert, derdie Entwicklung der Papiere seit demJahr 1900 darstellt. Die Mitgliedschaftin dieser Gruppe variiert, so verliessFinnland 1932 die Schwellenländer-Gruppe, Japan folgte 1967 und Spanien1974. Hingegen kamen 1955 Brasilienund Indien hinzu, 1963 Korea, 1976unter anderem Argentinien und Mexikosowie 1987 die Türkei. China, Russlandund Südafrika waren sowohl 1900 alsauch 2013 Teil der Gruppe.

Über die 114 Jahre hinweg hat derEmerging-Markets-Aktienindex einejährliche Durchschnittsrendite von 7,4%erzielt, während Industrieländer-Titelauf 8,3% kamen. Besonders schlechtentwickelten sich die Emerging-Mar-kets-Papiere im Zeitraum 1945 bis 1949.Verantwortlich dafür war vor allem dieBörse des damaligen SchwellenlandsJapan, die in diesem Zeitraum in Dollargerechnet fast 98% ihres Werts verlor.Ein weiterer Faktor war der Sieg derKommunisten im chinesischen Bürger-krieg. Die Schliessung der Märkte inChina brachte den Investoren dorteinen Totalverlust. Im Zeitraum 1950bis 2013 entwickelten sich Emerging-Markets-Papiere dann mit 12,5% proJahr im Schnitt um 1,7 Prozentpunktebesser als Industrieländer-Titel.

Schwellenländer-Aktien sind volati-ler, und die Korrelation mit Industrie-länder-Papieren ist in den vergangenenJahren gestiegen. Für Emerging-Mar-kets-Titel sprechen aber die im Ver-gleich mit Industrieländern niedrigereStaatsverschuldung, höhere Wachs-tumsraten sowie die Demografie. Dim-son, Marsh und Staunton gehen für diekommenden Jahre davon aus, dass sichdie dortigen Börsen um bis zu 1,5 Pro-zentpunkte pro Jahr besser entwickelnals die in Industrieländern.

Als Kleinanleger in Startups investierenAuch private Investoren können sich über verschiedene Vehikel an Schweizer Jungunternehmen beteiligen

In der Schweiz häufen sich dieBeispiele erfolgreicher Startups,weshalb auch Kleininvestorendem Trend folgen und in diesemSegment investieren wollen. Beialler Euphorie gibt es aber be-sonders für Privatpersonenerhebliche Risiken zu beachten.

Marie-Astrid Langer

Der jüngste Verkauf von Whatsapp andas soziale Netzwerk Facebook hateinen Mann besonders gefreut, von demman nur selten in der Presse liest: JimGoetz, Gesellschafter des Wagniskapi-talgebers Sequoia Capital. Goetz betei-ligte sich im Namen von Sequoia in denvergangenen Jahren mit rund 60 Mio. $an dem Kurznachrichtendienst; dieserAnteil ist seit Anfang Februar 3 Mrd. $wert. Eine Verfünfzigfachung des einge-setzten Kapitals ist wohl die Ausnahmein der Startup-Szene – dennoch bewe-gen derartige Beispiele auch privateKleinanleger dazu, sich für Investitio-nen in Startups zu interessieren. In derSchweiz erstreckt sich die Bandbreiteerfolgreicher Startups vom Halbleiter-hersteller Sensirion bis zum Umfrage-werkzeug Doodle. Ein Unternehmen zugründen, liegt seit einigen Jahren imTrend, und auch Privatanleger würdengerne einen Hauch von Startup-Luftschnuppern. Doch wie kann man sichals solcher an einem Schweizer Startupbeteiligen?

Crowdinvesting statt -fundingIn der Regel sind für Investoren solcheStartups interessant, die sich in der«Early stage»-Phase befinden (sieheGrafik), weil es den Jungunternehmernzu diesem Zeitpunkt meist an Finanzie-rungsalternativen fehlt. Experten spre-chen auch von einer «Equity-Lücke»,weil die Jungunternehmer über traditio-nelle Finanzierungskanäle noch keineKredite erhalten. Auch zu Wagniskapi-tal (Venture Capital oder VC) habenStartups in dieser Phase kaum Zugang,weil sie noch keinen Cashflow nachwei-sen können oder ihr Geldbedarf unterdem Investitionsvolumen liegt, ab demVC-Fonds in der Regel aktiv werden.

Diese Finanzierungslücke am Marktkönnen Kleinanleger nutzen, um inForm von «Schwarmfinanzierungen» inStartups zu investieren, besser bekanntals Crowdinvesting. Dabei schliessensich Personen zusammen, um mit einerVielzahl von kleineren Beträgen einUnternehmen finanziell zu unterstüt-zen. Auf der deutschen Plattform com-panisto.com können PrivatpersonenBeträge zwischen 5 € und 50 000 € inStartups europaweit investieren. Jung-unternehmer präsentieren dort ihre Ge-schäftsidee, derzeit etwa einen Gratis-zugang zu Zehntausenden E-Booksoder eine Internetplattform zur Rauch-entwöhnung; nennen die für ihr Vor-haben benötigte Geldsumme und stel-len sich den Fragen potenzieller Klein-investoren. Sind diese von der Startup-Idee überzeugt, beteiligen sie sich perMausklick an dem Startup und sind absofort Anteilseigner.

Immer häufiger klicken auch Schwei-zer auf den «Investieren»-Button: Ge-mäss Firmenangaben stellen hiesigeKleininvestoren auf companisto.committlerweile die drittgrösste Investoren-gruppe. Wird der erforderliche Geld-betrag zusammengetragen, nimmt dasStartup seine Tätigkeit auf; sonst wer-den die bereits gezahlten Beträge zu-rückvergütet. Im Gegenzug werden dieKleinanleger in der Rechtsform eines«partiarischen Nachrangdarlehen-Ge-bers» sowohl am Gewinn als auch am

Unternehmenswert beteiligt. Mit dieserRechtsform geniessen sie zwar keineMitsprache, verfügen aber über Infor-mationsrechte, etwa auf Quartalsbe-richte.

Hier besteht auch der wesentlicheUnterschied zum bekannten Crowd-funding, bei welchem die Geldgeber –oft im Kulturbereich – als eine ArtMäzen auftreten; als Dank für ihreSpende erhalten sie etwa eine CD desgeförderten Künstlers, aber keine Ge-winnbeteiligung. Die Crowd-Investorenhingegen gewähren ein Darlehen underhalten eine Gewinnbeteiligung. Solltedie Firma an einen Grossinvestor ver-kauft werden («exit»), bekommen sieeine proportionale Beteiligung am Ver-kaufspreis ausgezahlt.

Lange BeteiligungsdauerEin ähnlicher Ansatz wie bei Com-panisto steckt hinter den Geschäfts-modellen der österreichischen Platt-formen 1000x1000.at oder von seed-match.de, dem laut eigenen Angabenersten deutschen Crowdinvestment-Portal. Dort kann man sich bereits mit250 € an einem Startup beteiligen. Seitder Gründung 2011 haben Kleinanleger11,7 Mio. € in 57 Startups investiert.Seedmatch selbst finanziert sich so, dasses in den Fällen, in denen die anvisierteMindestsumme tatsächlich zusammen-

gekommen ist, vom Startup 5% bis 10%des gesamten Finanzierungsbetrags er-hält.

Bei aller Euphorie über die Beteili-gung an einem Startup sollte man alsKleinanleger nicht vergessen, dass essich dabei um Risikoinvestitionen han-delt. Eine Faustregel besagt, dass nureines von zehn Startups erfolgreich ist,wobei der Begriff des Erfolgs natürlichunterschiedlich definiert werden kann.Anleger können also ihr gesamtes in-vestiertes Geld verlieren, wenn sich dieGeschäftsidee als wenig zündend er-weist. Aus diesem Grund müssen sichinteressierte Kleinanleger bei derSchweizer Wagniskapital-Plattforminvestiere.ch erst als Investoren bewer-ben und nachweisen, dass sie über sub-stanzielle Erfahrung in der Startup-Branche verfügen und die Risiken ab-schätzen können. Einen ähnlichen An-satz verfolgt auch die Plattform deal-market.ch; ihr Geschäftsführer UrsHäusler bezeichnet die gängigenCrowdinvesting-Plattformen insofernals gefährlich, als die Jungunternehmereinen Wissensvorsprung gegenüberKleinanlegern haben, also «Insider» mit«Outsidern» handeln.

Entscheidend sollte aus Sicht der Pri-vatinvestoren sein, dass sie möglichstlange am Erfolg des mitfinanziertenStartups beteiligt sein können, also diesogenannte Mindestbeteiligungsdauer

lang ist. Erst nach dem Ablauf dieserPeriode können die Gesellschafter desStartups die Anteile zurückkaufen. Dajunge Firmen oft erst nach ein paar Jah-ren Gewinne einfahren, wird das En-gagement für die Kleinanleger womög-lich erst dann profitabel. Bei Com-panisto etwa beträgt die Mindestbeteili-gungsdauer acht Jahre, bei Seedmatchist das investierte Geld mindestens fünfJahre gebunden.

Business Angels als HelferEine Alternative für interessierte Klein-investoren stellen Vereinigungen vonBusiness Angels dar. Darunter verstehtman Privatpersonen – meist ehemaligeUnternehmer–, die Startups in der An-fangsphase mit finanziellen Mitteln,Kontakten und Wissen unterstützen.Allerdings investieren Business Angelsmeist höhere Beträge von 20 000,50 000 oder gar mehr als 100 000 Fr.

Das Schweizer Startangels-Netzwerkoder der Verein Business Angels Swit-zerland (BAS) schlagen ihren Mitglie-dern potenziell interessante Startupsaus der ganzen Schweiz unverbindlichvor. Nach persönlichen Treffen mit denJungunternehmern können die Busi-ness Angels dann individuell oder ge-meinsam die Jungunternehmen unter-stützen. Diese Unterstützung erfolgtentweder in Form von Geld oder Zeit,also beispielsweise Rechtsbeistand, Be-ratungsgesprächen oder Branchenkon-takten, oder auch in kombinierter Form.Als Gegenleistung werden sie entspre-chend an der Firma beteiligt. Es gebeviele spannende Startups auf demSchweizer Markt, sagt BAS-Geschäfts-führer Jan Fülscher, doch die Anlegerseien meist ganz auf sich gestellt, weilder Markt sehr intransparent und nurwenig reguliert sei.

Eine weitere Möglichkeit, als Klein-anleger in Startups zu investieren, bie-ten spezialisierte Fonds; allerdings gibtes nur wenige, die sich auf SchweizerJungunternehmen konzentrieren. Inhiesige Startups investieren beispiels-weise die Produkte von Creathor Ven-ture oder Red Alpine. Bankhäuser bie-ten hingegen meist keine Fonds an, dieauch für private Kleinanleger in Fragekommen. Deren Instrumente richtensich meist an Family-Offices.

ANZEIGE

Mit vielen kleinen Investitionen können selbst Privatanleger einem Jungunternehmen beim Start helfen. ILLUSTRATION JÖRN KASPUHL