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Originalien | Monatsschrift Kinderheilkunde 1•2002 58 Zusammenfassung Fallbericht. Es wird von einer 18 Monate alten Patientin berichtet, die nach einer unklaren, dilatativen Kardiomyopathie in der Neugeborenenperiode im weiteren Verlauf mit Photophobie, Nystagmus und ausge- prägter Adipositas auffiel. Da diese Sympto- matik weder mit einer Polydaktylie noch mit einer mentalen Entwicklungsverzögerung einherging, wurde ein Bardet-Biedl-Syndrom ausgeschlossen. Differenzialdiagnostisch kam das seltene Alström-Syndrom in Frage, das erstmals 1959 mit retinaler Degenera- tion, Adipositas, Diabetes mellitus und In- nenohrschwerhörigkeit, jedoch ohne menta- le Retardierung, Polydaktylie oder Hypogo- nadismus beschrieben wurde. Als weitere häufige, jedoch nicht obligate Manifestation wurde die infantile Kardiomyopathie be- schrieben, die richtungsweisend für eine frühe Diagnose sein kann, da der Diabetes mellitus und die Innenohrschwerhörigkeit erst im Lauf der ersten Dekade auftreten. Die bei der oben beschriebenen Patientin durch- geführte Diagnostik blieb bis auf eine Achro- matopsie und die Adipositas erwartungsge- mäß negativ,die Symptomkonstellation zu- sammen mit der infantilen Kardiomyopathie lassen jedoch ein Alström-Syndrom als gesi- chert gelten. Schlüsselwörter Alström-Syndrom · Adipositas · Photophobie · Kardiomyopathie Das Alström-Syndrom (OMIM: 203800) ist eine äußerst seltene, autosomal- rezessive Erkrankung, die erstmals 1959 mit retinaler Degeneration, Adipositas, Diabetes mellitus und Innenohrschwer- hörigkeit, jedoch ohne mentale Retar- dierung, Polydaktylie oder Hypogona- dismus beschrieben wurde [1]. Seit die- ser Erstbeschreibung wurde weltweit von ungefähr 50 Fällen berichtet, die ne- ben dem bereits erwähnten Phänotyp weitere, variable Manifestationen dieser Erkrankung zeigten [3, 6]. Da sich die meisten Symptome erst im Lauf der er- sten beiden Dekaden manifestieren, ist die frühe Diagnose des Alström-Syn- droms schwierig, besonders wenn noch kein Verwandter betroffen ist. Eines der ersten Symptome, die Photophobie mit Nystagmus, setzt häu- fig bereits im Säuglingsalter ein und stellt den Beginn einer fortschreitenden Retinadegeneration mit frühem Verlust des zentralen Sehens und des Farbse- hens dar, wobei anhand elektroretino- graphischer Daten die Degeneration der Zapfen deutlich ausgeprägter ist als die der Stäbchen. Im weiteren Verlauf schreitet die Degeneration so weit fort, dass zu Beginn der 2. Dekade sowohl Zapfen als auch Stäbchen völlig degene- riert sind. Ausgehend von einem normalen Geburtsgewicht zeigen Patienten mit Al- ström-Syndrom im ersten Lebensjahr eine deutlich Perzentilen überschreiten- de Gewichtszunahme, die in einer aus- geprägten, stammbetonten Adipositas resultiert und kaum durch diätetische Maßnahmen zu beeinflussen ist. Im Alter von 1–5 Jahren beginnt ei- ne langsam progressive Innenohr- schwerhörigkeit. Ab dem 5. Lebensjahr beginnt ein nichtinsulinabhängiger Diabetes melli- tus, wobei unklar bleibt, ob der Hyper- insulinismus als eigene Manifestation oder als Folge der Adipositas zu sehen ist [3]. Ebenfalls im gleichen Alter zeigen sich Störungen im Lipidstoffwechsel, die zu einer Hypertriglyzeridämie und ei- nem niedrigen HDL-Cholesterin führen. Originalien Monatsschr Kinderheilkd 2002 · 150:58–61 © Springer-Verlag 2002 B. Berwanger 1 · J. Buschmann 2 · U. Hillig 3 · H. Barth 1 1 Universitätskinderklinik Marburg 2 Universitätskinderklinik Heidelberg 3 Zentrum für Humangenetik, Marburg Alström-Syndrom Eine Differenzialdiagnose zum Bardet-Biedl-Syndrom Dr. Bernd Berwanger Universitätskinderklinik Marburg, Deutschhausstraße 12, 35033 Marburg, E-Mail: [email protected] Abb. 1 Passagere dilatative Kardiomyopathie: Verlauf der prozentualen Verkürzungs- fraktion des linken Ventrikels (% FS) unter antikongestiver Therapie, die nach 12 Wochen beendet wurde

Alström-Syndrom Eine Differenzialdiagnose zum Bardet-Biedl-Syndrom

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Page 1: Alström-Syndrom Eine Differenzialdiagnose zum Bardet-Biedl-Syndrom

Originalien

| Monatsschrift Kinderheilkunde 1•200258

Zusammenfassung

Fallbericht. Es wird von einer 18 Monate

alten Patientin berichtet, die nach einer

unklaren, dilatativen Kardiomyopathie in der

Neugeborenenperiode im weiteren Verlauf

mit Photophobie, Nystagmus und ausge-

prägter Adipositas auffiel. Da diese Sympto-

matik weder mit einer Polydaktylie noch mit

einer mentalen Entwicklungsverzögerung

einherging, wurde ein Bardet-Biedl-Syndrom

ausgeschlossen. Differenzialdiagnostisch

kam das seltene Alström-Syndrom in Frage,

das erstmals 1959 mit retinaler Degenera-

tion, Adipositas, Diabetes mellitus und In-

nenohrschwerhörigkeit, jedoch ohne menta-

le Retardierung, Polydaktylie oder Hypogo-

nadismus beschrieben wurde. Als weitere

häufige, jedoch nicht obligate Manifestation

wurde die infantile Kardiomyopathie be-

schrieben, die richtungsweisend für eine

frühe Diagnose sein kann, da der Diabetes

mellitus und die Innenohrschwerhörigkeit

erst im Lauf der ersten Dekade auftreten. Die

bei der oben beschriebenen Patientin durch-

geführte Diagnostik blieb bis auf eine Achro-

matopsie und die Adipositas erwartungsge-

mäß negativ, die Symptomkonstellation zu-

sammen mit der infantilen Kardiomyopathie

lassen jedoch ein Alström-Syndrom als gesi-

chert gelten.

Schlüsselwörter

Alström-Syndrom · Adipositas · Photophobie ·

Kardiomyopathie

Das Alström-Syndrom (OMIM: 203800)ist eine äußerst seltene, autosomal-rezessive Erkrankung, die erstmals 1959mit retinaler Degeneration, Adipositas,Diabetes mellitus und Innenohrschwer-hörigkeit, jedoch ohne mentale Retar-dierung, Polydaktylie oder Hypogona-dismus beschrieben wurde [1]. Seit die-ser Erstbeschreibung wurde weltweitvon ungefähr 50 Fällen berichtet, die ne-ben dem bereits erwähnten Phänotypweitere, variable Manifestationen dieserErkrankung zeigten [3, 6]. Da sich diemeisten Symptome erst im Lauf der er-sten beiden Dekaden manifestieren, istdie frühe Diagnose des Alström-Syn-droms schwierig, besonders wenn nochkein Verwandter betroffen ist.

Eines der ersten Symptome, diePhotophobie mit Nystagmus, setzt häu-fig bereits im Säuglingsalter ein undstellt den Beginn einer fortschreitendenRetinadegeneration mit frühem Verlustdes zentralen Sehens und des Farbse-hens dar, wobei anhand elektroretino-graphischer Daten die Degeneration derZapfen deutlich ausgeprägter ist als dieder Stäbchen. Im weiteren Verlaufschreitet die Degeneration so weit fort,

dass zu Beginn der 2. Dekade sowohlZapfen als auch Stäbchen völlig degene-riert sind.

Ausgehend von einem normalenGeburtsgewicht zeigen Patienten mit Al-ström-Syndrom im ersten Lebensjahreine deutlich Perzentilen überschreiten-de Gewichtszunahme, die in einer aus-geprägten, stammbetonten Adipositasresultiert und kaum durch diätetischeMaßnahmen zu beeinflussen ist.

Im Alter von 1–5 Jahren beginnt ei-ne langsam progressive Innenohr-schwerhörigkeit.

Ab dem 5. Lebensjahr beginnt einnichtinsulinabhängiger Diabetes melli-tus, wobei unklar bleibt, ob der Hyper-insulinismus als eigene Manifestationoder als Folge der Adipositas zu sehenist [3]. Ebenfalls im gleichen Alter zeigensich Störungen im Lipidstoffwechsel, diezu einer Hypertriglyzeridämie und ei-nem niedrigen HDL-Cholesterin führen.

OriginalienMonatsschr Kinderheilkd2002 · 150:58–61 © Springer-Verlag 2002

B. Berwanger1 · J. Buschmann2 · U. Hillig3 · H. Barth1

1 Universitätskinderklinik Marburg2 Universitätskinderklinik Heidelberg 3 Zentrum für Humangenetik, Marburg

Alström-SyndromEine Differenzialdiagnose zum Bardet-Biedl-Syndrom

Dr. Bernd BerwangerUniversitätskinderklinik Marburg,

Deutschhausstraße 12, 35033 Marburg,

E-Mail: [email protected]

Abb. 1 � Passagere dilatativeKardiomyopathie: Verlauf der

prozentualen Verkürzungs-fraktion des linken Ventrikels(% FS) unter antikongestiver

Therapie, die nach 12 Wochenbeendet wurde

Page 2: Alström-Syndrom Eine Differenzialdiagnose zum Bardet-Biedl-Syndrom

Monatsschrift Kinderheilkunde 1•2002 | 59

B. Berwanger · J. Buschmann · U. HilligH. Barth

The Alstrom-syndrome. A differentialdiagnosis to the Bardet-Biedl-syndrome

Abstract

Case report. This article reports on the case

of an 18 month-old female patient with

symptoms of photophobia, nystagmus and

obesity. Her medical history included a con-

gestive cardiomyopathy as a newborn,

which was completely resolved. Symptoms

like polydactyly or developmental delay

were excluded, therefore a diagnosis of

Bardet-Biedl-syndrome was ruled out. A

differential diagnosis is the rare Alstrom-

syndrome, first described in 1959: retinal de-

generation combined with obesity, diabetes

mellitus and neurogenous deafness without

polydactyly, mental defect or hypogonad-

ism. Further variable symptoms include in-

fantile cardiomyopathy, which often leads to

an early diagnosis of Alstrom-syndrome, be-

cause diabetes mellitus and neurogenous

deafness begin later within the first decade

of life.The findings in the above mentioned

patient consisted of obesity and a severe

cone degeneration with no further symp-

toms. Although other manifestations re-

mained as expected negative, the infantile

cardiomyopathy together with retinal lesion

and obesity permit a diagnosis of Alstrom-

syndrome.

Keywords

Alstrom-Syndrome · Obesity · Photophobia ·

Cardiomyopathy

Darüber hinaus tritt innerhalb derersten Dekade auch eine Acanthosis nig-ricans auf.

Als späte, jedoch obligate Manife-station des Alström-Syndroms zeigt sicheine chronische Nephropathie, die in ih-rer Ausprägung jedoch erheblich variie-ren kann. Sowohl eine Hyperurikämieals einziges Symptom, als auch das Voll-bild einer terminalen Niereninsuffizienzkönnen auftreten, wobei Letztere in denbeschriebenen Fällen eine häufige To-desursache darstellt [3].

Obwohl nicht als obligates Sym-ptom beschrieben, zeigt die Mehrheitder untersuchten Patienten eine dilata-tive Kardiomyopathie,wobei hier das Al-ter erheblich variierte (3 Wochen–37 Jah-re) [3, 4, 6]. Russel-Egitt et al. [5] fasstendie Manifestationen von insgesamt 22Alström-Patienten zusammen und be-legten, dass 18 Patienten eine infantile

Kardiomyopathie hatten. Daraus wurdedie Schlussfolgerung gezogen, dass dasAlström-Syndrom beim Ausbleiben ei-ner infantilen Kardiomyopathie schwie-rig zu diagnostizieren ist und damit ofterst mit der Manifestation des Diabetesmellitus erkannt wird.

Weitere variable Manifestationenschließen Leberfunktionsstörungen,Asthma bronchiale, Fertilitätsstörungen,Wachstumshormonmangel, Diabetes in-sipidus, Hypothyreose, chronische Otitismedia, Skoliose, Alopezie und beschleu-nigte Knochenreifung ein,obwohl bei dergeringen Fallzahl ein eindeutiger Zusam-menhang nicht immer herzustellen ist.Im Gegensatz dazu jedoch konnten diemeisten Kasuistiken im Hinblick auf diementale Entwicklung zeigen,dass Patien-ten mit Alström-Syndrom eine normalementale Entwicklung aufweisen bzw.über eine normale Intelligenz verfügen.

Monatsschr Kinderheilkd2002 · 150:58–61 © Springer-Verlag 2002

Abb. 2 � Wachstumskurve in Perzentilen: Körperlänge und Gewicht

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| Monatsschrift Kinderheilkunde 1•200260

Neuere Untersuchungen bestätigtenden autosomal-rezessiven Erbgang,konnten mit einer Linkage-Analyse denGenlocus auf Chromosom 2 (2p13) ein-schränken und erste Kandidatengene indieser Region, wie z. B. das TNF-α-Gen,ausschließen [2]. Eine Mutationsanalysezur Bestätigung der Diagnose Alström-Syndrom steht gegenwärtig noch nichtzur Verfügung.

Fallbericht

Die Patientin musste nach unauffälligerSchwangerschaft und Geburt im Altervon 3 Wochen mit akuter kardialer De-kompensation stationär aufgenommenwerden. Nach Ausschluss einer Stoff-wechselstörung und bei negativer Sero-logie auf kardiotrope Viren wurde dieseDekompensation als akute Myokarditisunklarer Genese mit passagerer Links-herzinsuffizienz gedeutet. Unter anti-kongestiver Therapie kam es innerhalbvon 2–3 Wochen zur völligen Rekom-pensation (Abb. 1). Bei den weiteren kar-diologischen Kontrollen war eine Per-zentilen überschreitende Gewichtszu-nahme ab dem Alter von 6 Monaten auf-gefallen, die mit 18 Monaten in einemGewicht von 15,5 kg (2,3 kg oberhalb der97.Perzentile) bei normaler Körperlänge(82 cm, 50. Perzentile) und Kopfumfang(47 cm,50.Perzentile) resultierte (Abb.2,

3). Weiterhin waren ab dem 15. Lebens-monat eine zunehmende Photophobie,ein Nystagmus mit Kopfnicken sowieGangprobleme im Hellen aufgefallen.Die daraufhin durchgeführte ophthal-mologische Untersuchung in einer aus-wärtigen Augenklinik ergab eine Achro-matopsie, d. h. eine Dystrophie der reti-nalen Zapfen mit daraus resultierenderLichtempfindlichkeit, Farbenblindheit,Nystagmus und stark herabgesetztemVisus. Es wurden Kantenfiltergläser (Fa.Zeiss, Clarlet F580) verordnet, die ab ei-nem bestimmten Punkt im Farbspek-trum kein Licht mehr durchlassen undsomit die Blendung der Patientin erheb-lich reduzieren (Abb. 4).

Bei hochgradigem Verdacht auf einAlström-Syndrom erfolgte im Alter von18 Monaten die in Tabelle 1 erläuterteweitere Diagnostik.

Diskussion

Das Alström-Syndrom ist eine seltene Er-krankung, die durch das frühe Auftreteneiner degenerativen Retinopathie, einerstammbetonten Adipositas und, wie inoben beschriebener Kasuistik, sehr häu-fig durch eine infantile dilatative Kardio-

myopathie gekennzeichnet ist. Dass imAlter von 18 Monaten die weitere Diagno-stik im Hinblick auf obligate und varia-ble Manifestationen des Alström-Syn-droms negativ bleibt, erklärt sich durchdas altersabhängige Einsetzen dieserSymptome.So beginnen der nichtinsulin-abhängige Diabetes mellitus, die Störun-gen des Fettstoffwechsels, die Acanthosisnigricans sowie die progressive Innen-ohrschwerhörigkeit erst zwischen dem 2.und 6. Lebensjahr. Weitere Symptome,wie z.B.die chronische Nephropathie tre-ten sogar erst in der 2.oder 3.Dekade auf.

Bei der Diagnose des Alström-Syn-droms ist im Besonderen eine Differen-zialdiagnose zu beachten: das bereits1920 beschriebene Bardet-Biedl-Syn-drom. Auch hier handelt es sich um ei-ne autosomal-rezessive Erkrankungähnlichen Phänotyps. Neben der Adipo-sitas, der okulären Beteiligung in Formvon retinaler Dystrophie, Myopie,Astig-matismus, Katarakt und Glaukom zei-gen diese Patienten mentale Retardie-rung, Poly-, Syn- bzw. Brachydaktylieund einen obligaten Hypogonadismus.Obwohl bei diesem Syndrom ebenfallseine kardiale Beteiligung beschriebenist, sollte v. a. aufgrund der Polydaktylie

Abb. 3 � 18 Monate alte Patientin mit Alström-Syndrom: mit 15,5 kg 2,3 kg oberhalb der97. Perzentile

Tabelle 1Diagnostik bei Verdacht auf Alström-Syndrom

Untersuchung Ergebnisse

Labor

Klinische Chemie Elektrolyte,Transaminasen, Retentionswerte, CK, Glukose,Harnsäure, Ammoniak unauffälligLaktat 2,7 mmol/l (normal: -1,8 mmol/l)

Blutbild und Differenzialblutbild Unauffällig

Fettstoffwechsel Gesamtcholesterin, HDL (44 mg/dl), LDL,VLDL,Triglyzeride (122 mg/dl) unauffällig

Schilddrüsendiagnostik T3,T4,TSH unauffällig

Wachstumshormondiagnostik IGF1, IGF BP3, STH unauffällig

Diabetes-mellitus-Diagnostik Glukose, Blutzuckertagesprofil, Insulin unauffällig, [Stoff-wechseldiagnostik (im Alter von 3 Wochen) unauffällig]C-Peptid 0,39 ng/ml (normal: 0,5–3 ng/ml)

Ophthalmologische Untersuchung Bestätigung der Achromatopsie

Pädaudiologische Untersuchung Kein auf Hinweis Störung der Hörbahn bis auf Hirn-stammebene, altersgemäße Sprachentwicklung

Humangenetische Untersuchung Unauffällige Familienanamnese, Karyogramm 46,XX, Pra-der-Willi-Diagnostik negativ (FISH)

Neurologische und entwicklungs- Feinmotorik etwas ungeschickt (erklärbar durch neurologische Untersuchung Visusminderung), ansonsten altersgemäße Entwicklung

Farbdopplerechokardiogaphie Kleiner PDA, ansonsten altersgemäß und unauffällig

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Monatsschrift Kinderheilkunde 1•2002 | 61

sowie aufgrund der bei diesem Syn-drom obligaten mentalen Retardierungeine eindeutige Unterscheidung mög-lich sein.

Darüber hinaus gelingt eine diffe-renzialdiagnostische Unterscheidung zuanderen Syndromen mit Adipositas auf-grund der normalen mentalen Entwick-lung und des normalen Kopfwachstumsder Alström-Patienten.

Literatur1. Alstrom CH, Hallgren B, Nilsson LB, Asander H

(1959) Retinal degeneration combined with obe-

sity, diabetes mellitus and neurogenous deafness:

a specific syndrome (not hitherto described) di-

stinct from the Laurence-Moon-Biedl syndrome. A

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based on a large pedigree. Acta Psychiatr Neurol

Scand [Suppl 129] 34: 1–35

2. Collin GB, Marshall JD, Boerkoel CF, Levin AV,Weks-

berg R, Greenberg J, Michaud JL, Naggert JK, Nis-

hina PM (1999) Alstrom syndrome: further ev-

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Hum Genet 105: 474–479

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Willi SM, LaRoche RG, Nishina PM (1997) Genea-

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4. Michaud JL, Heon E, Guilbert F,Weill J, Puech B,

Benson L, Smallhorn JF, Shuman CT, Buncic JR, Le-

vin AV,Weksberg R, Breviere GM (1996) Natural

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onset with dilated cardiomyopathy. J Pediatr 128:

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5. Russell-Eggitt IM, Clayton PT, Coffey R, Kriss A,Ta-

ylor DSI,Taylor JFN (1998) Alstrom syndrome: re-

port of 22 cases and literature review. Ophthal-

mology 105: 1274–1280

6. Warren SE, Schnitt SJ, Bauman AJ, Gianelly RE,

Landsberg L, Baim DS (1987) Late onset dilated

cardiomyopathy in a unique familial syndrome of

hypogonadism and metabolic abnormalities. Am

Heart J 114: 1522–1524

Abb. 4 � Bei bestehender Achromatopsiewurde die Patientin mit Kantenfiltergläsernversorgt, um eine Blendung durch normalesLicht zu minimieren

Fachnachricht

25. Deutscher Krebskongress,10.–14. März 2002, Berliner ICC

Struktur und Inhalt

Der Kongress verfolgt gleichermaßen die Ziele,Wis-

senschaft und Fortbildung in allen Disziplinen der

Onkologie,die Programmatik der Deutschen Krebs-

gesellschaft und die vielfältigen Kooperationen

darzustellen.Erstmals handelt es sich um einen ge-

meinsamen Kongress der beiden wichtigsten Insti-

tutionen zur Krebsbekämpfung und Versorgung

von Krebskranken in Deutschland,der Deutschen

Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe.

Als Schwerpunktthemen wurden die Er-

krankungen mit den höchsten Inzidenzen aus-

gewählt: das Mammakarzinom, das Bronchialkar-

zinom, das kolorektale Karzinom und das Prosta-

takarzinom. Diese Themen werden ganztägig ab-

gehandelt. Zunächst erfolgt die Beschreibung des

„state of the art“ aus Sicht des Operateurs, des

Strahlentherapeuten und des Internistischen On-

kologen. Danach folgt eine Sitzung, die aus-

gewählte freie Vorträge mit einem Grundsatzrefe-

rat zu den Zukunftsperspektiven der Erkrankung

verbindet. Abgeschlossen wird der Tag durch ein

interdisziplinäres Forum, auf dem alle Referenten

und Vorsitzenden unter Leitung eines Moderators

mit dem Auditorium diskutieren. Anschließend

wird über eine TED-Befragung der Informations-

gewinn bemessen.

An den Mittagen werden täglich Themen

der Zeit in „key lectures“ behandelt. Als Themen

wurden gewählt: Genomforschung; Bioethik; Ge-

sundheit als Wert und Ware; Sterbehilfe.

Ebenfalls an den Mittagen finden die Präsi-dentensymposien statt: Hierin werden zertifi-

zierte Studien präsentiert, das Kommunique der

Europäischen Krebsgesellschaften vorgestellt und

es tragen die Preisträger des Deutschen Krebs-

preises und des Wissenschaftspreises der AIO vor.

Als weitere Themenstränge (ganztägige Ver-

anstaltungen) sind geplant: ein Tag der Euro-päischen Krebsgesellschaften, an dem über In-

halte und Ziele ihrer Arbeit berichtet wird; ein Tag

der Interdisziplinarität; ein Tag der Qualitätssi-cherung; ein Tag der Arbeitsgemeinschaftender DKG. Zwei Tage sind speziell den gemeinsa-

men Symposien der Deutschen Krebshilfe und

der Deutschen Krebsgesellschaft vorbehalten. Das

Programm wird ausgefüllt durch eine Vielzahl von

wissenschaftlichen Symposien und „educatio-nals“.

Besonderes Augenmerk wird den freienVorträgen und der Präsentation wissenschaftli-

cher Poster gewidmet. Die Partner der forschen-

den Pharmaindustrie veranstalten parallel assozi-ierte Symposien. Parallel findet der Kongressfür onkologische Pflegekräfte statt.

Der Programmatik der Deutschen Krebsge-

sellschaft zur Verbesserung des Dialogs mit der

Gesellschaft folgend, soll an allen Tagen eine

mehrstündige Veranstaltung mit der Bevölke-rung (Gesunde wie Betroffene) stattfinden. Diese

wird von einem „Botschafter“ und einem bekann-

ten Moderator geleitet und wird die Themen „Le-

ben ohne Krebs (Prävention)“, Leben mit Krebs“

und „Leben nach Krebs“ behandeln.

Erstmals findet eine Mitgliederversamm-lung der Mitglieder der Deutschen Krebsgesell-

schaft statt. Ferner wird ein Gesellschaftsabendund ein Kongresslauf zur Indentifikationsstei-

gerung der Mitglieder und Noch-Nicht-Mitglieder

mit unserer Fachgesellschaft beitragen.

Jena, im Juli 2001

Prof. Dr. Klaus Höffken

Kongresspräsident

Weitere Informationen:www.krebskongress2002.de