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Frank Bergmann Versorgung bei psychischen Erkrankenungen S. 4 Julia Klöckner Nachhaltig leben – Lebens- qualität bewahren S. 10 Annette Widmann-Mautz Verbesserung der Hospiz- und Palliativbetreuung S. 12 MAGAZIN FÜR POLITIK UND GESUNDHEIT 01/2015 Jahrgang 12 5,00 Euro 20348 Was kommt 2015? DER BUND UND DIE LÄNDER Was kommt 2015? DER BUND UND DIE LÄNDER

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Ausblick auf die Gesundheitspolitk 2015 in Bund und Ländern

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Frank BergmannVersorgung bei psychischen Erkrankenungen S. 4

Julia KlöcknerNachhaltig leben – Lebens-qualität bewahren S. 10

Annette Widmann-MautzVerbesserung der Hospiz- und Palliativbetreuung S. 12

MAGAZIN FÜR POLITIK UND GESUNDHEIT

01/2015Jahrgang 12

5,00 Euro

2034

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Was kommt 2015?

DER BUND UND DIE LÄNDERWas kommt 2015?Was kommt 2015?

DER BUND UND DIE LÄNDER

DER BUND UND DIE LÄNDER

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Caring and curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel.

Die Entwicklung bahnbrechender neuer Medikamente steht für Novartis an erster Stelle. Sie schaffen neue Behandlungsmöglichkeiten für bislang unerfüllte medizinische Bedürfnisse der Patienten. Patienten und ihre Bedürfnisse können jedoch sehr unterschiedlich sein. Deshalb bietet Novartis neben innovativen Medikamenten auch Möglichkeiten zur Krankheitsvorbeugung sowie Generika an und verbessert den Zugang zu medizinischer Versorgung.

www.novartis.de

Caring and curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel.

Die Entwicklung bahnbrechender neuer Medikamente steht für Novartis an erster Stelle. Sie schaffen neue Behandlungsmöglichkeiten für bislang unerfüllte medizinische Bedürfnisse der Patienten. Patienten und ihre Bedürfnisse können jedoch sehr unterschiedlich sein. Deshalb bietet Novartis neben innovativen Medikamenten auch Möglichkeiten zur Krankheitsvorbeugung sowie Generika an und verbessert den Zugang zu medizinischer Versorgung.

www.novartis.de

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EDITORIAL

INHALTDie besondere Bedeutung der Freiberuflichkeit

Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Vorsitzende des GPA / NRW

Die besondere Bedeutung der Freien Berufe für Deutschland steht außer Frage. Neben der öko-nomischen Relevanz steht diese Berufsgruppe nicht zuletzt auch unter dem Schutz des Deutschen Grundgesetzes, das die freie Be-rufsausübung, und damit auch die Ausübung eines freien Berufes, in Art. 12 Abs. 1 normiert. Die Be-sonderheit besteht gegenüber an-deren Berufsgruppen darin, dass der Freiberu­ er, im Austausch gegen hohe Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit für die Ausübung seiner Tätigkeit persön-lich in vollem Umfang ha� et. Dies zeichnet ihn überdies als Sinnbild für Subsidiarität im Rahmen der sozialen Marktwirtscha� aus. Da-rüber hinaus stellt die Freiberuf-lichkeit mit ihrer Orientierung der Tätigkeiten am Gemeinwohl eine enorme gesellscha� liche Stütze dar, die sich auch in der persönli-che Beziehung und dem besonde-ren Vertrauensverhältnis des Bür-gers zum Freiberu­ er äußert.

Zu Beginn des Jahres 2013 waren insgesamt 1.229.000 Angehörige der Freiberu­ ichkeit in Deutsch-land tätig. Dies bedeutet eine Stei-

gerung um 3,1 Prozent zum Vor-jahr. Der Anteil der Heilberufe stieg im Vergleich um 3,6 Prozent auf nun insgesamt 377.000 Freiberuf-ler in Deutschland. Von insgesamt 4.473.000 Beschä� igten im Umfeld der freien Berufe gingen 2.876.000 einer sozialversicherungsp­ ichtigen Beschä� igung nach; somit stellen die freien Berufe einen wichtigen Arbeitgeber am Wirtscha� sstand-ort Deutschland.

Mit 10,1 Prozent Anteil am Brutto-inlandsprodukt und knapp 112.000 Auszubildenden stellen die Freibe-ru­ er eine wichtige Stütze am Wirt-scha� sstandort Deutschland dar. Diese Stütze muss auf dem hohen Niveau, auf dem sich die freien Berufe derzeit be� nden, erhalten bleiben. Dabei sind insbesondere auf Entwicklungen im Steuerrecht und den stets nötigen Abbau der Bürokratie hinzuwirken. Um eine Schwächung des Wirtscha� sstand-ortes unbedingt abzuwenden, müs-sen freie Berufe auch in Zukun� der Freiheit, die sie im Namen tra-gen, gerecht werden.

4 Neustrukturierung nötigUnser Autor Frank Bergmann fordert Än-derungen bei der Versorgung neurologisch und psychiatrisch Erkrankter

7 Update zur BASYS-StudieDie „Pharmainitiative Bayern“ ist eine informelle Gruppe von innovativen phar-mazeutischen Unternehmen mit Standort in Bayern. Sie gibt diese Studie heraus

8 VersorgungsstärkungsgesetzIhre Schwerpunkte in der Gesundheits-politik hat die Große Koalition auf Pfl ege und Krankenhausstrukturreform gelegt. Martin Degenhardt beleuchtet dies in seinem Artikel

10 Nachhaltig lebenund Lebensqualität bewahren heißt eine Kommission der CDU, in der auch die Gesundheit eine große Rolle spielt, wie unsere Autorin Julia Klöckner erläutert

12 Hospiz- und PalliativversorgungDie CDU-Gesundheitspolitikerin Annette Widmann-Mautz spricht sich für eine deutliche Verbesserung dieser Versorgung durch Vernetzung und Kooperation aus

14 Gesundheitspolitische ReformagendaDie Koalition hat zwar schon viele ihrer gesundheitspolitischen Vorhaben ab-gearbeitet, doch das Restprogramm ist anspruchsvoll, meint Autor Stephan Woznitza

16 Nichts Gutes zu erhoffenRolf Koschorrek, Zahnarzt und ehemali-ges CDU-MdB, erwartet von der Gesetzge-bung der Koalition im Gesundheitsbereich nichts wirklich Gutes

18 Politikwechsel nötigEs sieht zwar nicht danach aus, aber Bremen täte ein Politikwechsel bei der Wahl am 10. Mai gut, meint CDU-Spitzen-kandidatin Elisabeth Motschmann

20 Quo vadis NRW?fragt unser Autor und Landtagsabgeord-neter Peter Preuß und bezieht sich dabei auf die Gesundheitspolitik der rot-grünen Landesregierung, die er zwischen Stagna-tion und Ideologie sieht

22 Digitale Gesundheitsangebotebefürwortet unser Kolumnist Jens Spahn – auch zur Verbesserung der Patienten-versorgung

22 Impressum

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PSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

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Von Dr. Frank Bergmann

Es besteht unter Experten und Akteuren des Gesundheitswesens Konsens über einen insgesamt hohen Versorgungs-standard in Deutschland. Qualitätsanforderungen und -sicherungs-maßnahmen beziehen sich jedoch meist auf einzelne Einrichtungen, nicht auf den gesamten Versorgungsweg von der Prä-vention über Akutbehandlung stationär und ambulant bis zur Rehabilitation und Nachsorge. Einigkeit besteht aber auch darin, dass insbesondere in der Vernet-zung vorhandener Versorgungsstrukturen und in der Optimierung der Übergänge zwischen den Sektoren Verbesserungs-

Warum eine Neu-Strukturierung der Versorgung von Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen?

potentiale bestehen. Starre Sektoren-grenzen mit fehlenden Behandlungspfa-den, undefi nierte Schnittstellen und feh-lende Anreize für eine strukturierte und kooperative Organisation der Versorgung prägen die Versorgungslandschaft.

Diese ist auch für manchen Experten kaum überschaubar: Psychisch Kranke � nden Anlaufstellen beim Hausarzt, beim Fachärzten für Nervenheilkun-de, für Psychiatrie und Psychothera-pie, für psychosomatische Medizin sowie bei ärztlichen und psycholo-gischen Psychotherapeuten, nicht zu vergessen die Angebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der Kin-

der- und Jugendlichen-Psychothera-peuten sowie eine Vielzahl ärztlicher bzw. psychologischer Beratungsstel-len. Hinzu kommen die (teil-)statio-nären, und zunehmend ambulanten Versorgungsangebote durch statio-näre Einrichtungen. Ähnlich komplex und mit einer großen Schnittmenge verhält es sich bei Patienten mit Er-krankungen des Gehirns und Nerven-systems, die aufgrund einer Vielzahl körperlicher, neuropsychologischer und geistiger Einschränkungen einen multiprofessionellen, interdisziplinä-ren und multimodalen ¥ erapiebe-darf haben.

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PSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

Die umfassende Stigmatisie-rung psychischer Erkrankungen fi ndet nicht mehr statt, hat sich aber verlagert. Während De-pression, vielmehr noch „Burn-out“, gesellschaftsfähig gewor-den sind, sind andere psychi-sche Erkrankungen wie z. B. Psychosen weiter eher mit irra-tionalen Vorurteilen versehen.

Probleme der Unter- und Fehlversorgung

Gesundheitspolitiker sehen die Pro-blematik der Unter- und Fehlversor-gung von Patienten mit Erkrankun-gen des zentralen Nervensystems bzw. psychischen Erkrankungen häu� g aus-schließlich unter dem Aspekt von War-tezeiten auf Psychotherapieplätze. Dies wird der Problematik in der Versor-gung neurologischer und psychischer Erkrankungen jedoch in keiner Weise auch nur annähernd gerecht. Der Zu-gang zu präventiven, diagnostischen und therapeutischen Angeboten so-wie zu Rehabilitation in Neurologie und Psychiatrie weist eklatante Mängel auf. Erwartungen an Verbesserungen in der hochspezialisierten neurologischen Versorgung, die z. B. durch die Einfüh-rung der ambulanten spezialärztlichen Versorgung geweckt wurden, haben sich aufgrund der langen und holpri-gen Einführung bislang nicht erfüllt.

Die Zahlen der Deutschen Rentenversi-cherung mit stetig ansteigenden Früh-berentungen aufgrund psychischer Er-krankungen oder die stetig ansteigende Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage, die die GKV jedes Jahr erneut vermeldet, sind alarmierend. Auch die wissen-scha� lichen Studien, unter anderem der Forschungsgruppe um Wittchen und Jacobi in Dresden, die im Übri-gen europaweit ein erhebliches Ausmaß an Unter- und Fehlversorgung psychi-scher Erkrankungen festgestellt haben, geben Anlass zu Besorgnis. Nur zehn Prozent der ¥ erapien werden nach diesen Untersuchungen als „minimal adäquat“ eingeschätzt, höchstens ein Drittel aller von psychischen Krankhei-ten Betroª enen in der EU erhalten ir-gendeine ¥ erapie, Behandlung startet meist erst Jahre nach Beginn einer psy-chischen Erkrankung. Auch wenn nicht jede psychische Störung zwingend zur Aufnahme einer Behandlung mit Me-dikamenten oder einer Psychotherapie führen muss: Nur ein Drittel der Be-troª enen in Europa und in Deutsch-land haben jedoch aufgrund ihrer Be-schwerden überhaupt einen Kontakt zum Versorgungssystem. Am niedrigs-

ten ist die Behandlungsrate bei Alko-holmissbrauch mit nur ca. 26 %.

Die regionale Verteilung von ärztli-chen, insbesondere fachärztlichen und psychotherapeutischen Versorgungs-angeboten ist höchst unterschiedlich und weist eine hohe Verdichtung in at-traktiven Städten bzw. Stadtteilen auf, aber auch Dysbalancen in der Versor-gung, die u. a. auf Interaktions- und Kommunikationsbarrieren beruhen, auf ökonomischen Ungleichheiten und ethnischen bzw. genderspezi� schen Faktoren. Eine Vielzahl von Studien be-legt, dass die Quoten der Inanspruch-nahme in der gesundheitlichen Ver-sorgung sektorenübergreifend einen sozialen Gradienten aufweisen, d. h. dass mit dem Ansteigen des sozio-öko-nomischen Status auch die Bereitscha� und Fähigkeit wächst, gesundheitliche Dienstleistungen zu nutzen. Dies gilt nicht zuletzt auch für den Bereich der psychotherapeutischen Versorgung. Das Prinzip des „inverse care law“. Mit einfachen Worten: Die depressive Stu-dentin wird wesentlich besser in der Lage sein, einen Psychotherapieplatz für sich zu „organisieren“ als der alko-holkranke Bauarbeiter.

Stigmatisierung durch psychische Krankheiten

Die Berichterstattung der letzten Jahre hat zu einer besseren Au° lärung und Sensibilisierung der Bevölkerung für psychische Erkrankungen beigetragen. Gleichzeitig wurden jedoch die Koor-dinaten innerhalb des Systems ver-schoben: Die umfassende Stigmatisie-rung psychischer Erkrankungen � ndet nicht mehr statt, hat sich aber verlagert. Während Depression, vielmehr noch „Burn-out“, gesellscha� sfähig gewor-den sind, sind andere psychische Er-krankungen wie z. B. Psychosen wei-ter eher mit irrationalen Vorurteilen versehen. Dies gilt auch für die ange-wendeten Behandlungsverfahren. Ak-zeptiert und favorisiert sind i. d. R. jeg-liche Formen von Psychotherapie. Eine Behandlung mit Psychopharmaka ist nach wie vor vielen Menschen unheim-lich und weckt Assoziationen von An-

staltspsychiatrie. Dieses – häu� g auch medial geförderte – Schwarz-Weiß-Denken verhindert aber nicht selten adäquate und leitlinienorientierte ¥ e-rapien.

Psychische Erkrankungen nehmen nicht zu, sondern werden besser und diª erenzierter diagnostiziert, zudem steigt die Inanspruchnahme von Pa-tienten aufgrund psychischer Erkran-kungen. Gleichzeitig entwickelt sich jedoch zunehmend eine Unwucht in der Versorgung. Besonders schlecht versorgt sind Patienten mit Alkohol- und anderen Suchtproblemen. Auch Patienten mit Migrationshintergrund und sprachlichen Problemen haben häu� g nur schwer Zugang zum psy-chotherapeutischen Versorgungssys-tem. Ein besonderes Problem stellt die Versorgung mit Psychotherapie mit fo-rensischem Hintergrund dar. Auch die häu� g viel zu spät einsetzende Behand-lung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen wird beson-ders kritisch bewertet, v. a. wegen der möglichen Chroni� zierung und Ver-schlechterung der Behandlungspro-gnose im Erwachsenenalter. Sind DMP die Lösung?

Die Vielzahl der in Deutschland zur Verfügung stehenden Versorgungs-angebote für neurologisch und psy-chisch erkrankte Patienten bietet die einmalige Chance, Versorgung sehr in-dividuell, passgenau und morbiditäts-gerecht zu gestalten. Disease-Manage-ment-Programme bieten eine Vielzahl von Chancen, gehen aber gerade auf-grund ihres Indikationsbezuges hier

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PSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

DR. FRANK BERGMANN

Dr. med. Frank Bergmann, Aachen, Fach-arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psy-chotherapie, Forensische Psychiatrie, Vorsitzender Spitzenverband ZNS, Vorsit-zender der Vertreterversammlung der KV Nordrhein

auch mit Risiken einher. So könnte ein DMP „Depression“ die Behandlungs-möglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit Depressionen deutlich verbessern. Durch gezielte ökonomi-sche Anreize würden alle an dem DMP beteiligten Fachgruppen depressiven Patienten Vorfahrt in ihren Institutio-nen und Praxen einräumen. Dies geht allerdings mit dem kaum kalkulierba-ren Risiko einher, dass Patienten mit anderen psychischen Erkrankungen, für deren Behandlung keine vergleich-baren exklusiven Anreize geschaª en werden, noch schlechter als jetzt ver-sorgt werden. Dies spricht dafür, für die Versorgung psychisch Erkrankter keine DMP mit Indikationsbezug aus-zuwählen, sondern die Versorgung von Patienten mit neuropsychiatrischen Er-krankungen indikationsunabhängig zu organisieren, auch weil sich psychische Erkrankungen häu� g mehrdimensio-nal darstellen.

In dieser Hinsicht sind insofern so-matische DMP wie beispielsweise das DMP „Diabetes“ nicht mit Versor-gungsnotwendigkeiten psychischer Erkrankungen vergleichbar. Zudem treten psychische Störungen häu� g ko-morbid mit somatischen Erkrankun-gen auf. Als Beispiel sei genannt die post-stroke-depression, also eine de-pressive Symptomatik nach Schlagan-fällen. Weitere Beispiele wären große Bereiche wie Psychokardiologie oder Psychoonkologie. Demenzielle Symp-tome einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung und depressive Symptome sind häu� g nicht nur diª erenzialdia-gnostisch schwer voneinander ab-grenzbar, sondern nicht selten auch vergesellscha� et.

Die Antwort der Experten und der KBV

Fachärzte sowie ärztliche und psy-chologische Psychotherapeuten ha-ben zusammen mit der Kassenärzt-lichen Bundesvereinigung (KBV) ein Modell für strukturierte Versorgung von Patienten mit neurologischen und psychischen Erkrankungen entwickelt, welches den Besonderheiten quali� -

zierter gestu� er neuropsychiatrischer Versorgung Rechnung trägt. Dieses Modell beschreibt Aufgaben der Koor-dination sowie der konsiliarischen und kooperativen Versorgung, und zwar nicht nur abhängig von der jeweiligen Krankheitsentität, sondern auch Kri-terien geleitet. So stellen z. B. Gefähr-dungsaspekte (Eigen- oder Fremdge-fährdung), längere Arbeitsunfähigkeit oder eine drohende Krankenhausein-weisung, ebenso „red ­ ags“ dar wie beispielsweise drohender Verlust der Erwerbsfähigkeit. Die Einbeziehung aller (!) Leistungs-anbieter vor Ort – als conditio sine qua non – inklusive weiterer z. B. auch so-zialpsychiatrischer Angebote, macht aber auch die präzisere Formulierung von Versorgungsau� rägen erforder-lich. Dies muss im Weiteren auch die stationären, teilstationären und ambu-lanten Leistungen der Krankenhäuser miteinbeziehen, nur dann kann Ver-sorgung in den Regionen „aus einem Guß“ gelingen und nur dann wird der Paradigmen-Wechsel von einer anbie-terorientierten zur patientenorientier-ten Versorgung möglich sein. Transpa-rente regionale Behandlungspfade und strukturierte Kommunikation und Do-kumentation sind als Grundvoraus-setzungen eines solchen Modells auch die Basis für (messbare) Qualitätsver-besserung.

Was ist zu tun

Erforderlich ist zeitnah ein unmiss-verständlicher Au� rag von der Poli-tik an die ärztliche Selbstverwaltung neuropsychiatrische Versorgung struk-turiert und mit vorgegebenen Versor-gungsau� rägen zu gestalten. Die Ge-legenheit ist insofern günstig, da ein Teilstück des Versorgungsystems, näm-lich die Psychotherapierichtlinie, noch in diesem Jahr durch den G-BA über-arbeitet werden soll. Dies ist eine gute Gelegenheit nicht nur Richtlinienpsy-chotherapie neu zu gestalten, sondern neuropsychiatrische Versorgung insge-samt neu zu strukturieren. Die Deut-sche Gesellscha� für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), ferner die

Deutsche Gesellscha� für Neurologie (DGN) ebenso wie die neuropsychia-trischen Berufsverbände, sehen die Ge-sundheitspolitik dringend dazu aufge-fordert, entsprechende Forderungen an die ärztliche Selbstverwaltung gesetz-lich zu konkretisieren. Folgende Re-solution wurde auf der Mitgliederver-sammlung der DGPPN im November 2014 dazu verabschiedet:„Die Selbstverwaltung (DKG, GKV-Spitzenverband, KBV) entwickelt zeit-nah Regelungen zur Strukturierung sektorenübergreifender Versorgungs-angebote zur Verbesserung der Versor-gung von Menschen mit psychischen und neurologischen Erkrankungen. Die Überarbeitung der Psychotherapiericht-linie soll Eingang in dieses strukturierte Versorgungsprogramm � nden.“

Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der Politik bzw. der ärztlichen Selbstver-waltung.

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BASYS

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Die Pharmainitiative BayernDie „Pharmainitiative Bayern“ ist eine informelle Gruppe von innovativen pharmazeutischen Unternehmen mit Standort in Bayern. Ihr gehören derzeit die Unternehmen Amgen, Baxter, Bio-gen Idec, Bristol-Myers Squibb, Celge-ne, Daiichi-Sankyo, GlaxoSmithKline, MSD, Novartis und Roche an.

Das aktuelle Update steht unterhttp://www.basys.de/aktuelles/2014/pharma_by_2008-2012.pdf zum Download bereit.

UPDATE ZUR BASYS-STUDIE ZU DEN FOLGEN DER KOSTENDÄMPFUNG BEI PHARMA

Auch in der Gesundheitspolitik gilt: Keine Therapie ohne NebenwirkungenEin Euro-Zwangsrabatt verursacht über zwei Euro volkswirtschaftlichen Verlust. Auf die-sen einfachen Nenner kam 2013 die vom Augsburger BASYS-Institut veröffentlichte Studie zur gesundheitswirtschaftlichen Be-deutung der Pharmazeutischen Industrie in Bayern. Erstmals lag damit eine auf Fakten basierte Einordnung dieser Hightech-Bran-che vor, die auch die Auswirkungen der Kostendämpfungspolitik im Bund berück-sichtigt.  Darauf auµ auend veranlasste die „Phar-mainitiative Bayern“, ein Zusammen-schluss forschender Arzneimittelherstel-ler mit Standorten in Bayern, Ende 2014 ein Update. Dieses bestätigt die zentralen Ergebnisse des ersten Gutachtens: 1. Der Pharmastandort Bayern bietet gute

Voraussetzungen für Forschung, Pro-duktion und Vertrieb. So ist die Brut-towertschöpfung der 24.000 Beschäf-tigten etwa doppelt so hoch wie der Durchschnittswert aller Beschä� igten. Allerdings werden die vorhandenen Potenziale nicht ausgeschöp� : Bay-ern liegt beispielsweise beim Export nur im Mittelfeld aller Bundesländer.

 2. Die Kostendämpfung (Zwangsrabat-

te, Preismoratorium etc.) schlägt sich negativ auf die Produktion und Be-schä� igung nieder. Aufaddiert rich-

tet sie deutlich mehr Schaden an, als dass sie der Gesetzlichen Kranken-versicherung Ausgaben erspart. Bun-desweit kostete sie bisher etwa 15.000 Arbeitsplätze in der Pharmazeutischen Industrie; in vor- und nachgelager-ten Branchen ent� elen weitere knapp 85.000 Arbeitsplätze.

 3. Die in Bayern ansässigen Pharma-

unternehmen fokussieren sich vor al-lem auf den deutschen Binnenmarkt. Dadurch wird der Standort deutlich stärker durch die Kostensenkung auf Bundesebene belastet als andere Bun-desländer.

 Gleichzeitig zeigt die aktuelle Studie, dass sich die im Jahr 2013 erhobenen Abschlä-ge und Rabatte auf über 50 Prozent der Unternehmensüberschüsse der bayeri-schen Pharmaindustrie summierten. Er-schwerend kam hinzu, dass die Kosten für Forschung und Entwicklung im Arz-neimittelsektor jährlich zusätzlich um sieben bis acht Prozent zur In­ ation an-stiegen. Die Bereitscha� für zusätzliche Investitionen war dadurch nicht mehr gegeben.  Ein Eª ekt, der dadurch verstärkt wird, dass der Verbraucherpreisindex in den Jahren 2008 bis 2013 zwar um sieben Prozent zulegte, der Arzneimittelpreis-

index allerdings im selben Zeitraum um drei Prozent sank. Die Arzneimittelprei-se in Deutschland sind mittlerweile so niedrig, dass sich Hersteller eher auf das Auslandsgeschä� konzentrieren. Mit teil-weise gravierenden Folgen: So verteuern sich einerseits die Importe, andererseits sinken die Exportpreise von in Deutsch-land produzierten Arzneimitteln. Der so genannte „Parallel-Export“ ins Ausland steigt an, was bereits zu ersten negativen Auswirkungen auf die Patienten-Versor-gung hierzulande führte.  Entwicklungen, denen sich die Pharma-zeutische Industrie in Bayern gemein-sam mit der Bayerischen Staatsregierung unter Federführung der Staatsministerien Gesundheit und Wirtscha� stellen will. Gemeinsam sollen Lösungen erarbeitet werden. Der Grundstein dafür wurde Anfang Dezember 2014 mit dem „Bay-erischen Pharmagipfel“ gelegt. Weitere Treª en folgen in den nächsten Monaten. Ergebnisse sind für die zweite Jahreshälf-te 2015 angekündigt.

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GKV-VERSORGUNGSSTÄRKUNGSGESETZ

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Von Martin Degenhardt

Bereits zu Beginn dieser Legislaturperio-de war absehbar, wo die Große Koalition den Schwerpunkt ihrer Arbeit im Bereich der Gesundheitspolitik setzen wird. Zu-allererst ist dabei das Thema Pfl ege zu nennen, gefolgt von der lange angekün-digten Krankenhausstrukturreform. Das der ambulante Bereich und die Belange der niedergelassenen Ärzte nicht im Zen-trum der Großen Koalition stehen, war also absehbar. Umso wichtiger ist hier das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG), ist es doch das mit Abstand wichtigste Gesetzgebungsverfahren für den ambulanten Bereich. Folgerichtig ist das GKV-VSG derzeit das bestimmende politische Thema für die niedergelas-senen Ärzte. Mit diesem Gesetzentwurf

Was bewegt die Ärzte in den FALK KVen?

werden die Vereinbarungen des Koali-tionsvertrags zur ambulanten Versor-gung weitestgehend umgesetzt – außer den Festlegungen, die Eingang in das E-Health-Gesetz oder das Präventions-gesetz fi nden.

Versorgungsstärkungsgesetz

Leider � nden auch im Gesetzentwurf zum GKV-Versorgungsstärkungsge-setz die Belange und Anliegen der Ärz-tescha� kaum Berücksichtigung. Das Bekenntnis zur Freiberu­ ichkeit, das sich noch im Koalitionsvertrag � ndet, sucht man im GKV-VSG vergeblich. Das Gesetz, das eigentlich die Stär-kung der Versorgung zum ¥ ema ha-ben sollte, stellt gerade nicht den Arzt und die Bedingungen seiner Tätigkeit

in den Mittelpunkt. Anstatt die Vo-raussetzungen für die ärztliche Tä-tigkeit zu verbessern und den Arzt-beruf wieder attraktiver zu machen und dadurch wieder mehr Ärzte zu gewinnen, werden andere, nichtärzt-liche Akteure durch den Entwurf ge-stärkt. So bekommen Krankenhäuser eine stärkere Rolle in der ärztlichen Versorgung, die Kommunen können kün� ig über MVZ Träger der ambu-lanten Versorgung werden und die Delegation ärztlicher Leistung wird gestärkt. Verbesserung der Grundla-gen ärztlicher Tätigkeit – weitgehend Fehlanzeige!

Auch bei den beiden am stärksten dis-kutierten ¥ emen, dem Abbau von Überversorgung und der Wartezeiten-

Was bewegt Was bewegt Was bewegt die Ärzte die Ärzte in den FALK KVen?in den FALK KVen?

Was bewegt die Ärzte in den FALK KVen?

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GKV-VERSORGUNGSSTÄRKUNGSGESETZ

regelung fehlt eine grundlegende Ursa-chenforschung. Stattdessen wird ver-sucht mit gesetzlichen Regelungen die Symptome zu kurieren, die entstehen, weil durch einen Attraktivitätsver-lust der Tätigkeit als niedergelassener Arzt zunehmend Ärzte fehlen. So ist es letztlich gar nicht so entscheidend, wie viele Arztsitze durch diese Neu-regelung abgebaut werden, oder wie viele Patienten aufgrund mangelnder Facharzttermine kün� ig im Kranken-haus behandelt werden. Entscheidend ist, dass einige Politiker zunehmend versuchen die ambulante Praxis zum Auslaufmodell zu machen.

Mehr junge Mediziner gewinnen

Dabei könnten beide Probleme, punk-tuelle Terminschwierigkeiten und die Bekämpfung von Unterversorgung mittelfristig dadurch gelöst werden, dass die Bedingungen für die freibe-ru­ iche Tätigkeit als niedergelassener Arzt wieder verbessert werden, etwa durch eine Befreiung vom Budgetde-ckel oder den Abbau von Bürokratie.

Bei zwei kleinen Beispielen geht die Politik dabei in die richtige Richtung. Zum einen gibt es eine echte Verbes-serung bei der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin. Hier werden die Bedingungen für die Ärzte in Weiter-bildung und die anstellenden Praxen deutlich verbessert. Ein kleiner aber wichtiger Schritt, um wieder mehr junge Mediziner für die Niederlas-sung zu gewinnen. Leider wurde bis-her die Chance verpasst, diese Förde-rung der ambulanten Weiterbildung auch auf grundversorgende Facharzt-gruppen auszuweiten.

Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der ärztlichen Rahmenbedingungen ist die Abschaª ung der Richtgrößen-prüfung und die Regionalisierung der Wirtscha� lichkeitsprüfung. Beide bie-ten die Möglichkeit kün� ig Regres-se zu vermeiden, ein entscheidender Fortschritt, um junge Ärzte zu gewin-nen und die ärztliche Tätigkeit von pa-tientenfernen Erwägungen zu befreien.

Zusammenfassend lässt sich feststel-len: die Tendenz des GKV-VSG ist be-denklich.

Ein Mehr an Vorgaben und Bürokra-tie und die Stärkung von Krankenhäu-sern in der ambulanten Versorgung – all dies zeigt die Misstrauenskultur, die sich in unserem Gesundheitswe-sen etabliert hat. Dabei sind die freie Arztwahl und die freiberu­ ich täti-gen niedergelassenen Ärzte mit ihrer ¥ erapiefreiheit die Gewähr für eine hervorragende ambulante medizini-sche Versorgung in Deutschland. Die Bundesregierung hätte gut daran ge-tan, dies zum Grundpfeiler des neuen Gesetzes zu machen. Die Verbesserun-gen bei Weiterbildung und Wirtscha� -lichkeitsprüfung lassen aber hoª en, dass sich noch bei weiteren ¥ emen etwas ändert. Die ­ ächendeckende ambulante Versorgung ist langfris-tig nur durch attraktive Rahmenbe-dingungen für niedergelassene Ärzte zu sichern. Diese Daueraufgabe muss die Politik kün� ig wieder in den Fo-kus rücken!

Ausbau der Palliativmedizin

Die Chance dafür bietet das neue E-Health-Gesetz. Der Entwurf bietet ei-nige ermutigende Entwicklungen. So wird eine langjährige Forderung der Ärztescha� erfüllt, dass die vorhan-denen Netze auch in der Telematik-infrastruktur weiterbetrieben werden können. Auch die Aufnahme vergü-teter telemedizinischer Leistungen und die Öª nung der Telematikinfra-struktur für weitere Anwendungen des Gesundheitswesens zeigen, dass die Hinweise aus der Ärztescha� Ge-hör fanden.

Schließlich beschä� igen sich Ärzte in besonderer Weise mit der aktuellen ge-sellscha� lichen Diskussion über die Sterbehilfe. Schon immer sind Ärz-te die natürlichen Begleiter von Men-schen in ihrer letzten Lebensphase und das Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient spielt hier eine besonders große Rolle. Daher sprechen sich füh-rende Ärztevertreter gegen eine mög-

liche Kriminalisierung der ärztlichen Sterbebegleitung aus. Stattdessen ist ein massiver Ausbau der Palliativme-dizin in Deutschland unerlässlich, um den Menschen ein Sterben in Würde zu ermöglichen und die Angst vor un-erträglichem Leid zu nehmen.

Alles in allem gilt: die Ärztescha� wird auch kün� ig an den gesundheitspoli-tischen Debatten teilnehmen und die Versorgungslandscha� in Deutsch-land aktiv mitgestalten. Voraussetzung dafür ist, dass man uns die Möglich-keiten dazu lässt. Es bleibt zu hoª en, dass die Stimme der Ärztescha� im Konzert der politischen Auseinan-dersetzung kün� ig wieder mehr Ge-hör � ndet.

MARTIN DEGENHARDT

Martin Degenhardt ist Diplom Politikwis-senschaftler. Seit 2010 ist er Fachrefe-rent Politik der Kassenärztlichen Vereini-gung Bayerns. Zudem ist er seit 2011 Hauptstadtrepräsentant der Freien Alli-anz der Länder KVen (FALK)

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NACHHALTIG LEBEN

Von Julia Klöckner, MdL

Die Kommission „Nachhaltig leben – Le-bensqualität bewahren“ ist Teil der Zu-kunftsstrategie der CDU. Als Volkspartei sind wir immer wieder aufs Neue gefordert, auf der Basis unserer Grundwerte eine Politik zu entwerfen, die den Entwicklungen der Zeit in ihrer ganzen Breite und damit dem Leben der Menschen gerecht wird. Der Bundesvorstand der CDU hat dafür drei Kommissionen eingesetzt, die sich mit der Zukunft der Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung, dem Zusammenhalt der Gesellschaft und mit dem „Guten Leben“ beschäftigen.

Wir wollen neue Wege in der Parteiarbeit gehen und aus alten Denkschienen ausbrechen. Wir wollen diskutieren, Standpunkte austau-schen und freuen uns dabei über eine kreative Unruhe

GESUNDHEIT Wichtiges Thema der Kommission „Nachhaltig leben – Lebensqualität bewahren“

Aus vielen Studien wissen wir, dass nicht allein das Einkommen und materieller Besitz für die Lebenszufriedenheit der Menschen wichtig sind. Deshalb können wir unsere Politik nicht nur am Wachs-tum des Bruttoinlandsproduktes aus-richten. Das brauchen wir auch, aber unsere Politik muss weit darüber hi-naus reichen. Sie muss einen Rahmen setzen und Maßnahmen ergreifen, die den Menschen ermöglichen, so zu le-ben, wie es gut und richtig für sie ist, und so, dass ihr Handeln nicht auf Kos-ten anderer und der nachfolgenden Ge-nerationen geht.

Worum geht es uns?Wir wollen neue Wege in der Parteiarbeit gehen und aus alten Denkschienen aus-brechen. Wir wollen diskutieren, Stand-punkte austauschen und freuen uns dabei über eine kreative Unruhe. Deshalb haben wir in die Kommission sehr unterschiedliche sachkundige Mit-glieder berufen: Politiker, Bürgermeister von Städten und Gemeinden, nachhaltig wirtscha� ende Unternehmer, Konsum- und Umweltexperten, die Vertreterin eines Kreisbauernverbandes und auch zwei Me-diziner. Der eine ist der Europaabgeordne-te Dr. Peter Liese, der andere ein Praktiker aus dem Krankenhaus. Wir haben Men-

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NACHHALTIG LEBEN

JULIA KLÖCKNER

Julia Klöckner, 42, gehörte von 2002 bis 2011 dem Deutschen Bundestag an. 2011 wechselte sie nach Rhein-land-Pfalz und wurde CDU-Landesvorsit-zende und Vorsitzende der Landtagsfrak-tion. Klöckner ist stellvertretende Bun-desvorsitzende der CDU

schen zusammengebracht mit unterschied-lichem Hintergrund, mit unterschiedlichen Erfahrungen, aus verschiedenen Berufen und Altersstufen.

In der ersten Phase der Arbeit haben wir die ¥ emen identi� ziert. Dafür haben wir Experten befragt, z. B. Bundesminister Dr. Peter Altmaier, der die Nachhaltigkeits-strategie der Bundesregierung verantwor-tet, und Wissenscha� ler, die über Lebens-zufriedenheit, Glück und Zeitwohlstand forschen. Wir haben einen Open-Space veranstaltet – ein neues Format, bei dem sich nach einem Impulsvortrag aus dem Publikum heraus Arbeitsgruppen bilden und selbstgewählte ¥ emen diskutieren. Auf unserem Parteitag in Köln hatten wir ein Forum mit dem bekannten Arzt und Kabarettisten Dr. Eckart von Hirschhau-sen und Matthias Hebeler, der ökologisch korrekte Business-Hemden herstellt.In Intranet CDUplus gab es eine lebhaf-te Diskussion unter unseren Mitgliedern und viele Bürger haben uns ihre Vorstel-lungen auch unter unserer Mail-Adresse [email protected] dargelegt.

So haben sich folgende Schwerpunkte und Fragestellungen herauskristallisiert:Wir müssen uns als CDU noch einmal ver-gewissern: Was meinen wir, wenn wir den inzwischen zum Modewort gewordenen Begriª Nachhaltigkeit verwenden? Wie wollen wir konsumieren und wie kön-nen wir unseren Konsum ökologisch und sozial korrekt gestalten? Hier reicht das Spektrum von der Schaª ung eines Kleider-labels, über gesunde Ernährung bis zum nachhaltigen und sorgfältigen Umgangs mit Daten und Finanzen.Wie gelingt es, dass Nachhaltigkeit von den Unternehmen nicht nur als P­ icht ge-sehen wird, einen Bericht vorzulegen, son-dern als echter Business-Case. Und was bringen uns neue Geschä� smodelle, wie z. B. die Share-Economy, die auf dem Teilen von Gütern und Dienstleistungen beruht.Ganz wichtig ist den Menschen ihr unmit-telbares Lebensumfeld in den Städten und Regionen. Stichworte sind die grüne smar-te Stadt mit aufeinander abgestimmtem Familientakt, der Erhalt lebendiger Dörfer im ländlichen Raum, Breitband- und Ärz-teversorgung und altengerechtes Wohnen.

Sicherheit und Ver-lässlichkeit sind für fast alle Menschen grundlegend. Das be-tri¹ nicht nur die Si-cherheit im polizeili-chen Sinne, sondern auch stabile Rahmen-bedingungen und die Langfristigkeit von politischen Entschei-dungen.

Unsere Kommission verfolgt also einen sehr breiten Ansatz. Gleichwohl sind so-wohl bei unseren Aktivitäten einige ¥ emen immer wieder genannt worden. Gesundheit ist eins die-ser Topthemen. Gesundheit ist ein ganz wesentlicher Faktor von Lebensqualität. Das ist ein großer Au� rag an die Politik, die Menschen in Gesundheitsberufen, die Arbeitgeber und an jeden einzelnen selbst. Die Bürger wünschen sich – so die Beiträ-ge beim Open-Space und in der Online-Diskussion – bessere Informationen über Medikamente, ¥ erapien, gesunde Ernäh-rung und Prävention sowie mehr Gesund-heitsforschung. Auf dem Land steht die Si-cherung der medizinischen Versorgung im Vordergrund. Anreize für Ärzte, in länd-liche Regionen zu gehen, mobile Praxen, Versorgungseinrichtungen, Sicherung der Notfallversorgung stehen deshalb richti-gerweise schon auf der Agenda unserer Politik. Aber die Bürger haben uns noch mehr gesagt: Sie wünschen sich neben der guten Versorgung eine ganzheitlichere Be-trachtung von Gesundheit. Sie möchten, dass in der Medizin auch Homöopathie und alternative Methoden mit berücksich-tigt werden. Dr. Eckart von Hirschhausen hat uns auf dem Parteitag aufgerufen, in Prävention, in Gesundheitsstrukturen und soziale Innovationen zu investieren und dabei auch P­ egekrä� e und junge Ärzte nicht zu vergessen.

Aus all den gesammelten Vorschlägen und ¥ emen wird die Kommission in den nächsten Monaten Positionen erarbei-ten und Politikmaßnahmen vorschlagen. Ziel ist es, im Sommer einen Bericht vor-zulegen, aus dem ein Leitantrag für den

nächsten Bundesparteitag der CDU er-stellt wird. Unser Politikansatz dabei ist klar: Wir werden keinem vorschreiben, wie er zu leben hat. Plakativ ausgedrückt: von uns wird kein Veggie-Day verordnet und keine Zwangsbeglückung erfolgen, wie die Grünen das versuchen. Vielmehr wol-len wir den Menschen durch Befähigung, Information und Anreize ermöglichen, ein selbstbestimmtes, nachhaltiges Leben zu führen. Das ist das Angebot der CDU und der Au� rag der Kommission „Nach-haltig leben – Lebensqualität bewahren“.

Julia Klöckner mit dem ehemaligen rheinland-pfälzischen Sozial-politiker Heiner Geissler

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Von Annette Widmann-Mautz, MdB

Sterben und Tod sind Teil des Lebens. Sterbende Menschen gehören in die Mitte der Gesellschaft. Deshalb hat die Regierungskoalition bereits im Koali-tionsvertrag festgeschrieben, dass die Hospiz- und Palliativversorgung gestärkt und weiterentwickelt werden soll. Denn wir wollen, dass alle Menschen in ihrer letzten Lebensphase die bestmögliche mensch-liche Zuwendung, Versorgung, Pfl ege und Betreuung erhalten. Wir wollen, dass alle Menschen an den Orten, an denen sie ihre letzte Lebensphase verbringen, auch im Sterben gut versorgt und begleitet sind. Hierzu bedarf es des Ausbaus und der gezielten Weiterentwicklung der be-stehenden hospizlichen und palliativen Versorgungsangebote und gleichzeitig auch einer umfassenden Information der Betroffenen über die vielfältigen Möglich-keiten der medizinischen, pfl egerischen und hospizlichen Begleitung in der letzten Lebensphase.

Zur Stärkung der Hospiz- und Pallia-tivversorgung in Deutschland haben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und ich – zusammen mit den ge-

VERBESSERUNG der Hospiz- und PalliativversorgungVERBESSERUNG der Hospiz- und PalliativversorgungDie angestrebten Verbesserungen stärken die Möglichkeiten der Patientinnen und Patienten, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse für die letzte Lebensphase wirksam umzusetzen

sundheitspolitischen Experten der Ko-alitionsfraktionen CDU/CSU und SPD – Eckpunkte vorgelegt, die auf verschie-denen Ebenen Maßnahmen deutliche Verbesserung der Hospiz- und Pallia-tivversorgung in Deutschland beschrei-ben. Sie reichen von der ambulanten ärztlichen Versorgung und P­ ege über die Vernetzung verschiedener Angebo-te und Kooperation zwischen den be-teiligten Leistungsanbietern bis hin zu gezielter Information über Hilfen und Versorgungsangebote. Sie stärken damit nicht zuletzt auch die Möglichkeiten der Patientinnen und Patienten, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse für die letz-te Lebensphase wirksam umzusetzen.

Ziel ist ein fl ächendeckendes Angebot

Ziel ist es, dass in Deutschland ein ­ ä-chendeckendes Angebot an Hospiz- und Palliativversorgung verwirklicht wird – auch in strukturschwachen und ländli-chen Regionen. Insgesamt haben wir in Deutschland bereits in den letzten Jah-ren große Fortschritte im Auf- und Aus-bau der ambulanten Palliativversorgung und wichtige Verbesserungen in der am-bulanten Hospizarbeit und für stationä-

re Hospize erreicht. Nun geht es darum, auf dieser Grundlage mit Blick auf alle Regionen Deutschlands den Auf- und Ausbau weiter zu befördern.

Im ländlichen Raum müssen Anrei-ze für einen Ausbau der Leistungsan-gebote und dafür geschaª en werden, dass ausreichend Ärzte und P­ egekräf-te mit der erforderlichen Quali� kation und Berufserfahrung zur Verfügung ste-hen. Dort fehlt es noch an ausreichen-den Hospiz- und Palliativangeboten so-wohl durch ambulante Dienste als auch in stationären Einrichtungen. Deshalb sollen beispielsweise stationäre Hospi-ze � nanziell besser gefördert werden. Mit gezielten regulatorischen Maßnah-men und � nanziellen Anreizen wollen wir sowohl die allgemeine ärztliche Pal-liativversorgung als Teil der Regelver-sorgung stärken, als auch den Ausbau der sogenannten spezialisierten ambu-lanten Palliativversorgung (SAPV) und den Abschluss entsprechender Versor-gungsverträge der gesetzlichen Kran-kenkassen in den Regionen befördern, in denen es noch „weiße Flecken“ in der Versorgung gibt.

HOSPIZ-VERSORGUNG

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HOSPIZ-VERSORGUNG

ANNETTE WIDMANN-MAUTZ

Annette Widmann-Mautz, 48, ist seit 2009 Parlamentarische Staatssekre-tärin beim Bundesminister für Gesund-heit. Dem Deutschen Bundestag gehört sie seit 1998 an. Seit 2002 wurde sie dabei stets als Direktkandidatin in Tübin-gen gewählt

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Vernetzung der Versorgung

Wir brauchen insgesamt auch mehr Anreize dafür, dass die vielfältigen be-stehenden Versorgungsangebote der ambulanten Dienste und stationären Einrichtungen besser vernetzt werden. Die Hilfsbedür� igkeit der Menschen ist höchst unterschiedlich und verändert sich auch individuell im Verlauf der letz-ten Lebensphase. Daher ist eine vernetzte Versorgung so wichtig, die ein reibungs-loses Ineinandergreifen verschiedener Hilfsangebote und deren Anpassung an die Wünsche und Vorstellungen der Be-troª enen gewährleistet. Vor allem in Flä-chenregionen müssen Vernetzung und Kooperation von medizinischer und p­ e-gerischer Versorgung sowie hospizlicher Begleitung vorangebracht werden. Hier-für setzen wir gezielte strukturelle An-reize – auch � nanzieller Art.

Auch in den Einrichtungen der Alten-p­ ege muss die Hospizkultur weiter ge-stärkt werden, denn viele Menschen ver-bringen ihre letzten Lebensmonate dort. Dabei geht es darum, eine quali� zierte Sterbebegleitung sicherzustellen, die an den Bedürfnissen der Menschen ausge-richtet ist – sei es in Form einer intensi-ven hospizlichen Begleitung oder auch der Begleitung durch Angehörige und Vertrauenspersonen. Auch die palliativ-medizinische Versorgung gilt es voran-

zubringen. Wir sehen ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor und setzen auch hier auf � nanzielle Anreize, um Vernet-zungen und Kooperationen zwischen den behandelnden Ärzten und den P­ e-ge- und Hospizdiensten mit den statio-nären P­ egeeinrichtungen zu verbessern.

Ganzheitliche Beratung

Neu einführen werden wir – natürlich auf freiwilliger Basis für alle Beteiligten – ein Beratungsangebot in stationären P­ egeeinrichtungen zur individuellen gesundheitlichen Versorgungsplanung zum Lebensende. Ein solches ganzheit-liches Beratungsangebot über die me-dizinische, p­ egerische, psychosoziale und seelsorgerische Betreuung und Ver-sorgung am Lebensende kann Ängste schwerstkranker Patientinnen und Pa-tienten und P­ egebedür� iger vor Un-bekanntem und schwerem Leid in der Sterbephase mindern. Zugleich können eine gute Koordination und die gemein-same Kooperation aller Beteiligten dem häu� gen Wunsch der Betroª enen nach weitestgehender Selbstbestimmung bis zuletzt und der Vermeidung ungewoll-ter medizinischer Eingriª e besser Rech-nung tragen. Gleichzeitig wird damit er-möglicht, dass den an der Versorgung Beteiligten die Wünsche des jeweiligen P­ egeheimbewohners bekannt sind und sie dementsprechend handeln können.

Wir planen eine weitere Verbesserung der medizinischen, p­ egerischen und hospizlichen Betreuung und Begleitung. Die Menschen sollen sich darauf verlas-sen können, dass sie bis zuletzt die Hilfe erhalten und die menschliche Fürsorge erleben werden, die sie benötigen. Die Eckpunkte zur Verbesserung der Hos-piz- und Palliativversorgung, auf deren Grundlage nun entsprechende gesetzli-che Regelungen erarbeitet werden, wei-sen hierfür den Weg.

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GESUNDHEITSPOLITIK

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Von Stephan Woznitza

Die Liste der aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD bereits abgearbeite-ten gesundheitspolitischen Vorhaben ist lang, das „Restprogramm“ dafür umso an-spruchsvoller. In diesem Jahr rücken die größten Reformbaustellen des Gesund-heitswesens in den Fokus. Behält die Re-gierung ihr bisheriges Tempo bei, hat man Ende 2015 die Vorhaben des Koalitions-vertrages schon weitgehend abgearbeitet.

Diskussion ums Versorgungsstärkungsgesetz

Um langfristig eine qualitativ hoch-wertige und e» ziente medizinische Versorgung ­ ächendeckend gewähr-leisten zu können, soll bis Mitte des Jahres das „Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Kran-kenversicherung“ (GKV-VSG) verab-schiedet werden. Eine entsprechende Vorlage hat das Kabinett im Dezem-ber beschlossen.

Die von Union und SPD bereits abgearbeiteten gesundheitspolitischen Vorhaben ist lang, das „Restprogramm“ dafür umso anspruchsvoller

Mit dem ersten Durchgang im Bundes-rat Anfang Februar begann der parla-mentarische Diskussionsprozess, der bis Mitte Juni abgeschlossen werden soll. Widerstand formiert sich dabei vor allem auf Seiten der Ärztescha� , denn die geplante Neuregelung zum Praxisau° auf und zur ausbleibenden Nachbesetzung von Arztsitzen in über-versorgten Regionen stößt ebenso auf Kritik, wie die angekündigte Einrich-tung von Terminservicestellen. Von al-len Seiten begrüßt wird dagegen der im Gesetzentwurf vorgesehene Inno-vationsfonds.

Das Präventionsgesetz – was lange währt, …?

Nach drei gescheiterten Anläufen in den Jahren 2004, 2007 und 2013 soll in diesem Jahr die Verabschiedung eines „Gesetzes zur Stärkung der Gesund-heitsförderung und der Prävention“ (PrävG) gelingen. Mit dem Kabinetts-beschluss wurde die erste Hürde im

Dezember bereits gemeistert. Eine öf-fentliche Anhörung des Gesundheits-ausschusses ist für April oder Mai, die zweite/dritte Lesung im Bundestag für Juni geplant, bevor der Bundesrat im Juli den Gesetzgebungsprozess zum erfolgreichen Abschluss bringen soll.

Während Bundesgesundheitsminis-ter Hermann Gröhe auf einen „brei-ten Konsens“ setzt, um gesund-heitsförderndes Verhalten in allen Lebenswelten und -altern zu stärken, zeigt der Bundestag wenig Begeiste-rung. Kritische Stimmen aus beiden Koalitionsfraktionen äußern erneut Vorbehalte gegenüber dem eª ekti-ven Nutzen eines solchen Gesetzes. Die Bundesratsausschüsse haben be-reits substanziellen Nachbesserungs-bedarf angemeldet. Gröhe wird also eine Antwort darauf � nden müssen, wie der Gesetzesvorschlag auch in den Lebenswelten der Volksvertreter ver-ankert wird.

Die von Union und SPD bereits abgearbeiteten gesundheitspolitischen Vorhaben ist lang, das „Restprogramm“ dafür umso anspruchsvoller

Die gesundheitspolitische Reformagenda

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GESUNDHEITSPOLITIK

Wie man angesichts der ganz unterschiedlichen Interessen der Beteiligten eine Reform der Kran-kenhausversorgung und -fi nan-zierung hinbekommt, diskutierte im letzten Jahr eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Herausgekommen ist im Dezember 2014 ein 24-seiti-ges Eckpunktepapier, das den Rah-men für einen Gesetzentwurf liefert, der noch im Februar erwartet wird.

Neuer Antrieb durch E-Health-Gesetz

Ins neue Jahr gestartet ist der Gesund-heitsminister mit dem guten Vorsatz, den seit Jahren stagnierenden Ausbau des technischen Fortschritts und der Digitalisierung im Gesundheitswesen wieder zu beschleunigen. Den Referen-tenentwurf eines „Gesetzes für siche-re digitale Kommunikation und An-wendungen im Gesundheitswesen“ (E-Health) schickte er Mitte Januar in die weitere Ressortabstimmung. Der Kabinettsbeschluss soll Ende April fol-gen, das Gesetz Anfang 2016 in Kra� treten.

Eine kleine Anschub� nanzierung bei den Anwendern soll die Motivation für eine schnellere Einführung und Nut-zung medizinischer Daten mithilfe der elektronischen Gesundheitskarte stei-gern. Am Ende sollen alle von einer besseren Vernetzung der Leistungser-bringer durch eine vielfältig einsetzba-re Telematikinfrastruktur pro� tieren. Finanzielle Anreize gibt es auch für die, die bisher nur verhalten mitgemacht haben – sie werden bei fehlender Ko-operation mit Sanktionen belegt.

Krankenhausreform als Großprojekt

Das Krankenhaus vor Ort steht einer-seits für Bürgernähe und andererseits für Kosten, die o� niemand überneh-men will. Wie man angesichts der ganz unterschiedlichen Interessen der Betei-ligten eine Reform der Krankenhaus-versorgung und -� nanzierung hin-bekommt, diskutierte im letzten Jahr eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Her-ausgekommen ist im Dezember 2014 ein 24-seitiges Eckpunktepapier, das den Rahmen für einen Gesetzentwurf liefert, der noch im Februar erwartet wird. Klar ist aber schon jetzt, dass die Reform der Krankenhausversorgung und -� nanzierung die Agenda der ge-sundheitspolitischen Debatte über das gesamte Jahr hinweg maßgeblich mit-bestimmen wird.

Vorgesehen sind u.a. die Einfüh-rung einer qualitätsorientierten Ver-gütung mit Zu- und Abschlägen für

au ßerordentlich gute bzw. schlech-te Leistungen in den Kliniken so-wie die Einrichtung eines gemeinsamen Strukturfonds von Bund und Ländern, mit dem der Abbau von Überkapazitä-ten, die Konzen-tration von Kran-kenhausstandorten sowie die Umwandlung von Kliniken in nicht akut stationäre Versorgungs-einrichtungen � nanziert werden soll. Letztlich soll es im Ergebnis „zu we-niger Operationen, weniger Kranken-häusern und mehr Qualität“ kommen, so Jens Spahn, gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestags-fraktion.

Zweite Stufe der Pfl egereform

Mit dem ersten P­ egestärkungsgesetz, das zum Jahreswechsel in Kra� getre-ten ist, sind die Leistungen für P­ e-gebedür� ige und p­ egende Angehö-rige ausgeweitet worden. Jetzt wartet die weitaus größere Herausforderung – mit dem zweiten P­ egestärkungsge-setz sollen der neu de� nierte P­ ege-bedür� igkeitsbegriª und ein indivi-duelleres Begutachtungssystem folgen.

Nach zwei gescheiterten Versuchen in der Vergangenheit ist der politi-sche Handlungsdruck hoch. Der Ge-sundheitsminister hat angekündigt, aufs Tempo zu drücken und bereits im Sommer einen Gesetzentwurf vor-zulegen. Ausgangsbasis sind zwei ab-geschlossene Modellstudien, in deren Rahmen die Funktionalität des neu-en Begutachtungsverfahrens geprü� wurde.

Was steht außerdem auf der Agenda?

Nach langer Diskussion hat das Bun-desjustizministerium inzwischen den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Ge-sundheitswesen vorgelegt. Verabschie-

det werden soll das Gesetz, mit dem „Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“ kün� ig unter Strafe stehen, noch in die-sem Jahr. Das Kabi-nett wird sich aber erst Ende Mai mit der Vorlage befas-sen.

Vom BMG ist darüber hinaus ein Ge-setz zur Steigerung der Attraktivität von P­ egeberufen angekündigt, um dem akuten Fachkrä� emangel in der Branche zu begegnen. Ein „Master-plan medizinische Ausbildung“ wartet ebenfalls noch auf seine Ausgestaltung.

In der zweiten Häl� e der Legislaturpe-riode wird der gesundheitspolitische Reformeifer maßgeblich von der Fi-nanzlage der Kassen abhängen. Falls die Kassen wie derzeit prognostiziert bereits Ende des Jahres wieder rote Zahlen schreiben, könnten ab 2016 Forderungen nach neuerlichen Kos-tendämpfungsgesetzen deutlich lau-ter werden.

STEPHAN WOZNITZA

Stephan Woznitza schreibt als Analyst für Gesundheits- und Verbraucherpoli-tik beim Tagesspiegel Politikmonitoring wöchentlich über aktuelle politische Entwicklungen in der Gesundheitspoli-tik. Zuvor war der studierte Politikwis-senschaftler in einem Abgeordnetenbü-ro des Deutschen Bundestages als wis-senschaftlicher Mitarbeiter tätig

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GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

Von Dr. Rolf Koschorrek

Die aktuelle Gesetzgebung im Gesund-heitsbereich lässt für den Mittelstand, den selbstständigen, freiberufl ichen Arzt, Zahn-arzt oder Apotheker für die Zukunft nichts Gutes erhoffen. Die Reglementierungen werden weiter ausgebaut, die Kultur des Misstrauens verstärkt, die Entmündigung vorangetrieben. Beleg für diese These ist bestens durch das in der Entstehung be-fi ndliche Anti-Korruptions-Gesetz. Nichts davon wird gebraucht, schon heute sind in diesem Land kriminelle Machenschaften ausreichend unter Strafe gestellt. Einen gesamten, extrem innovativen Bereich der deutschen Wirtschaft unter Generalver-dacht zu stellen, in dem behauptet wird, die Missstände erforderten gerade hier ent-schlossenes Einschreiten der Staatsmacht ist eine einmalige Form von hektischer, populistischer Übertherapie einer bisher nicht aufgetretenen Krankheit – nicht zu verwechseln mit sinnvoller Prophylaxe, die es ja heute schon gibt.

Die fl exiblen Strukturen des Mittelstands sind zur Lösung dieser Problematik nahezu ideal geeignet. Nur der Mittelstand kann schnell, fl exibel und innovativ auf die neuen Herausforderungen des demografi schen Wandel reagieren – und das sicher nicht nur in der Gesundheitswirtschaft

Gesetzgebung im Gesundheitsbereichlässt nichts Gutes erhoffen

Mittelstand – tragende Säuleim GesundheitssystemÄhnlich verhält es sich mit den Bestim-mungen im sogenannten Versorgungs-stärkungsgesetz – gestärkt werden Vor-schri� en, Bürokratie und Restriktionen – die Versorgung der Patienten wird die-ses Gesetzeswerk nicht oder nur margi-nal beein­ ussen. Statt die höchst eª ekti-ven der mittelständisch-freiberu­ ichen Aktiven zu stärken, werden Ihnen wei-tere Hürden in den Weg gestellt.

Der Mittelstand, die Freiberu­ ichkeit, das selbstständige, verantwortliche Unternehmertum bildet die tragende Säule der Gesundheitsversorgung und der Gesundheitswirtscha� in Deutsch-land. Arztpraxen, medizinische Ver-sorgungszentren, Zahnärzte, unzähli-ge Gesundheitshandwerker, kleine und mittlere Pharmaunternehmen, Herstel-ler von Medizinprodukten, EDV-System-häuser, So� wareprovider und viele mehr - fast alle gehören dem Mittelstand an.

Sie erwirtscha� en einen großen Teil der volkswirtscha� lichen Wertschöpfung und bringen einen erheblichen Teil der dringend erforderlichen Innovationen in unser Gesundheitssystem.

Preisdiktat und ReglementierungDie Rahmenbedingungen in diesem extrem regulierten und reglementier-ten Bereich werden allerdings immer schwieriger. Planungssicherheit und Ver-lässlichkeit der Vertragspartner – vor al-lem am langen Ende – wird immer mehr zum Problem für den Mittelstand. Ge-nehmigungs- und Zulassungsverfahren in der Selbstverwaltung dauern nicht selten Jahre, Übernahme in die Erstat-tungskataloge der gesetzlichen Kranken-versicherung o� noch einmal so lang – mit Ergebnissen, die keiner Verhand-lungslösung, sondern o� einem Preis-diktat gleichen. Anpassungen der pri-vaten Gebührenordnungen bemessen sich ja mittlerweile in Dekaden – neue Versorgungsformen, ¥ erapiekonzep-

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GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

DR. ROLF KOSCHORREK

Dr. Rolf Koschorrek, 58, wurde 2005 und 2009 als Direktkandidat in den Deut-schen Bundestag gewählt. Bis zu seinem Ausscheiden im Herbst 2013 gehörte Rolf Koschorrek über beide Legislaturpe-rioden dem Gesundheitsausschuss an. Von 2009 bis 2013 war er Obmann der CDU/CSU-Fraktion, stellvertretender ge-sundheitspolitischer Sprecher seiner Frak-tion und Beisitzer im Fraktionsvorstand. Heute leitet er das Verbindungsbüro des HNO Verbandes

te, moderne Technik, kreative Koope-ration lässt sich o� nur mit dubiosen Hilfskonstruktionen über Analogziª ern berechnen mit der damit unmittelbar vorhandenen Rechtsunsicherheit. Hier müsste Tempo gemacht werden, müs-sen Politik und Selbstverwaltung Druck machen, hier brauchen wir den Elan der andernorts in unsinnigen Paragrafen-� ndungen gegen vermeintliche Korrup-tionsauswüchse an den Tag gelegt wird.

Und selbst wenn es zu guten Verträgen zwischen Krankenkassen und Unterneh-men zur besseren Versorgung der Pa-tienten kommt, werden diese vom Bun-desversicherungsamt nicht genehmigt, wenn sie sich nicht innerhalb weniger Quartale „rechnen“, will sagen Kosten dämpfen. Innovation, gerade vor dem Hintergrund unserer, sich extrem wan-delnden Gesellscha� muss man aber auch am langen Ende, in Perspektiven von fünf oder zehn Jahren planen dür-fen und in Verträgen vereinbaren kön-nen. Hier sind gemeinsame Anstren-gungen aller in diesem Bereich tätigen Mittelständler erforderlich. Partikularin-teressen, die das deutsche Gesundheits-wesen seit Jahrzehnten prägen, sollten der Vergangenheit angehören.

Mutlose PolitikUnser deutsches System ist perfekt in Diagnose und ¥ erapie einzelner Er-krankungen – durch die Alterung der Bevölkerung, durch medizinischen

Fortschritt und viele an-dere Faktoren haben wir es gescha¹ , vor kurzem noch schnell tödlich ver-laufende Krankheiten in lange chronische Verläufe zu überführen, die Patien-ten bekommen dann sehr häu� g noch weitere chro-nische oder akute Erkran-kungen, werden multimor-bid. Genau dafür sind wir in unserem sehr sektorier-ten System nicht vorberei-tet. Multimorbidität ist als Schlagwort in aller Mun-de – nur wird nicht viel zur Verbesserung der Be-handlung dieser Patienten

getan. Wo bleibt denn der hier dringen erforderliche umfassende Zugang zu den Diagnosedaten der Patienten? Wo ist die Richtlinie, die verp­ ichtend ein quali-tätsgesichertes Medikationsmanagement vorschreibt und bezahlt? Der Patient er-wartet heute in einem Land wie unse-rem, dass mit seinem Einverständnis, mit dem medizinischen Knowhow und den modernen technischen Mitteln, der behandelnde oder beratende Arzt, der Apotheker, der ¥ erapeut, das Team im Krankenhaus über alle diagnostischen Daten verfügt, die Bilddaten sieht, die Medikation vollständig kennt und diese Dinge zu einer angemessenen ¥ erapie vereint. Erst dann ist doch eine wirklich gute Behandlung möglich. Falsch verstan-denes Besitzstandsdenken, mutlose Poli-tik und Selbstverwaltungsstrukturen, die sich in Selbstbeschä� igung perfekt orga-nisiert haben, bremsen seit Jahrzehnten die Fortschritte auf diesem Gebiet aus.

Es darf keine Tabus aus Gründen eige-ner Besitzstandswahrung mehr geben. Die ärztliche Versorgung in der Fläche wird nicht mehr nur durch Einzelpraxen gewährleistet werden können. Neue Ko-operationsformen müssen möglich sein. Gemeinscha� spraxen, auch fachüber-greifend, Medizinische Versorgungszen-tren, Kooperationen von niedergelasse-nen Ärzten und Krankenhäusern sind eine große Chance für den Mittelstand und nur dann eine Bedrohung, wenn man sie nicht selbst mitgestaltet.

Wettbewerb fast nur beim PreisAuch engere Partnerscha� en zwischen Herstellern von Pharmaprodukten und Medizintechnik und Krankenkassen sind ganz einfach geboten in der immer kom-plexer werdenden Versorgungswelt einer alternden Gesellscha� mit immer bes-serer medizinischer Versorgung. Wir reden viel von Wettbewerb. Bisher ha-ben wir ihn fast ausschließlich um den Preis. Warum nicht auch um die Quali-tät? Warum dürfen Krankenkassen und Hersteller nicht Verträge zur besseren Versorgung schließen? Das Dogma des „entweder einheitlich für alle oder gar nicht“ hat sich überlebt. Wenn die Versi-cherten einer Kasse von der Kooperation pro� tieren, dann wird sich sehr schnell ein Wettbewerb der anderen entwickeln, auch einen ähnlichen Vertrag zu errei-chen. Wenn sich ein Vertrag als nicht tauglich erweist, wird er sehr schnell auslaufen. Das lässt sich alles qualitäts-gesichert und antikorruptionsfest orga-nisieren. Es reichen Leitplanken, hier ver-nün� ige Strukturen zu ermöglichen. Es braucht nur Mut. Mut zur Deregulierung. Mut, bestehende gesetzlich-regulatorische Übertherapie zurückzufahren. Vermut-lich mehr Mut, als immer neue Bestim-mungen zu erlassen.

Um vernünftige Strukturen zu ermöglichen, braucht es nur Mut. Mut zur Deregulierung. Mut, bestehende gesetzlich-re-gulatorische Übertherapie zurückzufahren. Vermutlich mehr Mut, als immer neue Bestimmungen zu erlassen

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BREMEN GESUND MACHEN

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Von Elisabeth Motschmann, MdB

Die GeNo ist mit etwa 7.500 Mitarbeitern einer der größten kommunalen Kranken-hausgesellschaften in Deutschland. An vier Standorten werden in 3.000 Planbetten 60 Prozent aller Patienten behandelt. Als medizinisches Oberzentrum versorgt die Hansestadt Bremen zudem weite Teile des niedersächsischen Umlandes. Rund 40 Prozent aller in Bremen stationär behandel-ten Patienten kommen aus Niedersachsen.

Wie alle Krankenhäuser in Bremen und Bremerhaven leidet auch die GeNo da-ran, dass der rot-grüne Senat seinem ge-setzlichen Investitionsau� rag seit Jahren nicht adäquat nachkommt. Bauvorha-ben, die Modernisierung der Medizin-technik und weitere Neuerungen müs-sen deshalb aus dem laufenden Budget der Häuser � nanziert werden. In ein-zelnen Häusern der GeNo ist so ein er-heblicher Investitionsstau entstanden. Eine � nanzielle Nachjustierung ist des-halb dringend erforderlich.

Die GeNo ist ein Sanierungsfall. Scheitert die Sanierung, kommen nicht tragbare fi nanzielle Lasten auf Bremen zu

POLITIKWECHSEL IN BREMENMEHR ALS NÖTIG

POLITIKWECHSEL IN BREMENMEHR ALS NÖTIG

POLITIKWECHSEL IN BREMENMEHR ALS NÖTIG

Imageschaden für Bremen

Trotz eines Sanierungsprozesses, der bereits seit 2008 andauert, schreibt die GeNo derzeit pro Jahr ein Minus von etwa 20 Mio. Euro im operativen Ge-schä� . Hinzu kommen Zins- und Dar-lehensverträge, die zu bedienen sind. Ein Sonderbericht des Landesrech-nungshofes (Stand: Januar 2014) kommt dennoch zu dem Schluss, dass die GeNo sanierungsfähig sei. Doch bisher ist nicht viel passiert. Nach einer Finanz-spritze Bremens konnte der rot-grüne Senat zwar eine Insolvenz vor der Bür-gerscha� swahl am 10. Mai 2015 abwen-den, aber ein nachhaltiges Sanierungs-konzept und der politische Mut, dieses auch umzusetzen, fehlen. Ein von der CDU-Bürgerscha� sfraktion beau� rag-tes Gutachten stellt fest, dass der bishe-rige Sanierungsplan nicht dazu geeignet sei, das geplante Sanierungsziel zu er-reichen. Der Rechnungshof schätzt das Risiko, das dem Steuerzahler in Bremen bis 2033 durch die verschleppte Sanie-

rung der GeNo entsteht, auf 660 Mio. Euro. Der Imageschaden für die Kran-kenhäuser und die Verunsicherung der Beschä� igten werden jedoch nicht in diese Risikoberechnung miteinbezo-gen. Diese verschärfen die � nanzielle Notlage noch.

Für den schleppenden Sanierungs-prozess und die steigenden � nanziel-len Risiken sind neben Struktur- und Steuerungsproblemen momentan zwei Faktoren ausschlaggebend: Die Kos-tensteigerungen und Bauverzögerun-gen beim Teilersatzneubau (TEN) am Klinikum Bremen Mitte (KBM) und der fehlende politische Rückhalt für die Umsetzung des Sanierungskonzeptes.

Bei der Planung und dem Bau des TEN sind dem rot-grünen Senat von Anfang an schwere Fehler unterlaufen. Wäh-rend der Bauphase hat das fehlende Ma-nagement des Gesundheitsressorts zu einer Kostensteigerung von bisher rund 40 Prozent auf 281 Mio. Euro und zeitli-

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BREMEN GESUND MACHEN

chen Verzögerungen von vier Jahren ge-führt. Der rot-grüne Senat versucht die katastrophalen Zustände, wie zum Bei-spiel die auf der Baustelle verschenkten Millionen, trotz der eindeutigen Berich-te von Transparency International, bis nach dem Wahltag unter den Teppich zu kehren. Eine transparente Aufarbei-tung der Fehler, u.a. im Planungs- und Bauprozess, wäre dringend notwendig. Diese Aufarbeitung wird aber in dem dafür eingerichteten parlamentarischen Untersuchungsausschuss von der rot-grünen Mehrheit blockiert.

Mangelnde politische Vorgaben

Im bisherigen Sanierungsprozess sind von 70 vorgesehenen Maßnahmen bis-her nur sieben umgesetzt worden. Die Umsetzung scheitert an politischen Vorgaben. Beispielha� sind dabei die zu hohen Personal- und Sachkosten. Dazu wurden bereits 2008 Regelungen vom rot-grünen Senat festgeschrieben Der Verzicht auf Tarifabsenkungen und betriebsbedingte Kündigungen, eine weitreichende Besitzstandswahrung für die Beschä� igten und der Vorsatz mög-

lichst keine Leistungen out zu sourcen, führten zu Personal- und Sachkosten, die heute weit über dem Bundesdurch-schnitt der kommunalen Häuser liegen. So stellte der Rechnungshof fest, dass die GeNo pro Vollzeitkra� im patien-tennahen Bereich jährlich 3730 Euro mehr bezahlt, als andere Häuser. Im Verwaltungsbereich belaufen sich die Mehraufwendungen sogar auf 14.060 Euro. Auch wenn gerade die P­ egen-den und das medizinische Personal in den Häusern der GeNo hervorragende Arbeit bei der Versorgung der Patien-tinnen und Patienten leisten, so sind Mehrkosten in dieser Höhe nicht zu rechtfertigen, wenn es um den Erhalt der Häuser der geht und somit auch um weit mehr Arbeitsplätze. Diese müs-sen gesichert werden, das ist mein Ziel.

In der nächsten Legislaturperiode wird es darauf ankommen, die GeNo tatsäch-lich wieder „gesund“ zu machen und vom halbherzigen Kurs des rot-grünen Senats Abschied zu nehmen. Zudem muss die Krankenhaus� nanzierung neu aufgestellt werden und verläss-lich mit � nanziellen Mitteln hinterlegt

ELISABETH MOTSCHMANN

Elisabeth Motschmann, 62, gehörte von 1991 bis 1999 der Bremischen Bürger-schaft an. 1999 wurde sie Staatsrätin beim Senator für Inneres, Sport und Kul-tur. Von 2003 bis 2007 war sie als Staats-rätin beim Senator für Kultur. Ab 2007 war sie wieder Mitglied der Bremischen Bürger-schaft. Seit 2013 gehört sie dem Deut-schen Bundestag an. Motschmann ist Spitzenkandidatin der CDU Bremen für die Bürgerschaftswahl am 10. Mai 2015

Elisabeth Motschmann: „In der nächsten Legislaturperiode wird es darauf ankommen, die GeNo tatsächlich wieder „gesund“ zu machen und vom halbherzigen Kurs des rot-grünen Senats Abschied zu nehmen“

werden. Dies ist eine Frage der politi-schen Schwerpunktsetzung. E» zienz-steigerungen im Bereich der Personal- und Sachkosten sind unabwendbar, um die Versorgung für die Patientin-nen und Patienten sicherzustellen und 7.500 Arbeitsplätze auch langfristig zu sichern.

Politikwechsel am 10. Mai

Bremen muss den Sanierungskurs der kommunalen Kliniken gewährleisten können. So stellte auch der Landesrech-nungshof in seinem Sonderbericht un-missverständlich fest: „Die GeNo ist ein Sanierungsfall [...]. Scheitert die Sanie-rung, kommen nicht tragbare � nanziel-le Lasten auf Bremen zu. Dann könnten Maßnahmen erforderlich werden, die noch tiefere Einschnitte sowohl für die Beschä� igten der Krankenhäuser als auch fü r das Angebot der öª entlichen Krankenhausversorgung in Bremen mit sich bringen würden.“ Vor diesem Hintergrund ist ein Politikwechsel und damit eine Regierungsbeteiligung der CDU am 10. Mai 2015 mehr als nötig!www.neuesvertrauen.de

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QUO VADIS NRW?

Von Peter Preuß MdL

Nach gut der Hälfte der Legislaturperiode muss die Regierungsarbeit von SPD und Grünen einer kritischen Bewertung unter-zogen werden. Insbesondere die Gesund-heitspolitik muss auf den Prüfstand.

Eine tragende Säule des Gesundheitssys-tems mit über einer Million Beschä� ig-ten in Deutschland sind die Krankenhäu-ser. So wichtig die Krankenhäuser sind, so schlecht stehen viele Einrichtungen wirt-scha� lich da. Ende 2014 hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Eckpunkte für eine Krankenhausreform 2015 veröª entlicht. Basierend hierauf sollen neue Rahmenbe-dingungen für eine hochwertige, gut er-reichbare und sicher � nanzierte Kranken-hausversorgung gestaltet werden.

Quo vadis NRW? Gesundheitspolitik zwischen Stagnation und IdeologieIn Nordrhein-Westfalen ist die hausärztliche Versorgung akut gefährdet, auch die Krankenhausversorgung erscheint verbesserungsfähig (unser Foto)

Quo vadis NRW? Quo vadis NRW?

StrukturfondsQualität ist die Basis für eine sichere und transparente Versorgung und soll zukünf-tig nach spezi� schen Indikatoren gesetz-lich in den Ländern geregelt werden. In diesem Jahr wird das Institut für Quali-tätssicherung und Transparenz im Ge-sundheitswesen die Arbeit aufnehmen und einen wichtigen Beitrag zur Siche-rung eines hohen Standards leisten. Diskutiert werden auch � nanzielle Zu-schläge bei guter Qualität oder Abschläge bei Mängeln. In diesem Zusammenhang werden Kritikpunkte wie mangelnde Hy-giene, zu wenig Personal oder unnöti-ge Operationen noch stärker in den Fo-cus rücken.Die verantwortungsvolle Finanzie-rung der Krankenhäuser ist ein weiterer Schwerpunkt. Mit Einzelmaßnahmen sol-

len zukün� ig Fehlsteuerungen vermie-den und Gelder zielgenauer eingesetzt werden. Maßnahmen zu Mengensteue-rung, die Fallpauschalenkalkulation oder auch die Notfallvergütung sowie die För-derung von P­ ege werden Inhalte der Re-form sein. Darüber hinaus soll ein Strukturfonds eingerichtet werden, um den Umstruk-turierungsprozess und eine Verbesserung der Versorgungsstruktur voranzubringen. Einmalig sollen hierfür je 500 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve des Ge-sundheitsfonds und von den Ländern zur Verfügung gestellt werden.

Sonderfonds Krankenhäuser auf NullGrundsätzlich haben Krankenhäuser die notwendigen Investitionskosten aus den laufenden Betriebseinnahmen zu � nan-

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PETER PREUSS

Peter Preuß, 63, ist Rechtsanwalt in Düs-seldorf. Er gehört dem Landtag von Nord-rhein-Westfalen seit 2005 an. Preuß ist Sprecher der CDU-Landtagsfraktion für Arbeit, Gesundheit und Soziales

QUO VADIS NRW?

zieren. Die Investitionskostenförderung wiederum ist Sache der Länder. Doch in diesem Punkt läu� in NRW etwas schief. Hatte sich Rot-Grün im Koalitionsvertrag ausdrücklich zum ¾Sonderfonds Kran-kenhäuser¾, der die pauschale Förde-rung ergänzen soll, bekannt, wird die-ser zu einer globalen Minderausgabe und schrump� um 1,6 Millionen Euro auf 0 Euro für 2015.Trotzdem wird NRW von den Ergeb-nissen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und der Krankenhausreform pro� tieren. Doch um die medizinische Versorgung der Menschen in Zukun� sicherstellen zu können, müssen weitere Probleme an-gepackt werden. Die rot-grüne Landesre-gierung liegt hierbei weit hinter ihren, im Koalitionsvertrag formulierten Zielen zu-rück. Konzepte, um das Gesundheitssys-tem � t für die Zukun� zu machen, lassen sich weder in der Tagespolitik noch im Landeshaushalt 2015 � nden.

So beim ¥ ema Ärztemangel, dessen Lö-sung erklärtes Ziel im Koalitionsvertrag ist. Die aktuelle Situation ist alarmierend. Insbesondere im ländlichen Raum fehlen Hausärzte. Das Gesundheitsministerium hat im Frühjahr 2014 festgestellt, dass in 92 Gemeinden in NRW eine Gefährdung der hausärztlichen Versorgung droht und in 48 weiteren Gemeinden diese Gefähr-dung zumindest auf mittlere Sicht mög-lich ist. Es gehen mehr Ärzte in den Ruhe-stand als nachwachsen. Folgerichtig muss über die Einrichtung einer weiteren me-dizinischen Fakultät nachgedacht werden. Auch der Numerus Clausus als Regelung für den Studienzugang und die Inhalte des Medizinstudiums müssen überdacht werden. Es ist unerlässlich, für einen aus-reichenden medizinischen Nachwuchs zu sorgen, denn immer mehr ältere Men-schen werden eine immer höhere Be-handlungsintensität benötigen und mit dem medizinischen Fortschritt steigt auch der Bedarf an Gesundheitsleistungen.Allen Notwendigkeiten zum Trotz zeigt sich die Landesregierung gegenüber Vor-schlägen zur Problemlösung grundsätz-lich resistent. Ob zum Ärztemangel oder zur Schlaganfallversorgung, die CDU hat konzeptionelle Vorschläge zur Optimie-rung der medizinischen Versorgung vor-gelegt, die alle ignoriert wurden.

Es gibt zahlreiche Beispiele für gesund-heitspolitische Aufgaben, bei denen ak-tiv eingegriª en werden müsste.So ist seit einiger Zeit in Teilen der Be-völkerung eine wachsende Impfmüdig-keit und sogar radikale Impfablehnung zu beobachten. Viele Menschen werden durch teilweise obskure Verschwörungs-theorien, die vor allem durch das Internet geistern, verunsichert, ob sie ihre Kinder gegen hochansteckende Infektionskrank-heiten wie beispielsweise Masern impfen lassen sollen. Es wäre Aufgabe des Minis-teriums, die Menschen sachgerecht über die Folgen von unterlassenen Impfungen aufzuklären und entsprechend zu sensi-bilisieren.

Selbstverständlich ist es wichtig, sich um die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung, Menschen in prekären Lebenslagen und Frauen und Mädchen zu kümmern. Auch ist es das erklärte Ziel der Koalition, dass insbe-sondere die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus so-zial benachteiligten Familien verbessert wird¾. Doch diese Ziele können nur in einem insgesamt funktionierenden Ge-sundheitssystem erreicht werden.

Es wird nicht erwartet, dass alle Proble-me auf einen Schlag gelöst werden. Aber eine Landesregierung muss Probleme er-kennen, auf Entwicklungen reagieren, den Dialog suchen und für Problemlösun-gen sorgen.

Ambulant vor stationärEs ist nicht ausreichend, auf ausgesuch-te Schwerpunkte wie den Nichtraucher-schutz oder die Entwicklung von Quar-tierslösungen für eine älter werdende Gesellscha� zu setzen und alle anderen Belange zu ignorieren. Diese ¥ emen sind ein Beispiel dafür, wie versucht wird, eine ganz eigene Ideologie durchzuset-zen. Im Bereich der P­ ege konnte durch eine gute überfraktionelle Zusammen-arbeit die Richtung des neuen P­ egege-setzes GEPA korrigiert werden. Auch für die CDU gilt der Leitsatz ¾ambulant vor stationär¾, doch darf dies nicht um je-den Preis und über die Köpfe der Men-schen und der Kommunen hinweg durch-gesetzt werden. In diesem Punkt konnte

sich die CDU mit ihrer Forderung nach einer kommunalen Steuerung durchset-zen. Zukün� ig kann der Bedarf statio-närer P­ egeplätze von den Kommunen selbst ermittelt werden. Mit diesem Steue-rungsinstrument wird auch den regional o� sehr unterschiedlichen Bedarfen Rech-nung getragen werden können.

Ein Armutszeugnis ist es aber, wenn eine Gesundheitsministerin dann den Bund in die P­ icht nehmen will und Gelder für die Quartiersentwicklung aus der P­ egever-sicherung einfordert.

Die Aufgabe der medizinischen Versor-gung ist wichtiger Bestandteil der Da-seinsvorsorge und der Lebensqualität. Jeder ist betroª en und die Diskussion da-rüber wird sehr emotional geführt. Da reicht es nicht aus, Zahlen und Fakten zu erheben, dann aber wie im Fall des Ärz-temangels zu ignorieren. Es bedarf eines intensiven, unvoreingenommenen und ideologiefreien Dialogs aller Beteiligten im Gesundheitswesen, um gemeinsam Konzepte für die Zukun� zu erarbeiten. Die Politik muss sich aktiv beteiligen und die Ergebnisse umsetzen. Sie muss aber auch den Entwicklungen immer schon einen Schritt voraus sein, um die Versor-gung der Bevölkerung sicherzustellen. Kreative und innovative Ansätze lässt die nordrhein-westfälische Gesundheitsmi-nisterin vermissen.

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KOMMENTAR

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KOLUMNE

Herausgeber und VerlagGK Mittelstands Magazin Verlag GmbHGünter F. KohlGärtnerkoppel 324259 Westensee/ KielTel. 04305-992992 / Fax 04305-992993E-Mail: [email protected]

Anzeigenverkauf: Über den Verlag

Anzeigenschluss: 20. April 2015

RedaktionDr. Mathias HöschelTim A. Kü[email protected]

Internet: www.issuu.com/ampuls

Satz und Layout: Walter Katofsky, Kiel

Druck: UBG Rheinbach

Titelfoto: Clipdealer.de

AbonnementEinzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 Ausgaben

Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.

Impressum

VERBESSERUNG DER PATIENTENVERSORGUNG DURCH DIGITALE GESUNDHEITSANGEBOTE

Liebe Leserinnen und Leser,tragen Sie ein Fitnessarmband? Oder ha-ben sie schon mal mit der App Runtastic Ihre tägliche Joggingstrecke aufgezeich-net? Vielleicht haben Sie auch schon mal eine Zweitmeinung über Dr. Ed eingeholt oder Hautveränderungen durch Klara, einer Hautarzt-App, bewerten lassen.   Fest steht: Immer mehr Menschen nut-zen onlinebasierte Angebote, um sich � t zu halten oder ihren Gesundheitszustand zu beurteilen. Nicht als Ersatz zum klassi-schen Arztbesuch, sondern als Ergänzung. Es stimmt: Aus Sicht des Datenschutzes ist vieles sicher fragwürdig, aber jeder bestimmt selbst, was mit seinen Daten passiert. Und bei den digitalen Gesundheitsangeboten ist der Mehrwert oª ensichtlich sehr hoch. Das machen die Nutzerzahlen deutlich.   Auch wenn wir wollten: Diese Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Ich persönlich � nde es gut, wenn Kreativität ohne Grenzen zu einer besseren Versorgung von Patienten führt und hil� , Kosten im Gesundheitswe-sen zu sparen. Unser Ziel muss sein, diesen tiefgreifenden Wandel zu gestalten. Neue Angebote müssen hier entstehen.   Deutschland hat einen einzigartigen Stand-ortvorteil: Die Herausforderung der altern-den Gesellscha� auf der einen Seite, eines der besten Gesundheitssysteme der Welt und

mit der Telematik-Infrastruktur hoª entlich bald ein System, dass es erlaubt, sensible Pa-tientendaten sicher und geschützt zu be-handeln.   Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die digitale Gesundheit zum neuen deutschen Exportschlager wird.   Herzliche Grüße

Ihr Jens Spahn“

JENS SPAHN

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bank-kaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwis-senschaftler gehört seit 2002 dem Deut-schen Bundestag an. Seit 2009 ist er ge-sundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertre-tender Landesvorsitzender des Gesund-heitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen. Spahn ist Mitglied im CDU-Präsidium

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