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Anästhesie in der Geburtshilfe Wiebke Gogarten und Raimund Busley Einleitung Schwangerschaft und Geburt erfordern vom mütterlichen Organismus eine besondere Adaptation an die sich verän- dernden Bedürfnisse. Mechanische, hormonelle und metabo- lische Veränderungen greifen hierbei ineinander. Alle anäs- thesiologischen Maßnahmen wirken nicht nur auf den mütterlichen Organismus, sondern beeinussen auch den Zustand des Fetus bzw. Neugeborenen. Für eine optimale anästhesiologische Versorgung schwangerer Patientinnen ist die Kenntnis dieser Prozesse Voraussetzung. 1 Physiologische und pathophysiologische Veränderungen in der Schwangerschaft 1.1 Physiologische Veränderungen während der Schwangerschaft Herz-Kreislauf-System Während der Schwangerschaft kommt es zur Bereitstellung einer ausreichenden uteroplazentaren Perfusion zu einer Zunahme der Herzfrequenz und des Schlagvolumens mit Anstieg des Herzminutenvolumens sowie zu einer Abnahme des systemvaskulären Widerstands. Der Blutdruck bleibt un- verändert (Abb. 1). Infolge der hormonellen Umstellung und der Abnahme des systemvaskulären Widerstands wird das Renin-Angio- tensin-Aldosteron-System aktiviert und dadurch vermehrt Natrium- und Wasser retiniert. Konsekutiv steigen das zirku- lierende Blutvolumen und das Herzzeitvolumen um bis zu 40 % an (Tab. 1). Der maximale Anstieg des Herzzeitvolu- mens wird ca. um die 30. Schwangerschaftswoche (SSW) erreicht. Dadurch wird der zunehmende Substratbedarf der mütterlichen Organe und des heranwachsenden Fetus ge- währleistet. Der Anteil der Uterusdurchblutung am Herzmi- nutenvolumen steigt auf bis zu 12 % an. Gastrointestinaltrakt Während der Schwangerschaft kommt es aufgrund des höher tretenden Uterus zu einer Veränderung der Magenlage mit einer Beeinträchtigung des unteren Ösophagussphinkters. Hierdurch entsteht der häug in der Schwangerschaft zu beobachtende Reux mit einem erhöhten Aspirationsrisiko. Die Magenentleerung ist in der Schwangerschaft per se nicht verzögert, wird aber unter der Geburt durch die Gabe von systemischen oder periduralen Opioiden beeinträchtigt. Schwangere gelten ab der 20. Schwangerschaftswoche als nicht nüchtern, bei Notwendigkeit einer Allgemeinanästhesie wird diese als Blitzeinleitung (rapid sequence induction) durchgeführt. Hämatopoetisches und Gerinnungssystem Während der Schwangerschaft kommt es zu einer Zunahme des zirkulierenden Blutvolumens um ca. 40 %, während der Anstieg der Erythrozyten geringer ausfällt. Hieraus resultiert eine relative Anämie. Die Gerinnungsfaktoren VII, VIII, X, von-Willebrand-Faktor und Fibrinogen steigen an. Die Fibrinolyse ist ebenfalls gesteigert [1]. Dies führt einerseits zu einer Hyperkoagulabilität mit einem erhöhten Thrombem- bolierisiko, andererseits wird die Schwangere vor erhöhten Blutverlusten unter der Geburt geschützt. Thrombembolische Komplikationen gehörten vor Einführung einer effektiven Thromboseprophylaxe bei Risikoschwangeren zu den füh- renden Ursachen der Müttersterblichkeit. Nach der Entbin- dung kommt es zu einer schnellen Normalisierung der Ge- rinnungsaktivität. W. Gogarten (*) Klinikum Bielefeld, Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected] R. Busley Krankenhaus Vilsbiburg, Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Vilsbiburg, Deutschland E-Mail: [email protected] # Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017 R. Rossaint et al. (Hrsg.), Die Anästhesiologie, Springer Reference Medizin, https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_80-1 1

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Anästhesie in der Geburtshilfe

Wiebke Gogarten und Raimund Busley

EinleitungSchwangerschaft und Geburt erfordern vom mütterlichenOrganismus eine besondere Adaptation an die sich verän-dernden Bedürfnisse. Mechanische, hormonelle und metabo-lische Veränderungen greifen hierbei ineinander. Alle anäs-thesiologischen Maßnahmen wirken nicht nur auf denmütterlichen Organismus, sondern beeinflussen auch denZustand des Fetus bzw. Neugeborenen. Für eine optimaleanästhesiologische Versorgung schwangerer Patientinnen istdie Kenntnis dieser Prozesse Voraussetzung.

1 Physiologische undpathophysiologische Veränderungenin der Schwangerschaft

1.1 Physiologische Veränderungen währendder Schwangerschaft

Herz-Kreislauf-SystemWährend der Schwangerschaft kommt es zur Bereitstellungeiner ausreichenden uteroplazentaren Perfusion zu einerZunahme der Herzfrequenz und des Schlagvolumens mitAnstieg des Herzminutenvolumens sowie zu einer Abnahmedes systemvaskulären Widerstands. Der Blutdruck bleibt un-verändert (Abb. 1).

Infolge der hormonellen Umstellung und der Abnahmedes systemvaskulären Widerstands wird das Renin-Angio-tensin-Aldosteron-System aktiviert und dadurch vermehrt

Natrium- und Wasser retiniert. Konsekutiv steigen das zirku-lierende Blutvolumen und das Herzzeitvolumen um bis zu40 % an (Tab. 1). Der maximale Anstieg des Herzzeitvolu-mens wird ca. um die 30. Schwangerschaftswoche (SSW)erreicht. Dadurch wird der zunehmende Substratbedarf dermütterlichen Organe und des heranwachsenden Fetus ge-währleistet. Der Anteil der Uterusdurchblutung am Herzmi-nutenvolumen steigt auf bis zu 12 % an.

GastrointestinaltraktWährend der Schwangerschaft kommt es aufgrund des höhertretenden Uterus zu einer Veränderung der Magenlage miteiner Beeinträchtigung des unteren Ösophagussphinkters.Hierdurch entsteht der häufig in der Schwangerschaft zubeobachtende Reflux mit einem erhöhten Aspirationsrisiko.Die Magenentleerung ist in der Schwangerschaft per se nichtverzögert, wird aber unter der Geburt durch die Gabe vonsystemischen oder periduralen Opioiden beeinträchtigt.

Schwangere gelten ab der 20. Schwangerschaftswoche alsnicht nüchtern, bei Notwendigkeit einer Allgemeinanästhesiewird diese als Blitzeinleitung („rapid sequence induction“)durchgeführt.

Hämatopoetisches und GerinnungssystemWährend der Schwangerschaft kommt es zu einer Zunahmedes zirkulierenden Blutvolumens um ca. 40 %, während derAnstieg der Erythrozyten geringer ausfällt. Hieraus resultierteine relative Anämie. Die Gerinnungsfaktoren VII, VIII, X,von-Willebrand-Faktor und Fibrinogen steigen an. DieFibrinolyse ist ebenfalls gesteigert [1]. Dies führt einerseitszu einer Hyperkoagulabilität mit einem erhöhten Thrombem-bolierisiko, andererseits wird die Schwangere vor erhöhtenBlutverlusten unter der Geburt geschützt. ThrombembolischeKomplikationen gehörten vor Einführung einer effektivenThromboseprophylaxe bei Risikoschwangeren zu den füh-renden Ursachen der Müttersterblichkeit. Nach der Entbin-dung kommt es zu einer schnellen Normalisierung der Ge-rinnungsaktivität.

W. Gogarten (*)Klinikum Bielefeld, Klinik für Anästhesiologie, operativeIntensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Bielefeld,DeutschlandE-Mail: [email protected]

R. BusleyKrankenhaus Vilsbiburg, Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin,Vilsbiburg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

# Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017R. Rossaint et al. (Hrsg.), Die Anästhesiologie, Springer Reference Medizin,https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_80-1

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" Cave Rheologische Störungen wie eine venöse Flussmin-derung durch längerfristige Immobilisation bei gleichzeiti-ger Kompression der Beckenvenen durch den schwangerenUterus erhöhen das Risiko thrombembolischer Ereignisse.Dabei finden sich Thrombosen bevorzugt in der V. iliacainterna der linken Seite und können mittels Dopplersono-graphie in der Regel nicht detektiert werden [2].

Respiratorisches SystemAufgrund des erhöhten O2-Verbrauchs kommt es zu einemAnstieg des Atemminutenvolumens um 50 %, während diefunktionelle Residualkapazität aufgrund des höher stehendenZwerchfells um 15–20 % abnimmt. Bei beeinträchtigterBauchatmung wird die Vitalkapazität durch eine Zunahmedes horizontalen Querschnitts des Thorax kompensiert.

Die Aufnahme volatiler Anästhetika ist in der Schwanger-schaft beschleunigt, da durch Verminderung der funktionellenResidualkapazität ein schnellerer Konzentrationsausgleichzwischen eingeatmeter und in der Lunge verbliebener Luftstattfindet.

Abb. 1 Veränderungen im Herz-Kreislauf-System während derSchwangerschaft

Tab. 1 Kardiovaskuläre Veränderungen während der Schwangerschaft

Parameter Änderung %

Schlagvolumen ↑↑ 30–40

Herzzeitvolumen ↑↑ 30–40

Herzfrequenz ↑ 10–20

Mittlerer arterieller Druck - 0

Systemvaskulärer Widerstand ↓

Pulmonalarterieller Druck -

2 W. Gogarten und R. Busley

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Die Abnahme der funktionellen Residualkapazität beigleichzeitig erhöhtem O2-Bedarf erhöht das Risiko einermütterlichen Hypoxie (Abb. 2).

" Insgesamt kommt es zu einer moderaten Hyperventilation,der arterielle pCO2 sinkt ab und liegt zum Geburtsterminbei ungefähr 32 mmHg. Hierdurch wird die Abgabe vonfetalem CO2 ins mütterliche Blut begünstigt, die O2-Auf-nahme des Fetus hingegen erschwert.

Wichtige Veränderungen der Lungenfunktionsparametersind in Tab. 2 zusammengefasst.

PeriduralraumDer Periduralraum wird in der Schwangerschaft funktionelldurch ein erhöhtes Füllvolumen der periduralen Venen ver-kleinert. Dies wird durch einen erhöhten abdominellen Druckund Kavakompression mit Umverteilung des Bluts aus denunteren Extremitäten in den inneren vertebralen Plexus her-vorgerufen. Obwohl die Dilatation periduraler Venen theore-tisch das Risiko einer blutigen Punktion erhöht, habenSchwangere ein deutlich geringeres Risiko für ein periduralesHämatom, welches in der Regel nur bei begleitenden Ge-rinnungsstörungen auftritt. Das Risiko wird in der Schwan-gerschaft mit 1:200.000 angegeben [3].

Die Dilatation von periduralen Venen führt gleichzeitig zueiner Kompression des spinalen Durasacks mit einer Reduk-tion des Volumens [4]. Die Anschlagzeit ist bei Spinal- undPeriduralanästhesien dementsprechend schneller, währendder Gesamtlokalanästhetikabedarf für eine definierte Block-adeausdehnung im Vergleich mit Nichtschwangeren nichtreduziert ist. Die Kompression des spinalen Durasacks wirdim Rahmen der kombinierten Spinal-Peridural-Anästhesieverwendet, um eine schnellere Blockadeausdehnung zu errei-chen, in dem nach der spinalen Punktion eine periduraleVolumenexpansion (EVE) mittels Kochsalzlösung durchge-führt wird. Der Nutzen dieses Vorgehens ist nicht belegt.

" Cave Peridural oder spinal applizierte Medikamente brei-ten sich bei Schwangeren im Vergleich mit Nichtschwan-geren schneller nach rostral aus.

1.2 Kavakompressionssyndrom

Gewicht und Größe von Uterus und Fetus komprimierenwährend der Schwangerschaft zunehmend die großenintraabdominellen Blutgefäße. Besonders gravierend ist die-ser Effekt in Rückenlage. Durch Kompression der V. cavainferior wird der venöse Rückfluss zum Herzen behindert.Dadurch sinken die kardiale Vorlast, das Schlagvolumen unddas Herzzeitvolumen, der Blutdruck fällt ab. Untersuchungenmittels Kernspintomographie bei Schwangeren zeigen, dasseine früher favorisierte Seitenlage mit 15-Grad-Neigungnicht vollständig geeignet ist, ein Kavakompressionssyn-drom zu vermeiden. Hierfür ist eine Neigung von 30 über-legen [5].

Abb. 2 Lungenvolumina undLungenkapazitäten im Verlauf derSchwangerschaft. TLCTotalkapazität; VC Vitalkapazität;IRV inspiratorischesReservevolumen; TVAtemzugvolumen; ERVexspiratorisches Reservevolumen;RV Residualvolumen; ILCinspiratorische Lungenkapazität;FRC funktionelleResidualkapazität

Tab. 2 Veränderungen der Atmung in der Schwangerschaft

Atmung

Atemzugvolumen ↑↑ 40 %

Atemminutenvolumen ↑↑ 50 %

Atemfrequenz ↑- 10 %

Funktionelle Residualkapazität ↓

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" Cave Zur Vermeidung eines kavalen Kompressionssyn-droms sollen Schwangere ab der 20. SSW nicht in Rücken-lage, sondern mit Linksneigung von wenigstens 15–30�

gelagert werden. Alternativ kann ein entsprechend hohesKeilkissen unter die rechte Beckenhälfte geschoben werden.

1.3 Uteroplazentare Perfusion

UterusperfusionDer uterine Blutfluss folgt weitestgehend passiv dem mütter-lichen arteriellen Druck und unterliegt lokalen Autoregulati-onsmechanismen. Hierbei erfolgt unter dem Einfluss desgeänderten Hormonhaushalts sowie durch eine lokale Aus-schüttung von NO und ein vermindertes Ansprechen aufAngiotensin eine Weitstellung der uterinen Blutgefäße miteinem Steal-Phänomen an der A. iliaca interna zugunsten deruteroplazentaren Perfusion.

Die Arterien entstammen den Aa. iliacae internae undbilden innerhalb des Uterus den Plexus arcuatus. Von hierausgehende Spiralarterien durchziehen die Dezidua und sindendständig offen, sodass die fetalen Umbilikalgefäße in denChorionzotten im sog. intervillösen Raum direkten Kontaktzum mütterlichen Blut bekommen.

Blut-Plazenta-SchrankePharmakologisch stellt die Plazenta eine semipermeableMembran dar, die gemäß dem Fick-Prinzip durch einfacheDiffusion durchdrungen wird. Die Membran trennt das müt-terliche vom kindlichen Blut und besteht aus Trophoblasten-epithel (Chorionzottenoberfläche), Bindegewebe und Kapil-larendothel der fetalen Umbilikalgefäße.

" Die Plazentaschranke wird bevorzugt von Substanzen mitgeringem Molekulargewicht, hoher Lipidlöslichkeit undfehlender Ionisierung überwunden.

Die diaplazentare Diffusion einer Substanz wird als Ver-hältnis der Konzentration einer Substanz im fetalen Umbili-kalvenenblut zur Konzentration im mütterlichen uterinenarteriellen Blut (F/M-Ratio) beschrieben.

" Cave Alle klinisch eingesetzten Anästhetika mit Aus-nahme der Muskelrelaxanzien haben ein niedriges Mole-kulargewicht und passieren rasch die Plazenta mit klinischwirksamen fetalen Plasmaspiegeln.

Fetales KompartimentOxygeniertes Blut aus den Chorionzotten der Plazenta trittüber die Nabelvene in den kindlichen Organismus ein. DasBlut wird im rechten Vorhof bevorzugt über das offene Fora-men ovale in den linken Vorhof und über den linken Ventrikel

in die supraaortalen Äste weitergeleitet. DesoxygeniertesBlut der kindlichen oberen Hohlvene wird über den rechtenVentrikel und die Pumonalarterie über den Ductus arteriosusbotalli in die untere Körperhälfte weitergeleitet. Medika-mente, die über das umbilikalvenöse Blut zum Feten gelan-gen, werden infolge der anatomischen Besonderheiten desfetalen Kreislaufs rasch in die Organe Leber, Herz undGehirn verteilt. Die Stoffwechselwege zum Abbau vonMedi-kamenten sind noch unreif, sodass die Halbwertszeit vonMedikamenten verlängert sein kann, dies ist insbesonderebei Pethidin der Fall. Zusätzlich ist die Proteinbindung dermeisten fettlöslichen Substanzen vermindert, hieraus resul-tiert ein erhöhter Anteil von nichtgebundenem, freiem Medi-kament.

" Die fetale Blut-Hirn-Schranke ist noch nicht vollständigausgebildet und weist eine erhöhte Permeabilität auf. Opi-oide und Lokalanästhetika können daher beim Fetus imVergleich zur Mutter eine verstärkte zerebrale Wirkungentfalten.

In utero werden Medikamente über eine diaplazentareRückverteilung in den mütterlichen Organismus eliminiertund nur zu einem geringen Teil vom Kind selbst metabolisiertund ausgeschieden. Ist der fetale pH gegenüber dem mütter-lichen deutlich vermindert (fetale Azidose), steigt der ioni-sierte Anteil einer Substanz im Feten über den der Mutteran. Damit kann diese Substanz nicht mehr zurück diffundie-ren („ion trapping“). Eine Anreicherung von Medikamentenim kindlichen Organismus droht insbesondere dann, wenn eskurz nach Gabe von Medikamenten zur Abnabelung kommtund somit eine Rückverteilung über die Plazenta nicht mög-lich ist. Systemische Opioide unter der Geburt können so zueiner postpartalen Atemdepression führen.

1.4 Geburtsphasen und Schmerzleitung

Geburtsphasen

Die 3 Geburtsphasen• Die Eröffnungsphase beginnt mit der regelmäßigen

Wehentätigkeit und dauert bis zur vollständigen Er-öffnung des Muttermunds.

• Die Austreibungsphase dauert vom Ende der Eröff-nungsphase bis zur Geburt des Kindes.

• Die Nachgeburtsphase erstreckt sich von der Geburtdes Kindes bis zur Entwicklung der Plazenta.

4 W. Gogarten und R. Busley

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GeburtsschmerzÜber viele Jahrhunderte herrschte die Ansicht, dass derGeburtsschmerz etwas Natürliches, „von Gott Gewolltes“ ist,und daher nicht behandelt werden muss (oder darf; Genesis3:16). Untersuchungen zur Schmerzintensität unter der Geburtzeigen, dass diese als maximal empfunden werden und mitanderen schweren Schmerzzuständen vergleichbar sind.

" Die durch den Schmerz ausgelösten physiologischenVeränderungen ermöglichen einerseits eine Adaptation anden erhöhten Substratbedarf während der Geburt, könnenaber den Fetus durch Hypoxie und Azidose gefährden(Abb. 3) und die werdende Mutter erheblich traumatisieren.

Physiologie In der Eröffnungsphase kommt es durch zuneh-mende Uteruskontraktionen zu einer Dilatation des unterenuterinen Segments und der Zervix. Hierbei handelt es sich umeinen typischen viszeralen Schmerz, der v. a. über langsame,marklose C-Fasern geleitet wird und das Rückenmark bei-derseits über die Wurzeln von Th10 bis L1 erreicht (Abb. 3).Der Schmerz in der Eröffnungsperiode wird als dumpf undschlecht lokalisierbar beschrieben. Er wird meist auf Rückenoder Bauch projiziert.

Mit Eintritt des kindlichen Köpfchens in das kleineBecken werden zusätzlich Beckeneingeweide und auch Ner-venwurzeln (L4 bis S3) gedehnt oder komprimiert. Währendder Austreibungsphase entstehen Schmerzen v. a. durch Deh-nung der Vagina und des Perineums. Dieser eher somatischeSchmerz wird über sensible, schnellleitende, myelinisierteAδ-Fasern des N. pudendus geleitet, die über die Hinterwur-zeln von S2 bis S4 ins Rückenmark eintreten. Er wird als starkund stechend sowie gut lokalisierbar beschrieben.

2 Unerwünschte Wirkungen vonAnästhetika auf den kindlichenOrganismus

Medikamente können nach diaplazentarer Passage direkt aufden kindlichen Organismus wirken. Hiervon abzugrenzensind indirekte Medikamentenwirkungen, die sekundär überdie Beeinflussung der uteroplazentaren Perfusion und O2-Übertragung zustande kommen.

2.1 Teratogenität

Die meisten Anästhetika gelten in der Schwangerschaft alsnicht teratogen, eine Anästhesie während der Schwanger-schaft ist deshalb keine Indikation zum Schwangerschaftsab-bruch, jedoch werden bei Operationen während der Schwan-gerschaft häufiger Aborte und Frühgeburten beobachtet. Fürdie Beurteilung der Teratogenität sind Tierversuche aufgrundder unterschiedlichen genetischen Ausstattung wenig geeig-net. Als bestes Beispiel dient Thalidomid, welches Anfangder 1960iger-Jahre Schwangeren als Beruhigungsmittel ver-abreicht wurde und zu einer erhöhten Rate an Phoko- undAmelien geführt hat. Es galt im Tierversuch als unbedenk-lich. Umgekehrt ist Lachgas in Tierversuchen teratogen, einEffekt, der sich bei Schwangeren nicht bestätigen lässt.

" Die Beurteilung von teratogenen Effekten beruht v. a. aufepidemiologischen Nachbeobachtungen von Anästhesienbei schwangeren Frauen, die Rote Liste oder die Fachin-formation ist wenig hilfreich, da die Anwendung der meis-ten Substanzen aufgrund fehlender Studien als kontra-indiziert angegeben wird.

Hilfreiche Information zur Anwendung von Medikamen-ten in Schwangerschaft und Stillzeit bietet hingegen dasNachschlagewerk „Arzneiverordnung in Schwangerschaftund Stillzeit“ [6] sowie die Webseite www.embryotox.de.Generell empfiehlt es sich, in der Schwangerschaft auf Medi-kamente zurückzugreifen, für die Erfahrungen vorhanden

Abb. 3 Ausbreitung des Geburtsschmerzes

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sind und auf den Einsatz neuerer Medikamente weitestge-hend zu verzichten.

2.2 Auswirkungen auf den Fetus und dieNeugeborenenadaptation

Intravenöse HypnotikaIntravenöse Hypnotika fluten schnell an, entwickeln raschihre zentrale Wirkung und werden primär durch Umvertei-lung inaktiviert. Thiopental erreicht im Nabelvenenblutinnerhalb der ersten Minuten nach der mütterlichen i.v.-Gabeseine höchste Konzentration, weist allerdings in der fetalenLeber bis zu einer Dosierung von 4 mg/kgKG einen so hohenFirst-pass-Effekt auf, dass reife Neugeborene in ihrerAdaptation kaum beeinträchtigt sind. In dieser Dosierungwird auch der mütterliche Kreislauf nicht wesentlich beein-trächtigt. Der wesentliche Vorteil von Propofol im Vergleichzu Thiopental liegt heutzutage in der größeren Vertrautheitdes Anwenders, sodass eine Über- oder Unterdosierung bes-ser vermieden wird [7]. Vorteile für das Outcome des Neu-geborenen sind nicht vorhanden, auf eine totale intravenöseAnästhesie mit Propofol sollte aufgrund reduzierter Apgar-Werte verzichtet werden.

Ketamin beeinflusst in Dosierungen bis 1,5 mg/kgKG diePlazentaperfusion kaum, höhere Dosen können eine tetani-sche Uteruskontraktion auslösen, die uteroplazentare Per-fusion drosseln und die Neugeborenenadaptation beeinträch-tigen. Vorteile von Ketamin zur Sectio caesarea sind nichtbelegt, insbesondere kommt es nicht zu einer Reduktion desBlutdruckanstiegs unter der Intubation oder zu einer Vermei-dung chronischer Schmerzen nach Sectio caesarea [8]

Benzodiazepine werden mit Hypotonie, Lethargie, Trink-schwäche, Hypothermie, Glukuronidierungsstörungen undBilirubinanstieg beim Neugeborenen assoziiert, wenn sie inhöheren Dosierungen verabreicht werden. Die einmaligeGabe von Midazolam in niedriger Dosierung zur Anxiolyseist vermutlich unbedenklich [9].

InhalationsanästhetikaBei Inhalationsanästhetika kommt es ebenfalls zu einemschnellen Partialdruckausgleich und somit zu einem relativschnellen Anfluten im Fetus. In hohen Dosierungen relaxie-ren Inhalationsanästhetika den Uterus, was sowohl bei Ein-griffen während der Schwangerschaft als auch bei der sog.EXIT-Procedure genutzt wird. Bei letzterer wird mit hoch-dosierter Gabe von volatilen Anästhetika (2 MAC) der Ute-rus relaxiert, wenn im Rahmen einer Sectio die uteroplazen-tare Perfusion so lange aufrechterhalten werden soll, bis dasKind z. B. bei schwierigem Atemweg intubiert worden ist.Trotz dieser hohen Dosierungen kam es nicht zu einemerhöhten Blutverlust [10]. In typischen Dosierungen von

1 MAC wird die Ansprechbarkeit der Uterusmuskulatur aufOxytocin nicht beeinträchtigt und somit das Risiko von Blu-tungen nicht erhöht. Allgemeinanästhesien als total intrave-nöse oder inhalative Anästhesie scheinen mit einer höherenRate an Neugeborenemikterus assoziiert zu sein [11].

OpioideOpioide passieren rasch die Plazentaschranke und könnenbeim Neugeborenen direkt zu Atemdepression und Anpas-sungsstörungen führen. Diese sind am ausgeprägtesten nachder Gabe von Pethidin, da sowohl Pethidin als auch seinaktiver Metabolit Norpethidin im kindlichen Organismuseine deutlich verlängerte Halbwertszeit aufweisen. In uterosetzt die mütterliche Gabe von Opioiden die kindliche Herz-frequenz und Pulsfrequenzvariabilität herab. Werden syste-mische Opioide im Vergleich mit einer Periduralanästhesieeingesetzt, so ist häufiger eine operative Entbindung auf-grund kindlicher Herzfrequenzveränderungen erforderlich,mit der Notwendigkeit einer Antagonisierung postpartalmuss gerechnet werden [12].

Die rückenmarknahe Applikation von Opioiden resultiertin wesentlich niedrigeren Opioidplasmaspiegeln verglichenmit systemischer oder intramuskulärer Gabe und beeinträch-tigt das Neugeborene in üblichen Dosierungen nicht.

MuskelrelaxanzienAls polare Moleküle können Muskelrelaxanzien die Plazen-taschranke kaum passieren, sodass keine klinisch relevantenSpiegel im Nabelschnurblut nachgewiesen werden können.Negative Effekte von Muskelrelaxanzien wurden dement-sprechend bei Neugeborenen bisher nicht beobachtet. Ist beifetalen Operationen eine Relaxierung des ungeborenen Kin-des erforderlich, müssen Muskelrelaxanzien entsprechend inutero über die Nabelschnur oder alternativ dem Fetusi.m. verabreicht werden.

LokalanästhetikaLokalanästhetika werden in der Geburtshilfe für rückenmark-nahe Regionalanästhesien eingesetzt, selten auch zur Lokal-anästhesie der peripheren Nerven des Geburtskanals.

" Cave Die Injektion von Lokalanästhetika in die Nähe ute-riner Gefäße (Parazervikalblockade) kann Vasospasmenauslösen, die Uterusperfusion vermindern und zu schwe-ren kindlichen Bradykardien führen. Parazervikalblocka-den werden deshalb unter der Entbindung nicht mehrdurchgeführt.

Obwohl Lokalanästhetika nach periduraler Gabe im kindli-chen Plasma nachgewiesen werden können, beeinträchtigensie die Neugeborenenadaptation nicht.

6 W. Gogarten und R. Busley

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3 Spezielle anästhesiologische Aspekte

3.1 Analgesie und Anästhesie zur vaginalenGeburt

3.1.1 Geschichtliche Entwicklung dergeburtshilflichen Analgesie

Seit Beginn der Anästhesiologie wurde jedes neues Verfahrenauch in der Geburtshilfe untersucht. Nach Entdeckung vonÄther für die chirurgische Allgemeinanästhesie durch Wil-liam Morton wurde Äther 1847 durch James Young Simpsonin Edinburgh bei der schwierigen vaginalen Entbindung ein-gesetzt. 1880 wurde Lachgas als Inhalationsanästhetikum inder Geburtshilfe eingeführt. Auch die i.v.- und s.c.-Injektionvon Opiaten wurde im Rahmen des sog. „Dämmerschlafs“erprobt. In den 1960iger-Jahren wurden alle gängigen An-ästhetika großzügig unter der Geburt eingesetzt, wobei eineAbgrenzung zur Allgemeinanästhesie nur schwer gelang undes häufig zu kindlichen und mütterlichen Nebenwirkungenmit Atemdepressionen, Aspirationen und schlechten Apgar-Werten kam.

Der eigentliche Durchbruch war die Regionalanästhesie.Nach Erstbeschreibung der Spinalanästhesie durch AugustBier verwendete 1900 zum ersten Mal der Gynäkologe OskarKreis aus Basel Spinalanästhesien zur vaginalen Entbindung.Er fand bei der „Medullarnarkose“, mit Kokain eine inner-halb von 5–10 Minuten eintretende Analgesie der unterenKörperhälfte bei komplettem Erhalt der Motorik sowie eineunveränderte Wehenfrequenz. Als häufige Nebenwirkungbeschrieb er Erbrechen und Kopfschmerz, jedoch nur sehrwenige ernste Komplikationen und hob die unbeeinträchtigteVigilanz hervor. Im Jahre 1909 injizierte Stöckel an derMarburger Universitätsklinik 30–50 ml einer Novocain-Adrenalin-Lösung in den Sakralraum und erreichte dadurcheine Linderung des Wehenschmerzes unter Erhalt der We-hentätigkeit. 16 Jahre später wurde von dem Dresdner Gynä-kologen Gellert der Parazervikalblock in die Geburtshilfeeingeführt. In den 1930er-Jahren wurde die lumbale peridu-rale Analgesie durch den italienischen Arzt Doglotti alseffektive Methode zur Linderung des Geburtsschmerzesbeschrieben. Die klinische Akzeptanz und Verbreitung derPeriduralanalgesie stieg jedoch erst, nachdem kontinuierlicheBlockaden via Katheter möglich waren.

3.1.2 Nichtpharmakologische MethodenDas subjektive Empfinden des Geburtsschmerzes weist einestarke interindividuelle Variabilität auf, die von dem sozialenUmfeld, der Bildung, der Erwartungshaltung und der Angstvor möglichen Komplikationen beeinflusst ist. Zu den wirk-samen alternativen Therapieverfahren gehören die Beglei-tung durch eine in der Geburt geschulte Laienperson, Hyp-

nose und Akupunktur [13]. Bei der Akupunktur besteht dabeikein Unterschied, ob es sich um eine traditionelle Aku-punktur oder um willkürlich gewählte Nadelpunkte handelt[14]. Andere Verfahren wie Aromatherapie, Musiktherapieoder Massagen steigern zwar das Wohlbefinden, senken abernicht den Analgetikabedarf unter der Geburt.

3.1.3 Systemische Analgesie zur vaginalenGeburt

ButylscopolaminButylscopolamin findet als Spasmolytikum in der Geburtshilfegroßzügige Anwendung und wird bei schmerzhaften Wehenhäufig als erstesMittel eingesetzt. Dennoch ist die analgetischeWirksamkeit zur Linderung des Wehenschmerzes bis heutenicht eindeutig belegt. Butylscopolamin scheint die Dauerder Eröffnungsphase in der Geburtshilfe zu verkürzen. EinEinfluss auf den Muttermund ist umstritten. Vereinzelt wirdeine Verkürzung der Eröffnungsperiode sowie eine analgeti-sche Komponente beschrieben [15]. Als Nebenwirkungenwerden kindliche Tachykardien beobachtet.

Opioide zur Therapie des WehenschmerzesSystemische Opioide werden häufig zur Schmerzlinderungunter der Geburt eingesetzt. Die Gabe erfolgt meist in Eigen-regie durch Geburtshelfer oder Hebammen, am häufigsteneingesetzte Substanzen sind Meptazinol und Pethidin. Dabeizeichnen sich alle Opioide durch eine vergleichbar geringeanalgetische Wirksamkeit aus. Typische Nebenwirkungenbeinhalten mütterliche Übelkeit, Somnolenz und Atemde-pression sowie eine hohe Inzidenz von kindlichen Atemde-pressionen, da alle Opioide rasch die Plazenta passieren.Typische plazentare Transferraten mit resultierenden fetalenPlasmaspiegeln sind in Tab. 3 aufgeführt, wobei Pethidinaufgrund der hohen fetalen Plasmaspiegel und der im kindli-chen Organismus verlängerten Halbwertszeit das höchsteNebenwirkungspotenzial besitzt.

Tab. 3 Plasmaverhältnis von fetalen und mütterlichen Opioidspiegeln(F/M-Ratio)

Opioid F/M-Ratio

Pethidin 1,0

Nalbuphin 0,97

Morphin 0,92

Remifentanil 0,88

Sufentanil 0,81

Fentanyl 0,57

Alfentanil 0,3

Meptazinol ?

Anästhesie in der Geburtshilfe 7

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Systemische Opioide bei Wehenschmerz• Unzureichende mütterliche analgetische Wirkung• Hohe Inzidenz an Nebenwirkungen (Übelkeit,

Erbrechen, Somnolenz)• Hohe plazentare Transferrate mit hohen kindlichen

Plasmaspiegeln• Eingeschränkte kindliche Herzfrequenzvariabilität

unter der Geburt• Kindliche Atemdepression bereits nach einmaliger

Gabe möglich

Die Indikation für systemische Opioide besteht v. a. beiKontraindikationen für ein rückenmarknahes Regionalanäs-thesieverfahren. Bei der Auswahl eines geeigneten Opioidsist nicht nur die F/M-Ratio, d. h. das Verhältnis von fetalenzu mütterlichen Plasmaspiegeln, entscheidend, sondern auchder Metabolismus im Fetus bzw. Neugeborenen. Aufgrundder auch im Neugeborenen beobachteten kurzen Halbwerts-zeit wird deshalb in einzelnen Kliniken Remifentanil einge-setzt. Remifentanil reichert sich zwar ebenfalls schnell imFetus an, wird jedoch postpartal rasch abgebaut. Anhandder Datenlage scheint jedoch kein Vorteil von Remifentanilgegenüber anderen Opioiden zu bestehen, die analgetischeWirkung ist meist nur in der ersten Stunde nachweisbar [16].

Remifentanil kann sowohl kontinuierlich als auch als pati-entenkontrollierte i.v.-Analgesie (PCIA) mittels Schmerz-pumpe verabreicht werden, Bolusgaben bieten gegenübereiner kontinuierlichen Infusion keine Vorteile [17]:

" Dosierungen• Perfusor: 0,025–0,1 mg/kgKG/min Remifentanil• PCIA: Bolus 0,25–1 mg/kgKG Remifentanil

Die Überwachung einer Remifentanil-PCIA sollte mittelskontinuierlicher Pulsoximetrie und kontinuierlich im glei-chen Raum anwesendem Fachpersonal (Arzt oder Hebamme)erfolgen, um Atemdepressionen rechtzeitig erkennen undbehandeln zu können. Die Gabe von Sauerstoff mussgewährleistet sein.

" Cave In einer modernen Geburtshilfe sollte die Gabe vonsystemischen Opioiden aufgrund der geringeren Wirksam-keit und hohen Rate an Nebenwirkungen auf Schwangeremit Kontraindikationen gegen ein rückenmarknahes Re-gionalanästhesieverfahren begrenzt bleiben.

Lasgasinhalation unter der GeburtLachgas wird v. a. in Australien und Großbritannien zurLinderung des Wehenschmerzes eingesetzt. Dabei wird einGemisch aus 50 % Lachgas und 50 % Sauerstoff (Entonox,in Deutschland Livopan) verwendet. Die Wirksamkeit von

Lachgas ist über einen Placeboeffekt hinaus nicht belegt[18]. Durch die regelmäßige Anwendung im offenen Systemkönnen im Kreißsaal hohe Raumluftkonzentrationen entste-hen, die v. a. für das dort arbeitende Personal bedenklichsind. Aufgrund der geringen Wirksamkeit und der Anreiche-rung in schlecht klimatisierten Räumen wird Lachgas inDeutschland seit vielen Jahren in der Anästhesiologie nichtangewendet, der Anwendung in der Geburtshilfe steht dieDeutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv-medizin (DGAI) kritisch gegenüber [19].

3.1.4 Rückenmarknahe RegionalanästhesieRückenmarknahe Regionalanalgesie- und -anästhesieverfah-ren sind eine sichere und effektive Technik zur Schmerzlin-derung unter der Geburt sowie zur Schmerzausschaltung beider Sectio caesarea.

Periduralanalgesie und -anästhesieDie lumbale Periduralanalgesie stellt auch heute noch denGoldstandard in der geburtshilflichen Analgesie dar. DieIndikation zur Anlage besteht mit dem Wunsch der Mutternach der einer effektiven Analgesie unabhängig von derMuttermundweite. Entgegen früherer Meinungen führt diePeriduralanalgesie nicht zu einem verlängerten Geburtsver-lauf oder einer erhöhten Rate an instrumentellen Entbindun-gen oder Sectiones. Der Geburtsverlauf wird durch eine früh-zeitige Anlage beschleunigt, kindliche Nebenwirkungen wieAtemdepressionen oder Sectiones bei Veränderungen derkindlichen Herzfrequenz reduziert [12, 20]. Die Risikoauf-klärung sollte nach Möglichkeit schon während der Geburts-vorbereitung erfolgen und ist unter der Geburt oft nur unzu-reichend möglich.

Besonderheiten in der Geburtshilfe• Die schwangerschaftsbedingten Flüssigkeitseinla-

gerungen sowie die Gewebsauflockerung könnendie Punktion des Periduralraums erschweren.

• Im aufgelockerten Gewebe kann der Widerstandsver-lust („loss of resistance“) schlechter erkannt werden.

• Auf Höhe der Christa iliaca befindet sich der Zwi-schenwirbelraum L3/L4, nicht L4/L5.

• Eine akzidentelle Duraperforation tritt unter Wehenhäufiger auf.

• Eine klassische Testdosis ist unzuverlässig und wirdnicht durchgeführt.

" Die für die Eröffnungsperiode entscheidenden SegmenteTh10–L1 sowie die für die Austreibungsperiode wichtigenSegmente S2–S4 werden gleichermaßen gut erfasst (Abb. 3).

8 W. Gogarten und R. Busley

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Eine optimale Wirksamkeit von Periduralanalgesienwird durch folgende Maßnahmen erreicht:

• Widerstandsverlustmethode mit Kochsalz anstelle von Luft.• Verwendung von Mehrlochkathetern.• Einführtiefe des Katheters in den Periduralraum 3–5 cm.• Aufrechterhaltung mittels intermittierender Bolusgaben,

PCEA oder PIB.

Periduralanalgesien zur vaginalen Entbindung werdenheute bevorzugt mit einer Kombination aus niedrig dosiertemLokalanästhetikum unter Zusatz von Opioiden durchgeführt.Das Standardopioid ist in Deutschland Sufentanil. TypischeMedikamentenkombinationen sind in Tab. 4 aufgeführt. DasEinhalten einer Oberbegrenzung von Sufentanil (30 μg) istobsolet und wird nicht mehr empfohlen [21], da auch höhereSufentanildosierungen sich nicht nachteilig auf den Fetusauswirken und der Wechsel auf ein alleiniges Lokalanästhe-tikum (z. B. Ropivacain 0,2 %) zu einer erhöhten Rate anmotorischen Blockaden führt [22]. Bei Risikoschwanger-schaften (z. B. mütterliche Adipositas, Präeklampsie, Zwil-lingsschwangerschaften) wird eine frühzeitige Periduralanal-gesie empfohlen, um bei Geburtsstillstand und sekundärerSectio caesarea den Katheter für die Sectio nutzen zu könnenund damit eine Allgemeinanästhesie zu vermeiden [23].

Aufrechterhaltung der PeriduralanalgesieZur besseren Wirksamkeit von Periduralanalgesien solltendiese ausschließlich mit intermittierenden manuellen Bolus-gaben, als patientenkontrolliertes peridurales Verfahren odermittels programierter automatischer Bolusgaben (PIB) durch-geführt werden. PCEA und PIB führen zu einer Reduktiondes Lokalanästhetikaverbrauchs, zu einer höheren mütterli-chen Zufriedenheit und zu einer Verkürzung der Austrei-bungsperiode [24]. Die Analgesiequalität lässt bei kontinu-ierlicher Infusion im Geburtsverlauf nach, dies wird durcheine bessere Ausbreitung des Lokalanästhetikums im Peridu-ralraum bei intermittierenden Bolusgaben aufgrund des hö-heren Injektionsdrucks erklärt.

" Dosierung• Bolusgröße 4–6 ml bei PCEA• Sperrintervall 10–15 min• Kontinuierliche Hintergrundinfusion 0–5 ml

Bei einem PCEA-Verfahren ist der zusätzliche Nutzeneiner Hintergrundinfusion umstritten. Wenn eine kon-tinuierliche Infusion zusätzlich durchgeführt wird, sollte eineObergrenze von 4–5 ml gewählt werden, um den Lokalanäs-thetikaverbrauch und damit das Risiko von motorischen Blo-ckaden nicht unnötig zu erhöhen [25].

TestdosisEine klassische Testdosis ist in der Geburtshilfe obsolet[26]. Die Menge des Lokalanästhetikums einer üblichenTestdosis (z. B. 2–3 ml Bupivacain 0,5 %) überschreitet dieGesamtmenge an Lokalanästhetikum der Wirkdosis in derGeburtshilfe deutlich, führt zu motorischen Blockaden undeingeschränkter Mobilisierbarkeit. Der Zusatz von Adrenalinsagt in der Geburtshilfe nicht zuverlässig eine intravasaleKatheterfehllage vorher, da die Herzfrequenzvariabilitätunter Wehen größer als die durch das zugesetzte Adrenalinist. Auf eine Testdosis wird deshalb in der Geburtshilfegrundsätzlich verzichtet, solang einzelne Bolusgaben dieHöhe einer klassischen Testdosis nicht überschreiten.

Spinalanalgesie und -anästhesieSpinalanalgesien zur vaginalen Entbindung bieten den Vor-teil des schnellen Wirkungseintritts und der Möglichkeit,auch unter häufigen Wehen eine Punktion ohne Risiko derakzidentellen Duraperforation mittels Tuohy-Nadel durch-führen zu können. Die Wirkdauer ist auf 1,5–2 Stundenbegrenzt. Die Indikation besteht v. a. bei einer Mehrgebä-renden im fortgeschrittenen Geburtsverlauf, d. h. ab einerMuttermundweite von ca. 6 cm, wenn innerhalb der nächsten1–2 Stunden mit der Geburt zu rechnen ist [27]. TypischeDosierungen sind in Tab. 4 aufgeführt. Bei einer Erstgebä-renden oder vorangegangener Sectio ist das Verfahren meistnicht geeignet, da aufgrund des zu erwartenden längerenGeburtsverlaufs die Wirkdauer nicht ausreichend ist.

Tab. 4 Dosierungsvorschläge von Lokalanästhetika kombiniert mit Opioiden für rückenmarknahe Regionalanästhesie in der Geburtshilfe

Vaginale Geburt Sectio caesarea

Peridural Spinal Peridural Spinal hyperbar

Bupivacain 0,1–0,125 % + 0,5–0,75 μg/mlSufentanil

2,5 mg + 5 μgSufentanil

0,5 %15–20 ml + 20 μg Sufentanil

0,5 %1,5–1,6 ml + 5 μgSufentanil

Ropivacain 0,1–0,175 % + 0,5–0,75 μg/mlSufentanil

4–5 mg + 5 μgSufentanil

0,5–0,75 %15–20 ml plus 20 μgSufentanil

10–15 mg + 5 μgSufentanil

Lidocain Nicht üblich Nicht üblich 2 %15–20 ml + 20 μg Sufentanil

Nicht üblich

Anästhesie in der Geburtshilfe 9

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Die Spinalanästhesie stellt das am häufigsten durchge-führte Anästhesieverfahren zur Sectio caesarea dar und wirdin über 80 % aller Sectiones durchgeführt. Vorteile liegen inder schnellen Anschlagzeit, der einfachen Durchführbarkeitund der Kosteneffizienz. Das Risiko einer Hypotension mitbegleitender uteroplazentarer Minderperfusion kann durcheine Volumengabe reduziert werden. Die Volumenexpansionwird bevorzugt während der Punktion als Kohydration mit-tels Druckinfusion durchgeführt, da hierdurch bei bessererEffektivität Zeit gespart wird [20]. Für die Sectio caesareasetzen sich bei Spinalanästhesien wie bei der Periduralanäs-thesie vermehrt niedrigdosierte Lokalanästhetika, die alleinfür eine Sectio nicht ausreichend wären, in Kombination mitOpioiden durch (z. B. Bupivacain 7,5–8 mg) durch. Vorteileder niedrigdosierten Technik sind eine geringere Rate anÜbelkeit und Erbrechen sowie Hypotonien mit einem redu-zierten Bedarf an Vasopressoren [28]. Gleichzeitig wird dieDauer der motorischen Blockade verkürzt.

Die Ursache einer reduzierten Hypotonierate liegt wenigerin einer geringeren Sympathikolyse als in der Notwendigkeit,für eine suffiziente Blockadeausdehnung eine Kopftieflagedurchzuführen, die ein venöses Pooling in den unteren Ex-tremitäten reduziert. Im Niedrigdosisbereich unter 10 mgBupivacain sind hyperbare Lösungen aufgrund der besserenSteuerbarkeit zuverlässiger wirksam und sollten bevorzugtwerden.

Vorteile Spinalanästhesie vs. Periduralanästhesie• Kürzere Anschlagzeit der Anästhesie, geeignet bei

dringlicher Sectio• Geringeres Toxizitätsrisiko• Einfache Handhabung• Zuverlässige Wirkung• Kosteneffektiv

Kombinierte Spinal- und Periduralanästhesie (CSE)Unter einer kombinierten Spinal-Peridural-Anästhesie (CSE)versteht man die peridurale Punktion mittels Tuohy-Nadel,über die mit einer Spinalnadel eine intrathekale Gabe vonOpioiden und Lokalanästhetika mit anschließender Anlageeines Periduralkatheters erfolgt (Nadel-in-Nadel-Technik;Kap. ▶ „Rückenmarknahe Regionalanästhesie: Epiduralan-ästhesie“).

Die kombinierte Spinal-Peridural-Anästhesie kann so-wohl zur vaginalen Entbindung als auch zur Sectio caesareaangewendet werden. Erwartungen, dass durch die initialeintrathekale Gabe von Opioiden und Lokalanästhetika unterder vaginalen Entbindung die Rate an Nebenwirkungen, ins-besondere motorische Blockaden bei gleichzeitig bessererAnalgesie erzielt werden können, wurden nicht erfüllt.

" Vorteile der CSE liegen im raschen Wirkungseintritt, dieAnalgesie tritt im Mittel 5 Minuten früher als bei eineralleinigen Periduralanalgesie ein [29]. Weitere Vorteile sindnicht belegt, die Technik spielt in den meisten geburtshilf-lichen Kliniken in Deutschland eine untergeordnete Rolle.

Obwohl es mittels CSE im Rahmen einer Sectio möglichist, die Dosis spinal applizierter Lokalanästhetika weiter zusenken, wird hierdurch keine weitere Reduktion der Rate anHypotonien beobachtet [30]. Diskutiert wird als Erklärung,dass im Rahmen einer CSE spinal applizierte Lokalanästhe-tika aufgrund einer Aufhebung des Unterdrucks im Peridu-ralraum höher steigen als bei einer alleinigen Spinalanästhe-sie und somit die Entstehung einer Hypotonie potenziellgefördert wird.

Opioide für die geburtshilfliche RegionalanästhesiePeridural applizierte Opioide diffundieren durch die Duramater und treten in den Liquor über. Dort gelangen sie inHöhe des Applikationsorts zu den Opiatrezeptoren in derSubstantia gelatinosa im Hinterhorn des Rückenmarks undbinden dort mit hoher Affinität.

Sufentanil als besonders lipophiles Opioid bindet sehr gutmit einer nur geringen systemischen Resorption. Die Wirk-samkeit ist sowohl nach periduraler als auch nach spinalerGabe der Anwendung von Fentanyl überlegen. Die Kombi-nation von Sufentanil mit Bupivacain oder Ropivacain zurgeburtshilflichen Periduralanästhesie verbessert die Analge-sie, beschleunigt den Wirkungseintritt, reduziert die Dosis desLokalanästhetikums und vermindert damit die motorische Blo-ckade und beschleunigt den Geburtsverlauf (Abb. 4). Bei derspinalen Gabe von Sufentanil wird die Wirksamkeit der Spi-nalanästhesie durch die Gabe von 5 μg verlängert, höhereDosierungen können zu fetalen Bradykardien, Übelkeit undErbrechen führen, ohne die Wirksamkeit weiter zu stei-gern [31].

Abb. 4 Schematische Darstellung der periduralen Wirkung von Lokal-anästhetika bei der vaginalen Geburt und bei der Sectio caesarea

10 W. Gogarten und R. Busley

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Als typische Nebenwirkung von rückenmarknahen Opi-oiden kann es zu Juckreiz insbesondere nach spinaler Gabekommen, die Inzidenz beträgt über 50 %. Die Therapie derWahl ist Ondansetron oder alternativ Naloxon, während Anti-histaminika meist wirkungslos bleiben. Atemdepressionensind bei Sufentanil in einer Dosierung bis zu 5 μg und beiMorphin in einer maximalen Dosierung von 150 μg spinalnicht zu befürchten. Morphin wird v. a. bei Spinalanästhesieneingesetzt, um eine postoperative Analgesie zu gewährleis-ten. Die Wirkung hält bis zu 18 Stunden an.

" In Deutschland ist ausschließlich Sufentanil für die peridu-rale und Morphin für die spinale Anwendung zugelassen.Die spinale „Off-label“-Anwendung von Sufentanil ist auf-klärungspflichtig, aber etablierter Standard.

3.1.5 LageanomalienBei Beckenendlage jenseits der 34. SSW wird zum Teil eineäußere Wendung des Kindes versucht, um eine vaginaleEntbindung zu ermöglichen. Die Erfolgsrate beträgt ca. 50 %und wird unter einer Regionalanästhesie deutlich erhöht [32].Dabei müssen für die Regionalanästheise anästhetischeDosierungen verwendet werden. Externe Wendungen erfol-gen auch ohne Regionalanästhesie in anästhesiologischerBereitschaft, da bei kindlichen Komplikationen oder einervorzeitigen Plazentalösung in seltenen Fällen eine Not-fallsectio erforderlich werden kann. Bei bereits durchgeführ-ter Regionalanästhesie für die Wendung kann diese für dieSectio verwendet werden.

3.1.6 MehrlingsschwangerschaftZur vaginalen Entbindung hat sich auch bei der Zwillings-schwangerschaft die Anlage einer rückenmarknahen Regio-nalanalgesie bewährt. Nach Entwicklung des ersten Kindeskann durch plötzliche Zustandsverschlechterung des intra-uterin verbliebenen Kindes, durch Nabelschnurkomplikatio-nen oder sich einstellende Lageanomalien die sofortige oderdringliche Sectio erforderlich werden. Die Wahl des Anäs-thesieverfahrens hängt im Wesentlichen von der Dringlich-keit des operativen Eingriffs ab.

Höhergradige Mehrlingsschwangerschaften werden fastimmer durch Sectio entbunden. Mehrlingsschwangerschaftenhaben ein erhöhtes Risiko für ein Kavakompressionssyn-drom, eine Präeklampsie sowie eine Uterusatonie. Die Fetensind v. a. durch intrauterine Wachstumsretardierung undFrühgeburtlichkeit gefährdet.

3.2 Anästhesie zur Sectio caesarea

Kaiserschnittentbindungen sind in den letzten Jahren nichtnur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch welt-

weit häufiger geworden. Dies liegt v. a. an einer Zunahme derRe-Sectiones nach vorangegangener Sectio.

Die Dringlichkeit einer Sectio ist nicht einheitlich definiertund variiert von Krankenhaus zu Krankenhaus. Sie hat einenwesentlichen Einfluss auf die Wahl des Anästhesieverfah-rens.

Die beste Einteilung der Dringlichkeit kommt vom RoyalCollege of Obstetrics and Gynaecology (RCOG) aus Groß-britannien mit insgesamt 4 Kategorien.

Dringlichkeit von Sectiones nach RCOG• Kategorie 1: Bedrohung des mütterlichen oder kind-

lichen Lebens (z. B. fetale Bradykardie, Nabel-schnurvorfall, kindlicher pH <7,20, Uterusruptur,Plazentalösung)

• Kategorie 2: nichtlebensbedrohliche Beeinträchti-gung von Mutter oder Kind, die eine dringlicheEntbindung notwendig macht (z. B. Blutungen,Geburtsstillstand mit Beeinträchtigung des Kindes)

• Kategorie 3: frühzeitige Entbindung ohne mütter-liche oder kindliche Beeinträchtigung (z. B. vorzei-tiger Blasensprung bei geplanter Sectio, Geburts-stillstand)

• Kategorie 4: elektive geplante Sectio

Verbindliche Zeitangaben für die Entscheidungsentbin-dungszeit (EE-Zeit) sind für die einzelnen Kategorien nichthinterlegt, jedoch gilt bei einer Notfallsectio in Deutschlandeine EE-Zeit von maximal 20 Minuten als Qualitätsstandard,international gelten 30 Minuten als Obergrenze.

3.2.1 Wahl des AnästhesieverfahrensDie Wahl des Anästhesieverfahrens richtet sich nach der zurVerfügung stehenden Zeit und somit der Dringlichkeit desEingriffs sowie nach mütterlichen Indikationen bzw. Kontra-indikationen. Aufgrund der früher beobachteten höherenmütterlichen Mortalität wird zumeist eine Regionalanästhesiebevorzugt, wobei sich die Spinalanästhesie als führendesAnästhesieverfahren durchgesetzt hat und aufgrund derschnellen Anschlagzeit auch noch bei einer dringlichen Sec-tio geeignet ist. Bei der Spinalanästhesie wird bevorzugt eineniedrige Dosis eines Lokalanästhetikums (z. B. 1,5–1,6 mlBupivacain 0,5 % hyperbar) kombiniert mit 5 μg Sufentanileingesetzt, da durch die niedrige Dosis die Rate an Hypoto-nien signifikant gesenkt werden kann. Periduralanästhesienwerden v. a. bei sekundärer Sectio bei Geburtsstillstand ein-gesetzt, wenn der Periduralkatheter bereits zum vaginalenEntbindungsversuch gelegt worden ist und lediglich aufge-spritzt werden muss.

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Vorteile der Regionalanästhesie• Verminderte Aspirationsgefahr• Vermeidung einer erschwerten Intubation• Keine kindliche Anästhetikaexposition• Geburtserlebnis für die wache Mutter• Geringeres Risiko von postoperativen chronischen

Schmerzen

Eine mütterliche O2-Gabe ist bei gesunden Schwangerenund nicht asphyktischen Feten nicht erforderlich. Die beob-achteten höheren O2-Partialdrucke bei Mutter und Neugebo-renen führen nicht zu einem verbesserten Outcome, erhöhenaber die Sauerstoffradikale im kindlichen Blut [33].

3.2.2 AllgemeinanästhesieDie Indikation zur Allgemeinanästhesie besteht, wenn dieDringlichkeit der operativen Schnittentbindung die Anlageeiner Regionalanästhesie nicht zulässt (Notfallsectio), Kon-traindikationen gegen rückenmarknahe Regionalanästhesienbestehen oder die Mutter eine Regionalanästhesie ablehnt.

PrämedikationBei der Prämedikation werden zum Anheben des Magen-pHsH2-Hemmer (z. B. Ranitidin) oder Protonenpumpenhemmer(z. B. Omeprazol) standardmäßig verordnet. Die Wirksam-keit einer oralen Gabe ist jedoch nur erfolgreich, wenn dieGabe mindestens 2 Stunden vor der Sectio erfolgt, die i.v.-Gabe muss spätestens 45 Minuten vorher erfolgen. Sind dieseZeitfenster nicht einzuhalten, so erfolgt die Gabe von 30 mlNatriumzitrat direkt vor der Anästhesieeinleitung.

" Auf eine medikamentöse Anxiolyse wird bei einer Sectiomeist verzichtet, um die kindliche medikamentöse Belas-tung gering zu halten. In Einzelfällen kann niedrigdosiertMidazolam verabreicht werden. In einer Dosierung von0,02 mg/kgKG i.v. wurden keine negativen Folgen beireifen Neugeborenen beobachtet [9].

Die medikamentöse Prämedikation ist nicht Standard,sondern bleibt Einzelfällen vorbehalten.

Aspirationsprophylaxe und EinleitungBei der Allgemeinanästhesie sollten alle Mittel für denschwierigen Atemweg bereitgehalten werden, da Wasserein-lagerungen in der Schwangerschaft nicht nur in den abhän-gigen Körperpartien sondern auch im Kehlkopfbereich statt-finden und die Sicht erschweren können. Die höherstehenden, vergrößerten Brüste bei bereits für die Operationgelagerter Patientin stellen eine weitere Behinderung dar.Deshalb wird für die Intubation häufig ein Laryngoskop mitkurzem Spatelgriff verwendet, alternative Hilfsmittel wie

eine Larynxmaske (bevorzugt mit gastraler Absaugung) undstatt oder ein Videolaryngoskop sollten bereitstehen. Zurweiteren Vorbereitung gehört das Bereithalten großlumigerAbsauger, falls es zur Regurgitation oder Aspiration kommt.Die Häufigkeit einer fehlgeschlagenen Intubation wird in derGeburtshilfe mit 1:443 und damit deutlich häufiger als beiNichtschwangeren beschrieben [34]

Vorgehen bei Allgemeinanästhesien zur Sectio caesarea• Medikamentöse Aspirationsprophylaxe• Linksseitenlagerung zur Vermeidung eines Kava-

kompressionssyndroms• Einleitung erst nach Abschluss der operativen Vor-

bereitung• Vorbereitung der Blitzeinleitung mit Absaugen und

alternativem Instrumentarium zur Sicherung desAtemwegs

• Präoxygenierung• Blitzeinleitung mit Hypnotikum (z. B. Thiopental

4–5 mg/kg kg oder Propfol 2 mg/kg) und Muskel-relaxans (z. B. Succinylcholin 1 mg/kgKG)

• Ggf. Krikoiddruck (in Frankreich, Großbritannienund USA etablierter Standard, in Deutschland invielen Kliniken verlassen)

• Bei Risikopatientinnen (Präeklampsie, kardialeErkrankungen zusätzliche Gabe eines Opioids,z. B. Remifentanil 1 μg/kgKG)

• Intubation und Freigabe zur OP• Anlage einer Magensonde• Fortführung der Anästhesie mit volatilem Anästhe-

tikum bis zu 1 MAC unter Normoventilation• Anästhesievertiefung mit Opioid nach Abnabelung

des Kindes

Mutter und Kind sind bei der Sectio in Allgemeinanästhe-sie weniger durch eine fehlgeschlagene Intubation als viel-mehr durch die Hypoxie gefährdet. Auf mehrfache frustaneIntubationsversuche muss deshalb verzichtet und ggf. mitMaske beatmet oder eine Larynxmaske verwendet werden.

Um die kindliche medikamentöse Belastung gering zuhalten, wird die Anästhesie erst eingeleitet, wenn die Patien-tin gelagert, die Haut desinfiziert, ein Blasenkatheter gelegt,steril abgedeckt und das gesamte Operationsteam fertig vor-bereitet ist. Der Hautschnitt wird unmittelbar nach derIntubation durchgeführt.

Die Schwangere gilt aufgrund des erhöhten intraabdomi-nellen Drucks und des erhöhten Refluxes ca. ab der 20. SSWals aspirationsgefährdet. Die Anästhesieeinleitung erfolgtnach Präoxygenierung als „rapid sequence induction“ (RSI)mit einem Hypnotikum und Succinylcholin, ggf. unterDurchführung des Krikoiddrucks. Entgegen der weitläufigen

12 W. Gogarten und R. Busley

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Annahme, dass der Krikoiddruck die Sichtverhältnisse undIntubationsbedingungen verschlechtert, zeigen große Studien,dass dies nicht zutrifft oder gerade bei schwierigen Intubati-onsbedingungen die Sichtverhältnisse verbessert werdenkönnen [35, 36].

Bei der Auswahl eines geeigneten Hypnotikums stehenThiopental in einer Dosierung von 4–5 mg/kgKG oder alter-nativ Propofol in einer Dosierung von 2 mg/kgKG zur Ver-fügung. Die kindlichen Auswirkungen von Propofol schei-nen vergleichbar mit Thiopental, von Vorteil ist der größereErfahrungshorizont gerade bei jüngeren Mitarbeitern [7].

Die Einleitung mit Ketamin bietet im Vergleich mit Thio-pental keine Vorteile, sie kann im Einzelfall bei Hypovolämieindiziert sein. Die Gabe von Ketamin ist bei Patientinnen miteiner Präeklampsie aufgrund der Möglichkeit des Blutdruck-anstiegs kontraindiziert.

Für die Sectio caesarea gilt im Rahmen der „rapidsequence induction“ Succinylcholin (1 mg/kgKG) weiterhinals Mittel der Wahl. Die zusätzliche Gabe eines weiterennichtdepolarisierenden Muskelrelaxans ist nicht erforderlichund kann bei gleichzeitiger Gabe von Magnesium zu einerverlängerten neuromuskulären Blockade führen. Bei Kontra-indikationen gegen Succinylcholin steht als weiteres Muskel-relaxans Rocuronium (0,9 mg/kgKG) aufgrund seinerschnellen Anschlagzeit zur Verfügung. Nachteile von Rocu-ronium sind die lange und variable Wirkungsdauer, die ent-weder eine Nachbeatmung oder die Antagonisierung mitSugammadex erforderlich machen.

Nach Intubation und Legen einer Magensonde erfolgt dieAnästhesieaufrechterhaltung bis zur Abnabelung bei gesun-den Schwangeren mit Inhalationsanästhetika. Sie solltenzur Vermeidung von Awareness in einer Konzentration von1 MAC angewendet werden. Eine uterusrelaxierende Wir-kung mit einem potenziell erhöhten Blutungsrisiko ist erstoberhalb dieser Konzentrationen zu erwarten. Die früher ge-übte Praxis, Lachgas oder volatile Anästhetika mit der Ute-rusinzision zu beenden, führt zu einem erhöhten Risiko anAwareness und muss als obsolet betrachtet werden. Inhala-tionsanästhetika treten schnell auf den kindlichen Organis-mus über. Sie werden aber vom Neugeborenen rasch abgeat-met und beeinträchtigen die Neugeborenenadaptation beikurzer Exposition nicht.

Opioide werden meist nach Entwicklung des Kindes ver-abreicht, da sie rasch diaplazentar übertreten und zu einerAtemdepression des Neugeborenen führen. Falls eine Opioid-gabe vor der Kindsentwicklung dringend indiziert ist (z. B.aufgrund von Präeklampsie oder kardialer Vorerkrankung),bietet Remifentanil den Vorteil, dass es auch im kindlichenOrganismus rasch durch unspezifische Esterasen abgebautwird und bis zu einer mütterlichen Gabe von 1 μg/kgKGkaum kindliche Nebenwirkungen entfaltet. Die Spontanat-mung setzt leicht verzögert im Mittel nach 1 Minute ein,

d. h. eine kurzfristige Maskenbeatmung kann erforderlichsein [37]. Die Gabe von Opioiden vor der Abnabelung mussdem betreuenden Pädiater mitgeteilt werden.

Die Sectio gehört zu den Eingriffen, die bisher post-operativ analgetisch unterversorgt sind. Zur Schmerztherapiesollte ein Nicht-Opioid-Analgetikum (z. B. Ibuprofen) festangesetzt werden und bei Bedarf zusätzlich Opioide ange-ordnet werden. Im Rahmen einer Spinalanästhesie kann zurpostoperativen Analgesie Morphin intrathekal appliziert wer-den (100–150 μg). Alternativ kann sowohl bei der Spinal-anästhesie als auch bei der Allgemeinanästhesie ein Trans-versus-abdominis-plane-Block (TAP) durchgeführt werden,der in seiner Wirksamkeit annähernd mit spinalem Morphinvergleichbar ist [38].

3.3 Prophylaxe und Therapie vonregionalanästhesiologischenKomplikationen

HypotonienLokalanästhetika blockieren bei rückenmarknaher Anwen-dung sympathische Nervenfasern und führen zu einer Vasodi-latation mit venösem Pooling. Die Hypotonie wird in Rücken-lage durch Ausbildung eines Kavakompressionssyndromsverstärkt.

" Cave Hypotonien können zu einer Beeinträchtigung deruteroplazentaren Perfusion führen. Als behandlungsbe-dürftige Hypotonie wird in der Geburtshilfe ein sys-tolischer Blutdruckabfall um 20 % des Ausgangswertsoder unter 100 mmHg definiert.

Prophylaxe und Behandlung der Hypotension• Linksseitige Lagerung der Schwangeren (15–30

Grad)• Volumengabe als Kohydratation• Vasopressoren

Eine aktive Hypotonievermeidung ist v. a. zur Sectio caesa-rea erforderlich, während es unter der vaginalen Geburt kaumzu behandlungsbedürftigen Blutdruckabfällen kommt.

Im Rahmen der Sectio caesarea erfolgt zum Vermeideneines Kavakompressionssyndroms die Lagerung in Linkssei-tenlage sowie eine Volumenexpansion. Noch wichtiger alsdie Wahl der richtigen Flüssigkeit scheint der Zeitpunkt ihrerVerabreichung zu sein: eine schnelle Applikation währendder Punktion (sog. Kohydratation) ist der Gabe vor Punktion(Prähydratation) überlegen [39].

Reichen präventive Maßnahmen nicht aus, so wird beieinem Blutdruckabfall um 20 % oder unter 100 mmHg

Anästhesie in der Geburtshilfe 13

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systolisch ein Vasopressor verabreicht. Das reine α-Sympathomimetikum Phenylephrin gilt derzeit als Gold-standard in der geburtshifllichen Anästhesie. Es hebt sicherund zuverlässig den mütterlichen arteriellen Druck, hierbeikönnen Bradykardien ausgelöst werden. Aufgrund des Wirk-mechanismus mit einem Anstieg des systemvaskulärenWiderstands kann das mütterliche Herzminutenvolumen vo-rübergehend abfallen ohne zu einer Beeinträchtigung desNeonaten zu führen [40]. Ephedrin ist ein indirektes Sym-pathomimetikum, das sowohl an α- als auch an β-Rezeptorenwirkt. Hierüber werden das Herzminutenvolumen und dieHerzfrequenz gesteigert. Die Anwendung führt nach der Pla-zentapassage zu einer kindlichen Sympathikusaktivierung.Metaanalysen zeigen, dass hierdurch im Vergleich mit Phenyle-phrin in höherer Dosierung eine kindliche Azidose ausgelöstwird [41]. Das in Deutschland zugelassene Kombinationsprä-paratCafedrin-Theodrenalin (Akrinor) ist bezüglich der utero-plazentaren Perfusion bisher nur in Tierversuchen untersucht,zusätzlich findet sich eine retrospektive Datenanalyse, in derüber den kindlichen Säure-Basen-Status nicht berichtet wird[42, 43]. Aufgrund der langjährigen und breiten Anwendungin Deutschland kann es vermutlich als sichere Alternativebetrachtet werden.

" Mittel der Wahl zur Anhebung des Blutdrucks ist Phenyle-phrin. Da alle Vasokonstriktoren auch die uterinen Gefäßeverengen und somit trotz eines erhöhten mütterlichenBlutdrucks die uteroplazentare Perfusion vermindern kön-nen, ist ihre prophylaktische Gabe nicht indiziert.

Postpunktionelle KopfschmerzenDie häufigste Komplikation der geburtshilflichen Peridural-anästhesie stellt mit einer Inzidenz von 0,5–3 % die Dura-perforation dar. Diese kann sehr starke, 1–2 Wochen anhal-tende und schwer behandelbare Kopfschmerzen auslösen.Die Kopfschmerzen sind typischerweise lageabhängig undverstärken sich in aufrechter Position. Als Ursache wird einausgeprägtes Liquorverlustsyndrom mit einem zerebralenUnterdruck und zerebraler Vasodilatation angenommen.Das Liquorverlustsyndrom wird durch eine lang anhaltendevaginale Austreibungsperiode verstärkt, in diesen Fällenbeträgt die Inzidenz von Kopfschmerzen nach akzidentellerDuraperforation 50–70 %.

Methoden zur Prophylaxe von postpunktionellen Kopf-schmerzen wie Bettruhe, erhöhte Flüssigkeitsaufnahme, intra-thekale Katheterplatzierung bei akzidenteller Duraperforation,prophylaktische peridurale Kochsalzinjektion oder ein prophy-laktischer Blutpatch sind bisher nur an kleineren Fallzahlenuntersucht und können derzeit nicht empfohlen werden [44].

Bei eingetretenen postpunktionellen Kopfschmerzenhaben sich folgende Maßnahmen bewährt (Kap. ▶ „Rücken-marknahe Regionalanästhesie: Anatomie, Physiologie, Kon-traindikationen, Komplikationen, Antikoagulation“):

• Bettruhe,• Therapie mit Nicht-Opioid-Analgetika (z. B. Ibuprofen

oder Paracetamol),• Therapie mit Koffein oder Euphyllin,• bei Versagen konservativer Maßnahmen 24–48 h nach

Kopfschmerzbeginn periduraler Blutpatch mit 15–25 mlsteril entnommenem venösen Blut.

Bei der Durchführung eines periduralen Blutpatches ist zubeachten, dass es erneut zu einer schwierigen Punktion mitVerstärkung der Kopfschmerzen kommen kann. Bei Zeicheneiner Septikämie oder Infektion an der Punktionsstelle ist einperiduraler Blutpatch kontraindiziert. Bei persistierendenKopfschmerzen muss nicht nur an ein Versagen des Blut-patches sondern differenzialdiagnostisch auch an ein subdura-les Hämatom oder eine Sinusvenenthrombose gedacht werden.

Peridurales HämatomAufgrund der schwangerschaftsbedingten Aktivierung desGerinnungssystems werden peridurale Hämatome nach rü-ckenmarknaher Punktion deutlich seltener als bei anderenPatienten beobachtet, die Inzidenz beträgt 1:200.000[3]. Die meisten Fälle traten im Rahmen eines HELLP-Syndroms bei bereits bestehender Gerinnungsstörung oderbei Gabe von Antikoagulanzien auf. Bei dem Verdacht aufein peridurales Hämatom ist die schnellstmögliche Dia-gnostik mittels Kernspintomographie sowie die sofortigeoperative Entlastung Mittel der Wahl, um die Wahrschein-lichkeit bleibender Nervenschäden oder einer Querschnittläh-mung zu reduzieren.

JuckreizDie Gabe von periduralen und insbesondere spinalen Opioi-den führt zu einer hohen Rate an Juckreiz. Die Inzidenzbeträgt nach spinalem Morphin bis zu 80 %. In seltenenFällen ist eine Therapiebedürftigkeit gegeben. Zur Behand-lung werden der Opioidantagonist Naloxon oder auch sub-hypnotische Gaben von Propofol eingesetzt. Da Opioide mitzentralen 5-HT3-Rezeptoren interagieren, haben sich insbe-sondere 5-HT3-Rezeptorantagonisten wieOndansetron oderDolasetron in der Therapie bewährt [45]. Die Gabe vonAntihistaminika ist hingegen nicht hilfreich, da der Juckreiznicht über eine Ausschüttung von Histamin verursacht wird.

3.4 Präeklampsie, Eklampsie und HELLP-Syndrom

3.4.1 PräeklampsieSchwangerschaftsinduzierte Hypertonien sind gekennzeich-net durch eine arterielle Hypertonie (RR >140/90 mmHg)ab der 20. SSW, kommt eine Proteinurie (>300 mg/Tag)hinzu, spricht man von Präeklampsie. Eine schwere Präe-

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klampsie wird als ein systolischer Blutdruck >160 mmHgoder ein diastolischer Blutdruck >110 mmHg gewertet. DaÖdeme bei einer Vielzahl gesunder Schwangerer beobachtetwerden, werden sie nicht mehr zur Definition hinzugezählt.

Davon abzugrenzen ist eine vorbestehende arterielleHypertonie, die möglicherweise im Rahmen der Vorsorgeun-tersuchungen erstmals diagnostiziert wird, sowie eine iso-lierte milde transiente Hypertonie während der Schwanger-schaft („Gestationshypertonie“), die sich post partumzurückbildet.

Die Inzidenz der Präeklampsie liegt bei 3–5 % bei Nul-liparae und 0,5 % bei Multiparae.

Risikofaktoren• Vorbestehende Hypertonie• Bestehender Diabetes mellitus• Mütterliches Alter über 40 Jahren• Zwillingsschwangerschaft• Präeklampsie in der Familie• Nephropathien• Bestimmte vorbestehende Stoffwechsel- bzw. Gen-

defekte

Die Pathophysiologie ist unzureichend geklärt und amehesten multifaktoriell, beobachtet wird eine begleitendeendotheliale Dysfunktion. Die Schädigung der Endothelzel-len vermindert die Synthese der vasodilatatorisch wirksamenMediatoren Prostazyklin (PGE2) und Stickoxid (NO). DieThrombozytenaggregation und die Ausschüttung von vaso-konstriktorisch wirksamen Thromboxan A2 ist erhöht.Obwohl die Blutgerinnung aktiviert ist, entwickelt sich nurselten eine akute disseminierte Koagulopathie (DIC), dawegen des chronischen Verlaufs Thrombozyten kompensato-risch vermehrt gebildet werden.

Die generalisierte Vasokonstriktion führt zum einen zurEntwicklung der arteriellen Hypertonie, zum anderen zurPerfusionsminderung einzelner Organe, die noch durch diegesteigerte Thrombozytenaggregation und Aktivierung derplasmatischen Gerinnung aggraviert wird. Im uterinen Ge-fäßbett führt die endotheliale Dysfunktion mit reduzierterAngiogenese zu einem erhöhten Widerstand mit reduzierterPerfusion und hieraus resultierender fetaler Wachstumsretar-dierung. Der Endothelschaden führt darüber hinaus zu einemvermehrten Flüssigkeitsaustritt in den extravasalen Raum mitkonsekutiver Ödembildung.

Im Gehirn können in der Folge von Endothelzellschäden,Vasospasmen und einer Störung der Autoregulation derzerebralen Durchblutung Mikroblutungen und eine Hirn-schwellung auftreten, die sich als Kopfschmerzen und Seh-störungen manifestieren. Als schwerwiegendste Komplikationmit tödlichem Verlauf entstehen zerebrale Blutungen[46]. Der Blutdruck muss bei schwerer Eklampsie zur Ver-

hütung einer mütterlichen Hirnblutung und eines Lungen-ödems auf Werte <160 mmHg gesenkt werden (Tab. 5).

Perioperative BehandlungDie Therapie der Präeklampsie hat zum einen eine Optimie-rung der mütterlichen Hämodynamik und Nierenfunktionzum Ziel, zum anderen soll einem eklamptischen Anfallvorgebeugt werden.

Patientinnen mit Präeklampsie haben verglichen mitgesunden Schwangeren häufig einen Volumenmangel kom-biniert mit einem erhöhten peripheren Widerstand und einemreduzierten Herzminutenvolumen. Durch eine vorsichtigetitrierte Volumengabe kombiniert mit Antihypertensiva kön-nen die Hämodynamik und das kindliche Outcome verbessertwerden [47]. Eine aggressive Volumentherapie fördert hinge-gen die Entwicklung eines Lungenödems.

Zur Krampfanfallprophylaxe wird Magnesiumsulfat ver-abreicht, das durch dilatierende Wirkung auf zerebrale Ge-fäße der Entwicklung einer zerebralen Ischämie vorbeugt.Die relaxierende Wirkung von Magnesium auf die Gefäß-muskulatur senkt gleichzeitig den arteriellen Blutdruck, derrelaxierende Effekt am Uterus hemmt eine vorzeitige Wehen-tätigkeit. Magnesiumsulfat verlängert die Wirkdauer vonnichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien. Dies spielt beider alleinigen Gabe von Succinylcholin bei der Sectio keineRolle.

" Cave Eine Überdosierung von Magnesium tritt v. a. dannauf, wenn bei eingeschränkter Nierenfunktion das fastausschließlich renal eliminierbare Magnesium akkumuliert.Klinische Zeichen sind eine Verminderung der Reflexant-wort der Muskeleigenreflexe (z. B. Patellarsehnenreflex)sowie eine Abnahme des Atemantriebs. Wird die Magne-siumzufuhr nicht unterbrochen, drohen Atemlähmungund Herzstillstand.

Die Entscheidung zur sofortigen Entbindung richtet sichneben dem mütterlichen Zustand nach dem Gestationsalter.Während bei einem Gestationsalter <34 Wochen ein abwar-tendes Verhalten mit Einleitung der fetalen Lungenreifungdurch Kortikosteroide indiziert sein kann, wird oberhalb der34. SSW die sofortige Entbindung als einzige kausale The-rapie angestrebt.

Sowohl bei vaginaler Entbindung als auch bei der Sectiounterstützen rückenmarknahe Regionalanästhesien die ge-wünschte Blutdrucksenkung und sollten bevorzugt eingesetztwerden, wenn keine Gerinnungsstörung vorliegt. Präeklamp-tische Patientinnen benötigen im Vergleich zu gesundenSchwangeren bei der Sectio weniger Volumen und Vasopres-soren, da sie ein stabileres hämodynamisches Verhalten mitgeringeren Blutdruckabfällen aufweisen.

Bei Allgemeinanästhesien muss der Blutdruckanstiegunter der Intubation im Rahmen einer Blitzeinleitung vermie-

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den werden. Dies gelingt durch die Gabe von Magnesium(40 mg/kgKG) oder die Bolusgabe von Remifentanil in einerDosierung von 1 μg/kgKG [37]. Eine klassische Blitzein-leitung mit Hypnotikum und Muskelrelaxans ist aufgrunddes erhöhten Risikos intrazerebraler Blutungen kontra-indiziert.

3.4.2 EklampsieEndothelzellschäden, Vasospasmen und Mikrothrombenbil-dung im Rahmen der Präeklampsie können im Gehirn zuMikroinfarkten und zur Entwicklung einer zerebralen Ischä-mie führen, die sich als generalisierter, tonisch-klonischerzerebraler Krampfanfall manifestieren. 56 % der Eklampsientreten prä- oder intrapartal auf. In diesen Fällen muss einerasche vaginale oder operative Entbindung angestrebt werden.

" Treten Krampfanfälle prä-, intra- oder bis zu 7 Tagen post-partal auf, liegt eine Eklampsie vor.

Obwohl bei bis zu 38 % der Eklampsiefälle weder einevorausgegangene schwangerschaftsinduzierte arterielle Hyper-tonie noch eine Proteinurie bekannt sind, wird die Eklampsieaufgrund pathophysiologischer Überlegungen als zerebraleProgredienz der Präeklampsie angesehen. Nur selten wird einbegleitendes Hirnödem gefunden. Ein Status epilepticus ent-wickelt sich sehr selten, die mütterliche Mortalität ist hoch.

Von der Eklampsie abzugrenzen sind vorbestehendezerebrale Anfallsleiden oder andere Zustände, die zerebraleKrampfanfälle auslösen (z. B. Intoxikationen). Postpartalsollte bei allen Patientinnen, insbesondere wenn vor demzerebralen Krampfanfall keine Präeklampsie diagnostiziertwurde, eine neurologische Abklärung zum Ausschluss ande-rer Ursachen erfolgen.

3.4.3 HELLP-SyndromHELLP-Syndrome, definiert als „hemolysis, elevated liverenzymes, low platelets“, treten in 0,5–0,9 % aller Schwan-

gerschaften und in 10–20 % aller Präeklampsien auf. Sindnicht alle 3 Laborwertveränderungen vorhanden, spricht manvon einem partiellen HELLP-Syndrom, welches sich durcheine mildere Verlaufsform auszeichnet. Ein HELLP-Syn-drom tritt zu 70 % während der Schwangerschaft auf miteiner Häufung zwischen der 27. und 37. SSW, kann sich aberauch noch bis zu 48 Stunden nach der Geburt entwickeln.

Typische Symptome sind Schmerzen im rechten Ober-bauch oder Epigastrium, Übelkeit und Erbrechen, Kopf-schmerzen und Sehstörungen sowie Wassereinlagerungen,die sich rasch entwickeln. Klinische Symptome haben dabeieinen deutlich besseren prädiktiven Wert für die Vorhersagevon Komplikationen als Laborwertveränderungen. Die Hä-molyse wird durch einen hohen Durchfluss von Erythrozytendurch Gefäße mit einem geschädigten Endothelium verur-sacht, typische Laborwertveränderungen sind eine Erhöhungder Laktathydrogenase >600 IU/ml, eine Zunahme desunkonjugierten Bilirubins sowie ein Abfall des Haptoglobins.Die Thrombozyten fallen typischerweise durch eine Aktivie-rung und einen erhöhten Verbrauch am geschädigten Gefäß-endothelium auf Werte unter 100.000/μl ab [26, 48]. Dopp-lersonographische Untersuchungen der Lebergefäße zeigeneine Abnahme der Leberperfusion bei Patientinnen, die einHELLP-Syndrom entwickeln [49]. Die Perfusionsstörung derLeber führt zur hypoxischen Leberzellschädigung mit Aus-bildung von periportalen Leberzellnekrosen. Diese manifes-tieren sich in einem Anstieg der Aminotransferasen imSerum.

Typische Komplikationen des HELLP-Syndroms• Abruptio placentae• Disseminierte intravasale Gerinnung• Postpartale Blutungen• Zerebrale Blutungen und Ödeme• Akutes Nierenversagen• Eklampsie• Leberhämatome

Gefürchtet ist die Ruptur eines durch Kombination ausLeberzellnekrosen und disseminierter intravasaler Koagulo-pathie entstandenen subkapsulären Leberhämatoms, welchesauch noch postpartal auftreten kann. Das Risiko beträgt beiHELLP-Syndrom 1–2 %, die Mortalität ist hoch. Die Dia-gnostik besteht in der klinischen Symptomatik mit Schmerzenim rechten Oberbauch oder Epigastrium, die bis in den Rückenausstrahlen können sowie Sonographie oder einem CT.

Differenzialdiagnostisch schwierig abgrenzbar ist das sel-tene Krankheitsbild einer akuten Schwangerschaftsfettleber,bei dem Leberzellversagen, Hypoglykämie und hepatischeEnzephalopathie das klinische Bild prägen.

Tab. 5 Medikamentöse Therapie der Präeklampsie und Eklampsie

Wirkstoff Dosierung

Behandlung der Hypertonie und der Hyperreflexie

Magnesiumsulfat Bolus: 4–6 g/20 minErhaltungsdosis: 1–2 g/h

Behandlung der Hypertonie

Dihydralazin Initial 5 mg i.v., falls erforderlich: WiederholungEvtl. intravenöse Dauertherapie bis maximal100 mg/Tag

Urapidil Initial 5 mg i.v., falls erforderlich kontinuierlicheGabe als Perfusor

Nifedipin Oral: 5 mg, wiederholte Gaben bis maximal60 mg/Tag

α-Methyldopa Oral: 3-mal 125 mg bis 4-mal 500 mg

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Die kausale Therapie besteht in der möglichst frühzeitigenEntbindung. Ein abwartendes Verhalten über 24–72 Stundenkann zwischen der 24. und 34. SSW zur fetalen Lungenrei-fung (2 � 12 mg Betamethason) indiziert sein, nach der 34.SSW sollte aufgrund des Risikos von mütterlichen Kompli-kationen nicht mit einer Entbindung gezögert werden. Diehochdosierte mütterliche Gabe von Dexamethason reduziertnicht die mütterliche Morbidität oder Mortalität, führt jedochzu einer schnelleren Erholung der Thrombozytenzahlen. Siewird zurzeit nur empfohlen, wenn ein schneller Anstieg derThrombozyten erforderlich ist [50].

Die Art des Entbindungsmodus richtet sich nach der Ent-scheidung des Geburtshelfers, die Art des Anästhesieverfah-rens ist abhängig von der mütterlichen Gerinnung zum Zeit-punkt der Entbindung. Bei stabil niedrigen Thrombozytenund normaler plasmatischer Gerinnung kann eine Spinalan-ästhesie zur Sectio durchgeführt werden. Bei bereits vorlie-genden Gerinnungsstörungen ist die Allgemeinanästhesie dasVerfahren der Wahl.

3.5 Postpartale Blutungen

Postpartale Hämorrhagien werden definiert als ein Blutver-lust von über 500 ml nach einer vaginalen Entbindung oderüber 1000 ml nach einer Sectio caesarea. Eine schwere post-partale Hämorrhagie liegt bei einem Blutverlust von über1000 ml nach einer vaginalen Entbindung und über1500 ml bei einer Sectio caesarea vor.

Mögliche Ursachen (4 Ts)• Atonischer Uterus (Tonus)• Plazentaretention (Tissue)• Verletzungen der Geburtswege (Trauma)• Dekompensation der Gerinnung (Thrombin)• Placenta praevia, accreta, percreta• Abruptio placentae• Uterusperforation (0,04–0,24 %)

Die häufigste Ursache für eine postpartale Hämorrhagiestellt die Uterusatonie dar, das Risiko ist bei Mehrlings-schwangerschaften erhöht. Eine Placenta praevia oder Pla-zentalösungsstörungen (Placenta accreta oder percreta)erhöhen ebenfalls deutlich das Risiko von postpartalen Hä-morrhagien. Dementsprechend sollte bei allen Schwangerenpräpartal die Plazentalokalisation sonographisch festgestelltwerden. Die Entbindung sollte bei einem erhöhten Blutungs-risiko in Kliniken mit Cellsaver, Blutbank, Intensivmedizinund ggf. der Möglichkeit zur radiologischen Interventionerfolgen.

" Ein peripartaler Blutverlust von bis zu 1(�1,5) l wird vongesunden Schwangeren in der Regel wegen der schwan-gerschaftsbedingten Anpassungsvorgänge und der Auto-transfusion aus dem sich kontrahierenden Uterus gut tole-riert.

Das Ausmaß postpartaler Blutungen wird aufgrund Ver-lusten in Vorlagen und der großen Kompensationsmecha-nismen junger Patientinnen oft unterschätzt. Stellen sichZeichen der Kreislaufinsuffizienz mit Tachykardie und Hypo-tonie ein, so ist von einem Verlust von 30–40 % des zirku-lierenden Blutvolumens auszugehen. Hauptursache für müt-terliche Todesfälle bei postpartalen Blutungen ist dasverzögerte Beschaffen von Blutprodukten einschließlichErsatz von Gerinnungsfaktoren sowie das fehlende rechtzei-tige Rufen nach Hilfe in Form von Fach- oder Oberärzten[7]. Generell sollte ein Algorithmus bzw. eine Standard Ope-rating Procedure z. B. in Form des D-A-CH-Algorithmus(Abb. 5) in allen Kliniken hinterlegt sein, um Verzögerungenin der Behandlung zu vermeiden [52]. Der D-A-CH-Algo-rithmus ist ein interdisziplinäres Konsensusstatement zurBehandlung der postpartalen Hämorrhagie in Deutschland,Österreich und der Schweiz, welcher v. a. auf die zeitgerechteDurchführung der notwendigen Schritte ausgelegt ist.

" Bereits in der Anfangsphase der Blutung gilt dem Auf-rechterhalten einer Normothermie höchste Priorität. EinAlgorithmus zur Behandlung der postpartalen Hämorrha-gie muss etabliert sein (z. B. D-A-CH-Algorithmus).

3.5.1 UterotonikaDurch die Gabe von Uterotonika kann das postpartale Blu-tungsrisiko signifikant gesenkt werden.

" Oxytocin ist das Mittel erster Wahl sowohl zur Prophylaxeals auch zur Therapie von postpartalen Blutungen.

Bei der Prophylaxe von postpartalen Blutungen sind nied-rige Dosierungen von 0,29 Einheiten/min ausreichend, um zueiner guten Uterustonisierung zu führen, die benötigte Dosiskann bei vorheriger Uterusstimulation mit Oxytocin höhersein [53]. Dies entspricht 18 Einheiten/h. Bei bereits einge-tretener postpartaler Blutung wird Oxytocin in höhererDosierung bis zu 40 Einheiten über 30 Minuten verabreichtund gleichzeitig nach Ursachen der Blutung wie Plazentares-ten und Geburtsverletzungen gesucht. Bei Versagen einerkontinuierlichen Infusion von Oxytocin wird innerhalb derersten 30 Minuten auf die Gabe des ProstaglandinanalogsSulproston gewechselt. Die Gabe erfolgt mittels Infusomatoder Perfusor, ein Dosislimit von 500 μg/h und maximal1500 μg/Tag muss eingehalten werden [52].

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Abb. 5 D-A-CH-Algorithmus. (Nach: [52]; mit freundl. Genehmigung der DGGG)

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Als alternative Uterotonika steht mit Carbetocin ein syn-thetisches Oxytocinanalog und mit Misoprostol ein Prosta-glandin-E2-Analog zur Verfügung. Carbetocin hat eine imVergleich mit Oxytocin deutlich längere Halbwertszeit, dieWirkdauer einer einmaligen Gabe beträgt ca. 5 h, eine kon-tinuierliche Infusion ist nicht erforderlich. Carbetocin in einerDosierung von 100 μg ist bisher nur zur Prophylaxe, nicht zurTherapie der postpartalen Hämorrhagie zugelassen.

Misoprostol ist in Deutschland nicht im Handel, kann aberüber internationale Apotheken eingeführt werden. Es zeich-net sich im Vergleich mit Oxytocin durch eine geringereWirksamkeit bei gleichzeitig höheren Nebenwirkungen aus.Von Vorteil ist die Möglichkeit der oralen, rektalen undvaginalen Anwendung. Die Kombination von Oxytocin mitMisoprostol bietet gegenüber der alleinigen Gabe von Oxy-tocin keine Vorteile.

NebenwirkungenOxytocin und Carbetocin sind potente Vasodilatatoren, dienach i.v.-Bolusgabe innerhalb weniger Sekunden zu einemausgeprägten Blutdruckabfall mit reflektorischer Tachy-kardie führen [54]. Zusätzlich können Koronarspasmenausgelöst werden. Klinisch wird neben den hämodynami-schen Veränderungen bei einigen Patienten eine klassischeAngina-pektoris-Symptomatik ausgelöst, einhergehend mitEKG-Veränderungen und einem Anstieg des Troponins[55]. Die hämodynamischen Auswirkungen können durcheine langsame Injektion bzw. Gabe als Kurzinfusion ver-mieden werden.

Nebenwirkungen von Oxytocin• Abfall des systemvaskulären Widerstands• Hypotonie• Reflektorische Tachykardie• Anstieg des Herzminutenvolumens• Koronarischämie/Myokardinfarkt

" Auf eine Bolusgabe von Uterotonika soll grundsätzlichverzichtet werden, die Gabe erfolgt als Kurzinfusion, alslangsame intravenöse Gabe oder als kontinuierlicheInfusion.

Bei den Prostaglandinen werden als Nebenwirkungenebenfalls Koronarspasmen beobachtet, daneben kommt eszu einem Anstieg des pulmonalarteriellen Drucks mit demRisiko von Lungenödemen. Als typische Nebenwirkung vonMisoprostol werden häufig Übelkeit, Erbrechen, Fieber undSchüttelfrost beobachtet.

Methylergometrin ist ein Mutterkornalkaloid, welchesaufgrund der ausgeprägten Vasokonstriktion zu einem Blut-druckanstieg und peripheren Ischämien bis zum Raynaud-Phänomen führt. Diese Nebenwirkungen traten früher v. a.nach Lebensmittelvergiftungen als Ergotismus auf. MitMethylergometrin werden bei bis zu 15 % aller PatientenKoronarspasmen ausgelöst. Die Substanz gilt aufgrund deshohen Nebenwirkungspotenzials als Mittel 2. Wahl und wirdnur noch selten eingesetzt.

3.5.2 Blutprodukte und Gerinnungsfaktoren

Wichtige Faktoren für den Behandlungserfolg• Verfügbarkeit großlumiger Zugänge• Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl von Blut-

konserven, gefrorener Frischplasmen und Thrombo-zyten

• Rasche Transfusion mit Transfusionspumpen überInfusionswärmer

• Enge interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Betei-ligten

TranexamsäureParallel zur Gabe von Uterotonika und Ausschluss vonGeburtsverletzungen sollte frühzeitig an eine Optimierung derGerinnung und Bereitstellung von Blutprodukten gedacht wer-den. Als First-line-Therapie wird Tranexamsäure betrachtet.

Tranexamsäure führt nicht nur bei Traumapatienten sondernauch bei postpartaler Hämorrhagie zu einem signifikant gerin-geren Blutverlust [56]. Die übliche Dosierung beträgt 1–2 g.

FibrinogenSchwangere Frauen haben durch die Gerinnungsaktivierunghöhere Plasmaspiegel einer Vielzahl von Gerinnungsfaktoreneinschließlich Fibrinogen, im Standardlabor fällt ein hoch-normaler Quickwert sowie eine erniedrigte aPTT auf.Fibrinogen hat eine sehr kurze Halbwertszeit und gehört zuden Gerinnungsfaktoren, die während einer Blutung frühzei-tig fallen. Für Fibrinogen und aPTT gilt, dass bei beidenParametern bereits schwere Blutungen auftreten, wenn dieWerte noch im Normbereich für Nichtschwangere und damitbereits unterhalb der Normwerte in der Schwangerschaftliegen. Die Gabe von 2–4 g wird in der Frühphase einerschweren Blutung empfohlen, um die Blutung schnellstmög-lich zu stoppen, obwohl die Wirksamkeit dieses Vorgehensbisher nicht belegt ist [57]. Fibrinogenspiegel können nachder Gabe von Hydroxyethylstärke fälschlich zu hoch gemes-sen werden, dies sollte bei der Substitution berücksichtigtwerden.

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Aktivierter Faktor VIIaAktivierter Faktor VIIa ist zur Behandlung der Hemmkörper-hämophilie zugelassen, ist jedoch in einer Vielzahl von Stu-dien und Fallserien off-label zur Behandlung bei schwerenBlutungen eingesetzt worden. Bei Patientinnen mit einerpostpartalen Hämorrhagie kann die Blutung nach einer ein-zelnen Dosis von 60–90 μg/kgKG in der Mehrzahl der Fällezum Stoppen gebracht werden, die Gabe wird oftmals verab-reicht, um eine Hysterektomie bei noch bestehendem Kin-derwunsch zu vermeiden [58]. Voraussetzungen für den Ein-satz von aktiviertem VIIa ist das Aufrechterhalten einerNormothermie, Normokalzämie, normaler Fibrinogenspiegelund Thrombozytenzahlen sowie das Ausgleichen einer Azi-dose und kann diese nicht ersetzen. Sind diese Bedingungenerfüllt, so ist auch ohne Faktor VIIa von einem verbessertenhämostatischen Potenzial auszugehen.

Frischplasmen, ThrombozytenkonzentrateIn größeren Fallserien von Traumapatienten zeigt sich, dassdie Mortalität durch eine frühzeitige Substitution von Ery-throzyten und Frischplasmen gesenkt werden kann, wenn einSubstitutionsverhältnis von 1:1 angestrebt wird und die Sub-stitution von Thrombozytenkonzentraten ebenfalls großzügigerfolgt (Kap. ▶ „Intraoperativer Volumenersatz, Transfusionund Behandlung von Gerinnungsstörungen“). Durch diesesVorgehen wurde in der Geburtshilfe die Wahrscheinlichkeitvon zusätzlichen operativen oder radiologischen Interventio-nen gesenkt, ohne die Morbidität oder Mortalität zu erhöhen[48]. Von Nachteil ist bei Frischplasmen der erhöhte Zeitauf-wand, bis ausreichend aufgetaute Produkte zur Verfügungstehen. Hier kann überbrückend lyophylisiertes Plasma ein-gesetzt werden, welches in pulverisierter Form zur Verfügungsteht und nur aufgelöst werden muss.

" Für das Management postpartaler Blutungen ist es wich-tig, sehr frühzeitig mit einer Substitution von Gerinnungs-faktoren und Blutprodukten zu beginnen, um ein Entglei-ten der Situation zu verhindern. Ob hierbei primärGerinnungsfaktoren oder Frischplasmen verwendet wer-den sollten, ist nicht belegt. Als pragmatischer Ansatzbietet es sich an, auf Gerinnungsfaktoren überwiegendzurückzugreifen, wenn Blutprodukte noch nicht oder nichtin ausreichender Menge zur Verfügung stehen.

Typische operative Maßnahmen, die parallel erfolgen soll-ten, sind das Einlegen einer uterinen Ballontamponade(BAKRI-Sonde), Durchführung von Uteruskompressions-nähten oder die Blutstillung mittels radiologischer Inter-vention zum Vermeiden einer Hysterektomie. Die Erfolgsra-

ten für die einzelnen Techniken werden im Bereich von60–75 % angegeben.

3.5.3 FruchtwasserembolieDie Fruchtwasserembolie ist eine äußerst seltene, aber lebens-bedrohliche Erkrankung Die Inzidenz wird mit 1:50.000 ange-geben [7]. Sie tritt sowohl bei der Sectio als auch bei dervaginalen Entbindung häufig im direkten zeitlichen Zusammen-hang mit der Entwicklung des Kindes auf. Die Einleitung derGeburt mit Uterotonika sowie ein höheres mütterliches Alterwerden als Risikofaktoren vermutet [59]. Als Ursache wird eineanaphylaktische Reaktion auf eingeschwemmte fetale Zellenangenommen, die vereinzelt im zentralvenösen Blut nachgewie-sen werden können. Klinische Symptome sind mütterlicheUnruhe, Tachykardie, Hypotonie, Hypoxie, Bwusstlosigkeitoder zerebrale Krampfanfälle. Im Verlauf tritt oft eine dissemi-nierte intravasale Gerinnung mit schweren Blutungen auf. DieDiagnose wird auf Verdacht erhoben, wenn andere Ursachen fürdie mütterlichen Symptome ausgeschlossen sind.

Die Letalität bei schwerer Fruchtwasserembolie ist mit11–43 % hoch und kann nur durch unverzügliche Beatmung,differenzierte Flüssigkeits- und Katecholamintherapie undTherapie der Blutungskomplikationen gesenkt werden. Sinddie Reanimationsbemühungen frustran, so soll bei noch nichtentbundenem Kind eine sofortige Sectio unter fortgesetztenWiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt werden, um dieErfolgsrate zu erhöhen.

3.6 Mütterliche Komorbidität

3.6.1 Mütterliche kardiale ErkrankungenAufgrund des höheren Alters Erstgebärender wird zuneh-mend häufiger eine koronare Herzerkrankung in der Schwan-gerschaft beobachtet, die meist zum Zeitpunkt der Schwan-gerschaft unbekannt ist und sich erst durch eine kardialeDekompensation oder einen Myokardinfarkt manifestiert.Zusätzlich neigen Schwangere zu akuten Koronardissektio-nen. Kardiale Erkrankungen gehören deshalb mittlerweile zuden führenden Todesursachen in der Schwangerschaft undhaben typische geburtshilfliche Komplikationen abgelöst[7]. In einer Vielzahl von Fällen werden Myokardinfarkteim zeitlichen Zusammenhang mit der Gabe von Uterotonikabeobachtet, da diese zu schweren hämodynamischen Verän-derungen einschließlich Koronarspasmen führen können.

Neben den erworbenen kardialen Erkrankungen erreichenvermehrt Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern durchmoderne Therapie- und Operationsverfahren das Erwachse-nenalter. Die Auswirkungen der hämodynamischen Verän-

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derungen in der Schwangerschaft hängen von der zugrundeliegenden kardialen Erkrankung sowie vom Ausmaß derKorrektur ab. Eine erste Risikoeinschätzung gelingt bei ange-borenen Herzfehlern anhand Anamese und Echokardiogra-phie, ohne dass eine weitere invasive Diagnostik durchge-führt werden muss.

Prädiktoren für kardiale Ereignisse in derSchwangerschaft (Nach: [60])• Arrhythmien in der Anamnese• Kardiale Vormedikation• Herzinsuffizienz > NYHA II• Mitralstenose (Klappenfläche <2 cm2) oder Aorten-

stenose (Klappenfläche <1,5 cm2)• Ejektionsfraktion <40 %• Pulmonalklappeninsuffizienz• Künstliche Herzklappe• Zyanotisches Vitium

Liegen keine der aufgeführten Prädiktoren vor, so ist dieWahrscheinlichkeit eines kardialen Ereignisses in derSchwangerschaft <5 %, bei einem Prädiktor ca. 20 %, beimehr als einem Prädiktor 60–80 %. Ein zusätzlicher Prädik-tor ist eine Pulmonalisinsuffizienz, bei der bei bis zu 80 %aller Schwangeren eine kardiale Dekompensation in derSchwangerschaft beschrieben ist [61]. Die positive Vorhersa-gekraft einer vorherbestehenden Pulmonalisinsuffizienz fürdie Entwicklung kardialer Komplikationen während derSchwangerschaft wird in einer Fallserie von Patientinnenmit einer korrigierten Fallot-Tetralogie bestätigt [62]. Beigeringen Risikofaktoren und stabiler Hämodynamik wird inder Regel eine vaginale Entbindung angestrebt, eine früh-zeitige Periduralanalgesie sowie ggf. eine operative vaginaleEntbindung kann die hämodynamische Belastung mildern.Bei schweren kardialen Erkrankungen werden gehäuft Sec-tiones durchgeführt, diese werden wie bei gesunden Schwan-geren bevorzugt in Regionalanästhesie durchgeführt, wobeieine Volumenüberladung bei Herzinsuffizienz vermiedenwerden muss [63]. Die Indikation zur invasiven Blutdruck-messung sowie der 24-stündigen Überwachung nach derEntbindung sollte großzügig gestellt werden. Auf die Bolus-gabe von Uterotonika muss aufgrund der negativen hämody-namischen Effekte verzichtet werden.

Bei zyanotischen Vitien mit Rechts-Links-Shunt wird inder Schwangerschaft aufgrund der systemvaskulären Vasodi-latation eine Zunahme der Zyanose mit nachfolgender Pla-zentainsuffizienz beobachtet. Das Outcome muss als deutlichschlechter beurteilt werden. Das höchste Risiko habenSchwangere mit einem pulmonalen Hypertonus oder einer

Eisenmenger-Reaktion, die Mortalität beträgt bis zu 25 %[53]. Diesen Frauen wird deshalb meist von einer Schwan-gerschaft abgeraten. Wird die Schwangerschaft fortgeführt,so sollte eine frühzeitige vaginale Entbindung oder eineSectio bevorzugt unter Regionalanästhesie stattfinden. Hier-bei muss der systemvaskuläre Widerstand aufrechterhaltenwerden.

Eine seltene, aber sehr schwere Form der erworbenenHerzfehler stellt die peripartale Kardiomyopathie dar, die imletzten Schwangerschaftsmonat oder auch noch bis 5 Monatenach der Geburt auftreten kann, zu einer Einschränkung derPumpleistung des Herzens führt und mit einer hohen Sterb-lichkeit assoziiert ist. Die Diagnosestellung erfolgt aufgrunddes zeitlichen Zusammenhangs mit der Schwangerschaft nachAusschluss anderer Ursachen. Eine Erholung der linksventri-kulären Funktion wird bei den meisten Frauen nach 6Monatenbeobachtet [53]. Bei bereits in einer früheren Schwangerschafteingetretener peripartaler Kardiomyopathie ist das Wiederho-lungsrisiko in Folgeschwangerschaften hoch.

Adipositas per magnaDie Häufigkeit von Adipositas und Adipositas per magna(Grad III) ist in westlichen Industrieländern ansteigend. DieKlassifizierung erfolgt anhand des Body-Mass-Index (Tab. 6).

Adipöse Schwangere haben häufig einen Gestations-diabetes, eine chronische Hypertonie, eine Präeklampsie oderein HELLP-Syndrom. Die Kinder sind meist zu groß für dasGestationsalter, was den Geburtsverlauf erschwert und häufi-ger als bei normgewichtigen Schwangeren zu einem sekun-dären Geburtsstillstand mit der Notwendigkeit einer Sectioführt. Aufgrund der schwierigeren anatomischen Bedingun-gen ist die Durchführung von Regionalanästhesien erschwert,sodass zur Sectio häufiger eine Allgemeinanästhesie erfor-derlich wird [27]. Die Tiefe des Periduralraums ist abhängigvom Body-Maß-Index, allerdings liegt er auch bei einemBMI >50 kgKG/m2 im Mittel bei 7,5 cm, sodass er üblicher-weise mit einer normalen Tuohy-Kanüle erreicht werdenkann [14].

Bedingt durch die Adipositas mit begleitendem erhöhtemintraabdominellen Druck wird ein Kavakompressionssyn-drom häufiger beobachtet. Der peridurale Venenplexus ist

Tab. 6 Definitionen der Adipositas

Untergewicht BMI <18 kgKG/m2

Normalgewicht BMI 18–24,9 kgKG/m2

Übergewicht BMI 25–29,9 kgKG/m2

Adipositas Grad I BMI 30–34,9 kgKG/m2

Adipositas Grad II BMI 35–39,9 kgKG/m2

Adipositas Grad III BMI >40 kgKG/m2

Anästhesie in der Geburtshilfe 21

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weiter dilatiert als bei normgewichtigen Patientinnen. Hier-durch erklärt man sich die höhere Blockadeausdehnung beiRegionalanästhesien, die zu einer entsprechenden Hypotonie,kindlichen Bradykardien und Dezelerationen führt [64]. BeiSpinalanästhesien wird im Vergleich mit normgewichtigenSchwangeren eine größere Abnahme der Vitalkapazität beob-achtet, die sich erst langsam nach vollständiger Erholung undMobilisation wieder normalisiert [65]. Dementsprechendsind adipöse Patientinnen auch bei rückläufiger Spinalanäs-thesie gefährdet und sollten engmaschig überwacht werden.

" Cave Adipöse Schwangere gelten als Hochrisikoschwan-gere und haben eine höhere Mortalität. Unter der Geburtwird die frühzeitige Anlage einer Periduralanalgesie emp-fohlen, um diese bei Bedarf zur Sectio verwenden zukönnen.

3.7 Anästhesie während derSchwangerschaft

Operationen in der Schwangerschaft kommen in ca. 0,2–2 %aller Schwangerschaften vor. Für Operationen in der Schwan-gerschaft gilt, dass alle elektiven Operationen auf den Zeit-punkt nach der Schwangerschaft verschoben werden sollen.Typische dringliche Eingriffe während der Schwangerschaftbeinhalten die akute Appendizitis, die Cholezystolithiasissowie Zerklagen bei einer Zervixinsuffizienz. Appendekto-mien und Cholezystektomien werden mittlerweile auch in derSchwangerschaft bevorzugt laparoskopisch durchgeführt, umdie Rate an mütterlichen und fetalen Komplikationen zureduzieren.

Bei Appendektomien wird im Vergleich mit anderen Ope-rationen ein deutlich erhöhtes Risiko von Aborten und Früh-geburten beobachtet, dieses Risiko steigt, wenn es zu einerperforierten Appendizitis mit begleitender Peritonitis kommt,auf 10 % [66].

Die Auswahl des Anästhesieverfahrens richtet sich nachder Art des operativen Eingriffs. Bei Allgemeinanästhesienist ab der 20. SSW das erhöhte Aspirationsrisiko zu berück-sichtigen und die Anästhesieeinleitung als „rapid sequenceinduction“ durchzuführen. Bei Allgemeinanästhesien werdenbevorzugt ältere Medikamente, für die mehr Erfahrungenbestehen, eingesetzt. Zu den typischen eingesetzten Medika-menten gehören Thiopental, Opioide sowie Muskelrelaxan-zien. Bei den Muskelrelaxanzien werden im Rahmen derIleuseinleitung vorwiegend Succinylcholin oder Rocuroniumeingesetzt. Die Aufrechterhaltung erfolgt aufgrund des ute-

rusrelaxierenden Effekts bevorzugt mit Inhalationsanästheti-ka, supplementiert durch Opioide.

In der postoperativen Phase ist auf eine sorgfältigeSchmerztherapie zur Vermeidung von stressbedingten Wehenzu achten. Bei den Nicht-Opioid-Analgetika wird in derSchwangerschaft bevorzugt Paracetamol eingesetzt, bis zur30. SSW können nichtsteroidale Analgetika eingesetzt wer-den. Nichtsteroidale Analgetika haben den Vorteil einer zu-sätzlichen tokolytischen Wirksamkeit, am besten geeignet istIndomethacin, sind aber in ihrem Einsatz nicht unumstritten.Nach der 30. SSW führen nichtsteroidale Analgetika zueinem vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus botallibeim Feten, bei Einsatz in der Schwangerschaft und an-schließender Frühgeburtlichkeit ist das kindliche Risiko einerperiventrikulären Leukomalazie und nekrotisierenden En-terokolitis erhöht [67].

" Wichtiger als die Wahl des Anästhesieverfahrens ist es,eine ausreichende Versorgung des Fetus mittels Normo-tension sicherzustellen. Eine ausreichende mütterlicheOxygenierung und Normokapnie müssen sichergestelltund überwacht werden. Postoperativ sollte eine suffizienteSchmerztherapie (z. B. mittels Regionalanästhesie oderpatientenkontrollierter i.v.-Analgesie) gewährleistet sein.

3.8 Anästhesie bei Eingriffen am Fetus

Fetale Operationen mittels minimalinvasiver Techniken beiangeborenen Zwerchfellhernien oder Myelomeningozelenwerden weltweit in sehr wenigen Zentren durchgeführt.Durch den fetalen Eingriff wird versucht, die Folgeschädendurch den angeborenen Fehler zu reduzieren. Bei Zwerch-fellhernien wird dabei intrauterin ein Ballon in die Tracheaeingeführt und diese okkludiert. Hierdurch sammelt sichWasser in der fetalen Lunge an, die Lunge dehnt sich aus,statt durch Darm oder Leber komprimiert zu werden undkann somit besser reifen. Der tracheale Ballon wird entwedervor der Entbindung oder im Rahmen einer Sectio wiederentfernt. Bei Myelomeningozelen wird versucht, durch eineintrauterine Defektdeckung Folgeschäden in Form von Läh-mungen und einer Kleinhirnherniation zu vermeiden.

Häufigere Eingriffe in der Schwangerschaft sind dieAnlage von Shunts und Drainagen zur Entlastung bei Harn-röhrenstrikturen, Pleuraergüssen oder Zysten sowie Koagu-lation von plazentaren Anastomosen bei einem Twin-Twin-Transfusion-Syndrom. Für diese minimalen Eingriffe ist eineAnalgesie und Ruhigstellung des Fetus erforderlich, um

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intrauterine Verletzungen durch Bewegungen zu vermeiden.Eine fetale Ruhigstellung kann entweder durch Gabe in dieNabelschnur oder intrauterine i.m.-Injektionen von Analgetikaund Muskelrelaxanzien erfolgen. Eine elegantere Möglichkeitist die kontinuierliche mütterliche Infusion von Remifentanil,welches aufgrund der raschen und hohen Plazentapassage zueiner ausreichenden kindlichen Immobilisation ohne zusätz-liche Punktion in der Mehrzahl der Fälle führt [68].

4 Erstversorgung Neugeborener

4.1 Personelle und apparativeVoraussetzungen

In großen geburtshilflichen Kliniken steht in der Regel einPädiater zur Verfügung, um die Versorgung des Neugeborenenzu übernehmen, sodass viele Anästhesisten in der VersorgungNeugeborener nicht ausreichend trainiert sind. Ist ein Pädiaternicht im Haus, bedarf es enger Absprachen zwischen denbeteiligten Disziplinen. Nach der Vereinbarung zwischen derDeutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe undder Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv-medizin obliegt die Erstversorgung eines Neugeborenen demGeburtshelfer. Ist nur ein Anästhesist bei der Geburt anwesend,so muss sich dieser primär um das Wohlergehen der Mutterkümmern. Das bedeutet, bei Fehlen eines Pädiaters bedarf eseines zusätzlichen Arztes, der sich geplant um die Versorgungdes Neugeborenen kümmert und hierin Erfahrung besitzt.

In Krankenhäusern ohne angegliederte Kinderklinik sol-len nur noch Kinder oberhalb der 36. SSW ohne Risikofak-toren entbunden werden. Die Versorgung Frühgeborenerobliegt Perinatalzentren.

Notwendige Logistik für die ErstversorgungNeugeborener• Geeignetes Instrumentarium (Tab. 7)• Festgelegte Alarmierungspläne und Zuständigkeiten• Festgelegte Algorithmen• Regelmäßige Aus- und Weiterbildung des Personals

Der Zustand des Neugeborenen wird üblicherweise anhanddes Apgar-Scores erfasst, benannt nach der amerikanischenAnästhesistin Virginia Apgar (07.06.1909–07.08.1974). Fürden Apgar-Score werden Herzfrequenz, Atmung, Hautfarbe,Muskeltonus und Reflexe 1, 5 und 10 Minuten nach derGeburt erfasst, maximal können 10 Punkte erreicht werden.Werte unter 7 gehen mit einer deutlichen Beeinträchtigung desNeugeborenen einher (Tab. 8). Eine wesentlich genauere, aberdafür aufwendige Beurteilung gelingt mit dem Neurologic andAdaptive Capacity Score (NACS).

4.2 Neugeborenenversorgung undWiederbelebung

Die meisten Kinder bedürfen nach der Geburt keiner aktivenMaßnahmen jenseits einer taktilen Stimulation. Bei ca. 1 %der Kinder ist eine vorübergehende Maskenbeatmung erfor-derlich, von diesen benötigt ein kleiner Prozentsatz eineIntubation. Dies gilt insbesondere für reife, am Termin gebo-

Tab. 7 Wichtigste Geräte für die Versorgung Neugeborener

Parameter/Maßnahme Geräte und Medikamente

Monitoring fürNeonaten

StethoskopPulsoxymeterEKG

Temperatur Wärmestrahler, aufgeheizter Raum,trockene warme Tücher

Atemwege Absaugkatheter

Beatmung SauerstoffGesichtsmasken für NeonatenBeatmungsbeutel(Beatmungsgerät)

Intubation Laryngoskop (Batterien!)Gerade und gebogene Spatel (Größe0 und 1)Endotrachealtuben (2,5–4 mm)

Infusions- undInjektionszubehör

VenenkatheterUmbilikalarterienkatheter/-venenkatheterNadelnInfusionssysteme für NeonatenErnährungssondenSpritzen, Verbandsmaterial

Tab. 8 Zustandsdiagnostik des Neugeborenen mittels Apgar-Score

Punkte

Parameter 0 1 2

Herzfrequenz Keine <100/min >100/min

Atmung Keine Unregelmäßig Regelmäßig

Hautfarbe Blass/zyanotisch

Stamm rosig,Extremitätenzyanotisch

Komplettrosig

Muskeltonus Schlaff Leicht gebeugteExtremitäten

AktiveBewegungen

Reflexe KeineReaktion

Grimassieren Niesen/Husten,Schreien

Bewertung der Punktsumme: 10–9: optimal lebensfrisch, 8–7: normallebensfrisch, 6–5: leichte Depression, 4–3: mittelgradige Depression,2–0: schwere Depression

Anästhesie in der Geburtshilfe 23

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rene Neugeborene. In den meisten Fällen kann bereits vor derGeburt die Gefahr von Adaptationsstörungen eines Neuge-borenen erkannt werden. Neben präpartalen mütterlichenund fetalen Indikatoren (z. B. Frühgeburtlichkeit, vaginaleGeburt aus Beckenendlage, Mehrlingsschwangerschaften)prädisponieren auch intrapartale Ereignisse und pathologi-sche Schwangerschaftsverläufe für kindliche Maladaptatio-nen (Pharmaka zur Neugeborenenversorgung: Tab. 9).

Sowohl reife Neugeborene am Termin als auch Kinder, dieunter Risikokonstellationen geboren wurden, weisen dabeisowohl höhere Apgar-Werte als auch ein geringeres Risikoder Notwendigkeit einer Intubation auf, wenn die Sectiounter einer Regionalanästhesie anstelle einer Allgemeinanäs-thesie durchgeführt wurde [69].

In der Initialversorgung kommt der Warmhaltung desNeugeborenen höchste Bedeutung zu. Hierfür wird das Neu-geborene in einem aufgeheizten Raum unter einer Wärme-lampe mit warmen Tüchern getrocknet. Die taktile Stimula-tion durch Abtrocknen des Neugeborenen führt in der Regelzu einer ausreichenden Spontanatmung. Bei Frühgeborenenunter der 28. SSW reichen diese Maßnahmen jedoch häufignicht aus, als Alternative ist es hier von Vorteil, die Kinderohne Abtrocknen mit Plastikfolien abzudecken. Direkt nachdem Abtrocknen werden Atmung und Herzfrequenz kontrol-liert und die Hautfarbe beobachtet. Die initial blaue Haut-farbe sollte sich innerhalb von 30 Sekunden in rosa verän-dern, nach ca. 10 Minuten erlangen reife Neugeborene eineSättigung über 90 %. Ist keine Atmung vorhanden, so erfolgtdie Maskenbeatmung mit einer Frequenz von 30/min undanschließender Erfolgskontrolle. Eine Absaugung des Oro-pharynx ist nur bei Verlegung (z. B. Mekonium) erforderlichund sollte unter direkter Sicht erfolgen, um Verletzungen zuvermeiden. Ein zu intensives Absaugen kann zu einem ver-zögerten Einsetzen der Spontanatmung, Laryngospasmusund Bradykardie führen.

Bei suffizienter Maskenbeatmung sollte sich die Herz-frequenz rasch mit Frequenzen von >100/min stabilisieren.Dabei empfiehlt der European Resuscitation Council(Abb. 6) die initiale Beatmung mit Luft anstelle von Sauer-stoff [70]. Wird unter der Maskenbeatmung keine Erholung

der Herzfrequenz beobachtet und ist diese <60/min, so wirdmit der Herz-Druck-Massage begonnen. Das Verhältnis vonKompression zu Beatmung sollte 3:1 betragen, d. h. insge-samt 90 Kompressionen und 30 Beatmungen pro Minute.Kommt es hierunter nicht zu einer Stabilisierung, so ist ggf.die Gabe von Adrenalin i.v. erforderlich. Für den i.v.-Zugangkommen eine periphere Venenverweilkanüle, ein Nabel-schnurkatheter oder die frühzeitige Anlage einer intraossärenNadel in Betracht (Kap. ▶ „Anästhesie bei Kindern“).

" Dosierung• Flüssigkeitsbolus von 10 ml/kg kristalloider Lösung

Die Flüssigkeitsgabe ist bei Verdacht auf einen Volumen-mangelschock indiziert.

" Dosierung• 10–30 mg/kgKG Adrenalin i.v.

Die Gabe von Natriumbikarbonat sollte äußerst zurück-haltend und nur bei ausreichender Ventilation und Perfusionerfolgen, sie ist bei einer kurzfristigen Reanimation nichterforderlich.

" Dosierung• 1–2 mmol/kgKG Natriumbikarbonat i.v.

Nach erfolgreicher Wiederbelebung wird empfohlen, dieKinder aktiv für 72 Stunden zu kühlen.

" Neben der Aufrechterhaltung der Temperatur hat dieSicherung der Oxygenierung höchste Priorität, da Brady-kardien des Neugeborenen (Herzfrequenz <100/min)meist Folge einer Hypoxie sind. Bei Herzfrequenz <60/min ist zusätzlich eine Herzkompression erforderlich, dasVerhältnis Kompression zu Beatmung beträgt beim Neu-geborenen 3:1.

Tab. 9 Medikamente und deren Dosierungen für die Versorgung Neugeborener

Medikament Konzentration Dosis Applikationsweg

Adrenalin 10 μg/ml 10–30 μg/kgKG i.v., (intraossär)

NaCl-Lösung 9 g/l (0,9 %) 10–20 ml/kgKG langsam i.v.

Glukose 100 g/l (10 %) 50–100 mg/kgKG (<40 mg/dl) über 10 min i.v.

0,5–1,0 ml/kgKG/min oral

Naloxon 0,4 mg/ml 0,05–0,1 mg/kgKG schnell i.v.

Blut (O Rh neg.) 5–10 ml/kgKG langsam i.v. (Hb-Kontrolle)

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(vor der Geburt)

TrocknenWarm halten

Uhr starten oder Zeit notieren

Schnappatmung oder keine Atmung:

5 initiale BeatmungenPulsoxymetrie ± EKG erwägen

Alle 30 Sekunden Herzfrequenz beurteilenWenn keine Herzfrequenz feststellbar

oder < 60/MinuteZugang und Medikamente erwägen

Wenn sich der Brustkorb nicht hebt:Repositionierung des Kopfes

und Atemwegshilfen erwägenWiederholen der initialen Beatmungen

Pulsoxymetrie ± EKG erwägen

Muskeltonus, Atmung, Herzfrequenz?

Information an Eltern/

WiederbeurteilungWenn kein Anstieg der Herzfrequenz:

Hebt sich der Brustkorb unter Beatmung?

WiederbeurteilungWenn keine Besserung der Herzfrequenz:Hebt sich der Brustkorb unter Beatmung?

Wenn sich der Brustkorb hebt:Wenn keine Herzfrequenz feststellbar

oder < 60/MinuteBeginn mit Herzdruckmassagen

Herzdruckmassagen: Beatmungen 3:1

Geburt

Akzeptable präduktale SpO2

2 Min. 60 %3 Min. 70 %4 Min. 80 %5 Min. 85 %10 Min. 90 %

60 s

konz

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In

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Abb. 6 Algorithmus fürReanimationsmaßnahmen beiNeugeborenen [Mod. nach [70];Mit freundl. Genehmigung desGerman Resuscitation Council(GRC) und Austrian ResuscitationCouncil (ARC) 2015]

Anästhesie in der Geburtshilfe 25

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Anästhesie in der Geburtshilfe 27