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1 Anästhesie und Anästhetika Kurs für Naturwissenschaftler Prof. Dr. Jochen Klein Pharmakologisches Institut für Naturwissenschaftler, FB14 Goethe-Universität Frankfurt Der „rote Faden“ Teil 1: Geschichte der Anästhesie Teil 2: Prinzipien der Anästhesie Teil 3: Wirkmechanismen der Anästhetika Kaliumkanäle, GABA A - und NMDA-Rezeptoren Teil 4: Inhalations- und Injektionsanästhetika Teil 5: Injektionsnarkotika

Anästhesie und Anästhetika - Goethe-Universität — … · 2015-04-15 · Potenzierung der GABA-Wirkung ist Teil der Wirkung von Anästhetika ... Memantin Ketamin und PCP

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Anästhesie und

Anästhetika Kurs für Naturwissenschaftler

Prof. Dr. Jochen Klein Pharmakologisches Institut für

Naturwissenschaftler, FB14

Goethe-Universität Frankfurt

Der „rote Faden“

Teil 1: Geschichte der Anästhesie

Teil 2: Prinzipien der Anästhesie

Teil 3: Wirkmechanismen der Anästhetika Kaliumkanäle, GABAA- und NMDA-Rezeptoren

Teil 4: Inhalations- und Injektionsanästhetika

Teil 5: Injektionsnarkotika

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Anästhetische Gase/ Flüssigkeiten

Geschichte der Anästhesie (1)

Keine Chirurgie ohne Anästhesie !!

Anästhetika bis zum 19. Jahrhundert: „Pharmakologie“: Opiate, Hashish, Alkohol...

Oder: Strangulierung, Hammer und Holzhelm...

1850s: Ether, Chloroform, und Lachgas

Erste Nutzung von Ether als Anästhetikum (1846): Crawford Long, Zahnarzt in Georgia (USA)

Eingeführt in die Medizin durch William Morton in Boston (erfolgreicher chirurgischer Eingriff)

Nachteile: (a.) entzündlich und Bildung explosiver Peroxide (b.) unangenehmer Geruch (c.) langsamer Wirkeintritt Interesting website:

http://www.hmcnet.harvard.edu/anesthesia/history/vandam.html

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Demonstration of ether as an anesthetic

(Mass. Gen. Hosp.)

Morton´s inhaler

Geschichte der Anästhesie (2)

1840 Simpson (Schottland) beschreibt die anäesthetischen Eigenschaften des Chloroforms, CHCl3

Chloroform wird populär nach Nutzung bei der Königin Viktoria (a la reine)

Vorteil: Chloroform ist nicht brennbar !

Erst 50 Jahre später wurde die Hepatotoxizität des Chloroforms erkannt

Moderne Inhalationsanästhetika haben Charakteristika von Ether und Chloroform

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Geschichte der Anästhesie (3)

1793 Priestley & Davy (England) beschreiben N20 als „Lachgas“

1844 Wells (ein Zahnarzt) bemerkt analgetische Wirkung des N2O während Jahrmarktsvorführung

1845 Öffentliche Vorführung in Harvard schlägt fehl (Wells begeht 1848 Selbstmord)

Lachgas wird erst gegen 1900 als Anästhetikum akzeptiert, nachdem Dosierapparate entwickelt wurden

Heute ist Lachgas das wichtigste „Gas“ unter den Anästhetika. Ähnliche Wirkungen haben Xenon und Cyclopropan

Der „rote Faden“

Teil 1: Geschichte der Anästhesie

Teil 2: Prinzipien der Anästhesie

Teil 3: Wirkmechanismen der Anästhetika Kaliumkanäle, GABAA- und NMDA-Rezeptoren

Teil 4: Inhalations- und Injektionsanästhetika

Teil 5: Injektionsnarkotika

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Komponenten der Anästhesie

Verlust des Bewusstseins

Keine sensorischen

Informationen, keine bewusste

Schmerzempfindung

Patient unbeweglich, nicht

weckbar

Unterschied zu Schlaf

Amnesie (kein Gedächtnis)

Ebenen der Anästhesie

„Verhalten“

Beispiel: Verlust des Bewusstseins

Hirnstrukturen

Beispiel: Cortex, Thalamus

Nervenbahnen

Beispiel: pontine cholinerge Fasern

Molekulare Angriffspunkte

Beispiel: GABAA-Rezeptor

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Wachen und Schlafen:

Bedeutung des Thalamus

Erwachen durch

Aktivierung des

ARAS

(Berührung,

Geräusche, Licht,

Schmerz)

Daraufhin

Aktivierung des

Thalamus, dann

des Cortex und

Erwachen

Wachen und Schlafen in der

Elektrophysiologie

Wachen: Thalamus empfängt erregende

Einflüsse vom ARAS und vom Cortex

Thalamus ist erregt, sensorische Information wird

zum Cortex weitergeleitet

NREM-Schlaf: ARAS fällt weg, thalamische

Neurone produzieren spontan einen burst-firing

mode (rhythmisches Feuern)

Thalamus ist deaktiviert, sensorischer Input wird

nicht weitergeleitet

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Verbindungen zwischen Thalamus und

Cortex, ARAS und sensorischem Input

Wachen und Schlafen

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Schlaf und Wachen Kortikale Wachheit wird durch parallel aktivierte Systeme

hervorgerufen, darunter

cholinerge Neurone in der Brücke (Pons)

noradrenerge Neurone im Locus coeruleus

histaminerge Neurone im Hypothalamus (TMN)

Im Schlaf sind andere Nervenbahnen aktiv:

Z.B. Ventrolateraler präoptischer Nucleus (Hypothalamus)

meist GABAerge Fasern ?

Aktivierende und sedierende Systeme sind

gegensätzlich geschaltet, so dass ein bistabiles System

entsteht: man ist entweder wach oder schlafend

Wirkqualitäten der

Anästhetika:

steile Dosis-

Wirkungskurve

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Der „rote Faden“

Teil 1: Geschichte der Anästhesie

Teil 2: Prinzipien der Anästhesie

Teil 3: Wirkmechanismen der Anästhetika Kaliumkanäle, GABAA- und NMDA-Rezeptoren

Teil 4: Inhalations- und Injektionsanästhetika

Teil 5: Injektionsnarkotika

Allgemeinanästhetika: Ähnlichkeiten bei der

Wirkung aber nicht bei Struktur oder Potenz

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Wirken alle Anästhetika gleich ? Potenz korreliert mit Lipophilie…

Öl / Wasser-

Koeffizient als

Maß

(Meyer-Overton rule.

„MAC“ = minimal

alveolar concentration)

Wirkweise von Anästhetika: Lipidtheorie

Um 1900: Meyer und Overton begründen

anästhetische Aktivität mit Lipophilie

„Lipidtheorie“ vermutet Interaktion der

Anästhetika mit Membranlipiden

Aber: Unspezifische Interaktionen mit Lipid-

membranen können Wirksamkeit nicht erklären

Nur höchste Konzentrationen an Anästhetika

beeinflussen Lipidstruktur

Manche Anästhetika zeigen Enantioselektivität

(Ketamin)

Bei immer höherer Lipophilie von Alkoholen bricht

anästhetische Potenz weg

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Wirkweise von Anästhetika: Proteintheorie

(Franks und Lieb, 1984)

Anästhetika hemmen die Aktivität der Luciferase in

Abhängigkeit von ihrer Lipophilie

Strukturveränderungen des Proteins nicht nachweisbar

Folgerung: Anästhetika binden in vorgeformten Kavernen

Letzte 20 Jahre (viele Arbeitsgruppen):

Am empfindlichsten sind Ionenkanäle

Ähnlichkeiten mit Ethanol (GABA-, NMDA-Rezeptoren)

Hypothese wird gestützt durch Mutationsstudien (z.B. in GlyR /

Ethanol)

Wirkort wahrscheinlich an Protein-Lipid-Interphase

Ionenkanäle: spannungs- vs. ligandengesteuert

Wichtige Ionenkanäle: Natrium-, Kalium-, Calcium- und Chloridkanäle

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Gesamtsicht der neuronalen Impulsleitung

Dendritenbaum und Soma: einfallende Reize werden empfangen und integriert Liganden-gesteuerte Ionenkanäle

für schnelle Übertragung

GPCR für langsame Übertragung

Axonhügel / Axon: Auslösung und Leitung der Aktions-potentiale Spannungsgesteuerte

Ionenkanäle

Synapse: Wechsel auf chemische Erregungs-übertragung Liganden-gesteuerte Ionenkanäle

und GPCR

Prä- und postsynaptische Rezeptoren

Rezeptives Feld

Projektives Feld

Wirkorte der Anästhetika:

Ruhemembranpotential Negativ bei ca. -70 mV

Getragen von Kaliumströmen, v.a. K2P-Kanäle

(Schrittmacher: HCN-Kanäle)

Inhibitorische Potentiale (hyperpolarisierend): Durch GABA ausgelöster

Chlorid-Einstrom

Exzitatorische Potentiale (depolarisierend): Durch Glutamat ausgelöster

Natrium-Einstrom

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Schneller Überblick

Anästhetika bewirken Hyperpolarisation und

verringerte Freisetzung von Transmittern

Aktivierung der K2P-Kanäle durch Flurane, N2O,

Etomidat

Potenzierung des inhibitorischen GABAA-

Rezeptors durch praktisch alle Anästhetika

Ebenso GlycinA-Rezeptoren (Immobilität, Paralyse ?)

Hemmung erregender Rezeptoren

Z.B. glutamaterge Rezeptoren oder nAChR

NMDA-Rezeptor-Hemmung durch Lachgas, Ketamin

Spannungsabhängiger Kaliumkanal (nach Rodney McKinnon et al.)

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„Two-pore“ Kaliumkanal K2P

Kanal bestimmt Ruhepotential

Öffnung des Kanals durch Anästhetika bewirkt

Hyperpolarisation (verringerte Erregbarkeit)

Kanal ist wichtiger Angriffspunkt für gasförmige

Anästhetika

TREK1-Knockouts reagieren wenig auf Anästhetika

(Verlust der Analgesie)

Wichtig für Lachgas, Xenon, Cyclopropan

Eher unwichtig für intravenöse Anästhetika

McKernan & Whiting 1996

• Heteromerer

Rezeptor mit α-, ß- und

γ-Untereinheiten

Häufig sind (im ZNS) α1-3,

ß1-3 und γ2

• Öffnung des

Rezeptors bedingt

Einstrom von Chlorid

und Hyperpolarisation

The GABA(A) receptor

Der GABA(A)-Rezeptor

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Anästhesie und GABAA-Rezeptoren

GABA ist der wichtigste inhibitorische

(dämpfende) Transmitter im ZNS

40-50% der Synapsen sind GABAerg

Potenzierung der GABA-Wirkung ist Teil

der Wirkung von Anästhetika

Analogie zur Wirkung des Alkohols und der

Benzodiazepine:

Sedation/Hypnose

Zentrale Muskelrelaxation, antikonvulsiv

Anxiolyse, Amnesie

Mutationen im GABAA-Rezeptor und

Wirkungen von Injektionsanästhetika

Rudolph & Antkowiak NRN 2004

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Mutationen im GABAA-Rezeptor

und Wirkungen von Anästhetika

Der glutamaterge NMDA-Rezeptor

Liganden:

Glutamat und

Glycin

MK-801 und

Memantin

Ketamin und PCP

Mg und Zn

Polyamine

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NMDA-Rezeptoren

Glutamaterge Rezeptoren mit NR1 und NR2-

Untereinheiten

Wichtig für Gedächtnisbildung, z.B. im Hippokampus

Koinzidenzdetektor, durchlässig für Calcium → LTP

Typischer Angriffspunkt von Ketamin (Hemmung)

Wichtige Angriffspunkte für anästhetische Gase

(N2O, Xenon, Cyclopropan) und für Ethanol

Bindung/Verdrängung von Glycin

Glutamaterge AMPA/Kainat-Rezeptoren zeigen

geringere Sensitivität

Zusammenfassung

Molekularer

Angriffspunkt K2P-Kanäle NMDA-Rezeptoren GABAA-Rezeptoren

Anästhetische

Wirkung

Senkung des

Membranpotentials

Hemmung

erregender Impulse

Potenzierung

inhibitorischer

Impulse

Wirkmechanismus Öffnung

K+-Efflux ↑

Hyperpolarisation

der Neurone

Erregbarkeit ↓

Hemmung

Na+-Influx ↓

Depolarisierende

Impulse ↓

Dämpfung, Amnesie,

Analgesie

Potenzierung

Cl--Influx ↑

Hyperpolarisation

Sedation, Hypnose,

Amnesie, Anxiolyse,

Muskelrelaxation

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Molekulare Angriffspunkte: eine Zusammenfassung (Alkire et al., 2008)

Der „rote Faden“

Teil 1: Geschichte der Anästhesie

Teil 2: Prinzipien der Anästhesie

Teil 3: Wirkmechanismen der Anästhetika Kaliumkanäle, GABAA- und NMDA-Rezeptoren

Teil 4: Inhalations- und Injektionsanästhetika

Teil 5: Injektionsnarkotika

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Anfluten von Inhalationsanästhetika

Gase mit

geringer Wasser

(Blut-) löslichkeit

äquilibrieren

schnell mit dem

Gehirn

Gase mit hoher

Wasser (Blut-)

löslichkeit

äquilibrieren

langsam

Anästhesiegase: N2O (Lachgas)

Farbloses, weitgehend geruchloses Gas. Nicht

entflammbar

Sehr schnelle Diffusionseigenschaften

100 O2 nach Ende der Narkose; Pneumothorax

Geringe Potenz (meist benutzt in 50-80% Konz.);

In geringer Konzentration nützlich für kleine Eingriffe aber für

tiefe Narkose nur in Kombination

Sehr potentes Analgetikum (ab 20%) aber keine

Muskelrelaxation

Guter Kombinationspartner für andere Anästhesiegase

Weitgehend neutral auf Herz- und Lungenfunktion

Halluzinatorische Komponente

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Pharmakokinetik: Lachgas

Note:

Stark perfundierte

Organe erreichen

schnell Gleich-

gewicht

Äquilibrierung

langsam in wenig

durchbluteten

Geweben

Goodman-Gilman, 2001

Halogenierte Kohlenwasserstoffe: Halothan

Seit 1956 in Gebrauch; geringe Wasserlöslichkeit, daher schneller Wirkungseintritt

Meist zusammen mit Sauerstoff und Lachgas appliziert

Hohe Potenz (MAC 0.7-1%) aber keine Analgesie und wenig Muskelrelaxation (Skelettmuskel, Uterus)

Atemdepressiv und kardiodepressiv (dosisabhängig)

Abfall des Blutdrucks sehr deutlich (20-25%); Hauptgrund Kardiodepression. Herzfrequenz bleibt niedrig

Bradykardie, Sensitivierung gegenüber Katecholaminen

Maligne Hyperthermie möglich

20% Metabolismus in Leber, Gefahr der fulminanten Hepatitis wenige Tage nach OP (1:10.000)

Halothan ist weiterhin wichtig für 3. Welt aber im Westen obsolet

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Halogenierte Kohlenwasserstoffe: Isofluran

Sehr geringe Wasserlöslichkeit, daher sehr schnelle Kinetik. Weltweit beliebtes Anästhetikum Aber wg. Geruch nicht zur Induktion

Abfall des Blutdrucks (dosisabhängig) durch periphere Vasodilatation

Atemdepressiv

Geringe Toxizität Praktisch kein Metabolismus und daher keine Lebertoxizität

Sevofluran und Desfluran: Mittel der 1. Wahl

Sevofluran: Beliebtes Anästhetikum, auch ambulant (z.B. bei Kindern, Kaiserschnitt) Reizt nicht die Atemwege, kein Laryngospasmus

Mäßiger Abfall des Blutdrucks (dosisabhängig) durch periphere Vasodilatation; geringe Kardiodepression

Atemdepressiv Flache, etwas beschleunigte Atmung. Deutliche Bronchodilatation

Desfluran: schnellste Kinetik der halogenierten Gase Reizt die Atemwege – nicht zur Induktion, Laryngo- und

Bronchospasmen möglich

Vasodilatation und Anstieg der Herzfrequenz typisch

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Der „rote Faden“

Teil 1: Geschichte der Anästhesie

Teil 2: Prinzipien der Anästhesie

Teil 3: Wirkmechanismen der Anästhetika Kaliumkanäle, GABAA- und NMDA-Rezeptoren

Teil 4: Inhalations- und Injektionsanästhetika

Teil 5: Injektionsnarkotika

Intravenöse Anästhetika

Thiopental (seit 1935)

Barbiturat mit schneller Anflutung (Sekunden) und kurzer Wirkdauer

(ca. 25 min). Achtung: lange terminale Halbwertszeit

Keine Analgesie. Deutliche Atem- und Kreislaufdepression

Verringerung des zerebralen Blutflusses und des ICP

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Pharmakokinetik: Thiopental

„Kontextsensitive“ Halbwertszeit

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Intravenöse Anästhetika

Propofol

Synthetisches, injizierbares, sehr hydrophobes Anästhetikum mit

schnellem Wirkungseintritt (60 sec). Wirkdauer ca. 10 min.

Schnelle, flusslimitierte Clearance durch hepatischen Metabolismus

Wirkmechanismus: überwiegend GABAerg

Vorteile:

Standard zur Narkoseeinleitung; kein Laryngospasmus

Euphorisierende und antiemetische Wirkung

Geeignet zur TIVA (evtl mit Remifentanil) bei kurzdauernden Eingriffen

(Polypen, Sectio)

Nachteile:

Dosisabhängige Atemdepression, Apnoe möglich

Schmerzhaft an der Injektionsstelle; relativ teuer

Propofol: dosisabhängige Wirkung und

Angriffspunkte (abh. von Dichte GABAerger Rezeptoren?)

Amnesia,

Loss of sensory input

Sedation/hypnosis,

Loss of consciousness

Immobility

Overdose causes

respiratory paralysis

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Intravenöse Anästhetika

Ketamin (KetanestR)

NMDA-Rezeptor-Antagonist mit halluzinogenen Eigenschaften v.a.

bei Erwachsenen (Katalepsie, „dissoziative Anästhesie“)

Patienten zeigen Amnesie und Analgesie; offene Augen, spontane

Atmung, spontane Bewegungen

Wirkt etwas länger (10-15 min nach einer Dosis)

Erhöht Blutdruck, Herzfrequenz, CBF. Indirektes Sympatho-

mimetikum, günstig für Asthmatiker

Erhöhung des Hirndrucks nicht mehr bei S-Ketamin.

Angriffspunkte von Ketamin

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Komponenten der Anästhesie

Bewusstlosigkeit Amnesie Muskelrelaxation

(„Immobilität“)

Analgesie

(Antinozizeption)

Definition Verlust des

Bewusstseins,

schlafähnlicher Zustand

Unfähigkeit, Gedächtnis

zu bilden oder

Gedächtnisinhalte aktiv

abzurufen

Unterbleiben motorischer

Reaktionen auf

sensorische Reize

Verlust der

Wahrnehmung von

Schmerz

Merkmale Wachbewusstsein

temporär ausgeschaltet

Sinneseindrücke nicht

bewusst erinnerlich,

aber im Unterbewusst-

sein vorhanden (vgl.

„Awareness“)

Ausschaltung motorischer

Reaktionen

Reduktion oder

Unterbrechung der

Erregungsleitung

Molekulare

Mechanismen

Aktivierung von GABAA-

Rezeptoren

Blockade von NMDA-

Rezeptoren in Thalamus

und Cortex

Aktivierung von GABAA-

Rezeptoren

Blockade von NMDA-

Rezeptoren

GABAA- und GlycinA-

Rezeptoren im

subkortikalen und

spinalen Bereich

Blockade von nAChR ?

Blockade von

NMDA-Rezeptoren

An

ästh

eti

ku

m

Arzneistoff Halogenierte volatile

Anästhetika

Propofol, Etomidat

Benzodiazepine

Ketamin

Lachgas

Benzodiazepine

volatile Anästhetika

Ketamin

Lachgas

Dosis Mittlere Dosen Geringe Dosen Hohe Dosen

Bei Analgetika-

Gabe Dosis ↓

der Anästhetika

Wirksamkeit Steile Dosis-

Wirkungsbeziehung

Anterograd und

retrograd

Synergismus mit

Muskelrelaxantien

(Wirkort: nACh-Rezeptor)

Barbiturate wirken

u.U. hyper-

algetisch

Ablauf der Narkose

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