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analog aktuell www.AAAnalog.de – Ausgabe 3/2004 – 2 7,- 03 04 Forum für analoge Musikwiedergabe Zeitreise auf dem Welte-Mignon-Klavier Nadelabnutzung von Tonabnehmer-Systemen analog forum Hamburg: Lanze für die analoge Sache

analog aktuell 3/2004 – Leseprobe · sche Aufbereitung der Themen ist ausge-sprochen gelungen. Das neue Layout ist ... Die neue analog aktuel l lag am Freitag im Briefkasten. Und

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Forum für analoge Musikwiedergabe

Zeitreise auf dem Welte-Mignon-Klavier

Nadelabnutzung von Tonabnehmer-Systemen

analog forum Hamburg: Lanze für die analoge Sache

Hinweis
Leseprobe
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ANALOG AKTUELL 3/20044

Impressum

Forum

Titel

Events

Technik

I M P R E S S U M

analog aktuell – AAA

analog aktuell ist die Mitgliederzeitschrift der Analogue Audio Association e. V. (AAA).Die AAA ist ein einge tragener Verein zur Erhaltung und Förderung der analogen Musikwiedergabe. Sie ist im Vereinsregister des Amts gerichts Reut-lingen unter VR 766 registriert.

Herausgeber:Analogue Audio Association e. V.Postfach 122772764 ReutlingenTel.: 0 71 21 - 2 37 61Fax: 0 71 21 - 23 00 67Website: www.AAAnalog.deE-Mail: [email protected]

Vorstand:Dušan Klimo (1. Vorsitzender)Peter Schappach (2. Vorsitzender)Heinz-Dieter Wilmsen (Kassenwart)Norbert Bürger (Schriftführer)

Redaktion:Joachim Bung (verantwortlich)Stichelwiese 2 b61389 SchmittenTel.: 0 60 84 - 37 64E-Mail: [email protected]

Layout: visuelle kommunikation, Udo BeykirchE-Mail: [email protected]

Anzeigen: Matthias Henseler (verantwortlich)Tel.: 0 69 - 7 91 22 17 66 (AB)Fax: 0 69 - 7 91 22 17 66E-Mail: [email protected]

An dieser Ausgabe haben mitgewirkt:Rainer Bergmann, Frank Becker, Alexander Bölts, Thomas Broszio, Joachim Bung, Ansgar Hecker, Holger Hippen, Gerhard Hohmuth, Andreas Jamin, Frank Madel-Bräutigam, Uwe Mehlhaff, Harry Reminder, Hans-Wilhelm Schmitz, Thomas Schmitz, Jochen Trabant, Holger Trass, Klaus Wunderwald, Wilfried Zahn

Druck:Kössinger AGFruehaufstraße 2184069 Schierling

Für unverlangt eingesandte Texte, Fotos, Illustra-tionen oder Datenträger wird keine Gewähr übernommen. Sämtliche Verwertungsrechte (weitere Zeitschriften, andere Daten- und Infor-mations träger) angenommener Manuskripte und Il lu stra tionen liegen bei der Analogue Audio Association. Bei Nichtbelieferung im Falle höherer Gewalt beste hen keine Ansprüche gegen die Analogue Audio Association.

Musik

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ANALOG AKTUELL 3/2004 5F O R U MI N H A L T

Leserbriefe 6Gehört und gesehen 7 AAA-Angebot: Folienumschnitte von Tonträgern 10Mein Einstieg in das Hobby HiFi-Technik 12Betrachtungen zum Gewicht von Langspielplatten 16Der „Schallplattenladen“ von Stefan Maierhofer 18Ehrenrettung für den Alkohol 20Plattenpflege-Tipps von LP-Börsenchef Klaus Röder 22Das Plattenspielerbuch von Ulli Zauner 23Neuer Treffpunkt des Düsseldorfer Analog-Stammtischs 25

Gut besuchtes Hamburger analog forum 28

Aufnahmen mit dem faszinierenden Welte-Mignon-Klavier 34Interview mit Tonmeister Andreas Spreer 40

Der neue „Plattenbügler“ von Air Tight 41Nadelabnutzung von Schallplatten-Abtastsystemen 44

Longplays der Gruppe Buffalo aus „Down Under“ 51„Big Beat“ mit Instrumentalgruppen aus der DDR und Tschechien 55Hier hören Sie „Referenz-Bass“ 58Music was my first love 60

Editorial 3Impressum 4 Die guten Geister von Reutlingen 64AAA-Mitgliedsfirmen 66

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ANALOG AKTUELL 3/20046 F O R U M

Leserbriefe

Ohne Besserwisserei

Zufällig bin ich auf Ihre Zeitschrift gestoßen, die so ganz ohne Besserwisse-rei auskommt. Da die HiFi-Zeitschriften eher für die Einsteiger bzw. Käufer als Produktübersicht dienen und als wei-teres die Surround-Technik zum Erfolg bringen wollen, will ich als Stereo-Musik-Hörer (Schallplatte + CD) lieber auf Ihr Magazin zurückgreifen. Einige High-End-Zeitschriften verlieren sich in unendlichen „Geräteklangbeschreibun-gen“ und Kabeldiskussionen. Bitte sen-den Sie mir ein Aufnahmeformular zu.

Toni Hamberger, Köln

Wechselnde Farbbalken beibehalten

Zunächst einmal möchte ich Euch zum Inhalt der neuen analog aktuell gratu-lieren. Sehr viele gute und brauchbare Informationen, viel über unser doch sehr aktives Vereinsleben und alles sehr gut zu lesen. Was mir hingegen gar nicht gefällt, ist das neue Layout der Titelseite. Der Farbbalken erstrahlt jetzt in einem kräf-tigen Dunkelbau, was an sich sehr positiv ist, ist es doch so etwas wie die offi zielle Vereinsfarbe. Leider ist dabei die schöne Farbwechselfolge, bei der die Hauptfarbe des Bildmotivs sich im Farbbalken wie-derfand, auf der Strecke geblieben. Das fand ich optisch immer sehr gelungen. Es machte auf einen Blick die jeweiligen Ausgaben erkenn- und unterscheidbar. Wieso der elegante Schriftzug einem sehr nüchternen weichen musste, ist mir ebenfalls rätselhaft. Zumal im übrigen Bereich des Titelblattes weiterhin die alte Schrifttype benutzt wird. Wenn schon (ohne Not) modernisieren, dann wenigstens konsequent. Da diese Schrift das Heft sehr gut lesbar macht, sollte meiner Meinung nach der Farbbalken des Titelblattes in puncto Schrifttype keine Ausnahme machen. Ansonsten

fi nde ich die eher dezenten Änderungen des Layouts im Innenteil sehr gelungen. Da möchte ich Euch, und speziell dem Layouter, mein Lob aussprechen. Aber bitte tut mir einen Gefallen und kehrt beim Farbbalken des Titelblattes zum bewährten Design zurück.

Rainer Bergmann, Oberhausen

Viel Platz benötigendes Layout

Ausgezeichnet fand ich den Bericht über Herrn Pauler in Heft 1/04. Flüs-sig geschrieben, gut bebildert und gut gedruckt. Vielleicht hat mich das Thema auch als Techniker besonders angespro-chen, zumal wir beim VEB Deutsche Schallplatten deutlich früher (über ein Jahrzehnt!) fast als Pioniere in diese Technik eingestiegen sind. Das Layout des Artikels ist ausgezeichnet, geht aber recht großzügig mit dem Platz um. Das gleiche gilt für den Artikel „Eine Frage der Einstellung“, einschließlich der sehr fetten Überschrift. Hier sehe ich durch-aus noch Möglichkeiten, zusätzliche Themen unterzubringen.

Gerhard Hohmuth, Berlin

Großer Schritt nach vorn

Die letzte Ausgabe der analog aktuell war eine positive Überraschung. Selten habe ich eine Ausgabe in der Hand gehabt, die ich von Anfang bis Ende durchgelesen habe. Sowohl die Texte als auch die opti-sche Aufbereitung der Themen ist ausge-sprochen gelungen. Das neue Layout ist professionell gemacht. Endlich hält man ein Heft in Händen, das einen richtig „anmacht“. Die Mischung der Geschich-ten ist gelungen. Hintergrundstories wie die über Mobile Fidelity Sound Lab oder Interviews wie das mit Norbert Lehmann

machen Spaß zu lesen. Ich kann die Redaktion nur beglückwünschen – ana-log aktuell hat einen großen Schritt nach vorn gemacht. Nur eines würde ich mir für die Zukunft wünschen: Spendiert den Schallplatten einige Seiten mehr und stellt noch ein paar davon vor. Letztlich geht es doch immer nur um gute Musik. Und von Empfehlungen, wie Ihr sie im letzten Heft gegeben habt, kann man nicht genug bekommen.

Achim Schneider, Siek

Klasse von A bis Z

Die neue analog aktuell lag am Freitag im Briefkasten. Und ich muss sagen, dass es – ohne hier überschwänglich lobhudeln zu wollen – die BESTE aa ist, die ich bis-her in den Händen halten durfte. Wirk-lich klasse von A bis Z. Ich bin zugegeben nicht wenig stolz darauf, Teil des Redak-tionsstabes zu sein.

Holger Trass, Rüsselsheim

Ihre Zuschriften erreichen uns …

auf dem Postweg:Redaktion analog aktuellJoachim BungStichelwiese 2 b61389 Schmitten

oder als E-Mail mit vollständiger Anschrift und Telefon-Nummer unter der Adresse: [email protected]

Wir freuen uns über jeden Leser-brief. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften zu kürzen.

Anschri f t der Redak tion

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ANALOG AKTUELL 3/2004 7F O R U M

Gehört und gesehen

Evolution in Rot

Nach dem Classic-Tonarm hat der Solinger Plattenspielerspe-zialist Thomas Scheu nun seinen Top-Tonarm Tacco kräftig überarbeitet. Neben der Kabelführung bezog sich die Evolution hauptsächlich auf das Tonarmlager. Dabei wurde das bewähr-te Spitzenlager durch ein noch besseres Lager aus Rubin und Saphir ersetzt. Als Lagerspitze sitzt eine 2 Millimeter große Rubinkugel auf einem Hartmetallstift. Als Lagerschale dient ein Leukosaphir, der in die Wolframbasis des Tonarms ein-gepresst ist. Laut Scheu führen diese Maßnahmen zu deutlich besserer Räumlichkeit, gesteigertem Aufl ösungsvermögen sowie besserer Artikulation bei der Stimmwiedergabe. Alte Tacco-Varianten sind auf das neue Lager umrüstbar. Für den Cantus-Tonarm ist ein Umrüstkit dieses sehr hochwertigen Lagers ebenfalls in Vorbereitung. Gleichfalls überarbeitet wurde der große Scheu-Benz-Tonabnehmer. Er trägt nun die Bezeichnung „Ruby3 LP“ . Info: Thomas Scheu, Telefon: 0212-38085830 oder www.scheu-analog.de tb

Oben: Die Rubinkugel des Tonarmlagers, das den Spitzentonarm Tacco (unten) von Thomas Scheu deutlich aufwertet

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ANALOG AKTUELL 3/200410 F O R U M

Ihre Augen werden Ohren machen…

Folienumschnitte von Tonträgern – ein spezielles Angebot für AAA-Mitglieder

Text: Wilfried Zahn

Was soll das denn schon wieder heißen, wird sich mancher bei dieser Überschrift fragen. Ganz einfach –

die AAA möchte Ihnen, lieber Leser, ein ganz besonderes Angebot machen: Lernen Sie die Schallplatte

in ihrer bestmöglichen Form kennen, jedes Stück ein Unikat, individuell für Sie hergestellt. Ich spreche

von Lackfolien, im angelsächsichen Sprachgebrauch und in Sammlerkreisen auch Acetates genannt.

Normalerweise ist die Lackfolie der Mastertonträger, von dem auf galvanischem Wege die Pressmatrizen

zur Vervielfältigung der Vinylplatten gewonnen werden. Direkt bespielt und direkt wiedergegeben stellt

sie jedoch die hochwertigste Schallplatte dar, die man sich vorstellen kann und deren Qualität die der

gepressten Vinylplatte um einiges übertrifft.

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ANALOG AKTUELL 3/200412 F O R U M

Es dauerte keine zwei Jahre, bis man mir das nächste technische Wunderwerk schenkte. Damals vermachte mir mein Schwager sein gebrauchtes Tonbandgerät, ein Telefunken magnetophon 200: Ein Einmotorengerät in Monoausführung mit Kombikopf und einer Bandgeschwindigkeit von 9,5 cm/sec. Dass dieses Teil noch nicht die damals viel beschworene DIN-Norm 45 500 und High Fidelity „drauf“ hatte, sei hier nur am Rande erwähnt. Mit einem dreipoligen DIN-Kabel in Monoausführung nahm ich von meinem damaligen Kofferradio (ITT Schaub Lorenz) auf, und – welch Wunder – im Gegensatz zum „Knipser“ waren diese Aufnahmen sogar was geworden. Da die Kopie auf Lang- oder Doppelspielband auch nicht viel schlechter als das Gedudel des Breitbandlautsprechers im Kofferradio klang, gab ich mich zufrieden. Über die highfi dele Welt dachte ich damals noch nicht nach. Was ich aber seinerzeit noch nicht ahnen konnte: Es war der Einstieg in das Hobby „Musik“ – sowohl aufnahme- als auch wiedergabetechnisch.

Weit reichende fi nanzielle Konsequenzen

In den folgenden Jahren hatte dies weit reichende fi nanzielle Konsequenzen. Aber mal unter uns Hobbyisten gesagt: Wel-che Liebe kostet denn kein Geld, und in welchem Portmonee herrscht keine „Krötenwanderung“? So begleiteten mich in der Folgezeit nicht weniger als 13 weitere Tonbandgeräte unter-schiedlicher Hersteller – mit heutiger Technik verglichen wahre

„Diana“ bekam ich am 2. Mai 1972 anlässlich meiner Konfi rmation. Wer jetzt an eine verstorbene britische

Prinzessin denkt, deren Schicksal noch Jahre später diverse Adelsreporter und Berichterstatter von

Königshäusern außerplanmäßig beschäftigte, liegt allerdings falsch. Diana war der Name eines einfachen

Fotoapparates, eines „Knipsers“, den ich an besagtem Freudentag im Gabenkorb fand. Ich war damals

zuweilen etwas ungeduldig. So wollte ich bei meinen ersten Gehversuchen mit dieser Möchtegern-Kamera

auch fl ugs sehen, ob die geschossenen Fotos etwas geworden waren. Ahnungslos öffnete ich die Klappe,

unter welcher der Film versteckt war. Na ja, den Rest kann man sich ja denken. Dennoch: Es war mein

erster Ausfl ug in die Welt der Technik.

Mein Einstieg in das Hobby HiFi-Technik Mehr als zwanzig Meter HiFi-Fachzeitschriften, Fachbücher und Kataloge gesammelt

Text: Uwe Mehlhaff, Fotos: Joachim Bung

Fossile. Derzeit besitze ich lediglich noch eine Tandberg TD 20 A-SE sowie eine Teac A-7300 RX. Vor kurzem habe ich übri-gens eine Tandberg TD 20 A verschenkt, die ihren Ruhestand in meinem Vorratslager verbrachte. In den letzten beiden Jahren habe ich günstig Rundfunkbänder, größtenteils nagelneu oder nur einmal bespielt, aufgekauft. Es ist jammerschade – mir fehlt leider berufsbedingt die Zeit, diese zu bespielen. Auch wenn es scherzhaft heißt, der Tag habe immerhin 24 Stunden, und wenn das noch nicht reicht, nehme man noch die Nacht hinzu: Die Zeit lässt sich leider bislang nicht klonen.

Schließlich kam „meine“ Zeit mit der Kompakt-Kassette. Ich brauchte, da ich per Fernstudium einen Fremdsprachenkurs belegte, einen kleinen Kassettenrecorder. Das Ergebnis war ein transportables Stereoteil von ITT (Modell 720). Fehlende Rauschunterdrückung und fummelige Bedienung vergraulten den Spaß an diesem Gerät, das ich nach rund einem Jahr wieder veräußerte. Erste highfi dele Genüsse auf Kassette vermittelte 1978 ein Dual C 939. Es handelte sich um ein Autoreversegerät für Aufnahme und Wiedergabe und eines der ersten auf dem Markt mit mehrfarbigen LED-Ketten als Aussteuerungsanzeige. In der Folgezeit begleiteten mich noch 16 weitere Kassettenrecorder unterschiedlichster deutscher und asiatischer Hersteller. Acht dieser analogen Aufnahmekünstler besitze ich heute noch.

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ANALOG AKTUELL 3/200416 F O R U M

Die meisten von uns haben es ja sicherlich schon bemerkt. Den Langspielplatten ist es in den letzten Jahrzehnten wie den Säcken bei Max und Moritz ergangen: Sie wurden immer leichter. Davon gibt es zwar Ausnahmen, aber die bestätigen die Regel umso stärker. Los geht es bei meiner Untersuchung von Plattengewichten mit LPs von der Mitte der sechziger Jahre. Die meisten Platten aus dieser Zeit bringen ein Gewicht von 140 bis 160 Gramm auf die Waage. Sie sind meist sehr laufruhig und klingen recht gut.

Am Beginn der siebziger Jahre geht das Gewicht der Langspiel-platten auf 130 bis 150 Gramm zurück. Mitte der Siebziger sind wir schon bei 120 bis 130 Gramm Granulat pro LP. Die erste Ölkrise, die den Plattenrohstoff Vinyl deutlich verteuert, und das Einsparen von Transportkosten dürften dafür ausschlagge-bend sein. Bis Ende des Jahrzehnts hat sich das Gewicht bei 120 Gramm eingependelt. Phonogram und CBS liegen bei zirka 115 Gramm, US-Pressungen in meiner Sammlung noch darunter. So beträgt das Gewicht der extrem leichten Dynacord-LPs von RCA nur noch zwischen 100 und 110 Gramm.

Anfang bis Mitte der achtziger Jahre pendelt das Gewicht der Pressungen zwischen 110 und 115 Gramm. So langsam kommt die CD in die Startlöcher, und beim Plattenpressen muss es immer noch weniger Material sein. Phonogram und CBS haben nur noch zirka 104 bis 106 Gramm Granulat pro Platte übrig. Die anderen Firmen liegen in der Regel zwischen 106 und 110 Gramm. Während man bis Ende der Siebziger meist noch zufrieden mit der Pressung und ihrem Klang sein kann, so lässt dieser jetzt deutlich nach. Am schlimmsten sind CBS- und Phonogram-Pressungen aus den Niederlanden. Bis Mitte der neunziger Jahre kann man viele neue Pressungen in der Pfeife rauchen. Dazu ein paar Beispiele aus meiner Erfahrung:

Als bekennender Fan der Scorpions (sorry, bin ein norddeut-sches Kind) habe ich Ende der achtziger Jahre eine Menge LPs dieser Gruppe als fabrikfrische Nachpressungen gekauft. Diese Scheiben von EMI haben etwa zwischen 118 und 122 Gramm

Hallo, liebe Freunde des guten alten Vinyls: Was kann ein Verrückter wie ich mit meinen 2 500 LPs und

einer Briefwaage anfangen? „Um Gottes willen“, werdet Ihr Euch jetzt vielleicht sagen. Doch ich meine es

ernst. Das Thema ist längst nicht so langweilig, wie es zunächst anmutet …

Schallplatten, ihr Gewicht – und ein Sammler mit zu viel Zeit?Text: Holger Hippen, Foto: Joachim Bung

Ganze 76 Gramm wiegt diese US-LP, die Holger Hippen wie eine Folie biegen kann

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ANALOG AKTUELL 3/200418 F O R U M

Hat auch als DJ Platten aufgelegt: Stefan Maierhofer

Wer an edlen Plattendrehern und anderen High-End-Preziosen vorbei auf die Plattenständer im Ambiente eines Wohnzimmers zusteuert, stößt dort auf neues wie gebrauchtes „schwarzes Gold“, und zwar sehr unterschiedlicher musikalischer Rich-tungen. Klassik und Jazz, aber auch Hiphop ist dabei – was nicht wundert, wenn man weiß, dass der Inhaber sein Studium als Wirtschaftsingenieur mit Plattenaufl egen verdient hat. Ein besonderes Kapitel bedeuten die „Rock Originals“ – klassische LPs aus den stilbildenden sechziger und siebziger Jahren, die mittlerweile ihre ganz eigene Geschichte haben. Viele Cover

Kein Schild deutet von außen auf das vinyle Angebot hin. Viel Reklame braucht Stefan Maierhofer für

seinen „Schallplattenladen“ auch nicht zu machen. Die Kunden entdecken auch so die Geschäftsräume in

einem bürgerlichen Wohnviertel im Westen von München. Zu fi nden sind sie im rückwärtigen Teil des

„HiFi-Ladens“ von Partner Willibald Bauer.

Die Chemie mit den Kunden muss stimmen Netten Menschen gibt Schallplatten-Händler Stefan Maierhofer eine ganze Kiste Vinyl mit nach Hause

Text und Fotos: Joachim Bung

und Label tragen illustre Namen, sei es Atlantic, Decca, EMI, Mercury, MFSL, RCA oder Verve.

Den Laden – dessen markantes Logo an die Lakritzschne-cken erinnert, welche die AAA auf ihren analog foren verteilt – betreibt Maierhofer als sein engagiertes Hobby. Unter der Woche verdient der sportlich wirkende 45jährige mit den kurz geschorenen Haaren in der Computerbranche sein Geld. Die Beratung der Schallplatten-Kunden „vor Ort“ überneh-men derweil Marcus Himmelreich als Spezialist für Jazz und Hubert Hoffmann, der die Klassik abdeckt. Beide Vinyl-Bera-ter spielen ein Instrument und verstehen – wie übrigens auch Willibald Bauer, mit dessen high-fi delen Aktivitäten sich durch die räumliche Nachbarschaft manche Synergien ergeben – sehr viel von Musik.

Nicht nur auf qualifi zierte Verkäufer, sondern auch auf die Qualität des Sortiments und die Ladeneinrichtung legt Mai-erhofer gesteigerten Wert. Für professionelle Vinylreinigung stehen Maschinen von Clearaudio und Loricraft bereit – „ein Service, der bei meinen Kunden sehr gut ankommt“. Wer interessante LPs ausgiebig anhören möchte, kann dies mit dem Kopfhörerverstärker von Norbert Lehmann und dem Kopfhörer Grado HP 325 tun. Neuester Knüller im Laden ist der „Plattenbügelservice“ mit dem Plattenbügler ORB von Air Tight, den wir in dieser Ausgabe ausführlich vorstellen. „Funk-tioniert wirklich bestens“, meint Maierhöfer. Gebrauchtes Vinyl kauft der drahtige Inhaber, der berufl ich viel herumkommt, nur selektiv an. „Ich zahle aber dann sehr gut.“ Penibel sind die Zustandskontrollen. Für alle gebrauchten Schallplatten gilt ein uneingeschränktes Umtauschrecht.

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ANALOG AKTUELL 3/200420 F O R U M

„Falls das stimmte, müsste der Verein das Waschen von LPs einstellen, um Regressforderungen zu vermeiden.“ Verwundert äußert sich Klaus Röder über den Beitrag „Alkohol als Täter“ in der letzten Ausgabe, der einen 1976 in der US-Zeitschrift „Audio Magazine“ erschienenen Artikel von B. V. Pisha aus-zugsweise zitiert. „Danach soll sogar das Waschen mit Wasser Stabilisatoren und andere Stoffe aus dem Vinyl herauslösen.“

Röder weist auf eine Verträglichkeitsstudie hin, die im Mit-teilungsblatt unserer Schwesterorgansation AAA-Switzerland erschienen ist und – hübsch gereimt – zu folgendem Schluss kommt: „Mine Platte isch es wohl mit em Isopropanol“. Begründet wird dieser Spruch mit der marginalen Gewichts-abnahme von Vinylstückchen selbst nach einem 72stündigen ununterbrochenen Bad in Isopropanol. „Wer noch schonender waschen will“, so unser LP-Börsenchef, „nehme Ethanol-Lösung“. Ähnlich kritisch äußert sich gegenüber der Redaktion unser schweizerischer Leser Daniel Jauslin, der den erwähnten Beitrag „Vinyl und Alkohol – eine Verträglichkeitsstudie“ verfasst hat: „Der Artikel darf nicht unwidersprochen blei-ben. Dass diverse Alkohole und vor allem andere organische Lösungsmittel die Schallplatte beschädigen, ist zwar richtig. Aber es ist nötig, dieses Problem differenziert zu betrachten.“ Im folgenden schreibt Jauslin:

„Die meisten organischen Lösungsmittel wie Aceton, Ester, Aro-mate oder Toluol zerstören das Vinyl innerhalb von Sekunden. Von den Alkoholen ist lediglich der Methylalkohol (Methanol), auch kurzzeitig angewendet, gefährlich. Methanol löst sehr schnell Bestandteile aus dem Vinyl und letztendlich dieses auch auf. Ethanol ist am unbedenklichsten, aber teuer. Isopropanol ist nur gefährlich, wenn es bei Temperaturen von über 40 Grad Celsius angewendet wird. Dann zerstört es die LP langsam. Da eine alkoholhaltige Waschlösung vernünftigerweise ohnehin höchstens 50 Prozent Isopropanol enthält (mehr bringt näm-lich gar nichts!) und eine Platte normalerweise nicht darin auf-

Ehrenrettung für den Alkohol Starkes Echo auf analog aktuell-Beitrag „Alkohol als Täter“

Redaktionelle Zusammenfassung: Joachim BungFotos: Ansgar Hecker, Joachim Bung

Inhaltsstoffe der Waschfl üssigkeit: doppelt destilliertes Wasser, Isopropanol und Netzmittel

AAA-Experte für das Plattenwaschen: Klaus Röder

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ANALOG AKTUELL 3/2004 23F O R U M

Basislektüre und Einkaufsberater Kaum zu glauben, aber wahr: nach vielen Jahren gibt es ein neues Buch über Plattenspieler Text: Holger Trass

Was es das letzte Mal wohl höchstens Anfang der achtziger Jahre noch gab, ist jetzt wieder zu haben: ein handliches Werk über Plattenspieler. Besonders geeignet erscheint mir das Taschenbuch mit dem Titel „Plattenspieler – Die neuen Kultmaschinen“ – das kann ich vorausschicken – als Basislek-türe und Einkaufsberater für Neu- und Wiedereinsteiger. Es ist exakt auf die Belange dieser Käuferschaft zugeschnitten.

Das erste Kapitel widmet der freie Autor und Vinyl-Liebhaber Ulli Zauner der Geschichte der Tonaufzeichnung. Auf den zwanzig fl üssig und sehr unterhaltsam geschriebenen Seiten wird natürlich auch die Entwicklung der Plattenspieler skiz-ziert und diese mit Bildern, beispielsweise von einem Trichter-grammophon oder dem Dual-Klassiker 1019, illustriert. Ein generelles Wort zu den Abbildungen: Es handelt sich zwar durchweg um meist nicht besonders große Schwarz-Weiß-Bil-der. Sie zeigen aber trotzdem genügend Details und sind für ein preiswertes Buch dieser Art durchaus angemessen.

Im zweiten Kapitel geht Zauner dann kurz auf die Belange der DJ-Szene ein. Die dazugehörige Hardware wird an Hand von Technics- und Ortofon-Produkten in Wort und Bild vorge-stellt. Produkte also, welche die meist zur jüngeren Generation gehörende Klientel favorisiert. Tja, und danach geht’s auch schon sehr ausführlich in medias res. Drei Kapitel beschäftigen sich mit Plattenspielern von NAD und Pro-Ject bis zu denen von Clearaudio und Transrotor, also von den Einsteigermo-dellen über die „Oberstufe“ bis zu den High-Endern. Auf viele Modelle geht das Buch intensiver ein. Auch das dazu gehörige Zubehör wie die Pro-Ject Speedbox oder das Netzteil „Fein“ aus dem Hause Transrotor vergisst der Autor nicht zu erwähnen.

Etwas schade fi nde ich, dass Zauner ausgerechnet bei der Marke Thorens – meinem persönlichen Liebling sozusagen – nur das Einsteigermodell TD 170 näher beschreibt. Der TD 295 Mk. III wird zwar ebenfalls in einem – leider viel zu kleinen – Bild gezeigt. Aber weder der 170 noch der 295 sind nach Ansicht vieler Kenner und Liebhaber des Namens Thorens würdig. Und mit den „New Line“-800er-Modellen hat die Traditionsfi rma doch auch ganz andere Eisen im Feuer.

Tonabnehmer – sehr ausführlich, Respekt – und Tonarme wer-den in je einem eigenem Kapitel besprochen. Beim erstgenann-ten Thema bekommen Einsteiger auch einen umfassenden Überblick über das Innenleben eines modernen Pickups und seine Funktionsweise sowie natürlich auch einen Exkurs über verschiedene Nadelschliffe. Selbst die heute wirklich seltenen Mono-Tonabnehmer erhalten die ihnen zustehende Würdi-gung. Dass eine Abtastnadel nur eine Lebensdauer von 250 bis 500 Stunden hat, ist jedoch eine Fehlinformation – denn das gilt nur für DJs. „Normale“ Hörer dürfen ihre diamant-bestückten Kleinode 1 000 Stunden und mehr genießen, ohne dass die Klangqualität merklich nachlässt.

Das neue Plattenspielerbuch von Ulli Zauner

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ANALOG AKTUELL 3/2004 25F O R U M

Durch Zufall die „Wertanlage“ gefunden

Düsseldorfer Vinyl-lebt- und Analog-Stammtisch mit neuem Treffpunkt

Text und Fotos: Frank Madel-Bräutigam

Was tun? Unser alter Treffpunkt für den Düsseldorfer Analog-Stammtisch, das „Krönchen“, hatte Ende

Mai für immer seine Pforten geschlossen. Diese einzigartige Künstlerkneipe wartete mit dem wohl kleinsten

„Plattenladen“ Deutschlands auf – einer alten englischen Telefonzelle mit Schallplatten und Pfl egemitteln.

Auch sonst ließ das besondere Ambiente des Lokals das Herz der Stammtischler höher schlagen. Schöne alte

Plattencover aus dem Jazzbereich, natürlich mit Inhalt, zierten geschützt in Kunststoffhüllen die Wände.

Außerdem verlieh Livemusik – ich gebe zu, fast immer dieselben Bluesgeschichten – dem „Krönchen“ die

besondere Note.

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ANALOG AKTUELL 3/200428 E V E N T S

Eine Lanze für die analoge Sache Mehr Besucher und mehr Interesse beim zweiten Hamburger analog forum

Text: Thomas Schmitz, Fotos: Thomas Broszio, Joachim Bung

„Manche der Gäste, die am Samstag unseren Raum besuchten, kamen am Sonntag begeistert wieder und

brachten ihre Schallplatten mit.“ Zufrieden zeigt sich Alexander Voigt, der den englischen HiFi-Hersteller

Audio Note in Deutschland vertritt, mit seiner Beteiligung am analog forum unseres Vereins in Hamburg.

Die Resonanz auf seine Vorführungen an den beiden Messetagen im September, bei denen ihn seine Frau

Adelheid tatkräftig unterstützte, bezeichnet er als „sehr gut“. Ähnlich die Stimmen der anderen Aussteller:

Kurt Olbert von Clearlight Audio zum Beispiel ist die Fachkompetenz der Besucher und ihr ganz gezieltes

Interesse aufgefallen. „Die Leute blühten geradezu auf im gegenseitigen analogen Gedankenaustausch.“

Wolfgang Borchert vom HiFi-Studio Bramfeld empfand das Forum „deutlich professioneller als im Vorjahr“

und von der AAA „hervorragend organisiert“.

H A M B U R G

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ANALOG AKTUELL 3/2004 29F O R U ME V E N T S

Bevor aber die Besucher ins Novotel am Hamburger Airport strömen können, ist für die Verantwortlichen des Vereins harte Arbeit angesagt. Bereits am Donnerstag abend treffen vom AAA-Vorstand Norbert Bürger und Peter Schappach bei mir in Bad Hönningen ein, um ihr Hab und Gut in dem schon bereit stehenden, mit viel Technik, Platten sowie diversen Flaschen „Vinylissimo“ beladenen AAA-Großraumanhänger zu verstau-en. Nach einer kurzen Nacht brechen wir am Freitagmorgen in Richtung Hamburg auf. In Bielefeld nehmen wir neben den bereits im Hänger befi ndlichen Tonband-Studiomaschinen von Nagra und Studer eine weitere Studer A 807, eine Akai GX 635 und diverse Messausrüstung von unserem Mitstrei-ter Andreas Gößling mit an Bord. Als wir am Abend mit der analogen Fracht im Novotel Hamburg ankommen, sind das Hamburger AAA-Team, unsere Forums-„Stammbesatzung“ und die Aussteller schon fl eißig mit dem Aufbau beschäftigt. Die Arbeiten, bei denen auch wir kräftig mit anpacken, dau-ern bis in die Nacht. Erst morgens um fünf Uhr können wir in unseren neuen dunkelblauen AAA-Poloshirts, die gleichfarbige AAA-Baseball-Cap lässig ins Gesicht geschoben, mit einem Glas Wein auf die Fertigstellung anstoßen!

Eine Mütze Schlaf, dann wird samstags um halb neun in unserer „VIP-Lounge“ Kriegsrat gehalten. Prioritäten werden gesetzt, Aufgaben verteilt. Im Foyer geben das Team um Lilo Hebel und Rainer Bergmann sowie die Hamburger AAA’ler Christian Burchardt, Oliver Hartmann, Wolfgang Heise, Arne Ostermann, Michael Reimers und Uwe Schade dem Empfangs-bereich und den Ständen für neue und gebrauchte Schallplat-ten den letzten Schliff. Schließlich zeigt die Uhr zehn. Sollte um diese Zeit nicht die offi zielle Eröffnung sein? Ehe wir es uns versehen, herrscht Besucherandrang in der Hotelhalle! Bald dringen aus den Vorführräumen Musik und informative Gespräche. Manche der Aussteller propagieren ihre Produkte nebst Zubehör mit vollem Körpereinsatz, andere beeindrucken die Gäste allein mit der aufgebotenen HiFi-Kette und vielen Informationen rund um die Technik und die Musik.

Messehostess Steffi Pick empfängt die Besucher

Bild Seite 28: Laufwerk Reference II von Rolf Kelch mit Tonarm SME V

Oliver Hartmann (rechts) verpackt das schwarze Gold

Arne Ostermann (links) mit Besuchern an der Infotheke

Holger Barske von der Redaktion „LP“ (links) im Gespräch mit AAA-Autor Thomas Broszio

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ANALOG AKTUELL 3/200434 T I T E L

Wie von Geisterhand gesteuert Neue Schallplatte von Tacet mit Aufnahmen auf dem faszinierenden Welte-Mignon-Klavier

Text: Hans-Wilhelm Schmitz, Fotos: Ansgar Hecker, Jochen Trabant

Das ist keine historische Aufnahme. Und dennoch ist die Klaviermusik, die Sie auf der neuen Schallplatte der

Stuttgarter Musikproduktion Tacet hören können, eine in allen Feinheiten der Rhythmik und der Dynamik

originalgetreue Interpretation aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Enrique Granados, der Pianist von

damals, war bei der Arbeit von Tonmeister Andreas Spreer in der Frankfurter Festeburg-Kirche anno 2003

quasi mit dabei – obwohl er bereits 1916 bei einem Schiffsunglück gestorben ist. Möglich macht dies ein so

genannter Welte-Mignon Vorsetzer, der den modernen Steinway-Flügel spielt. Gesteuert wird die Apparatur

über spezielle Tonrollen, die der Musiker und Komponist Granados bereits vor über 90 Jahren bespielt hat.

Es ist schon ergreifend, nicht von einer kratzenden Schellack, sondern in bester HiFi-Qualität zu erfahren,

welche Musikauffassung die damaligen Interpreten hatten, und wie vor nahezu einem Jahrhundert Klavier

gespielt wurde.

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ANALOG AKTUELL 3/2004 35F O R U MT I T E L

Cover der neuen Tacet-LP mit Enrique Granados

Im Jahre 1904 erlebte die Musikwelt eine Sensation. Die schon damals für ihre automatisch spielenden Salonorgeln bekannte Freiburger Firma Michael Welte & Söhne, die 1836 zur Produk-tion von Spieluhren gegründet worden war, ließ bei öffentlichen Konzerten ein Klavier auf dem Podium spielen, an dem kein Pianist saß. Wie von Geisterhand gesteuert spielte das Klavier klassische Musikstücke in der Interpretation berühmter Pia-nisten. Für das Publikum war es ein Rätsel, wie man mehrere große Klaviervirtuosen nacheinander in ihrer vollen Eigenart spielen hören konnte. Die Presse berichtete von einer verblüf-fenden, ja fast erschreckenden Wirkung. Bald war von einem achten Weltwunder die Rede.

Was war geschehen? Zu einer Zeit, in der die Speicherung und Wiedergabe von Musik noch in den Kinderschuhen steckte, hatte das Unternehmen ein Verfahren erfunden, das die bereits bekannten, aber wegen ihrer unzureichenden Technik in Musik-kreisen verpönten „elektrischen Klaviere“ mit einem Schlag in den Schatten stellte. Die von Welte entwickelten Apparate waren in der Lage, das persönliche Spiel eines Pianisten mit all seinen Feinheiten, Tempoveränderungen und Lautstärkeschattierun-gen aufzunehmen und zu jedem beliebigen Zeitpunkt wiederzu-geben. Der Wiedergabemechanismus wurde unter dem Namen „Welte Mignon“ patentiert. Berühmte Hersteller wie Steinway, Bechstein, Blüthner oder Ibach bauten ihn in ihre Klaviere und Flügel ein. Gebräuchlicher und ein noch größeres technisches Wunder war aber der erwähnte Vorsetzer – für Benutzer, die bereits über ein Klavier verfügten. Er wurde an das Instrument angedockt und spielte mit befi lzten Holzfi ngern auf dessen Tastatur!

Steuerung über Lochstreifen

Der Vorsetzer funktioniert auf pneumatischem Weg. Dazu treibt ein Elektromotor eine Vakuumpumpe an. Wichtige Teile des hoch komplizierten Geräts sind der so genannte Skalenblock, welcher die Musik aus der Notenrolle liest, und die Bedienungs-einheit, welche die Tasten und Pedale des Klaviers betätigt. Die Spieldauer der Welte-Tonrollen beträgt maximal 15 Minuten. Längere Musikstücke wie Sonaten wurden über zwei bis drei Rollen aufgenommen. Diese bestehen aus Papierbändern in der Art von Lochstreifen. Je nach Typ enthalten die Bänder 80 oder 88 Steuerspuren für die einzelnen Klaviertöne. Die Ränder tragen weitere Spuren zum Steuern der dynamischen Feinheiten und zum Betätigen der Pedale.

T

Kleine Abbildungen: Motive weiterer geplanter Tacet-Tonträger mit dem Welte-Mignon-Klavier

Welte-Mignon-Experte Hans-Wilhelm Schmitz

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ANALOG AKTUELL 3/2004 41F O R U MT E C H N I K

Da sind wir aber platt! Der 2 500 Euro kostende „Plattenbügler“ von Air Tight kann vieles, aber nicht alles

Text und Fotos: Thomas Broszio

Wer sich für Vinyl begeistert, dem bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, seine Platten zu hegen und

zu pfl egen. Das fängt bei japanischen Antistatikhüllen an, geht über Pfl egemittel mit geheimnisvollen

Rezepturen und hört bei professionellen Waschmaschinen und diversen Waschfl üssigkeiten noch lang nicht

auf. Sauber wird das „schwarze Gold“ mit den bekannten Methoden auf jeden Fall. Aber bekommt man

eine Langspielplatte auch wieder völlig plan, wenn Verwellungen oder Höhenschlag den Tonarm in eine

Berg- und Talfahrt versetzen oder ihn gar aus der Rille werfen? Die japanische Firma Air Tight hat sich

des Problems angenommen und einen „Plattenbügler“ entwickelt. Auf der High End in München hat das

interessierte Publikum ihn erstmals bestaunen können.

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ANALOG AKTUELL 3/200444 T E C H N I K

Die Nadelabnutzung von Schallplatten-AbtastsystemenText: Gerhard Hohmuth

Im VEB Deutsche Schallplatten wurde die Nadelabnutzung von Schallplatten-Abtastsystemen ausführlich

untersucht. Ein Teil dieser Arbeiten erfolgte als Vertragsentwicklung für den VEB Funkwerk Zittau. Es sollte

festgestellt werden, welche Parameter den Verschleiß der Nadel hauptsächlich beeinfl ussen. Als Maßstab

für den Verschleiß wurde das Abschliffbild gewählt. Weiterhin wurden Zusammenhänge zwischen

dem Abschliffbild der Nadel und der elektroakustischen Qualität sowie mögliche Beschädigungen der

Schallplatten beim Abspielen mit beschädigten Nadeln untersucht.

Schallplattenabtaster werden heute mit Abtastnadeln aus Saphir (synthetischer Korund) oder Diamant ausgerüstet. Damit ist eine Entwicklung im wesentlichen abgeschlossen, an der seit dem Einführen der Schallplatte gearbeitet wurde. Die Aufgabe der Nadel besteht darin, die in der Schallrille enthaltenen Auslenkungen abzutasten, um sie über geeignete Übertragungsglieder dem eigentlichen Wandler zuzuleiten, der eine der Nadelbewegung proportionale elektrische Spannung erzeugt. Für verzerrungsfreie Wiedergabe muss die Nadel in jeder Phase der Auslenkung einwandfrei folgen. Dies wird durch eine kugelförmige Nadelspitze erreicht. Bei den Nadeln wird an einem zylindrischen Schaft (0,5 ... 0,3 mm Ø) ein Kegel angeschliffen (Kegelwinkel ≈ 50°), der in einer Kugel endet, wobei nur diese Kugel den Kontakt zur Rille übernehmen soll (Bild 1). Nach der Einführung der Mikrorillentechnik in den fünfziger Jahren setzte sich der Saphir als Material für die Nadel durch. Der Verrundungsradius der angeschliffenen Kugelspitze beträgt etwa 25 µm. Die üblicherweise angegebene Betriebs-stundenzahl liegt über 100 Stunden.

Mit der Einführung der Zweikomponentenschrift musste der Radius der Nadelverrundung auf etwa 15 µm reduziert werden, um die vorher bei der Mikrorillentechnik erreichte Spieldauer je Plattenseite auch bei Stereoplatten beibehalten zu können. Zum teilweisen Ausgleich der durch die stärkere Krümmung der Nadelspitze erhöhten Beanspruchung von Rille und Nadel wurde die Aufl agekraft reduziert. Angestrebt wurde eine Aufl a-gekraft von maximal 5 p (5 cN).

Bereits bei der Einführung der Stereotechnik (1959 bis 1960) wurde festgestellt, dass Stereonadeln aus Saphir schon nach wenigen Betriebsstunden eine deutliche Veränderung der kugelförmigen Spitze aufweisen. Dagegen zeigten Nadeln aus Diamant einen bedeutend geringeren Verschleiß. Für die Ver-suche wurden als Abtastsystem das magnetische Stereosystem MS 5 und dessen Weiterentwicklungen MS 12 und MS 15 des VEB Funkwerk Zittau verwendet. Die Eigenschaften dieser Sys-teme sind bekannt [1] [2]. Alle Abnutzungsversuche wurden mit einem Einfachplattenspieler Ziphona P 14 durchgeführt. Für die Abschliffversuche fanden normale Musikschallplatten

Fortsetzung der Grundlagenserie

In Ausgabe 3/2003 haben wir einen Beitrag über die Abnutzung von Schallplatten veröffentlicht. Diesmal berichten wir im Rahmen unserer Grundlagenserie über die Nadelabnutzung von Abtastsystemen. Dabei greifen wir ebenfalls auf einen Fachartikel von Gerhard Hohmuth zurück. Der Artikel ist 1967 in der Zeitschrift radio und fern-sehen, heute rfe, erschienen (16. Jahrgang, Heft 20). Die Zeitschrift rfe, mit deren freundlicher Genehmigung wir den Beitrag abdrucken, kann bei der Huss-Medien GmbH, Am Friedrichshain 22, 10400 Berlin, bezogen werden. Internet: www.rfe-online.de

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ANALOG AKTUELL 3/2004 51F O R U MM U S I K

Australien ist nicht das Ende der Welt Longplays von „Buffalo“ und anderen Rockbands aus „Down Under“ sind wieder zu haben

Text und Illustrationen: Frank Becker

Angesteckt habe ich mich vor etwa 20 Jahren bei meinen beiden älteren Brüdern. Seitdem bin ich

„vinylkrank“. Obwohl Mitglied bei der AAA, zähle ich mich nicht zu den absoluten High-Endern. Van

den Hul, Clearaudio, Röhren-Monos, Studiomonitore und Klipschhörner – das ist alles schön und gut.

Plattenspielermäßig kann ich sogar mit einem Garrard 401, Tonarm SME 3012 S2 und Tonabnehmer Denon

DL 103 aufwarten. Ansonsten aber reizt mich die HiFi-Nobelklasse nur begrenzt. Ganz anders beim Thema

Schallplattenkauf aus internationalen Quellen, wie ihn ein Beitrag in analog aktuell 1/2004 geschildert hat.

Bei Rock-LPs aus entfernten Kontinenten wie Südamerika, Afrika oder Australien ist bei mir alles möglich:

vom Schweißausbruch bis zum Herzrasen.

Innenansicht der Klappcover-LP „Dead Forever“

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ANALOG AKTUELL 3/2004 55F O R U MM U S I K

Dennoch: Auch in der Deutschen Demokratischen Republik existierte schon lange Jahre, bevor Gruppen wie die Puhdys und Sänger wie Frank Schöbel über die Staatsgrenzen hinaus bekannt wurden, eine eigenständige, westlich orientierte Rock-musik. Dazu gehörte auch der so genannte „Big Beat“. Mit Beat als solchem hatte diese Musik allerdings nichts gemein. Big Beat war eindeutig Prä-Beatles-Musik, waren Gitarren-Instrumen-tals im Sound der englischen Shadows und schwedischen Spot-nicks, teilweise sogar Coverversionen ihrer Erfolgstitel.

Dass das ostdeutsche Arbeiter- und Bauernparadies und seine sozialistischen Bruderländer dem Westen musikalisch hin-terherhinkten (und dies für Rock ’n’ Roll-Freunde gar keinen Nachteil bedeuten muss), hatte ich bereits am Ende meiner Schulzeit bemerkt. Als Belohnung für’s Abitur durfte ich 1969 an Bord einer Iljuschin 18 Turboprop zum Badeurlaub nach Bulgarien fl iegen. Die progressiven Gruppen aus der Heimat im Ohr, war es für mich ein Erlebnis, in einer Tanzbar am Schwar-zen Meer von einer polnischen Formation noch mit viel Hall gespielte Gitarrenmusik geboten zu bekommen. Später hielt ich nach alten Schallplattenaufnahmen solcher Ostblock-Gruppen ständig Ausschau. Doch ohne verwandschaftliche Beziehungen

Auferstanden aus Archiven

Nach der Wende wieder entdeckt: „Big Beat“ mit Instrumentalgruppen aus der DDR und Tschechien

Text und Illustrationen: Joachim Bung

Was hinter dem Eisernen Vorhang in Sachen Rockmusik sich tat, hat während der Zeit des kalten Krieges

im Westen kaum einen Jugendlichen, geschweige denn eine Band interessiert. Kuriose Ausnahmen machten

ausgerechnet zwei Interpreten aus den Vereinigten Staaten. 1962, auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise,

widmete Bo Diddley seinen Titel „Mr. Khrushchev“ dem damaligen sowjetischen Staatschef. Drei Jahre

zuvor schon hatte Bobby Marchan, ein Sänger aus dem heißen New Orleans, den Ländern hinter Mauern

und Stacheldraht seine Referenz erwiesen. Auf dem lokalen „Ace“ Label nahm er den Titel „Rockin’ Behind

The Iron Curtain“ auf. Sein Ansinnen wird allerdings mehr Wunsch als Wirklichkeit gewesen sein …

nach „drüben“ blieb die Suche vergebens. Erste Mitte der acht-ziger Jahre entdeckte ich in einer (schwedischen!) Auktions-liste eine Wiederveröffentlichung der staatlichen Plattenfi rma „Amiga“. Die Langspielplatte, die Aufnahmen der DDR-Grup-pen „Sputniks“ sowie „Franke-Echo-Quintett“ enthält, konn-te ich schließlich ersteigern. Völlig daneben war allerdings das psychedelische Cover im damaligen Zeitgeist, das zur Musik überhaupt nicht passt.

Was den Hamburgern der „Star-Club“ und den Frankfurtern das „Weindorf“ bedeutete, war für die Ost-Berliner der „Twist-Keller“. Hier gastierten seit 1959 die „Big Town Boys“ mit ihrem eng an die Shadows angelehnten Gitarrensound. Anfang 1964 wurde ein Produzent von Amiga auf den Jugendclub im Trep-tower Kreiskulturhaus und seine Hausband aufmerksam. Die Gruppe nannte sich inzwischen nach dem kürzlich gestarteten amerikanischen Nachrichtensatelliten „Telstars“. Doch der Amiga-Mann konnte sie davon überzeugen, sich in „Sputniks“ umzubenennen. Gegen den größten Triumph der russischen Raumfahrt als Namensgeber konnten schließlich selbst lini-entreue Genossen nichts einwenden. Damit war der Weg für Schallplattenaufnahmen frei.

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ANALOG AKTUELL 3/200458 M U S I K

Eine Vorbemerkung: Hier hören Sie reichlich Bass – wenn Sie so wollen – Referenz-Bass! Dirk Sommer vom image hifi ist nicht nur als Autor für analoge Themen in dem High-End-Magazin bekannt. Er hegt auch eine Vorliebe für Jazz und da vor allem für den Bass. So zupft er privat den Kontrabass und schreibt Jazzkritiken. Er hat sich mit dem Label Quinton in Verbindung gesetzt, um dessen reguläre Produktion auch auf Vinyl verfügbar zu machen.

Was er mag und was er für eine sehr gute Produktion hält, ist nur hörend nachzuvollziehen. So ist es ja eigentlich auch bei vielen anderen Dingen, von denen wir lesen. Die Hörerfahrung muss jeder selbst machen.

Puschnig, Swallow, Alias, Lewis – Grey

Hier hören Sie Referenz-Bass Empfehlung für eine LP von image hifi

Text: Alexander Bölts

Quinton – image hifi LP 005

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ANALOG AKTUELL 3/200460 M U S I K

Music was my fi rst love

Sieben Langspielplatten meiner Jugend zum Mitsingen – oder auch nicht

Text und Illustrationen: Rainer Bergmann

Manche Platten haben wir nicht geliebt, nein, wir haben sie vergöttert. Einige Platten waren absolut Kult.

Wer die nicht hatte, der brauchte mit dem Rest seiner mühsam zusammengesparten Sammlung gar nicht

mehr anzukommen. Der war unten durch. – Na ja, ganz so schlimm war es wohl nicht gewesen, aber

ein Körnchen Wahrheit steckt da schon drin. Ein paar Platten hatte „man“ ganz einfach. Und wer sie

nicht hatte, der wollte sie zumindest haben. Was übrigens zum Besitz dieser Scheiben dazugehörte, war

eine gewisse „Textsicherheit“. Denn bei den wirklich wichtigen Stücken war Mitsingen angesagt! Meine

Generation hatte die Texte immer parat, wir kannten die von diesen Platten. Und als letztens was davon im

Radio lief, da war alles wieder da: das Feeling und die Texte. Gelernt ist gelernt.

Barclay James Harvest – Gone To Earth

Diese hier war unsere defi nitive und amtliche Mitsingplatte! Wer den Text (vor allem) von „Hymn“ auf den Parties nicht lauthals mitsingen konnte, war so was von unten durch, „durch-er“ ging’s nicht. Den Text von „Love Is Like A Violin“ kannten wir natürlich auch, aber da war doch eher „Engtanzen“ ange-sagt. Zwar störten die schnelleren Stellen zwischendurch ein wenig, aber für schüchterne Teenies wie mich war das schon aufregend. Noch viel besser, fast schon so gut wie „Nights In White Satin“ (von den Moody Blues), war „Poor Man´s Moody Blues“. Aber auch alle anderen Songs hatten es uns angetan. Überhaupt hatte der Sound der Band was besonderes. Es gab zu der Zeit („Gone To Earth“ stammt von 1977) so gut wie keine Platte, an die ich mich erinnern kann, die mit so vielen schönen Titeln aufwartete. Andere Platten hatten schon mal drei oder vier gute Stücke. Bei nur einem oder zwei attraktiven Tracks wurde es aber kritisch: Dann war der Kauf einer Single deut-lich günstiger, und die LP blieb im Laden stehen. Bei „Gone To Earth“ aber war eigentlich jedes Lied gut. Und selbst die nicht so dollen hatten immer noch ein bisschen was. Ganz wichtig war übrigens die Plattenhülle. Echt war nur das originelle Cover mit dem Loch, in dem man nach Herumdrehen der Innenhülle die Eule verschwinden lassen konnte. Die Nachpressungen mit der aufgedruckten Eule waren halt nur zweite Wahl. Ein wich-tiges Argument, nur das Original zu kaufen.