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1 3 Zusammenfassung Hintergrund/Zielstellung Die Berücksichtigung der Be- dürfnisse älterer Kunden bei der Gestaltung von Fahrkar- tenautomaten und Internetauftritten von Verkehrsgesell- schaften ist wichtig, um diese Kunden nicht zu benachteili- gen. Daher sollte untersucht werden, inwieweit sächsische Verkehrsunternehmen auf Senioren als Kunden ausgerichtet sind und ihre Internetauftritte sowie Fahrkartenautomaten seniorengerecht gestaltet haben. Methodik/Stichprobe Insgesamt wurden 21 Unternehmen bzw. Verkehrsverbünde in die Untersuchung einbezogen. Mittels standardisierter Checklisten wurden 20 Internet- auftritte und 16 Fahrkartenautomatentypen hinsichtlich der Seniorenfreundlichkeit bewertet. Ferner nahmen 11 Unter- nehmen an einer standardisierten Befragung zur Ausrich- tung des Unternehmens auf Senioren teil. Ergebnisse Die Anpassung des Kontrastes und eine bar- rierefreie Umstellung waren nur bei einem Internetauftritt möglich. Bei der Befragung gab die Deutsche Bahn AG als einziges Unternehmen an, Leitlinien für die senioren- gerechte Gestaltung von Fahrkartenautomaten festgelegt zu haben. Bei den Internetauftritten besaßen 3 Unternehmen Leitlinien. Bei keinem der Automaten war eine Anpassung der Schriftgröße, des Kontrastes oder eine Sprachausgabe- funktion vorhanden. Diskussion/Schlussfolgerungen Die Ergebnisse zeigen, dass weiterhin Verbesserungsbedarf bei der seniorenge- rechten Gestaltung von Fahrkartenautomaten und Inter- netauftritten der Verkehrsunternehmen in Sachsen besteht. Ein guter Ansatz wäre die Festlegung von Standards oder Leitlinien für die seniorengerechte Gestaltung von Fahr- kartenautomaten und Internetauftritten. Schlüsselwörter Seniorenfreundlichkeit · Webseite · Fahrkartenautomat · Öffentlicher Personennahverkehr · Standards Analysis of senior friendliness of websites and ticket machines among public transport companies in Saxony Abstract Background/aims The specific requirements of elderly cus- tomers when they are using websites and ticket machines have to be considered by public transport companies to avoid discrimination of this group of customers. Therefore the study analyzed to what extent public transport com- panies in Saxony considered the requirements of elderly persons in designing websites and ticket machines. Methods/sample All 21 main public transport companies in Saxony were included. By using standardized check- lists the senior friendliness of 20 websites and 16 different types of ticket machine was investigated. In addition,11 companies took part in interviews related to their policies on elderly customers. Results Adjustment of contrast and switching to barrier- free presentation was only possible in one website. Only the German Railway Company (Deutsche Bahn AG) had defined guidelines for ticket machines related to the needs of elderly customers and three companies had defined guidelines to improve the senior friendliness of their web- HeilberufeSCIENCE (2012) 3:71–78 DOI 10.1007/s16024-011-0080-1 Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten der öffentlichen Verkehrsgesellschaften im Freistaat Sachsen Jennifer Ullrich · Jörg Klewer J. Ullrich, B.Sc. () · J. Klewer Fakultät Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Westsächsische Hochschule Zwickau, Dr.-Friedrichs-Ring 2a, 08056 Zwickau, Deutschland E-Mail: [email protected] Eingegangen: 26. September 2011 / Angenommen: 21. November 2011 / Online publiziert: 22. Dezember 2011 © Springer-Verlag 2011

Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten der öffentlichen Verkehrsgesellschaften im Freistaat Sachsen; Analysis of senior friendliness

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Page 1: Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten der öffentlichen Verkehrsgesellschaften im Freistaat Sachsen; Analysis of senior friendliness

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ZusammenfassungHintergrund/Zielstellung  Die Berücksichtigung der Be-dürfnisse älterer Kunden bei der Gestaltung von Fahrkar-tenautomaten und Internetauftritten von Verkehrsgesell-schaften ist wichtig, um diese Kunden nicht zu benachteili-gen. Daher sollte untersucht werden, inwieweit sächsische Verkehrsunternehmen auf Senioren als Kunden ausgerichtet sind und ihre Internetauftritte sowie Fahrkartenautomaten seniorengerecht gestaltet haben.Methodik/Stichprobe Insgesamt wurden 21 Unternehmen bzw. Verkehrsverbünde in die Untersuchung einbezogen. Mittels standardisierter Checklisten wurden 20 Internet-auftritte und 16 Fahrkartenautomatentypen hinsichtlich der Seniorenfreundlichkeit bewertet. Ferner nahmen 11 Unter-nehmen an einer standardisierten Befragung zur Ausrich-tung des Unternehmens auf Senioren teil.Ergebnisse Die Anpassung des Kontrastes und eine bar-rierefreie Umstellung waren nur bei einem Internetauftritt möglich. Bei der Befragung gab die Deutsche Bahn AG als einziges Unternehmen an, Leitlinien für die senioren-gerechte Gestaltung von Fahrkartenautomaten festgelegt zu haben. Bei den Internetauftritten besaßen 3 Unternehmen Leitlinien. Bei keinem der Automaten war eine Anpassung der Schriftgröße, des Kontrastes oder eine Sprachausgabe-funktion vorhanden.Diskussion/Schlussfolgerungen  Die Ergebnisse zeigen, dass weiterhin Verbesserungsbedarf bei der seniorenge-rechten Gestaltung von Fahrkartenautomaten und Inter-netauftritten der Verkehrsunternehmen in Sachsen besteht. Ein guter Ansatz wäre die Festlegung von Standards oder

Leitlinien für die seniorengerechte Gestaltung von Fahr-kartenautomaten und Internetauftritten.

Schlüsselwörter  Seniorenfreundlichkeit · Webseite · Fahrkartenautomat · Öffentlicher Personennahverkehr · Standards

Analysis of senior friendliness of websites and ticket machines among public transport companies in Saxony 

AbstractBackground/aims  The specific requirements of elderly cus-tomers when they are using websites and ticket machines have to be considered by public transport companies to avoid discrimination of this group of customers. Therefore the study analyzed to what extent public transport com-panies in Saxony considered the requirements of elderly persons in designing websites and ticket machines.Methods/sample All 21 main public transport companies in Saxony were included. By using standardized check-lists the senior friendliness of 20 websites and 16 different types of ticket machine was investigated. In addition,11 companies took part in interviews related to their policies on elderly customers.Results  Adjustment of contrast and switching to barrier-free presentation was only possible in one website. Only the German Railway Company (Deutsche Bahn AG) had defined guidelines for ticket machines related to the needs of elderly customers and three companies had defined guidelines to improve the senior friendliness of their web-

HeilberufeSCIENCE (2012) 3:71–78DOI 10.1007/s16024-011-0080-1

Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten der öffentlichen Verkehrsgesellschaften im Freistaat Sachsen

Jennifer Ullrich · Jörg Klewer

J. Ullrich, B.Sc. () · J. KlewerFakultät Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Westsächsische Hochschule Zwickau, Dr.-Friedrichs-Ring 2a, 08056 Zwickau, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Eingegangen: 26. September 2011 / Angenommen: 21. November 2011 / Online publiziert: 22. Dezember 2011© Springer-Verlag 2011

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sites. No ticket machine allowing adjustment of the font size and contrast or with audio response was found.Discussion/conclusions  The results indicate a need to further improve senior friendliness of websites and ticket machines among public transport companies in Saxony. Creating standards or guidelines on senior friendly design of websites and ticket machines would help to improve the situation.

Keywords  Senior friendliness · Website · Ticket machine · Public transport · Standards

Einleitung

Die Gruppe der 60-Jährigen und Älteren wird nach der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statisti-schen Bundesamts in Zukunft stark wachsen [23]. Senioren werden damit zu einem zunehmend wichtigeren Kunden-sektor, auch im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Voraussetzungen für das Reisen mit dem ÖPNV sind Infor-mationen über die Abfahrt des jeweiligen Verkehrsmittels sowie das Lösen einer Fahrkarte. Fahrplanauskünfte können beispielsweise bei den Internetauftritten der Verkehrsgesell-schaften eingeholt werden. Das Lösen einer Fahrkarte ist an einem Automaten möglich. Damit ältere Menschen von der Nutzung dieser Möglichkeiten nicht ausgeschlossen werden, sollten Internetauftritte und Fahrkartenautomaten seniorengerecht gestaltet sein.

Theoretischer Hintergrund

Die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informations-technik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Bar-rierefreie Informationstechnik-Verordnung, BITV) findet gemäß § 1 BITV lediglich für Internetauftritte der Behör-den der Bundesverwaltung Anwendung [26]. Jedoch sollen gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Benachteiligungen aus Gründen des Alters vermieden wer-den [1]. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 8 AGG sind Benachteili-gungen in Bezug auf „den Zugang zu … Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, …“ [1] nicht zulässig. Auch das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) soll Benachteiligungen aufgrund von Behinderungen beseitigen [14]. Gemäß § 1 BGG ist „… die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten …“ [14]. Von den gesetzlichen Vorgaben sind die Verkehrsunternehmen ebenfalls betroffen. Das Gesetz soll zur „generellen Bar-rierefreiheit in allen gestalteten öffentlichen Bereichen“ [6] führen.

Die Betrachtung der seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten gewinnt auf-grund des steigenden Anteils der älteren Menschen zuneh-mend an Relevanz. Die älteren Menschen sind nicht nur zahlenmäßig, sondern auch aus finanzieller und ökonomi-scher Sicht eine wichtige Konsumgruppe, deren Bedürfnisse es zu berücksichtigen gilt [5]. So werden Senioren „zu einer entscheidenden Treibergröße für den Unternehmenserfolg in vielen Branchen“ [16]. Bereits mehr als jeder Zweite in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen war im Jahr 2010 im Internet [24]. Auch im ÖPNV führt der demografische Wan-del dazu, dass „in allen Verkehrsarten die Bedeutung der älteren Haushalte als Nachfrager steigt“ [12].

Zielstellungen

Da bislang nur wenige Studien zur Seniorenfreundlichkeit von Serviceautomaten oder Internetauftritten vorliegen [13, 25, 27], sollte beispielhaft an den sächsischen Verkehrs-unternehmen untersucht werden, inwieweit die jeweiligen Internetauftritte und Fahrkartenautomaten seniorengerecht gestaltet sind und welche Maßnahmen und Aktivitäten zur Optimierung des Services für Senioren durch die Unterneh-men durchgeführt werden.

 Methodisches Vorgehen

Grundgesamtheit

Zur Grundgesamtheit gehörten die 5 Verkehrsverbünde des Freistaates Sachsen [22]. Des Weiteren wurden alle im Frei-staat Sachsen tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen, die namentlich vom Sächsischen Staatsministerium für Wirt-schaft, Arbeit und Verkehr auf dessen Homepage genannt wurden und im Jahr 2011 geschäftlich aktiv waren, erfasst [20]. Zusätzlich wurden die 6 städtischen Verkehrsunter-nehmen, die gemäß dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr das Grundgerüst des Öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs (ÖSPV) bilden, berücksichtigt [21].

Erhebungsinstrumente

Für die einheitliche Bewertung der Internetauftritte und Fahrkartenautomaten der Verkehrsgesellschaften wurde jeweils ein standardisiertes Messinstrument in Form einer Checkliste erstellt. Um weitere Informationen zur senioren-gerechten Gestaltung von Fahrkartenautomaten und Inter-netauftritten aus der Sicht der Verkehrsunternehmen zu erhalten, wurden die Unternehmen mithilfe eines Fragebo-gens befragt.

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73Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten

Die Bewertungskriterien der Checkliste der Internet-auftritte und Fahrkartenautomaten sowie die Kriterien des Fragebogens wurden in Anlehnung an folgende Faktoren erstellt:

• Richtlinien des National Institute on Aging und der National Library of Medicine [18],

• Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informations-technik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV, [26]),

• Zugänglichkeitsrichtlinien für Web-Inhalte (WCAG 1.0 [29] und WCAG 2.0 [28]),

• Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Bild-schirmeingabemasken am Beispiel von Onlinebanking und Geldausgabeautomaten [13],

• DIN EN ISO 9241-151:2008 [10] und• DIN EN ISO 9241-171:2008 [11].

Des Weiteren wurden Gestaltungsanforderungen von Kas-senautomaten und Geldausgabeautomaten an Fahrkarten-automaten angepasst [2, 3, 4, 7]. Nach einem Prätest wurden zur Überprüfung der Reliabilität der Checklisten ein Auto-mat und ein Internetauftritt durch 2 Personen bewertet. Die Berechnung des Reliabilitätskoeffizienten ergab für die Checkliste der Internetauftritte einen Wert von α = 0,91 und für die Checkliste der Fahrkartenautomaten einen Wert von α = 0,94 (SPSS). Damit war die Interrater-Reliabilität gegeben. Die anschließende Bewertung erfolgte durch eine Person.

Besaß der gesamte Internetauftritt die Option zur Umstel-lung auf Barrierefreiheit, so wurde der barrierefreie Modus bewertet. Die Schriftgröße der Website wurde mithilfe des Firefox Add-On „Font Finder 1.0“ ermittelt [17]. Gab es die Möglichkeit zur Schriftvergrößerung direkt über Schaltflä-chen auf der Website, so wurde die größtmögliche Schrift-größe ermittelt.

Die Bewertung der Fahrkartenautomaten erfolgte mittels Checkliste vor Ort.

Datenerhebung

Die Datenerhebung fand im Zeitraum vom Mai bis Juli 2011 statt.

Alle 21 Unternehmen besaßen Auftritte im Internet. Jedoch konnten nur 20 Internetauftritte bewertet werden. Bei den Unternehmen Deutsche Bahn Regio AG (DB Regio AG) und Deutsche Bahn Regio Netz Verkehr GmbH (DB Regio Netz Verkehr GmbH) wurde der Besucher auf die-selbe Website weitergeleitet, sodass Funktionen und Design identisch waren. Anschließend wurden anhand der Inter-netauftritte der Verkehrsunternehmen die Kontaktdaten ermittelt. Aufgrund der Tatsache, dass der Besucher bei der Website der DB Regio Netz Verkehr GmbH und DB Regio AG auf denselben Internetauftritt weitergeleitet wurde,

waren die Kontaktdaten identisch. Aus diesem Grund wur-den 20 Unternehmen telefonisch kontaktiert.

Mithilfe der Informationen der Internetauftritte sowie der Angaben aus den Interviews wurde erfasst, ob die Verkehrs-gesellschaften eigene Automaten besaßen. Eine vollständige Ermittlung der unterschiedlichen Typen von Fahrkarten-automaten der Verkehrsverbünde war aufgrund fehlender Daten nicht möglich. Ein Verbundautomat des Verkehrsver-bund Mittelsachsen (VMS) konnte ermittelt werden.

Die Informationen der Internetauftritte der Unternehmen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) ergaben 4 Fahr-kartenautomatentypen, welche analysiert werden konnten. Dies waren die Automaten der Freiberger Eisenbahn, der City-Bahn Chemnitz, der Vogtlandbahn und der DB Regio AG.

Die Automaten der städtischen Verkehrsunternehmen wurden vor Ort an den zentralen Umsteigestellen des ÖPNV erfasst. Die Ermittlung der Automaten der städtischen Verkehrsunternehmen ergab 11 verschiedene Typen von Fahrkartenautomaten.

Ergebnisse

Internetauftritte

Signifikante Unterschiede zwischen den Websites der Unter-nehmen fanden sich nicht (χ2). Aus diesem Grund wurden die Ergebnisse der 20 Unternehmen im ÖPNV zusammen dargestellt.

Die Bewertungskriterien „Hyperlinks erkennbar“, „Kon-taktmöglichkeit per E-Mail“, „Kontaktmöglichkeit per Telefon“, „Einmalmausklicks statt Doppelklicks“, „Text in Groß- und Kleinbuchstaben“, „Bild und Text stehen im inhaltlichen Zusammenhang“, „Blinkende, flackernde Effekte, Inhalte, Bilder werden vermieden“ und „Preise der Fahrkarten ersichtlich“ wurden von allen Internetauftritten (n = 20) erfüllt. Zwei Unternehmen boten auf ihrem Interne-tauftritt eine direkte Hilfefunktion an.

Die Anpassung des Kontrastes direkt über Schaltflächen der Website war bei dem Internetauftritt der Leipziger Ver-kehrsbetriebe (LVB) möglich. Die Anpassung der Schrift-größe direkt über Schaltflächen war bei 6 Internetauftritten vorhanden. Eine Schriftgröße von mindestens 12-Punkt boten 15 Websites an. Eine barrierefreie Umstellung bzw. die Möglichkeit zur Umstellung auf Nur-Text-Seiten war beim Internetauftritt der LVB vorhanden (Tab. 1).

Befragung

An der Befragung nahmen 11 Unternehmen teil. Diese setzten sich aus 4 Verkehrsverbünden, 4 Unternehmen des ÖSPV und 3 Unternehmen des SPNV zusammen. Es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den

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Verkehrsverbünden, den Unternehmen des ÖSPV und den Unternehmen des SPNV festgestellt werden (χ2).

Leitlinien oder Standards zur seniorengerechten Gestal-tung der Fahrkartenautomaten besaß nur die DB AG. Bei den Internetauftritten hatten 3 Unternehmen Leitlinien oder Standards festgelegt. Die DB AG gab als einziges Unter-nehmen an, dass das BGG als Anlass für eine barrierefreie Gestaltung und entsprechende Maßnahmen diente.

Acht Unternehmen arbeiteten mit Seniorenbeiräten, Seniorenverbänden oder ähnlichen Organisationen zusam-men. Die Verkehrsgesellschaft Görlitz (VGG) setzte als einziges Unternehmen Senioren als Tester zur Optimierung der seniorengerechten Gestaltung von Fahrkartenautomaten und des Internetauftritts ein (Tab. 2).

 Fahrkartenautomaten

Bewertet wurden 16 unterschiedliche Fahrkartenautomaten, deren Summe sich aus 9 stationären und 7 mobilen Automa-ten zusammensetzt. Es fand sich kein signifikanter Unter-schied in der Verteilung der Automatentypen zwischen den mobilen und stationären oder zwischen den Verkehrsver-bünden, städtischen Verkehrsunternehmen und Unterneh-men im SPNV (χ2).

Alle stationären Automaten hatten ein klares Identifizie-rungselement, dass es sich um einen Fahrkartenautomaten handelt. Vier der 7 mobilen Automaten hatten indes kein Identifizierungselement. Bei 3 mobilen Automaten war das Verkehrsunternehmen nicht anhand des Ticketautomaten ersichtlich. Sieben Automaten hatten eine höhere mittlere Lesehöhe als 1,30 m (Tab. 3).

Bei keinem der Fahrkartenautomaten war eine Anpassung des Kontrastes oder der Schriftgröße möglich. Die Eigen-schaften „Nutzung von Groß-Klein-Schreibweise im Fließ-text“ und „Schriften und Zeichen stehen mit 90° in üblicher Leserichtung“ zeigten 16 Fahrkartenautomaten (Tab. 3).

Die Bezahlungsmöglichkeit per Münzen war bei allen untersuchten Fahrkartenautomaten vorhanden. Bei 10 Auto-maten war die Bezahlung mit Geldscheinen möglich. Die Bezahlfunktion mit EC-Karte bzw. Girocard war bei 2 Auto-maten vorhanden. Elf Automaten boten die Bezahlung per Geldkarte an (Tab. 4).

Eine akustische Erinnerung an die Entnahme des Wech-selgeldes und des Fahrscheins wurde bei keinem der mobilen Fahrkartenautomaten gefunden. Der stationäre Automat der DB AG besaß diese Funktion. Ein visuelles Signal bestand entweder im Aufleuchten des Entnahmebereichs oder in der Aufforderung per Bildschirmtext, das Wechselgeld oder den

Tab. 1 Absolute Häufigkeiten der Informationselemente in den Inter-netauftritten (n = 20)

Informationselemente Nein Ja Keine Angabe

Navigation, Suche und Dialogkomponenten„Breadcrumb“-Navigationpfad 9 11 –„Sitemap“ 4 16 –Hyperlinks erkennbar – 20 –Hilfefunktion auf der Internetseite vorhanden 18 2 –Kontaktmöglichkeit per Kontaktformular 2 18 –Kontaktmöglichkeit per E-Mail – 20 –Kontaktmöglichkeit per Telefon – 20 –Suchmaschine (per Schlagwort) nutzbar 5 15 –Einmalmausklicks statt Doppelklicks – 20 –DesignAnpassung der Schriftgröße direkt über Schaltflächen der Website

14 6 –

Schriftgröße von 12- oder 14-Punkten im Fließtext genutzt

5 15 –

Text in Groß- und Kleinbuchstaben – 20 –Anpassung des Kontrastes direkt über Schaltflächen der Website

19 1 –

VerständlichkeitNur-Text-Seiten oder barrierefreie Umstellung der Textseiten vorhanden

19 1 –

Bild und Text stehen im inhaltlichen Zusammenhang

– 20 –

Blinkende, flackernde Effekte, Inhalte, Bilder werden vermieden

– 20 –

Möglichkeit, bewegte, scrollende oder auto-matisch ändernde Objekte oder Seiten anzu-halten oder zu stoppen

6 3 11

InhaltEinzelne Tarifzonen im Streckennetz ersichtlich

7 13 –

Preise der Fahrkarten ersichtlich – 20 –Informationen vorhanden, wo Fahrkarten käuflich zu erwerben sind

3 17 –

Fahrplanauskünfte direkt über Startseite 12 8 –

Tab. 2 Absolute Häufigkeiten der Antworten bei der Befragung der Verkehrsunternehmen (n = 11)

Abgefragte Aspekte Nein Ja Nicht zu-treffend

Leitlinien oder Standards zur seniorengerechten Gestaltung für– Fahrkartenautomaten 8 1 2– Internetauftritt 8 3 –

Beratung durch externes Unternehmen bei seniorengerechter  Gestaltung von– Fahrkartenautomaten 7 2 2– Internetauftritt 4 7 –Zusammenarbeit mit Seniorenbeirä-ten, Seniorenverbänden oder ähnlichen Organisationen

3 8 –

Angebot an Schulungen für Senioren 6 5 –Senioren als Tester zur Optimierung der Fahrkartenautomaten und Internetauftritte

10 1 –

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75Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten

Fahrschein zu entnehmen. Bei 6 Fahrkartenautomaten war ein visuelles Signal erkennbar (Tab. 4).

Der Abstand zwischen den Bedienelementen betrug bei allen Automaten mindestens 2 mm. Des Weiteren betrugen die Abmessungen der Tasten bei allen Automaten mindes-tens 15 × 15 mm. Die Funktion, Unterstützung durch eine Hilfetaste zu erhalten, boten 4 Automaten an. Bei allen sta-tionären und bei 3 mobilen Fahrkartenautomaten waren die Kontaktdaten des Unternehmens vorhanden (Tab. 4).

Keiner der untersuchten 16 Fahrkartenautomaten besaß eine Sprachausgabe.

Vier von 7 untersuchten mobilen Fahrkartenautomaten hatten direkt am Automaten oder in unmittelbarer Nähe Haltegriffe. Eine Ablagemöglichkeit am Automaten, z. B. für Taschen, war bei keinem der untersuchten Automaten vorhanden.

Diskussion

 Methodenkritik

Durch die Anwendung von 2 standardisierten Checklisten und eines standardisierten Fragebogens konnten subjektive Einflüsse durch vorher festgelegte Antwort- bzw. Bewer-tungsmöglichkeiten minimiert werden, sodass eine wei-testgehend objektive Bewertung der Internetauftritte und Fahrkartenautomaten möglich war.

Die Internetauftritte aller wichtigen sächsischen Verkehrs-unternehmen sind analysiert worden. Damit sind Ergebnisse für den Freistaat Sachsen repräsentativ. Die Ergebnisse der Fahrkartenautomaten sind unter der Einschränkung, dass das Vorhandensein eines weiteren Fahrkartenautomaten-typs nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, reprä-sentativ. Mit 11 Befragungen von Verkehrsunternehmen ist unklar, ob die Ergebnisse auch für die anderen 9 Verkehrs-

Tab.  3 Absolute Häufigkeiten der Eigenschaften der untersuchten Fahrkartenautomaten (n = 16)

Eigenschaften der untersuchten Fahrkartenautomaten

Art Nein Ja

AllgemeinesIdentifizierungselement vorhanden Mobil 4 3

Stationär / 9Verkehrsgesellschaft oder Verkehrsverbund ersichtlich

Mobil 3 4Stationär / 9

Lesehöhe von 1,30 m Mobil 2 5Stationär 5 4

Bildschirmtext bzw. gedruckter TextAnpassung des Kontrastes möglich Mobil 7 /

Stationär 9 /Anpassung der Schriftgröße möglich Mobil 7 /

Stationär 9 /Nutzung von Groß-Klein-Schreibweise im Fließtext

Mobil / 7Stationär / 9

Schriften und Zeichen stehen mit 90° in üblicher Leserichtung

Mobil / 7Stationär / 9

Schrift blend-, schatten- und flimmerfrei Mobil / 7Stationär 2 7

Eigenschaften der untersuchten Fahrkartenautomaten

Art Nein Ja Nicht zutreffend

BezahlvorgangBezahlung per Münzen Mobil / 7 /

Stationär / 9 /Bezahlung per Geldschein Mobil 5 2 /

Stationär 1 8 /Bezahlung per Geldkarte mit Chip zum Aufladen

Mobil 1 6 /Stationär 4 5 /

Bezahlung per normaler EC-Karte/Girocard

Mobil 6 1 /Stationär 8 1 /

EC-Karteneinschub trichterförmig oder andere Einführhilfen vorhanden

Mobil 5 2 /Stationär 5 1 3

Einwurfschlitze für Münzen trichterförmig oder andere Einführhilfen vorhanden

Mobil 5 2 /Stationär 4 5 /

Einführung für Geldscheine trichterförmig oder andere Einführhilfen vorhanden

Mobil / 2 5Stationär / 8 1

Erinnerung an die Entnahme des Wechselgeldes und Fahrscheins durchAkustische Signale Mobil 7 / /

Stationär 8 1 /Visuelle Signale Mobil 4 3 /

Stationär 6 3 /BedienelementeAbstand zwischen Tasten beträgt mindestens 2 mm

Mobil / 7 /Stationär / 9 /

Abmessungen der Tasten betragen mindestens 15 × 15 mm

Mobil / 7 /Stationär / 9 /

Tasten sind kontrastreich zum Hintergrund

Mobil 2 5 /Stationär 6 3 /

Verwendete Symbole werden erklärt

Mobil 3 2 2Stationär 4 3 2

Hilfetaste vorhanden Mobil 6 1 /Stationär 6 3 /

Hilfetext (in ausgedruckter Form) vorhanden

Mobil 1 6 /Stationär 3 6 /

Kontaktdaten vorhanden Mobil 4 3 /Stationär / 9 /

Tab.  4 Absolute Häufigkeiten der Eigenschaften der untersuchten Fahrkartenautomaten (n = 16)

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unternehmen gültig sind. Eine Übertragung der Ergebnisse auf Verkehrsunternehmen anderer Bundesländer ist im Hin-blick auf die unterschiedlichen Organisationsformen des ÖPNV nur eingeschränkt möglich.

Analyse der Internetauftritte

Ältere Menschen bevorzugen leicht bedienbare Websites [19]. Die „Breadcrumb“-Navigation unterstützt z. B. die Orientierung des Benutzers innerhalb der Navigationsstruk-tur einer Seite [10]. Elf Internetauftritte verfügten über einen Breadcrumb-Navigationspfad. Damit konnte bei über der Hälfte der Websites die Orientierung erleichtert werden. Bei den restlichen Internetauftritten besteht weiterhin Verbesse-rungspotenzial. Im Vergleich dazu fand sich bei einer Studie zu Internetauftritten von ambulanten und stationären Ein-richtungen in Dresden, dass nur jeder fünfte Internetauftritt dieser Einrichtungen eine Breadcrumb-Navigation anbot [27]. Eine weitere Möglichkeit, die Orientierung für Senio-ren zu verbessern, ist die Darstellung des Inhaltes über eine Sitemap. Sechzehn Internetauftritte besaßen eine Sitemap und boten ihren Benutzern somit die Möglichkeit, schnell zur gewünschten Ebene der Website zu gelangen und den inhaltlichen Zusammenhang zu erfassen [29]. Ein weiterer Verbesserungsbedarf besteht hinsichtlich der Bereitstellung von Hilfsfunktionen. Lediglich 2 Websites boten direkt auf der Seite eine Hilfefunktion an. Im Gegensatz dazu gaben alle Internetauftritte Kontaktmöglichkeiten per E-Mail oder Telefon an, sodass das Servicepersonal der Verkehrsgesell-schaften bei Fragen oder Problemen kontaktiert werden konnte. Unklar bleibt jedoch, wie häufig diese Optionen von Senioren genutzt werden.

Bei 6 der 20 Internetauftritte war eine Anpassung der Schriftgröße direkt über Schaltflächen der jeweiligen Web-sites möglich. In einer vergleichbaren Studie bei sächsischen Geldinstituten war diese Funktion auf lediglich 3 Websites vorhanden [13]. Damit haben die Nutzer der Internetauftritte der sächsischen Verkehrsunternehmen zwar bei weniger als der Hälfte der Websites die Möglichkeit, die Schriftgröße anzupassen, jedoch wurde das Kriterium häufiger erfüllt als bei den Applikationen der sächsischen Geldinstitute [13]. Lediglich 5 Websites besaßen im Fließtext eine Schriftgröße < 12-Punkt [17]. Damit hat die Mehrheit der untersuchten Websites die Empfehlungen des National Institute on Aging und der National Library of Medicine, eine Schriftgröße von 12- oder 14-Punkt zu nutzen, erfüllt [18].

Lediglich ein Internetauftritt bot eine barrierefreie Umstellung an. Somit konnten bei den restlichen Websites störende oder ablenkende Objekte, wie z. B. Bilder, nicht ausgeblendet werden. Neun Internetauftritte verfügten über scrollende, sich bewegende oder automatisch ändernde Objekte. Lediglich bei 3 Websites bestand die Möglichkeit, diese zu stoppen. Ältere Menschen, die nicht in der Lage

sind, den Text schnell genug zu lesen, können bei fehlender Möglichkeit, den Text anzuhalten, dessen Inhalt nicht erfas-sen und werden ausgegrenzt.

Wichtige Informationen für das Reisen im ÖPNV waren bei der Mehrheit der Internetauftritte verfügbar. Bei 17 Web-sites erhielt der Besucher Informationen, wo die Fahrkar-ten zu erwerben sind. Alle Unternehmen veröffentlichten die Preise der Fahrkarten in ihrem Internetauftritt. Mithilfe der Bereitstellung dieser wichtigen Informationen können Ängste und Unsicherheiten behoben werden, die sonst zum Verlust älterer Kunden führen können.

 Befragung der Verkehrsunternehmen

Die befragten Unternehmen berichteten kaum über Aktivi-täten und Maßnahmen zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten bzw. Fahrkartenautomaten. Lediglich 3 Verkehrsunternehmen hatten Standards oder Leitlinien für die seniorengerechte Gestaltung von Internetauftritten fest-gelegt. Die DB AG besaß als einziges Unternehmen Leit-linien für die seniorenfreundliche Gestaltung sowohl der Internetauftritte als auch der Fahrkartenautomaten. Begrün-dungen dafür könnten die bundesweite Präsenz und Größe des Unternehmens sein. Aufgrund der geringen Anzahl an Unternehmen mit eigenen Leitlinien oder Standards besteht in diesem Bereich erhebliches Verbesserungspotenzial.

Mögliche Verbesserungspotenziale können beispiels-weise durch Senioren als Tester der Fahrkartenautomaten und der Internetauftritte identifiziert werden.

Eine Möglichkeit, ältere Menschen als Kunden nicht auszugrenzen, ist das Angebot von Schulungen speziell für Senioren. Dadurch können beispielsweise Ängste, die ältere Menschen an der Nutzung des ÖPNV hindern, mini-miert bis behoben werden. Da nur 5 Unternehmen Schu-lungen für Senioren anboten, besteht auch hier erhebliches Verbesserungspotenzial.

Analyse der Fahrkartenautomaten

Nur 12 Automaten waren durch die Verwendung eines Identifizierungselements als Ticketautomat erkennbar, obwohl die Identifizierung des Ticketautomaten als sol-chen eine Voraussetzung für dessen Nutzung ist. Die gemäß DIN 32975:2009-12 empfohlene mittlere Lesehöhe von 1,30 m wurde von 7 Automaten nicht eingehalten [9]. Das hatte zur Folge, dass die Preise des ausgewählten Fahr-scheins für kleinere Menschen nur mit Mühe zu erkennen waren.

Bei keinem der untersuchten Fahrkartenautomaten war eine Anpassung der Schriftgröße oder des Kontrastes vor-handen. Im Hinblick auf die Verschlechterung der Sehfähig-keit im Alter stellt dies eine Barriere bei der Nutzung der Fahrkartenautomaten durch Senioren dar [8]. Vergleichbare

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77Analyse zur seniorengerechten Gestaltung von Internetauftritten und Fahrkartenautomaten

Ergebnisse fanden sich auch in einer Studie an sächsischen Geldausgabeautomaten [13]. Somit besteht generell für diese Art von Serviceautomaten ein Bedarf an der Ausrich-tung auf die Belange von Senioren. Positiv ist zu beurtei-len, dass alle Automaten die Anforderungen „Nutzung von Groß-Klein-Schreibweise im Fließtext“ und „Schriften und Zeichen stehen mit 90° in üblicher Leserichtung“ erfüllt haben.

Bei allen Automaten gab es die Möglichkeit, den Fahr-schein mit Münzgeld zu bezahlen. Indes war die Bezahlung mit einem Geldschein nur bei 10 Automaten möglich. Des Weiteren konnten Kunden bei der Mehrheit der Automaten mit Geldkarte bezahlen. Die Bezahlung mit EC-Karte war andererseits nur bei 2 Automaten möglich. Ein vielseitiges Angebot an Zahlungsmöglichkeiten ermöglicht eine indivi-duelle Entscheidung des Kunden und kann zur Bedienungs-freundlichkeit beitragen.

Verbesserungsbedarf besteht bei der Gestaltung der Münzeinwurfschlitze, denn sonst kann die Bezahlung mit Münzgeld für Senioren zu einem Hindernis werden. Auf-grund der Abnahme der Feinmotorik im Alter sind präzise Bewegungen, die für das Einführen des Wechselgeldes nötig sind, nur schwer möglich [15].

Keiner der Fahrkartenautomaten besaß eine Sprachaus-gabefunktion. Damit haben ältere Kunden nicht die Mög-lichkeit, ihre Sehschwäche durch eine Sprachausgabe zu kompensieren, indem sie sich den Text laut vorlesen lassen. Verbesserungspotenzial besteht ebenfalls bei der visuellen und der akustischen Erinnerung bei der Entnahme des Wech-selgeldes und des Fahrscheins. Lediglich der Automat der DB AG besaß eine akustische Erinnerung. In Stresssituati-onen oder bei nachlassender Erinnerungsfähigkeit kann ein akustisches oder visuelles Signal hilfreich sein, um v. a. an die Entnahme des Wechselgeldes zu erinnern. Dabei sollte von den Herstellern beachtet werden, dass die akustischen Signale auch den Umgebungsgeräuschen, wie z. B. dem Straßenverkehrslärm, angepasst werden. Eine Kombination aus akustischen und visuellen Hinweisen scheint aus diesem Grund am benutzerfreundlichsten.

Bei der Hälfte der untersuchten Fahrkartenautomaten setzten sich die Tasten nicht kontrastreich zum Hintergrund ab. Daraus kann das Problem entstehen, dass die Bedienele-mente als solche nicht erkannt werden und das Lösen einer Fahrkarte daran scheitert. Als positiv ist zu beurteilen, dass bei 12 Automaten ein Hilfetext zur Bedienung des Auto-maten vorhanden war. Dies stellt besonders für unerfahrene Benutzer eine große Hilfe dar, v. a. wenn Schritt für Schritt erklärt wird, wie der gewünschte Fahrschein zu lösen ist. Kontaktdaten waren ebenfalls bei der Mehrheit der Auto-maten vorhanden, sodass das zuständige Unternehmen bei Problemen oder Störungen kontaktiert werden konnte. Inwieweit diese Eigenschaft jedoch genutzt wird, konnte nicht ermittelt werden.

Bei den mobilen Fahrkartenautomaten sollten Haltegriffe in unmittelbarer Nähe des Automaten angebracht sein, um die Sturzgefahr insbesondere bei der Anfahrt zu reduzieren. Aus diesem Grund ist es bedenklich, dass lediglich 4 von 7 Automaten Haltegriffe besaßen.

Fazit

Die Untersuchung hat gezeigt, dass z. T. bereits gute Ansätze bei der seniorengerechten Gestaltung von Fahrkartenauto-maten und Internetauftritten der Verkehrsunternehmen in Sachsen bestehen, jedoch existiert weiterhin Verbesserungs-bedarf. Dies gilt v. a. jeweils für die Anpassung der Schrift-größe und des Kontrastes. Ein wichtiger Ansatz wäre die Festlegung von Standards oder Leitlinien für die senioren-gerechte Gestaltung von Fahrkartenautomaten und Inter-netauftritten. Dadurch können die spezifischen Bedürfnisse älterer Menschen im ÖPNV berücksichtigt werden, und es wird eine Benachteiligung dieser größer werdenden Kun-dengruppe vermieden.

Literatur

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