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Analytische Chemie © W. R. Thiel

Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

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Analytische Chemie

© W. R. Thiel

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Quantitative Analyse anorganischer Stoffe

Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-

stimmten Spezies in einer Probe.

Bei manuell durchgeführten Analysen kann in der

Regel nur ein Element quantitativ bestimmt werden.

Automatisierte Analyseverfahren ermöglichen die

parallele Bestimmung einer Vielzahl von Elementen.

Darüber hinaus können Analyseverfahren in der an-

organischen Chemie nicht nur elementspezifisch

durchgeführt werden sondern man kann auch

speziesselektiv analysieren, z. B. Fe2+ neben Fe3+

nachweisen oder Isotopenverteilungen erfassen

(z. B. für Herkunftsnachweise).

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Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen chemischer Reaktionen

1.1.Chemische Zeichensprache

1.2.Stöchiometrisches Rechnen

1.3.Die Thermodynamik chemischer Reaktionen

1.4.Die Kinetik chemischer Reaktionen

1.5 Das chemische Gleichgewicht

………

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Chemische Formeln

1. Chem. Reaktionen / 1.1. Zeichenspr.

Notation für die Beschreibung chemischer Reaktionen - das Zeichen eines chemischen Elements (aus dem Periodensystem der Elemente)

in einer chemischen Formel belegt seine Anwesenheit in einer Verbindung

- tiefgestellte Zahlen stehen für die Anzahl der Atome eines Elements in einem Molekül

Beispiel: Ethanol,

C2H6O

Beispiel: Aspirin,

Acetylsalicylsäure,

C9H8O4

CC

OH

H HH

H H

OH

O

O O

H

O

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Chemische Formeln

1. Chem. Reaktionen / 1.1. Zeichenspr.

Festkörper- sind nicht aus diskreten (einzelnen) Molekülen aufgebaut

- die chemische Formel gibt die Atomanteile wieder

Beispiel: Eisenoxid Fe2O3, Hämatit, Roteisenerz

enthält 40% Fe-Atome und 60 % O-Atome

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Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen chemischer Reaktionen

1.1.Chemische Zeichensprache

1.2.Stöchiometrisches Rechnen

1.3.Die Thermodynamik chemischer Reaktionen

1.4.Die Kinetik chemischer Reaktionen

1.5 Das chemische Gleichgewicht

………

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Stöchiometrisches Rechnen

Stöchiometrie: Lehre von der Zusammensetzung der chemischen Stoffe(gr.: στοιχειον" = Grundstoff und "µετρειν" = messen)

Standard für Atom-/Molekülmasse alle Atom-/Molekülmassen sind auf die Masse des Kohlenstoffisotops 12

6C bezogen

1 a.m.u. (1 u) = 1/12 der Masse von 126C = 1.66⋅10-27kg.

Standard für Stoffmengedas Mol (eine SI-Einheit): ein Mol ist diejenige Menge von Atomen, deren Masse in

Gramm gleich der relativen Atommasse ist.

d. h. ein Mol des Kohlenstoffisotops 126C hat die Masse 12.0000 g

Es gilt: ein Mol entspricht 12 g·(1/12)/1.66⋅10-27kg = 6.023·1023 126C Atomen

Dieser Wert gilt für alle Teilchen, nicht nur für 126C Isotope !

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Rechenbeispiele

Man dividiert durch die Atommassen und teilt alle Werte durch den kleinsten Wert

33.26/12.011 = 2.77 2.77/0.346 = 8.00 = 8

4.88/1.008 = 4.84 4.84/0.346 = 13.99 = 14

22.15/16.000 = 1.38 1.38/0.346 = 3.99 = 4

19.39/14.007 = 1.38 1.38/0.346 = 3.99 = 4

20.31/58.69 = 0.346 0.346/0.346 = 1.00 = 1

Damit erhält man das Atomverhältnis 8C/14H/4O/4N/1Ni und daraus die

minimale Summen-formel C8H14O4N4Ni1. Es könnte sich aber auch

um jedes ganzzahlige Vielfache dieser Zusammensetzung handeln.

gegeben ist eine Verbindung mit

• 33.26 Gew.-% C

• 4.88 Gew.-% H

• 22.15 Gew.-% O

• 19.39 Gew.-% N

• 20.31 Gew.-% Ni

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Rechenbeispiele

Für die Eisenverhüttung ist es wichtig, zu wissen, wieviel Eisen (Gew.-%)

ein Eisenerz, z.B. Fe2O3, enthält.

Ansatz:

Atommassen: Fe 55.85 g/mol, O 16.00 g/mol

(erhältlich aus dem Periodensystem der Elemente oder einer Atommassentabelle)

1 mol Fe = 6.023·1023 Fe-Atome hat die Masse 55.85 g,

1 mol O = 6.023·1023 O-Atome hat die Masse 16.00 g,

1 mol Fe2O3 hat die Masse 2⋅55.85 + 3⋅16.00 = 159.70 g.

Eisenanteil : (2 ⋅55.85 g)/159.70 g = 69.9 Gew.-%.

1 to Fe2O3 enthält also 699 kg Fe !!

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Rechenbeispiele

Mit Hilfe stöchiometrischer Rechnungen kann man Stoffmengen bei chemischen

Reaktionen exakt berechnen.

Beispiel:

Wieviel Nickelacetat (g) werden benötigt, um 10 g des

Dimethylglyoxim-Komplexes zu synthetisieren ?

Reaktionsgleichung:

Ni(OOCCH3)2 + 2 C4H8O2N2 -> C8H14O4N4Ni1 + 2 HOOCCH3

C8H14O4N4Ni1: Molmasse = 288.91 g/mol, 10 g entsprechen 34.61 mmol

Ni(OOCCH3)2: Molmasse = 176.80 g/mol

für 34.61 mmol Komplex benötigt man 34.61 mmol Ni(OOCCH3)2 = 6.12 g

C

CN

Ni

N N

OH

O

OH

O

NC

C

CH3

CH3H3C

H3C

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Rechenbeispiele

Berechnung der Summenformel einer Verbindung, bei der nur ein Teil der analytischen

Daten vorliegt.

Eine Verbindung enthält C, H, O, und Si, 1.00 g davon werden vollständig verbrannt.

Man findet: 46.12 Massen-% Kohlenstoff und 9.68 Massen-% Wasserstoff

sowie 0.2884 g SiO2 als festen Rückstand

Molmasse SiO2: 60.086 g/mol; man berechnet zunächst den Si-Anteil in 0.2884 g SiO2:

(0.2884)(28.086)/60.086 = 0.1348 g entspr. 13.48 %,

danach den O-Anteil in der Verbindung über 100 % - (46.12+9.68+13.48 %)

= 30.72 %, dividiert die Werte durch die Atommassen und erhält:

C: 3.840, H: 9.603, O: 1.920, Si: 0.480

Das ergibt: C8H20O4Si

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Rechenbeispiele

Berechnung der benötigten Stoffmengen bei chemischen Reaktionen

Beispiel: wieviel Sauerstoff (g) werden benötigt um 10 ml Ethanol (Dichte, d = 0.8 g/ml)

zu verbrennen ?

Reaktionsgleichung:

Lösung: Aus der Gleichung ergibt sich, daß für 1 mol EtOH

3 mol Sauerstoff benötigt werden

Molekularmassen: Ethanol 46.07 g/mol, O2 32.00 g/mol

10.00 ml Ethanol enthalten 8.00 g dieses Stoffes (Dichte !!)

8.00 g Ethanol entsprechen 8.00/46.07 mol = 173.60 mmol

d. h. man benötigt 3⋅173.60 mmol = 520.90 mmol O2

= 32.00 g/mol · 0.52mol = 16.67 g.

C2H5OH + 3 O2 2 CO2 + 3 H2O

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Rechenbeispiele

Berechnung von Gasmengen:Gasmengen kann man Hilfe des Molvolumens (22.414 l/mol )

in Mol umrechnen.

Voraussetzungen: ideales Gas und Norm(al)bedingungen (T = 273.15 K (0°C),

P = 101325 Pa = 1013,25 mbar)

Umrechnungen auf Nichtstandardbedingungen erfolgen über das allgemeine Gasgesetz

p·V = n·R·T

p = Druck, V = Volumen, n = Molzahl, R = allg. Gaskonstante = 8.314 J/K·mol,

T = Temperatur (K)

Beispiel: Welche Gasmenge (in l) wird bei der Verbrennung von 10 ml EtOH freigesetzt

oder verbraucht (bei Normbedingungen: 273.15 K; 1013,25 mbar) ?

Lösung: zur Verbrennung von 1 mol EtOH werden 3 mol O2 benötigt, es werden

2 mol CO2 freigesetzt (Wasser ist flüssig !!); Differenz: -1 mol Gas,

hier: -173.60 mmol Gas entspricht 22.414 l/mol · (-0.1736 mol) = -3.89 l

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Konzentration

Es existieren verschiedene Begriffe, die den Anteil eines Stoffes in einem

Stoffgemisch definieren

• Stoffmengenanteil (Molenbruch) χ in Mol/Mol (wichtig: Partialdruck P/P ges)

• Masse pro Volumeneinheit: g/l (Massenkonzentration)

• Volumen pro Volumeneinheit: ml / 100 ml = % (Volumenprozent,

Volumenanteil, Volumenkonzentration)

• Masse pro Masseneinheit: 10 g/kg, g/100 g = % (Massenprozent, Massenanteil)

• Mol pro Masseneinheit des Lösemittels: mol/kg (Molalität)

• Mol pro Volumen: mol/l oder kurz "M" (Molarität)

(Val = Wirkäquivalente pro Volumeneinheit: val/l oder kurz n (Normalität))

Def.: werden Stoffe in eckige Klammern gesetzt, so werden deren molare

Konzentrationen angegeben, z. B. [Na+] in M bzw. mol/l.

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Konzentration

Beispiel: 50 g Kochsalz (NaCl) werden in 1 l Wasser gelöst,

wie groß ist die NaCl-Konzentration dieser Lösung ?

Ansatz:

Molmasse NaCl: 58.44 g/mol (22.99 + 35.45);

d. h. 50 g NaCl entsprechen 0.855 mol;

die Lösung hat eine Konzentration von 0.855 mol/l, sie ist 0.855 molar.

Beispiel: 10 ml Schwefelsäure (H2SO4, Dichte: d = 1.84 g/ml) werden in 200 ml Wasser

gelöst, wie groß ist die dadurch entstehende Protonenkonzentration ?

Reaktionsgleichung:

Ansatz: Molmasse H2SO4: 98.08 g/mol, 10 ml = 18.40 g =

18.40 g / 98.08 g/mol = 0.188 mol H2SO4,

[H2SO4] = 0.188 mol / 0.20 l = 0.938 mol/l, [H+] = 1.876 mol/l

H2SO4 2 H+(aq) + SO42-(aq)

1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie

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Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen chemischer Reaktionen

1.1.Chemische Zeichensprache

1.2.Stöchiometrisches Rechnen

1.3.Die Thermodynamik chemischer Reaktionen

1.4.Die Kinetik chemischer Reaktionen

1.5 Das chemische Gleichgewicht

………

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Energiebilanzen

Chemische Reaktionen sind immer mit der Freisetzung oder dem Verbrauch

von Energie (Wärme, Licht, el. Energie, Druck, Schall, etc.) verbunden.

Definitionen: Eine exotherme Reaktion gibt bei Wärme an die Umgebung ab (P = const.), eine

endotherme Reaktion nimmt Wärme aus der Umgebung auf (P = const)

Reaktionsenthalpie ∆H: exotherme Reaktion ∆H < 0; endotherme Reaktion ∆H > 0.

Chemische Gleichgewichte (A B):Berechnung der Lage des Gleichgewichtes mit dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik

∆G = ∆H - T∆S = freie Reaktionsenthalpie, T = Temperatur in Kelvin, ∆S = Entropie

für ∆G < 0 läuft die Reaktion von A nach B, sie ist exergonisch ,

für ∆G > 0 läuft die Reaktion von B nach A, sie ist endergonisch

Beispiel: ∆H = -1368 kJ/mol (exoth. Reaktion)

10 ml (173.6 mmol) EtOH setzen 237.5 kJ frei

1. Chem. Reaktionen / 1.3. Thermodynamik

C2H5OH + 3 O2 2 CO2 + 3 H2O

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Energiespeicherung

Stoffe können Energie auf verschiedene Arten speichern

fluide Stoffe (Gase und Flüssigkeiten):• Translationsenergie (Fortbewegung),

• Rotationsenergie,

• innermolekulare Schwingungen

feste Stoffe:• Schwingungen der Atome um ihre Gleichgewichtslagen

im Feststoffverband (Kristallgitter).

1. Chem. Reaktionen / 1.3. Thermodynamik

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Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen chemischer Reaktionen

1.1.Chemische Zeichensprache

1.2.Stöchiometrisches Rechnen

1.3.Die Thermodynamik chemischer Reaktionen

1.4.Die Kinetik chemischer Reaktionen

1.5 Das chemische Gleichgewicht

………

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Reaktionsgeschwindigkeit

Die Thermodynamik beschreibt in welche Richtung eine Reaktion läuft,

die Kinetik beschreibt wie schnell eine Reaktion verläuft.

Stoßmodell: Moleküle müssen in Wechselwirkung treten,

wenn eine Reaktion stattfinden soll

Reaktionsgeschwindigkeit: r ist proportional zur Wahrscheinlichkeit eines effizienten Stoßes, d. h. von der

Konzentration der Reaktionspartner (in der Gasphase vom Druck) und der Energie

der aufeinander treffenden Teilchen (r = f(T))

allgemeine Formel : r = -d[A]/dt = k(T)⋅[A]⋅[B]

bzw. r = -dpA/dt = k(T)⋅pA⋅pB

k(T): Geschwindigkeitskonstante (typisch für jede Reaktion)

+ +

Übergangszustand

1. Chem. Reaktionen / 1.4. Kinetik

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Reaktionsgeschwindigkeitskonstante

Jede Reaktion besitzt eine individuelle Geschwindigkeitskonstante k(T)

Berechnung: Arrhenius-Gleichung k(T) = A ⋅e-Ea/RT

A = Stoßzahl (exp. zu bestimmen), Ea = Aktivierungsenergie,

R = allg. Gaskonstante = 8.314 J/K·mol, T = Temperatur in K

Konsequenz der Arrhenius-Gleichung:nicht alle Stöße führen zu einer Reaktion,

sondern nur die, bei denen die Teilchen

genügend Energie besitzen um einen

Aktivierungsberg zu überwinden.

Energieverlauf einer exothermen Reaktion

1. Chem. Reaktionen / 1.4. Kinetik

E

Reaktionsverlauf

Bildungsenergie der Startverbindungen

Bildungsenergie der Produkte

DG

Ea

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Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen chemischer Reaktionen

1.1.Chemische Zeichensprache

1.2.Stöchiometrisches Rechnen

1.3.Die Thermodynamik chemischer Reaktionen

1.4.Die Kinetik chemischer Reaktionen

1.5 Das chemische Gleichgewicht

………

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Chemisches Gleichgewicht

Prinzipiell verlaufen Reaktionen nur dann absolut in Richtung der Produkte

wenn DH unendlich negativ wird. In den meisten chemischen Reaktionen,

die nicht mit sehr großer Energiefreisetzung verbunden sind, liegt deshalb

ein Gleichgewicht zwischen den Ausgangsstoffen (Edukte) und den

Produkten vor. Im Gleichgewicht ändern sich die Stoffkonzentrationen nicht,

es finden aber weiterhin Stoffumsetzungen statt.

Einfachstes Beispiel:Gleichgewichtsreaktion zwischen zwei Stoffen A B

Notation: Gleichgewichtspfeil im Gegensatz zu

„normalem“ Reaktionspfeil

Fließgleichgewicht: Einstellung eines Gleichgewichtszustandes durch permanente konstante Zufuhr der

Edukte und Abfuhr der Produkte (z. Lebewesen)

1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht

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Gleichgewichtkonstante

Beispiel: Gleichgewichtsreaktion zwischen zwei Stoffen A B

Hinreaktion: Rückreaktion:

im Gleichgewicht: d. h. d. h.

Gleichgewichtskonstante K: Verhältnis der Konzentrationen [B] und [A]:

K = [B]/[A]

für K > 1 liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Produkte,

für K < 1 auf der Seite der Edukte.

Bei den meisten Reaktionen ist K eine Funktion der Temperatur.

1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht

d[A]dt

- = k[A]d[B]dt

- = k[B]

d[A]dt

-d[B]dt

-= k[A] = k[B]k

K =k

=[B][A]

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Massenwirkungsgesetz

Aus der allgemeinen Reaktionsgleichung einer Gleichgewichtsreaktion

ergibt sich das Massenwirkungsgesetz:

Bei Gasreaktionen rechnet man nicht mit den Konzentrationen sondern mit den

Partialdrücken (Druckanteile pA, pB, usw. am Gesamtdruck) der beteiligten Stoffe.

Das Massenwirkungsgesetz steht in Beziehung zu ∆G (freie Reaktions-

enthalpie) :

∆G = - R·T·lnK bzw. K = e (-∆G/R·T)

aA + bB + .... cC + dD + ....

K =[C]c.[D]d......

[A]a.[B]b......

1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht

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Prinzip von LeChatelier

Steuerung von Gleichgewichtsreaktionen:

Übt man auf ein im Gleichgewicht befindliches System einen

äußeren Zwang aus, so wird das System versuchen diesem

Zwang auszuweichen. Eine mögliche Einflußnahme kann über die

Änderung von Konzentration, Druck oder Temperatur erfolgen.

Beispiel: Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese

∆H = -92 kJ/mol

N2 + 3 H2 2 NH3

1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht

Fritz Haber (1868–1934) Carl Bosch (1874–1940)

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Haber-Bosch-Verfahren

Eine möglichst hohe Ammoniakausbeute, die

sowohl ökonomisch als auch ökologisch wichtig

ist, kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

• durch Druckerhöhung: aus 4 mol Gas entstehen 2 mol Gas. Nach Le Chatelier erhöht

sich die Ammoniakausbeute bei hohem Druck, weil das System dem hohen Druck

auszuweichen versucht.

• durch Abführung der Reaktionswärme (es handelt sich um eine exotherme Reaktion,

man muss bei möglichst niedriger Temperatur arbeiten). Dabei entsteht folgendes

Problem: es existiert eine Aktivierungsbarriere von ca. 230 kJ/mol, die bei niedrigen

Temperaturen einen ausreichenden Stoffumsatz verhindert. Man muss einen

Kompromiss finden und betreibt die Reaktion bei einer Temperatur von 500 °C.

• durch Verwendung eines Katalysators: α-Fe

(entsteht aus Fe2O3 unter Einwirkung von H2) auf Kaliumcarbonat.

1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht

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Katalysatoren

Ein Katalysator ist eine Substanz, die die Geschwindigkeit einer Reaktion

durch Senkung der Aktivierungsenergie erhöht und nach vollendeter

Umsetzung unverändert vorliegt.

Beispiel: Die Aktivierungsenergie einer Reaktion A B wird durch einen Katalysator um

20 kJ/mol abgesenkt. Um welchen Faktor erhöht sich die Reaktionsgeschwindigkeit ?

unkatalysiert: r =

katalysiert: r‘ = Ea' = Ea - 20

r'/r = k'[A]/k[A] =

= = 32001. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht

E

Reaktionsverlauf

DG

Ea(kat)Ea

d[A]dt

- = k[A] k = Ae

-Ea

RT

d[A]dt

- = k'[A] k' = Ae

-E'aRT

Ae

-E'aRT

Ae

-Ea

RT

=e

-E'aRT

e

-Ea

RT

= e

-Ea + 20 + Ea

RT

e8.07

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Inhaltsverzeichnis

2. Chemische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe

2.1.Grundsätzliches

2.2.Neutralisationstitration

2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie

2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration

2.3.Redoxtitrationen

2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie

2.3.2. Verfahren der Redoxtitration

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

………

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Grundsätzliches

Urtiterproblem: will man die Menge einer Substanz mithilfe eines Reagens bestimmen,

so muss man dessen Konzentration genau kennen.

Welche Reagenzien lassen sich genau in ihrer Menge abmessen (Urtiter)?

Nicht geeignet sind:

• zersetzliche Verbindungen (z. B. Iodid-Lösungen, Fe2+-Lösungen),

• gasförmige oder flüchtige Verbindungen (z. B. HCl, HAc)

• Flüssigkeiten (z. B. H2SO4, H3PO4)

• Verbindungen mit nicht definierter Zusammensetzung

� hygroskopische Salze

� Verbindungen mit schwachgebundenem Kristallwasser

� nichtstöchiometrische Verbindungen

Solche Stoffe kann man sehr wohl als Maßlösungen (Lösungen bekannter Konzentra-

tion) einsetzen, ihr Gehalt muss aber an einem Urtiter bestimmt werden.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.1. Grundsätzliches

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Inhaltsverzeichnis

2. Chemische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe

2.1.Grundsätzliches

2.2.Neutralisationstitration

2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie

2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration

2.3.Redoxtitrationen

2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie

2.3.2. Verfahren der Redoxtitration

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

………

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Brønsted-Säure- / Basechemie

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Das Verständnis von Säuren und Basen wandelte sich im Verlauf der Jahrhunderte.

• älteste Definition (Antike): Säuren schmecken sauer

(Basen waren damals noch nicht bekannt)

• danach: Säuren enthalten Sauerstoff (stimmt nicht ganz)

• Arrhenius: Säuren bilden in wässriger Lösung

H+-Ionen (Protonen), Basen bilden OH--Ionen.

Anhand dieser Feststellung lassen sich Säure-

bzw. Basenstärken als [H+] bzw. [OH-] in Wasser

definieren. Problematisch ist die Beschränkung

auf wässrige Lösungen.

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Brønsted-Säure- / Basechemie

Brønsted: Eine Säure gibt Protonen ab, eine

Base nimmt Protonen auf. Diese Definition

(Konzept der korrespondierenden Säuren und

Basen) ist nicht mehr beschränkt auf wässrige

Lösungen.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

HA H+ + A- HB+B + H+

Definition:

Ampholyte sind Verbindungen, die sowohl als Säure als auch als Base wirken können.

Ein einfaches Beispiel ist Wasser.

Allgemein gilt, dass die meisten Elemente und Verbindungen protoniert werden können

und die meisten wasserstoffhaltigen Verbindungen deprotoniert werden können.

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Säure- / Basechemie

Lewis: Säuren sind Elektronenpaarakzeptoren, Basen sind Elektronenpaardonoren.

Beispiele: BF3 und F-; BF3 und H2O (Protonenabspaltung);

Ca2+ in Wasser

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Brønsted-Säuren und –Basen verhalten sich in Wasser wie folgt:*

[H2O] = const. = 55.55 mol/l

wird in KB eingerechnet

Brønsted-Säuren und -Basen

HA H+ + A-

* Anm: in vielen Lehrbüchern findet man H3O+ anstelle von H+.

Beides ist nicht korrekt, da Protonen (extrem hohes Verhältnis

Ladung/Radius) sehr attraktiv auf Wassermoleküle wirken. H3O+

bindet selbst sehr stark weitere Wassermoleküle. Auch die anderen

Ionen in den obenstehenden Gleichungen sind in wässriger Lösung

entsprechend solvatisiert (aquotisiert). Das Skript verzichtet aus

Gründen der Übersichtlichkeit auf deren explizite Erwähnung, es

sollte jedoch allen bewusst sein, dass gelöste Ionen in Wasser in

jedem Fall solvatisiert vorliegen.

HB+ + OH-B + H2O

KS =[H+].[A-]

[HA]KB =

[HB+].[OH-]

[B]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 36: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Stärke von Brønsted-Säuren und -Basen

Die Stärke einer Brønsted-Säure bzw. -Base definiert sich durch deren

Bestreben in einem Medium Protonen abzugeben bzw. aufzunehmen.

Starke Säuren/Basen besitzen große K S- und K B-Werte

KS und KB sind i. d. R. unhandliche Zahlen, deshalb geht man zur logarithmischen

Schreibweise über:

pKS = -log(K S) pKB = -log(K B)

Starke Säuren/Basen besitzen kleine pK S und pK B-Werte

HA H+ + A- HB+ + OH-B + H2O

KS =[H+].[A-]

[HA]KB =

[HB+].[OH-]

[B]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 37: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Korrespondierende Säuren und Basen

Zu jeder Säure HA existiert eine korrespondierende Base A- (die ein Proton

aufnimmt und wieder HA ergibt), zu jeder Base B existiert eine korrespon-

dierende Säure HB+ (die ein Proton abgibt kann und wieder B ergibt).

Man kann für diese Paare die Massenwirkungsgesetze aufstellen.

und es gilt:

für [H2O] = konstant in H2O = 55.55 mol/l gilt: KW = [H+]·[OH-] = 10-14 mol2/l2

in neutralen Lösungen: [H+] = [OH-] = 10-7 mol/l.

Def.: pH = -log[H+]; pOH = -log[OH-]

für neutrale Lösungen gilt:

pH = pOH = 7

KS =[H+].[A-]

[HA]KB =

[HA].[OH-]

[A-].[H2O]KS

.KB =[H+].[A-].[HA].[OH-]

[HA].[A-].[H2O]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 38: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

starke Säuren/Basen: vollständige Dissoziation, pKS- bzw. pKB-Wert ist klein

es gilt: [H+] = C0 (eingesetzte Menge an Säure) bzw.

[OH-] = C0 (eingesetzte Menge an Base)

Beispiele: 1.0 molare HCl: pH = 0

0.001 molare HCl: pH = 3, usw.

0.01 molare NaOH: pOH = 2 und pH = 12

Mehrprotonige Säuren z. B. Schwefelsäure, liefern entsprechend größere Protonenmen-

gen, vorausgesetzt, der pKS-Wert der zweiten Deprotonierungsstufe ist ebenfalls klein.

Def.: Normalität einer Säure- bzw. BaselösungNormalität = Molarität (mol/l) geteilt durch die Zahl der H+- bzw. OH--Ionen, die pro

Säure- bzw. Basemolekül abgegeben werden

Acidität/Basizität wäßriger Lösungen

HA H+ + A-

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 39: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

schwache Säuren/Basen: unvollständige Dissoziation, pKS- bzw. pKB-Wert ist

groß

es gilt (Beispiel Säure): pKS = -log(KS)

Problem: drei unbekannte Größen [HA], [H+], [A-], die aber miteinander verknüpft sind

die Gesamtmenge der Säure berechnet sich wie

folgt: C0 = [HA] + [A-] = [HA] + [H+]; d.h. [HA] = C0 - [H+]

wenn man das Autoprotolysegleichgewicht des Wassers mit berücksichtigt dann

gilt [H+] ≈ [A-] + 10-7, d.h. [A-] = [H+] - 10-7 und damit:

Acidität/Basizität wäßriger Lösungen

HA H+ + A-

KS =[H+].[A-]

[HA]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

KS =[H+].[A-]

C0 - [H+]=

[H+]2

C0 - [H+]

KS =[H+].([H+] - 10-7)

C0 - [H+]

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Für eine einfache Berechnung des pH-Wertes einer schwachen Säure/Base

macht man zwei Vereinfachungen:

1. wegen der geringen Dissoziation der Säure gilt: C0 ≈ [HA].

2. die Autoprotolyse des Wassers wird vernachlässigt, deshalb gilt: [H+] ≈ [A-]

Mit den Vereinfachungen ergibt sich ein neuer Ansatz für KS:

Daraus ergibt sich: [H+] = (KS·C0)1/2

pH = -log(KS·C0)1/2 = -0.5log(KS·C0) = 0.5pKS – 0.5log(C0)

Beispiel: 0.1 molare Essigsäure (KS = 1.78·10-5, pKS = 4.75), pH = 2.37 + 0.50 = 2.87

Wichtig: starke Säuren/Basen vertreiben schwache Säuren/Basen aus den Salzen

Acidität/Basizität wäßriger Lösungen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Analog: Berechnung des pH-Wertes einer schwach dissoziierenden Base

Aus folgt

Mit den Vereinfachungen (C0 ≈ [B], [BH+] ≈ [OH-])

ergibt sich ein neuer Ansatz für KB:

Daraus ergibt sich: [OH-] = (KB·C0)1/2

pOH = -log(KB·C0)1/2 = -0.5log(KB·C0)

pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0)

Der pH-Wert kann wie folgt berechnet werden: pH = 14 - pOH

Acidität/Basizität wäßriger Lösungen

B + H2O BH+ + OH- KB =[BH+].[OH-]

[B]

KB =[OH-]2

C0

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Säure- und Basenstärke

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

1.10S2-HS-12.901.26·10-13

1.68PO43-HPO4

2-12.324.79·10-13

3.60CO22-HCO3

-10.403.98·10-11

4.75NH3NH4+9.255.62·10-10

6.88HPO42-H2PO4

-7.127.59·10-8

7.08HS-H2S6.921.2·10-7

7.48HCO3-H2CO36.523.02·10-7

9.25CH3COO-CH3COOH4.751.78·10-5

10.30HCOO-HCOOH3.702.0·10-4

10.86F-HF3.147.24·10-4

12.04H2PO4-H3PO41.961.1·10-2

12.08SO42-HSO4

-1.921.2·10-2

15.32NO3-HNO3-1.3220.9

≈ 17HSO4-H2SO4≈ -3≈ 103

≈ 20Cl-HCl≈ -6≈ 106

≈ 24ClO4-HClO4≈ -10≈ 1010

pKBBaseSäurepKSKS [mol/l]

Vergleiche:

Säurestärken von HF,

HCl, HBr und HI, von

H3PO4, H2SO4 und

HClO4, von Ameisen-

und Essigsäure sowie

die Säurestärke von

Phosphorsäure und

ihren Salzen.

pKS + pKB = 14

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Pufferlösungen

Einen Puffer erhält man durch Kombination einer schwachen Säure (z. B.

HAc) bzw. Base (z. B. NH3) mit ihrem Salz (z. B. NaAc bzw. NH4Cl).

Säure: Hydroxidionenfänger Base: Protonenfänger

Aus dem Massenwirkungsgesetz erhält man:

für schwache Säuren gilt: [HA] ≈ [HA0] bzw. [A-] ≈ [A-0]

Daraus folgt: pH = pKS – log([HA0]/[A-0]) Henderson-Hasselbach-Gleichung

Für ein 1:1 Gemisch von Säure und Salz gilt: [HA0] = [A-0]; pH = pKS

Pufferlösungen halten ihren pH-Wert bis zu einem bestimmten Punkt konstant; wichtig

für Biochemie und Physiologie, aber auch bei chemischen Anwendungen (Haut; Blut;

Gerinnung von Milch; Sulfidfällung).

[H+] =KS

.[HA]

[A-]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 44: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Säure-Base-Indikatoren sind schwache Säuren oder

Basen. Sie ändern beim Protonieren oder Deprotonieren

ihre chemische Struktur und damit ihre Farbe.

Beispiel: Paranitrophenol

Säure-/Base-Indikatoren

OHN+

O

O

Base O-N+

O

O

ON+

O

O

gelbfarblos

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Inhaltsverzeichnis

2. Chemische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe

2.1.Grundsätzliches

2.2.Neutralisationstitration

2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie

2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration

2.3.Redoxtitrationen

2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie

2.3.2. Verfahren der Redoxtitration

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

………

Page 46: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Verfahren der Neutralisationstitration

Bestimmung des Gehalts an Säure oder Base

durch Zugabe einer Äquivalentmenge an Base

oder Säure.

Funktioniert weil am Äquivalenzpunkt i.a. eine

rasche Änderung des pH-Werts stattfindet (außer

bei extremer Lage des pH-Werts,

z.B. HPO42-/PO4

3-)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 47: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Säure/Base-Titration: Bestimmung der Menge Säure/Base in einer Probe

durch Zugabe einer Base/Säure bekannter Konzentration unter Verfolgung

des pH-Wertes

Beispiel: starke Säure mit

starker Base

Titration von

100 ml 0.1 M HCl

mit 0.1 M NaOH

Titration von

100 ml 0.001 M HCl

mit 0.001 M NaOH

für online-Simulation von Neutralisationstitrationen siehe

http://ac16.uni-paderborn.de/lehrveranstaltungen/_aac/prakt/titrat/titrat.html

Neutralisationsreaktionen

0

2

4

6

8

10

12

14

0 50 100 150 200

pH

ml NaOH

Äquivalenzpunkt bei pH = 7

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 48: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

0

2

4

6

8

10

12

14

0 50 100 150 200

Beispiel: schwache Säure mit starker Base

Titration von 100 ml 0.1 M HAc

(pKS = 4.75) mit 0.1 m NaOH

- Startpunkt (reine HAc):

pH = 2.37 + 0.50 = 2.87

- Pufferpunkt (nach 50 ml NaOH):

pH = pKS = 4.75

- Äquivalenzpunkt: es liegt eine

Lösung von 0.1 mol NaAc

(schwache Base) in 200 ml

Wasser vor

pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0);

pKB = 9.25; C0 = 0.05 M; pOH = 4.625 + 0.651 = 5.276; pH = 14 – pOH = 8.724

- Endpunkt der Titration: es liegt eine Lösung von 100 ml 0.1 mol/l NaOH (starke Base)

in insgesamt 300 ml Wasser vor; pOH = -log(0.1/3) = 1.48; pH = 14 – 1.48 = 12.52

Neutralisationsreaktionen

pH

ml NaOH

Äquivalenzpunkt bei pH = 8,72

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Der Umschlagspunkt

pKS-Wert des Indikators

muß auf den Äquivalenz-

punkt der Titration

angepaßt sein

Indikatoren

0

2

4

6

8

10

12

14

0 50 100 150 200

pH

ml NaOH0

2

4

6

8

10

12

14

0 50 100 150 200

pH

ml NaOH

LackmusBromthymolblau

ThymolblauPhenolphthalein

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 50: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

mehrprotonige Säuren

Beispiel: Phosphorsäure

Titration von 100 ml 0.1 M H3PO4

mit 1.0 M NaOH

H3PO4 ↔ H2PO4- + H+; pKS1 = 1.96

H2PO4- ↔ HPO4

2- + H+; pKS2 = 7.12

HPO42- ↔ PO4

3- + H+; pKS3 = 12.32

- Anfangspunkt: die zweite Deprotonierung spielt in wässriger H3PO4 (KS1/KS2 ca. 105)

keine Rolle pH = -log[H3PO4] = 1 (starke Säure)

oder pH = 0.5pKS – 0.5log(C0) = 0.88 + 0.5 = 1.38 (schwache Säure)

- Pufferbereiche: bei 5, 15 und 25 ml; nahezu wagrechter Kurvenverlauf

- Äquivalenzpunkte: bei 10, 20 und 30 ml, wobei man für eine Titration den Äquivalenz-

punkt bei 30 ml nicht verwenden kann

0

2

4

6

8

10

12

14

0 5 10 15 20 25 30 35 40

pH

ml NaOH

Pufferbereiche

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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mehrprotonige Säuren

Titration von 100 ml 0.1 M H3PO4

mit 1.0 M NaOH

Berechnung der Äquivalenzpunkte:

- ÄP1: 110 ml NaH2PO4-Lösung; d. h.

[H2PO4-] = 0.1·0.1/0.11 = 0.091 M;

A. H2PO4- HPO4

2- + H+; pKS = 7.12

B. H2PO4- + H2O H3PO4 + OH-; pKB = 14 - 1.96 = 12.04

A liefert ca. 105 mal mehr H+-Ionen als B OH--Ionen, die Lösung reagiert sauer:

pH = 0.5pKS – 0.5log(C0) = 3.56 - 0.5log(0.091) = 4.08

- ÄP2: 120 ml Na2HPO4-Lösung; d. h. [HPO42-] = 0.1·0.1/0.12 = 0.083 M;

C. HPO42- PO4

3- + H+; pKS = 12.32

D. HPO42- + H2O H2PO4

- + OH-; pKB = 14 - 7.12 = 6.88

D hat einen um ca 5·105 kleineren pK-Wert als C, D bestimmt das Verhalten von HPO42-

pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0) = 3.44 - 0.5log(0.083) = 3.98; pH = 14 - 3.98 = 10.02

0

2

4

6

8

10

12

14

0 5 10 15 20 25 30 35 40

pH

ml NaOH

Äquivalenzpunkte

BromkresolgrünMethylorange

Thymolphthalein

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 52: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

mehrprotonige Säuren

Titration von 100 ml 0.1 M H3PO4

mit 1.0 m NaOH

Berechnung der Äquivalenzpunkte:

- ÄP3: 130 ml Na3PO4-Lösung; d. h.

[PO43-] = 0.1·0.1/0.13 = 0.077 M

PO43- + H2O ↔ HPO4

2- + OH-; pKB = 14 - 12.32 = 1.68,

Phosphat als starke Base: pOH = -log(C0) = 1.11; pH = 12.89

als schwache Base: pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0) = 0.84 - 0.5log(0.077) = 1.40; pH = 12.60

diesen ÄP kann man nicht titrieren, er liegt zu nahe am dritten Pufferbereich und am

Endpunkt der Titration

Endpunkt: 40 ml NaOH, 140 ml eines 1:1 Gemisches NaOH und Na3PO4 (2 starke Basen)

[OH-] = [PO43-] = 0.1·0.1/0.14 = 0.071 M, d. h. [OH-] = 2·0.071 = 0.143 M;

pOH = log(C0) = log(0.143) = 0.85; pH = 13.15

0

2

4

6

8

10

12

14

0 5 10 15 20 25 30 35 40

pH

ml NaOH

Äquivalenzpunkte

BromkresolgrünMethylorange

Thymolphthalein

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Gleichgewichtskonzentrationen

Aus der Auftragung des pH-Wertes gegen die zugegebene Menge Titrations-

mittel kann man nicht direkt die Konzentrationen der verschiedenen Spezies

im Gleichgewicht erkennen. Ausweg: doppelt logarithmische Auftragung

für eine Säure gilt: C0 = [HA] + [H+] = [HA] + [A-]

Basengleichung: Säuregleichung:

[A-][H+] + KS[A-] = KSC0 KS[HA] + [HA][H+] = C0[H+]

log[A-] = logC0 - log(1+ 10pKs-pH) log[HA] = logC0 - log(1 + 10pH-pKs)

HA H+ + A- KS =[H+].[A-]

[HA]

[A-] =KS

.[HA]

[H+]=

KS.(C0-[A-])

[H+][HA] =

[A-].[H+]

KS=

(C0-[HA]).[H+]

KS

[A-] = =KS

.C0

KS+[H+]

C0

[H+]

KS1+

=C0

1+10pKs-pH [HA] = =C0

.[H+]

KS+[H+]

C0

[H+]

KS1+

=C0

1+10pH-pKs

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

Page 54: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Gleichgewichtskonzentrationen

aus der Basengleichung aus der Säuregleichunglog[A-] = logC0 - log(1+ 10pKs-pH) log[HA] = logC0 - log(1 + 10pH-pKs)

folgt: folgt:

für pH < pKS ist 10pKs-pH >> 1 für pH > pKS ist 10pH-pKs >> 1

d. h. log[A-] = logC0 - (pKS - pH) d. h. log[HA] = logC0 - (pH - pKS)

d. h. Auftragung von log[A-] d. h. Auftragung von log[HA]

gegen pH ergibt eine gegen pH ergibt eine

Gerade mit Steigung +1 Gerade mit Steigung -1

für pH > pKs ist 10pKS-pH << 1 für pH < pKs ist 10pH-pKS << 1

d. h. log[A-] = logC0; d. h. log[HA] = logC0

d. h. log[A-] ist unabhängig d. h. log[HA] ist unabhängig

vom pH-Wert vom pH-Wert

Gerade mit Steigung 0 Gerade mit Steigung 0

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Gleichgewichtskonzentrationen

Beispiel: Titration von 0.1 M HAc mit 0.1 M NaOH

pKS = 4.75

log[H+] (grüne Kurve)

log[OH-] (rote Kurve)

Base: log[Ac-] (orangefarbene Kurve)

pH < 4.75: Gerade mit Steigung +1

pH > 4.75: Gerade mit Steigung 0

Säure: log[HAc] (blaue Kurve)

pH > 4.75: Gerade mit Steigung -1

pH < 4.75: Gerade mit Steigung 0

-14

-12

-10

-8

-6

-4

-2

0-14-12-10-8-6-4-20

pH

logC

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Praxis

Urtiter:• Oxalsäure (C2H2O4), Feststoff mit und ohne

Kristallwasser, starke ein- bis zweiprotonige

Säure (je nach Titrationsgrad)

• Monokaliumphthalat (schwache einprotonige

Säure, pKS = 5.40)

• trockenes Natriumcarbonat

Sodalith: Na2CO3·(H2O)10

Erkennung des Äquivalenzpunktes durch Verwendung eines

Säure-/Baseindikators:• schwache Base oder Säure

• muss im Bereich des Äquivalenzpunktes der Probe protoniert oder deprotoniert werden

• ändert dabei seine Farbe

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

HO O

O OH

COO+K-

COOH

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Säure-Base-Indikatoren

Methylorange(um pH = 4, Titration schwacher Säuren, Titration der 1. Deprotonierungsstufe von H3PO4)

Problem: Erkennung des Umschlagpunktes bei sehr ähnlichen Farben,

Blindprobe daneben stellen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

N

N N

-O3S + H+

- H+

NH

N N

-O3S

orangerot

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Säure-Base-Indikatoren

Lackmus, Bromthymolblau (um pH = 7, Titration starker Säuren und Basen)

Problem: Lackmus ist ein Naturstoff und enthält mehrere

Farbstoffe, d.h. es besitzt einen etwas breiteren Umschlags-

bereich (pH = 5 - 9), größerer Titrationsfehler, besonders

bei verdünnten Lösungen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

+ H+

- H+

OHO

SO3- S

O

OH

HO

O

O

Br

Br

Br

Br

blau gelb

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Säure-Base-Indikatoren

Phenolphthalein

(um pH = 9, Titration schwacher Säuren)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

+ H+

- H+

OHO

COO- O

O

OH

HO

pinkfarblos

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Säure-Base-Indikatoren

Mischindikatoren: bessere Erkennbarkeit• Mischungen von zwei Indikatoren

• zeigen am Umschlagspunkt jeweils komplementäre Farben

• Farbwechsel von Farbe1 nach Grau nach Farbe 2

Universalindikator: Mischung mehrerer Indikatoren,

zeigt Farbpalette entsprechend der pH-Abstufung an,

für Titrationen nicht geeignet

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Fehlermöglichkeiten

• ungenaue Verdünnung: zu hoher oder zu niedriger Analysenwert

• unhomogene Probe (nicht gut gemischt): mehrere (stark) unterschiedliche

Titrationsergebnisse

• zu schnelles Titrieren (Übertitration): zu hoher Analysenwert

• schmutzige (ölige) Bürette: es bleiben Tropfen des Titranden in der Bürette, zu

hoher Analysenwert

• nicht getrocknete Bürette (Restwasser im Hahn): erste Titration liefert höheren

Wert als die folgenden Titrationen

• falscher Indikator: zu hoher oder zu niedriger Analysenwert

• basische Proben:

Verfälschung des Ergebnisses bei längerem Stehen lassen von basischen Analyse

an der Luft durch Aufnahme von Kohlendioxid, zu niedriger Analysenwert; Abhilfe:

rasche Titration, Verschließen des Kolbens

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

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Titration sehr schwacher Säuren und Basen

z.B. Borsäure und Ammoniumsalze

Verlagerung des Gleichgewichts nach rechts (= Erhöhung der Säurestärke) durch

Abfangen der Produkte mit Mannit (Ethylenglycol) oder Formaldehyd:

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

HO B

OH

OH OH

BHO OH

OH+ H2O + H+

NH3 + H+NH4+

OH

BHO OH

OH

4 NH3 + 6

+ 2 HO OH

O

BO O

O+ 4 H2O

H2C O NN

N

N

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Titration von Carbonat und Hydrogencarbonat

zweistufige Titration

1. Titration der Gesamtmenge (z) von Carbonat (x) und Hydrogencarbonat (y) mit HCl

und Methylorange

2. Zugabe einer definierten Menge (a) von NaOH erzeugt Carbonat (y) aus Hydrogen-

carbonat (y), Titration der verbleibenden NaOH (a-y) mit Oxalsäure und Phenol-

phthalein, evtl. Ausfällen des Carbonats als BaCO3.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

xCO32- + yHCO3

- zCO2

aOH- + yHCO3- yCO3

2- + (a-y)OH-

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Neutralisationstitration von (Alkali)metallionen

Ionenaustauscher (Polymere mit hoher innerer Oberfläche und einer

hohen Anzahl von Funktionen):

• sauer: sulfonierte Harze

• basisch: Harze mit quartären

Ammoniumgruppen

Coulomb-WW: F ≈ (q1⋅q2/r2)

• Laden durch Überspülen mit HCl (saure Harze) bzw. NaOH (basische Harze)

• Ausspülen der nicht gebundenen Säure/Base durch dest. Wasser

• Kationen bzw. Anionen werden ausgetauscht und setzen H+ bzw. OH- frei

• nachfolgend: Titration starker Säuren bzw. Basen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration

SO3- H+

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Inhaltsverzeichnis

2. Chemische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe

2.1.Grundsätzliches

2.2.Neutralisationstitration

2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie

2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration

2.3.Redoxtitrationen

2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie

2.3.2. Verfahren der Redoxtitration

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

………

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Redoxreaktionen sind chemische Reaktionen bei denen einzelne Elektronen

übertragen werden.

Oxidation und Reduktion stellen zusammen mit Lewis-Säure/-Base-Reaktionen

(Elektronenpaarbindung) die beiden grundlegenden Reaktionstypen der Chemie dar.

Oxidation: Eine Substanz wird oxidiert, wenn

sie Elektronen abgibt

Reduktion: Eine Substanz wird reduziert, wenn

sie Elektronen aufnimmt

Oxidationsmittel: nimmt Elektronen auf

Reduktionsmittel: gibt Elektronen ab

Reduktion und Oxidation treten niemals allein,

sondern immer aneinander gekoppelt auf.

Grundlagen

Aox + z e- Ared

Bred Box + z e-

Box + AredAox + Bred

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Regeln für die Ermittlung von Oxidationszahlen: - Elemente (z. B. O2, O3, H2, etc.): alle Atome besitzen die Oxidationsstufe 0

- Festsetzungen für Verbindungen:

F = -1

O = -2 (Ausnahme: Peroxide, Superoxide)

H: +1 (Ausnahme: Hydride -1)

andere Halogene: -1 (Ausnahme: Verbindungen mit Sauerstoff und Halogenen)

- Metallionen, einatomige Anionen: Oxidationsstufe = Ionenladung (z. B. Zn2+, Cl-)

- komplexe Moleküle: man nimmt das elektronegativste Element und versieht es mit

der maximalen Ladung, zusammen mit der Molekülladung ergibt sich die Oxidations-

stufe der anderen Atome im Molekül (formale Oxidationsstufe).

Die Oxidationsstufe kann in lateinischen Zahlen über die Atome geschrieben werden.

Allgemeine Regel: es werden bevorzugt Oxidationsstufen eingenommen, die zu

Edelgasschalen führen (gilt für die meisten Hauptgruppenelemente).

Oxidationszahlen

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Komproportionierung, Synproportionierung:

Aus zwei Verbindungen eines Elements mit hoher und niedriger Oxidationsstufe ergibt

sich eine Verbindung mit mittlerer Oxidationsstufe

Beispiel:

Disproportionierung:

Aus einer Verbindung mit mittlerer Oxidationsstufe eines Elements ergeben sich zwei

Verbindungen mit hoher und niedriger Oxidationsstufe

Spezialfälle

BrO3- + 5 Br- + 6 H+ 3 Br2 + 3 H2O

+V -I 0

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Formalismus für die Aufstellung von Redoxgleichungen: 1. Oxidationsmittel und reduziertes Produkt

mit Reaktionspfeil anschreiben

2. Oxidationsstufen über die Formeln schreiben

3. Differenz der Oxidationsstufen mit Elektronen

ausgleichen

4. Ladungen mit H+ / OH- / O2- ausgleichen,

(im Sauren / im Alkalischen / Schmelze)

5. Wasserstoff und Sauerstoff durch

Wasser / Carbonat ausgleichen

6. 1 - 5 für das Reduktionsmittel wiederholen

7. Elektronenzahl angleichen,

Teilgleichungen addieren

Aufstellen von Redoxgleichungen

MnO4- Mn2+

MnO4- Mn2+

+VII +II

MnO4- + 5 e- Mn2+

+VII +II

8 H+ + MnO4- + 5 e- Mn2+

+VII +II

8 H+ + MnO4- + 5 e- Mn2+ + 4 H2O

+VII +II

5 C2O42- 10 CO2 + 10 e-

16 H+ + 2 MnO4- + 10 e- 2 Mn2+ + 8 H2O

16 H+ + 2 MnO4- + 5 C2O4

2- 2 Mn2+ + 8 H2O + 10 CO2

C2O42- 2 CO2 + 2 e-

+III +IV

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Über die Stärke von Oxidations-und Reduktionsmitteln ist es möglich, den

Ablauf von Redoxreaktionen vorherzusagen.

Elektrochemie: Definition einer Standardelektrode

mit Standardpotential E0 = 0.000 V

Normalwasserstoffelektrode:(Pt-Blech (1), umspült von H2 bei 1013 mbar (2),

in 1 M HCl (3) , T = 298 K, Auschluss von O2 (4)).

Daran können die Potentiale

aller anderen Elemente

gemessen werden, z. B.

das des Elements Zink.

Stärke von Oxidations-/Reduktionsmitteln

E Salzbrücke

1 m Zn2+

Zn-BlechPt-Blech

1m HCl

H2, 1013 mbar

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Die über eine galvanische Zelle erhältliche

Energie (Arbeit) kann berechnet werden.

Umrechnung von Spannung in freie Energie:

∆G0 = -n·F·E0

mit n = Zahl der fließenden Elektronen,

F = Faraday Konstante = e·Na = 96487 Cmol-1,

e = Elementarladung des Elektrons = 1.6021·10-19 C

Beispiel : H2/H+//Zn/Zn2+

Hier: endergonische Reaktion, läuft von rechts nach links

Elektrochemisches Potential / freie Energie

E Salzbrücke

1 m Zn2+

Zn-BlechPt-Blech

1m HCl

H2, 1013 mbar

H2 2 H+ + 2 e- E0 = 0 V d. h. ∆G = 0 kJ/mol

Zn2+ + H2 Zn + 2 H+ E0 = -0.76 V d. h. ∆G = +142 kJ/mol

Zn2+ + 2 e- Zn; E0 = -0.76 V d. h. ∆G = +142 kJ/mol

daraus berechnetes Potenzial des Zn2+/Zn-Elements

gemessenes Potenzial der Zelle

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Def.: Potentiale bezogen auf Reduktionsgleichung: Ox + z e- -> Red

Die stärksten Oxidationsmittel haben die

positivsten Standardpotentiale, die stärksten

Reduktionsmittel die negativsten.

Für die Umrechnung in Nichtstandardbedin-

gungen verwendet man die

Nernst’sche Gleichung:

∆G = ∆G0 + RTln([Red]/[Ox])

mit ∆G = -nFE und

∆G0 = -nFE0 gilt:

E = E0 – (RT/nF)ln([Red]/[Ox]) =

E = E0 – (0.059/n)log([Red]/[Ox]) (bei 25°C).

Standardpotentiale, elektrochemische Reihe

Redox-Paar E0 [V]

F2 + 2e -> 2 F- + 2.87

Ce4+ + e- -> Ce3+ + 1.72

Pt2+ + 2e -> Pt + 1.60

MnO4- + 8H+ + 5e -> Mn2+ + 4H2O +1.51

Au3+ + 3e -> Au + 1.50

Cl2 + 2e -> 2 Cl- + 1.36

Hg2+ + 2e -> Hg +0.85

Ag+ + e -> Ag + 0.80

Cu+ + e -> Cu +0.34

2 H+ + 2e -> H2 0.0

Pb2+ + 2e -> Pb -0.13

Fe2+ + 2e -> Fe -0.44

Cr3+ + 2e -> Cr -0.74

Zn2+ + 2e -> Zn -0.76

Al3+ + 3e -> Al -1.66

Mg2+ + 2e -> Mg -2.36

Na+ + e -> Na -2.71

Ca2+ + 2e ->Ca -2.87

Li+ + e -> Li -3.05

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

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Kombination zweier galvanischer Elemente

Beispiel: Zn2+/Zn//Cu2+/Cu mit Zn2+/Zn

mit (E0 = -0.76 V) und Cu2+/Cu (E0 = +0.34 V)

Elektronen fließen vom Zink zum Kupfer

DE0 = 1.10 V

Wenn die Batterie entladen ist (alles Zn aufgelöst oder alles Cu abgeschieden) muss

gelten: E(Zn2+/Zn) = E(Cu2+/Cu)

Aufstellung der Nernstgleichungen:

E0(Zn2+/Zn) – (0.059/2)·log(1/[Zn2+]) = E0(Cu2+/Cu) – (0.059/2)·log(1/[Cu2+])

E0(Zn2+/Zn) + (0.059/2)·log[Zn2+] = E0(Cu2+/Cu) + (0.059/2)·log[Cu2+]

E0(Zn2+/Zn) - E0(Cu2+/Cu) = -1.10 V = (0.059/2)·log[Cu2+] - (0.059/2)·log[Zn2+]

1.10 V = 0.0295·(log[Zn2+] – log[Cu2+]) = 0.0295·log([Zn2+]/[Cu2+])

37.29 = log([Zn2+]/[Cu2+]) d. h.

Batterien

1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox

Zn + Cu2+ Zn2+ + Cu K = 1037.28

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Inhaltsverzeichnis

1. Chemische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe2.1.Grundsätzliches

2.2.Neutralisationstitration

2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie

2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration

2.3.Redoxtitrationen

2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie

2.3.2. Verfahren der Redoxtitration

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

………

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Verfahren der Redoxtitration

Bestimmung des Gehalts eines Oxidations- oder Reduktionsmittels durch

Umsetzung der Probe mit einem Reduktions- oder Oxidationsmittel.

Detektion des Äquivalenzpunktes:

• direkt über die unterschiedlichen Farben der Reagentien

• mithilfe eines Redoxindikators (z. B. Diphenylamin, E0 = 0.76 V;

Ferroin (Rot ↔ Blau) = [Fe(phen)3]+2/3; E0 = 1.06 V) ,

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Verfahren der Redoxtitration

Urtiter:

• Oxalsäure (H2C2O4), zur Kalibrierung von Permanganat

• Kaliumbromat (KBrO3)

• Iod (I2)

• As2O3

Na3AsO3, Na3AsO4

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Manganometrie

Redoxpaare: MnO4-/Mn2+ (violett/rosa) bzw. MnO4

-/MnO2 (violett/schwarz)

Bestimmung von Fe3+ nach Reinhard-Zimmermann in salzsaurer

Lösung mit einem leichten Überschuss an Sn2+

2 Fe3+ + Sn2+ -> 2 Fe2+ + "Sn4+„

Der Überschuss Sn2+ wird mit Hg2+ entfernt: 2 Hg2+ + Sn2+ -> "Sn4+ + Hg22+

das unlösliche Hg2Cl2 wird von MnO4- nur sehr langsam oxidiert

Zugabe von Reinhard-Zimmermann-Lösung (Mn2+, H3PO4, H2SO4) verhindert die

Oxidation von Cl- zu Cl2

Gesamtgleichung: MnO4- + 5 Fe2+ + 8 H+ -> Mn2+ + 5 Fe3+ + 4 H2O

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Manganometrie

Konstruktion der Titrationskurve Beispiel: 100 ml 0.1 M Fe2+-Lösung mit 0.02 M MnO4

--Lösung in 0.05 M H2SO4

• Anfangspunkt: reine Fe2+-Lösung

(z. B. [Fe2+]/[Fe3+] ca. 1023, ca. ein Fe3+-Ion pro Mol Fe2+)

E = E0 – (0.059)log([Red]/[Ox]) = 0.771 V - (0.059 V)log(1023) = -0.59 V

(Phantasiewert)

• nach 50 ml: [Fe2+]/[Fe3+] = 1; d. h. E = E0 – (0.059 V)log(1) = 0.771 V

• Äquivalenzpunkt:

allg. Beschreibung der Konzentrationen:

MnO4- + 5 Fe2+ + 8 H+ -> Mn2+ + 5 Fe3+ + 4 H2O

x/5 x C/5 -x/5 C – x

am ÄP: C = [Fe3+] = [Fe2+]0 = 0.1 M, x ist vernachlässigbar klein im Vergleich zu C,

d. h. [Mn2+] = C/5 = 0.02 M

Es fehlt also für jede Halbzelle die Information über eine Konzentration, aber es ist

bekannt, dass beide Redoxpotentiale gleich groß sein müssen, daraus ergibt sich:

E(Mn) = E(Fe)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Manganometrie

Mit E(Mn) = E(Fe) folgt:

1.510 V - (0.059/5 V)log([Mn2+]/[MnO4-][H+]8) = 0.771 V - (0.059 V)log([Fe2+]/[Fe3+])

1.510 V - (0.012 V)log(0.02/((x/5)·0.18)) = 0.771 V - (0.059 V)log(x/0.1)

1.510 V - (0.012 V)log(0.02) - (0.012 V)log(1/0.18) - (0.012 V)log(5/x)

= 0.771 V - (0.059 V)log(x) - (0.059 V)log(1/0.1)

1.510 V - 0.020 V - 0.012·8 V - (0.012 V)log(5) + (0.012 V)log(x)

= 0.771 V - (0.059 V)log(x) - 0.059 V

1.386 V + (0.059 V)log(x1/5) = 0.712 V - (0.059 V)log(x)

0.614 V = - (0.059 V)log(x) - (0.059 V)log(x1/5) = - (0.059 V)(log(x1) + log(x0.2))

10.42 = -log(x1.2) ; 8,68 = -log(x)

x = 2.09·10-9, d. h. die Restkonzentrationen MnO4- und Fe2+ sind klein aber nicht gleich 0 !!

eingesetzt in eine der Nernst-Gleichungen (hier für Eisen):

E = 0.771 V - (0.059 V)log(2.09·10-9/0.1) = 0.771 V - (0.059 V)log(2.09·10-8) =

0.771 V + 0.472 - (0.059 V)log(2.09) = 1.342 V

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Manganometrie

Die Kurve ist unsymmetrisch, da bei MnO4- 5 und bei Fe2+ nur 1 Elektron(en) fließen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

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Manganometrie

• Bestimmung von Calcium durch Fällen mit Oxalat, kann zur Abtrennung von anderen

Bestandteilen (z.B. bei Wasseranalytik) verwendet werden

• Bestimmung von H2O2 (Oxidation zu O2)

• Bestimmung von Nitrit (Oxidation zu Nitrat)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Iodometrie

Titration mit Iodid oder Iod, Rücktitration von überschüssigem Iod mit S2O32-

Indikator: Iod-Stärke-Komplex (blau)

• Bestimmung von Thiosulfat: 2 S2O32-+ I2 → S4O6

2- + 2 I-

• Titration von Chromat und Permanganat, Wasserstoffperoxid

• Titration von Arsentit (Urtiter) mit Iod

• Bestimmung von Kupfer (de Haën-Low)

2 Cu2+ + 4 I- ↔ 2 CuI + I2funktioniert wegen der Schwerlöslichkeit von CuI (Löslichkeitsprodukt: 10-11.3 mol2/l2),

die Redoxpotentiale sprechen gegen diese Reaktion:

das Potential von Cu2+/Cu+ (+0.167 V) ist negativer als das von I2/I- (+0.535 V),

d. h. Iod würde Cu+ zu Cu2+ oxidieren, aber:

KL = [Cu+][I-]; => [Cu+] = KL/[I-];

E = E0 - 0.059*log([Cu+]/[Cu2+]) = 0.168 - 0.059*log(KL/[I-][Cu2+]) = 0.168 + 0.059*11.3

= 0.835 V > 0.535 V

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

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Weitere Arten der Redoxtitration

Chromatometrie

Redoxpaar: CrO42-/Cr3+ (orange-gelb/grün), Umschlagspunkt

nur mit Redoxindikator anzeigbar

• Bestimmung von Fe2+,

Cerimetrie

Redoxpaar: Ce3+/Ce4+ (farblos/gelb), Umschlagspunkt nur mit Redoxindikator

anzeigbar

• Bestimmung von Nitrit

• Bestimmung von Arsenit

Ferrometrie

Redoxpaar: Fe2+/Fe3+ (farblos/gelb), Umschlagspunkt nur mit Redoxindikator

anzeigbar

• Bestimmung von Chromat

• Bestimmung von Vanadium: H+ + VO2+ + Fe2+ -> VO2+ + Fe3+ + OH-

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

Page 84: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Weitere Arten der Redoxtitration

Bromatometrie

Oxidation mit Brom: Bromatometrie (BrO3- + 5 Br- + 6 H+ -> 3 Br2 + 3 H2O)

• Bestimmung von Metalloxinaten (Hydroxichinolinkomplexe):

Ausfällen des Metalloxinats, Auflösen im Sauren, Bromierung mit Br2 im Überschuß,

Rücktitration mit Iodid (s.u.)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration

N

OH

n + Mn+ + n OH- M(Oxinat)n + n H2O

(schwerlöslich)

N

OH

+ 2 Br2

N

OH

Br

Br

+ 2 HBr

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Inhaltsverzeichnis

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Fällung

Fällung einer schwerlöslichen Verbindung aus dem zu bestimmenden Ion und einem

Fällungsreagens, Erkennung des Umschlagspunktes entweder durch des Verschwinden

einer Färbung (die vom zu bestimmenden Stoff herrührt) oder durch das Auftreten einer

Färbung (über das Fällungsreagens)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

Ni2+ Pb2+ Ag+

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Inhaltsverzeichnis

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Löslichkeit von Salz in H2O

Salze dissoziieren beim Auflösen in Wasser in Kationen und Anionen.

Die Löslichkeit beschreibt wie viel g/l eines Salzes sich in Wasser lösen.

Beispiel:

In einer gesättigten Lösung von CaF2 in Wasser liegen aquatisierte (an Wasser

gebundene) Ca2+ und F--Ionen vor. Man kann für den Lösungsvorgang folgende

Gleichgewichtsreaktion ansetzen:

und daraus die Gleichgewichtskonstante ableiten:

K = [Ca2+]⋅[F-]2/[CaF2(aq.)]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

CaF2(aq) Ca2+aq + 2 F-

aqCaF2(fest)

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Löslichkeit von Salz in H2O

Solange festes CaF2 als Bodensatz vorhanden ist, bleibt die Menge des im Wasser

gelösten aber undissoziierten CaF2(aq.) konstant. Man kann deshalb CaF2(aq.) in K

verrechnen und erhält eine neue Konstante KL, die Löslichkeitsprodukt genannt wird.

KL = K⋅[CaF2(aq.)] = [Ca2+]⋅[F-]2 = Löslichkeitsprodukt

Man kann wie für K auch für KL eine allgemeine Form aufstellen:

KL = [An+]m⋅[Bm-]n

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

AmBn m An+ + n Bm-

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Löslichkeit von Salz in H2O

Die Dimension von KL hängt von den Koeffizienten m und n ab !

Damit beschreibt KL nicht (!) die Menge eines Salzes (mol oder g) die sich in einer

bestimmten Wassermenge löst. Man kann dies aber mithilfe von KL berechnen.

Die Löslichkeit L (gelöste Menge [mol/l]) eines Salzes des Typs AB berechnet sich wie folgt

(Vernachlässigung der nicht dissoziierten Spezies AB):

KL = [A+]⋅[B-]

Damit ist [A+] gleich [B-] und ebenfalls gleich der in Lösung gegangenen Menge AB.

Man kann also ansetzen: KL = [A+]2 = [AB]2 und daraus folgt: L = [AB] = KL1/2

mit der Einheit: mol/l

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

AB A+ + B-

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Löslichkeit von Salz in H2O

Für den allgemeinen Fall der Löslichkeit L eines Salzes des Typs AmBn gilt:

KL = [An+]m⋅[Bm-]n und daraus berechnet sich:

L = [AmBn] = (1/m)[An+] = (1/n)⋅[Bm-]

[An+] = m·L; [Bm-] = n·L, daraus folgt:

KL = (m·L)m·(n·L)n = mm⋅nn·Lm+n

Lm+n = KL/mm⋅nn

L = (KL/mm⋅nn)1/(m+n)

(L/mm⋅nn)1/m+n Einheit: mol/l (!!!) ohne mathematische Herleitung.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

AmBn m An+ + n Bm-

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Inhaltsverzeichnis

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Argentometrie

Fällung schwerlöslicher Silbersalze (Anionenbestimmung)

Urtiter:

AgNO3-Lösung (aus Ag und HNO3 bereitet)

NaCl-Lösung aus reinem NaCl (Fällung mit konz. HCl, Trocknen)

Methoden:

• Bestimmung von Thiocyanat (Fe3+ als Indikator)

solange noch freies SCN- vorliegt bildet dieses mit Fe3+ den blutroten Komplex

[Fe(SCN)3(H2O)3]

• Bestimmung von Kupfer (Reduktion von Cu2+ zu Cu+ mit H2SO3, Fällen als CuSCN,

Rücktitration mit Ag+/Fe3+)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

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Argentometrie

• Bestimmung von Halogeniden nach Mohr (mit CrO42- als Indikator)

Berechnung der Titrationskurven: jeweils 100 ml 0.1 M Halogenid-Lösungen titriert mit

0.1 M AgNO3-Lösung; Löslichkeitsprodukte: AgCl (1.0·10-10), AgBr (4.0·10-13),

AgI (1.0·10-16) jeweils mol2/l2

Auftragung von ml AgNO3 gegen pX, Definition: pX = -log[X-],

� Anfangskonzentrationen: 0.1 M, hier: pX = 1

� Äquivalenzpunkte:

AgCl: pX = 5.00

AgBr: pX = 6.20

AgI: pX = 8.00

� nach 200 ml AgNO3-Lösung:

AgCl: pX = -log[Cl-] = -log(KL/[Ag+]) = -log(1.0·10-10/0.033) = 8.70

AgBr: pX = -log[Br-] = -log(KL/[Ag+]) = -log(4.0·10-13/0.033) = 11.10

AgI: pX = -log[I-] = -log(KL/[Ag+]) = -log(1.0·10-16/0.033) = 14.70

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

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Argentometrie

• Bestimmung von Chlorid nach Fajans (mit Eosin oder Fluorescein als Indikator,

Polarisierung der AgCl-Oberfläche, Kolloidbildung, am Äquivalenzpunkt: Ballung)

• Bestimmung von Cyanid (Bildung von löslichem [Ag(CN)2]-, erster Niederschlag wenn

Grenzkonzentration Ag+ überschritten wird)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration

O

ONO2O2N

HO

Br Br

OH

O

Wechselwirkung mit positiv geladenem Kolloid

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Inhaltsverzeichnis

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

Page 97: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Def.: Lewis-Säuren sind Elektronenpaarakzeptoren (Kationen, Moleküle

mit Elektronenmangel -> Sextett); Lewis-Basen sind Elektronen-

paardonoren (Anionen, Moleküle mit freien Elektronenpaaren)

Das Lewis-Konzept beschreibt die Wechselwirkung von elektronenarmen (Säuren) mit

elektronenreichen (Basen) Molekülen und damit den Übergang von einer ionischen Bin-

dung (reine Coulomb-Wechselwirkung) zu einer kovalenten Bindung (nur Integralüber-

lappung, -kombination). Lewis-Säure/-Base-Wechselwirkungen bestimmen in hohem

Maße die chemischen Eigenschaften von Verbindungen.

LiCl BeCl2 BCl3NaCl-Gitter (K.-Zahl 6) Ketten (K.-Zahl 4) Gas (monomer)

Smp.: 613°C, Sdp.: 1383°C Smp.: 430°C; Sdp.: 488°C Smp.: -107.3°C; Sdp.: 12.5°C)

Lewis-Säuren und -Basen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Säurestärke: je kleiner und hochgeladener ein Kation und je geringer die

Koordinationszahl, um so höher ist seine Lewis-Acidität.

Basenstärke: je kleiner und hochgeladener ein Anion, je geringer die

Koordinationszahl und je gerichteter sein freies Elektronen-

paar ist um so höher ist seine Lewis-Basizität

Optimale Lewis-Säure-Base-Wechselwirkungen: ähnliche Grenzorbitalenergien (HOMO

der Base und LUMO der Säure) ergeben einen hohen kovalenten Anteil in der Bindung

Lewis-Säure-Base-Wechselwirkungen spielen eine entscheidende Rolle im Kationen-

trennungsgang

Stärken von Lewis-Säuren und -Basen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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HSAB-Konzept (hard and soft acids and bases, Pearson-Konzept):

Harte Basen (hohe Ladungsdichte, geringe Polarisierbarkeit) reagieren bevorzugt mit

harten Säuren, weiche Basen (geringe Ladungsdichte, hohe Polarisierbarkeit) reagie-

ren bevorzugt mit weichen Säuren

Harte Säuren: links oben im PSE; weiche Säuren: niedrig geladene, elektronenreiche

Metallionen;

harte Basen: rechts oben im PSE, weiche Basen: Verbindungen der schwereren

elektronegativen Hauptgruppenelemente.

Stärken von Lewis-Säuren und -Basen

CaF2 PbS

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Lewis-Säuren können in wässriger Lösung wie Brønsted-Säuren und -Basen

wirken.

Beispiel für die Brønsted-Säurewirkung einer Lewis-Säure:

[M(H2O)6]3+ [M(H2O)5(OH)]2+ + H+

Alle Lewis-Basen wirken in Wasser als mehr oder weniger starke Brønsted-

Basen:

NH4+ + OH-

Brønsted-Säure-/Base-Wirkung von Lewis-Säuren und -Basen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Die Komplexchemie wurde begründet durch Alfred

Werner (1866 - 1919).

Def.: Komplexe sind Moleküle bestehend aus einem Zentral-

atom/-ion und einem Satz von Liganden. Damit sind Komplexe

typische Lewis-Säure/Base-Addukte.

Zentralatom und Liganden können normalerweise auch unabhängig voneinander

existieren.

Beispiel [Cr(NH3)6]3+: Cr3+ und NH3 sind auch

unabhängig voneinander stabil, Problem:

weder Cr3+ noch NH3 liegen in wässriger

Lösung isoliert vor, sie sind solvatisiert

(liegen als Komplexe mit Wasser vor).

Grundlagen

CrH3N

H3N NH3

NH3

NH3

NH3

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Für die korrekte Bezeichnung von Komplexen existieren Nomenklaturregeln:

- Anionische Komplexe erhalten die Nachsilbe –at

- anionische Liganden erhalten die Nachsilbe –o

- Neutrale Liganden erhalten keine Nachsilbe (aquo !!)

- Die Liganden werden in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt

- Jedes Metallatom/-ion erhält seine Oxidationsstufe zum Namen dazu.

- Bei Salzen wird zuerst das Kation dann das Anion erwähnt.

Beispiele:

K3[Fe(CN)6] Kaliumhexacyanoferrat(+III)

[Cu(NH3)4]SO4 Tetraminkupfer(+II)sulfat

[CrCl3(H2O)3] Triaquatrichlorochrom(+III)

K2[FeBr2(CN)2(H2O)2] Kaliumdiaquadibromodicyanoferrat(+II)

Nomenklatur

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Die Koordinationszahl gibt die Zahl der am Zentralatom/-ion koordinierten

Liganden an:

- Koord.-Z. 2,3: linear bzw. trigonal-planar

(kommt nur bei Cu, Ag, Au, Hg vor)

- Koord.-Z. 4: tetraedrisch (Normalfall) bzw.

quadratisch planar

Koord.-Z. 5: trigonal bipyramidal bzw.

quadratisch-pyramidal

- Koord.-Z. 6: oktaedrisch,

trigonal-prismatisch

Koordinationszahlen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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- Koord.-Z. 7: pentagonal-bipyramidal

- Koord.-Z. 8: kubisch bzw. quadratisch-antiprismatisch

Allgemein gilt, dass niedrige Koordinationszahlen bevorzugt bei elektronenreichen oder

kleinen Zentralatomen in Kombination mit großen Liganden, hohe Koordinationszahlen

bei elektronenarmen oder großen Zentralatomen in Kombination mit kleinen Liganden

eingenommen werden.

Koordinationszahlen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Zähnigkeit:Zahl der Donoratome, im allgemeinen Atome mit freien Elektronenpaaren, an einem

Liganden.

Beispiele: Carboxylat Ethylendiamin

Verbrückung:Mehrere Zentralionen werden

durch einen Liganden verbunden

Ambidente Liganden:Liganden die zwei isomere Isothiocyanato Thiocyanato

Koordinationsarten eingehen können

Ligandeigenschaften

O OC

O 2-

O

M

OC

O

H2NNH2 H2N

M

NH2

O OC

O

MM

S C N

M

vs. S C N

M

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Edelgasregel (18e-Regel, Erweiterung der Oktettregel):

Komplexe die eine abgeschlossene Edelgasschale aufweisen sind in der Regel

besonders stabil.

Elektronenzählweise: Elektronen am Zentralmetall + Elektronen der Donororbitale

Beispiel [Fe(CN)6]4-: 6 e- (Fe2+-Ion)

+ 6x2 e- (CN--Liganden)

18 e-

16e-Regel:

bei elektronenreichen, späten Übergangsmetallionen mit kleinen Koordinationszahlen

besonders bei Ionen mit 8 Valenzelektronen, z. B. Rh+, Pd2+, Au3+, u. a.

Komplexstabilität

C N

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Beeinflussung der Energie der d-Orbitale des Metallzentrums durch die

Wechselwirkung mit den Liganden

- Liganden als punktförmige Ladungen

- nähern sich auf den Bindungsachsen aus dem

Unendlichen (keine Wechselwirkung)

an das Metallzentrum

- Abstoßung der d-Elektronen am Metallzentrum

durch die Donorelektronen der Liganden

- Die d-Orbitale, die Elektronendichte in Richtung

der sich annähernden Liganden aufweisen,

werden energetisch ungünstiger, die anderen

d-Orbitale werden energetisch günstiger.

Kristall-/Ligandenfeldtheorie

x

y

Z

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Die d-Orbitale, die Elektronendichte in Richtung

der sich annähernden Liganden aufweisen,

werden energetisch ungünstiger, die anderen

d-Orbitale werden energetisch günstiger.

Oktaedrisches Ligandenfeld

Kristall-/Ligandenfeldtheorie

Darstellung: http://winter.group.shef.ac.uk/orbitron/AOs/3d/index.html

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Die Größe der Ligandenfeldaufspaltung ist von den Liganden abhängig

(spektrochemische Reihe):

I- < Br- < S2- < Cl- NO3- < F- < C2O4

2- < H2O < NCS- < CH3CN < NH3 < en < Bipy < Phen

< NO2- < PPh3 < CN- < CO

Die Ligandenfeldaufspaltung entspricht in etwa der Lewis-Basizität der Liganden und

bestimmt wesentlich die spektroskopischen Eigenschaften der Komplexe

High-spin-, low-spin-Komplexe: Bsp: Fe2+, 6 d-Elektronen

Geringe Aufspaltung: Besetzung der Orbitale nach der Hund‘schen-Regel, high-spinGroße Aufspaltung: Besetzung der Orbitale nach dem Aufbauprinzip, low-spinGrund: Konkurrenz von Aufspaltungsenergie und Spinpaarungsenergie

Ligandenfeldaufspaltung Dq, D0

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Bei Komplexen mit niedrigerer Symmetrie ist die Ligandenfeldaufspaltung

komplizierter. Manchmal ist es aber günstig, wenn die Geometrie von der

hohen Symmetrie abweicht.

Beispiel: Cu2+, 9 d-Elektronen

Jahn-Teller-Verzerrung

dz2

dxy

dxz, dyz

dx2-y2

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Komplexbildung:

Aufspaltung in Einzelreaktionen:

Individuelle / Brutto-Komplexbildungskonstanten

Gilt in dieser Form nur, wenn keine weiteren Reaktionen auftreten (Säure/Base, Redox,Fällung, etc.)

Komplexbildungskonstanten

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

M + n L MLn

M + L ML

ML + L ML2

MLn-1 + L MLn

K1 =[��]

� [�]

K2 = [��2]

�� [�]

Kn = [���]

��� − 1 [�]

β1 = [��]

� [�]= K1

β2 = [��2]

� � 2= K1K2

βn =[���]

� � �= K1K2…Kn

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Beispiel:

lg(Ki) lg(βi)

[H2O] tritt im MWG wie üblich nicht auf

Komplexbildungskonstanten

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

[Ni(H2O)6]2+ + NH3 [Ni(H2O)5(NH3)]2+ + H2O

[Ni(H2O)5(NH3)]2+ + NH3 [Ni(H2O)4(NH3)2]2+ + H2O

[Ni(H2O)4(NH3)2]2+ + NH3 [Ni(H2O)3(NH3)3]2+ + H2O

[Ni(H2O)3(NH3)3]2+ + NH3 [Ni(H2O)2(NH3)4]2+ + H2O

[Ni(H2O)2(NH3)4]2+ + NH3 [Ni(H2O)(NH3)5]2+ + H2O

[Ni(H2O)(NH3)5]2+ + NH3 [Ni(NH3)6]2+ + H2O

2.80

2.24

1.73

1.19

0.75

0.03

2.80

5.04

6.77

7.96

8.71

8.74

Ki =Ni H2O 6 − i NH3 i

2 +

Ni H2O 7 − i NH3 i − 1 [NH3]

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Beispiel:

ohne Komplexbildung:

mit Komplexbildung:

die Koeffizienten αM und αA beschreiben das Verhältnis aller Formen der

Ionen zur freien Form: αM = [M‘]/[M] bzw. αA = [A‘]/[A]

im Beispiel reagieren nur die Silber- nicht die Chloridionen, d.h. αA = 1

Komplexbildung + Fällung/Auflösung eines Nds.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

AgCl + 2 NH3 [Ag(NH3)2]+ + Cl- K'L

KL = [M]m[A]a = [Ag+][Cl-]

K'L = [M']m[A']a = αmαaKLM A

AgCl Ag+ + Cl-

Ag+ + NH3 [Ag(NH3)]+

[Ag(NH3)]+ + NH3 [Ag(NH3)2]+

KL

K1

K2

β1 = [[Ag NH3 ]

+]

Ag + [NH3]

β2 =[[Ag NH3 2]

+]

Ag + NH32

Page 114: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Beispiel:

[Ag‘+] = Summe aller Ag+-Spezies in der Lösung

für [NH3] = 1 mol/L: αAg = 1.07·107

KL(AgCl) = 1.78·10-10 mol2/L2 d.h. L(AgCl) = 1.33·10-5 mol/L

K‘L = 1.07·107·1.78·1010 mol2/L2 d.h. L(AgCl) = 4.37·10-2 mol/ L = 0.0437 mol/L

d.h. die Löslichkeit von AgCl erhöht sich in 1 mol/L NH3 um etwa den Faktor 3300

Komplexbildung + Fällung/Auflösung eines Nds.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

AgCl + 2 NH3 [Ag(NH3)2]+ + Cl- K'L

[Ag'+] = [Ag+] + [[Ag(NH3]+] + [[Ag(NH3)2+] = [Ag+] + β1[Ag+][NH3] + β2[Ag+][NH3]2

αAg = [Ag'+]/[Ag+] = 1 + β1[NH3] + β2[NH3]2 = 1 + 103.2[NH3] + 107.03[NH3]2

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Beispiele:

mit H4EDTA = H4Y: über [Y‘] = [H4Y] + [H3Y-] + [H2Y2-] + [HY3-] + [Y4-] und

αY = [Y‘]/[Y4-] und den bekannten Deprotonierungsgleichgewichten von

H4EDTA kann man die pH-Abhängigkeit

der Komplexbildung berechnen

Komplexbildung + Änderung von [H+] bzw. [OH-]

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

ZnCl2 + 4 H2O [Zn(H2O)4]+ + 2 Cl- K1 - K4

[Zn(H2O)3(OH)]+ + H+ KS1[Zn(H2O)4]+

M2+ + H4EDTA [M(EDTA)]2- + 4 H+ K und KS1 - KS4

pH

log(C)

H4Y

H3Y-

H2Y2-

HY3-

Y4-

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2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methoden

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Komplexometrische Methoden

Grundlagen:

• Bildung stabiler Komplexverbindungen zwischen Metallionen und Liganden

(meist Chelat-Liganden)

• Endpunkterkennung durch einen Indikator (schwächerer Komplex-Ligand), der mit dem

zu bestimmenden Metallion einen farbigen Komplex bildet.

Gründe für die Stabilität von Chelat-Komplexen:

• Entropie: Freisetzung von Wasserliganden

• Enthalpie durch Bildung thermodynamisch günstiger Fünf- und Sechsringe,

stärkere M-L-Bindungen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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Komplexometrische Methoden

Urtiter und üblicherweise eingesetzte Chelat-Liganden:

Dinatrium-EDTA (Titriplex)

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

NN

COO-

COO-

-OOC

-OOC

+ 2 H+ + 2 Na+

= Donorzentren

COO-

N-OOC

COO-

+ 3 H+

Nitrilotriessigsäure

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Komplexbildungskonstanten K mit EDTA

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

M+ M2+ M3+ M4+

log(K) log(K) log(K) log(K)

Li(EDTA)3- 3.8 Be(EDTA)2- 9.3 Al(EDTA)- 16.5 Zr(EDTA) 32.8

Na(EDTA)3- 2.71 Mg(EDTA)2- 14 Ga(EDTA)- 20.3 Th(EDTA) 25.3

K(EDTA)3- 1.65 Ca(EDTA)2- 10.69 In(EDTA)- 25 U(EDTA) 25.7

Rb(EDTA)3- 1.45 Sr(EDTA)2- 8.6 Tl(EDTA)- 5.8

Ag(EDTA)3- 7.2 Ba(EDTA)2- 7.8 Bi(EDTA)- 22.4

Zn(EDTA)2- 18 V(EDTA)- 25.9

M2+ Cd(EDTA)2- 16.5 Cr(EDTA)- 16

Sn(EDTA)2- 22.1 Fe(EDTA)2- 14.3 Fe(EDTA)- 25.1

Pb(EDTA)2- 18 Co(EDTA)2- 16.3 Co(EDTA)- 36

Problem: trotz formal hoher K-Werte bilden sich manchmal die Komplexe nicht,

weil z.B. vorher M(OH)x ausfällt (d.h. [Mx+] ist zu klein).

Daten aus: http://www.periodensystem-online.de/index.php

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Komplexometrische Methoden

Reaktion von EDTA mit zweiwertigen Kationen:

2 Na+ + (-OOCCH2)2HNCH2CH2NH(CH2COO-)2 + Mg2+ -> 2 Na+ +

wichtig: pH-Wert-Kontrolle durch Reaktion in

Gegenwart eines Puffers (pH ca. 9)

Endpunktserkennung durch Indikatoren

Eriochromschwarz Murexid

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

N

N

HO

OH

O2N

-O3S HN

NH

NH

NH

N

O

O O- O

O

O

+ NH4+

+ +

+ 2 H+

2-

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Komplexometrische Methoden

Wichtige komplexometrische Bestimmungen:

• alle zweiwertigen Kationen mittlerer Größe

• Bestimmung der Gesamtwasserhärte:

� temporäre Härte: Hydrogencarbonate (insbes. von Calcium und Magnesium),

fallen beim Erwärmen von Wasser aus und bilden den Kesselstein

� permanente Härte: Sulfate, Chloride, Nitrate von Metallionen (Calcium u.a.),

bleiben beim Erhitzen von Wasser in Lösung und stören die Wäsche

• Titration der Summe von Calcium und Magnesium mit EDTA im Alkalischen

• Bestimmung von Calcium im Neutralen

• Bestimmung von temporärer und permanenter Härte durch zusätzliche Titration der

Anionen.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie

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2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Gravimetrie

Methodik:

Bestimmung des Gehalts einer

Probe durch Ausfällen und

Auswiegen eines schwer löslichen

Niederschlags

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie

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Inhaltsverzeichnis

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Probleme und Lösungen

• Wassergehalt

� kann durch vorsichtiges Trocknen oder Waschen mit Ethanol und Ether entfernt

werden

� Hydroxide kann man nicht trocknen, ebenso hygroskopische Verbindungen

• nicht stöchiometrische Verbindungen

� z. B. NiSx, CoSx, MnOx,

� können nicht direkt gravimetrisch bestimmt werden

� Verglühen: CoSx-> CoO + SO3

• zersetzliche Verbindungen

� z. B. Hydroxide, Ammoniumsalze, Nitrate, Nitrite, Carbonate, Sulfite,

Hydrogenphosphate, Hydrogensulfate, Silbersalze (Licht),

Salze mit Kristallwasser (CuSO4, Gips)

� entweder rasches Arbeiten oder

� gezielte Umwandlung in stabile Verbindung: Al(OH)3 → 1/2 Al2O3 + 3/2 H2O

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie

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Probleme und Lösungen

• Mitfällen von Fremdionen

� besonders wenn Ladung/Radius der Ionen vergleichbar sind

� Verhinderung durch mehrmaliges Fällen und Auflösen

� Auswaschen geht nicht: Verlust

• Verluste bei der Isolation (Filtrieren)

� verringert durch Verwendung von Filternutschen

• zusätzliches Gewicht durch Filterpapier

� Veraschen des Papiers

� Papier darf keine Metallionen enthalten oder adsorbieren

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie

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Probleme und Lösungen

• Löslichkeit

� muss sehr gering sein

� sollte möglichst nicht stark vom pH-Wert bzw. von der Ionenstärke der Lösung

abhängen

� oft genaues Einstellen des pH-Wertes (z. B. durch Verwenden eines Puffers)

nötig

• Fällungskinetik

� Fällungen sind chemische Reaktionen und besitzen deshalb auch eine Kinetik

� Keimbildung und Kristallisation

� Niederschläge können altern; Anleitung beachten

� Ziel: möglichst gut filtrierbarer Niederschlag (grobkörnig)

� langsam Fällen

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie

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Probleme und Lösungen

• Wägefehler

� Stehenlassen des Wägeguts in der Laboratmosphäre

� falsches Ablesen der Waagenanzeige

� falsche Behandlung der Waage

� Kontamination durch Anfassen des Probenbehälters

� uvm.

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie

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Inhaltsverzeichnis

2.4.Fällungstitrationen

2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser

2.4.2. Argentometrie

2.5. Komplexometrie

2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie

2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie

2.6. Gravimetrie

2.6.1. Probleme und Lösungen

2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie

………

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Elektrogravimetrie

Methodik

• Elektrolytisches Abscheiden eines Metalls aus einer Lösung seines Salzes

• Geht aus Lösung nur gut für edle und mäßig unedle Metalle (Wasserstoffüberspannung)

Elektrodenmaterial, Elektrodenbehandlung

• meist Pt-Netz-Elektroden, hohe Oberfläche, robust

• Reinigung: meist durch Kochen mit konz. HNO3,

• Gold und andere sehr edle Metalle dürfen nicht auf Pt-Elektroden abgeschieden werden

Erkennung des Endpunktes

• galvanostatisch: durch Anstieg der Spannung

• potentiostatisch: durch Absinken des Stromes

• Trennungen sind durch geschickte Wahl der Abscheidebedingungen möglich

2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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Physikalische Verfahren der quantitativen Analytik

Intrinsische Vor- und Nachteile physikalischer Analy severfahren:

• genauere Bestimmung von Elementzusammensetzung und Gehalt der Proben

• keine subjektive Endpunktsbestimmung

• weniger Fehlermöglichkeiten

• Automatisierung ist möglich

• hoher apparativer Aufwand (teuer)

• Technik ist oft nicht mehr durchschaubar

• Kalibrierung ist nötig

3. Physikalische Verfahren/ 3.1. Allgemeines

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Physikalische Verfahren der quantitativen Analytik

Kalibrierung:

• i. A. durch Vermessen von Standardsubstanzen in einer Konzentrationsreihe

• Aufstellen einer Kalibrierkurve, im Idealfall einer Kalibriergeraden

• Umrechnen des realen physikalischen Antwortsignals in einen Konzentrationswert über

die Kalibrierkurve

• Verfahren oft automatisiert

Konzentrationsreihe

• eine Anzahl von Standardproben bekannter Konzentration

• sollte mindestens den gesamten möglichen (erwarteten) Konzentrationsraum abdecken

Kalibrierkurve

• graphische oder elektronische Auftragung des Signalverlaufs gegen die Konzentration

der Probe,

• im Idealfall eine Gerade (häufig liegt kein Idealfall vor)

3. Physikalische Verfahren/ 3.1. Allgemeines

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe 3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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Photometrie

Methodik

• Bestimmung der Konzentration einer Substanz durch Absorption von Licht

im sichtbaren Bereich (250-700 nm)

• Substanz muss farbig sein

• Farbe: Lichtabsorption durch Anregung von Elektronen in höhere Zustände,

(umgekehrter Fall: Lichtemmission)

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

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Photometrie Absorptionsspektrum:

• kleine Teilchen (Ionen, Moleküle) besitzen elektronische Zustände definierter Energie

• die Anregung eines Elektrons befördert dieses in einen energetisch höheren Zustand

• hierfür existieren sog. Auswahlregeln (z. B. Änderung des Spins), d. h. nicht jeder höhere

Zustand kann von jedem Elektron erreicht werden (bzw. es ist unwahrscheinlich,

dass er erreicht wird)

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

Abs.

nm

ideales Spektrum

reales Spektrum

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Photometrie

Gründe für Linienverbreiterungen

• bei größeren Teilchen existieren i. a. viele besetzte Niveaus und viele unbesetzte

Niveaus

• Dopplereffekt, Heisenberg’sche-Unschärfebedingung

• es gibt zu jedem elektronischen Niveau (bei Temperaturen über 0 K) viele

Schwingungsniveaus und zu jedem Schwingungsniveau viele Rotationsniveaus, auch

hierfür gibt es Auswahlregeln.

Problem

• das Absorptionssignal ist wellenlängenabhängig, deshalb Messung immer bei einer

bestimmten Wellenlänge

• Verwendung von Filtern verwendet werden, die jeweils nur für eine bestimmte

Wellenlänge durchlässig sind (Idealfall)

• Schwächung der eingestrahlten Lichtmenge

• Vorteil: Unterdrückung von Matrixeffekten ist möglich

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

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Versuchsaufbau

• Lichtquelle: meist Wolframlampe mit hoher Intensität

• Monochromator: Filter oder Prisma, Gitter (für Messung des gesamten Spektrums)

• Flügelrad: erzeugt Lichtimpulse, die im Verstärker als Wechselspannung ankommen;

unterdrückt Störungen durch externes Licht

• Spalt: Regelung der Lichtintensität (nicht durch Ändern der Spannung an der Lampe !!!)

• Photozelle: Photomultiplier, Photodiode (Empfindlichkeit ist wellenlängenabhängig)

• Auswertung: Messgerät oder Computer

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

Spiegel

Lichtquelle

Monochromator

Spalt

Küvettemit

Substanz

Flügelrad (Chopper)

Photozelle

Verstärker

Auswertung

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Monochromator

Farbfilter: selektiert einen mehr oder

weniger scharfen Bereich des Spektrums

Gittermonochromator: drehbare Metallplatte

mit ganz feinen Schlitzen;

erlaubt Messung im gesamten

Spektralbereich

Prisma: drehbar;

erlaubt Messung im gesamten

Spektralbereich

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Lambert-Beersches-Gesetz

Zusammenhang zwischen Intensität des Lichts und Konzentration:

Lambert-Beersches-Gesetz (gilt für verdünnte Lösungen):

E = lg(I0/I) = ε·c·d

• E = Extinktion

• I0 = Photostrom mit reinem Lösungsmittel

• I = Photostrom der Probe

• ε = molarer Extinktionskoeffizient (f(λ), normalerweise: ε386)

• c = Kozentration (mol/l)

• d = Schichtdicke (meist in mm oder cm)

Herleitung: I = I0·e(-ε’·c·d) => -ln(I/I0) = ε’·c·d => -lg(I/I0) = ε·c·d

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

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Lambert-Beersches-Gesetz

Die Auftragung von E gegen c gibt bei verdünnten Lösungen eine Gerade,

bei konzentrierteren Lösungen flacht die Kurve ab

Grund: das Licht wird bereits in den vorderen Schichten der Probe absorbiert

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

MeßbereichC

E

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Verfahren

• MnO4- (besonders intensiv gefärbt)

• Fe3+ als [Fe(SCN)3(H2O)3]

• Cu2+ als [Cu(NH3)4]2+

• Nitrat mit Lunges-Reagens

• und viele andere farbige Substanzen

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe 3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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Photometrische Titration

Verfolgung einer Reaktion durch Photometrie:

A + X → B; wobei beide Partner gefärbt sein können

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

nm

E

A B

mögliche Meßbereiche

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Beispiel Titration von Ca2+ mit EDTA und Indikator, Auftragung der Extinktion gegen mL EDTA

[Ca2+] = [EDTA]

1. freier Indikator wird beobachtet

Ca2+:Indikator = 1:1 Ca2+:Indikator = 10:1

2. an Ca2+ gebundener Indikator wird beobachtet

Ca2+:Indikator = 1:1 Ca2+:Indikator = 10:1

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

ÄP

E

mL EDTA

ohne Verdünnung

mit Verdünnung

mL EDTAÄP

E

ohne Verdünnung

mit Verdünnung

ÄP

E

mL EDTA

ohne Verdünnung

mit Verdünnung

mL EDTAÄP

E

ohne Verdünnung

mit Verdünnung

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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UV/Vis-Spektroskopie

Versuchsaufbau:

• Messung des gesamten UV/Vis-Spektrums einer Substanz

• Aussagen über die elektronische Struktur sind möglich

• Meßbereich: ca. 150-800 nm

• Meßbereichsbegrenzung: UV-Absorption von O2,

IR-Absorption der Spektrometermaterialien

3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie

drehbarer Gittermonochromator

Spalt

Küvettemit

Substanz

Flügelrad (Chopper)

Photozelle

Verstärker

Auswertung

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

Page 149: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Atomspektroskopie

Grundlagen: Absorption, Emission

oder Fluoreszenz von Atomen durch

Elektronenanregung

Anregungsmöglichkeiten:

• thermisch oder durch

elektromagnetische Strahlung

• UV/Vis: Valenzelektronen

• Röntgenstrahlung: innere

Elektronen

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Flammen-AAS: Lachgasflamme bei

hoher Salzfracht

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Historisches

• 1802 (Wollaston) und 1815 (Fraunhofer) entdecken Linien im kontinuierlichen Spektrum

der Sonne (Fraunhofersche Linien)

• um 1860: Kirchhoff und Bunsen verdampfen Salze und finden ähnliche Erscheinungen

und folgern:

� die Linien rühren von freien Metallatomen und nicht ihren Salzen her

� jede Atomart hat ihre eigenen, charakteristischen Linien

� eine Atomart emittiert und absorbiert bei gleichen Wellenlängen

• Geburt der Spektralanalyse, Atomemissionsspektroskopie

(Entdeckung von Rb, Cs, Tl, In, Ga)

• um 1900: Aromabsorptionsspektroskopie

• um 1960: Angegung durch Verwendung eines Plasmas (wie in der Sonne !!)

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Page 151: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Atomspektroskopie

Problem

Gut für qualitative Nachweise, hoher technischer Aufwand für quantitative Bestimmungen

Spektrenarten

• kontinuierliche Spektren: glühende feste Teilchen (groß, sehr viele Zustände),

Abbremsen von Elektronen und Ionen im Plasma

• Bandenspektren: kleine Moleküle (N2+, CN, CH, C2), Anregung von Schwingungen,

Rotationen (typische Matrixeffekte), oft im Plasma beobachtet

• Linienspektren: Anregung freier Atome oder Ionen, scharfe Linien (Dopplereffekt), hohe

Lichtintensität (oder -absorption), besonders geeignet für die Analytik

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Atomspektroskopie

Linienspektren besitzen Seriencharakter, Einelektronensysteme können einfach

berechnet werden:

~ν = Z2R(1/n12-1/n2

2)

• ~ν = Wellenzahl in cm-1

• Z = Kernladungszahl

• R = Rydberg-Konstante;

• n2 = Hauptquantenzahl des höheren Zustandes

• n1 = Hauptquantenzahl des niedrigeren Zustandes

• Für die Absorption bzw. Emission gilt folgende Auswahlregel: ∆n = 1,2,3

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Atomspektroskopie

Bei Mehrelektronensystemen beeinflussen sich die Elektronen gegenseitig, es gibt die

zusätzliche Auswahlregel: ∆l = ±1; l = Nebenquantenzahl, sowie ∆n = 0

Weitere Verkomplizierung durch Elektronenspins (Spinquantenzahl s) und bei

Anwesenheit von Feldern (magnetische Quantenzahl m)

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

E bzw. Wellenzahl

Ionisation

2p

3d

6s5s

4s

3s

2s

4f

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Atomspektroskopie

Intensität der Linien ist abhängig vom Besetzungsverhältnis der beteiligten Zustände

(Boltzmann-Verteilung, Funktion der Temperatur) sowie von der

Übergangswahrscheinlichkeit (quantenchemisch berechenbar)

Boltzmann-Verteilung:

N*/N0 = g·e-∆E/kT

N* = Teilchen im angeregten Zustand

N0 = Teilchen im Grundzustand

g = statistischer Gewichtungsfaktor

∆E = Energiedifferenz zwischen angeregtem Zustand und Grundzustand

k = Boltzmann-Konstante (1.38·10-23 J K-1);

T = Temperatur in K

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Atomspektroskopie

Beispiel:

Na (589 nm), N*/N0 (2000 °C) =1.0·10-5, N*/N0 (3000°C) =5.8·10-4

D. h. für Emissionsspektren muss die Temperatur möglichst hoch sein, nur dann sind

genügend Teilchen im angeregten Zustand, d. h. Plasmaanregung ist besonders günstig,

bei Absorptionsspektren spielt die Temperatur für die Anregung fast keine Rolle, wohl

aber für die Atomisierung

Für die Quantifizierung benutzt man das Lambert-Beer'sche Gesetz

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

Atome der Probe absorbieren Licht bestimmter Wellenlängen, alles andere Licht

(der weitaus größte Teil) wird nicht absorbiert

Voraussetzung für hohe Empfindlichkeit:

Einstrahlung genau auf einer der

charakteristischen Wellenlängen;

Hohlkathodenlampe (oder elektrodenlose

Entladungslampen)

Linienbreite aus der Heisenberg'schen Unschärferelation: 10-5 nm

Verbreiterung durch Dopplereffekt, Druckschwankungen während der Messung,

elektrische und magnetische Felder

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

Hohlkathodenlampen: Kathodenmaterial aus dem zu bestimmenden Element

(geht nicht bei Nichtmetallen und einigen Halbmetallen: As, Sb, Se, S, Te;

keine Leitfähigkeit)

Gleichspannung (ca. 600V) ergibt Glimmentladung mit dem Licht des Katthodenmaterials

(Linienspektrum)

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Quarzfenster

Ar, Ne

KathodeAnode

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Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

Atomisierung der Probe: Flamme oder Graphitrohrofen

Brenn-/Oxidationsgas: Methan/Luft (<2000°C), Wasserstoff/Luft (<2300°C, geringe

Eigenabsorption bei niedrigen Wellenlängen), Acetylen/Luft (<2500°C, üblich);

Acetylen/Lachgas (<3500°C, Ti, Zr, Hf, Mo, W, Lanthanoide)

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Flamme

Brenngas

Oxidationsgas

Zerstäubergas

Probe

Zerstäuber

Aerosol, evtl. Kondensatfänger

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Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

In der Flamme verdampft das Lösungsmittel

(meist Wasser, org. LM verbrennen, das ist

schlecht), das Probenmaterial kann

zusammenschmelzen (schlecht, da es aus

Festkörpern schlecht atomisiert werden kann)

oder verdampft und atomisiert

(z. B. NaCl ↔ Na + Cl, Grund: keine Matrix zur

Stabilisierung von Ionen vorhanden, deshalb

nur teilweise Ionisierung)

Die Anregung erfolgt durch das Licht der

Hohlkathodenlampe

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

AAS-Spektrometer

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Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

Graphitrohrofen

System steht unter Schutzgas; Arbeitsschritte: Dosierung der Probe, Verdampfen des

Lösungsmittels, Veraschen der Matrix, Verdampfen der Probe; hohe Empfindlichkeit

durch lange Messung und komplette Überführung der Probe in de Gasphase, geringere

Matrixeffekte durch programmierte Temperaturverläufe

Problem: Carbidbildung bei bestimmten Metallen;

Lösung: Einbau eines Tantal-Tiegelchens in das Graphitrohr

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Graphitrohr

Anschlüsse für Starkstrom

Zudosierung der Probe

Atomwolke

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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Atomemissionsspektroskopie (AES)

Vorteil: Atome sind selbst die Strahlungsquelle, deshalb sind Multielementanalysen

möglich

Nachteil: Boltzmann-Verteilung, wenige Atome im angeregten Zustand,

wenig intensive Strahlung

Lösung: immer heißere Flamme

Problem: Eigenstrahlung der Flamme (kontinuierliches Spektrum) steigt stark mit der

Temperatur an.

Einfachste Version: Flammenphotometrie, nur bei besonders leicht anregbaren Atomen

(Alkali-, Erdalkalimetalle)

Höhere Lichtausbeuten können nur mit besonderen Anregungsmethoden erreicht werden

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Atomemissionsspektroskopie (AES)

Bogen- und Funkenanregung (on-line Stahlanalyse)

bei Funken- oder Bogenüberschlag entstehen Plasmen mit Temperaturen bis 20000°C

Problem: schwer kontrollierbar, d. h. ungünstig für quantitative Analyse

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Metall

nichtleitende Pulver:vermischt mit Kohlenstoff imTiegel aus reinem Kohlenstoff

Lösungen: imTiegel aus reinem Kohlenstoff

Funkenüberschlag

Gegenelektrode

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Atomemissionsspektroskopie (AES)

Plasmaanregung

ICP (inductively coupled plasma)

Zündung des Plasmas durch Funkenüberschlag (Bildung von wenigen Ar+-Ionen und

Elektronen), Einstrahlung von HF-Strahlung (Beschleunigung der geladenen Teilchen,

weitere Energiezufuhr) -> stabiles Plasma (Energiezufuhr = Energieabstrahlung);

Temperatur: 6000-10000°C

Vorteile: kaum Matrixeffekte, Multielementbestimmungen i. a. problemlos, weiter linearer

Konzentrationsbereich (5-6 Größenordnungen)

andere Möglichkeit: Mikrowellenplasma

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Probenaerosolin Ar

Plasmagas (Ar)

HF-Spule

Licht

Plasma

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Atomemissionsspektroskopie (AES)

Glimmentladung

Probe wird als Kathode aufgebaut (vgl. Hohlkathodenlampe, AAS), schichtweises

Abtragen durch Glimmentladung (Tiefenprofile möglich), da in einer evakuierten

Apparatur gearbeitet wird, können auch Nichtmetalle, die bei Wellenlängen unter 220 nm

emittieren detektiert werden.

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

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Inhaltsverzeichnis

3. Physikalische Verfahren der quantitativen

Analytik anorganischer Stoffe3.1.Allgemeines

3.2.Photometrie

3.2.1. Photometrische Titration

3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie

3.3.Atomspektroskopie

3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)

3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)

3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie

………

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Röntgen- und Elektronenspektroskopie1895: W. Röntgen entdeckt die “X-Strahlen”

Beschuss einer Metallanode durch

Elektronen (aus Glühkathode) im

Vakuum (Kühlung nötig)

Betriebsspannung ca. 20-30.000 V

Röntgenstrahlung: λ = 10-8 – 10-11 m, abhängig vom Element, aus dem die

Elektrode gebaut ist

1913: Moseley’sches Gesetz: ν ~ Z2, ν = Frequenz der Röntgenstrahlung

Z = Kernladungszahl, gilt für K-Linien, erster experimenteller Beweis

für die Reihenfolge der Elemente im PSE

um 1925: erste analytische Anwendungen, Bestimmung des Gehalts von

Fremdelementen in Anodenmaterialien (direkte Methode)

nach Entwicklung der Röntgenfluoreszenzanalyse, durch Fortschritte bei

1945 Röntgendetektoren und –monochromatoren

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

KathodeAnode

Be-Fensterhν

e-

Page 169: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Röntgen- und Elektronenspektroskopie

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

Primärstrahlung (Anregungsstrahlung)

aus Röntgenröhre

Selektion von Kα oder Kβ durch Röntgenmonochromator

Alternative Strahlungsquelle: Elektronensynchrotron

Energie [keV]

Intensität

Bremsstrahlung

Kα L→K-Übergang

Kβ M→K-Übergang

M

L

K

M

L

K

M

L

K

Page 170: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

RöntgenspektroskopieAnregung innerer Elektronen durch Bestrahlung einer Probe mit Röntgenstrahlung

Messung: Röntgenabsorption, Röntgenemission und Photo- und Augerelektronen

Photoelektronen: Ekin = hν - Ebind elementspezifisch, nur im Vakuum

Röntgenemmission: hν = ∆E elementspezifisch, anregungsunabhängig

Augerelektron: Ekin = (EK - EL) - EM elementspezifisch, anregungsunabhängig, nur im

Vakuum

Detektoren: Röntgenfilm, SEV, Geiger-Müller-Zählrohr, Szintilisationszähler (NaI/Tl +

Photomultiplyer oder CCD-Kamera), Halbleiterdetektor, Elektronenanalysator

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

M

L

K

Photoelektron

M

L

K

Röntgenemission(Röntgenfluoreszenz)

bzw.

M

L

K

Auger-Elektron

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RöntgenspektroskopieRöntgenfluoreszenzspektroskopie

elementspezifische, quantitative und

zerstörungsfreie Multielementbestimmungen

gasförmige, flüssige und feste Proben, Kalibrierung nötig, Fehler > 5%

bei festen Proben (z.B. Werkstücke) können Tiefenprofile erstellt werden

Oberflächenabtragung durch Beschuss mit schweren Ionen (Ar, Xe)

Detektion der Röntgenfluoreszenz:

• wellenlängenselektiv: Beugung an einem drehbaren Gittermonochromator

• energieselektiv: Halbleiterdetektor

3. Physikalische Verfahren/ 3.3. Atomspektroskopie

M

L

K

Röntgenemission(Röntgenfluoreszenz)

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Inhaltsverzeichnis

3.4. Elektrochemische Methoden

3.4.1. Konduktometrie

3.4.2. Potentiometrie

3.5. Massenspektrometrie

3.6. Radiometrische Methoden

3.6.1. Grundlagen: Radioaktivität

3.6.2. Radiochemische Methoden

4. Trennmethoden

………

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Elektrochemische MethodenAufbau: zwei Elektroden (E), die in eine Lösung (L) eintauchen;

Messgrößen: Spannung, Strom, Widerstand (Leitfähigkeit), Masse

Elektrisches Verhalten: Elektroden und Lösung besitzen jeweils einen Widerstand und

eine Kapazität; Grund: elektrochemische

Doppelschichten und Polarisationseffekte

d.h. häufig nicht-lineares Verhalten

Elektroanalytische Methoden:

ohne Elektrodenreaktion Konduktometrie el. Leitfähigkeit [S·cm-1]

mit Elektrodenreaktion

stromlos Potentiometrie Spannung U [V]

mit Strom, U = variabel Voltammetrie, Polarographie I = f(U); I [A]

mit Strom, U = konstant Amperometrie I [A]

Elektrogravimetrie M [g]

Coulometrie

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

L E2E1

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Konduktometrie1867 Kohlrausch: erste Messungen zur Leitfähigkeit von Elektrolyten

Messung des Widerstands (Leitfähigkeit) mit Wechselspannung (keine Elektrolyse)

Leitwert G = 1/Rges; Rges = Σri;

Leitfähigkeit χ = 1/ρ; ρ = spez. Widerstand = q/l; q = Leiterquerschnitt (Elektrodenfläche)

l = Leiterlänge (Elektrodenabstand); χ = l/R·q [S·cm-1]

Die Leitfähigkeit hängt von der Beweglichkeit der Ladungsträger (in Lösung: Ionen) ab

χ = c·Λ; c = Konzentration [mol/L], Λ = Äquivalentleitfähigkeit [S·cm2/mol]

für kleine Konzentrationen gilt: Λ → Λ0 (Grenzleitfähigkeit) und

Λ0 = λ0+ + λ0

- (Beiträge der Kationen und Anionen)

für schwache Elektrolyte gilt: Λ = α·λ0; α = Dissoziationsgrad = ([A+]+[B-])/[AB]

für starke Elektrolyte gilt: Λ = Λ0 – A·(µ)1/2; A = Konstante (exp. zu bestimmen),

µ = Ionenstärke = 0.5·Σzi2·ci; z = Ionenladung, c = Konzentration

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

Page 175: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Konduktometrieχ = F·c·u; F = Faradaykonstante (96485 C/mol), c = Konzentration [mol/L], u =

Ionenbeweglichkeit = f(Ionenradius)

große Ionen (Hydrathülle ist ausschlaggebend) bewegen sich langsam, kleine Ionen

schnell

Ausnahmen: H+, OH- → große Ionen (große Hydrathülle)

Grund: Ladungstransport ohne Massentransport

Spezifische Leitfähigkeit von Wasser [µS·cm-1]theoretischer Wert (25°C) 0.05483

hochreines Wasser (18°C) 0.04

destilliertes Wasser (18°C) 0.3

entionisiertes Wasser (18°C) 1.11

Regenwasser 10-100

Grundwasser 50-200

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

H HO

H

OH

H

OH

H

H HO

H

OH

H

OH

H

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KonduktometrieBestimmung der Reinheit (Wassergehalt) von Säuren und Basen

z.B. spezifische Leitfähigkeit [S·cm-1]CH3COOH (0.1% H2O) 2.2 CH3COOH (10% H2O) 1400

H2SO4 (0.005% H2O) 0.00044 H2SO4 (2% H2O) 0.176

Konduktometrische Titrationen:

geht besonders gut bei großen unterschieden in der Äquivalentleitfähigkeit der

beteiligten Elektrolyte (Neutralisationstitration)

HCl mit NAOH (mit Verdünnung) CH3COOH mit NaOH

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

mL NaOHÄP

GgesamtH+/OH-

Na+

Cl-

mL NaOHÄP

G

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KonduktometrieKonduktometrische Titrationen:

Fällungstitration (MCl mit AgNO3)

Entscheidend sind die Äquivalentleitfähigkeiten der Kationen (λCl- ≈ λNO3-)

λAg+ = 53; λLi+ = 32, λNa+ = 43, λK+ = 63

Prozessautomatisierung bei Reaktionen mit Elektrolyten

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

mL AgNO3ÄP

G

K+

Na+

Li+

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PotentiometrieMessung des elektrochemischen Potentials im stromlosen Zustand (hoher Widerstand

des Messgerätes)

Grundlage: Nernst‘sche Gleichung → Konzentrationsbestimmung möglich

Schreibweise: z.B. Pt,H2 / H+ (1 mol/L) // ZE // Zn2+ (1 mol/L) / Zn

ZE = Zwischenelektrolyt (Salzbrücke)

zwei Messmethoden:

• Direktpotentiometrie: Bestimmung der Konzentration eines Ions aus

Potentialdifferenzen

• Potentiometrische Titration: Potentialänderungen durch Zugabe eines Titranden

ermöglichen die Bestimmung der Konzentration eines Ions

Elektroden:

• Referenzelektrode (besitzt ein

konstantes Potential), z.B. NHE

• Messelektrode: zur Indikation der elektrochemischen Reaktion

Die gemessene Spannung ergibt sich aus der Nernst'schen Gleichung:

E = E0 + (RT/nF)ln([Mx2+]/[M]), wobei [M] = const.

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

RefrenzelektrodeKalomel, Ag/AgCl

Messelektrode

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PotentiometrieElektrodenarten:

• Primärelektroden:

� Elektroden mit kristalliner Membran

Metallelektroden 1. Art, z.B. Ag/Ag+ (Messung von Ag+)

Metallelektroden 2. Art, z.B. Ag/AgCl (Messung von Cl-)

Metallelektroden 3. Art, z.B. Ag/Ag2S/CuS (Messung von Cu2+)

Nicht-Metallelektroden: kristalline nichtmetallische Materialien, z.B.

Ionenselektive Elektroden

� Elektroden mit nicht-kistalliner Membran

aus Gläsern, z.B. pH-Elektrode

aus Ionenaustauschern, z.B. ionenselektive Elektroden

aus Komplexbildnern, z.B. ionenselektive Elektroden

• Sekundärelektroden:

Gassensoren, Biosensoren

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

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Potentiometrie

Referenzelektroden: Elektroden mir stabilem Potential, NHE ist ungünstig

Kalomelelektrode (Metallelektrode 2. Art):

Elektrodenreaktion: Hg2Cl2 + 2 e- ↔ 2Hg + 2 Cl-

E = E0 + (RT/nF)ln[Hg22+] ;

Löslichkeitsprodukt aus: Hg2Cl2 ↔ Hg22+ + 2 Cl-

KL = [Hg22+][Cl-]2 = 1.096·10-18

[Cl-] in konz. KCl = 2.83 mol/l

E = E0 + (RT/nF)ln(KL/[Cl-]2)

= 0.7986 V + (0.05916/2)(log(1.096·10-18)-2log(2.83)) = 0.2412 V

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

Diaphragma

gesättigteKCl-Lösung

Nachfüllstutzen

Pt-Draht in Glas eingeschmolzen

Hg-Tropfen mit Hg2Cl2 überzogen

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PotentiometriepH-Messung mit Glaselektroden

Kein Elektronen- sondern Ionenaustausch

Man misst die Potentialdifferenz die sich aus

dem Unterschied der Konzentrationen von H+

im Inneren der Elektrode (H+innen) und dem zu

vermessenden Medium (H+außen) ergibt.

Protonen können in das Silikatgitter wandern

und dort Kationen austauschen

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

E = (RT/F)ln([H+i]/[H+

a]), wobei [H+i] = const. (Puffer)

d. h. E = Econst - (RT/F)ln[H+a] = Econst - 59,16 mV · pH (im Idealfall)

pH-Bereich: ca. 1-10 (Alkalimetallionen stören die Messung)

Problem: relativ langsame Gleichgewichtseinstellung durch Diffusion von Protonen in

die Glasmembran, d. h. nicht so gut geeignet für Titrationen, gut für Prozesskontrolle

Messlösungäußere Glasschicht

Glasinnere Glasschicht

innere Lösung

Ag/AgCl-Elektrode

Glaselektrode

dünne Membraninnen: Puffer-

lösung

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PotentiometrieIonenselektive Elektroden

• Membran, die spezifisch ein bestimmtes Ion aufnehmen kann

(Polymer, das mit einem geeigneten Komplexbildner - Ionophor modifiziert wird)

• Membran aus schwerlöslichem Salz, in dem z. B. die Kationen bzw. Anionen noch

eine gewisse Beweglichkeit aufweisen (z.B. LaF3 geeignet für La3+ und F-)

Problem: viele Querempfindlichkeiten, d.h. hauptsächlich zur Konzentrations-

bestimmung in Reinstoffen

Möglich: Fällungstitrationen, komplexometrische Titrationen

potentiometrische Titrationen

zeigen häufig keinen steilen

Verlauf für E = f(c) am Äqui-

valenzpunkt

→ man verwendet die erste

Ableitung y = d(E)/d(c)

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

mL XÄP

E

Titrationskurve

1. Ableitung

Page 183: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Potentiometrie

Potentiometrische Titration mit

Ionenselektiven Elektroden

Beispiel:

Bestimmung von Br- und Cl- mit einer Ag-

selektiven Elektrode (Potential ist abhängig

von der Ag+-Konzentration im Analyten)

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

ml Ag+

E

ÄPBr- ÄPCl-

Meßkurve

1. Ableitung

Das Löslichkeitsprodukt von AgCl ist um einen Faktor von ca. 103 größer als das von AgBr

Page 184: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

CoulometrieMessung der Ladungsmenge (z.B. Elektronen), die während einer elektrochemischen

Reaktion fließen (Elektrogravimetrie: Messung der Masse)

Voraussetzung: 100% Umsatz, 100% Selektivität

Berechnung: Q = I·t, Q = Ladungsmenge [Coulomb] = [A·s], I = Stromstärke [A],

t = Zeit [s]

m = Q/z·F, m = Menge des umgesetzten Stoffes [mol], z = Anzahl der beteiligten

Elektronen, F = Faradaykonstante [Coulomb/mol]

Aufgrund von Diffusionsprozessen nimmt die Stromstärke im Verlauf der Reaktion

exponentiell ab (bei konstanter Spannung, potentiostatisch):

I(t) = I0·e-K·t, I0 = Stromstärke am Anfang der Reaktion,

K = D·O/δ·V, D = Diffusionskoeffizient,

O = Elektrodenoberfläche, δ = Diffusions-

schichtdicke, V = Volumen der Lösung

Verbrauchte Ladungsmenge:

Q = ∫I(t)dt = ∫I0·e-K·t = I0·t /(2.303·K)

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methodent

I

Page 185: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

CoulometrieGalvanostatische Coulometrie: während der

Messung wird das Potential andauernd erhöht,

um den Strom konstant zu halten

Anwendungen:

Bestimmung von Fe2+ bzw. Fe3+ und von AsO33- bzw. AsO4

3-

Bestimmung von H+ bzw. OH-

z.B. im Kathodenraum: 2 H2O + 2 e- → H2 + 2 OH-

d.h. Elektrolyse bis zum Umschlagspunkt des Indikators, Messung von Zeit und

Strom gibt Stoffmenge

Bestimmung von Olefinen und Aromaten: Erzeugung von Br2 aus Br-

Bestimmung von Halogeniden: Erzeugung von Ag+ aus Ag, Fällung von AgX

Endpunkterkennung durch Potentialänderungen

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

t

I

Page 186: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

VoltammetrieVoltammetrie (Voltmetrie + Amperometrie): Messung von Strom-Spannungskurven

d.h. I = f(U)

Geschwindigkeitsbestimmender Schritt: Diffusion

der aktiven Substanzen aus der Lösung an die

Elektrode bzw. von der Elektrode in die Lösung

ist in der elektrochemischen Doppelschicht

behindert

Mit Erreichen des Potentials für die elektrochemische Reaktion werden die in

Elektrodennähe befindlichen Teilchen reduziert/oxidiert. Die werden nur langsam durch

Diffusion ersetzt.

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

Kat

hode

Lösung-+

++++++

-+

-+-+

-+-+

-+

-+

-+

-+

elektrochemischeDoppelschicht

U [V]

I [µA]

Page 187: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

PolarographieMetallionenbestimmung mit einer Quecksilbertropfelektrode (und Referenzelektrode)

Vorteil: die Konzentration des abgeschiedenen Metalls in Hg bleibt konstant

niedrig (≈ 0)

Messungen bis in den Spurenbereich (ppm) sind möglich, Voraussetzung: sehr

sauberes Hg (Reinigung: 1. HNO3, 2. Vakuumdestillation)

Mit speziellen Polarographiemethoden können Metallionen bis in den

Picogrammbereich (10-12 g) bestimmt werden

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

Hg-Reservoir

Elektrodenanschluss

Glaskapillare

Hg-Tropfen

U [V]

I [µA]

Page 188: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

AmperometrieSpannung U an der Arbeitselektrode bleibt konstant, Strom I wird gemessen

Wenn die angelegte Spannung kleiner ist als die Zersetzungsspannung des zu

bestimmenden Stoffs, dann misst man bei Titrationen einen sprunghaften Anstieg des

Stroms am Äquivalenzpunkt aufgrund von Polarisationseffekten

Beispiel:

• Karl-Fischer-Titration zur Bestimmung kleiner Wassergehalte in organischen

Lösungsmitteln

I2 + SO2 + 2 H2O → SO42- + 2 I- + 4 H+ (Reaktion läuft nur mit Wasser ab)

Rücktitration mit S2O32-

3. Physikalische Verfahren/ 3.4. Elektrochemische Methoden

Page 189: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Inhaltsverzeichnis

3.4. Elektrochemische Methoden

3.4.1. Konduktometrie

3.4.2. Potentiometrie

3.5. Massenspektrometrie

3.6. Radiometrische Methoden

3.6.1. Grundlagen: Radioaktivität

3.6.2. Radiochemische Methoden

4. Trennmethoden

Page 190: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Massenspektrometrie1910: erstes Massenspektrometer, Trennung der Isotope 20Ne und 22Ne

1919: F.W. Aston Detektion von 212 natürlichen Isotpen (Nobelpreis 1922)

2002: Nobelpreis an J.B. Fenn, K Tanaka: Entwicklung sanfter Ionisierungsmethoden

für biochemische Proben

Ionen werden in der Gasphase erzeugt, beschleunigt, ihrer Masse nach selektiert und

detektiert

Aufbau:

3. Physikalische Verfahren/ 3.5. Massenspektrometrie

Ionisierung Beschleunigung Selektion Detektion

Vakuumkammer

~10-8 bar

Einlass

Page 191: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

MassenspektrometrieIonisierung:

�Verdampfung der Probe und Beschuss mit Elektronen (Elektronenstoßionisation, EI)

� Ionisation der festen Probe durch Anlegen eines hohen Felds (Feldionisation, FI)

�Reaktion der verdampften Probe mit einem ionischen Hilfsgas (z.B. CH5+,

Chemische Ionisation, CI)

�Beschuss der festen Probe mit schweren Edelgasatomen (Ar, Xe, Fast Atom

Bombardment, FAB)

�Bestrahlung der Probe mit einem Laser (Matrix Assisted Laser Desorption and

Ionisation, MALDI)

�Einbringung der Probe in Lösung und Anlegen eines hohen Felds (Electro Spray

Ionisation, ESI)

3. Physikalische Verfahren/ 3.5. Massenspektrometrie

Ionisierung Beschleunigung Selektion Detektion

Vakuumkammer

~10-8 bar

Page 192: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

MassenspektrometrieBeschleunigung:

durch Anlegen einer Hochspannung

werden die Ionen beschleunigt

Geschwindigkeit der Ionen: v = (2z·U/m)1/2, z = Ladung des Ions,

U = Beschleunigungsspannung,

kinetische Energie der Ionen: Ekin = z·U = (m/2)·v2 ,

d. h. je schwerer ein Ion ist, desto langsamer fliegt es

3. Physikalische Verfahren/ 3.5. Massenspektrometrie

Ionisierung Beschleunigung Selektion Detektion

Vakuumkammer

~10-8 bar

Ionen Selektion

Page 193: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

MassenspektrometrieSelektion:

• Flugzeitmassenspektrometer (TOF): ein kurzer Ionenpuls wird kurz beschleunigt

und fliegt dann eine lange Strecke d (1-2 m), gemessen wird die Zeit t bis die Ionen

am Detektor eintreffen. Es gilt z·U = (m/2)·v2 und v = d/t

d.h. z·U = (m/2)·(d/t)2 daraus folgt: t = (d/(2U)1/2)·(m/z)1/2 oder allg.: t = k·(m/z)1/2

Eichung mit einem Ion bekannter Masse

• Ablenkung in einem elektrischen oder/und

magnetischen Sektorfeld

• Ablenkung in einem hochfrequenten elektrischen

Quadrupolfeld

3. Physikalische Verfahren/ 3.5. Massenspektrometrie

Ionisierung Beschleunigung Selektion Detektion

Vakuumkammer

~10-8 bar

-+

Page 194: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

MassenspektrometrieDetektion:

Sekundärelektronenvervielfacher: ankommende Ionen lösen Elektronen aus, die

verstärkt werden

Massenempfindlichkeit: bei guter Auflösung ca. 10-7 rel. Masseneinheiten, d.h. die Masse

eines 100 a.m.u. schweren Ions kann auf 10-4 a.m.u genau bestimmt werden

ermöglicht die Bestimmung der elementaren Zusammensetzung von Stoffen mit

Molekülmassen bis ca. 1000 a.m.u.

Biochemie: Moleküle bis ca. 100.000 a.m.u. können vermessen werden

3. Physikalische Verfahren/ 3.5. Massenspektrometrie

Ionisierung Beschleunigung Selektion Detektion

Vakuumkammer

~10-8 bar

Page 195: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Massenspektrometrie• quantitative anorganische Spurenanalytik, ICP-MS-Kopplung, Ionen werden im

Plasma erzeugt und über eine Metallkapillare in das Massenspektrometer gesaugt

Nachweisgrenzen: Einzelelementnachweise. 0.02 – 0.10 µg/L (0.02 – 0.10 ppm)

Multielementnachweise 0.1 – 10 µg/L ( 0.1 – 10 ppm)

ca. 10-100 fach empfindlicher als ICP-AES, Isotopenanalyse zur Herkunftsaufklärung

• Strukturaufklärung organischer Moleküle und von Biomolekülen

Summenformel durch hochauflösende Massenspektren

Strukturaufklärung durch Fragmentierung : den Molekülen wird mehr Energie zugeführt

als für die Ionisierung nötig ist, Überschussenergie führt zum Brechen von besonders

schwachen Bindungen im Molekül, bzw. zu besonders stabilen Tochterionen

3. Physikalische Verfahren/ 3.5. Massenspektrometrie

Page 196: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Inhaltsverzeichnis

3.4. Elektrochemische Methoden

3.4.1. Konduktometrie

3.4.2. Potentiometrie

3.5. Massenspektrometrie

3.6. Radiometrische Methoden

3.6.1. Grundlagen: Radioaktivität

3.6.2. Radiochemische Methoden

4. Trennmethoden

Page 197: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Radiometrische Methoden Benutzung radioaktiver Strahlung für analytische Zwecke

Umgang mit Radioaktivität, z. T. sehr teure Apparaturen

1896: H. Bequerel beobachtet die Schwärzung photographischer Platten durch

uranhaltige Erze

1898: Marie und Pierre Curie entdecken Radium in Pechblende, später Polonium

Beide Elemente wurden durch ihre Linienspektren identifiziert

1932: J. Chadwick entdeckt das Neutron

1939: Liese Meitner, Otto Hahn und Fritz Strassmann entdecken die Kernspaltung

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

Page 198: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Inhaltsverzeichnis

3.4. Elektrochemische Methoden

3.4.1. Konduktometrie

3.4.2. Potentiometrie

3.5. Massenspektrometrie

3.6. Radiometrische Methoden

3.6.1. Grundlagen: Radioaktivität

3.6.2. Radiochemische Methoden

4. Trennmethoden

Page 199: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Radioaktivität

Warum sind Atomkerne stabil trotz der starken gegenseitigen Abstoßung der Protonen ?

Grund → Massendefekt

Beispiel: 42He-Kerne (Masse = 4.0015 atomic mass units) bestehen aus je 2 Protonen und

Neutronen.

Die Summe der Massen von 2 Protonen und 2 Neutronen beträgt

2×1.0073 a.m.u. + 2×1.0087 a.m.u. = 4.0320 a.m.u.

Die Differenz (Massendefekt) ∆M = 0.0305 a.m.u. ist mit der Energie, die bei der Bildung

eines He-Kernes aus 2 Protonen und 2 Neutronen frei wird über die Gleichung E = mc2

verknüpft.

Es ergeben sich folgende Werte: E = 28,5 MeV = 2,745·1012 J/mol.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

Page 200: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Radioaktivität

Durch Auftragung des relativen Massendefekts E/M

gegen M (Atommasse) erhält man eine Kurve, die die

stabilsten Kerne anzeigt. Demnach liefert die

Kernfusion bei besonders leichten Elementen sehr viel

Energie und die Kernspaltung ist bei besonders

schweren Elementen bevorzugt.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

M

E/M

100 200

Maximum ca. 55M(Fe, Ni, Co)

Kernspaltung

Kernfussion

Page 201: Analytische Chemie · Quantitative Analyse anorganischer Stoffe Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer be-stimmten Spezies in einer Probe

Kernspaltung

1938 entdeckt von Otto Hahn, Liese Meitner und Fritz Straßmann durch den Beschuss

von schweren Isotopen (z. B. 235U) mit Neutronen. 235

92U + 10n → 23692U→ 90

38Sr + 14354Xe + 3 10n

Es entstehen eine Vielzahl von Spaltprodukten.

Diese weisen bevorzugt Massen

um M = 95 sowie M = 138 auf.

Die Spaltung von 1 kg 235U

setzt ca. 1.6·1010 J frei, der

Massenverlust beträgt etwa 0.7 g.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Radioaktivität

Kernfusion: Verschmelzen leichter Atomkerne unter hohem Druck und hoher Temperatur.

Beispiel: 63Li + 21H→ 2 42He.

Radioaktivität nennt man den spontanen Zerfall von Atomkernen.

Gründe für die Instabilität von Atomkernen:

1) zu hohe Kernmasse: dies führt zu α-Zerfall (Freisetzung von 42He-Kernen), Abnahme

der Kernladung um 2 und der Atommasse um 4 Einheiten, 42He-Kerne nehmen aus der

Umgebung Elektronen auf und wechselwirken stark mit der Umgebung

(schwere Schäden aber geringe Durchdringtiefe); 23892U → 234

90Th + 42He

2) Neutronenüberschuss: dies führt zu β-Zerfall (10n → 1

1p + β-, Freisetzung von

Elektronen, β-), Zunahme der Kernladung um 1, gleich bleibende Masse

(leichte Schäden, mittlere Durchdringtiefe); 4019K → 40

20Ca + β-

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Radioaktivität

3) Protonenüberschuss: dies führt entweder zu Positronen-Strahlung (11p → 1

0n + β+,

Freisetzung von Positronen β+), Abnahme der Kernladung um 1, gleichbleibende

Masse, β+ zerstrahlt mit β- zu zwei Photonen im γ-Bereich, 6530Zn → 65

29Cu + β+

4) Protonenüberschuss: oder zu K-Einfang (Elektron einer inneren K-Schale stürzt

in den Kern), 4824Cr → 48

23V, dabei wird Röntgenstrahlung emittiert (siehe RFA)

Zusätzlich zu den Teilchen wird meist noch elektromagnetische Strahlung frei (γ-Strahlung,

sehr hohe Energie), es können auch Neutrinos entstehen; die Energie der γ-Photonen ist

spezifisch für jedes radioaktive Isotop

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Zerfallsreihen

Es existieren 3 natürliche radioaktive Zerfallsreihen (ausgehend von natürlich vorkommen-

den Radionukliden):

1) Thorium-Reihe: 23290Th (t1/2 = 1.4·1010 a) → 208

82Pb

2) Uran-Reihe (Actinium-Reihe): 23592U (t1/2 = 7.1·108 a) → 207

82Pb

3) Uran-Reihe: 23892U (t1/2 = 4.5·109 a) → 206

82Pb

Bei allen anderen denkbaren Zerfallsreihen

sind die Halbwertszeiten der beteiligten

Nuklide (Atomkerne) so kurz, dass die Vorräte

dieser Nuklide im Verlauf der Erdgeschichte

verbraucht wurden.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

Uran

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Halbwertszeit

Die Halbwertszeit beim radioaktiven Zerfall ist derjenige Zeitraum in dem die Hälfte aller

vorliegenden Kerne zerfallen ist. Das folgende Geschwindigkeitsgesetz gilt auch für

unimolekulare Reaktionen (A → B) in der Chemie.

-dN/dt = λ·N mit λ = Zerfallskonstante

N = Teilchenzahl des zerfallenden Nuklids

• die Zerfallsgeschwindigkeit (Wahrscheinlichkeit des Zerfalls eines Atoms) ist konstant (s. u.)

• daraus folgt: dN/N = - λ·dt

• und nach Integration ergibt sich:

ln(N) = -λ·t + ln(N0)

=> ln(N/N0) = -λ·t und N/N0 = e-λ·t; N = N0·e-λ·t

• Man definiert: zur Zeit t = t1/2 ist N = N0/2

=> ln(N0/2·N0) = -λ·t1/2

=> ln(2) = λ·t1/2 ,

=> t1/2 = 0.693/λ3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Halbwertszeit

t1/2 und damit auch l sind nicht konstant.

Die Halbwertszeit nimmt bei sehr hohen

Temperaturen ab (therm. Anregung), bei

sehr hohen Kerngeschwindigkeiten zu

(Relativitätstheorie) und sie ist schwach

abhängig von der chemischen

Umgebung. Eine Anwendung der

Halbwertszeit liegt in der

Altersbestimmung natürlicher Proben

(z. B. 14C-Methode).

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Radioaktivität

Einheiten: 1 Bequerel (Bq) ist eine Kernumwandlung pro Sekunde;

älter: 1 Curie (Ci) = 3.70·1010 Bq = Aktivität von 1 g 22688Ra

Im Labor:

Bestimmung der absoluten Zahl der Zerfälle ist schwierig, deshalb benutzt man Zählraten,

die der Anzahl der Zerfälle pro Zeiteinheit proportional sind.

R = b·(-dN/dt) = b·λ·N

Zusätzlich ist eine Untergrundkorrektur nötig.

Messung radioaktiver Strahlung: teilchenabhängig

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Geiger-Müller-Zählrohr

Geiger-Müller-Zählrohr

hohe Ansprechrate für β--Strahlung,

schwache Ansprechrate

für γ-Strahlung,

Man misst die Stromimpulse, die durch die Ionisierung der Gasfüllung beim Zusammenstoß

mit β--Strahlung

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Radioaktivität

Szintilisatoren: bei der Einwirkung von α-, β-- oder γ-Strahlung senden verschiedene

Substanzen Licht aus, das gemessen werden kann

α-Strahlung: ZnS/Ag

β--Strahlung: p-Terphenyl und andere konjugierte Polyaromaten

γ-Strahlung: NaI/Tl

Man kann damit auch die Energie der einzelnen Strahlungsarten messen und dadurch auf

die strahlenden Elemente zurück schließen.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Inhaltsverzeichnis

3.4. Elektrochemische Methoden

3.4.1. Konduktometrie

3.4.2. Potentiometrie

3.5. Massenspektrometrie

3.6. Radiometrische Methoden

3.6.1. Grundlagen: Radioaktivität

3.6.2. Radiochemische Methoden

4. Trennmethoden

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Radiochemische Methoden

Radio-Carbon-Methode

Kernreaktion 147N + 10n → 14

6C + 11p, läuft

in der Erdatmosphäre ab; Bildungsrate ca.

25000 146C-Atome pro qm und sec;

lebende Organismen tauschen ständig

radioaktives und nicht radioaktives CO2

aus, abgestorbene Lebewesen nicht mehr,

hier klingt die Radioaktivität langsam ab

(t1/2 = 5760 a); d. h. man kann aus der

Restaktivität einer Menge C-Atome auf

deren "biologisches Alter" schließen.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Neutronenaktivierungsanalyse

Beschuss einer Probe mit Neutronen überführt einen Teil der Atome in radioaktive

Isotope, deren Zerfall gemessen werden kann.

Neutronenquellen (wichtig: hoher Neutronenfluss): Kernreaktor

(94Be + 42He → 12

6C + 10n) oder Beschleuniger (21H + 31H → 4

2He + 10n),

Die Neutronenenergie (kinetische) kann durch elastische Streuung eingestellt werden.

Für die Aktivierung schwerer Kerne benötigt man langsamere, für die Aktivierung leichter

Kerne schnellere Neutronen.

Aktivierungsprozess:

dNY/dt = Φ·σ·NX - λ·NY

wobei: Φ = Neutronenfluss, σ = Einfangquerschnitt, NX, NY = Zahl der Atome X und Y

λ = Zerfallskonstante

Zahl der Teilchen B nach Bestrahlzeit t: NY(t) = (1/λ)·(Φ·σ·NX)·(1-e-λ·t)

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

X + n Y + γ Z + γ

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Neutronenaktivierungsanalyse

Aktivität des Nuklids Y:

AY = dNY(t)/dt = λ·NY(t) = Φ·σ·NY·(1-e-λ·t)

Bei Bestrahlungen wird die Menge der eingesetzten

Substanz X meist nicht als Anzahl Atome NX, sondern als Masse m angegeben.

NX = NAv·(1/M)·H·m; wobei: NAv = Avogadrozahl, M = Atommasse des Nuklids, H = Häu-

figkeit des Nuklids X in dem betreffenden Element, m = Masse des bestrahlten Elements

d.h.: AY = (1/M)·NAv·H·m·Φ·σ·(1-e-λ·t)

bzw. bei Ersatz von λ gegen t½: AY = (1/M)·NAv·H·m·Φ·σ·(1-2-t/t½ )

d.h. für die Bestrahlungsdauer t = t½ gilt: AY(t ½) = 0.5·AY(max)

In der Regel bestrahlt man nur etwa 10·t½ und erreicht damit nahezu die Sättigungs-

aktivität AY(max)

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

Zeit

Aktivität bezogen auf die Sättigungsaktivität

1.0

t

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Neutronenaktivierungsanalyse

Es gilt also: AY ~ Φ·σ, d.h. für eine hohe Empfindlichkeit (kleine Nachweismenge) sind

ein hoher Neutronenfluss und ein großer Einfangsquerschnitt günstig.

Neutronenfluss → abhängig von der Neutronenquelle

• Kernreaktoren: sehr hohe Neutronenflüsse (max. 1015 Neutronen cm-2·s-1), sehr teuer

• Neutronengenerator: Beschuss eines Tritium-Targets mit Deuterium-Ionen

Neutronenenergie: ca. 14 MeV, viel zu hoch, d.h. Neutronen müssen abgebremst

werden, führt zu Verlusten, Neutronenfluss ca. 109 Neutronen cm-2·s-1

• Radioaktive Neutronenquellen: meist mit 252Cf, Neutronenfluss ca. 105 - 107

Neutronen cm-2·s-1

Neutronenarten:

• thermische Neutronen: 5·10-3 – 0.5 eV

• epithermische Neutronen 0.5 – 103 eV

• schnelle Neutronen: 103 – 105 eV

Einfangquerschnitt: σ ~ 1/v für E < 100 eV; v = Neutronengeschwindigkeit, E = ½m·v2

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Neutronenaktivierungsanalyse

Problem: Es wird nicht nur das zu bestimmende Nuklid, sondern auch die Matrix, in dem

es sich befindet aktiviert !!

Lösungen:

• Matrix besitzt niedrigen Einfangquerschnitt für Neutronen (H, Be, C, O, Pb)

• Halbwertszeiten der aus der Matrix entstandenen Radionuklide ist entweder sehr kurz

oder sehr lang im Vergleich zur Halbwertszeit des zu bestimmenden Nuklids

• Messung der elementspezifischen g-Quanten mit sehr guter Energieauflösung

Übliche Vorgehensweise: man bestrahlt eine Probe mit bekannter Teilchenzahl parallel

unter identischen Bedingungen

d. h. man hat eine absolute Methode zur Konzentrationsbestimmung, die keine

Matrixeffekte zeigt

Nachweisgrenzen bis in den Subnanogrammbereich sind möglich

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Isotopenverdünnungsanalyse

Zu einer unbekannten Probe wird eine definierte Menge eines radioaktiven Elements

zugesetzt. Danach kann man analytische Trennverfahren durchführen, da radioaktive

und nicht radioaktive Isotope eines Elements praktisch gleiche chemische Eigen-

schaften besitzen, verhalten sie sich im Analysenverfahren (Aufarbeitung, Trennung,

etc.) analog, so dass der Weg problemlos verfolgt werden kann (z.B. Über Massenspek-

trometrie) und man über den Verlust an Traceraktivität auf die Anfangsmenge der

Probensubstanz schließen kann;

besonders wichtig für die Untersuchung von Stoffwechselprozessen, klinische Chemie,

Entwicklung von Methoden der Spurenanalytik, etc.

3. Physikalische Verfahren/ 3.6. Radiometrische Methoden

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Inhaltsverzeichnis

3.4. Elektrochemische Methoden

3.4.1. Konduktometrie

3.4.2. Potentiometrie

3.5. Massenspektrometrie

3.6. Radiometrische Methoden

3.6.1. Grundlagen: Radioaktivität

3.6.2. Radiochemische Methoden

4. Trennmethoden

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Isotope

Verbindungen Elemente

Stoffhierarchie

ReinstoffHomogeneGemische

HeterogeneGemische

Stoff

Homogener Stoff

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Verbindungen

Stoffhierarchie

HomogeneGemische

fest-fest: Legierung (Messing)fest-flüssig: Lösung (Sole)

flüssig-flüssig: Lösung (Wodka)flüssig-gasförmig: Lösung (Sekt)gasf.-gasf.: Gasgemisch (Luft)

Moleküle aus verschiedenen oder gleichen Atomen (Modifikationen)

HeterogeneGemische

fest-fest: Gemenge (Granit)fest-flüssig: Suspension (Kalkmilch)

fest-gasförmig: Rauch (Ruß im Abgas)flüssig-flüssig: Emulsion (Milch)

flüssig-gasförmig: Nebel (Wolken)gasf.-gasf.: gibt‘s nicht

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Für chemische Nachweise müssen die Stoffe i. A. in gelöster Form vorliegen.

Zunehmend aggressive Lösungsmittel:

• Wasser

• verdünnte Salpetersäure (Säurewirkung)

• konzentrierte Salpetersäure (starkes Oxidationsmittel)

• Königswasser (Chlor- und NO-Radikale).

Zusätzlich kann man die Probe erwärmen (schnellere Reaktion)

In Lösung gehen in

• Wasser: fast alle Nitrate, einige Halogenide und Sulfate, wenige Carbonate und

Sulfide, sehr unedle Metalle

• verd. Salpetersäure: alle Carbonate, einige Sulfide, einige mäßig unedle Metalle

• konzentrierte Salpetersäure: alle anderen Sulfide (Oxidation von S2- zu SO42-),

Bromide und Jodide (Oxidation zu den Halogenen, Kupfer, Silber, einige andere

Edelmetalle

• Königswasser: Platin, Gold und restliche Edelmetalle

Lösen anorganischer Stoffe

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Wichtig: Nitrate sind meist leichtlöslich, deshalb verwendet man Salpetersäure

Es verbleiben ungelöst: einige schwer zu lösende Oxide (SnO2, SiO2, BiOCl, Al2O3,

TiO2, usw.) und Sulfate (BaSO4, PbSO4).

Durch Schmelzen mit einem Aufschlussmittel können schwer lösliche Substanzen in

Lösung gebracht werden.

• Soda-Pottasche-Aufschluss: Sulfate, saure und amphotere Oxide und einige

Halogenide; Schmelzen der Probe mit Na2CO3/K2CO3 (Schmelztemperatur) in einem

Nickel- oder Porzellantiegel

Beispiele: BaSO4 + Na2CO3 BaCO3 + Na2SO4

Al2O3 + Na2CO3 2 NaAlO2 + CO2

2 AgCl + Na2CO3 Ag2CO3 + 2 NaCl

• Saurer Aufschluss: basische und amphotere Oxide (außer Pb-Oxide); Schmelzen

der Probe mit KHSO4 in einem Nickeltiegel.

z.B. Cr2O3 + 6 KHSO4 Cr2(SO4)3 + 3 K2SO4 + 3 H2O

2. Analytik / 2.2. Probenvorbereitung

Lösen anorganischer Stoffe

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• Oxidationsschmelze: Chrom, Mangan; Schmelzen der Probe mit der fünffachen

Menge Na2CO3/KNO3 (1:1).

z.B. MnO2 + NO3- + CO3

2- MnO42- + NO2

- + CO2

• Freiberger-Aufschluss: Oxide von Elementen die Thio-Salze bilden (SnO2; As2O3,

Sb2O3, Bi2O3); Schmelzen der Probe mit der sechsfachen Menge Na2CO3/S8 (1:1) im

Porzellantiegel.

z.B. SnO2 + 2 Na2CO3 + 9S 2 Na2SnS3 + 3 SO2 + 2 CO2

• HF/HNO3: löst fast alle Oxide; in Teflondruckbehältern, bei hoher Temperatur, auch mit

Mikrowellenbeheizung

Für Anionenanalytik: Durch Kochen der Analysensubstanz mit konzentrierter Na2CO3-

Lösung werden die Anionen freigesetzt. Grund: die meisten Metallionen bilden

schwerlösliche Carbonate oder Hydroxide.

z.B.: PbSO4 + Na2CO3 PbCO3 + Na2SO4

Vorsicht: Gleichgewichtsreaktion, häufig langsame Reaktion.

2. Analytik / 2.2. Probenvorbereitung

Lösen anorganischer Stoffe

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Trennungsgänge beruhen auf dem selektiven Fällen von Ionen-Gruppen durch unter-

schiedliche Fällungsreagentien.

Die Anfänge und Entwicklung der Trennungsgänge gehen bis ins Altertum zurück.

Man überführt dabei nacheinender verschiedene Teile der Analyse in schwerlösliche

Niederschläge, und trennt sie auf diesem Wege ab. Am Ende bleiben nur noch lösliche

Ionen übrig, bei den Kationen die Alkalimetallionen M+ sowie Mg2+ und NH4+

Die einzelnen Fällungen, die in der Regel mehrere Ionen

enthalten (können), löst man wieder auf und trennt die

Ionen entweder einzeln oder in Gruppen durch selektive

Fällungen ab. Diese Verfahren wendet man solange an,

bis man alle Ionen voneinander getrennt oder sie mit

Hilfe spezifischer Nachweisreaktionen identifiziert hat.

Für quantitative Bestimmungen sind Trennungsgänge nur bedingt geeignet (z.B. mit

Isotopenmarkierungen)

Trennungsgänge

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Im klassischen Kationentrennungsgang werden die Gruppen jeweils durch Zugabe von

bestimmten Fällungsreagentien gefällt. Dabei beginnt man im (stark) sauren pH-Bereich

und endet im schwach Alkalischen.

Kationentrennungsgang

HCl-Gruppe

(pH 1-2)

(NH4)2S-Gruppe

(pH 8-10)

Urotropin-

Gruppe (pH 6-8)

H2S-Gruppe

(pH 1-2)

(NH4)2CO3-

Gruppe (pH 10)

Ag+, Hg22+, Pb2+

Kupfergruppe: Pb2+, Hg2+, Cd2+, Cu2+, Bi2+

Arsengruppe: Sn2+/4+, As3+/5+, Sb3+/5+

Fe2+/3+, Al3+, Cr3+, V5+, Ti4+

Co2+/3+, Mn2+/3+, Ni2+, Zn2+

Ca2+, Sr2+, Ba2+

Rest: Li+, Na+,

K+, NH4+, Mg2+

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Beispiel: H2S-Gruppe

in verd. HNO3: Pb2+, Cu2+, Bi3+, Hg2+, Cd2+,

AsO33-/AsO4

3-, SbO33-/SbO4

3-, Sn2+/SnO32-

und vieles andere

H2S einleiten, zentrifugieren,

Niederschlag mit Wasser waschen

PbS, CuS, Bi2S3, HgS, CdS,

As2S3/As2S5, Sb2S3/Sb2S5, SnS/SnS2

mit (NH4)2Sx-Lösung behandeln,

zentrifugieren, Niederschlag

und Lösung trennen

AsS43-, SbS4

3-, SnS32-PbS, CuS, Bi2S3, HgS, CdS

(NH4)2Sx: S2--Überträger

und Oxidationsmittel; aus:

S

S

S S

S

S

SS

S2- +S

SS

SS

SS

SS

+ S2-

kürzere Ketten

Schwefel

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Beispiel: H2S-GruppePbS, CuS, Bi2S3, HgS, CdS

Kupfergruppe

mit 4 M HNO3 behandeln,

zentrifugieren, Niederschlag

und Lösung trennen

Pb2+, Cu2+, Bi3+, Cd2+, HgS

verdünnte H2SO4 zugeben,

zentrifugieren, Niederschlag

und Lösung trennen

PbSO4 Cu2+, Bi3+, Cd2+,

[Cu(NH3)4]2+, [Cd(NH3)4]2+

Lösung abrauchen, in Wasser aufnehmen,

konz. NH3-Lösung zugeben, zentrifugieren,

Niederschlag und Lösung trennen

Bi(OH)3

Zinnober, HgS

elementares Bismut

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Beispiel: H2S-Gruppe

mit HNO3 abrauchen, KCN zugeben,

H2S einleiten, zentrifugieren,

Niederschlag und Lösung trennen

CdS

[Cu(NH3)4]2+, [Cd(NH3)4]2+

[Cu(CN)4]3-

CuS

mit HNO3 abrauchen, H2S einleiten,

zentrifugieren, Niederschlag und

Lösung trennen

AsS43-, SbS4

3-, SnS32-

Arsengruppe

mit verdünnter HCl ansäuern

(pH = 3-4)

As2S5, Sb2S5, SnS2

mit 7 M HCl versetzen, zentrifugieren,

Niederschlag und Lösung trennen

SbCl6-, SnCl6-

As2S5

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Beispiel: H2S-GruppeSbCl6-, SnCl6-

Sb2S3

mit Fe-Pulver reduzieren,

zentrifugieren, Niederschlag

und Lösung trennen

Sn2+Sb

in HNO3 lösen, Lösung

abrauchen, H2S einleiten

mit (NH4)2Sx-Lösung

behandeln,

SnS32-

mit verdünnter HCl

ansäuern (pH = 3-4)

SnS2

As2S3 (Orpigment) mit

As4S4 (Realgar)

Sb2S3 (Antimonit,

Grauspießglanz),

frisch gefälltes Sb2S3

ist orangefarben

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TrennmethodenKlassische Methoden: Fällen, Kristallisieren, Destillieren, etc.

Verteilungsmethoden:

• Adsorption → Wechselwirkung einer gasförmigen/flüssigen Phase mit der Oberfläche

einer festen Phase

• Ionenaustausch → Entfernung von Ionen aus Flüssigkeiten (z.B. von Salz aus

Zuckerrübensaft)

• Extraktion → Verteilung eines Stoffes in zwei nicht mischbaren Phasen, z.B.

Wasser/organische Phase

Nernst’scher Verteilungssatz:

wobei [A]x: Konzentration von A in der Phase x und [A]y: Konzentration von A in der

Phase y

4. Trennmethoden

Co2+ + 4 SCN- + 2 H+ H2[Co(SCN)4]

Extraktion aus Wasser in Amylalkohol

Fe3+ + 4 Cl- + H+ H[FeCl4]

Extraktion aus Wasser in Ether

K =[A]x[A]y

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TrennmethodenNernst’scher Verteilungssatz gilt nur wenn

• beide Flüssigkeiten nicht mischbar sind

• der zu verteilende Stoff nicht dissoziiert

z. B. Carbonsäuren in org. LM in Wasser

• Druck und Temperatur konstant sind (ist meistens der Fall)

Anreicherung einer Substanz aus einem Gemisch durch Extraktion

E: Extraktionszahl; m: Masse von A in der jeweiligen Phase

Trennfaktor für zwei Stoffe A und B

je größer T, desto besser lassen sich A und B voneinander trennen 4. Trennmethoden

R

O

O H

H

O

O

R R

O

O H

K =[A]x[A]y

E =[A]xVx

[A]yVy

mx

my= = K

Vx

Vy

TA,B =EA

EB

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TrennmethodenExtrahierte Menge [mol] eines Stoffes A

in Phase 1: in Phase 2

Beispiel: ein Stoff mit K = 1 soll vollständig (>99%) von Wasser

in Ether überführt werden

a) VWasser = VEther = 50 mL ; E = 1

b) VWasser = 50 mL; VEther = 200 mL; E = 4

4. Trennmethoden

1 2 3 76

H2O

54

Et2O

Et2O

H2O

0,500

0,500

0,250

0,750

0,125

0,875

0,063

0,937

0,031

0,969

0,016

0,984

0,008

0,992

0,200 0,040 0,008

0,800 0,960 0,992

KV1

V2mA(1) =

1 + KV1

V2

1mA(1) =

1 + KV1

V2

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TrennmethodenExtraktion/Adsorption/Ionenaustausch in der anorganischen Spurenanalytik

• Ionenaustausch: Trägermaterial mit speziellen funktionellen Gruppen, insbesondere

festgebundenen Chelatliganden (D = Donorfunktion) für Metallionen

d.h. Anreicherung auf der Oberfläche des

Trägermaterials, danach Desorption mit freien

Chelatliganden

• Adsorption: Zugabe von Liganden zur Lösung des zu analysierenden Metallions,

Bildung eines neutralen Komplexes, Adsorption auf unpolarer Oberfläche (z.B.

Aktivkohle, organisches Polymer, etc.), Extraktion mit organischem Lösungsmittel

• Extraktion: Zugabe von Liganden zur Lösung des zu analysierenden Metallions,

Bildung eines neutralen Komplexes, Extraktion mit organischem Lösungsmittel (meist

kontinuierlich)

• Quantifizierung: häufig mit Radiotracer

4. Trennmethoden

TrägerLinker

D

DD

D

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Chromatographiegr.: chroma = Farbe; graphein = Schreiben

1903 M. Tswett: Auftrennung von Blattfarbstoffen an einer gepackten Säule aus fein

pulverisiertem CaCO3

Grundlage: unterschiedliche Wechselwirkung (Verteilung) von Stoffen mit (in) zwei Phasen

typisch für Chromatographie: stationäre Phase (Feststoff, Flüssigkeit) und mobile Phase

(Gas oder Flüssigkeit)

Entwicklung eines Chromatogramms:

- Detektion auf dem Trennmedium

z. B. Dünnschicht-, Papierchromatographie

- Detektion nach Verlassen des Trennmediums

z. B. Säulenchromatographie

4. Trennmethoden

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ChromatographieSystematik der chromatographischen Methoden

• Papierchromatographie

• Dünnschichtchromatographie: mit fester Phase, z.B. SiO2 beschichtete Kunststofffolie

oder Alublech

• Säulen-Flüssigkeits-Chromatographie: feste Phase in einer Trennsäule

• Gaschromatograophie: stationäre Phase (fest oder flüssig) auf der Oberfläche einer

Glas- oder Metallkapillare

• oder 1903 M. Tswett: Auftrennung von Blattfarbstoffen an einer gepackten Säule aus fein

Wechselwirkung mit den Phasen:

• Löslichkeit (Trennung in GC-Kapillaren)

• Adsorption (Wechselwirkung mit unspezifischen Oberflächenzentren)

• Affinität (Wechselwirkung mit unspezifischen Oberflächenzentren, z. B. bei

Proteintrennungen)

• Ladung (Coulomb-Wechselwirkung, z.B. bei Ionenaustausch),

• Größe (Erreichbarkeit von Poren, z.B. bei Proteintrennungen)

4. Trennmethoden

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chromatographische Theorien

Kinetische Theorie:

verschiedene Stoffe durchwandern eine Trennstrecke mit unterschiedlicher

Geschwindigkeit, und zwar langsamer als die mobile Phase;

Grund: Die Moleküle wechseln von der mobilen

in die stationäre Phase und zurück

z.B.: Dünnschichtchromatographie

Retentionsfaktoren:

Rf1 = S1/L und Rf2 = S2/L

Bei kontinuierlicher Chromatographie: Retentionszeit = die Zeit, die eine

Substanz benötigt, um eine Trennsäule zu verlassen; optimale Trennung

bei sehr unterschiedlichen Retentionsfaktoren (-zeiten) der zu trennenden

Substanzen

4. Trennmethoden

Start

L

S1

S2

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chromatographische Theorien

Trennstufenmodell:

Problem der kinetischen Theorie: keine Aussage über Peakverbreiterungen

Grund: Diffusion der zu trennenden Substanzen

bei Dünnschichtchromatographie: 2-dimensional

bei Säulenchromatographie: 3-dimensional

Verteilung entspricht im Idealfall einer Gauß-Kurve

Beschreibung als kontinuierliche Extraktion d.h. viele Verteilungen der zu Trennenden

Substanzen zwischen den Phasen

Maß für die Leistungsfähigkeit einer chromatographischen Säule:

• Zahl der theoretischen Trennstufen N

• bzw. Trennstufenhöhe H = L/N; L = Säulenlänge

4. Trennmethoden

Wanderungs-geschwindigkeit

Diffusion

Zeit

Menge

tR

tB

b0.5

tRtB

N = 16

2

= 8ln2tR

b0.5

2

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chromatographische Theorien

Dynamische Theorie:

Problem des Trennstufenmodells: Kinetik des Phasenübergangs unendlich schnell

Bewegung von Molekülen wird als zufällig angenommen (random walk Theorie)

Moleküle, die zufällig in die Nähe der stationären Phase kommen, gehen mit einer

bestimmten Wahrscheinlichkeit in diese über, die anderen werden mit der mobilen Phase

weiter transportiert.

Dispersion → nimmt mit der Zahl der Phasenübergänge zu, ist also abhängig von der

Geschwindigkeit der mobilen Phase

Van-Deemter-Gleichung:

H = Bodenhöhe, dP = Teilchendurchmesser, l = Faktor zur Beschreibung der Abweichung der Partikel von der Kugelform,

Dm = Diffusionskoeffizienz in der mobilen Phase, u = Geschwindigkeit der mobilen Phase, γ = Labyrinthfaktor der Poren-

kanäle, Ψ = geometrische Konstante, φ‘ = strömender Anteil der mobilen Phase, Ds = Diffusionskoeffizienz in der

stationären Phase4. Trennmethoden

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Dünnschichtchromatographie (TLC)

feste Phase: SiO2 oder Al2O3 (0.3 mm) beschichtete

Kunststofffolie oder Alublech

auch präparativ (ca. 1 g Substanz) mit größeren Platten

(20 cm x 20 cm) und dickeren Schichten (2 mm)

Trennstufenhöhe: ca. 30 µm

2-dimensionale TLC: normale Entwicklung mit einer mobilen Phase, danach Drehen der

Platte um 90° und zweite Entwicklung mit einer anderen mobilen Phase

Verwendung:

• Qualitätskontrolle

• Reaktionskontrolle

• präparative Trennung kleinerer Substanzmengen

Dauer: wenige Minuten bis mehrere Stunden

Auswertung: unter Licht oder UV-Lampe oder mit TLC-Scanner

4. Trennmethoden

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Säulenchromatographie (LC)

feste Phase: SiO2 oder Al2O3 gepackt in einer Trennsäule, wichtig: alle Teilchen sphärisch,

mit gleichem Durchmesser (homodispers) und gleicher Porosität

• Klassische LC: Säulendurchmesser < 1 cm, Partikeldurchmesser ca. 100 µm

Einsatz: meist präparativ, technische Trennungen an Säulen mit 10-200 cm

Durchmesser, Trennung von Enantiomeren mit chiral funktionalisierten stationären

Phasen

• HPLC: Säulendurchmesser 2-4 mm,

Partikeldurchmesser 3-10 µm, d.h.

der Strömungswiderstand ist sehr

hoch, die mobile Phase wird unter

hohem Druck (ca. 100 bar) durch

die Säule befördert, viel bessere Trennung als bei LC,

H ≈ 10 µm, Säulenlänge: ca. 10-20 cm, d.h. eine Säule

besitzt ca. 10000-20000 theoretische Böden

4. Trennmethoden

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Säulenchromatographie (HPLC)

Einsatz: meist für organische Analytik, mit Ionenaustauscher als stationäre Phase für die

anorganische Elementanalytik und die Biochemie (kleine geladene Moleküle), mit groß-

porigem Gel für die Biochemie (Gelpermeationschromatographie, Trennung von Proteinen

und DNA), Affinitätschromatographie (Proteintrennung mit Hilfe von Antikörpern)

Detektoren:

• UV/Vis-Detektor: bei farbigen oder UV-absorbierenden Substanzen

• Fluoreszenzdetektor: Anregung durch UV-Licht, Messung im Vis-Bereich

• Brechungsindex-Detektor: Fremdsubstanzen ändern den Brechungsindex des

Lösungsmittels

• Leitfähigkeits-Detektor: bei ionischen Substanzen

• Radio-Detektor: bei radioaktiv markierten Substanzen

Massenspektrometer

• ICP-AES-Gerät oder ICP-MS-Gerät: für die

quantitative Bestimmung komplexer anorganischer

Proben, Spurenanalytik

4. Trennmethoden

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Gaschromatographie

4. Trennmethoden

Erster funktionierender Gaschromatograph: 1946, Erika Cremer und Fritz Prior (Innsbruck)

Prinzip: Substanzen werden verdampft und an einer sehr dünnen, langen Kapillarsäule

getrennt

Kapilarsäule: entweder gepackt (SiO2 oder Al2O3) oder mit einem Wachs oder Polymer

(meist ein Silicon) beschichtet

Innendurchmesser der Säule (schwarz) ca. 0.25 mm

Dicke der Beschichtung (rot) ca. 10 µm

Geräteaufbau:

1: Trägergas

2: Injektor

3: Kapillarsäule in Ofen

mit Temperatursteuerung

4: Detektor

5: Auswertung

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Gaschromatographie

4. Trennmethoden

Detektoren:

• Flammenionisationsdetektor (FID): misst die Änderung der Leitfähigkeit in einer Knall-

gasflamme, für die Quantifizierung organischer Verbindungen

• Wärmeleitfähigkeitsdetektor (WLD): misst die Änderung der Wärmeleitfähigkeit eines

Gasgemisches

• Massenspektrometer: liefert gleichzeitig

• Massenspektren der getrennten Verbin-

dungen

• IR-Detektor: liefert zu jedem Peak das

Infrarotspektrum der entsprechenden

Verbindung

gemessene Peakflächen: über Kalibrierung mit internem Standard Umrechnung in die

tatsächlichen Massenanteile der Bestandteile der zu analysierenden Probe.

interner Standard: Retentionszeit ähnlich der des zu bestimmenden Analyten, aber keine

Peaküberlagerung

186

12156

Ferrocen (C10H10Fe)[C10H10Fe]+

[C5H5Fe]+

[C5H6]+

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Elektrophorese

4. Trennmethoden

Grundlage: elektrisch geladene Teilchen (Ionen) wandern in einem elektrischen Feld

(1897, Kohlrausch)

1923: elektrophoretische Trennung der Lanthanide und von Säuren

1937: elektrophoretische Trennung von Proteinen

Die Kraft, die auf ein Teilchen im elektrischen Feld einwirkt, hängt von der Feldstärke E

[V/cm] und der Ladung Q [A·s] ab: F = Q·E

Gleichzeitig gilt für die Reibungskräfte, die auf ein kugelförmiges Teilchen einwirken:

F = 6π·r·η·v (Stokes-Gesetz),

r = Teilchenradius [cm], η = Viskosität [N·s·cm2], v = Wanderungsgeschwindigkeit [cm/s]

d.h. für Teilchen mit konstanter Geschwindigkeit gilt: Q·E = 6π·r·η·v

Daraus ergibt sich die Wanderungsgeschwindigkeit: v = Q·E/(6π·r·η) [cm2/s]

Def.: Beweglichkeit u = v/E = Q/(6π·r·η) [cm2·s-1·V-1] (feldstärkeunabhängig !!)

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Elektrophorese

4. Trennmethoden

Kapillarelektrophorese

Glaskapillare: l ca. 1 m, d ca. 0.25 mm

aufgegebenes Probenvolumen: 10-100 nL

Treibende Kraft: elektroosmotischer Fluss

(Hauptkomponente)

Negative Ladungsträger der Glaswand (Si-O-) sind fixiert, positive Ladungsträger sind

beweglich → Fluss der Lösung durch die Kapillare, der durch die Ionenbeweglichkeit

moduliert wird → Trennung nach Ionenbeweglichkeit, Kationen laufe voraus, Anionen

hinterher

Detektoren: Leitfähigkeit, UV-Vis, Massenspektrometer

Anwendungen: Trennung anorganischer Ionen, Proteine

Puffer Puffer

Anode Kathode

+ -

10.000 - 30.000 V

Detektor

Probenzugabe

Glaswand- - - - - - - - -+ + + + + + +

++ Kathode

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Mathematische Auswertung von Analysen

Qualitative Analyse: Charakterisierung von Spezies, häufig mit chemischen Nachweis-

reaktionen

z.B.:

Halbquantitative Analyse: Unterscheidung von Haupt- und Nebenbestandteilen (<10%)

bzw. Spuren (<2%), anhand von Nachweisreaktionen → Kenntnis über die Intensität der

Nachweisreaktionen (Nachweisgrenzen)

Quantitative Analyse

• stöchiometrische Nachweisreaktionen (Gravimetrie)

• instrumentelle Analytik: Übertragung einer chemischen Antwort (Reaktion) bzw. einer

Stoffeigenschaft in ein elektrisches Signal, häufig standardisierte Auswertung

(Computer)

Fe3+ K4[Fe(CN)6]KSCNFe4[Fe(CN)6]3[Fe(SCN)3(H2O)3]

Fe2+ reagiert nicht

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Mathematische Auswertung von Analysen

instrumentelle Analytik

computergestützte Auswertung der

Daten, häufig mit statistischer

Validierung, klassisches Problem:

wie verlässlich sind die Messdaten

und die daraus gerechneten Werte,

die die Probe chemisch/physikalisch

beschreiben ?

analytische Information

Art und Menge des Analyten

chemische Struktur

räumliche Verteilung

diese Vorlesung

IR-, UV/Vis-, NMR-Spektro-skopie, Massenspektro-metrie, Röntgenbeugung

Mikroskopie, EDX

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Mathematische Auswertung von Analysen

Kalibrierung: häufig linearer Zusammenhang zwischen analytischer Größe (z.B.

Konzentration) und Messsignal (i.d.R. elektrische Größe)

y = ax + b

a = Steigung der Kalibriergerade (Empfindlichkeit)

b = Achsenabschnitt (Blindwert)

Empfindlichkeit: möglichst große Steigung

der Kalibriergerade (kleinerer systematischer

Fehler, kleinere Werte der analytischen Größe messbar)

Blindwert: z.B. Photometrie → Absorption von Küvette und Lösungsmittel, wird durch

Messung des reinen Lösungsmittels bestimmt; z.B. AAS → durch Matrix verursachtes

Signal

Arbeitsbereich: wird bestimmt durch die Kalibriermessungen

analyt. Größe

elektr. Signal

b∆x

∆ya = ∆x/∆y

Arbeitsbereich

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Mathematische Auswertung von Analysen

Auswertung: Auflösung der Kalibrierfunktion nach x

y = ax + b → x = (1/a)(y – b)

Fehler

• additive Fehler: z.B. falsche Blindwertkorrektur

• multiplikative Fehler: z.B. durch Matrixeffekte

• nichtlineare Fehler: z.B. Messung im nicht-

linearen Bereich

• statistische Fehler: z.B. Rauschen der Mess-

apparatur, Ableseungenauigkeit

• systematische Fehler: jeder Verfahrensschritt (z.B.: Lösen, Fällen, Trennen, uvm.)

kann zu Veränderungen der analytischen Größe führen; bei Bestimmungen im ppb-

Bereich kann dies zu Fehlern im Bereich von mehreren 100% führen

wichtig: Kenntnis ob statistische oder systematische Fehler vorliegen, letztere sind

korrigierbar

analyt. Größe

elektr. Signal

x

y

analyt. Größe

elektr. Signal

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Mathematische Auswertung von Analysen

Fehlervermeidung und Bewertung

Standardaddition:

zur Ausschaltung von Matrixeffekten

funktioniert nur, wenn der Blindwert der Analyse

bekannt ist oder korrigiert wird

Interner Standard:

• Substanz die in die Probe gegeben wird, um das Analyseverfahren von der

Probenvorbereitung bis zur Auswertung der Messdaten zu überwachen (z.B. Radio-

oder Isotopenlabel)

• Substanz, die sich bereits in der Probe befindet, und die in einem speziellen Verhältnis

(z.B. Konzentration, Masse) zur zu bestimmenden Spezies steht

Externer Standard: wird separat zur Probe vermessen (z.B. Kalibrierlösung)

C

elektr. Signal

Konzentration der Standardzugaben

Konzentration der Probe

-x

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Mathematische Auswertung von Analysen

statistische Bewertung

Analysen (allgemein: Experimente) werden in der Regel mehrmals durchgeführt, um das

Ergebnis statistisch abzusichern

Präzision: die statistischen Fehler bestimmen die Genauigkeit, mit der eine Messung

durchgeführt werden kann (Nachweisgrenze); die Präzision wird durch Wiederholung der

Messung und Berechnung der Standardabweichung bestimmt

Richtigkeit: ist ein Maß für die Abweichung des Mittelwerts vom

wahren Wert yw und wird durch die systematischen Fehler bestimmt

Mittelwertberechnungyw

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Mathematische Auswertung von Analysen

Standardabweichung

die wichtigste mathematische Methode um Lage

und Streuung von Messwerten zu beschreiben

die relative Standardabweichung wird bezogen auf den Mittelwert der Messgröße sr = sy/

die Präzision bezogen auf die analytische Größe x ergibt sich aus der

Kalibrierfunktion y = ax + b : sx = sy/a

Varianz: Quadrat der Standardabweichung v = s2

Gauß-Verteilung (bei zufälligen Messfehlern):

µ = Mittelwert

relative Häufigkeit des Messwerts

-s +s +3s-3s -2s +2s

68.26%

95.46%

99.74%

µ

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Mathematische Auswertung von Analysen

Regessionsmethoden: Erstellung von Kalibrierkurven

Methode der kleinsten Fehlerquadrate

Geradengleichung: y = ax + b

Bestimmtheitsmaß (Qualität der Abbildung der Messwerte durch die Regressionsgerade):

bei „guten“ Messwerten: R > 0.95µ

Messwert

analyt. Größe

???

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Mathematische Auswertung von Analysen

Wiederholbarkeit: Präzision einer Methode bei Durchführung durch eine/n Mitarbeiter/in

bzw. an einem Gerät

Vergleichbarkeit: Präzision einer Methode bei Durchführung durch verschiedene

Mitarbeiter/innen oder verschiedene Labors

Interne Qualitätssicherung (; http://www.bfr.bund.de/de/gute_laborpraxis__glp_-258.html):

• Schulung des Personals

• Wartung der Geräte

• Messung von Standardlösungen, Blindproben, reale Proben, Synthetische Proben

(Matrixeffekte), zertifizierte Referenzmaterialien (teuer)

• Auswertung und Dokumentation

• Überprüfung der Wiederfindung (Isotopenmarkierung, Radioaktive Labels)

• Mehrfachbestimmungen

• Plausibilitätskontrollen

Externe Qualitätssicherung: Ringversuche, Vergleichsuntersuchungen