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Erscheinungsort: Wien; Verlagspostamt: A-8600 Bruck/Mur Jahrgang 13, Ausgabe 3/11 ISSN 1682-6817 Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Gasteditorin der Nephro-News-Ausgabe 03/2011 möchte ich Ihnen das im Nordosten Deutschlands jährlich stattfindende Fischland- Symposium vorstellen. Das Fischland-Symposium wird seit diesem Jahr als Veranstaltung des Landesverbands für Nephrologie Mecklenburg-Vorpommern e.V. durchgeführt, in dessen Vorstand Prof. Dr. Steffen Mitzner, Dr. Roland Winkler, Heike Kröger und ich selbst sind. Das Fisch- land-Symposium wird von den Klinik-Ne- phrologien Mecklenburg-Vorpommerns Schwerin (Prof. Dr. J. Nürnberger), Greifs- wald (Priv.-Doz. Dr. S. Stracke) und Ros- tock (Prof. Dr. S. Mitzner) sowie dem Pra- xisverbund für Dialyse und Apherese Ros- tock organisiert und von den Firmen Amgen und Fresenius unterstützt. Jeder Standort ist für einen Themenschwerpunkt verantwort- lich. Einleitend besprachen wir die Themen, die von chronisch nierenkranken Menschen als favorisierte Forschungsprioritäten angege- ben werden: Prävention von Nierenkrank- heiten, verbesserter Zugang und Erfolge in der Nierentransplantation, Linderung der Symptome der chronischen Niereninsuffi- zienz und Reduktion der Therapiekompli- kationen, Entwicklung neuer Technologien, Erkennen und Behandeln psychosozialer Aspekte der chronischen Niereninsuffizienz, Behandlung des ganzen Menschen und nicht einzelner Organe, Verbesserung der Dialyse sowie die Unterstützung durch die Pflege. In diesem Sinne haben wir praxisrelevante Fokusthemen ausgewählt. Populations- und krankheitsbasierte Kohortenstudien zeigen uns neue Erkenntnisse zur Epidemiologie, Genetik und möglichen Biomarkern der chronischen Niereninsuffizienz. Frau Priv.-Doz. Dr. Elke Schäffner berich- tete von der Berliner Initiative-Studie, wel- che sich mit der Epidemiologie der chroni- schen Niereninsuffizienz bei älteren Men- schen über 70 Jahren beschäftigt. Herr Priv.-Doz. Dr. Carsten Böger erklärte ver- ständlich die Methode der genomweiten As- soziationsstudie (GWAS), die die systemati- FISCHLAND-Symposium Mai 2011 in Dierhagen, Fischland Gastherausgeberin: Priv.-Doz. Dr. Sylvia Stracke, MME Fischlandsymposium 2011 Archiv: www.nephro-news.eu | www.medicom.cc

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Erscheinungsort: Wien; Verlagspostamt: A-8600 Bruck/Mur Jahrgang 13, Ausgabe 3/11IS

SN 1

682-

6817

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

als Gasteditorin der Nephro-News-Ausgabe03/2011 möchte ich Ihnen das im NordostenDeutschlands jährlich stattfindende Fischland-Symposium vorstellen.

Das Fischland-Symposium wird seit diesemJahr als Veranstaltung des Landesverbandsfür Nephrologie Mecklenburg-Vorpommerne.V. durchgeführt, in dessen Vorstand Prof.Dr. Steffen Mitzner, Dr. Roland Winkler,Heike Kröger und ich selbst sind. Das Fisch-land-Symposium wird von den Klinik-Ne-phrologien Mecklenburg-VorpommernsSchwerin (Prof. Dr. J. Nürnberger), Greifs-wald (Priv.-Doz. Dr. S. Stracke) und Ros -tock (Prof. Dr. S. Mitzner) sowie dem Pra-xisverbund für Dialyse und Apherese Ros -tock organisiert und von den Firmen Amgenund Fresenius unterstützt. Jeder Standort istfür einen Themenschwerpunkt verantwort-lich.Einleitend besprachen wir die Themen, dievon chronisch nierenkranken Menschen alsfavorisierte Forschungsprioritäten angege-ben werden: Prävention von Nierenkrank-heiten, verbesserter Zugang und Erfolge in

der Nierentransplantation, Linderung derSymptome der chronischen Niereninsuffi-zienz und Reduktion der Therapiekompli-kationen, Entwicklung neuer Technologien,Erkennen und Behandeln psychosozialerAspekte der chronischen Niereninsuffizienz,Behandlung des ganzen Menschen undnicht einzelner Organe, Verbesserung derDialyse sowie die Unterstützung durch diePflege. In diesem Sinne haben wir praxisrelevanteFokusthemen ausgewählt. Populations- und

krankheitsbasierte Kohortenstudien zeigenuns neue Erkenntnisse zur Epidemiologie,Genetik und möglichen Biomarkern derchronischen Niereninsuffizienz. Frau Priv.-Doz. Dr. Elke Schäffner berich-tete von der Berliner Initiative-Studie, wel-che sich mit der Epidemiologie der chroni-schen Niereninsuffizienz bei älteren Men-schen über 70 Jahren beschäftigt. HerrPriv.-Doz. Dr. Carsten Böger erklärte ver-ständlich die Methode der genomweiten As-soziationsstudie (GWAS), die die systemati-

FISCHLAND-SymposiumMai 2011 in Dierhagen, Fischland

Gastherausgeberin: Priv.-Doz. Dr. Sylvia Stracke, MME

Fischlandsymposium 2011

Archiv: www.nephro-news.eu | www.medicom.cc

Neue Einsichten zur individualisierten Anämietherapie

Prof. Dr. med. Kai-Uwe Eckardt und Prof. Dr. med. Dr. phil. Kamyar Kalantar-Zadeh

Kalzifi zierung beim sHPT-Patienten: Was können wir tun?

Prof. Dr. med. Danilo Fliser und PD Dr. med. Vincent Brandenburg

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Der Weg zur zielgerichteten Therapie des niereninsuffi zienten Patienten

Chair: Prof. Dr. med. Kai-Uwe Eckardt

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sche Assoziationsanalyse von Erbgutvarian-ten mit Krankheitsmerkmalen - z. B. chro-nischer Niereninsuffizienz - ermöglicht.Herr Prof. Kribben stellte das NT-CVD-Register (New Tools for the Prevention ofCardiovascular Di sease (CVD) in ChronicKidney Disease) vor, für welches Patientenan der Universitätsklinik Essen rekrutiertwerden. Prof. Dr. Rainer Rettig, Greifs-wald, berichtete über die Study of Healthin Pomerania (SHIP), die seit 1997 inGreifswald zunächst an einem repräsen-tativen Bevölkerungsquerschnitt von über4.000 Personen, und später auch longi -tudinal durchgeführt und analysiert wur-de. In diesem Heft lesen Sie einen Beitragvon Prof. Rettig zu den genetischenGrundlagen der essenziellen Hypertonieund der Beteiligung der renalen Genex-pression. Die Universitätsmedizin Greifswald führtin einem interdisziplinären Ansatz auchdas Verbundprojekt „Greifswald Approachto Individualized Medicine“ (GANI_MED) durch, in welchem für häufigeKrankheitsbilder, so auch für die Nieren -insuffizienz, Patientenkohorten aufgebautwerden. In einem Fall-Kontroll-Ansatzsollen neue Biomarker identifiziert und va-

lidiert werden (siehe Beitrag von Priv.-Doz.Dr. Sylvia Stracke, Greifswald). Beim Thema Herz und Nieren erfuhrendie Teilnehmer des Fischland-Symposi-ums Neues zur Hypertonie, zum Aldoste-ron (Priv.-Doz. Dr. Ivo Quack, Düssel-dorf ), zum kardiorenalen Syndrom undzur Nierenersatztherapie bei Herzinsuffi-zienz (Prof. Dr. Harald D. Rupprecht,Bayreuth) sowie zur Sicht des Kardiologenauf den Nierenpatienten (Prof. Dr. Ale -xander Staudt, Schwerin). In dieser Aus-gabe der Nephro-News lesen Sie einenBeitrag von Prof. Nürnberger zur Bedeu-tung der arteriellen Gefäßfunktion in derPraxis. Die Hypertonie wird im Zusam-menhang mit Pulswellengeschwindigkeitund Augmentationsindex dargestellt. Der dritte Schwerpunkt des Fischland-Symposiums beschäftigte sich mit immer-währenden Problemen der extrakorpora-len Nierenersatztherapie und vermittelteneue Erkenntnisse aus alten Tatsachen: Ide-algewicht des Dialysepatienten, Eigen-schaften von Dialysatoren (Prof. Dr. JörgVienken, Krems), thermisches Energiema-nagement (Dr. Thomas Roy, Bad Hom-burg) und Einsatz der Hämodiafiltration(Prof. Dr. Udo Bahner, Würzburg). In die-

Nr. 3, 2011

Editorial

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IMPRESSUM

Herausgeber: Gesellschaft für Nephrologie, c/o Abteilung für Nephrologie, Klinik für Innere Medizin III,

Währinger Gürtel 18-20, A-1090 WienErscheinungsort: Wien, Verbreitung: Deutschland - Österreich - Schweiz

Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Th. Benzing, Köln, Prof. Dr. W. Druml, Wien, Prof. Dr. K.-U. Eckardt, Erlangen-Nürnberg, Prof. Dr. W. Fassbinder, Fulda, Prof. Dr. J. Floege, Aachen, Prof. Dr. F. Frey, Bern, Prof. Dr. H. Geiger, Frankfurt, Prof. Dr. M. Girndt, Halle, Prof. Dr. B. Grabensee, Düsseldorf, Prof. H. Haller, Hannover,

Prof. Dr. Dr. W. H. Hörl, Wien, Prof. Dr. D. Kerjaschki, Wien, Prof. Dr. H. Köhler, Homburg/Saar, Prof. Dr. K. Kühn, Karlsruhe, Prof. Dr. A. Kurtz, Regensburg, Prof. Dr. F. Lang, Tübingen, Prof. Dr. J. Mann, München, Prof. Dr. G. Mayer, Innsbruck, Prof. Dr. M. Mihatsch, Basel, Prof. Dr. G. A. Müller, Göttingen, Prof. Dr. H. Murer, Zürich, Prof. Dr. R. Oberbauer, Linz, Prof. Dr. H. Pavenstädt, Münster, Prof. Dr. J. Pfeilschifter, Frankfurt,

Prof. Dr. E. Ritz, Heidelberg, Prof. Dr. B. Rossier, Lausanne, Prof. Dr. J. Steiger, Basel, Prof. Dr. C. Wanner, Würzburg, Prof. Dr. G. Wolf, Jena, Prof. W. Zidek, Berlin

Der Inhalt namentlich gekennzeichneter Beiträge spiegelt die Meinung der Verfasser wider und muss nicht mit jener der Redaktion und dem Verlag übereinstimmen. Bei Beiträgen mit der Kennzeichnung Pharma- bzw. Med. Tech.-Forum haftet für den Inhalt der Auftraggeber (Wirtschaft).

Ziele der NEPHRO-News: Diskussionsforum und Informationen zu aktuellen Themen der klinischen Nephrologie und Hypertensiologie für Nephrologen,

nephrologisch interessierte Krankenhausärzte, aber auch niedergelassene Internisten und Allgemeinmediziner. Kommentare und Zuschriften erbeten an:

Abteilung für Nephrologie, Klinik für Innere Medizin III, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien Fax: +43 (1) 40400 4392, E-Mail: [email protected]

Heftpreis: €10,-, Jahresabonnement: €60,- Copyright & allgemeine Hinweise:

Mit der Annahme eines Beitrags zur Veröffentlichung erwirbt der Verlag vom Autor alle Nutzungsrechte, insbesondere das Recht der weiteren Vervielfältigung und Verbreitung zu gewerblichen Zwecken mit Hilfe fotomechanischer oder anderer Verfahren sowie im Internet. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich

geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Angaben über Dosierungsanweisungen

und Applikationsformen sind anhand anderer Literaturstellen oder der Packungsbeilage auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Verlag übernimmt keine Gewähr.

Verleger/Anzeigen: Medicom Verlags GmbH, Koloman-Wallisch-Platz 12, Postfach 1, A-8600 Bruck/Mur, Tel.: +43/3862/56 400-0, Fax: +43/3862/56 400-16

Medicom Schweiz Verlags GmbH, Baarerstrasse 86a, CH-6300 Zug, E-Mail: [email protected], Nephro-News-Archiv unter: www.medicom.cc

Priv.-Doz. Dr. med.Sylvia Stracke, MME Leiterin des Bereichs Nephrologie,Dialyse, Hochdruckkrankheiten und Rheumatologie derKlinik für Innere Medizin AUniversitätsmedizin Greifswald und Ärztliche Leiterin des KfH-Nierenzentrums [email protected]

ser Ausgabe der Nephro-News lesen Sieeinen Beitrag von Dr. Winkler zur Suchenach dem „Idealgewicht“ des Dialysepa-tienten, welches nun nicht mehr „Tro -ckengewicht“ heißen sollte.Die Tagung an der Ostseeküste war anre-gend und dem interkollegialen, fachlichenAustausch sehr förderlich. Einige Beiträ-ge des Symposiums wurden für die Juli-ausgabe der Nephro-News zusammenge-fasst. Ich hoffe, Ihnen hiermit sowohl aktuelleInhalte als auch Anreize zu einem Besuchin den Nordosten Deutschlands zu gebenund lade Sie herzlich zum nächsten Fisch-land-Symposium am 18. und 19. Mai 2012in Dierhagen (Fischland/Darß) ein.

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od. ein and. Erythropoetin erhalten. Unkontroll. Bluthochdruck. Pat., b. denen keine adäquate Thromboseprophylaxe durchgeführt werden kann. In der Indikat. „Steig. der autologen Blutgewinn.”: Herzinfarkt od. Schlaganf. innerh. eines Monats vor der Behandl., instabile Angina pectoris, erhöh. Risiko f. tiefe Venenthrombosen (z. B. anamnestisch bek. venöse Thromboembolien).B. Pat., die f. einen größ. elektiven ortho-päd. Eingriff vorgesehen sind u. die nicht an einem autologen Blutspendeprogramm teilnehmen können, ist Epoetin alfa HEXAL® b. folg. Vor-, Begleit- od. Grunderkrank. kontraind.: schwere KHK, periph. arterielle Verschlusskrankh., vaskuläre Erkrank. der Karotiden od. zerebrovask. Erkrank., vor kurzem eingetret. Herzinfarkt od. zerebrovask. Ereignis. Nebenwirk.:Sehr häufig: Kopfschmerzen (Tumorpat.), Übelk., Arthralgie (Pat. m. chron. Niereninsuff.), Pyrexie (Tumorpat.), grippeähnl. Sympt. (Pat. m. chron. Niereninsuff.). Häufig: Krampfanfäl-le (Pat. m. chron. Niereninsuff.), Kopfschmerzen (Pat. m. chron. Niereninsuff.), tiefe Venenthrombose (Tumorpat.), Hypertonie, Lungenembolie (Tumorpat.), Diarrhö (Tumorpat.),Erbrechen, Hautausschlag, Arthralgie (Tumorpat.), grippeähnl. Sympt. (Tumorpat.), Shunt-Thrombosen einschließl. Thrombosen im Dialysesyst. (Pat. m. chron. Niereninsuff.; insbes. b. Pat. m. Neig. zu Hypotonie od. b. Komplikat. an den arteriovenösen Fisteln [z. B. Stenosen, Aneurysmen etc.]). Gelegentl.: Thrombozythämie (Tumorpat.), zerebrale Blutungen, Krämpfe (Tumorpat.), Diarrhö (Pat. m. chron. Niereninsuff.), Myalgie (Tumorpat.).Häufigk. nicht bekannt: Erythropoetin-antikörpervermittelte Erythroblastopenie (nach monate- bis jahrelanger Behandl.), Thrombozythämie (Pat. m. chron. Niereninsuff.), anaphylakt. Reakt., Überempf., zerebrovaskuläre Komplikat., hypertensive Enzephalopathie (mögl. Warn-signal: plötzl. auftret., stechende migräneart. Kopfschmerzen), TIA, Retinathrombose, tiefe Venenthrombose (Pat. m. chron. Niereninsuff.), arterielle Thrombose (einschließl. Herz-infarkt u. myokardiale Ischämien), hypertone Krise, Lungenembolie (Pat. m. chron. Niereninsuff.), angioneurot. Ödem, Urtikaria, Myalgie (Pat. m. chron. Niereninsuff.), Porphyrie, Arzneim. unwirksam, peripheres Ödem, Pyrexie (Pat. m. chron. Niereninsuff.), Reakt. an der Inj.-stelle, Anti-Erythropoetin-Antikörper positiv, Aneurysmen. Pat. m. chron. Niereninsuff.:Hb-Konz. über 12 g/dl (7,5 mmol/l) können m. höh. Risiko f. kardiovask. Ereign., bis hin zum Tod, assoziiert sein. Tumorpat.: Erhöh. Inzidenz thromboembolischer Ereign. Pat., b. denen ein elektiver orthopäd. Eingriff vorgesehen ist: Studien b. Pat. m. einem Ausgangs-Hb v. 10–13 g/dl (6,2–8,1 mmol/l), die f. größ. elektiven orthopäd. Eingriff vorgesehen waren, er-gaben: vergleichb. Häufigk. thrombot./vask. Ereign. in allen Epoetin-alfa-Gruppen u. der Placebogruppe (klin. Erfahr. jedoch begrenzt). Erhöhtes Risiko f. postoperative thrombot./vask. Ereign. b. Behandl. m. Epoetin alfa f. Pat. m. Ausgangs-Hb > 13 g/dl (8,1 mmol/l) nicht auszuschließen. Weit. Einzelh. u. Hinw. s. Fach- u. Gebrauchsinfo. Verschreibungspflich-tig. Mat.-Nr.: 3/51002253 Stand: Oktober 2010. Zulassungsinhaber und lokaler Ansprechpartner: HEXAL AG, D-83607 Holzkirchen, www.hexal.de

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Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 5

Populationsbasierte Kohorten in der Nephrologieam Beispiel der Berliner Initiative StudieAuch wenn fraglos die Notwendigkeitfür randomisiert kontrollierte Studien(RCT) in der Nephrologie groß ist, soist die Bedeutung von prospektivenKohortenstudien hier nicht zu unter-schätzen. Viele Fragestellungen sindaus ethischen, logistischen oder öko-nomischen Gründen nicht mittels ei-ner RCT zu beantworten (z. B. das Risiko für Niereninsuffizienz durchAlkoholkonsum). Hier sind Wissen-schaftler auf Kohortenstudien ange-wiesen. Diese stellen, prospektiv aus-gerichtet, innerhalb der Gruppe derobservativen Studien die höchste Hie -rarchieform dar. Hinzu kommt, dassKohortenstudien in vielen Fällen sehrähnliche Ergebnisse wie RCTs erzie-len (Concato J, N Engl J Med, 342:1887-1892, 2000).

Die meisten Kohortenstudien in derNephrologie beschäftigen sich mit Pa-tienten, die bereits eine eingeschränk-te, meist chronische Nierenfunktionhaben. Beispiele hierfür sind die„Chronic Renal Insufficiency Study”(CRIC), die „African American Stu-dy of Kidney Disease and Hyperten-sion” (AASK) oder die „Dialysis Out-comes and Practices Patterns Study”(DOPPS), um nur einige zu nennen.Bisweilen wird auch aus einem Armeiner RCT nach deren Abschluss eineKohortenstudie, wie beispielsweise beider „Modification of Diet in RenalDisease Study“ (MDRD). Und es gibtden Fall, dass nephrologische Frage-stellungen mittels Studien bearbeitetwerden, die ursprünglich nicht nephro-logisch ausgerichtet waren, sondernhäufig Risikofaktoren für kardiovas-

kuläre Endpunkte oder Krebserkran-kungen untersuchen (FraminghamHeart Study, Health Professionals Fol-low-up Study, Physicians’ Health Study). Weniger häufig findet sich inder Nephrologie eine populationsba-sierte Kohortenstudie, von deren Teil-nehmern der Großteil zu Beginn derStudie noch gesund ist, wie beispiels-weise in der PREVEND-Studie (Pre-vention of Renal and Vascular EndStage Disease), in der das Risiko derMikroalbuminurie für renale und vas-kuläre Endpunkte untersucht wurde(Hillege HL, Circulation 106[14]:1777-82, 2002).

Die Berliner Initiative Studie (BIS),über die bereits in einer vorherigenAusgabe der Nephro-News (2/10) be-richtet und deren genaues Design an-derweitig beschrieben wurde (SchaeffnerES, Eur J Epidemiol 2010; 25:203), isteine solche populationsbasierte Kohor-tenstudie, welche sich mit der Epide-miologie der chronischen Niereninsuf-fizienz bei älteren Menschen ab einemAlter von 70 Jahren beschäftigt. ImRahmen einer Kooperation zwischenCharité und der Allgemeinen Orts-

krankenkasse (AOK) Berlin/Branden-burg wurde eine Zufallsstichprobe ausmindestens 70-jährigen Versichertengezogen, wobei Dialysepatienten undNierentransplantierte hierbei ausge-schlossen wurden. Diese zufällig ge-zogenen Probanden wurden schrift-lich zu einer kostenlosen Nierenunter-suchung eingeladen, welche Interview,Blutabnahme, Urinuntersuchung undkörperliche Untersuchung beinhaltete.Um möglichst auch in den Alterska-tegorien ab 80 und älter Probanden zugewinnen, wurde Alters-gewichtet an-geschrieben. Die BIS hat die Beson-derheit eines zweiteiligen Designs: Soist innerhalb der longitudinalen Ach-se, in welcher die Teilnehmer prospek-tiv weiterverfolgt werden und nachzwei Jahren eine follow-up-Visite statt-findet, eine Querschnittserhebung ein-gebettet. Dieser Querschnitt umfassteine Subpopulation von 600 Proban-den (aus der Gesamtpopulation der2000), die eine invasive Iohexolclea-rance-Messung erhält. Mit Hilfe die-ses Goldstandards soll eine neue undpräzisere GFR-Schätzformel für älte-re Menschen entwickelt werden. Nachmittlerweile 1.5 Jahren ist das Rekru-

Tabelle 1: Rekrutierung nach Alter und Geschlecht (Stand 1.5.2011)

Geschlecht

männlich weiblich gesamt

Alter 70-74 245 (27,5%) 312 (32,1%) 557 (29,9%)75-79 202 (22,6%) 254 (26,1%) 456 (24,5%)80-84 183 (20,5%) 196 (20,2%) 379 (20,3%)85-90 143 (16,0%) 160 (16,5%) 303 (16,3%)>90 119 (13,3%) 50 (5,1%) 169 (9,1%)

gesamt 892 (47,9%) 972 (52,1%) 1864

Signifi kant wirksamer als Allopurinol bei der Erreichung

des Serum-Harnsäure-Zielwertes von ≤ 6,0 mg/dl

(≤ 360 μmol / l)1,2

Reduziert in der Dauertherapie konsequent Gichtanfälle

und Tophi1,4

Keine Dosisanpassung bei leicht oder mittelschwer

eingeschränkter Nierenfunktion oder älteren Patienten3

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Nicht empfohlenBei Patienten mit ( bekannter ) ischämischer Herzkrankheit oder

dekompensierter Herz insuffi zienz wird die Behandlung mit Febuxostat nicht empfohlen 3

Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 7

tierungsziel von 2.000 Probanden fasterreicht. Die ersten Teilnehmer wer-den im Dezember dieses Jahres bereitszur follow-up-Visite gesehen werden.Die Altersverteilung der BIS ist in Ta-belle 1 abzulesen.

Die GFR-Verteilung (≥ 60 / < 60 ml/min/1.73 m2) in unserer Kohorte inVerbindung mit Albuminurie (nachAlbumin/Kreatinin-Ratio < 30 / 30-300 / > 300 mg/g) zeigt Abbildung 1.

Die Querschnittserhebung ist mit 600Iohexolclearance-Erhebungen bereitsabgeschlossen. In einer Zwischenaus-wertung, die wir nach der Hälfte derMessungen an 323 Probanden durch-führten, wurde die Iohexolkonzentra-tion im Serum über eine bestimmteZeit mittels „High Performance Li-quid Chromatography“ (HPLC) un-tersucht. Es zeigte sich ein adäquatesAbfallen der Iohexol-Konzentrationim Serum innerhalb der veranschlag-ten Messzeit (Abbildung 2). NachAuswertung aller restlichen Blutpro-ben werden die gemessenen GFR-Er-gebnisse sowohl mit Kreatinin-basier-ten Formeln wie der Cockcroft-Gault,der MDRD, der Chronic KidneyDisease Epidemiology Collaboration(CKD-Epi) als auch mit Cystatin C-basierten Schätzformeln verglichenwerden. Es soll daraufhin eine neue„Alters-adaptierte“ Formel kreiert wer-den, die dann in einer Validierungspo-pulation auf ihre Gültigkeit getestetwird.

Um auch bei Patienten ab 70 mit einerbereits deutlicher eingeschränkten Nie-renfunktion mittels Schätzformel eineentsprechende Aussage bzgl. der GFRtreffen zu können, wird nun innerhalbder BIS ein zusätzliches Projekt durch-geführt, in dessen Rahmen ausschließ-lich Patienten ab einem Kreatinin von

Abb 1: GFR- und Albuminurie-Verteilung

Abb 2: Iohexolkonzentration im Serum, gemessen über eine bestimmte Zeit (5 h)

83%

71%

17%

29%

53%

47%

Albuminuria No Albuminuria Yes

Iohe

xol c

once

ntra

tion

Gender

Iohexol concentration in serum over time (N=323), male / female (ASN 2010)

Fischland-Symposium

Nr. 3, 20118

1.5 mg/dl und höher der Iohexolmes-sung unterzogen werden. Hier ist eineGesamtzahl von weiteren 100 Patientengeplant. Da im Fall einer bereits deut-lich eingeschränkten Nierenfunktionmit einer langsameren Abnahme derIohexolkonzentration im Serum zurechnen ist, beinhaltet hier das Proto-koll der Clearancemessung eine zusätz-liche Blutabnahme nach 24 Stunden.Durch dieses zusätzliche Projekt solles möglich sein, nicht nur für ältereMenschen mit normaler oder leichteingeschränkter, sondern auch mit be-reits schwerer eingeschränkter Nieren-funktion eine valide Aussage über dieGFR zu machen.

Nationale Kohorte

Ein weiteres Beispiel für eine popula-tionsbasierte (allerdings nicht nephro-logisch ausgerichtete) Kohorte ist die„Nationale Kohorte“ (NK), welche un-

ter der Federführung der Helmholtz-Gesellschaft München und dem Deut-schen Krebsforschungszentrum Hei-delberg geplant wurde. Die NationaleKohorte stellt die grundsätzliche Frage „Warum erkrankt der gesundeMensch?“ und versucht, dieser Fragemit einer großangelegten Kohorte von200.000 Bürgern im Alter von 20-69auf den Grund zu gehen. Im Vorder-grund stehen chronische Krankheitenwie Diabetes, Krebs, kardiovaskuläreoder Demenzerkrankungen. ZumZeitpunkt des Studieneinschlusses ge-sunde Bürger sollen in bundesweit 19Zentren innerhalb von fünf Jahren re-krutiert werden und über weitere fünfJahre in regelmäßigen Abständen wei-ter beobachtet werden.

Es ist gelungen, innerhalb der Arbeits-gruppe Diabetes der NK in Form ei-ner „Kidney Task Force“ nephrologischvertreten zu sein (Dres. Böger, Heid,

Priv.-Doz. Dr. Elke Schäffner, MScUniversitätsmedizin Charité Med. Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Intensivmedizin Campus Virchow-Klinikum [email protected]

Köttgen, Schäffner). Hier ist eineMachbarkeitsstudie (A. Köttgen) ge-plant, um „Standard Operating Proce-dures“ zur Sammlung, Verarbeitungund Lagerung von Urinproben zu ent-wickeln. So soll in erster Linie die Ver-wendung des Siemens Clinitek Mikro-albumin 9-Teststreifens für die Haupt-phase der Studie erprobt werden.

Wir hoffen, durch die BIS und auchdurch das Integrieren nephrologischerFragestellungen in die NK einen Bei-trag zur Stärkung der Nephrologie aufdem Gebiet der klinischen Studienund speziell der Kohortenstudien leis -ten zu können.

Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 9

Entdeckung neuer Nierengene:Technologie, Kollektive und aktuelle Ergebnisse In den USA und Europa ist etwa jeder10. Mensch in der Allgemeinbevölke-rung von einer chronischen Nierenin-suffizienz (englisch: chronic kidneydisease, CKD) betroffen. Neben dentraditionellen kardiovaskulären Risiko-faktoren spielen auch genetische Fak-toren eine wichtige Rolle in der Patho-genese.

Die Methode der genomweiten Asso-ziationsstudie (GWAS) ermöglicht diesystematische Assoziationsanalyse vonüber das gesamte Genom verteilten Erb-gutvarianten mit Krankheitsmerkma-len. Die mit GWAS identifizierten Ge-nomvarianten haben zwar meist kleineEffekte auf das individuelle Krankheits-risiko, auf Grund Ihrer Häufigkeit er-geben sich aber wichtige Implikationenfür die Allgemeinbevölkerung. In die-ser Übersicht werden die neuesten Er-folge dieser Methode in Bezug auf ver-schiedene Nierenphänotypen und -er-krankungen dargestellt und ein Einblickin aktuelle Initiativen zur genetischenAnalyse manifester Nierenerkrankun-gen in eigens dafür rekrutierten Patien-tenkollektiven gegeben.

Motivation für genetische Untersuchungen von Nierenerkrankungen

Etwa jeder zehnte Mensch in der All-gemeinbevölkerung hat entweder eineeGFR <60 ml/min/1.73 m2 oder Zeichender strukturellen Nierenschädigung miteiner eGFR von noch ≥ 60 ml/min/1.73 m2 (Levey S, Ann Intern Med 2009;150:604-612). Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie sind bedeutendeRisikofaktoren, zudem haben familien-basierte Untersuchungen gezeigt, dass

die Höhe der eGFR und der Albumi-nurie zu über 50% vererbt ist (Übersichts-arbeit zu familienbasierten Studien: Pla-cha, Adv Chronic Kidney Dis 2005;12:155-1569). Eine Aufschlüsselung derinvolvierten Genomvarianten könntesomit zu einem besseren Verständnis fürdie normale Nierenfunktion, für dasEntstehen einer CKD und bestimmterNierenerkrankungen und zu neuen dia-gnostischen und therapeutischen Mög-lichkeiten führen.

Aktuelle technische Entwicklungen in der genetischen Forschung

Die zugrundeliegenden Genmutatio-nen seltener genetischer Erkrankungenmit klarem Mendelschem Erbgang (z. B. Autosomal Dominante Polyzys -tische Nierenerkrankung, ADPKD)werden durch systematische genomwei-te Analysen, der sogenannten Linkage-Analyse, in betroffenen Familien auf-gedeckt (Übersichtsarbeit: Hildebrandt F,Lancet 2010; 375:1287-1295).

Bei der systematischen Suche nach Ge-nomvarianten, die die Variation be-stimmter Phänotypen wie eGFR undAlbuminurie oder das Risiko für CKDin der Allgemeinbevölkerung oder ter-minale Niereninsuffizienz in großenKollektiven unverwandter Personen erklären, wird derzeit die seit 2005 ver-fügbare Technologie der GWAS ange-wandt. Hierbei werden mehrere Mil-lionen genomweit verteilte Einzelnu-kleotidpolymorphismen (englisch: singlenucleotide polymorphism, SNP) aufihre Assoziation mit den Phänotypen inRegressionsanalysen untersucht. Dabeikönnen Stichproben der Allgemeinbe-

völkerung (z. B. KORA oder Framing-ham-Studie) oder krankheitsbasierteKollektive (z. B. Fall-Kontroll-Studienfür die membranöse Nephropathie oderdiabetische Nephropathie) untersuchtwerden. Die Kohorten der Allgemein-bevölkerung eignen sich auf Grund derhohen Fallzahl besonders zur Untersu-chung intermediärer Phänotypen wie z. B. der eGFR oder der Albuminurie.Typischerweise liefert die GWAS mitdem heutigen Stand der Technik zuver-lässigste Ergebnisse für häufige Genom-varianten (d. h., das seltene Allel desSNPs liegt bei mindestens 10% der un-tersuchten Chromosomen vor). Meistsind die in GWAS beobachteten Effek-te einzelner SNPs für sich genommenklein: Eine Risikoerhöhung von mehrals 50% für eine Krankheit durch eineneinzelnen SNP ist eine Seltenheit. Erstin der Summe der zahlreichen SNPswerden höhere Risiken beobachtet.

In der nahen Zukunft erhofft man sichvon einer Weiterentwicklung derGWAS-Methode eine verbesserte Zu-verlässigkeit der Ergebnisse bei selte-neren Genomvarianten (Allelfrequenzdes seltenen Allels <10%), von denenman wiederum stärkere Effekte auf dasKrankheitsrisiko erwartet. In nicht all-zu weiter Ferne sind Ergebnisse von dergenomweiten Sequenzierung großerKollektive zu erwarten, wodurch einehochauflösende „Landkarte“ krankheits-assoziierter Genomvarianten entstehenkönnte.

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass beijeder neuen Entdeckung einer Assozia-tion zwischen einer Genomvariante undeinem Phänotyp oder einer Krank -

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Der PTH-Senker mit

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Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung; Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln. Wirkstoff: Paricalcitol. Zusammensetzung: Jeweils 1 ml Injektionslösung enthält 5 Mikrogramm Paricalcitol; 1 Weichkapsel enthält 1 Mikrogramm / 2 Mikrogramm Paricalcitol. Sonstige Bestandteile: Injektionslösung: Ethanol (20 Vol.-%), Propylenglykol, Wasser für Injektionszwecke; Weichkapseln: mittelkettige Triglyzeride, Ethanol, Butylhydroxytoluol, Gelatine, Glycerol, gereinigtes Wasser, Titandioxid (E 171), Propy-lenglycol, Poly(phthalsäure-co-vinylawt), Macrogol 400, Ammoniumhydroxid. 1 Mikrogramm zusätzlich: Eisen(II,III)oxid (E172). 2 Mikrogramm zusätzlich: Eisen(III)-oxid (E172), Eisenoxidhydrat (E172). Anwendungsgebiet: Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösungist indiziert zur Prävention und Therapie eines sekundären Hyperparathyreoidismus bei Patienten mit chronischem Nierenversagen, die hämodialysepfl ichtig sind. Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln sind indiziert zur Prävention und Therapie eines sekundären Hyperparathyreoidismus, assoziiert mit chronischer Niereninsuffi zienz (chronische Nierenerkrankung (CKD), Stadien 3 und 4) und chronischem Nierenversagen (CKD Stadium 5) bei Patienten mit Hämodialyse oder Peritonealdialyse. Gegenanzeigen:Überempfi ndlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, Vitamin D-Intoxikation, Hyperkalzämie. Nebenwirkungen: Zemplar® 5 Mikrogramm/ml Injektionslösung: Nebenwirkungen aus klinischen Studien mit möglichem Kausalzusammenhang mit Paricalcitol, aufgelistet nach Organsystem, Art und Häufi gkeit. Untersuchungen: gelegentlich: verlängerte Blutungszeit, Erhöhung der Aspartat-Aminotransferase, auffällige Laborwerte, Gewichtsverlust. Herzerkrankungen: gelegentlich: Arrhythmie, Vorhoffl immern, Herzstillstand. Erkrankungen des Blut- und Lymphsystems: gelegentlich: Anämie, Leukopenie, Lymphadenopathie. Erkrankungen des Nervensystems: häufi g: Kopfschmerzen, Geschmacksstörungen; gelegentlich: Koma, cerebraler Insult, transiente ischämische Attacke, Synkope, Myoklonie, Hypoästhesie, Parästhesien, Schwindel. Augenerkrankungen: gelegentlich: Glaukom, Konjunktivitis. Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths: gelegentlich: Ohrenbeschwerden. Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und des Mediastinums: gelegentlich: Lungenödem, Asthma, Dyspnoe, Epistaxis, Husten. Magen-Darm-Störungen: gelegentlich: rektale Hämorrhagie, Colitis, Durchfall, Gastritis, Dyspepsie, Schluckstörung, Bauchschmerzen, Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit, Magenbeschwer-den; Häufi gkeit nicht bekannt: gastrointestinale Hämorrhagie. Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufi g: Pruritus; gelegentlich: Bläschenbildung, Alopezie, Hirsutismus, Hautausschlag, Nachtschweiß. Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems: gelegentlich: Arthralgie, Gelenksteifi gkeit, Rückenschmerzen, Muskelzuckungen, Myalgie. Endokrine Störungen: häufi g: Hypoparathyreose; gelegentlich: Hyperparathyreoidismus. Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufi g: Hyperkalzämie, Hyperphosphatämie; gelegentlich: Hyperkaliämie, Hypokalzämie, Anorexia. Infektionen und parasitäre Erkrankungen: gelegentlich: Sepsis, Pneumonie, Infektionen der oberen Atemwege, vaginale Infektionen, Infl uenza. Gutartige, bösartige und unspezifi sche Neoplasmen (einschl. Zysten und Polypen): gelegentlich: Mammakarzinom. Kreislauferkrankungen: gelegentlich: Hypertonie, Hypotonie. Allgemeine Beschwerden und Beschwerden an der Injektionsstelle: gelegentlich: Gangstörung, periphere Ödeme, allgemeine Schmerzen, Schmerzen an der Injek-tionsstelle, Fieber, Brustschmerzen, Verschlimmerung von Beschwerden, Asthenie, Unwohlsein, Durst. Störungen des Immunsystems: gelegentlich: Hypersensitivität; Häufi gkeit nicht bekannt: Kehlkopfödeme, angioneurotisches Ödem, Urtikaria. Erkrankungen der Ge-schlechtsorgane und der Brustdrüse: gelegentlich: Brustschmerzen, erektile Dysfunktion. Psychiatrische Störungen: gelegentlich: Verwirrtheitszustände, Delirium, Depersonalisation, Agitation, Schlafl osigkeit, Nervosität. Zemplar® 1 Mikrogramm, 2 Mikrogramm Weichkapseln: Nebenwirkungen aus klinischen Studien mit möglichem Kausalzusammenhang mit Paricalcitol, aufgelistet nach Organsystem und Häufi gkeit; CKD Stadium 3 und 4: Untersuchungen: Gelegentlich: abnormale Leberenzyme. Nervensystem: Gelegentlich: Schwindel, Geschmacksstörung. Gastrointestinaltrakt: Häufi g: Magenbeschwerden. Gelegentlich: Obstipation, Mundtrockenheit. Haut und Unterhautzellgewebe: Häufi g: Hautausschlag. Gelegentlich: Pruritus, Urtika-ria. Skelettmuskulatur, Bindegewebe und Knochen: Gelegentlich: Muskelkrämpfe. Immunsystem: Gelegentlich: Überempfi ndlichkeit. CKD-Stadium 5: Organsystem und Häufi gkeit: Nervensystem: Häufi g: Schwindel. Gastrointestinaltrakt: Häufi g: Diarrhoe, gastroösophageale Refl uxkrankheit. Haut und Unterhautzellgewebe: Häufi g: Akne. Stoffwechsel und Ernährung: Häufi g: Hyperkalzämie, Hypokalzämie, verringerter Appetit. Geschlechtsorgane und Brustdrüse: Häufi g: schmerzhaftes Spannungsgefühl in der Brust. Warnhinweise: Dieses Arzneimittel enthält geringe Mengen an Ethanol (Alkohol), weniger als 100 mg / Kapsel. Stand der Information: Zemplar® 1 / 2 Mikrogramm Weichkapseln Juni 2009. Zemplar® 5 Mikrogramm Injektionslösung März 2010. Verschreibungspfl ichtig. Abbott GmbH & Co. KG, Max-Planck-Ring 2, 65205 Wiesbaden.

1 Mizobuchi M et al., Kidney Int 2007; 72(6): 709 – 715. Bodyak N et al., Proc Natl Acad Sci USA 2007; 104: 16810 – 16815.Agarwal R et al., Kidney Int 2005; 68: 2823 – 2828.

2 Presse-Erklärung der ERA-EDTA 28. Juni 2011, 48. ERA-EDTA-Kongress, Prag 2011.3 Teng M et al., New Engl J Med 2003; 349: 446 – 456, retrospektive Kohortenstudie mit 67.399 Patienten.

3

Aktuell vom ERA-EDTA

Direkte Vergleichsstudie zeigt

überlegene Wirksamkeit von

Zemplar® vs. Mimpara®2

Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 11

heit nur eine Assoziation einer genomi -schen Region und kein kausaler Zusam-menhang nachgewiesen wurde. Einesolche Assoziation stellt stets den ers -ten Schritt auf dem Weg zur Aufklä-rung eines bisher unbekannten Mecha-nismus und der Anwendung in der kli-nischen Praxis dar (Übersichtsarbeit zumThema: McCarthy MI, Nat Rev Genet2008; 9:356-369).

GWAS in der Allgemeinbevölkerung entdecken neue Genregionen für Nierenfunktion und CKD

In der ersten GWAS für eGFR undCKD in der Allgemeinbevölkerungkonnte eine signifikante Assoziationvon SNPs in der genomischen Regionder Gene UMOD, STC1 und SHROOM3nachgewiesen werden (Köttgen A, NatGenet 2009; 41:712-717). Durch diesesErgebnis ist das von UMOD kodierteTamm-Horsfeld-Protein (Synonym:Uromodulin), dem mengenmäßig wich-tigsten Protein im Urin gesunder Pro-banden und Matrix von Urinzylindern,wieder aus dem Dornröschenschlaf er-weckt worden. In weiteren Studienkonnte die Höhe der Urinkonzentrati-on des Tamm-Horsfeld-Proteins eineinzidente CKD vorhersagen (Köttgen A,J Am Soc Nephrol 2010;21:337-344). Diesist ein anschauliches Beispiel dafür, dassdie Methode der GWAS neue Erkennt-nisse in Physiologie und Pathophysiolo-gie der Niere geben kann, die wiederumzur Entwicklung neuer Biomarker undTherapieansätze führen können.

Durch den Zusammenschluss von 20internationalen Kohorten im CKD-Gen-Konsortium konnte die Zahl der unter-suchten Probanden auf über n=67.000gesteigert werden und somit mittelsMeta-Analyse neben den 3 bekanntengenomischen Regionen 13 weitere iden-tifiziert werden, die in der Allgemein-bevölkerung mit eGFR und CKD as-soziiert sind, und zwar unabhängig von

einem zugrundeliegenden Diabetes oderBluthochdruck (Köttgen A, Nat Genet2010; 42:376-384). In den Regionenfinden sich Gene, die einen sehr plau-siblen funktionellen Zusammenhangmit Nierenfunktion und CKD haben(ALMS1/NAT8, SLC34A1, PRKAG2,DACH1, VEGFA, DAB2, SLC7A9), aberauch solche, bei denen ein funktionel-ler Zusammenhang nicht offensichtlichist (GCKR, ATXN2/SH2B3, TFDP2,PIP5K1B, UBE2Q2, LASS2).

Während die Identifikation der funk-tionellen Genomvarianten noch ausste-hend ist, konnte mittels Berechnung ei-nes genetischen Risiko-Scores gezeigtwerden, dass mit der steigenden Anzahlder Risikoallele der Prozentsatz derTeilnehmer mit CKD von weniger als5% auf über 10% linear ansteigt, unddie mittlere eGFR von mehr als 90 aufweniger als 80 ml/min/1.73m2 linearsinkt (Abbildung 1).

Ebenfalls im CKD-Gen-Konsortiumwurde die erste GWAS-Meta-Analysefür Albuminurie und Mikroalbuminu-rie durchgeführt (Böger CA, J Am Soc Ne-phrol 2011; 22: 555-570).

Es gelang die Identifikation eines SNPs,der zu einer Aminosäuresubstitution imCubilin-Protein führt und das Risikofür eine Mikroalbuminurie erhöht, undzwar in Individuen europäischer undafrikanischer Abstammung, und unab-hängig des Vorliegens eines Diabetesoder einer arteriellen Hypertonie. In derDCCT/EDIC-Studie, einer Kohortevon Patienten mit Typ 1 Diabetes, wardiese Variante gar signifikant mit derInzidenz einer persistierenden Mikro-albuminurie assoziiert. Cubilin ist improximalen Tubulus zusammen mit denProteinen Megalin und Amnionless fürdie Rückresorption glomerulär filtrier-ten Albumins und kleinmolekularerProteine, und im Dünndarm zusammen

Abb 1: Verteilung des additiven genetischen Risiko-Scores, eGFR (in ml/min/1.73m2) und CKD-Prävalenz (in %) pro Risikokategorie. Der additive Risiko-Scorewird errechnet durch die Summe der eGFR-senkenden Alleldosierung der 16 SNPs,die in Köttgen et al. (Köttgen A, Nat Genet 2010; 42:376-384) identifiziert wurden(n=67093). Das Balkendiagramm gibt die Anzahl der Individuen pro Kategorie an. Reproduziert von Köttgen et al. (Köttgen A, Nat Genet 2010; 42:376-384) mit Genehmigungder Nature Publishing Group.

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Nr. 3, 201112

mit Amnionless für die Resorption desVitamin B12/intrinsic factor-Komple-xes verantwortlich. Seltene Variantenim Cubilin-Gen führen zu dem auto-somal rezessiven Imerslund-Gräsbeck-Syndrom, das durch eine Proteinurievon <1g/d ohne Beeinträchtigung derGFR und eine megaloblastische An-ämie gekennzeichnet ist. Interessanter-weise waren in dieser GWAS des CKD-Gen-Konsortiums Varianten in Genen,die für bekannte Proteine in der glome-rulären Filtrationsbarriere kodieren,nicht signifikant mit der Höhe der Al-buminurie oder mit Mikroalbuminurieassoziiert. Da bisherige antialbuminu-rische Therapiestrategien vor allem aufeine Reduktion der glomerulären Al-bumin-Filtration zielen, könnten dieseErgebnisse in Zukunft renal-tubuläreMechanismen der Albuminausschei-dung in den Fokus der Entwicklungneuer antialbuminurischer Therapie-strategien rücken.

Von der Allgemeinbevölkerung hin zu krankheitsbasierten Kollektiven

In jedem Stadium einer Nierenerkran-kung spielen unterschiedliche Patho-mechanismen eine Rolle und somit po-tentiell auch verschiedene Genomre-gionen (Pillebout E, Am J Pathol 2001;159:547-560; Schmid H, Diabetes 2006;55:2993-3003). Während die oben be-schriebenen neu entdeckten Genomva-rianten einen Teil der Variation derGFR und Albuminurie in der Allge-meinbevölkerung (also weitgehend imNormbereich) erklären, ist bislang un-geklärt, ob diese Regionen oder etwaandere genomische Regionen das Risi-ko für fortgeschrittene Nierenerkran-kungen und für progredienten Nieren-funktionsverlust beeinflussen. Kohor-ten der Allgemeinbevölkerung eignensich durch ihre hohe Fallzahl gesunderProbanden hervorragend dafür, Genva-rianten zu entdecken, die die GFR oderdessen progredienten Verlust im weit-

gehend normalen Bereich beeinflussen.Dagegen verfügen diese Kollektive überrelativ geringe Fallzahlen nierenkran-ker Patienten, was deren statistischePower zur genetischen Analyse der fort-geschrittenen Stadien einer CKD odergar spezifischer Nierenerkrankungeneinschränkt. So liegt die eGFR in die-sen Kollektiven typischerweise in we-niger als 5% und 1% der Probanden un-ter 45 bzw 30 ml/min/1.73m2, und einefortgeschrittene diabetische Nephropa-thie (hier definiert als terminale Nieren -insuffizienz oder [Proteinurie >1g/d undeGFR<60 ml/min/1.73m2]) liegt in weitweniger als 3% vor.

Die Frage nach verantwortlichen Ge-nomvarianten in jedem Stadium derCKD und für den jährlichen Nieren-funktionsverlust ist Gegenstand aktuel-ler genetischer Forschung im CKD-Gen-Konsortium und deren kollaborieren-den Dialysekollektiven (GENDIAN, 4D,CHOICE, ArMORR, MMKD, FHKS),aber auch in anderen Arbeitsgruppenmit großen Kollektiven nierenkrankerPatienten: In den USA wurde in denJahren 2003-2008 die Chronic RenalInsufficiency Cohort (CRIC) rekrutiertund für 5 Jahre nachbeobachtet. Insge-samt wurden knapp 4000 Patienten ein-geschlossen, davon ca. 50% europäischerAbstammung, ca. 40% afrikanischerAbstammung und ca. 10% hispanischerAbstammung. Die geplante genomwei-te Analyse dieses Kollektivs wird mitSpannung erwartet.

In Deutschland untersuchen in einemvon der KfH-Stiftung Präventivmedi-zin e.V. geförderten Forschungsnetz-werk insgesamt 5 Studien die Ursacheneiner CKD und dessen Progredienz:

■ Die DIAbetes CohoRtE (DIACO-RE, PI’s: PD Dr. Carsten Böger, Re-gensburg und Prof. Dr. Jens Brüning,Köln) wird in einem 4-jährigen Zeit-raum insgesamt 6000 Patienten mit

prävalentem Diabetes mellitus Typ 2in und um Regensburg (n=4000) undKöln (n=2000) rekrutieren und alle2 Jahre nachbeobachten. Durch denEinschluss von prävalenten Typ-2-Diabetikern werden neben Patientenmit verschiedenen Stadien einer dia-betischen Nephropathie auch Dia-betiker ohne Nierenbeteiligung ein-geschlossen. Somit eignet sich die-ses Kollektiv zur Ursachenforschungder Inzidenz und des Progresses ei-ner diabetischen Nephropathie.

■ Die German Chronic Kidney DiseaseStudie (GCKD; PI: Prof. Dr. Kai-Uwe Eckardt, Erlangen) wird deutsch-landweit n=5000 Patienten mit CKDverschiedener Ursachen rekrutierenund 2-jährlich nachbeobachten, umunter anderem Faktoren für das Fort-schreiten einer CKD zu untersuchen.

■ Die Berliner Initiative-Studie (BIS;PI: PD Dr. med. Elke Schäffner) re-krutiert n=2000 Probanden im Alter≥70 Jahre, unter anderem mit demZiel der erstmaligen Erstellung einerGFR-Schätzformel speziell für die-se Altersgruppe (siehe Beitrag von PDDr. med. Elke Schäffner in dieser Aus-gabe).

■ Die 4C-Studie (PI: Prof Dr. FranzSchäfer; Heidelberg) untersucht inKindern mit CKD die Ursachen fürdas erhöhte kardiovaskuläre Risiko.Hierzu werden Patienten aus mehre-ren europäischen Ländern rekrutiert.

■ Die CAD-REF-Studie (PI: Prof. Dr.Eva Brand, Münster) untersucht inPatienten eines KHK-Registers denZusammenhang zwischen CKD undKHK.

Insgesamt werden in diesem Netzwerküber 15.000 Patienten mit CKD oderhohem Risiko dafür rekrutiert, was mitden anderen internationalen Kollekti-ven für die Zukunft eine ideale Platt-form für die Erforschung der Mecha-nismen der CKD und von kardiovas-kulärer Morbidität darstellt.

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Die wenigen Erfolgsmeldungen in derErforschung genetischer Ursachen spe-zifischer Nierenerkrankungen ohne ein-deutigen Mendelschen Erbgang sindzum Teil auf den Mangel an großenKollektiven zurückzuführen, teils aberauch auf die Komplexität in der Phä-notypdefinition, vor allem bei der dia-betischen Nephropathie. Die bedeu-tendsten Ergebnisse sind im Folgendenzusammengefasst.

Gene für diabetische Nephropathie

Erschwerend für die Erforschung die-ser so bedeutenden Erkrankung ist dieTatsache, dass sie in der Regel klinischdiagnostiziert und nur in Ausnahme-fällen bioptisch gesichert wird. Somitist eine Untermischung von nicht er-kannten Nephropathien anderer Gene-se in keinem der großen Kollektive aus-geschlossen.Nephrologische Forscher an der Uni-versität Mannheim haben vor einigenJahren mittels genomweiter (familien-basierter) Linkage Analyse Carnosina-se (CNDP1) als ein wahrscheinlichesKandidatengen für die fortgeschrittenediabetische Nephropathie identifizie-ren können (Vardarli I, Kidney Int 2002;62:2176-2183), während die Suche mit-tels GWAS bislang, möglicherweise aufGrund zu geringer Fallzahlen unter-suchter Patienten, widersprüchliche Be-funde zeigte (Übersichtsarbeit zu publi-zierten GWAS der diabetischen Nephropa-thie: Böger C, Kidney Blood Press Res2011). Derzeit werden von zwei Ar-beitsgruppen Meta-Analysen mehrererGWAS-Einzelstudien zu diesen Phä-notypen durchgeführt.

Gene für membranöse und IgA-Nephropathie

Erst kürzlich wurde eine GWAS ver-öffentlicht, die für Genomvarianten imHLA-DQA1-Locus und in PLA2R1 einsehr hohes Risiko für die idiopathische

membranöse Nephropathie (MN) zei-gen (Stanescu HC, N Engl J Med. 2011;364:616-626). PLA2R1 kodiert für denbei der idiopathischen MN pathogene-tisch relevanten M-Typ-Phospholipase-A2-Rezeptor, der im Podozyt der Nie-re exprimiert wird. Obwohl experimen-tell noch nicht bewiesen, suggeriert dasmit einer Zunahme der Risikoallele anbeiden Loci zunehmende Risiko füreine MN, dass die Kombination aus ge-netischen Modifikationen im Immun-system und in einem podozytären Genzu einer Produktion von schädlichenAuto-Antikörpern führt.

Interessanterweise wurden in einer ak-tuellen GWAS der IgA-Nephropathieebenfalls Genomvarianten in der HLA-Region identifiziert (Gharavi AG, NatGenet 2011; 43:321-327).

Nichtdiabetische terminale Nieren-insuffizienz in Afro-Amerikanern

Afro-Amerikaner haben ein 4-fach er-höhtes Risiko, an einer terminalen Nie-reninsuffizienz zu leiden als Amerika-ner europäischer Abstammung, auchnach Adjustierung für sozioökonomi-sche Faktoren. Fast das gesamte exzes-sive Risiko für nichtdiabetische termi-nale Niereninsuffizienz in Afro-Ame-rikanern scheint auf genomischeVarianten im MYH9/APOL1 Locuszurückzuführen zu sein (Kao WH, NatGenet 2008; 40:1185-1192; Kopp JB, NatGenet 2008; 40:1175-1184; Genovese G,Science 2010; 329:841-845).

Besonders interessant scheint dabei dieTatsache, dass die Genvarianten, die dasRisiko für eine terminale Niereninsuf-fizienz erhöhen, gleichzeitig protektivfür das Auftreten der Schlafkrankheit(Erreger: Trypanosoma brucei rhode-siense) sind. Mit Spannung wird dieAufklärung des Zusammenhangs derGenomvarianten mit der terminalenNiereninsuffizienz erwartet.

Zusammenfassung:In den letzten Jahren wurden die ers -ten GWAS für Nierenfunktion, Al-buminurie und spezifische Nieren-erkrankungen publiziert, in denen dieIdentifikation zahlreicher neuer Genefür diese Phänotypen beschriebenwird. Dabei konnten vor allem neueGenregionen identifiziert werden,die mit der Variation weitgehendnormaler Nierenfunktion und Albu-minurie assoziiert sind und nochfunktionell validiert werden müssen.Die Untersuchung dieser Genomre-gionen und die Ergebnisse vonGWAS in longitudinal beobachte-ten Kohorten der Allgemeinbevöl-kerung und in neu rekrutierten Ko-horten mit manifesten Nierenerkran-kungen oder hohem Risiko dafürwird mit Spannung erwartet.

PD Dr Carsten A. BögerKlinik und Poliklinik für Innere Medizin II, NephrologieUniversitätsklinikum [email protected]

VerschreibungsinformationenERYPO® FS 1000 I.E./0,5 ml, 2000 I.E./0,5 ml, 3000 I.E./0,3 ml, 4000 I.E./0,4 ml, 10 000 I.E./ml, 40 000 I.E./ml, Injektionslösung in Fertigspritzen. Wirkstoff: Epoetin alfa. Zusammensetz.: 1 Fertigspr.ERYPO® FS 1000/2000/ 3000/4000 enth. 1000/ 2000/3000/4000 I.E. entspr. 8,4/16,8/25,2/33,6 μg Epoetin alfa, 1 Fertigspr. ERYPO® FS 10 000 enth. 5000 I.E./0,5 ml, 6000 I.E./0,6 ml, 8000 I.E./0,8 ml, 10 000 I.E./ml entspr.42,0/50,4/67,2/84,0 μg Epoetin alfa, 1 Fertigspr. ERYPO® FS 40 000 enth. 20 000 I.E./0,5 ml, 30 000 I.E./0,75 ml, 40 000 I.E./ml entspr. 168/252/336 μg Epoetin alfa, gentechn. hergestellt aus Ova rialzellen d. chin. Hamsters,Zelllinie CHO-K1. Sonst. Bestandt.: Natriummono- und Natriumdi hydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80, Glycin, Wasser für Injektionszw. Anw.geb.: ERYPO® FS 1000, 2000, 3000, 4000, 10 000: Anämieb. chron. Nierenvers. b. Hämodialys.-Pat. (Erw. u. Kdr.) u. b. Peritonealdialys.-Pat. (Erw.). Schw. sympt. renale Anämie b. Erw. m. Niereninsuff., d. noch nicht dia lysepflicht. sind. ERYPO® FS 1000, 2000, 3000, 4000, 10 000,40 000: Anämie u. Redukt. d. Transfus.bedarfs. b. Erw. m. solid. Tumoren, malign. Lymph. u. multipl. Myelom unter Chemother., u. b. denen d. Risiko einer Transfus. aufgr. d. Allgemeinzust. (z.B. kardiovask. Status, vorbest.Anämie b. Beginn d. Chemother.) besteht. Steiger. d. autol. Blutgew. b. Pat. in Spendeprogr. zur Vermeid. v. Fremd blutkons.; Anw. gegenüb. d. Risiko thromboemb. Ereignisse abwägen, nur b. Pat. m. mittelschw. Anämie (Hb10 – 13 g/dl [6,21 – 8,07 mmol/l], kein Eisenmangel), falls blutgew. Maßn. nicht verfügb. od. unzureich., oder b. gepl. größ. Operat. m. großem Blutvolumenersatz (≥ 4 Einheit. Blut b. Frauen od. ≥ 5 Einheit. b. Männern).Redukt. v. Fremdblut vor großem orthopäd. Eingriff b. Erw. ohne Eisenmangel m. hohem Risi ko v. Trans fusionskomplik.; nur b. Pat. m. mittelschw. Anämie (z.B. Hb 10 – 13 g/dl) u. erwart. Blutverlust v. 900 – 1800 ml, d. nichtan autol. Blutspendeprogr. teilnehmen. ERYPO FS® 40 000 I.E./ml: Zur Anw. b. Erw.. Gegenanz.: Pat., d. unter irgendeinem Erythropoetin an Erythro blastopenie erkrank., sollten kein ERYPO® od. and. Erythropoetin erhalt..Unkontr. Hypertonie. Überempf. gg. d. Wirkstoff od. einen der Hilfsstoffe. Chirurg. Pat. ohne adäqu. Thromboseprophyl. Alle Gegenanz. die b. autologem Blutspende progr. beacht. werden müssen, sind ebenf. zu berücksicht..Bei Pat., d. für elektiv. orthopäd. Eingriff vorges. sind, u. d. nicht an autolog. Blutspendeprogr. teiln. können, nicht anw. b. folg. Vor-, Begleit- od. Grunderkr.: schw. koronare Herzkr., periph. art. Verschlusskrankh., vask. Erkr.d. Karotiden od. zere brovask. Erkr., kürzl. Herzinf. od. zerebrovask. Ereignis. Warnhinw. u. Vors. maßn.: Regelmäß. Blut bild kontr. (Hb, Thrombozyten werte) durchführen. B. Pat. m. chron. Niereninsuff. u. termin. Nierenvers.sow. b. Tumorpat. regelm. Hb-Bestimmg. durchf. bis stab. Hb-Wert erreicht wurde, diesen in regelm. Abst. überprüfen. Aufgr. potent. erhöht. Risiko thromboembol. Ereign. u. tödl. Aus gang, wenn Pat. b. Hb-Spiegeln üb. d.Zielwert für d. zu bhdl. Indik. behandelt werden, b. allen Pat. engmaschige Überw. d. Hb-Spiegel. Bei Pat. m. chron. Nieren vers. sollte d. Hb-Erhalt.konz. d. Obergrenze d. Hb-Zielkonz. nicht überschreiten. In klin. Studien wur -de e. erhöhtes Risiko hin sichtl. Tod u. schwerwieg. kardiovask. Ereign. beob., wenn d. Erythropoese stimu lier. Wirkst. üb. e. Hb-Zielwert > 12 g/dl gegeben wurden. Abh. von d. individ. klin. Situat. kann e. Bluttransfus. vor-zuziehen sein. Pat. sollen nur unter geeign. Überw. v. einem ESA auf ein anderes umgestellt werden. B. Hämo dialysepat. wird e. frühzeit. Shunt korrektur u. Thrombosepro phyl. durch Verabr. v. z.B. Acetylsalicylsäure empf..Erythroblas to penie: B. Pat. m. chron. Nierenvers., denen ERYPO® subkutan verabr. wird, regelmäß. Kontrollen hinsichtl. e. Wirkverlustes, definiert als Nicht- od. vermind. Ansprechen e. ERYPO®-Therapie b. Pat., d. zuvor aufd. Therapie angesprochen haben, durchführen. Dieses zeigt sich durch e. anhalt. Ver mind. d. Hb-Werte trotz Steigerung d. ERYPO®-Dosis. Bei erhöh. od. steig. Kali um wert Unterbr. d. Ther. bis Kaliumwerte im Normber. emp-fohlen. Wie b. allen Wachstumsf. gibt es Bedenk., dass Epoetine d. Wachstum v. Tumoren anregen können. In mehr. kontr. Studien zeigten Epoetine keine Verbesserung d. Gesamtüberleb. od. e. Risikovermind. e. Tumor progr.b. Pat. m. tumorassoz. Anämie. Wg. erhöh. Inzi denz v. thrombot., vask. Ereignissen vorsichtige Nutzen-Risikoabwägung bei erhöh. Risiko für TVE. B. Pat., d. für elektiv. ortho päd. Eingriff vorges. sind, u. d. nicht an autolog.Blutspendeprogr. teiln. können wg. erhöh. Risiko f. thromb./vask. Erkr., spezielle Vors.maßnahmen b. Disposition für tiefe Venenthrom bose notw. (z.B. Thrombose prophylaxe), bei Pat. m. Ausgangs-Hb > 13 g/dl nicht anwen-den. Es liegen keine ausreich. u. gut kontroll. Studien b. Schwang. vor. Unter such. i. Tiermodell zeigten e. Repro dukt. toxizität. B. Schwang. m. chron. Nierenversagen nur anw., wenn mögl. Nutzen d. mögl. Risiko für d. Fötusrecht fertigt. Bei schwang. od. still. Pat., d. an autologem Blutspendeprogr. teilnehmen, ERYPO® nicht anw.. Vors. b. still. Frauen; Nutzen-Risiko-Abwä gung treffen. Vorsicht bei: Unbehand., unzureich. behand. od. schlechteinstellb. Bluthoch druck; falls nicht kon trollierbar, Bhdlg. beenden. Vorsicht b. Epilepsie und chron. Leberinsuffizienz. Sehr selten Entwickl. od. Exazerbat. e. Porphyrie, daher vorsicht. Anw. v. Epoetin alfa b. Pat. m. Porphyrie.Falls eine anti-Erythro poetin, antikörpervermitt. PRCA vermutet wird, ERYPO® sofort absetzen. D. Anw. v. ERYPO® kann b. Do ping kontr. zu positiven Ergebn. führen. D. Missbrauch durch Gesunde (z.B. für Dopingzw.) kann zue. übermäß. Anstieg d. Hb-Wertes führen. Dies ist m. d. Risiko lebensbedrohl. Kom plikat. d. Herz-Kreislauf-Syst. (Thromboserisiko durch Hämokonzentr. b. Polyglobulie) verbunden. Enth. Natriummono-, dihydrogen phosphat-Dihydrat u. Natriumchlorid. Packungsbeil. beachten. Nebenw.: Allg.: B. Tumorpat. u. b. Pat. m. chron. Nierenvers. am häu figst. dosisabh. Blut druckanst. od. Verschlecht. e. be reits besteh. Hyperto nie. Andere häufige Nebenwirk.aus klin. Studien m. Epoetin alfa: tiefe Venen thromb., Lungenart.embolie, Krampfanf., Diarrhö, Übelk., Kopfschm., Influenza-ähn. Sympt., Fieber, Rash u. Erbr.. Influenza-ähn. Sympt. einschl. Kopf-, Gelenk-, Muskel schmer -zen u. Fieber bes. zu Ther.beginn mögl.. Die Häufigk. können in Abhängigk. v. d. Indik. variieren (s.u.). Schwerwieg. Nebenwirk. beinhalt. venöse u. arter. Thromb. u. Embo lien (einschl. einig. Fälle m. tödl. Ausgang), wie z.B.tiefe Venenthromb., Lun genart. embolie, art. Thromb. (einschl. Myokardinf. u. Myokard ischäm.), Retina thromb. u. Shunt thromb. (einschl. Dialysevorricht.). Des Weit. zerebr. Durchblut.störg. (einschl. Hirninf. u. Hirn blutg.) u.transit. ischäm. Attacken. Aneurysmen. Überempf.reakt., einschl. Fälle v. Rash, Urtik., anaphylakt. Reakt. u. angioneurot. Ödem. Hyperten. Krisen m. Enzephalop. u. Krampfanf., sind währ. Epoetin-alfa-Ther. auch b. Pat. m.zuvor norm. od. niedr. Blutdr. aufge tr., daher bes. Aufmerksamk. f. plötzl. auftr., stech., migräne art. Kopf schm. als mögl. Warnsignal. Sehr selten antikörpervermitt. Erythroblastopenie in < 1/10.000 Fällen/ Pat.jahr nach mona-te- bis jahrelanger Bhdlg.. Nebenwirk. b. ≥ 0,2% der m. ERYPO® bhdlt. Pat. dies. Prüfungen, aus zus. klin. Prüf. u. n. Ver markt. sind n. Syst.organklasse u. Häufigk. aufgelistet: Sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100 bis < 1/10),gelegentl. (≥ 1/1.000 bis < 1/100), nicht bek. (Häufigk. aufgr. d. ver fügb. Daten nicht abschätzbar). Blut u. Lymphsyst.: Gelegentl.: Thrombozythämie. Nicht bek.: Erythro poetin-Antikörpervermitt. Erythro blastopenie1,Thrombozyth. (Pat. m. chron. Nieren vers.). Immunsyst.: Nicht bek.: Anaphylakt. Reakt., Überempf.. Nervensyst.: Sehr häufig: Kopfschm. (Tumorpat.). Häufig: Krampfanf. (Pat. m. chron. Nieren vers.), Kopfschm. (Pat. m. chron.Nie ren vers.). Ge legentl.: Hirnblut.2, Krampfanf. (Tumorpat.). Nicht bek.: zerebrovask. Durchblut.störg.2, hyperten. Enze phal., trans. ischäm. Att.. Augenerkr.: Nicht bek.: Retinathromb.. Gefäßerkr.: Häufig: tiefe Venenthromb.(Tumorpat.)2, Hyper t.. Nicht bek.: Tiefe Venenthromb.2, (Pat. m. chron. Niereninsuff.), art. Thromb., hyperten. Krise. Atemw., Brustraum u. Mediastinum: Häufig: Lungenart.emb.2

(Tumorpat.). Nicht bek.: Lungenart.emb.2 (Pat. m. chron. Niereninsuff.). Gastrointest.trakt: Sehr häufig: Übelk.. Häufig: Diarrhö (Tumorpat.), Erbr.. Gele gentl.: Diarrhö (Pat. m. chron.Nieren vers.). Haut u. Unterhautzellgew.: Häufig: Rash. Nicht bek.: Angio neurot. Ödem, Urtik.. Skelettmusk., Bindegewebs- u. Knochenerkr.: Sehr häufig: Gelenkschm. (Pat. m. chron.Nierenvers.). Häufig: Gelenkschm. (Tumorpat.). Gelegentl.: Muskelschm. (Tumorpat.). Nicht bek.: Muskelschm. (Pat. m. chron. Nierenvers.). Kongenit., famil. u. genet. Erkr.: Nichtbek.: Porphyrie. Allg. Erkr. u. Be schw. a. Verabr.ort: Sehr häufig: Fieber (Tumorpat.), Influenza-ähn. Sympt. (Pat. m. chron. Nie renvers.). Häufig: Influenza-ähn. Sympt. (Tumorpat.).Nicht bek.: unzureich. Wirksamk.; periph. Ödem; Fieber (Pat. m. chron. Nieren vers.), Reakt. a. d. Injek t.stelle. Untersuch.: Nicht bek.: Anti-Erythropoetin-Antikörpertest positiv1.Verletz., Vergift. u. durch Eingr. bed. Komplikat.: Häufig: Shuntthromb. inkl. Dialysevorrich t. (Pat. m. chron. Nierenver s.). 1Häufigk. anh. v. klin. Studien nicht zu bestimmen. 2Inkl.Fälle m. tödl. Ausgang. Stand d. Inform.: 04/2009. Verschrei bungspflichtig. JANSSEN-CILAG GmbH, 41457 Neuss.

Erfahrung gibt die Richtung vor.

Schon immer wegweisend.

Das erste Epo – mit der längsten Erfahrung.1

Erfolgreich bewährt.2 Stets aktuell.

1 Erstzulassung: 11. November 1988 2 Macdougall IC. Novel Erythropoiesis-Stimulating Agents: A New Era in Anemia Management. Clin J Am Soc Nephrol 2007;epub.

Biomarker bei chronischer Nierenkrankheit: NT-CVD-Register (New Tools for the Prevention of CardiovascularDisease (CVD) in Chronic Kidney Disease)

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinddas größte medizinische Problem un-serer industriellen Gesellschaft. Sta-tistisch gesehen sind mehr Todesfäl-le auf Herz-Kreislauf-Erkrankungenzurückzuführen als auf Krebserkran-kungen. Insbesondere bei der Behand-lung von Patienten mit chronischerNierenkrankheit ist die Beherrschungder im Vergleich zur Normalbevölke-rung sogar erhöhten kardiovaskulärenMorbidität und Mortalität eine gro-ße Herausforderung.

Eine vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung (BMBF) geför-derte deutschlandweite Forschergrup-pe, das NTCVD-Konsortium (NewTools for the Prevention of Cardio-vascular Disease in Chronic KidneyDisease) möchte die für das Auftre-ten und Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei chronischnierenkranken Patienten ursächlichen Mechanismen aufdecken und neuediag nostische und therapeutischeMaßnahmen zur Prävention kardio-vaskulärer Erkrankungen und Funk-tionsstörungen bei chronischer Nie-renkrankheit entwickeln.

Das NTCVD-Konsortium umfasstneben Medizinern der Klinik für Ne-phrologie des UniversitätsklinikumsEssen auch experimentell ausgerich-tete Forscher der Charité Berlin, Bio-informatiker des Max Planck Insti-tuts für Molekulare Genetik Berlinund industrielle Partner der Firmen

Bayer Schering Pharma AG, EXcor-Lab GmbH und Membrana GmbH,die durch Anwendung funktionellerGenomik, einschließlich der Metabo-lomik, der Proteomik und der mole-kularen Phänotypisierung Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen bei chronischerNiereninsuffizienz untersuchen.

Im Rahmen der chronischen Nieren -insuffizienz akkumulieren Substan-zen trotz regelmäßiger und regelge-rechter Dialyse. Obwohl aktuell fast100 dieser Substanzen identifiziertworden sind, ist eine große Anzahldieser als Urämie-Toxine bezeichne-ten Substanzen noch unbekannt. Un-ter ihnen gibt es eine bislang nichtidentifizierte Gruppe von Substan-zen, die für die Genese kardiovasku-lärer Erkrankungen chronisch nieren-kranker Patienten ursächlich sind undmöglicherweise auch für kardiovasku-läre Erkrankungen nierengesunderPersonen von großer Bedeutung sind.

In der Klinik für Nephrologie amUniversitätsklinikum Essen werdenBlut- und Urinproben von ca. 300 Pa-tienten mit chronischer Nierenkrank-heit (Stadium 3-5 nach K/DOQI)und nierengesunden Kontrollperso-nen (jeweils mit/ohne kardiovaskulä-re Erkrankungen) gesammelt. Die Pa-tienten und Probanden werden in dereigenen Klinik bzw. in kooperieren-den Arztpraxen des umliegendenRuhrgebiets rekrutiert und in der Kli-nik für Nephrologie des Universitäts-

klinikums Essen über einen Zeitraumvon 3 Jahren wiederholt „auf Herzund Nieren geprüft“, d. h. mittelsBlut- und Urinuntersuchungen sowienicht-invasiver apparativer Untersu-chungen des Herz-Kreislaufsystemsim Hinblick auf bereits vorhandeneErkrankungen oder Risikofaktoren fürHerz-Kreislauf-Erkrankungen unter-sucht.

Außerdem werden Blut- und Urin-proben gesammelt, die den analyti-schen Kooperationspartnern desNTCVD-Konsortiums zur Verfügunggestellt werden, damit die Funktionjüngst identifizierter Mediatoren kar-diovaskulärer Erkrankungen chronischniereninsuffizienter Patienten mit Hilfevon Bioassays und Pattern-Analysebestimmt und bisher noch nicht iden-tifizierte Mediatoren kardiovaskulä-rer Erkrankungen isoliert und identi-fiziert werden. Die Erkenntnisse undErgebnisse sollen in Zusammenarbeitmit den industriellen Partnern in dieKonzeption und Entwicklung inno-vativer Anwendungen zur Diagnosti-zierung, Prävention und Behandlungder chronischen Nierenkrankheit bzw.kardiovaskulärer Erkrankungen chro-nisch niereninsuffizienter Patientenfließen.

Priv.-Doz. Dr. med. Heike Bruck Prof. Dr. med. Andreas KribbenUniversitätsklinikum [email protected]

Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 15

Fischland-Symposium

Nr. 3, 201116

Genetische Grundlagen der essenziellen Hypertonie:

Ist die renale Genexpression beteiligt?Renale Mechanismen bei der essenziellen Hypertonie

Eine ursächliche Beteiligung renalerMechanismen bei der essenziellenHypertonie wird schon lange vermu-tet. In den Achtzigerjahren des vori-gen Jahrhunderts wurde in mehrerenklinischen und experimentellen Nie-rentransplantationsstudien gezeigt,dass die essenzielle Hypertonie mitder Niere „wandert“ (Rettig R, Grisk O,Hypertension 2005; 46:463-468). Ob-wohl eine bedeutende Rolle der Nie-re bei der essenziellen Hypertonie in-zwischen kaum noch von der Handzu weisen ist, sind die im Einzelnenzugrunde liegenden Mechanismen bisheute unklar. Offenbar gibt es eine ge-netische Prädisposition zur arteriel-len Hypertonie, die die Niere invol-viert. Welche Gene davon betroffensind, ist zurzeit noch weitgehend un-bekannt.

Genom-weite Analysen in bevölkerungsbasierten Kohorten

Seit der Entschlüsselung des mensch-lichen Genoms vor knapp einem Jahr-zehnt beginnen Genom-weite Ana-lysen, so genannte GWAs, in großenbevölkerungsbasierten Kohorten neueErkenntnisse über die genetischen Ur-sachen komplexer Erkrankungen her-vorzubringen. Noch deutlicher wer-den diese Zusammenhänge zwischenbestimmten Varianten im Erbgut undkomplexen Phänotypen, wenn die Er-gebnisse mehrerer Kohortenstudien

in einer großen Meta-Analyse ge-meinsam ausgewertet werden. DieStudy of Health in Pomerania (SHIP)ist eine solche Kohortenstudie (Völzkeet al., Int J Epidemiol 2011; 40:294-307). Übergeordnetes Ziel der GWAsist es, die genetischen Grundlagenkomplexer Erkrankungen, wie z. B.der essenziellen Hypertonie, besser zuverstehen und dadurch zu einer indi-vidualisierten Form der Präventionund Therapie dieser Erkrankungenbeizutragen, d. h., letztlich wirksamervorbeugen bzw. intervenieren zu kön-nen bei gleichzeitiger Reduzierungder Nebenwirkungen.

Die Study of Health in Pomerania (SHIP)

SHIP ist eine Bevölkerungs-basierteepidemiologische Studie im äußerstenNordosten Deutschlands, die seit1997 unter Einbeziehung der StädteGreifswald und Stralsund sowie eini-ger umliegender kleinerer Städte undGemeinden durchgeführt wird. Ausden örtlichen Melderegistern wurdenach Alters- und Geschlechtsstratifi-zierung eine repräsentative Zufalls-stichprobe von über 6000 Personen imAlter von 20 bis 79 Jahren gezogen,von denen schließlich 4308 Personentatsächlich an den Untersuchungenteilnahmen. Die erste Untersuchungs-welle war 2002 abgeschlossen. Danacherfolgte bei allen einwilligenden Pro-banden eine erste Nachuntersuchung(5-Jahres-Follow-up). Inzwischen läuftdas 10-Jahres-Follow-up, welches vor-

aussichtlich Mitte 2012 abgeschlos-sen werden wird.

Das SHIP-Untersuchungsprogrammumfasst ein standardisiertes Compu-ter-gestütztes Interview, einen aus-führlichen Gesundheitsfragebogen so-wie umfangreiche medizinische undzahnmedizinische Untersuchungeneinschließlich der Bestimmung zahl-reicher klinisch-chemischer Parameterim Blut und Urin. Bei allen Proban-den wird in standardisierter Weise insitzender Position nach mindestensfünfminütiger Ruhezeit der arterielleBlutdruck gemessen (HEM-705CP,Omron, Tokyo, Japan). Zu den regel-mäßig bestimmten klinisch-chemi-schen Parametern gehören die Plas-ma-Kreatinin- und Cystatin-C-Kon-zentration sowie die Kreatinin- undAlbuminkonzentration im Urin, so-dass unter anderem orientierendeAussagen über die Nierenfunktion derProbanden möglich sind (siehe Artikelvon Böger in dieser Ausgabe). Die Uni-versität Greifswald ist Mitglied im Pro-gramm Center of Knowledge Interchangeder Siemens AG, in dessen Rahmendie den GWAs zugrunde liegendenDaten über die Verteilung bestimm-ter genetischer Varianten in der Be-völkerung ermittelt wurden.

Prinzip der Genom-weiten Analysen (GWAs)

Bei den untersuchten genetischen Va-rianten handelt es sich um Einzelnu-kleotid-Polymorphismen (SNPs, von

Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 17

engl. single nucleotide polymorphisms).Genau gesagt sind es die Basenbe-standteile der Nukleotide, welche sichvon Individuum zu Individuum un-terscheiden können. Im menschlichenGenom kommen vier verschiedeneNukleotidbasen vor (Adenin, Thymin,Cytosin, Guanin). Das gesamte Ge-nom des Menschen besteht aus etwa3 Milliarden Basenpaaren, wobei sichin mehr als 99 Prozent der Fälle aneinem bestimmten Ort des Genomsbei allen Menschen das gleiche Basen-paar befindet. Nur etwa jedes tausends -te Basenpaar weist interindividuelleVarianten zwischen verschiedenenMenschen auf, ist also polymorph.

Ein solcher SNP kann unter Umstän-den ein Gen so verändern, dass eineandere Aminosäure in das Genpro-dukt, also in das von diesem Gen co-dierte Protein, eingebaut wird. Das soveränderte Protein hat möglicherwei-se andere funktionelle Eigenschaftenals das ursprüngliche Protein. Solchedirekten Auswirkungen der SNPs sindaber eher die Ausnahme. Viel häufi-ger sind die SNPs „stumm“ und zei-gen den Untersuchern gegebenenfalls„nur“ den Zusammenhang zwischeneinem bestimmten Genort (Locus)und dem untersuchten Phänotyp an.Zum Beispiel liegt der SNP mit derDatenbank-Bezeichnung rs17367504an einer bestimmten Stelle auf demkurzen Arm von Chromosom 1. Andiesem Genort liegen auch die Genefür das Enzym Methylen-Tetrahydro-folat-Reduktase (MTHFR), einenChlorid-Kanal (CLCN6), die Peptid-hormone Natriuretisches Peptid Aund B (NPPA und NPPB) sowie dasAngiotensin-II-Rezeptor-assoziierteProtein (AGTRAP). Mit ca. 2,5 Mil-lionen SNPs lässt sich das menschli-

che Genom einigermaßen vollständigabdecken. Mit moderner DNA-Chip-Technologie ist es heutzutage mög-lich, so viele SNPs in einer kleinenDNA-Probe sicher zu identifizieren.Eine valide und reliable Phänotypi-sierung und ausreichend Rechenka-pazität vorausgesetzt, lassen sich sta-tistische Bezüge zwischen einzelnenGenorten und komplexen Erkrankun-gen nachweisen.

Genom-weite Analysen zur arteriellen Hypertonie in SHIP

Diese Strategie hat man bei SHIPverfolgt, um nähere Aufschlüsse überdie genetischen Grundlagen der arte-riellen Hypertonie zu erzielen. Die Er-gebnisse waren zunächst ernüchternd.Von den 2,5 Millionen erfassten SNPswar bei über 3300 Probanden, die indie Studie einbezogen werden konn-ten, keiner mit der arteriellen Hyper-tonie assoziiert. Der Grund dafür wardie trotz der hohen Probandenzahlgeringe statistische Aussagekraft derUntersuchung. Das wiederum liegt ander zulässigen Irrtumswahrscheinlich-keit, die bei solchen Untersuchungenmit Werten von <0,000001 Prozentextrem gering ist. Also braucht manmehr Probanden, was nur durch in-ternationale wissenschaftliche Kon-sortien geleistet werden kann.

Das Global Blood Pressure Genetics Consortium

Das Global Blood Pressure GeneticsConsortium ist ein solcher Zusam-menschluss, dem sich Wissenschaft-ler angeschlossen haben, die 17 Ko-horten-Studien, darunter SHIP, mitzusammen über 33.000 Probanden re-präsentieren. In einer Meta-Analyse

(Newton-Cheh et al. Nat Genetics 2009;41:666-676) der Daten aus allen 17Kohorten konnten acht SNPs und da-mit ebenso viele Genorte identifiziertwerden, an denen mit hoher Wahr-scheinlichkeit Gene liegen, die mit derarteriellen Hypertonie assoziiert sindbzw. die Träger einer bestimmten ge-netischen Variante prädisponieren, anBluthochdruck zu erkranken. Alleacht SNPs waren nicht nur mit derarteriellen Hypertonie ( Ja/Nein-Va-riable), sondern auch jeweils mit demsystolischen und dem diastolischenBlutdruck (kontinuierliche Variablen)assoziiert. Dieser Befund weist daraufhin, dass an den identifizierten Locioffenbar Gene liegen, die nicht nur ander Pathogenese der arteriellen Hy-pertonie, sondern auch an der physio-logischen Blutdruckregulation betei-ligt sind.

Die spannende Frage aus nephrologi-scher Sicht ist natürlich, ob es sich da-bei um Gene handelt, die entweder inder Niere selbst exprimiert werdenoder wenigstens mit der Regulation derNierenfunktion assoziiert sind. Bei ei-nigen Genen ist das in der Tat der Fall.Bevor darauf im Einzelnen näher ein-gegangen werden kann, muss nochdarauf hingewiesen werden, dass mitHilfe Genom-weiter Analysen nurGenorte identifiziert werden können,an denen aber mit hoher Wahrschein-lichkeit Gene liegen, die mit dem un-tersuchten Phänotyp assoziiert sind.An vielen der identifizierten Genor-te bzw. in deren unmittelbarer Näheliegen mehrere Gene, die mit dem un-tersuchten Phänotyp ursächlich inVerbindung stehen können, aber nichtzwangsläufig müssen. Es ist durchausdenkbar, dass der SNP, welcher zurIdentifizierung eines bestimmten Gen-

Medicom-Online Symposiums-Plattform: B. Braun Medical AG

Zusammenfassung des Vortrags von Marco Maggiorini „Glukose-Kontrolle“

Computer-gestützte Glukose-Kontrolle bei Intensivpatienten

len Akkumulation von Sorbit/ Fruktose, zur gesteigerten Bildungvon AGEs und Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFkB,was schließlich zu einer Beeinträchtigung der endothelialen Funk-tionen, einer Behinderung des Sauerstofftransportes und einerStörung der Immunkompetenz führt.

Ein wesentlicher neuer Aspekt liegt nun darin, dass nicht nur diemittlere Höhe des Blutzuckers von Bedeutung ist, sondern auch,in welchem Bereich der Blutzucker im Tagesverlauf schwankt,was als „Blutzucker-Variabilität“ bezeichnet wird. Wenn maneinzelne Patienten betrachtet, kann man leicht ersehen, dass derBlutzucker im Tagesverlauf extrem zwischen hyper- und hypo-glykämischen Phasen schwanken kann. Diese Variabilität hängtauch mit dem Schweregrad der Erkrankung zusammen, ist umsoausgeprägter, je schwerer der Patient krank ist. Das Ausmaß derBlutzuckervariabilität wiederum hat eine enge Korrelation mitder Prognose der Patienten.

Ziel der Therapie muss es daher einerseits sein, sowohl eineHypo- als auch Hyperglykämie zu vermeiden. Andererseits be-steht heute ein ganz wesentliches therapeutisches Ziel auch da -rin, ein möglichst gleichmäßiges Blutzuckerprofil aufrechtzuer-halten, die Variabilität zu minimieren. Diese Therapieziele sindheute möglich geworden mithilfe Computer-gestützter „closed-loop“-Systeme. Nach einem vorgegebenen Algorithmus wird da-bei aus den eingelesenen Blutzuckerwerten der letzten 8 Stundeneine Prognose für die nächsten 4 Stunden berechnet und die In-fusionsrate von Insulin dementsprechend geregelt. Diese Syste-me sind mit verschiedenen Alarmfunktionen ausgestattet, wassowohl die Eingabeseite als auch die Infusionsseite betrifft, so-dass ein Maximum an Sicherheit für die Patienten garantiert ist.

Mit diesen Computer-gestützten Systemen konnten bei verschie-denen Patientengruppen Erfahrungen gesammelt und gezeigtwerden, dass mit derartigen Systemen gegenüber einer konven-tionellen manuellen Steuerung eine verlässliche Blutzuckerkon-trolle innerhalb eines definierten Zielbereiches unter gleichzeiti-ger Minimierung der Variabilität erzielt werden kann. Mit zu-nehmender Erfahrung der Betreuenden können die Zeitintervalleder Blutzuckerkontrollen gestreckt und eine wesentliche Arbeits-ersparnis generiert werden.

Das Rationale für derartige Computer-gestützte Systeme ist alsoklar: Konstante Aufrechterhaltung eines definierten Zielblutzu -ckerspiegels (der zwischen verschiedenen Patientengruppen un-terschiedlich sein kann), strikte Vermeidung sowohl hypo- alsauch hyperglykämischer Perioden, eine Minimierung der Blut-zucker-Variabilität unter gleichzeitiger Wahrung wesentlicher Si-cherheitsaspekte. Als sicherlich wünschenswerter Nebeneffektsind derartige Systeme auch mit einer Arbeits- bzw. Zeiterspar-nis für die Betreuenden verbunden, die sich dann mehr den Pa-tienten selbst zuwenden können.

Weiterhin heftig diskutiert in der Intensivmedizin wird dasKonzept der „Glukose-Kontrolle“, d. h. die Frage ob - und wennwie tief - bei kritisch kranken Patienten die Blutglukose mit In-sulin angesenkt werden sollte. Dabei hat sich auch ein neuerAspekt, die „Glukose-Variabilität“ ergeben. Schließlich spre-chen verschiedene Argumente dafür, dass heute mit Computer-gestützten Verfahren eine definierte und sichere Glukose-Kon-trolle möglich geworden ist.

Im Jahr 2010 ist eine Metaanalyse erschienen, in der alle bishervorgenommenen Studien zur Glukose-Kontrolle bei Intensivpa-tienten analysiert wurden. Bekanntlich hatten die van den BergheStudien aus Leuven zunächst vor allem bei chirurgischen Patien-ten den wesentlichen Vorteil einer Normoglykämie bezüglichder Entstehung von Komplikationen und der Prognose gezeigt.In folgenden Studien konnten diese positiven Effekte allerdingsnicht bestätigt werden. Die letzte große Untersuchung, die NICE-SUGAR-Studie, hatte ganz im Gegenteil eine erhöhte Mortali-tät unter einer Normoglykämie nachgewiesen.

Was sind nun die Ursachen für diese diskrepanten Ergebnisse?Ein Faktor ist sicherlich der Unterschied in den verschiedenenPatientengruppen, kardiochirurgische Patienten gegenüber all-gemeinen Intensivpatienten mit sehr unterschiedlichen Überle-bensarten (9% bei chirurgischen gegenüber 30% bei internisti-schen Patienten). Ein weiterer Grund liegt in der Therapie derKontrollgruppe, welche Glukose-Werte bei diesen Patienten an-gestrebt wurden. Waren in den Leuven-Studien die Glukosewer-te in der Kontrollgruppe noch über 200 mg/dl gelegen, in derVISPE-Studie um 180 md/dl, so lagen diese in der NICE-SUGAR-Studie um 140 mg/dl, ein sicherlich ganz wesentlicher Aspekt,wenn man die Ergebnisse interpretieren will. Die Teilnahme aneiner Studie kann also auch in der Kontrollgruppe zu einem we-sentlichen Therapieeffekt führen und Unterschiede im Therapie-erfolg verschleiern. Zusätzlich waren in den frühen Studien inden Kontrollgruppen ausgeprägte Schwankungen der Blutzucker-konzentrationen zu beobachten, wobei Werte von über 200, so-gar 300 mg/dl mit Werten abwechselten, die unter der Hypo-glykämie-Schwelle gelegen waren.

Lange ist bekannt, dass eine Hypoglykämie bei Intensivpatien-ten die Mortalität erhöht. Aber auch eine Hyperglykämie ist miteiner Verschlechterung der Prognose assoziiert, wobei die Mor-talität mit steigenden Blutzuckerwerten exponentiell ansteigt.Es findet sich eine U-förmige Kurve mit einem Optimum undsteigenden Mortalitätsraten sowohl im hypo- als auch im hy-per-glykämischen Bereich. Das bedeutet, dass eine Glukose-Kon-trolle eindeutig vorteilhafte Auswirkungen zeigt.

Warum eine Hyperglykämie einen negativen Einfluss auf Krank-heitsverlauf und Prognose bedingt, hat verschiedene Gründe.Hyperglykämie führt zu oxidativem Stress, zu einer endothelia-

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ortes geführt hat, durch genetischeKoppelung mit einer anderen geneti-schen Variante verknüpft ist, die daseigentliche ursächliche Prinzip dar-stellt bzw. den Genort anzeigt, an demdas kausative Gen tatsächlich liegt.Insofern müssen die Ergebnisse derGenom-weiten Analysen hinsichtlichmöglicher Ursache/Wirkungsbezie-hungen mit äußerster Zurückhaltunginterpretiert werden.

Meta-Analyse identifiziert neue Kandidatengene

Dies vorausgeschickt ergeben sich ei-nige aus nephrologischer Sicht durch-aus bemerkenswerte Befunde. So lie-gen im Bereich des oben erwähntenSNPs rs17367504 gleich mehrereplausible Kandidatengene mit Aus-wirkungen auf die Nierenfunktionund den Blutdruck. Die Natriureti-schen Peptide A und B haben nichtnur die namensgebende Funktion ei-ner Steigerung der Natriurese, sondernwirken darüber hinaus direkt gefäßer-weiternd. Aufgrund dieser Wirkun-gen ist es naheliegend zu vermuten,dass diese Peptide nicht nur bei derphysiologischen Blutdruckregulationeine Rolle spielen, sondern darüberhinaus möglicherweise auch zur Pa-thogenese der arteriellen Hypertoniebeitragen. Tierexperimentelle Befun-de stützen diese Vermutung: Knock-out-Mäuse, denen das NPPA-Genfehlt, haben eine Salz-sensitive Hy-pertonie (John SW et al. Science 1995;267:679-681). Über das in der Näheliegende Chlorid-Kanal-Gen CLCN6ist bisher relativ wenig bekannt. Eswird vermutlich hauptsächlich in neu-ronalen Geweben exprimiert. Aller-dings weiß man schon lange, dass sel-tene Mutationen in anderen, renal ex-

primierten Chlorid-Kanälen erhebli-che Auswirkungen auf den Blutdruckhaben (Simon DB et al. Nat Genetics1996, 12:24-30; Simon DB et al. NatGenetics 1996; 15:152-156) und Ursa-che des genetisch heterogenen Bart-ter-Syndroms sein können.

Ein neues und im Zusammenhangmit renalen Mechanismen der essen-ziellen Hypertonie sehr interessantesKandidatengen ist AGTRAP. DasGen codiert für ein Protein, welchesmit dem Angiotensin-II-Typ-1 (AT1)-Rezeptor assoziiert ist und deshalbden etwas umständlichen Namen An-giotensin-II-Rezeptor-assoziiertesProtein erhielt (Daviet L et al. J BiolChem 1999; 274:17058-17062). DasProtein interagiert mit dem AT1-Re-zeptor und begünstigt dessen Inter-nalisierung, also die Entfernung ausder Zellmembran und die Speiche-rung in intrazellulären Kompartimen-ten. Internalisierte Rezeptoren sindfür extrazelluläres Angiotensin II nichterreichbar. Auf diesem Wege hemmt

AGTRAP die Angiotensin-II-indu-zierte Signaltransduktion und vermin-dert die Angiotensin-II-Wirkung(Abb. 1). Ein Team aus der Universi-tätskinderklinik und dem Institut fürPhysiologie der Universität Regens-burg hat kürzlich die AGTRAP-Wir-kungen an Mäusen intensiv charak-terisiert (Oppermann M et al. J Am SocNephrol 2010; 21:468-477). AGTRAPwird in mehreren Organen exprimiert,darunter die Nieren, die Nebennie-ren, das Herz und die Testes. Diestärkste Expression fanden die Auto-ren in den Nieren. Interessanterwei-se fand sich AGTRAP praktisch nichtin den Blutgefäßen. In der Niere warAGTRAP vor allem im proximalenTubulus lokalisiert und zwar haupt-sächlich in der apikalen Membran.Dort findet man auch die höchsteDichte von AT1-Rezeptoren in derNiere außerhalb der Blutgefäße (Kolbet al. Hypertension 2004; 44:352-359).

Die Stimulation renaler AT1-Rezep-toren fördert die Na+- und Wasserre-

Abb 1: Angiotensin II (AII) wirkt im proximalen Tubulus auf Angiotensin-II-Typ-1-Rezeptoren (AT1). Die Stimulation von AT1-Rezeptoren bewirkt eine vermehrte Na+-und Wasserreabsorption. Das Angiotensin-II-Rezeptor-assoziierte Protein (AGTRAP)hemmt die Angiotensin-II-induzierte Signaltransduktion und vermindert dadurch dieNa+- und Wasserreabsorption im proximalen Tubulus. Die Ergebnisse Genom-weiterAnalysen auf der Grundlage bevölkerungsbasierter Kohortenstudien und tierexperi-menteller Befunde an Mäusen deuten darauf hin, dass AGTRAP möglicherweise einewichtige Rolle bei der essenziellen Hypertonie spielt.

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absorption und wirkt dadurch blut-drucksteigernd. AGTRAP wirkt die-sen Effekten entgegen. Man könntedeshalb vermuten, dass die blutdruck-steigernde Wirkung von Angiotensin IIdurch eine Ausschaltung von AGTRAPverstärkt wird. In der Tat wiesen AGTRAP-Knockout-Mäuse einenum ca. 8 mmHg höheren systolischenBlutdruck auf als Wildtyp-Mäuse.Dass es sich dabei tatsächlich um ei-nen renalen Effekt handelt und nichtum die Begünstigung der AT1-Rezep-tor-vermittelten Angiotensin-II-Wir-kung durch den Ausfall von AGTRAPin anderen Geweben wird aus meh-reren parallel erhobenen Befundendeutlich:

1. Bei Wildtyp-Mäusen wird AG-TRAP in den Blutgefäßen (außerin der Leber) praktisch nicht ex-primiert. Eine Begünstigung derdirekten vasokonstriktorischenWirkung von Angiotensin II schei-det damit als Ursache für den er-höhten Blutdruck bei AGTRAP-Knockout-Mäusen aus.

2. Die Plasma-Aldosteron-Konzen-trationen waren bei Wildtyp- undAGTRAP-Knockout-Mäusenähnlich. Damit scheidet auch eineungebremste Angiotensin-II-Wir-kung auf die Aldosteron-Freiset-zung aus der Nebennierenrinde alsUrsache für den erhöhten Blut-druck bei AGTRAP-Knockout-Mäusen aus. Im Gegensatz zu die-sen „negativen“ Befunden war

3. die Angiotensin-II-Bindung imrenalen Kortex bei AGTRAP-Knockout-Mäusen im Vergleichzu Wildtyp-Mäusen erhöht. Die-ser Befund passt gut zu einer ver-minderten AT1-Rezeptor-Down-Regulation bei fehlendem AG-TRAP. Schließlich wiesen

4. AGTRAP-Knockout-Mäuse einhöheres zirkulierendes Blutvolu-men auf als Wildtyp-Mäuse. Auchdiese Beobachtung ist gut durcheine ungehinderte Angiotensin-II-Wirkung auf den proximalen Tu-bulus bei AGTRAP-Knockout-Mäusen erklärbar.

Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend zeigen die Er-gebnisse einer großen Genom-wei-ten Analyse, dass sich im mensch-lichen Genom mehrere Genlociidentifizieren lassen, an denen mithoher Wahrscheinlichkeit geneti-sche Varianten lokalisiert sind, dieihre Träger für die essenzielle Hy-pertonie prädisponieren. Davon be-troffen sind vermutlich auch Gene,die hauptsächlich in der Niere ex-primiert werden (z. B. AGTRAP),bzw. deren Genprodukte eng mitder Nierenfunktion vergesellschaf-tet sind (z. B. NPPA und NPPB).Diese Befunde unterstützen die alteHypothese, dass renale Mechanis-men maßgeblich an der arteriellenHypertonie beteiligt sind, auch wenn

Prof. Dr. med. Rainer RettigInstitut für PhysiologieUniversität [email protected]

keine manifeste Nierenerkrankungvorliegt.Trotz der oben beschriebenen Er-folge bei der Suche nach neuenKandidatengenen für die arterielleHypertonie ist eine Genotypisie-rung bei Patienten bisher nicht an-gezeigt. Alle bisher als potenziellHypertonie-relevant beschriebenengenetischen Varianten zusammenerklären nur einen geringen Teil dergenetisch bedingten Variabilität desBlutdrucks in der Bevölkerung. Fürden Einzelnen ist es deshalb kaumbedeutsam, ob die eine oder ande-re dieser genetischen Varianten inseinem Genom vorliegt oder nicht.Der Beitrag genetischer Faktorenzur arteriellen Hypertonie wird aufca. 30-50 Prozent geschätzt. Wogenau der bisher noch nicht iden-tifizierte Rest der genetischen Va-riabilität steckt, ist eine spannendeund leider noch ungeklärte Frage.Erst wenn diese Frage gelöst ist, er-geben sich aus den neuen Erkennt-nissen über die Genetik der arte-riellen Hypertonie möglicherwei-se Konsequenzen für den klinischenAlltag.

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Individualisierte Medizin: Von SHIP (Study of Health in Pomerania) zu GANI_MED(Greifswald Approach to Individualized Medicine)Einleitung

Der demografische Wandel führt zuerhöhten Anforderungen an das Ge-sundheitssystem. Die Bevölkerung wirdälter, die Kosten des medizinischenFortschritts steigen. Resultierende Über-legungen für das zukünftige Gesund-heitssystem sind zum einen die Förde-rung der Prävention, um die Krank-heitsentstehung und -entwicklung zuverhindern, sowie andererseits die In-dividualisierung im Sinne von auf deneinzelnen Patienten zugeschnittenenDiagnostik- und Therapieverfahren,mit dem Ziel, möglichst effektiv undgleichzeitig kostensparend zu arbeiten.

Die individualisierte bzw. personali-sierte Medizin ist also eine Antwortauf den demografischen Wandel undals solche eine politische Forderung.So steht im Koalitionsvertrag vom29.10.2009 zur Gesundheitsforschung:„Vorbeugen ist besser als heilen. Wir wer-den die Präventionsforschung stärken. Neue Erkenntnisse der Forschung müssenden Menschen schneller zugute kommen.Wir ebnen den Weg für eine individuali-sierte Medizin und damit für Therapien,die wirksamer und verträglicher sind. Diesmuss einhergehen mit neuen Konzepten der Versorgungs- und Gesundheitsfor-schung.“

Ziel der individualisierten Medizin istes, durch modernste Diagnostik undden nachfolgenden Einsatz neuer, aufdie Bedürfnisse des einzelnen Patien-ten ausgerichteter Therapieverfahren

die Effektivität der Behandlung zu stei-gern, unerwünschte Effekte zu vermei-den und die Kosten zu reduzieren(Kroemer H, Clin Pharmacol Ther 2010;87:19-20).

Individualisierung in der Nephrologie: Biomarker und „-omics“ Technologien

Auch in der Nephrologie wurde dieFrage nach Individualisierung und Per-sonalisierung der Diagnostik und The-rapie gestellt (Rovin BH, Clin J Am SocNephrol 2009; 4:1670-6). Die Therapiein der Nephrologie kann nach verschie-denen Ansätzen personalisiert werden:Unter Berücksichtigung pharmakoge-netischer, pharmakogenomi scher oderpharmakodynamischer As pekte odermit Hilfe von Biomarkern (siehe Ab-bildung 1).

Beispiel für eine personalisierte The-rapie nach pharmakodynamischen As -pekten ist die Behandlung von Typ 2-Diabetikern mit AT1-Rezeptoranta-gonisten. So zeigte sich in einer Arbeit(Parving HH, J Am Soc Nephrol 2008;19:771-9) ein deutlicher Einfluss einesACE-Insertions (I)-/Deletions (D)-Polymorphismus: Im Vergleich zu Placebo reduzierte dieBehandlung mit Losartan das Errei-chen eines kombinierten Endpunktsaus „Verschlechterung der Nierenfunk-tion“ oder „Tod“. Allerdings war dieseRisiko-Reduktion bei denjenigen pro-teinurischen Typ-2-Diabetikern miteinem D-Allel deutlich geringer als beidenjenigen mit einem I-Allel. Patien-ten mit einem D-Allel hatten eine un-günstigere Prognose bezüglich der Nie-renfunktion.

Abb 1: Personalisierte Therapieansätze (nach Rovin BH, Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4:1670-6)

Myfenax® 250 mg Hartkapseln, Myfenax® 500 mg Filmtabletten. Wirkstoff : Mycophenolatmofetil. Zus.: 1 Kps. enth. 250 mg, 1 Tbl. enth. 500 mg Mycophenolatmofetil. Sonst. Bestandteile: Kapseln: Povidon (K30), vorverkleisterte Stärke (Mais), Croscarmellose-Natrium, Mg-Stearat, Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E171), Indigocarmin (E132), Eisen(III)-oxid (E172), Eisen(III)-hydoxid-oxid x H2O (E172), Tinte schwarz (Schellack, Eisen(II,III)-oxid (E172), Propylenglycol, Kaliumhydroxid). Tabletten: mikrokristalline Cellulose, Povidon (K30), Mg-Stearat, Croscarmellose-Natrium, Tablettenüberzug: Hypromellose (HPMC 2910), Titandioxid (E171), Macrogol (400), Talkum, Indigocarmin Al-salz (E132), Eisen(II,III)-oxid (E172), Eisen(III)-oxid (E172). Anwend.: In Komb. m. Ciclosporin u. Cortikosteroiden z. Prophylaxe v. akuten Transplan-tatabstoßungsreaktionen b. Pat. m. allogener Nieren-, Herz- od. Lebertransplantation. Bei Kindern u. Jugendl. (2-18 J.) nur n. Nierentranspl. Gegenanz.: Überempfi ndlichk. geg. Wirkstoff od. sonst. Bestandteile. Stillende Frauen. Nebenw.: Sehr häufi g: Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Erbrechen, Bauchschmerzen, Diarrhö, Übelkeit, Sepsis, gastrointestinale Candidose, Harnwegsinfektion, Herpes simplex, Herpes zoster. Häufi g: erhöhte Leberenzyme, erh. Kreatininw. i. Blut, erh. Laktat-Dehydrogenase-Werte i. Blut, erh. Blut-Harnstoff w., erh. alk. Phosphatase i. Blut, Gewichtsverlust, Tachykardie, Panzytopenie, Leukozytose, Konvulsionen, Tremor, Somnolenz, pseudomyasthenisches Sydrom, Benommenheit, Kopfschmerzen, Parästhesie, Dysgeusia, Pleuraerguss, Dyspnoe, Husten, Magen-Darm-Blutungen, Peritonitis, Ileus, Colitis, Magengeschwür, Duodenalgeschwür, Gastritis, Ösophagitis, Stomatitis, Verstopfung, Dyspepsie, Flatulenz, Aufstoßen, Niereninsuff ., Hypertrophie d. Haut, Exanthem, Akne, Alopezie, Gelenkschmerzen, Azidose, Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Hyperglykämie, Hypomagnesiämie, Hypokalziämie, Hypercholeste-rinämie, Hyperlipidämie, Hypophosphatämie, Hyperurikämie, Gicht, Anorexie, Lungenentzündung, Infl uenza, Inf. d. Atemwege, Candidose d. Atemwege, gastrointest. Infekt., Candidose, Gastroenteritis, Infektion, Bronchitis, Pharyngitis, Sinusitis, pilzbedingte Dermatitis, Candidose d. Haut, va-ginale Candidose, Rhinitis, Hautkrebs, benigne Neoplasie d. Haut, Hypotonie, Hypertonie, Vasodilatation, Ödeme, Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen, Unwohlsein, Asthenie, Hepatitis, Ikterus, Hyperbilirubinämie, Erregung, Verwirrung, Depression, Angst, abnormes Denken, Schlafl osigkeit. Sonst. Nebenw.: Zahnfl eischhyperplasie, CMV-Colitis, Pankreatitis, Athrophie d. Villi intestinales, Meningitis, Endokarditis, Tuberkulose, atyp. Mykobakterieninfekt., BK-Virus-Nephropathie, JC-Virus assoz. PML, Agranulozytose, Neutropenie, Überempfi ndlichkeitsreaktionen einschl. angioneurotischem Ödem und anaphylaktischer Reaktion, interstitielle Lungenerkrankung, Lungenfi brose. Warnhinweis: Tabletten od. Kapseln nicht zerbrechen, direkten Kontakt d. Wirkstoff es mit d. Haut vermeiden. Weitere wichtige Informationen s. Fach- u. Gebrauchsinformationen. Verschreibungs-pfl ichtig. Stand: Oktober 2010. Pharmazeutischer Unternehmer: Teva Pharma B.V., Computerweg 10, 3542 DR Utrecht, Niederlande; Lokaler Ansprechpartner: TEVA GmbH, Wasastraße 50, 01445 Radebeul.

schützt & verbindet

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Ein weiteres Beispiel für Individuali-sierung in der Nephrologie ist ein ge-nomisches: In einem Proteinurie-in-vitro-Modell an primären humanenTubulusepithelzellen wurden 231 Al-bumin-regulierte Gene gefunden. MitHilfe der Europäischen renalen cDNABank – Kroener Fresenius BiopsieBank (ERCB) wurde die mRNA ausdem tubulointerstitiellen Kompartmentvon Nierenbiopsaten untersucht. Dastubuläre in vivo-Transkriptom zeigteeine Albumin-regulierte 11-Gen-Signa-tur, mit deren Hilfe alle primären Glo-merulonephritis-Formen von Kontroll-biopsien gesunder Lebendnierenspen-der unterschieden werden konnten(Reich HN, PLoS One 2010; 5:e13451).

Eine andere Variante der Individuali-sierung in der Nephrologie sind Bio-marker. Bisher gibt es allerdings keineBiomarker, die bereits die Therapie be-einflussen. Allerdings gibt es Ansätze,die die Frühdiagnostik und das Risikofür die Entstehung einer chronischenNiereninsuffizienz betreffen. Eine ge-nomweite Analyse (GWA) der ge-schätzten glomerulären Filtrationsra-te (eGFR) im CKDGen-Consortiumergab 13 neue Gen-Loci, die mit derNierenfunktion assoziiert waren (Kött-gen A, Nat Genet 2010; 42:376-84). Ei-ner von diesen Loci betraf UMOD,welches für Uromodulin (=Tamm-Horsfall-Protein) kodiert. In einer wei-teren Arbeit (Köttgen A, J Am Soc Ne-phrol 2010; 21:337-44) konnte gezeigtwerden, dass erhöhte Uromodulin-Konzentrationen im Urin dem Beginneiner chronischen Niereninsuffizienzvorausgehen und mit einem häufigenPolymorphismus der UMOD-Regionverbunden sind. Die odds ratio für chro-nische Niereninsuffizienz betrug 1.72pro 1 Standardabweichung höhererUromodulinkonzentration im Urin.Uromodulin ist somit ein Biomarkerfür chronische Niereninsuffizienz. Ge-

nomweite Analysen können eine Hil-fe zur Entwicklung von individuellenBiomarkern darstellen.

Eine weitere Möglichkeit, Biomarkerzu entwickeln, stellt die Urin-Proteo-mik dar (O´Riordan E, Nat Clin PractNephrology 2006; 2:445-458). Der Be-griff Proteomik umfasst die Erfor-schung der Struktur und Funktion al-ler in einer Zelle vorhandenen Protei-ne und ist in Analogie zum BegriffGenomik entstanden. Während dasGenom eine eher statische Einheit dar-stellt, ist das Proteom von Zelle zu Zel-le, von Organ zu Organ sehr verschie-den und ändert sich ständig durchWechselwirkungen mit dem Genomund mit der Umwelt.

Proteine im Urin stammen aus fünfHauptquellen:

1. Filtration und Sekretion von Plas-maproteinen (extrarenalen Ur-sprungs);

2. Sekretion aus verschiedenen Seg-menten gesunder und erkrankterNephrone;

3. proteolytische Abbauprodukte derextrazellulären Matrix;

4. Sekretion durch die ableitendenHarnwege und

5. physiologische und/oder patholo-gische Zellreste aus dem Blut unddem Harntrakt.

Das Urinproteom kann somit Infor-mationen sowohl über die Funktion extrarenaler als auch renaler Zellen ge-ben. Verschiedene Erkrankungen kön-nen zu Urin-Proteomsignaturen führen.Methodische Schwierigkeiten ergebensich aus einer hohen Schwankungsbrei-te der Urinkonzentrationen einzelnerProteine. Es werden verschiedene Me-thoden eingesetzt. Wichtige Metho-den der Proteomanalyse sind die gel-basierte Hochdurchsatz-Proteomana-

lyse sowie die MALDI („matrix-assis-ted laser desorption/ionization“)- undESI („electrospray ionization“)-Mas-senspektrometrie (Schmidt F and VölkerU, Proteomics 2011, ePub ahead of print)einerseits und die Kapillarelektropho-rese (CE) bzw. die Flüssigchromato-graphie (LC) sowie die Massenspektro-metrie (MS) und ihre Kopplungsmetho-den (LC-MS; CE-MS) andererseits(Mischak H, Proteomics Clin Appl 2011;5:9-23).

Bei allen Methoden geht es unter an-derem um die Proteintrennung, -iden-tifikation und -quantifizierung, aberauch um die Sequenzanalyse von Pep-tiden. Gewünscht sind effiziente Ver-fahren, die ein hohes Auflösungsver-mögen bieten und dabei gleichzeitigreproduzierbare Ergebnisse liefern. AlsEinflussgrößen des Proteoms müssenTemperatur, Interaktionen, Stress, Me-tabolismus, Chemikalien, Medikamen-te und Krankheiten beachtet werden.In einer kürzlich erschienenen Arbeit(Zürbig P, Proteomics 2009; 9:2108-17)wurde die Ähnlichkeit des Urin-Pro-teoms von chronisch niereninsuffizien-ten Patienten und älteren, aber nieren-gesunden Probanden gezeigt. Es fandensich sowohl bei chronischer Nierenin-suffizienz als auch beim Alterungspro-zess verminderte Konzentrationen anKollagen-Typ-I-Fragmenten im Urin-Proteom. Verminderte proteolytischeAktivität - als Ergebnis einer vermehr-ten Synthese von Proteaseinhibitorenund einer vermehrten Vernetzung desKollagens durch „advanced glycationend products“ (AGEs) – scheint ver-antwortlich zu sein für einen vermin-derten Abbau der Extrazellulärmatrix,sodass in der Niere vermehrt Matrix,im Urin allerdings weniger Kollagen-Typ-I-Fragmente erscheinen. Im Ge-gensatz hierzu waren die Uromodulin-fragmente im Urinproteom sowohl beichronischer Niereninsuffizienz als auch

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beim Alterungsprozess vermehrt. Ineiner anderen Arbeit wurde gezeigt,dass ein Urin-Proteom aus 40 einzel-nen Biomarkern die Entstehung einerdiabetischen Nephropathie drei Jahreim Voraus prognostizieren konnte (Rossing K, J Am Soc Nephrol 2008; 19:1283-90). Auch hier waren die Kolla-gen-Typ-I-Fragmente im Urin-Prote-om vermindert vorhanden, ebenso wieUromodulinfragmente, während Al-buminfragmente stark erhöht waren.In dieser Arbeit konnten mit Hilfe desUrinproteoms außerdem gesunde Kon-trollen, Diabetiker mit und ohne Pro-teinurie sowie Patienten mit Glome-rulonephritis differenziert werden.

Ein erstes Beispiel für die Anwendbar-keit von Biomarkern bei der persona-lisierten Therapieüberwachung ist Ir-besartan, welches das Urin-Proteombeeinflusst (Andersen S, BMC Nephro-logy 2010; 11:29). Nach einer Behand-lungsdauer von zwei Jahren mit Irbe-sartan 300 mg/d waren bei proteinuri-schen Typ-2-Diabetikern im Vergleichzu unbehandelten Kontrollpatientenmehr Kollagen-Typ-I-Fragmente zufinden, welche vermutlich eine erhöh-te Matrixdegradation und somit eineVerringerung der Fibrose in der Nierebedeuten.

Neben Genom und Proteom könnenauch das Transkriptom und das Meta-bolom untersucht werden. Kürzlichwurde in einem Kooperationsprojektdas Urin-Metabolom mit Hilfe derKernmagnetresonanzspektroskopie un-tersucht (Suhre K, Nat Genet 2011; 43:565). Es wurden fünf Genregionenentdeckt, die zum Teil bereits in derVergangenheit mit der Niereninsuffi-zienz (SLC7A9) und der koronarenHerzerkrankung in Verbindung (NAT2)gebracht wurden (Suhre K, Nat Genet2011; 43:565).

Greifswald Approach to Individualized Medicine (GANI_MED) und renale Kohorte

An der Universitätsmedizin Greifswaldwird seit 1997 die Study of Health inPomerania SHIP (s. Artikel von RainerRettig in diesem Heft) durchgeführt. DieZiele von SHIP sind es, Prävalenzenund Inzidenzen häufiger Risikofakto-ren und Erkrankungen sowie deren As-soziationen und Interaktionen zu be-schreiben. SHIP kombiniert Phäno-typ, Genotyp und Bildgebung. In SHIPwurden Basisdaten zum Gesundheits-zustand eines repräsentativen regiona-len Bevölkerungsquerschnitts erhoben.Der nächste Schritt für die Universi-tätsmedizin Greifswald ist die Über-tragung dieser Erkenntnisse in die Kli-nik. In einem interdisziplinären An-satz ist es gelungen, das Verbundprojekt„Greifswald Approach to Individuali-zed Medicine“ (GANI_MED) zu eta-blieren. Dieses wird vom Bundesminis -terium für Bildung und Forschung(BMBF) und dem Land Mecklenburg-Vorpommern gefördert. Verbundkoor-dinator und Vorstand von GANI_MEDist der Dekan der UniversitätsmedizinGreifswald, Prof. Dr. H. Kroemer.

Wichtige Elemente des Projekts sind,auf Daten aus der Normalbevölkerungzurückgreifen zu können (SHIP), krank-heitsbasierte Kohorten aufzubauen, einBiobanking, die Analytik und Diagnos -tik, eine enge Zusammenarbeit mitBioinformatik/Medizininformatik undmit der Ethik und Gesundheitsökono-mie.

Im Forschungskonsortium GANI_MED werden für sechs sehr häufigeKrankheitsbilder (Niereninsuffizienz,Herzinsuffizienz, Schlaganfall, Paro -dontalerkrankungen, Fettleber, Meta-bolisches Syndrom) Patientenkohortenaufgebaut und Subgruppen für Inter-

ventionen definiert. Außerdem werdeninnovative Analyseverfahren systema-tisch weiterentwickelt, die Aufschlussüber individuelle Unterschiede bei derEntstehung, Fortschreitung und Be-handlung von medizinisch und gesund-heitspolitisch bedeutsamen Krankhei-ten geben können (www.medizin.uni-greifswald.de/GANI_MED). GANI_MED besteht aus einem Struk-turbereich sowie aus drei Projektberei-chen:

■ Strukturbereich:- Biobanking, Bioinformatik, Medi-

zininformatik- Nachwuchsförderung und Execu -

tive-Programm „IndividualisierteMedizin“

- Nachhaltigkeitskonzepte für GANI_MED

■ Projektbereich 1, Innovative Analytik:- Personalized Proteomics- Personalized Metabolomics- Pharmacogenomics bei unerwünsch-

ten Arzneimittelnebenwirkungen■ Projektbereich 2, Individualisierte Dia-

gnostik und Therapie:Kohorten für - Renale und renovaskuläre Erkran-

kungen- Kardiovaskuläre Erkrankungen- Cerebrovaskuläre Erkrankungen- Komorbiditäten beim metabolischen

Syndrom- Nicht-etablierte Krankheitsbilder

am Beispiel der Fettleber■ Projektbereich 3, Ethik und Gesundheits-

ökonomie:- Gesundheitsökonomie- Konzeptbezogene ethische Fragen- Probandenethik

Die Kohorte für renale und renovas-kuläre Erkrankungen wird > 400 chro-nisch niereninsuffiziente Patienten imCKD-Stadium 3-5 einschließen. DiePhänotypisierung der Patientenkohor-te wird in Anlehnung an die SHIP-

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Nr. 3, 2011 25

Kohorte erfolgen. Es werden anamnes -tische Daten erhoben, klinische Para-meter und Laborparameter in Blut undUrin gemessen, DNA für genomwei-te Analysen isoliert und analysiert, so-wie das Urin-Proteom und -Metabo-lom bestimmt. Zur Untersuchung desUrin-Proteoms werden moderne Pro-teomics-Methoden für die Kohorten-Phänotypisierung etabliert. Im Ver-gleich zwischen nierengesunden SHIP-Probanden, nierenkranken SHIP-Pro banden und der Patientenkohortewerden in einem Fall-Kontroll-Ansatzdurch Analyse der Datensätze neueBiomarker identifiziert und validiert.Wir erwarten, neue diagnostisch, pro-gnostisch und/oder therapeutisch re-levante Biomarker zu identifizieren unddiese dann anhand ihrer Korrelationmit der Progression der Erkrankungbzw. mit dem Ansprechen auf thera-peutische Interventionen zu verifizie-ren. Die biologische Funktion von aus-gewählten Biomarkern wird in einem

integrativen Ansatz in Zellkultur undin Tiermodellen sowie in der Patien-tenkohorte untersucht. Wir erwarten,dass genetische Determinanten wie z. B. Einzelnukleotid-Polymorphismen(„Single Nucleotide Polymorphisms“= SNPs) entscheidend das Risiko unddie Prognose von Nierenfunktionsstö-rungen mitbestimmen.

Zusammenfassung

Die geänderte Demografie einer al-ternden Bevölkerung zwingt zu neu-en Wegen in der Medizin. Die Prä-vention zur Verhinderung von Krank-heitsentstehung und -entwicklungsowie die Individualisierung von aufden einzelnen Patienten zugeschnit-tenen Diagnostik- und Therapiever-fahren gewinnen im Gesundheits-system zukünftig an Bedeutung.Diagnostik und Therapie in der Ne-phrologie können unter pharmako-genetischen, pharmakogenomischen

Priv.-Doz. Dr. med.Sylvia Stracke, MME Leiterin des Bereichs Nephrologie,Dialyse, Hochdruckkrankheiten und Rheumatologie derKlinik für Innere Medizin AUniversitätsmedizin Greifswald und Ärztliche Leiterin des KfH-Nierenzentrums [email protected]

oder pharmakodynamischen Aspek-ten oder mit Hilfe von Biomarkernindividualisiert werden. Die Univer-sitätsmedizin Greifswald führt in ei-nem interdisziplinären Ansatz dasVerbundprojekt „Greifswald Ap-proach to Individualized Medicine“(GANI_MED) durch, in welchemfür sechs häufige KrankheitsbilderPatientenkohorten aufgebaut wer-den. In der renalen Kohorte sollenin einem Fall-Kontroll-Ansatz neueBiomarker identifiziert und validiertwerden.

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Kennwort: „Anästhesiehilfe für die Mongolei“

„In dem Moment, in dem man erkennt, wie gut es einem selber geht und wie unglaublich schlecht es anderen geht, in diesem Mo-ment ist es da. Das Bedürfnis, etwas zu verändern, nicht tatenlos und machtlos hinzunehmen, zu helfen.

Warum wir das tun? Weil es uns gut tut. Helfen berührt - jene, de-nen wir mit unserer Arbeit helfen können, aber noch viel mehr be-rührt es uns selber. Wir haben die Macht, Zustände, mit denen wir nicht einverstanden sind, zu verändern. Es gibt kein Gefühl, das auch nur annähernd dem gleichkommt.“

Dr. Eva-Susanne Ehrenreich

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Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 27

Hypertonie, Pulswellengeschwindigkeitund Augmentationsindex:Die Bedeutung der arteriellen Gefäßfunktion in der PraxisIn der letzten Zeit gewinnt die Unter-suchung der arteriellen Gefäßfunktionzunehmend Bedeutung beim Manage-ment von Patienten mit kardiovaskulä-ren Erkrankungen (Laurent S, Eur HeartJ 2006; 27[21]:2588-605). Dabei steheninzwischen einfache nicht-invasive Mess-verfahren zur Verfügung, die in der kli-nischen Praxis eine schnelle und valideBestimmung der arteriellen Funktions-parameter erlauben. Die zunehmendeRelevanz der arteriellen Gefäßfunkti-onsdiagnostik wird unterstrichen durchdie Aufnahme dieser Messungen in dieEmpfehlung der entsprechenden Fach-gesellschaften. Seit 2007 wird die Mes-sung der Pulswellengeschwindigkeit(PWV; „pulse wave velocity“) von denEuropäischen Gesellschaften für Hyper-tonie (ESH) und Kardiologie (ESC) zurAbschätzung eines Endorganschadenssowie zur Quantifizierung des kardio-vaskulären Risikos empfohlen (ManciaGJ, Hypertens 2007; 25[6]:1105-87).

Dabei dient die Untersuchung der arte-riellen Gefäßfunktion nicht nur der Ab-schätzung des kardiovaskulären Risikos,der Einsatz dieser Messverfahren erlaubtneue Einblicke in die Pathophysiologieder Kreislaufregulation. Die mit Aus-wurf des Schlagvolumens entstehendeDruckwelle (Puls) läuft mit der Pulswel-lengeschwindigkeit (PWV) über das ar-terielle Gefäßsystem und wird an allenAbgängen des arteriellen Gefäßbaums,insbesondere aber an den präkapillärenWiderstandsgefäßen der unteren Extre-mitäten reflektiert (Abb. 1). Die reflek-tierte Pulswelle läuft retrograd im arte-riellen Gefäßsystem und erscheint als„zweiter“ Gipfel in der aortalen Blut-

1a

1b

1c

Abb 1: Pulswellenreflexion

Die linksventrikuläre Ejektion verursacht eine antegrade Druckwelle, die mit der Pulswellengeschwin-digkeit (PWV) über den arteriellen Gefäßbaum läuft (blauer Pfeil, 1a). An den Gefäßabgängen wirddie antegrade Druckwelle reflektiert und läuft retrograd zurück zum Herzen (roter Pfeil, 1b). Die Sum-mation beider Druckkurven ergibt den tatsächlichen Blutdruck, der in der Aorta gemessen wird(schwarzer Pfeil, 1c).

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Fischland-Symposium

druckkonfiguration (Nürnberger J, DtschMed Wochenschr 2004; 129[3]:97-102).Die Summation beider Druckwellen er-gibt die tatsächliche Druckkurve. DieErhöhung des aortalen Blutdruckesdurch die reflektierte Pulswelle wirdAugmentation (lat. augmentare: erhö-hen) genannt. Die Augmentation bezo-gen auf den aortalen Pulsdruck wirdAugmentationsindex bezeichnet und istein Maß für die zusätzliche Erhöhungdes aortalen systolischen Blutdruckesdurch die reflektierte Pulswelle. Mit zunehmendem Alter sowie unterdem Einfluss weiterer (insbesondereklassischer kardiovaskulärer Risiko-)Faktoren kommt es zu einem Verlust deraortalen Gefäßelastizität (= Zunahmeder Gefäßsteifigkeit) (Laurent S, Eur HeartJ 2006; 27[21]:2588-605). Insbesonderedie Fragmentation der elastischen Lamellen in der Tunica media sowie dieZunahme kollagener Fasern in der Tu-nica adventitia sind bei diesem degene-rativen Prozess der großen Arterien vomelas tischen Typ von Bedeutung. Dabeikommt es zu charakteristischen Verän-derungen: Die Zunahme der Gefäßstei-figkeit führt zu einer Erhöhung der Puls-wellengeschwindigkeit (PWV). Dadurchläuft die Pulswelle schneller entlang desarteriellen Gefäßbaumes: Die reflektier-te Pulswelle erscheint früher in der aor-talen Druckkonfiguration, wo es zu ei-ner ausgeprägten Steigerung des aorta-len Blutdruckes kommt (Nürnberger J,Dtsch Med Wochenschr 2004; 129[3]:97-102). Da das Altern die wichtigste Ur-sache der Gefäßversteifung darstellt, sinddiese hämodynamischen Veränderungenphysiologisch im Alterungsprozess zubeobachten (Abb. 2).Die Zunahme der Gefäßsteifigkeit hatentscheidende klinische Konsequenzen:1) Die Erhöhung des Pulsdruckes ist engmit einer Erhöhung des Schlaganfallri-sikos vergesellschaftet; 2) die Zunahmeder kardialen Nachlast führt zum ver-mehrten myokardialen Sauerstoffver-brauch und linksventrikulärer Hypertro-phie; und 3) die Abnahme des diastoli-schen Blutdruckes verschlechtert die

2a

2b

2c

Abb 2: Altersabhängige Veränderung der aortalen Blutdruckkonfiguration.

Das Ausmaß der aortalen Blutdruckerhöhung durch die reflektierte Pulswelle hängt in kritischemMaße davon ab, zu welchem Zeitpunkt des Herzzyklus die reflektierte Pulswelle in der Aorta einfällt.Im juvenilen Alter erscheint die reflektierte Pulswelle spät in der aortalen Blutdruckkonfiguration underhöht den (mittleren) diastolischen Druck (2a). Mit der altersabhängigen Zunahme der arteriellen Gefäßsteifigkeit läuft die Pulswelle schneller überden arteriellen Gefäßbaum (= höhere Pulswellengeschwindigkeit), und erscheint früher in der Aorta.Durch den Summationseffekt beider Druckkurven erhöht die reflektierte Pulswelle nun den aortalensystolischen Blutdruck (2b). In fortgeschrittenem Alter zeigen sich diese Veränderungen weiter progressiv, der Anteil der reflektier-ten Pulswelle am systolischen Blutdruck liegt bei 30-40 % (=Augmentationsindex, 2c).

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koronare Perfusion. Die Zunahme derarteriellen Gefäßsteifigkeit ist dahernicht nur Ausdruck der degenerativenVeränderungen im Gefäßsystem, son-dern trägt so zur Erhöhung der kardio-vaskulären Mortalität bei (Baulmann J,Dtsch Med Wochenschr 2009; 135[Suppl1]:4-14).

Mittlerweile belegt eine Vielzahl vonQuerschnittstudien die enge Assoziati-on zwischen Parametern der ArteriellenGefäßsteifigkeit (PWV, Augmentations-index) und bekannten Determinantendes Herzkreislaufrisikos, wie Hyperto-nie, Hypercholesterinämie und Diabe-tes mellitus. Darüber hinaus konnteebenfalls in einer Vielzahl von prospek-tiven Studien gezeigt werden, dass die-se Parameter ebenfalls eine hohe prädik-tive Aussagekraft für das Auftreten vonkardiovaskulären Ereignissen besitzen(Mancia GJ, Hypertens 2007; 25[6]:1105-87). Insbesondere die PWV etabliert sichzunehmend als klinischer Parameter zurAbschätzung des globalen kardiovasku-lären Risikos. Der Augmentationsindexals Parameter der Pulswellenreflexionund zentralen Hämodynamik kann vonNutzen bei der kardiovaskulären Diffe-renzialtherapie sein (Nürnberger J, Nie-ren- und Hochdruckkrankheiten 2009;38[Suppl 1]:1–11). Der zentrale Blut-druck als nunmehr einfach zu messen-der Parameter ist im Vergleich zum pe-ripheren Blutdruck deutlich besser mitdem kardiovaskulären Risiko assoziiert(Roman M, Hypertension 2007; 50:197-203). Die pathophysiologische Bedeu-tung sowie die leichte Bestimmung deszentralen Blutdruckes werden die Bedeu-tung dieses Parameters bei der kardio-vaskulären Therapie zukünftig erhöhen.Die Arterielle Gefäßsteifigkeit lässt sichdurch eine Vielzahl nicht-mentikamen-töser (z. B. körperliches Training, Ge-wichtsabnahme, salzarme Kost, Knob-lauch) sowie pharmakologischer Maß-nahmen (z. B. ACE-Hemmer, Ca-Anta-gonisten, Nitrate) beeinflussen (LaurentS, European Heart J 2006; 27[21]:2588-605). Bei der antihypertensiven Medi-

kation belegen jüngste Studien, dass ihrgünstiger Effekt auf die Arterielle Ge-fäßsteifigkeit unabhängig von der gleich-zeitigen Senkung des Blutdruckes auf-tritt (Ong K-T, J Hypertens 2011; 29[6],1034-1042).

Die heute zur Verfügung stehendenMessmethoden erlauben die einfachenicht-invasive Bestimmung der Arteriel-len Gefäßfunktionsparameter (Abb. 3)(Wassertheurer S, J Hum Hypertens 2010;24[8]:498-504). Dabei wird mit einerOberarmmanschette oszillographisch dieDruckkurve der A. brachialis aufgezeich-net. Mittels eines mathematischen Al-gorithmus unter Zuhilfenahme einerTransferfunktion wird die zentrale Blut-druckkurve (Aorta) generiert, anhandderer die Ableitung der Gefäßfunktions-parameter (PWV, Augmentationsindex,zentraler Blutdruck) erfolgt.Durch die Vereinfachung der Messtech-nik ist eine zunehmende Anzahl an Ge-räten verfügbar, mit denen einfach undschnell diese Parameter der ArteriellenGefäßsteifigkeit bestimmt werden können.Die Ende 2008 gegründete Gesellschaftfür Arterielle Gefäßsteifigkeit (www.De-GAG.eu) hat sich zum Ziel gesetzt, dieWissensverbreitung, die Verbesserung

der Evidenz, sowie die klinische An-wendbarkeit zu fördern. Das in Zusam-menarbeit mit weiteren Fachgesellschaf-ten herausgegebene Positionspapier derDeGAG vereinheitlicht die Terminolo-gie und erläutert Pathophysiologie undklinischen Einsatz der Gefäßsteifigkeits-messungen (Baulmann J, Dtsch Med Wo-chenschr 2009; 135[Suppl 1]:4-14). Fürden interessierten Leser besteht dieMöglichkeit, das Positionspapier kosten-frei auf der Homepage der DeGAG her-unterzuladen. Ebenfalls möchte ich hierherzlich zu unserem Jahreskongress derGesellschaft für Arterielle Gefäßsteifigkeiteinladen, der am 23./24. September 2011in der Hansestadt Lübeck stattfindet.Neben einem bunten wissenschaftlichenProgramm sowie der Industrieausstel-lung mit Vorstellung der verschiedenenMessgeräte, freuen wir uns wieder auflebhafte wissenschaftliche Diskussionen,einen regen Informationsaustausch so-wie ein unterhaltsames Rahmenpro-gramm.

Abb 3: Messung der Arteriellen Gefäßfunktionsparameter.

Mit einer Oberarmmanschette erfolgt oszillographisch die Aufzeichnung der Pulskurve an der Arteriabrachialis. Unter Zuhilfenahme eines mathematischen Algorithmus erfolgt von der peripheren Druck-kurve die Generierung der zentralen (=aortalen) Druckkurve, anhand derer die Berechnung der Gefäß-funktionsparameter PWV, Augmentationsindex sowie zentraler Blutdruck erfolgt.

Prof. Dr. med. Jens NürnbergerKlinik für NephrologieHELIOS Kliniken [email protected]

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Einer für Alle, Alle für Einen?Anforderungsprofile moderner DialysatorenDaten von heute, Fakten von morgen

„Nur nicht von der Stange“ titelt dieZeitschrift medizin&technik in ihrerAusgabe vom Februar 2011. Gilt dasauch für Dialysatoren? Sollte es füralle Dialysepatienten nur noch einenTyp von Dialysatoren geben?

Diese etwas provokante Frage stehtim Gegensatz zur aktuellen Marktla-ge, denn im Jahr 2011 sind weltweitmehr als 900 verschiedene Filter ver-fügbar, deren Membranen aus 18 ver-schiedenen Polymeren gefertigt wer-den. Mit den den Markt dominieren-den Polysulfonmembranen (PSu)wetteifern Membranen und derenModifikationen aus Polyamid (PA),Polyacrylnitril (PAN), Polymethylme-thacrylat (PMMA), Ethylvinyl-Alko-hol-Copolymere (EVAL), sowie dieklassischen Membranen aus Cellulose.Letztere haben jedoch ihren Markt-anteil weitgehend verloren, nachdemdie Produktion der Standard-Cellu-losemembranen aus Cuprophan® undHemphan® 2006 eingestellt wurde.Zusätzlich zu den Filtern verschiede-ner Größe und den unterschiedlichenMembranmaterialien gesellen sich dieverschiedenen Sterilisationsverfahren,wie Dampf, Ethylenoxid und γ- oderβ-Strahlen. Die Produktion von Dialysemembra-nen und Dialysatoren kann man inder Tat als eine Erfolgsgeschichte derMedizintechnik ansehen. Weltweitwerden heute jährlich mehr als 220Millionen Filter hergestellt. Fügt man

alle in einem Jahr produzierten Kapil-larmembranen aneinander, erhält manein Röhrchen mit einer Länge von 420Millionen Kilometern, was der dreifa-chen Entfernung zwischen Erde undSonne entspricht. Die Datenblätterder Dialysatoren beinhalten eine Viel-zahl von beschreibenden Parametern.Sie brauchen den Vergleich mit denLeistungsdaten von Automobilen nichtzu scheuen. Die folgenden für Filtertypischen Faktoren stehen für sich, siezeigen die Varianz und Anpassungs-fähigkeit der Dialysatoren: KuF, Harn-stoff-, Kreatinin-, Phosphat- und Vita -min B12-Clearance, Sterilisationsver-fahren, Füllvolumen, Polymertyp,Wandstärke, Kapillarlumen, Oberflä-che und Anwendungsbereich. Tech-nisch gesehen sind Dialysatoren da-her allen klinischen Patientenanfor-derungen problemlos anzupassen.

Der Eigenschaftsliste des High-Tech-Produkts „Dialysator“ steht die welt-weit stetig steigende Zahl der Dialy-sepatienten gegenüber. Sie hat im Jahr2010 die Zahl von etwa 2 Millionen(HD und PD zusammen) erreicht.Allerdings lassen sich drei Verände-rungen beobachten:

1. Die Zahl der älteren Patienten(über 65 Jahre) nimmt stark zu(Quasi Niere 2002; Hsu C, JASN2010; 21:1607-1611; Nakai S et al.,Ther Apher&Dial 2010; 14:505-540).

2. Der den Beginn der Dialyse be-stimmende Kreatininspiegel nimmt

je nach Alter des behandelten Pa-tienten ab (Hsu C, JASN 2010; 21:1607-1611).

3. Die Zahl der diabetischen Patien-ten steigt exponentiell an und wirdsich in den kommenden Jahrendem Wert von 50% nähern (NakaiS et al., TherApher&Dial 2010; 14:505-540).

Die Frage, die auch im Titel gestelltwird, muss erlaubt sein: „Ist unter denoben beschriebenen Rahmenbedin-gungen eine patientenspezifische Stan-dardisierung von Dialysatoren mög-lich oder angebracht?“ Einige Bezugs-größen von Dialysatoren und Patientensollen daher hier diskutiert werden.

Anforderungsprofile moderner Dialysatoren

„Die technische Grundlage der Dia-lysetherapie ist immer noch (nur) dieEntfernung von Molekülen!“ Für dietechnische Optimierung der Blutrei-nigung mit einer Dialysetherapie ste-hen daher nur wenige Einflussgrößenzur Verfügung, darunter die Poren-größe der Membran und der Flussüber/durch die Membran („solventdrag“ oder Konvektion), der durch denTransmembrandruck beeinflussbar ist. Die Entfernung von kleinmolekula-ren Substanzen durch Diffusion überdie Membran ist bekanntermaßenvom Konzentrationsgradienten ab-hängig und durchaus effizient. Schwieriger ist dagegen die Entfer-nung von protein- oder peptid-gebun-

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denen Substanzen. Gerrit Lesafferund Kollegen von der Universitätskli-nik in Gent/Belgien (NDT 2000; 15:50-57) konnten zeigen, dass für derenElimination die Porengröße unter dentypischen Bedingungen einer Hemo-dialyse fast keine Rolle spielt und sichLow- und High-Flux-Membranenähnlich verhalten. Das überrascht, daderen Porengrößen durchaus verschie-den sind. Typische Porendurchmesserbelaufen sich auf 1.3 nm bei Low-Flux und >3 nm bei High-Flux-Membranen. Die Situation wird kom-plexer, wenn man nach der Natur derzu entfernenden Urämietoxine fragt.Die Bestimmung von Peptiden im Ul-trafiltrat von verschiedenen Membra-nen mit Hilfe der Proteomics-Analy-se vermittelt leider auch keine präzi-se Antwort auf diese Frage (WeissingerE et al., NDT 2004; 19: 3068-3077).Die Autoren finden 1046 verschiede-ne Peptide im Ultrafiltrat von Low-Flux-Membranen und 1394 im Ul-trafiltrat von High-Flux-Membranen.Wie ist diese Beobachtung zu erklä-ren?

Proteine und Peptide sind keine iner-ten Partikel mit einer definierten Di-mension. Die üblichen Angaben vonLänge und Durchmessern von Pro-teinen beziehen sich meist auf Mes-sungen von kristallisierten Proteinenmit Hilfe der Röntgenstrukturanaly-se, wodurch der Eindruck entsteht,dass ein Protein einer Kugel oder ei-nem Zylinder gleichzusetzen ist. Inder in vivo-Realität sollte man einPeptid oder Protein mitsamt dem da -ran gebundenen Urämietoxin bessermit einer Amöbe vergleichen. Amö-ben sind Wechseltierchen und gehö-ren zu einer großen, vielgestaltigenGruppe von Einzellern, die ihre Ge-stalt laufend ändern und der Umge-

bung zur besseren Nahrungsaufnah-me anpassen können. Auch Proteineund Peptide können ihre Form ver-ändern und der Umgebung so anpas-sen, dass Wechselwirkungen zwischeneinem Peptid/Protein und der Mem-bran oder dem Biomaterial energe-tisch gesehen optimiert sind. Abbil-dung 1 zeigt als Beispiel das p53 Tu-mor Suppressor Protein (modifiziertnach Chouard T, Nature 2011, 471:151-153). Aminosäuren und Peptide um-geben wie eine Watte das zentraleProteinrückgrat, dessen Ausmaße fürdie Passage durch die Poren einerMembran verantwortlich sind. Es scheint daher nur zu logisch, nachweiteren Möglichkeiten der Entfer-nung von Urämietoxinen zu suchen.Die Experten der European-Best-Practice-Guidelines (NDT 2002; 17

[Suppl 7]:16-31) empfehlen zur Opti-mierung der Blutreinigung die Kom-bination von synthetischen High-Flux-Membranen und konvektivem Trans-port. Die konvektive Clearance ist mitder einfachen Formel zu beschreiben:CKonv = SC x QF

Dabei steht „SC“ für den Siebkoeffi-zienten der Membran und QF für dieeingesetzte Ultrafiltrationsrate. An-stelle des Begriffs „Konvektion“ be-vorzugen wir heute den englischenAusdruck „solvent drag“. Er beschreibtdie Effekte einer erhöhten Ultrafil-tration in Bezug auf Molekülentfer-nung besser. „Solvent drag“ kann freimit „mitreißendem Fluss“ übersetztwerden. Weiterhin gehen wir heutedavon aus, dass in der Dialyse nichtmehr nur gezielt ein bestimmtes Mo-

Abb 1: Auch Proteine und Peptide können ihre Form verändern und der Umgebung soanpassen, dass Wechselwirkungen zwischen einem Peptid/Protein und der Mem-bran oder dem Biomaterial energetisch gesehen optimiert sind. Das Beispiel des p53-Tumor Suppressor Proteins (modifiziert nach Chouard T, Nature 2011, 471:151-153) zeigt,wie Aminosäuren und Peptide das zentrale Proteinrückgrat umgeben wie eine Watte.Wir nehmen an, dass nur die Ausmaße des „Molekülrückgrats“ für die Passage durchdie Poren einer Membran verantwortlich sind.

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lekül entfernt werden sollte. Es gilt,ganze Molekülklassen oder Molekül-familien zu entfernen, von denen wirim Einzelnen nicht wissen, welchesMitglied dieser Klasse oder Familieeine pathologische Eigenschaft hat. Die entsprechend notwendige kon-vektive Clearance oder der Solvent-drag kann mit High-Flux-Membra-nen erreicht werden, mit denen diedafür gewünschte Kombination vonadäquatem Siebkoeffizient und hoherUF-Rate leicht erzielt werden kann.(Abbildung 2). Die praktische Kon-sequenz dieser Überlegungen führtzur direkten Anwendung der Hämo-diafiltration (HDF) und heute in ers -ter Linie zur „online HDF“. Hier wirdkosteneffizient die notwendige Subs -titutionslösung direkt der Dialysatlei-tung entnommen.

Je nach Hersteller garantieren zweioder drei Endotoxinfilter die Bereit-stellung von kontaminationsfreier Lö-sung. Unter der Maßgabe „Die Dialy-semembran ist keine Einbahnstraße!“sind dazu Membranpolymere einzu-setzen, die eine hohe Bindungsfähig-keit für Endotoxine haben. Polysulfon-membranen gehören dazu: Mit Hilfevon fluoreszenz-markierten und derDialysierflüssigkeit beigemischten En-dotoxinen konnten Michael Henrieund Kollegen zeigen, dass eine Kapil-larmembran aus Polysulfon (M Hen-rie et al, Artificial Organs 2004, 701-710) in der Membranwand Endoto-xine adsorbiert und damit auch alsEndotoxinfliter für die online Substi-tution geeignet ist. Abbildung 3 zeigtUntersuchungen zum Bakterien- undEndotoxinausschluss mit Hilfe vonPolysulfonmembranen (Weber V et al.,Artificial Organs 2000, 24:323-328).Moderne Dialysemembranen lieferndaher alle Voraussetzungen für den si-

cheren und erfolgreichen Einsatz inder online Hämodiafiltration.

Patientenspezifische RahmenbedingungenIn den vergangenen Jahrzehnten ha-ben sich die Zielgrößen bei der Dia-lysetherapie mehrfach geändert (Ab-

bildung 4). Seit dem Beginn der Dia-lyse als Routinetherapie nach dem 2.Weltkrieg sind drei Perioden zu er-kennen, die einen Zeitraum von je 30Jahren abdecken. Dialyse als Routinewar erst möglich mit der Entwicklungeines funktionalen Gefäßzugangs undder Verfügbarkeit von Membranen

Abb 2: Eine effiziente konvektive Clearance oder Solvent-drag kann mit High-Flux-Membranen erreicht werden, mit denen die gewünschte Kombination von adä qua -tem Siebkoeffizient und hoher UF-Rate leicht möglich ist.

Filtrationsprofile und „Solvent Drag“Low vs. High-Flux-Dialysatoren

Filtrationsfluss (QF) und Membranpermeabilität

Abb 3: Untersuchungen zum Bakterien- und Endotoxinausschluss mit Hilfe von Ultra-filtern auf der Basis von Polysulfonmembranen (nach Weber V et al., Artificial Organs2000, 24:323-328).

Reduktion von bakterieller Kontamination durch Polysulfon-Ultrafilter

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mit reproduzierbaren Eigenschaften.Das ist mit dem Scribner-Shunt undder klassischen Cuprophan®-Mem-bran gelungen. In der zweiten Phasevon etwa 1975 bis 2005 standen imMittelpunkt Biokompatibilität, Ste-rilisationsverfahren (Ethyenoxid, γ-Strahlen oder Dampf), sowie die not-wendige Dialysedauer, die Wieder-verwendung von Filtern und dieDialysedosis „Kt/V“. Wir können die-se Phase als „Periode der Parameter“bezeichnen. Wir können sicher davonausgehen, dass ein Großteil der in die-ser Phase angesprochenen Problemedurch intensive Forschung und tech-nische Perfektion bei der Herstellungvon Medizinprodukten gelöst wordenist. In der dritten 30-Jahre-Phase, wirnennen sie „Periode der Qualität“, giltes, sich mit den spezifischen Randbe-dingungen des Patienten auseinander-zusetzen. Die Therapie soll gezielt denindividuellen Bedürfnissen des Dia-lysepatienten angepasst werden. Nichtnur in Japan ist das mittlere Alter desDialyseanfängers heute weit über 60Jahren (Quasi Niere 2002 und Nakai Set al., Ther Apher&Dial 2010; 14:505-540).

Die mit dieser Altersgruppe assozi-ierten physiologischen Veränderun-gen, sowie der Einsatz bestimmterMedikamente wie Blutdrucksenker,EPO, Phosphatbinder u. a. m., aberauch die Zunahme der Zahl der dia-betischen Dialysepatienten erforderngezielte Therapieansätze und den Ein-satz besonderer analytischer Metho-den und Verfahren. Bereits speziell fürdie Dialyse entwickelte Sensoren, wiedie für die Messung des relativenBlutvolumens, der online Clearanceoder der Bioimpedanz zur Bestim-mung des Körperwassers, sowie derFett- und Muskelmasse, können als

Modell auch für andere medizinischeTherapieverfahren gelten. WeitereEntwicklungen auf dem Gebiet dernichtinvasiven Sensortechnik sind un-terwegs, sie werden einen wesentli-chen Anteil an der Verbesserung derDialyse im Sinne einer patientenspe-zifischen oder individualisierten The-rapie ermöglichen. Die so gewonne-nen Ergebnisse und Erfahrungen aufder Basis Datenbanken, z. B. EuCliD(de Francisco AL et al., Nephron ClinPract 2011; 118:c143-54) können dannerfolgreich für die weitere Verbesse-rung der Dialysetherapie eingesetztwerden.

FazitDie Dialyse der Zukunft wird eineindividualisierte Therapie sein, diedie besonderen Rahmenbedingun-gen der jeweils aktuellen Dialyse-population berücksichtigt. Es giltder personalisierten Medizin, diewir aus dem Pharmabereich bereitskennen, eine personalisierte Dialy-

setechnik zur Seite zu stellen. Mo-derne Entwicklungen auf dem Ge-biet der Sensorik bieten bereitsheute vielversprechende Ansätze,die für die Lebensqualität der Dia-lysepatienten einen wesentlichenBeitrag leisten können. Dafür sindauch Dialysatoren ideale Werkzeu-ge, sodass die Antwort auf die Fra-ge im Titel nur lauten kann: Eskann nicht „Einen für alle geben!“

Abb 4: Die Zielgrößen der Dialysetherapie haben sich in den vergangenen Jahren we-sentlich geändert. Es lassen sich zur Zeit drei Perioden von je 30 Jahren erkennen.

Die Schwerpunkte in der Dialyse ändern sich!Patient, Technik, Systemansatz, Standards

Prof. Dr. Ing. Jörg VienkenBioSciencesFresenius Medical CareBad [email protected]

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Hämodialyse:Neue Erkenntnisse aus alten TatsachenDie Medizintechnik hat auf dem Ge-biet der extrakorporalen Detoxifikati-on in den letzten 20 Jahren einenenormen Technologiesprung gemacht.In den 80er Jahren des letzten Jahr -hunderts wurde die Bikarbonat-Dialy-se zunehmend zum Standardverfahren,es wurden ultrafiltrationsgesteuerteund/oder -geregelte Dialysemonitoreeingeführt, die ersten synthetischenMembranen kamen zum klinischenEinsatz, der Begriff High-Flux-Dia-lyse wurde eingeführt und definiert,die „Mittelmolekülhypothese“ wurdeeingehend untersucht. Die Entwick-lung biokompatibler, synthetischerMembranen für die Dialyse wurdezielstrebig vorangetrieben. Die Hä-mofiltration, aber auch die Hämodia-filtration wurden als effektivere Ver-fahren der Dialyse gegenübergestellt.Mit der technologischen Umsetzungund der Bereitstellung ultrapurer Dia-lysespülflüssigkeit mit der Verhinde-rung der Rückdiffusion und -filtrati-on von Endotoxinen und Pyrogenenkonnten Online-Hämodiafiltrations-techniken realisiert werden.

Herr Prof. Dr. med. Udo Bahner (KfHNierenzentrum Würzburg) zeigte dieVorteile einer Online-Hämodiafiltra-tion in seinem Vortrag „Die kardiopro-tektive Dialyse – Gegenwart und Perspek-tiven der Online-Hämodiafiltration“ auf.Trotz Verbesserungen in der Versor-gung von Dialysepatienten ist dieMorbidität und Mortalität der Dialy-sepatienten nach wie vor hoch. Diejährliche Mortalität betrug in Japan6,6%/Jahr, in Europa 15,6% und in

den USA 21,7%/Jahr (Goodkin DA, JAm Soc Nephrol 2003; 14:3270-3277).Nach Prof. Bahner sollten die Zieleeiner modernen Nierenersatztherapiewie folgt realisiert werden:■ Überleben verbessern■ Lebensqualität verbessern■ Herz-Kreislauferkrankungen redu-

zieren

■ Andere Folgen des Nierenversagens(CKD-MBD) reduzieren

■ Behandlungskosten reduzieren

Aktuelle Verbesserungsansätze siehtHerr Bahner in der medikamentösenVersorgung mit neuen Phosphatbin-dern, dem Einsatz von Calcimimeti-ka, synthetischer Vitamin-D-Deriva-

Abb 1: Urämietoxine (nach Vanholder et al. Kidney Int 2003; 63[84]:6-10).

Abb 2: Durchschnittlicher Verbrauch an ESA im Zeitraum 2004-2010 (KfH Nierenzentrum Würzburg)

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te und neuer blutbildender Substan-zen wie Epo s und Hematide. Die da-mit steigenden Tagestherapiekostenund eine noch ausstehende Nutzen-bewertung mindern den Erfolg der-artiger Ansätze.

Die nächtliche Langzeitdialyse (21-24 Wochenstunden) kann eine Alter-native zur Verbesserung der klinischenSituation darstellen. Es ist nachgewie-sen, dass eine Langzeitdialyse zur Er-höhung der Lebensqualität führt (Kreis-laufstabilität, Appetitsteigerung). DiePhosphat-Clearance ist erhöht unddie renale Anämie kann mit geringe-ren Dosierungen an ESA (erythropoe-sis stimulating agents) korrigiert wer-den. Durch die nächtliche Dialysekann jedoch auch nur ein geringesSpektrum an urämischen Toxinen eli-miniert werden. Die urämischen To-xine setzen sich aus kleinmolekularen,wasserlöslichen Substanzen, Mittel-molekülen und proteingebundenenSubstanzen zusammen (Vanholder R,Kidney Int 2003; 63 [84]:6-10, Abbil-dung 1). Eine Entfernung hydropho-ber Mittelmoleküle und proteingebun-dener Toxine ist effektiv nur durchkonvektive Dialyseverfahren möglich.Im eigenen Zentrum (KfH Nieren-zentrum Würzburg) konnte eine si-gnifikante Absenkung des CRP, pro-tein bound pentosidine und AGE un-ter einer Behandlung mit Online-Hämodiafiltration nachgewiesen wer-den. Der Verbrauch an ESA sank ineinem Zeitraum von 6 Jahren vondurchschnittlich 6500 IE/Woche auf3700 IE/Woche (Abbildung 2). Zu-sätzlich zur erhöhten Elimination vonToxinen, des Rückgangs der Inflam-mation und der Besserung der rena-len Anämie (Bonforte G, Blood Purif2002; 20:357-363) wird auch über eineerhöhte Kreislaufstabilität während ei-ner Online-Hämodiafiltrationsbe-

handlung berichtet (Donauer J, NephrolDial Transplant 2003; 8:1616-1622).Die Online-Hämodiafiltration führtzu einer geringeren Mortalität, wieauch die DOPPS-Daten bestätigen(Canaud B, Kidney International 60[11]:2087-2093, 2006). Die Online-Hämodiafiltration ist somit eine ef-fektive und verträgliche Behandlungs-option in der Therapie von Patientenin einem Stadium CKD 5 D.

Neben der Entwicklung konvektiv-diffusiver Prozeduren in der chroni-schen Hämodialysetherapie werdenauch Biofeedback-Systeme entwickelt,die zur weiteren kardiovaskulären Sta-bilität während einer Dialysetherapie

beitragen sollen. Neben den multi-in-put-/multi-output-Systemen der Blut-volumenregulation durch Ultrafiltra-tions- und Leitfähigkeitssteuerungwird auch Augenmerk auf den Ener-gietransfer während der Dialyse ge-legt.

Herr Dr. Thomas Roy (Fresenius Me-dical Care, International Research andDevelopment, Deutschland) beschriebunter „Thermisches Energiemanagement-Lehren und Fortschritte aus 30 Jahrenpraktischer Hämodialyse“die Bedeutungder Dialysattemperatur für kardiovas-kuläre Stabilität. Bergström berichte-te über eine Patientin, die in jeder Dia-lysesitzung hypotensive Episoden auf-

Abb 3: Verteilung der Körpertemperatur einzelner Patienten vor und während Dialysesitzungen

Abb 4: Thermoneutrale und isothermische Regelung der Körpertemperatur über denBluttemperaturmonitor (BTM) der Fa. Fresenius Medical Care

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wies und kaum ihr Optimalgewichterreichte. Eines Tages wurde diese Pa-tientin jedoch ohne Komplikationendialysiert und das angestrebte Opti-malgewicht der überwässerten Patien-tin erreicht. Die Ursache für das Aus-bleiben von Komplikationen war eintechnischer Defekt des Dialysemoni-tors. Die Maschine lief die gesamteZeit im Bypass-Modus und keinTropfen Dialysat kam in Kontakt mitBlut. Das Bergström-Verfahren wargeboren (Bergström J, Blood Purif 2006;24:230-231). Ging man in den 1980-er Jahren noch davon aus, dass osmo-tische Effekte die Stabilität währendeiner Hämofiltrationsbehandlung aus-machten (Quellhorst E, Proc Eur DialTransplant Assoc 1981; 18:243-249), so konnte in Folge jedoch nachgewie-sen werden, dass thermische Effekte(kühle Dialysattemperaturen) die po-sitiven Eigenschaften hervorriefen(Maggiore Q, Am J Kidney Dis 2002;

40[2]:280-290). Welche Dialysattem-peratur sollte nun angestrebt werden?Pergola et al. fanden bei 75 Hämodia-lysepatienten eine Verteilung der Kör-pertemperatur zwischen 35,4°C und37,2°C (Pergola PE, Am J Kidney Dis2004; 44[1]:155-165). Krämer et al.(unveröffentlicht) sahen auch unterHämodialysebedingungen differieren-de Körpertemperaturen der einzelnenPatienten (Abbildung 3). Eine indivi-duelle Bestimmung der Körpertem-peratur ist nur durch Messen und Re-geln möglich. Durch die Messung derTemperatur auf der arteriellen und dervenösen Seite und die Bestimmungder Differenz kann über den Dialysa-tor die Körpertemperatur des Patien-ten thermoneutral oder isotherm ge-regelt werden (Abbildung 4). Die po-sitiven Effekte einer isothermen Dialyseauf die kardiovaskuläre Stabilität wäh-rend der Dialysesitzung wurden inmehreren klinischen Studien unter Be-

weis gestellt (Damasiewicz MJ, Nephro-logy (Carlton) 2011; 16[1]:13-18).

Die thermische Bilanz bei der Hämo-dialyse ist ein wichtiger Einflussfak-tor für die intradialytische Stabilitätdes Patienten. Die kreislaufstabilisie-rende Wirkung konvektiver Behand-lungsverfahren ist ein überwiegend ther-mischer Effekt. Physiologisch sinnvol-le thermische Bilanzen lassen sich mitautomatisierten Systemen leicht anwen-den. Biofeedback-Systeme wie Blut-volumenmonitoring und Bluttempe-raturmonitor sind hilfreiche Instrumen-te zur Verbesserung der Effektivität undVerträglichkeit in der chronischen Hä-modialysetherapie.

Dr. med. Roland E. Winkler, [email protected]

Fischland-Symposium

Nr. 3, 2011 37

Suche nach dem „Idealgewicht“:Helfen uns technische Hilfsmittel?Die Bestimmung des Idealgewichtsund/oder einer Hyperhydratation beiPatienten in einem Stadium CKD 5D lässt sich anhand differenter Me-thoden einschätzen:

■ klinischer Gesamteindruck■ Blutdruck■ Herz-Thorax-Quotient■ Dyspnoe, Ödeme, Hautturgor, As-

zites■ Labor■ Sonographie■ Bio-Impedanz-Spektroskopie■ Biofeedback-Systeme in der chro-

nischen Hämodialysetherapie.

Das Idealgewicht

Sind subjektive Kriterien wie Dysp-noe, Ödeme, Hautturgor, Aszites im-mer vom klinischen Blick des Be-trachters und der Komorbiditäten desPatienten abhängig, so können dochBlutdruck, Sonographie der Vena cavainferior, aber insbesondere Bio-Im-pendanz-Spektroskopie und Biofeed-back-Systeme objektive Informatio-nen über den Hydratationsstatus desPatienten geben. Die schulmedizinische Auffassung des„Trockengewichts“ eines Dialysepatien-ten wird zunehmend aufgegeben, da diePopulation der Dialysepatienten sichin der frühen Vergangenheit spürbarverändert hat. Nunmehr strebt man ein„Ideal- oder Optimalgewicht“ an. DasIdealgewicht sollte ein hohes Maß anLebensqualität durch Erhalt einer mög-lichst hohen Restdiurese garantieren.

Die Bioimpedanz-Spektroskopie er-fasst gegenüber der Bioimpedanzana-lyse (50 Khz) ein multifrequentesSpektrum (5 Khz - 1 Mhz), sodassAbleitungen verschiedener Kompar-timente des Körpers möglich werden.Durch die Bioimpedanzspektroskopiekönnen Aussagen über das intrazellu-läre Wasser (ICW), das extrazelluläreWasser (ECW), Gesamtkörperwas-ser (TBW, Harnstoffverteilungsvolu-men) und damit verbunden der Hy-perhydratation (OH) gemacht werden.Zusätzlich können Body Mass Index(BMI), Muskelmasse (LTM), Körper-fettmasse (ATM) und aktive Körper-zellmasse (BCM) aus den Wider-standsmessungen der Haut abgeleitetwerden. Der Body Composition Mo-nitor der Fa. Fresenius Medical Carevereint diese Messmethoden in einemkleinen Gerät und ist dadurch gekenn-zeichnet, dass die Messergebnisse durchReferenzmethoden validiert sind:

■ Extrazellulärmasse -Bromverdünnungsmethode

■ Intrazellulärmasse -Gesamtkörperkalium

■ Gesamtkörpermasse -Deuteriumverdünnungsmethode

■ Muskelmasse -Dual Energy X-Ray Absorptiometry(DEXA)

■ Fettgewebsmasse- 4-Kompartimentmodell, DEXA, Luft -verdrängungsplethysmographie undUnterwasserwägung

■ Körperzellmasse - Magnetresonanztomographie und Ge-samtkörperkalium

■ Überwässerung -Prä- und Postdialysemessungen ver-glichen mit dem Ultrafiltrationsvo-lumen und klinische Bestimmungdurch Experten

Gerade zur Bestimmung eines realenkt/V in der chronischen Hämodialy-

Abb 1: Verbesserung des Hydratationsstatus unter blutvolumenregulierter Dialyse.ECM = Extracellular mass, BCM = Body cell mass, BIA = multifrequente Bioimpedanzanalyse

patient

pre treatmentafter treatment

normal range

Improvement of the ECM/BCM-ratio during hemocontrolled dialysis derived from BIA-measurements (N = 4...5 during 3 months)

Wie trocken ist trocken?BCM-Body Composition Monitor

Individuell eingestelltes Trockengewicht

Der BCM-Body Composition Monitor:

ist ein Analysesystem zur genauen Bestimmung der individuellen Überwässerung von Dialysepatienten

verbessert die Kontrolle der Überwässerung und des Blutdrucks

gibt Informationen zum Ernährungsstatus bestimmt präzise das Harnstoffverteilungsvolumen (V)

… arbeitet schnell, einfach und nicht invasiv.

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Nr. 3, 2011

Fischland-Symposium

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setherapie ist die Ermittlung desHarnstoffverteilungsvolumens (TBW)von großer Bedeutung, da die Wat-son-Formel in ausgewählten Fällenkeine hinreichende Genauigkeit er-gibt. Durch die Bestimmung derMesswerte LTM, ATM und BCMkann auch eine Aussage über den Er-nährungsstatus des Patienten gegebenwerden.Der Hydratationsstatus des Patientenhat auch einen signifikanten Einflussauf das Überleben an der Dialyse. Wi-zemann V et al. fanden in einer klini-schen Studie einen signifikanten Un-terschied im Überleben von Patien-ten, deren Hydratationsstatus durchKorrektur mit Bioimpedanzspektro-skopie eingestellt wurde versus kon-ventioneller Dialyse (Wizemann V, Nephrol Dial Transplant 24[5]:1574-1579, 2009). Bei kardiovaskulär insta-bilen Patienten mit gehäuften intra-dialytischen hypotensiven Episodengeben die European Best PracticeGuidelines der European Dialysis andTransplant Association - EuropeanRenal Association (EDTA-ERA) Hin-weise zur Therapie (Nephrol Dial Trans-plant 22 [Suppl. 2]:ii22–ii4, 2007).

Blutvolumenmonitoring

So können in dieser Patientenpopu-lation Biofeedback-Systeme einge-setzt werden, die eine ultrafiltrations-und leitfähigkeitsregulierte Dialysezur Stabilisierung der Blutvolumen-einengung realisieren. Winkler RE etal. konnten in einer klinischen Unter-suchung über 52 Wochen an 18 kar-diovaskulär instabilen Patienten miteinem Diabetes mellitus nachweisen,dass eine Biofeedback-Behandlung zueiner deutlichen Verbesserung desHydratationsstatus führt (Winkler RE,Contrib Nephrol 161:119-124, 2008),

außerdem konnte unter Zuhilfenah-me der Bioimpedanzspektroskopienachgewiesen werden, dass außer derEntfernung extrazellulären Wassersauch das intrazelluläre Kompartimentverändert wurde. Durch das verbes-serte Refilling während der Dialyse-sitzung konnte intrazelluläres Wasserentfernt werden (Abbildung 1, 2).Durch die langsame Reduktion desIdealgewichtes wurden relevante kli-

nische Parameter verbessert (Abbil-dung 3). Ronco C et al. berichtetenüber eine Verbesserung der Dialyse-dosis, vor allen Dingen des equilibrier-ten kt/V, eine signifikant höhere ab-solute Harnstoffentfernung und einengeringeren Harnstoff-Rebound nachder Hämodialyse mit einem Biofeed-backsystem (Ronco C, Kidney Interna-tional 58:800-808, 2000). Selby et al.fanden heraus, dass sich unter einer

Abb 2: Entfernung von intrazellulärem (ICW) und extrazellulärem (ECW) Wasser unter denBedingungen der blutvolumenregulierten Dialyse. BIA = multifrequente Bioimpedanzanalyse

patient

% ICWECW

Percentage of ECW/ICW-reduction during hemocontrolled dialysis derived from BIA-measurements (N = 4...5 during 3 months)

Abb 3: Veränderungen klinischer Parameter in % im Vergleich zur Initiierung(100%)EF = Ejektionsfraktion, LVMI = linksventrikulärer Massenindex, AntiDr = antihypertensive Medikation, BP = systolischer Blutdruck, db kt/V = double pool kt/V, sp kt/V = single pool kt/V,OptW = Optimalgewicht, HypoEp = hypotensive Episoden, MC = Muskelkrämpfe)

Changes in clinical parameters before (100%) and after 48 weeks BVM (%)

Fischland-Symposium

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Hämodialyse mit Biofeedback undBlutvolumenmonitoring die linksven-trikuläre Funktion der Patienten bes-sert, und damit eine erhöhte hämo-dynamische Toleranz unter Ultrafil-tration erreicht wurde. Das „Myocar-dial Stunning“, eine rekurrente sub-klinische Myokardischämie, trat un-ter Blutvolumenmonitoring signifi-kant geringer auf als unter konventio-neller Hämodialyse (Selby N, AJKD47:830-841, 2006).

Zusammenfassung

Neben subjektiven klinischen, ra-diologischen, sonographischen undlaborapparativen Untersuchungenbietet die multifrequente Bioimpe-danz-Spektroskopie eine objektiveund validierte Möglichkeit zur Be-stimmung des Hydratations- undErnährungsstatus eines Patientenim Stadium CKD 5 D. Dies ist von

Bedeutung, da nachgewiesen ist,dass chronisch überwässerte Patien-ten in der Hämodialyse eine gerin-gere Lebenserwartung haben alsPatienten mit einem annäherndnormalen Hydratationszustand. Ineiner zunehmend älteren und durchKomorbiditäten (Diabetes melli-tus, chronische Herzinsuffizienz,arterielle Hypertonie) geprägtenPopulation kann es unter Ultrafil-trationsbedingungen zu hypoten-siven Episoden und Muskelkrämp-fen kommen. Das Idealgewicht kannbei einer Großzahl der Patientenmit einer konventionellen Dialysenicht erreicht werden, da das Refil-ling aus dem intra- und extrazellu-lären Kompartment nicht ausrei-chend ist. Eine Möglichkeit zumkomplikationslosen Erreichen ei-nes vorher bestimmten Idealge-wichtes ist die ultrafiltrations- undleitfähigkeitsgeregelte Hämodialy-

Dr. med. Roland E. Winkler, M.B.A.Praxisverbund für Dialyse und Apherese [email protected]

se mit Monitoring des Blutvolu-mens bzw. der Blutvolumenverän-derungen während der Dialyse. Inder signifikanten Mehrzahl der Fäl-le kann das Idealgewicht gesenktwerden, die kardiovaskuläre Tole-ranz unter Ultrafiltration gebessertund die Dialysedosis erhöht wer-den. Technische Hilfsmittel zur Be-stimmung, Objektivierung undVerlaufsbeschreibung des Hydra-tations- und Ernährungsstatus sindhilfreiche Instrumente zur Verbes-serung der Lebensqualität und desÜberlebens von Patienten in einemStadium CKD 5 D.

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Auftragstaktik oder Untertanengeist?Was kann die Pharmaindustrie von den „alten Preußen“ lernen?

Ein bekanntes DDR-Sprichwort sagt,„dass in unseren Betrieben („VEB“) jederzu etwas zu gebrauchen sei – und sei esnur als abschreckendes Beispiel.“ Preu-ßen ist in der Geschichte nicht nurgleich mehrfach „beerdigt“ worden,sondern hat auch in der Geschichts-schreibung bei allen möglichen (undunmöglichen) „Gelegenheiten“ als„abschreckendes Beispiel“ herhaltenmüssen. Während sich aber seit eini-gen Jahren hinsichtlich des – was so-wohl die BRD- als auch die DDR-deutsche Geschichtsschreibung zum„Prügelknaben Preußen“ betrifft –überwiegend negativ besetzten Preu-ßenbildes zunehmend Objektivitätund Differenziertheit dank einessprichwörtlich (welt-) weiten Blick-winkels v. a. ausländischer Autorenim „Vormarsch“ befindet, muss mannach derart zarten und hoffnungsvol-len „Pflänzchen“ bezüglich des aktu-ellen Images der Pharmaindustrie imWust der allmonatlichen Negativ-schlagzeilen schon gezielt und nach-haltig suchen.

Wer sich der Thematik – sowohl un-ter dem Blickwinkel „Preußen“ alsauch unter dem der „Pharmaindustrie“konstruktiv nähern will, tut sicherlichgut daran, wenn er wie z. B. Tucholskytrotz ex- und intensiver bissiger Sa -tire und Polemik zur Sachlichkeit imUmgang mit dem Thema nicht nurauffordert, sondern auch findet.Wenn sich das Ganze dann noch wiebei dem „Musterpreußen“ TheodorFontane mit hintergründigem Humor,

breitem Wissen, klarem, ideologieun-getrübt-nachsichtigem Urteil und demfehlenden Verlangen nach einer „end-gültig-verdammenden“ oder „endgül-tig-glorifizierenden“ Einteilung in„Gut“ und „Böse“ verbindet – umsobesser…

Jeder hat seine eigene Sicht – doch nicht jeder sieht etwas…

Der Versuch, jenseits von „Glanz undGloria“ bis hin zu plattem Borussis-mus einerseits und verbiestertem „anti-preußischem Sonderbewusstsein“ an-dererseits aus der preußischen Ge-schichte zu lernen, setzt (Welt-)Offenheit, Toleranz (z. B. andererBlickwinkel bzw. Meinungen) und dieunbedingte Bereitschaft voraus, jeder-

zeit noch etwas dazulernen zu wollen.Im Zentrum von Neuruppin – einerder „preußischsten aller preußischenStädte“ – steht interessanterweise kei-ne Kaserne und auch keine Kirche,sondern ein Gymnasium.

Apropos Neuruppin: Am Beispiel desehemaligen Paulinenauer Bahnhofs(Abb. 1) lässt sich sehr schön zeigen,dass je nach Betrachter und Blickwin-kel ganz verschiedene Teile dieses En-sembles wiederum ganz verschiedeneEmpfindungen, Assoziationen, Mei-nungen über verschiedene Aspektehervorrufen können. So könnte manmöglicherweise das Verbotsschild alsein denkbares Symbol für Intoleranzund die Rampe mit der mehr als(un)guten Assoziation nicht nur eines

Abb 1: Empfangsgebäude und Bahnsteig des ehemaligen Paulinenauer Bahnhofs in Neuruppin.

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Ortes des An- oder gar Aufstiegs,sondern auch der Selektion von Men-schen (…und Meinungen ) interpre-tieren. Oder man ist vielleicht beimAnblick dieses Gebäudes „nur“ frohfestzustellen, dass sich nicht zwingendhinter jeder roten Backsteinfassade ei-ner ehemaligen preußischen Garni-sonsstadt eine Kaserne oder eine Par-teischule verbergen muss.

Vom letzten, langjährigen sozialde-mokratischen MinisterpräsidentenPreußens (Otto Braun) stammt dieFeststellung, dass „dem internationalenAntipreußenkoller …nicht mit Behaup-tungen, sondern nur mit Fakten begegnetwerden kann.“ Folgerichtig kann dieBetrachtung eines Gebäudes und sei-nes Umfeldes aus noch so vielen undnoch so „weiten“ Blickwinkeln einesnicht ersetzen: Wissen. Wissen, dasman nach v. Dohnanyi „wissen dürfenmuss“.

Nur Wissende wissen, dass dieses„Bahnhofsgebäude“ eine nicht nur imBrandenburger Land bekannte internis -tisch-nephrologische Gemeinschafts-praxis mit angeschlossener Dialyse„beherbergt“, deren Räume (im erstenund zweiten Obergeschoß) nicht nurder Patientenversorgung, sondernauch (Seminarraum im ausgebautenDachgeschoß) der Weiterbildung die-nen. Der Vollständigkeit halber seinoch erwähnt, dass sich im Erdge-schoß des ehemaligen Bahnhofs jetzteine Apotheke befindet…

Das „System Althoff“ – ein preußisches Erfolgsmodell…

Es ist sicherlich nicht falsch, gelegent-lich daran zu erinnern, dass (Preußen-)Deutschland einmal „die Apothekeder Welt“ war. „Dank Preußen, nicht

dank Weimar, wurde der Aufstieg durchBildung zu einer deutschen Realität, undvon Preußen her wurde für ein Jahrhun-dert die Weltgeltung deutscher Wissen-schaft begründet.“ – So jedenfalls Chris -tian Graf von Krockow in seinemBuch „Warnung vor Preußen“. DasKaiserreich galt als „Genie-Standort“,Berlin als “Metropole der Nobelpreis-träger“. Deutsche Forscher waren ge-nau das, wovon sowohl in frühsozia-listischer als auch spätkapitalistischerPropaganda so gern geredet wurdebzw. wird: Weltspitze. Der Jura-Pro-fessor Friedrich Theodor Althoff,Ministerialdirektor im Ministeriumfür Unterrichts -und Medizinalan -gelegenheiten, fand gegen hartnä -ckigste Widerstände jeglicher Cou-leur (…auch Finanz-) Mittel undWege, nicht nur mehr als 100 neue Ins -titute und Kliniken durchzuboxen,sondern es gelang ihm vor allem ei-nes: Ganz gezielte Förderung vonSpitzenwissenschaftlern (z. B. dreiNobelpreisträger für Medizin) einher-gehend mit Etablierung entsprechen-der Spitzen-Forschungsstandorte.Sicherlich wäre es auch für die Ge-genwart lohnenswert, über die Opti-mierung der Rahmenbedingungen fürdie Forschung in Deutschland im All-gemeinen bzw. für die Entwicklungneuer Wirkstoffe im Speziellen nach-zudenken. So wurde beispielsweise einbekanntes Biotechnologiezentrumnicht in Hessen, sondern in Bayernaufgebaut. Wenn ein prominenterbayrischer Ministerpräsident äußer-te, „Wir Bayern müssen zu den letztenPreußen werden…“ war mit Sicherheitetwas mehr gemeint als nur dies klei-ne Stück zukunftsweisender Wissen-schaftsförderung. Und das Bonmotvon der „Apotheke der Welt“ bezeich-nete eben auch eine Spitzenstellungin Forschung und Entwicklung, aber

nicht in der Vermarktung von Arznei-mitteln.

Und sollte jemand beim Anblick des„Paulinenauer Bahnhofs“ über ein„preußisch“ inspiriertes Gedanken-Gebäude der (z. B. medikamentösen)Krankenversorgung ins analytischeoder auch konzeptionelle Grübelnkommen, so wären in einem virtuel-len Nutzungskonzept Lehre und For-schung („Seminarraum“) als stabileBasis ins Erdgeschoß zu verlegenwährend die Apotheke - hier gemeintals Symbol für Arzneimittelvertrieb –ein eher nachgeordnetes Dasein un-ter den Schrägen des Dachgeschoßeszu fristen hätte – immer darauf be-dacht, nicht in ein schräges oder garschiefes Licht östlicher Morgen- oderwestlicher Abendsonne zu geraten.

„Auf dass Ihr unwissend bleibt, werden wir Euch schulen…“

Obiges Zitat stammt von ReinerKunze, der die Gleichschaltungsme-chanismen im realsozialistischen All-tag in auch noch heute „erstaunlicher-weise“ hochaktuellen Gedichten bishin zur Persiflizierung des NVA-Drillsin sarkastisch-bitteren Gedichten wie„Der Hochwald erzieht seine Bäume“oder „Drill“ dokumentierte.

Die Vermittlung von – mehr oder we-niger schnell und „gründlich“ – ange-lerntem Halbwissen u./o. Verhaltens-automatismen a la NVA mag im Militärwesen des 17. und 18. Jahr-hunderts in allen damaligen Armeen –so auch der brandenburgischen bzw.preußischen – ein Fortschritt gewe -sen sein. Hochfrequenteres Schießenbzw. Nachladen, perfektes „KehrtMarsch!“….also exakt ausgeführteManöver jeglicher Art - alles basie-

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rend auf perfektem Drill – mag dendamals ja oft numerisch unterlegenenpreußischen Formationen einen wich-tigen Vorteil verschafft haben – ins-besondere dann, wenn sich diesesFundament mit strategischer und tak-tischer Überlegenheit der Heerführerverbinden konnte. Dennoch ergebensich aus der älteren Militärgeschichte(nicht nur) des „alten Preußen“ nach-denkenswerte Konsequenzen: Unbe-stritten ist, dass ein stehendes Heerbei vergleichbarer Ausbildung, Be-waffnung und Führung jedem Söld-nerheer – vor allem in kritischen Si-tuationen – überlegen ist. Inwieweitboomende Leih-Außendienstkonzep-te unter diesem Aspekt zu hinterfra-gen wären, kann und soll hier nichtvertieft diskutiert werden.

Zum anderen trat spätestens seit 1871der Generalstab als Institution undmit ihm die Auftragstaktik als Füh-rungsinstrument bzw. entscheiden-dem Erfolgsfaktor von Preußen ausihren Siegeszug an und bildet bis heu-te – egal, ob man diesbezüglich ame-rikanische, sowjetische, französische,israelische, schweizerische oder deut-sche Quellen zur Beurteilung heran-zieht - einen neuen „Goldstandard“ .Der legendäre amerikanische Panzer-general George Patton – im Umgangmit seinen Untergebenen vom Verhal-ten und Ton her eher ein „preußisch-militaristisches“ gotteserbärmlich flu-chendes und ohrfeigendes, ansonstenaber überaus eitles Rauhbein, brach-te es mit den Worten auf den Punkt:„Sagen Sie einem Untergebenen nicht,wie er etwas machen soll. Sagen Sie ihmnur, was erledigt werden soll – und las-sen Sie sich von seinem Einfallsreichtumüberraschen!“ Pointierter lässt sich dasErfolgskonzept „Auftragstaktik“ auchbeim Studium preußisch- (oder auch

bundes-) deutscher militärwissen-schaftlicher Quellen nicht definieren. Das Konzept der Auftragstaktik wardie frühe preußische Antwort auf ra-sant ansteigende Komplexizitätsgra-de („mehr Lärm und Nebel“) im Ge-fecht und wurde letztendlich von al-len anderen Armeen bis zum heutigenZeitpunkt übernommen, entweder„bitter-empirisch“ wegen der immenshohen eigenen Verlustraten u./o. weilsich die perfektest „taylorisierte“ undDaten(un)mengen-gestützte Gefechts-vorbereitung, -ausbildung und -füh-rung a la US-Army als Modellsystemfragwürdig-hochgestyltem quantitati-ven Perfektionismus dem qualita-tiv geprägten, sinnvoll-konzentriertenUmgang mit ganz wenigen, aber ent-scheidenden Parametern ( situativ vorOrt im Kopf oder ggf. nur mit „Pa-pier und Bleistift“ ) als klar unterle-gen erwies.

Für Außendienstorganisationen im(z. B. Pharma-) Vertrieb (ärzteseitigeAkzeptanz eines solchen Systems vo -

rausgesetzt ) kann man daraus – ba-sierend auf der aktuellen intensivenDiskussion in der Literatur – einigeFragen ableiten, zum Beispiel:

■ Ist es noch zeitgemäß, starr fixier-te Gesprächsabläufe zu trainierenund deren Umsetzung ggf. „vorOrt“ (also beim Gespräch mit demArzt) zu überwachen?

■ Zutrauenskultur: Traue ich demMann (oder der Frau) da „draußenim Feld“ wirklich zu, im Dialog mit den Gesprächspartnern selb-ständig eigene Entscheidungen zutreffen und bin ich davon über-zeugt, dass diese „akuten“ Entschei-dungen „vor Ort“ weit überwiegendrichtiger und zielführender sind alsdie engmaschige Überwachungtechnokratisch gestützter Einheits-konzepte („Maßanzug“ statt „Uni-form“)?

■ Vertrauenskultur („Auftragstaktik“)oder Misstrauenskultur („Unterta-nengeist“) im Umgang mit Mitar-beitern (…und z. B. Ärzten )?

Abb 2: Stelenreihe aus schlesischem Granit mit den Namen der Stationen der ehemaligen Eisenbahnstrecke Paulinenaue – Neuruppin.

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Wo Verstand befiehlt, ist Gehorsam leicht

„Der preußische Gehorsam ist der einerfreien Entscheidung, nicht einer unter-würfigen Dienstwilligkeit.“ Dieser Leit-spruch über dem Portal der ehemali-gen preußischen Hauptkadettenan-stalt in Berlin-Lichterfelde – zitiertvon einem Inhaber eines Diploms dersowjetischen Militärakademie – weistdeutlich und zielführend über all dashinaus, was sonst noch gern im Zu-sammenhang mit „blindem“ Gehor-sam resp. Untertanengeist zitiert wird. So schlecht kann Gehorsam – richtigund kritisch verstanden – als solcheralso nicht gewesen sein, wenn er of-fensichtlich von in Lebzeiten unbe-siegten russischen (Suworow) oderamerikanischen Heerführern (Pat-ton) oder sogar vom „Klassenfeind“(Löffler; ehemaliger NVA-General)zitiert und als absolut essentiell für ef-fektives Zusammenwirken in der Aus-einandersetzung mit dem Gegner be-schrieben wird.

„Herr, dazu hat Sie der König von Preu-ßen zum Stabsoffizier gemacht, damitSie wissen, wann Sie nicht zu gehorchenhaben.“ Diese Bemerkung Prinz Fried-rich Karls sowie der ebenso legendä-re Grabspruch des Generals von derMarwitz „Wählte Ungnade, wo Gehor-sam nicht Ehre brachte“ sollen hier nurstellvertretend für das Viele stehen,was an dieser Stelle noch über preu-ßischen Widerstandsgeist derer vonZieten, Seydlitz, Knesebeck bis hinzu Tresckow, Hardenberg und Stauf-fenberg zu berichten wäre. Doch eineunabhängige Geisteshaltung ist ohneBildung nicht oder nur schwerlich zuhaben. Und so urteilte der bekannteMilitärhistoriker Friedrich Engels1855: „Die preußischen Offiziere geben

bei weitem das am besten ausgebildete Of-fizierskorps der Welt ab. Die Prüfungenhinsichtlich des Allgemeinwissens…. ha-ben ein weit höheres Niveau als die einerjeden anderen Armee. …. Die preußischeMilitärliteratur hat ein sehr hohes Ni-veau….“ Und der französische Baronvon Stoffel sekundiert Engels im Jah-re 1870, dass er in seiner neuen Funk-tion als Militärattache in Berlin in denersten acht Wochen mehr Offizieregetroffen habe, die die Werke Napo-leons durchgearbeitet hätten, als inFrankreich in 25 Jahren.

An dieser Stelle noch immer ganzhartnäckigen Skeptikern hilft ggf.dann noch ein Blick in die (…zuDDR-Zeiten immer zu zitierende)„Sowjetliteratur“: „…Geschäftige Dumm -köpfe: Etwas Schlimmeres gibt esnicht….“ Mit diesem Zitat Solscheni-zyns aus seinem Roman „August Vier-zehn“ lässt sich das Niveau der zaris -tisch-russischen militärischen Füh-rungs„elite“ zusammenfassen, so wiees der Autor am Beispiel des Einmar-sches der Samsonow-Armee in Ost-preußen beschreibt. Die Worte, mitdenen er die Führungs„kultur“ bzw.den damit korrespondierenden Un-tertanengeist im russischen Militär-wesen beschreibt, zeigen klare Paral-lelen zu Tucholskys bissig-satirischerBeschreibung kleinbürgerlich-un-preußischer Verhaltensweisen in dervon Borussismus bzw. „Wilhelminis-mus“ infizierten deutschen Armeenach (..und auch vor) dem 1. Welt-krieg.

„Überwachen – Disziplinieren – Gleichschal-ten: Alle Managementmethoden scheiternan nicht akzeptierter Individualität“

Dieses Fazit eines führenden deut-schen Unternehmensberaters bringt

die Probleme nicht bewusst geforder-ter (und geförderter) oder gar aktivunterbundener „Auftragstaktik“ (imSinne von gewollt-eigenverantwort-lichem Handeln von Mitarbeitern „vorOrt“) auf den Punkt.

Das Dilemma falsch verstandenen„Preußentums“ lässt sich im Span-nungsfeld zwischen „Auftragstaktikversus Untertanengeist“ am Beispielder preußischen bzw. preußisch-deut-schen Führungskonzeptionen nichtnur unter militärischen, sondern auch„zivilen“ Blickwinkeln hinsichtlichjeglicher Außendiensttätigkeit in di-versen Märkten mit offensiven unddefensiven Marketingstrategien, demKampf um Gewinnung von Markt-anteilen, „Geländesegmentierungen“,Zielselektionen und operativen Schwer-punktfokussierungen verfolgen. Auchhier kann uns ein Bild (aus dem un-mittelbaren Umfeld) des ehemaligenPaulinenauer Bahnhofs in Neuruppinzur – zugegebenermaßen überhöht-symbolischen, nichtsdestotrotz abermöglicherweise sehr realitätsnahen -Verdeutlichung des Problems weiter-helfen (Abb. 2):

Das Bild könnte erstens symbolisieren,dass der Mensch – sichtbar am Bei-spiel der Bäume – völlig uneinheitlich„nun mal aus krummem Holz“ ge-schnitzt ist und dies auch bleibt undbleiben möchte, selbst wenn speziellunter „kasernenmäßigen“ Rahmenbe-dingungen (siehe Gebäude im Hin-tergrund) nicht alle individuellenTräume in den Himmel wachsen kön-nen.. Die Abbildung zeigt zweitens,dass man sowohl mit brandenbur-gisch-preußischer als auch z. B. schle-sischer Geschichte sehr „konservativ“,sorgsam und „trotzdem“ kreativ um-gehen kann: So wurden die ehemali-

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gen Bahnsteigstufen aus schlesischemGranit beim Umbau des Ensemblesnicht einfach entsorgt, sondern amRande des „Bahnhofs“vorplatzes zurErinnerung an die ehemaligen Statio-nen der Bahnstrecke Paulinenaue -Neuruppin aufgestellt. Der Strategie-und Logistik-Perfektionist und „Ei-senbahnfanatiker“ Helmuth Graf vonMoltke hätte vermutlich seine helleFreude daran gehabt... Aber: „Alles inReih` und Glied – typisch preußisch!“ -könnte ihm jetzt die berechtigterwei-se nicht ganz kleine Schar der Preu-ßen-Skeptiker entgegenhalten. Aberauch hier hilft – drittens: Genau(er)hinsehen! Denn trotz geradlinig-preu-ßischer Ausrichtung hat jede dieserehemaligen Stufen jetzt die Würde ei-ner Stele - mit eigenem Namen, ganzindividuellem Format, Ecken undKanten und durchgängiger sprich-wörtlicher „Aufrichtigkeit“. Keinewird mehr be- oder getreten, auf kei-ner wird mehr gedankenlos bei wieauch immer gearteten Prozessen desAuf- (oder Ab-)stiegs „herumgetram-pelt“. Und spätestens beim verglei-chenden Blick auf das „quadratisch-praktisch/perfekt-austauschbar- preis-werte“ Einheitspflaster des davorlie-genden Gehweges oder gar auf dieebenso jederzeit austauschbaren „rund-gelutschten (Pflaster-)„Typen“ davormag es lohnenswert erscheinen, da -rüber nachzudenken, welchem Typusin den (Heer?-) Scharen von Außen-dienstmitarbeitern – wenn über-haupt – die Zukunft gehören könnte.

Ausblick

Von Theodor Fontane – dem in einerPerson wohl charmantesten Preußen-verehrer und -kritiker zugleich – kön-nen wir lernen, dass man jenseits al-ler Ideologien Geliebtes kritisch hin-

terfragen und Kritisches mit Liebeoder wenigstens mit Respekt sehenkann (….und sollte ).

Wenn also in Neuruppin – symbol-trächtig – „weder Kirche noch Kaser-ne“, sondern ein Gymnasium im Mit-telpunkt der Stadt steht….so könnteman geneigt sein, aus dieser überauspointierten Konstellation für die Zu-kunft der Pharmaindustrie folgendeFragen (…vielleicht nicht in den Mit-telpunkt, doch wenigstens) in denRaum zu stellen :

1. Welche Qualitätsansprüche wer-den an zukünftige Forschungszie-le zu stellen sein („Nobelpreise“statt Schritt“innovationen“) ?

2. Welches Niveau soll (…bzw. aus ge-samtgesellschaftlicher Sicht: darf!)ein Pharmaaußendienst – soweitnoch vorhanden und kunden- (z. B. ärzte-) seitig akzeptiert – be-sitzen („Bildung statt Schulung“)?

3. Welches Außendienstkonzept wirdnicht nur von den Kunden (z. B.Ärzte), sondern auch gesamtge-sellschaftlich akzeptiert (…Nut-zensstifter?, Kernbotschafter?, Ab-decker?, … )?

4. Welche Rolle spielt der einzelneAußendienstmitarbeiter als Indi-viduum und welches Führungsver-ständnis seiner Vorgesetzten liegtdem zugrunde („Auftragstaktik“versus „Untertanengeist“)?

Die Analyse der Literatur zeigt: DieDiskussion über diese und ähnlich ge-lagerte Fragen ist im vollen Gange .Auch bei (scheinbar) straff eingeleg-tem Vorwärtsgang mag ein Blick zu-rück oder wenigstens in den Spiegelmanchmal nicht nur hilfreich, son-dern unter Umständen auch lebens-rettend sein.

Doch ohne wohlwollend-freundlichoffene Augen (z. B. eines TheodorFontane), einen sorgfältig eingestell-ten Spiegel (z. B. eines SebastianHaffner), den Mut zu zumindestenspointiert politisch „unkorrekten“ Be-trachtungsweisen (z. B. eines Wolf-gang Venohr ) und einen alle wesentli-chen Tatbestände erfassenden optima-len Blickwinkel (z. B. eines ChristopherClark oder Antony Beevor) funktio-niert auch das nicht.

DANKSAGUNG:

Herrn M.B.A Dr. Roland E. Winkler, Vorstandsmit-

glied im Landesverband für Nephrologie Mecklen-

burg-Vorpommern e.V. danke ich für die freundliche

Einladung, anlässlich des diesjährigen Fischland-Sym-

posiums einen „Blick über den Tellerrand“ werfen

zu dürfen. Den Neuruppiner Nephrologen Drs. Karl-

Heinz und Martin Götz und Dr. Wolf-Dietrich Hoh-

mann bin ich für die Überlassung der Abbildungen

sowie für langjährigen Gedankenaustausch zu „Preu-

ßen“ und „Neuruppin“ zu außerordentlichem Dank

verbunden. Last, but not least danke ich der Anäs-

thesiologin Dr. Marita Bleckert für die einmalig-über-

zeugende Beweisführung, dass „Preußische Tugen-

den“ auch unter schwierigen „Gefechtsumständen“

konsequent gelebt und ggf. genauso erfolgreich re-

animiert werden können.

Literatur beim Verfasser

Reinhard [email protected]

■ 34th Annual Postgraduate Medicine Course RenalBiopsy in Medical Diseases of the Kidneys NEW YORK, USA3. - 6. August 2011Information: Center for Continuing Medical Education, Columbia University College of Physicians & Surgeons New York [email protected], http://columbiacme.org

■ 22. Wissenschaftliches- und Pflegesymposium desNephrologischen Arbeitskreises Saar-Pfalz-Mosel Kongresszentrum, SHG-Kliniken VölklingenVÖLKLINGEN, Deutschland26. - 27. August 2011Registrierung & Information: Aey Congresse GmbH Tel.: +49 / 30 / [email protected], www.aey-congresse.de

■ 9. Erfurter Experten-Meeting Dialyse „Prognosemarker in der Nephrologie“ Victor’s Residenz-Hotel ErfurtERFURT, Deutschland27. August 2011Information: HELIOS Klinikum Erfurt Tel.: +49 / 361 / 781-5250 www.colloquium-nephrologicum.de

■ 3. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie BERLIN, Deutschland10. - 13. September 2011Information: [email protected]

■ 8th International Society for Apheresis Congress und 3. Wiener Aphereseseminar Allgemeines KrankenhausWIEN, Österreich14. - 17. September 2011Information: Kuoni Destination Management AustriaTel.: +43 / 1 / 319 76 [email protected]

■ 20. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft REGENSBURG, Deutschland6. - 8. Oktober 2011Information: http://dtg2011.de

■ 33. Symposium der Arbeitsgemeinschaft für nephrologisches Personal e.V. - AfnP MARITIM-Hotel am SchlossgartenFULDA, Deutschland22. - 23. Oktober 2011Information: Tel.: +49 / 7345 / [email protected], www.afnp.de/symposium.php

■ Gemeinsame JahrestagungÖsterr. Gesellschaft für Hypertensiologie und Österr. Gesellschaft für NephrologieToscana Congress GmundenGMUNDEN, Österreich4. - 5. November 2011Information: Ärztezentrale med.infoTel.: +43 / 1 / 531 16 [email protected]

■ 44th Annual Meeting and Scientific Exposition of the American Society of Nephrology and Renal WeekPHILADELPHIA/PA, USA8. - 13. November 2011Information: www.asn-online.org

■ Nephrologisches Jahresgespräch 2011Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e.V.MANNHEIM, Deutschland18. - 20. November 2011Information: [email protected]

■ Hypertonie Köln 201135. Wissenschaftlicher Kongress der DeutschenHochdruckliga e.V. DHL® - Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und PräventionKongresszentrum GürzenichKÖLN, Deutschland24. - 26. November 2011Information: www.hypertonie-2011.de

■ 45th Annual Meeting and Scientific Exposition of the American Society of Nephrology and Renal WeekSAN DIEGO/CA, USA30. Oktober - 4. November 2012Information: www.asn-online.org

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