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KurzberichtIn aller Kürze
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Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit
Bundesagentur für Arbeit
Anhebung der Rentenaltersgrenze
Pro und Contra Rente mit 67In der Diskussion um einen späteren Renteneintritt begegnen sich vier Interessensphären: die der Sozialversicherungen, der Betriebe, der Arbeitsmarktpolitik und der Arbeitnehmer selbst – Argumente und Anmerkungen in einer schwierigen Sache
In den nächsten Jahrzehnten werden immer weniger Beschäftigte für immer mehr Rentner immer länger Rente zahlen müssen. Die kürzlich vom Bundes-kabinett beschlossene schrittweise Anhebung der abschlagsfreien Rentenalters-grenze von 65 auf 67 Jahre ab 2012 ist die jüngste einer Reihe von Maßnahmen zur Entschärfung dieses Problems. Doch ist diese Entscheidung keineswegs un-umstritten.
Pro Rente mit 67
Einsparungen in der Renten-versicherungDerAnteilalterundsehralterMenschenanderBevölkerungwächst.ImJahr�050wird jede dritte Person in Deutschland60Jahreoderältersein.AuchderAnteilderHochbetagtenwirdweiterwachsen.ZugleichnimmtdieBevölkerungimAlterzwischen�0und59Jahrenimmerweiterab.InderFolgesteigtdieBeitragsbelastung von Beschäftigten und Betrieben.Denn eine rückläufi ge Zahl von aktiven Beitragszahlern muss stark wachsendeAusgabeninderRenten,KrankenundPfl egeversicherung fi nanzieren.
Durch dieAnhebung derAltersgrenzefürdenabschlagsfreienRentenbezugumzwei Jahre werden die Erwerbstätigender Zukunft fi nanziell entlastet, der mit negativen Beschäftigungseffekten verbundeneAnstieg der Lohnnebenkostenwirdgebremst.SoträgtdieErhöhungdesRentenaltersdazubei,denRentenversicherungsbeitragindenGrenzenzuhalten,diederGesetzgebermitderRentenreform�001vorgegebenhat:Bis�0�0sollderBeitragssatznichtüber�0Prozentundbis�030nichtüber��Prozentsteigen.
DieAnhebungderAltersgrenzewirddabeiunabhängigvonderEntwicklungdestatsächlichen Rentenzugangsalters denAnstiegdesBeitragssatzesdämpfen.GehenVersichertetatsächlichspäterinRente, verkürzen sichdieRentenlaufzeiten.BeivorzeitigemEintrittergebensichdieEinsparungen aus den zusätzlichenAbschlägen.1GleichwohlistesfürdenUmfangderEntlastungnichtbedeutungslos,wiesichdasfaktischeRenteneintrittsalterentwickelnwird.
Je mehrArbeitnehmer aufgrund derAnhebungdesRentenaltersihreBeschäftigungsdauer ausdehnen und später inRentegehen,destomehrverbessertsichdasVerhältnisvonRentenempfängernzuBeitragszahlern.InderFolgewürdenwegendesneuenNachhaltigkeitsfaktorsinderRentenformeljedochauchdieRentenstärkererhöhtoder–beiungünstigerLohnentwicklung–weniger starkverringert.SofernesbeidieserRegelungbleibt,würdeeinTeilderEinsparungenalsowiederaufgezehrt (siehe Kasten auf Seite 2).In vorläufi gen Schätzungen rechnen die
Markus Promberger Christina Wübbeke
Ausgabe Nr. 8 / 16.5.2006
Unbestritten ist, dass in dennächsten Jahrzehnten immer weniger Beschäftigte immer mehrRentnern immer länger die Rentebezahlenmüssen.
Kontroversisthingegen,obdieschrittweise Anhebung des Rentenalters auf 67Jahre der richtigeWeg ist, um dieses Problem zuentschärfen.
Es spricht zwar eine Reiheguter Gründe für die Anhebungdes Rentenalters, zu denen derGeburtenrückgang, die steigendeLebenserwartung, die wachsendeGesundheit und Leistungsfähigkeit Älterer sowie der drohendeFachkräftemangel in gar nicht sofernerZukunftzählen.
AufderanderenSeitesindungelöste Arbeitsmarktprobleme insFeldzuführen,sozialeHärtenbishin zur Altersarmut und die ehergeringenfinanziellenEntlastungseffektefürdieRentenkassen.
Wägtmandie„Pros“und„Contras“ sorgfältig gegeneinander ab,so bleibt die Empfehlung, überbestimmteAspekteder„Rentemit67“ noch einmal gründlich nachzudenken.
SomüsstenetwamöglichenegativeArbeitsmarkteffektenäheruntersuchtwerden.AuchdieGefahrsozialerHärtenbeiArbeitnehmernmit berufsbedingter ErwerbsunfähigkeitsolltebeiderAusgestaltungberücksichtigtwerden.
1 DieAbschlägebetragen0,3ProzentproMonat,umdendieRentevorErreichenderabschlagsfreienAltersgrenzeinAnspruchgenommenwird.
Pro Rente mit 67
� IABKurzberichtNr.8/�006
RentenversicherungsträgerwegendieserRückwirkung auf die RentenanpassungmiteinerlangfristigenEntlastungvonnur0,5Beitragssatzpunkten.
Neues Bild des AlternsNebendieser–nichtallzugroßen–EntlastungderBeitragszahlersprechenjedochnochweitereAspekte fürdieErhöhungdesRentenalters.DieArbeitnehmer,dieheuteinderletztenDekade ihrer Erwerbstätigkeit stehen,sindimDurchschnittgesünder,leistungsfähigerundaktiveralsihregleichaltrigenKollegenvor50 Jahren, alsdiegesetzlicheRentenversicherungihrheutigesGesichterhielt.DennmitderVerlängerungder Lebensspanne hat sich tendenziellauchdieLebenszeitausgedehnt,dievonschwerengesundheitlichenBeeinträchtigungenfreiist.RüstigeRentnerundältereArbeitnehmer, die den altersbedingtenRückgangderphysischenLeistungsfähigkeitdurchWissen,ErfahrungundsozialeKompetenzwettmachen,prägendasneueBilddesAlterns–zumindestbeimerstenHinsehen.
SostelltsichdieFrage,obnichtmiteinemvergleichsweise frühen ErwerbsendewichtigegesellschaftlicheKräftezufrühaußer Dienst gestellt werden. DiesesEndeliegtinDeutschlandmit61,6Jahren(�003)�imSchnittnämlichimmernochdeutlichvordembisherigengesetzlichen
Rentenaltervon65.VieleÄlterefühlensich zudem zur Unzeit aufsAltenteilgedrängt, könnten und wollen sie dochdurchausnochlängererwerbstätigsein.Daher erscheint es als legitim und derverändertenAltersstrukturundGesundheitderBevölkerungangemessen,wenndiegewonnenenAltersjahrenichtalleinzurVerlängerungdesRentenbezugs,sondernauchfürdieErwerbsphasegenutztwerdensollen.
Drohender Fachkräftemangel Diesgiltumsomehr,alswegenderstarkrückläufigen Zahl der Erwerbspersonen im jüngeren und mittlerenAlter in dennächstenJahrzehntenmiteinemzunehmenden Mangel an qualifizierten Nachwuchskräften inTeilen derWirtschaftgerechnetwird.3VordiesemHintergrundsignalisiertdieAnkündigungderAltersgrenzenanhebungschonheute,dasssichBetriebeundBeschäftigteaufeinenlängerenVerbleibÄltererimErwerbslebeneinstellenmüssen,indemsierechtzeitiginQualifizierung und Gesundheitsvorsorge investieren. Zum einen, weil durch diezusätzlichenRentenabschlägedieFrühverrentungen für die Beteiligten (noch)teuererwerden.Undzumanderen,weilBetriebe die bisherige Praxis der vorzeitigenFreisetzungÄlterernurumdenPreis einer weiterenVerschärfung desFachkräftemangels werden fortsetzenkönnen.
Erhöhung der gesetzlichen Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre: Wer kann wann abschlagsfrei in Rente gehen?
Geburts-jahrgang
Mindestalter für den abschlagsfreien Rentenbezug
Abschlag bei Eintritt in die Rente mit 65
in %
Kalenderjahr der Umsetzung
Jahre Monate
1946 65 0 0,0 -
1947 65 1 0,3 2012
1948 65 2 0,6 2013
1949 65 3 0,9 2014
1950 65 4 1,2 2015
1951 65 5 1,5 2016
1952 65 6 1,8 2017
1953 65 7 2,1 2018
1954 65 8 2,4 2019
1955 65 9 2,7 2020
1956 65 10 3,0 2021
1957 65 11 3,3 2022
1958 66 0 3,6 2023
1959 66 2 4,2 2024
1960 66 4 4,8 2025
1961 66 6 5,4 2026
1962 66 8 6,0 2027
1963 66 10 6,6 2028
1964 67 0 7,2 2029
Darstellung nach Johannes Steffen: Die Anhebung der Regelaltersgrenze. Kurzübersicht, Arbeitnehmerkammer Bremen 2006.
�EurostatLabourForceSurvey,zitiertnachSproß/Eichhorst�005:�.3 Vgl.Fuchs/Schnur/Zika�005:3f.
Der Nachhaltigkeitsfaktor wurde mit der Rentenreform 2004 in die Rentenanpas-sungsformel eingefügt. Er bewirkt, dass die laufende Veränderung des Verhält-nisses von Rentenempfängern zu Beitragszahlern (der Rentnerquotient) bei der jährlichen Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung berücksichtigt wird. Ist die Zahl der Rentner gestiegen oder die Zahl der Beitragszahler zurückgegangen, dämpft der Nachhaltigkeitsfaktor die Rentenerhöhung. Ist die Relation zwischen Empfängern und Zahlern hingegen günstiger geworden, führt dies zu stärkeren Rentensteigerungen.
Einfluss auf die Veränderung des Rentnerquotienten hat vor allem die Entwick-lung der Geburten, der Lebenserwartung, der Erwerbstätigkeit und des Alters zum Zeitpunkt des Renteneintritts. Zusätzlich hat der Gesetzgeber eine politische Stellschraube in den Nachhaltigkeitsfaktor eingebaut: Ein Gewichtungsfaktor be-stimmt, wie stark die Veränderung des Rentnerquotienten auf die Rentenanpassung durchschlägt. Aktuell ist der Wert dieses Faktors gesetzlich auf 0,25 festgelegt. An Verschiebungen in der Empfänger/Zahler-Relation werden die Rentner derzeit also zu einem Viertel beteiligt.
Der Nachhaltigkeitsfaktor
IABKurzberichtNr.8/�006 3
Contra Rente mit 67
Die hohe Arbeitslosigkeit ÄltererTrotzeinerleichtenVerbesserungindenletzten Jahren ist die Lage Älterer aufdemArbeitsmarktnachwievorschlecht.DieArbeitslosigkeitbeiden50bisunter65Jährigen ist hoch (Quote 18,1% imJuni�005)unddasBeschäftigungsniveauniedrig(Quote37,3%imJuni�005).4DieskorrespondiertmitdergängigenundauseinzelbetrieblicherSichtdurchausrationalenPraxis,bevorzugtjüngereBewerbereinzustellenundÄltere inbetrieblichenSanierungsprozessen sozialverträglichfreizusetzen.5 Provoziert wird diese altersselektive Personalpolitik durch den(inzwischen erheblich eingeschränkten)verlängertenArbeitslosengeldbezug fürÄltere und die anschließende vorgezogeneArbeitslosenaltersrentesowiedurchdieAltersteilzeit imBlockmodell, auchwenn betriebliche Zahlungen meistenshinzukommen.
Fraglichist,obsichdieArbeitsmarktundBeschäftigungslage bis zumWirksamwerden derAltersgrenzenanhebung sogrundlegend verbessern wird, dass tatsächlicheingroßerTeilderÄlterenlängerberufstätigseinkannalsheute.DenndieEntwicklungderArbeitsnachfragedurchBetriebeundUnternehmenistangesichtsdes weltwirtschaftlichen Wandels undvielerweitererFaktorenkaumverlässlichprognostizierbar.
Sollte sich dasVerhältnis vonArbeitsangebot undArbeitsnachfrage künftignichtdeutlichverbessern,würdenspätereÜbergängeindieRentedenArbeitsmarktzusätzlich belasten. Zum einen könntesichdadurchdieArbeitslosigkeitÄlterertendenziellerhöhen,zumanderenkönntedieverlängerteErwerbsdauerderälterenArbeitsplatzbesitzernegativaufdieBe
schäftigungschancenvon Jüngerenwirken.IndiesemFallwürdedieEntlastungder Rentenversicherung erkauft durcheine Belastung desArbeitsmarktes undderArbeitslosenversicherung.
Die Unterbeschäftigung GeringqualifizierterZudemdürfteesnachdenVorausschätzungendes IABprimär imBereichderqualifizierten Fachkräfte zuArbeitskräfteknappheit kommen. Bei den Geringerqualifizierten wäre demnach auch in den nächsten Jahrzehnten mit hoherUnterbeschäftigungzurechnen.SchreitenRationalisierungenunddieVerlagerungvonArbeitsplätzen insAusland weiterfort, so dürften auch künftig vor allemschlecht ausgebildete Ältere weit vorErreichenderAltersgrenze(vondann67Jahren)denArbeitsplatzverlieren–miteinemhohemRisikoderLangzeitarbeitslosigkeitundentsprechendenFolgenfürdieAbsicherungimhöherenAlter.
Das Risiko der AltersarmutLangeArbeitslosigkeitszeiten werdenkünftig imSchnitt noch stärker auf dieAlterssicherungdurchschlagenalsbisher:WegenderVerkürzungderHöchstbezugsdauerdesArbeitslosengeldesIfürÄltereundderAblösungderArbeitslosenhilfedurchdasArbeitslosengeldIIverringernsich tendenziell die BeitragszahlungenzurRentenversicherung.InfolgederverkürztenAnspruchsdaueraufdasArbeitslosengeldIundwegenderAbschaffungdervorgezogenenArbeitslosenaltersrenteab �01� werden zudem mehr ältereArbeitslose auf dasArbeitslosengeld IIangewiesensein.SiewerdendeshalbvermehrtRücklagenundVermögenoberhalbder Freigrenzen auflösen müssen.
Außerdem müssenArbeitslosengeldIIEmpfänger nachAuslaufen einer bisEnde�007befristetenÜbergangsregelungkünftigzumfrühestmöglichenZeitpunktAltersrente unter Inkaufnahme der entsprechendenAbschläge beantragen, sodass sich für diese Gruppe durch dieAnhebungderRegelaltersgrenzezwangsläufig eine zusätzliche Rentenkürzung ergibt. Die Verpflichtung zum frühestmöglichen Renteneintritt hat darüberhinauszurFolge,dass langjährigversicherteArbeitslosengeldIIEmpfängermitmindestens 35Versicherungsjahren undschwerbehinderte erwerbsfähige Hilfe
bedürftigemitderselbenVersicherungsdauerkünftigbesondershoheAbschlägehinnehmen müssen. Denn sie habenfrüherAnspruchaufeineAltersrentealsdieübrigenVersicherten,nämlichbereitsmit6�bzw.60stattmit65Jahren.6
Unterschiede in der GesundheitErgebnissederAltersforschungbelegeneinemitdemAlterzunehmendeHeterogenität des Gesundheitszustandes. MagsichauchimSchnittdiegesundheitlicheVerfassung im höheren Erwerbsalterverbesserthaben–dieUnterschiedehabenebenfallszugenommen.TendenziellsindAngehörigesozialundökonomischbenachteiligter BevölkerungsgruppenstärkervongesundheitlichenEinschränkungenundeinerkürzerenLebenserwartungbetroffenalsdieAngehörigenbessergestellterKreise.AußerdemwarEndeder90erJahre–trotzZunahmederDienstleistungenunddes technischenFortschritts–keinRückgangkörperlichbelastenderArbeitenfestzustellen.VielmehrbelegenBefragungsergebnissedasGegenteil.ZudemhabensichdiepsychischenBelastungeninallenBereichenderWirtschafterhöht.
Unterschiede in der BelastungEssindalsobeiweitemnichtalle Jobsin Deutschland angenehme, psychischund physisch verschleißfreieWissensberufe, die man auch noch in hohemAlterausübenkann.InderBaubranche,der Land und Forstwirtschaft oder imProduzierenden Gewerbe finden sich ArbeitsplätzemitstarkenBelastungen,aberauchinaltenundneuenDienstleistungsbranchenwiedemEinzelhandeloderderTelekommunikation. Nicht alle ÄlterenwerdendahergesundheitlichinderLagesein,auchnurannäherndbiszumAltervon67Jahrenzuarbeiten.BereitsheutemusseinGutteilderÄlterenvorErreichender gesetzlichen Rentengrenze von 65JahrenausgesundheitlichenGründendieArbeitaufgeben.
Mangelhafte betriebliche VoraussetzungenZudemnehmenGroßbetriebezwarRücksichtaufdieArbeitssicherheit,mitunterjedochnurwenigaufdieübrigeArbeitsqualität. Tätigkeitsanreicherung (‚jobenrichment’) undTätigkeitserweiterung(‚job enlargement’) tragen bekanntlich
Contra Rente mit 67
4 Quelle:StatistikderBundesagenturfürArbeit.5 So legen z.B. DaimlerBenz und VW gerademillionenschwereFrühverrentungsprogrammeauf,umsozialverträglichPersonalabzubauen.ZurRationalität dieses Verhaltens vgl. Promberger/Bender�006.6Zeitgleich mit dem Beginn derAnhebung derRegelaltersgrenzeauf67JahreimJahr�01�werdenauchdieAltersrentefürFrauenunddieAltersrentewegenArbeitslosigkeitundnachAltersteilzeitarbeitabgeschafft,sodassabdannnurnochSchwerbehinderteundlangjährigVersichertevorVollendungdes65.LebensjahresinAltersrentegehenkönnen(mindestens35Versicherungsjahrejeweilsvorausgesetzt).
4 IABKurzberichtNr.8/�006
nicht nur zur betrieblichen Flexibilitätbei, sondern auch zur Förderung derLeistungsfähigkeitundzumMotivationsund Qualifikationserhalt der Mitarbeiter. DieseErkenntniswirdindeutschenBetriebennochzuseltenumgesetzt.
Häufig findet sich nach wie vor die Auffassung,Arbeitnehmerüber40richtetensichinihrerNischeein,würdendortzuSpezialisten, lernten aber nichts substanziellNeuesmehrhinzu–sofernsienicht in höhere Etagen aufsteigen. Betriebliche und berufliche Weiterbildung inDeutschlandgelten,verglichenmitdenNachbarn der EU15, ohnehin als defizitär.7DeshalbsetztinmanchenBerufsbiographien irgendwann eine schleichendeAbwertungdesHumankapitalsein.
Dies macht es für Betriebe interessant,ihreSparundRückbaumaßnahmenamoberenEndederbetrieblichenAltersskalaanzusetzen und einenTeil der KostenderAllgemeinheit aufzubürden.WennBetriebe umdenken, dann richtet sichdies vor allem auf Wissensträger undFührungskräfte.Nurseltenschließtmanauch gering bis mäßig qualifizierte ArbeitnehmerindieÜberlegungenein.
DamitmehrÄlterealsheutedieChancehaben, länger erwerbstätig zu bleiben,müssen in den Betrieben die Rahmenbedingungen vielfach erst geschaffenwerden. Sie müssen so gestaltet sein,dass sie Gesundheit, Qualifikationen und LeistungspotenzialederMitarbeiterüberdasgesamteArbeitslebenhinwegerhaltenundfördern.
Bilanz
Hinter den skizziertenAspekten stehenvier Handlungslogiken, die derzeit anscheinendnichtinÜbereinstimmungzubringensind:eineLogikderSozialversicherung,die
aufeinezahlenmäßigeVerbesserungdesVerhältnisses von LeistungsempfängernzuBeitragszahlernzielt;eineLogikderBetriebe,dieunterden
gegebenenUmständenJungebevorzugteinstellen und Ältere bevorzugt abbauen;eine Logik derArbeitsmarktpolitik,
dieArbeitslosigkeitbekämpfenmussund–lastbutnotleast–
dieLogikderArbeitnehmer,diejenachBildung, Beruf, Branche, Gesundheit,Lebenssituation,ArbeitsmarktpositionundpersönlicherEinstellungeinfrüheresoder späteres Ende des Erwerbslebensanstreben.
Geht man von der gegenwärtigen Situation aus, so lässt sich ein Szenarioentwerfen, in dem die schrittweiseAnhebungderRentenaltersgrenzedurchaussinnvollerscheint:ImIdealfallführtdieErhöhungdesgesetzlichenRentenalterszueinemWandelinderPersonalpolitikderUnternehmen.WegendergestiegenenbetrieblichenKosten,dieeinevorzeitigeEntlassung Älterer verursacht, setzenUnternehmen künftig stärker auf dieErhaltungvonGesundheitundLeistungsfähigkeitihrerMitarbeiterundbemühensichumeinenmöglichstlangenVerbleibin ihrenBetrieben.DieseTendenzwirdunterstützt durch eine sinkende ZahljüngererFachkräfteund(deren)steigendeLöhne.AuchbremstdieEntlastungderRentenkassen denAnstieg der Lohnnebenkosten.
DieBeschäftigtenselbstwerdenentlastetdurchwenigerstarksteigendeBeiträge.Außerdem profitieren ältere Arbeitnehmer,wennihreArbeitsbedingungenverbessertwerden,ihreBeschäftigungschancensteigenundihrerLeistunggrößererWert beigemessen wird. Und wenn sienicht mehr als personalwirtschaftlicheVerfügungsmasse angesehen werden,die bevorzugt freigesetzt wird, sobaldPersonalabgebautwerdensoll.
Es ist jedochzubefürchten,dassderartgünstigeBedingungennurfürTeileder
Wirtschaft undArbeitnehmer geltenwerden.SelbstwenndiedemographischeEntlastung desArbeitsmarktes eintritt,werden – wie erwähnt – auch künftigvieleÄltereweitvordem67.GeburtstagnichtmehramErwerbslebenteilnehmenkönnen.SiewerdendannlängerePhasenderArbeitslosigkeit oder höhere Rentenabschläge in Kauf nehmen müssen.Besondere Gesundheits undArbeitslosigkeitsrisiken tragen dabei gerade dieGeringerqualifizierten im unteren Einkommensbereich.
Zusätzliche Rentenkürzungen dürftenderenArmutsrisikoimZusammenwirkenmitdenübrigenleistungsrechtlichenEinschnitten8tendenziellimAlterbesonderserhöhen.DamitwürdendieEntlastungenderRentenversicherungmöglicherweisemit höheren Belastungen der Grundsicherung nach dem SGBXII und derArbeitslosenversicherung erkauft.WeildasRisikoderAltersarmutwegendererhöhtenAbschlägesteigt,könntenLegitimitätundgesellschaftlicheAkzeptanzderRentenversicherung(weiter)geschwächtwerden.Auch dieAnreize für privateund betrieblicheAltersvorsorge dürftendarunterleiden,wennetlicheArbeitnehmerbefürchtenmüssen,ohnehinnureineAltersversorgungaufGrundsicherungsniveauerreichenzukönnen.
WillmansozialeHärten fürArbeitnehmer mit berufsbedingten Gesundheitsbelastungen vermeiden, dann solltenentsprechende Regelungen getroffenwerden.DabeisindallerdingsauchVorkehrungen gegenAusweichreaktionenvonBetriebenundArbeitnehmernindieErwerbsminderungsrente einzuplanen,wennmanausdenErfahrungeneinigerunsererNachbarländerlernenwill.
GegenAusnahmeregelungen für bestimmte Berufsgruppen sprechen hingegen dieAbgrenzungsprobleme, diedamitverbundensind.ZudemspieltbeimZustandekommen solcher PrivilegiennichtnurdieBelastungssituation,sondernauchdiepolitischinstitutionelleMachtpositionderBerufsgruppeeinewichtigeRolle. Hinzu kommt, dass Menschenvöllig unterschiedlich auf Belastungen
7Z.B.Grünewaldu.a.�003:10f.8ZudenWirkungenderAbsenkungdesStandardrentenniveaus im Rahmen der Rentenreformen�001und�004dieAnalyseninSchmähl�003.
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Bilanz
IABKurzberichtNr.8/�006 5
reagieren. Ein Pauschalkonzept würdedemnichtgerecht.AußerdemverletzteinsolchesKonzept–wiedieHerausnahmederPersonenmitmindestens45jährigerVersicherungszeit aus derAltersgrenzenanhebung – das ÄquivalenzprinzipderRentenversicherung.DanachführengleichhoheBeitragszahlungengrundsätzlichzugleichhohenAltersrenten,unabhängigdavon,wiesichdieeingezahltenBeiträgezeitlichüberdenLebensverlaufverteilenoderwelcherBerufsgruppemanangehört.
OffenbleibtohnehinauchbeiderRentemit67dieFrage,wiedie sozialenFolgekosten des wirtschaftlichen Strukturwandels oder betrieblicher Sanierungsund Rationalisierungsprozesse künftigverteilt werden sollen. Bislang wurdedieses Problem zumindest von Großbetrieben vorrangig auf demWege derFrühverrentung bewältigt.Auch heutespielen Vorruhestandsprogramme beijeder größeren Betriebsschließung oderUmstrukturierung eine wichtige Rolle–mitdenFolgenderUnterbeschäftigungÄlterer,derBelastungderSozialversicherung, aber auch der spezifisch deutschen Konfliktarmut in den betrieblichen Arbeitsbeziehungen.
MitSicherheit ist eseineEntscheidungvoneinigerTragweite,indiesemGefügeneueRegelungenzutreffen.AuchwenndieRentemit67unvermeidlichist,gibteszumindestguteGründeüberihreAusgestaltungnocheinmalnachzudenken.
Literatur
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Fuchs, Johann; Schnur, Peter; Zika, Gerd (�005):Arbeitsmarktbilanz bis�0�0: Besserung langfristig möglich,IABKurzberichtNr.�4/�005.
Grünewald, Uwe; Moraal, Dick; Schön-feld, Gudrun (�003):BetrieblicheWeiterbildung in Deutschland und Europa,Bonn
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Merllié, Damien; Paoli, Pascal(�00�):Dritte Europäische Umfrage über dieArbeitsbedingungen �000, hg. von derEuropäischenStiftungzurVerbesserungder Lebens undArbeitsbedingungen,Dublin.
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Schmähl, Winfried(�003):WemnutztdieRentenreform?–OffeneundversteckteVerteilungseffektedesUmstiegszumehrprivaterAltersvorsorge,DieAngestelltenversicherung7/�003,S.349363.
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Wurm, Susanne; Tesch-Römer, Clemens(�006): Gesundheit, Hilfebedarf undVersorgung, in: ClemensTeschRömer,Heribert Engstler und Susanne Wurm(Hg.):AltwerdeninDeutschland.SozialerWandelundindividuelleEntwicklunginder zweiten Lebenshälfte, S. 3�9384,Wiesbaden.
IABKurzbericht Nr. 8 / 16.5.2006
Redaktion Ulrich Möller, Elfriede Sonntag
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