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MONOGRAPHIEN AUS DEM GEBIETE DER QUALITATIVEN MIKROANALYSE HERAUSGEGEBEN VON A. A. BENEDETTI. .. PICHLER . NEW YORK ================ 1 ================ ANORGANISCHE QUALITATIVE MIKROANALYSE VON HANNS MALISSA UND A. A. BENEDETTI=PICHLER DuSSELDORF i'lEW YORK MIT 55 TEXT ABBILDUNGEN WIEN . SPRINGER=VERLAG . 1958

Anorganische Qualitative Mikroanalyse

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HERAUSGEGEBEN VON
================ 1 ================
HANNS MALISSA UND A. A. BENEDETTI=PICHLER DuSSELDORF i'lEW YORK
MIT 55 TEXT ABBILDUNGEN
WIEN . SPRINGER=VERLAG . 1958
AIle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen vorbehalten.
Ohne ausdruckliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile
darans auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfiiltigen.
@ by Springer. Verlag in Vienna 1958.
Softcover reprint of the hardcover lst edition 1958
Vorwort.
Mit dem Erscheinen dieses Bandes beginnt die Veroffentlichung einer Reih~ von Monographien, die als Ratgeber bei analytischen Untersuchungen gedacht sind.
Trotz der betrachtlichen Zahl von Biichern iiber qualitative Analyse fehlt noch eine umfassende Darstellung der Mikroverfahren, die mit Riicksicht auf die praktische Anwendung die empfohlenen Arbeitsweisen mit geniigendem Ein­ gehen auf Einzelheiten beschreibt. Die hiermit begonnene Reihe von Mono­ graphien solI dies em Bediirfnis Rechnung tragen.
Dem hier vorliegenden Buch sollen zunachst zwei Bande folgen, von denen der eine die qualitative Mikroanalyse organischer Stoffe und der andere die Ver­ wendung optischer VergroBerung zur Uberwachung der Handhabung sehr kleiner Stoffmengen, 10-4 bis etwa 10-9 g, behandelt. Eine zwanglose Reihenfolge der Monographien solI es ermoglichen, weitere Bande anzugliedern, wie dies den praktischen Bediirfnissen entspricht, und soweit zweckdienliche Manuskripte ver­ fiigbar werden. Sie wird es auch erleichtern, einzelne Bande einer griindlichen Umarbeitung zu unterziehen, wenn dies im Laufe der weiteren Entwicklung wiinschenswert werden sollte.
Der vorliegende Band trachtet, den Anforderungen der analytischen Praxis bei geringem Umfang dadurch gerecht zu werden, daB die allgemein anwendbaren Arbeitsweisen systematisch in einem besonderen Abschnitt und getrennt von den Vorschriften fUr Trennungen und Nachweise beschrieben werden. Die letzteren sind nach Moglichkeit wieder derart verfaBt, daB sie ohne weiteres in beliebigem MaBstab - Gramme bis Submikrogramme - Anwendung finden konnen. Es ist vorausgesetzt, daB der ArbeitsmaBstab dem jeweiIigen Problem angepaBt wird, wenn er nicht bereits durch die verfiigbare Probemenge vor­ geschrieben ist. Beziiglich Einzelheiten der systematischen Mikrogramm-Methoden wird einstweilen auf die Literatur verwiesen, da diese im dritten Bande der Reihe eingehend behandelt werden sollen. Die Beriicksichtigung der selteneren Elemente erschien vom Standpunkt der praktischen Anwendung unerlaBlich.
New York, Oktober 1958.
Empfindlichkeit . . . . . . . . . 5 Grenzkonzentration 5. - Erfassungsgrenze 5. - Grenzyerhiiltnisse 6. - Empfindlichkeit yon Trellnyerfahren 6. - Empfindlirhkeit yon X achwei~­ proben 6.
Spezifitiit und ~elektivibit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . "'i Reinheit der Reagenzien lInd 'Yahl de~ ~Iaterial~ fill' <lif? Axbeitsgeriite "7 J ... iteratur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~
Allgemeine Arbeitsmethodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 (I Beobachtullg der Erscheinullgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Lupen und ~Iikroskop 10. - Vorbereitung der Objekte fUr mikro~kopi- sehe rntersuchung 10. - Beleuchtung und Hintergrund 11.
~Iessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II Lange II. - Volumen 11. Gewicht 14.
Probenahme Zerkleinern
Kugelmtihlell 19. - Desinte-
14 17
~ieben. . . . . . . . . . . . . . . 21 Schlammen und Sedimentieren 22 Trennung fester Phasen durch Auslesen 23 Behandlung mit Reagenzien 24 Erhitzen und Ktihlen. . 26 Losen und AufschlieBen. . 28 Dekantieren . . . . . . . 29
Zentrifugieren und Dekantieren . . . 30 Handzentrifugen 30. - ~fotorzentrifugen 31. - Zentrifugierrohrchen 32. - Rtihrstabchen 32. - Trennung der Losung Yom Niederschlag 33. 'Vaschen der Xiederschlage 34. - Arbeiten in Kapillaren 34.
Filtrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Automatische Trennung beim '" andern durch poriise -'lassen 37
Chemische r msetzung mit der ruhenden Phase 39 Ionentausch mit der ruhenden Phase. . . 41 Verteilung tiber fltissige Phasen . . . . . . . 42 Adsorption an der ruhenden festen Phase 43
"r anderung von geladenen Teilchen im elektrischen Feld Elektrolyse Extraktion Ausschtitteln .
44 45 46 47
Verdampfen . . .. ..... . . . . 48 Abdunsten bei Zimmertemperatur 49. Abdampfen innerhalb des Siede- punktes 49. - Eindunsten und Verdampfen im Vakuum 51.
VI Inhaltsverzeichnis.
Destillation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Destillation von Objekttrager zu Objekttrager 52. - Destillation in der Gaskammer 52. - Destillation von Zentigramm.Mengen 52. - Destil­ lation auf dem Milligramm-MaBstab 52. - Destillation in der einseitig geschlossenen Kapillare 53. - Destillation auf dem :Mikrogramm-MaB­ stab 53. - Destillation und Fraktionierung 54.
Abtrennung und Sammlung von Gasen .............. . Sublimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sublimation von Objekttrager zu Objekttrager 57. - Sublimate fUr kristallographische Untersuchung 57. - Sublimation zur Trennung 57. - Verschiedene S u blima tionsa ppara te 57.
Literatur ............................ .
Kristallfallungen . . . . . . . . . . . . . . .. ....... . Kristallform und chemisches Milieu 65. - Ausfiihrung 66. - Chemische Priifung der Niederschlage 67. - Apparate 68. - Reagenzien 68.
Tiipfelproben ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentigrammverfahren 70. - Milligramm- bis Mikrogrammverfahren 71. - Mengenschatzung 72. - Reaktionen in Gallerten 73.
Schmelzpro ben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweise durch Leuchterscheinungen . . . . . . . . . .
Gliihen infolge Katalyse stark exothermischer Reaktionen 76. - Lu­ mineszenzproben 76.
A bdruckverfahren . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Methoden . ............. . Chemische Verfahren .. ............... .
:Metallische Objekte 77. Mineral- und Gesteinsproben 77. - Unter- suchungen von biologischem Material 78. - Trager fiir das Reaktions­ bild 78. - Herstellung der Reaktionsbilder 78.
Literatur ...
A. Grenzexponenten der von 'VENGER, DUCKERT und RUSCONI empfohlenen Nachweisproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
B. Erfassungsgrenzen von weiteren zuweilen verwendeten Nachweisproben 115
Ausfiihrung der Nachweisproben .
Das Aussehen .. Geruch und Geschmack. Harte ........ . Brechungsvermogen. . . Doppelbrechung . . . . . . Bestimmung der Loslichkeit . Flammenfarbung . . . Perlenreaktionen . . . . . . Erhitzungsprobe . . . . . . . . Erhitzen im Luft.- und im 'Vasserstoffstrom . Priifung mit verdiinnter und konzentrierter Schwefelsaure
117
219
220 221 222 223 224 224 224 224 227 227 228 228 232
J nhaltsverzeiehnis.
Anwendungsgebiete 237. - Redingungen fUr die praktisehe Anwend· barkeit 238. - Auswahl der Trennungsgange 238. - Reinheit der Reagen. zien und Blindversuehe 239. Kontrollen 240. - Bcsehreibung der Trennungsgange 241.
Trennungsgange fiir Kationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trennungsgang von A. A. NOYES und ~W. C. RRAY fiir die Auffindung der Mctalle ............................ .
AufsehlieBen der Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsehlu13 mit Bromwasserstoffsaure, Rrom, Flu138iiure und Perehlor- saure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abtrenllung der ~elengruppe 247. - AbtreIlIlung von Osmium und Ruthenium 248.
Analyse der Selengruppe, Gruppe I Analyse der vVolframgruppe, Gruppe II Analyse der Tantalgruppe, Gruppe III . Analyse der Goldgruppe, Gruppe IV. . Analyse der Thalliumgruppe, Gruppe V Analyse der Tellurgruppe, Gruppe VI .
Isolierung der Kupfergruppe und von Rhodium und Iridium 269. Analyse der Kupfergruppe, Gruppe VII . . . . . . . . . . . . Abseheidung und Auftrennung der Sammelgruppen VIII und IX Analyse der Niekelgruppe, Gruppe X Analyse der Zirkongruppe, Gruppe XI . . . Analyse der Aluminiumgruppe, Gruppe XII Analyse der Chromgruppe, Gruppe XIII . . Analyse der Lanthanidgruppe, Gruppe XIV . Analyse der Gruppe alkali scher Erden, Gruppe XV Analyse der Alkaligruppe, Gruppe XVI
Trennungsgiingc fiir Anionen . . . . . . . . Systematisehe Auffindung der Anionen nach A. A. NOYleS
A. Wetterbestandige Stoffe . . . . . . . . . . . . . a) Wetterbestandige Stoffe best an dig gegen Siimen . f1) Dureh Same angegriffene wetterbestandige Stoffe
B. Kieht wetterbestandige Stoffe ....... . Priifung auf Sulfid und Carbonat . . . . . . . . . Iferstellung einer Liisung fiir die Anionensuche. . . Aussehlie13ung von Anionen durch Vorversuehe. . . Trennung der mit Silbernitrat reagierenden Anionen Trennung der mit Bariumehlorid und Calciumchlorid reagierendell Anioncn ........................ . Einzelprobcn auf Nitrat, Nitrit, Borat, Arsenat und Arsenit . Bewertung der mit dem Sodaauszug erhaltenell Ergebnisse
Analysenverfahren fiir Liisung Kpezieller Aufgabell Untersuchung von Stahl ..... . . . . . . . Gemaldeuntersuchung . . . . . . . . . . . . Analvse von Glas, Glasuren, keramisehen Objekten und Silikaten 1m allgemeinen . . . . . . . .
Analysengang von HEMMES • . . . . . Chemische Analyse von Staubteilehen . . Nachweis von Elementen in organisehem Matcrial
Literatnr.
;4 a eh ve r z e ic h II if;
VII
253 254 259 26:3 266 267
270 272 278 279 280 282 284 289 291 295 299 299 300 300 302 303 30:l 304 306
30!J 311 312
31:3 313 315
329
Einleitung. Geschichtliches nod GrnodsatzIiches.
Die ersten Ansatze der klassischen qualitativen Mikroanalyse scheinen ein­ fache Nachweise unter dem Mikroskop gewesen zu sein. R. E. LONGO (27) verlegt den Anfang der Mikrochemie in das Jahr 1632, in dem der CASsIUssche Gold­ pur pur entdeckt wurde. Sicher ist aber, daB der englische Mikroskopiker R. HOOKE (34) bereits urn die Mitte des 17. Jahrhunderts Mikroskopie betrieben hat und durch sein im Jahre 1665 herausgegebenes Werk "Micrographia" viele wertvolle Anregungen an seine Zeitgenossen vermittelt hat. Der Apotheker und Erfinder DESCROIZILLES (13) hat im Jahre 1784 auf mikroskopische Weise Kalium und Natrium als Chloroplatinate unterschieden. A. S. MARGGRAF scheint das Mikroskop schon fruher (1747) bei qualitativen Untersuchungen verwendet zu haben und F. V. RASPAIL benutzte es zum Nachweis von Starke in Pflanzenschnitten urn 1825. Von da an folgten in rascher Folge weitere Anwendungen und Studien dieser Arbeitsweise: D. B. REID (38) (1842), THOMAS ANDREWS (38) (1852), TEICHMANN (13) (1853-57), HARTING (27) (1866), WORMLEY (27) (1867), BORICKY (27) (1877), A. STRENG (27) (1883), K. HAUSHOFER (27) (1885) und schliel3lich H. BEHRENS (27) (1891).
Die erste kritische Untersuchung qualitativer Trennungsverfahren fUr den kleinen MaBstab wurde von N. SCHOORL (32) urn 1907 veroffentlicht. Die syste­ matische Entwicklung geeigneter Arbeitsverfahren fUr die qualitative und quan­ titative Untersuchung kleiner Objekte wurde schliel3lich von F. EMICH (14 bis 17) begonnen und zu hoher Vollkommenheit gebracht (1901-1935). Die Mikro­ gramm- und Submikrogrammverfahren, aufgebaut auf die Verwendung mecha­ nischer Manipulatoren, konnen als das Ergebnis logischer Anwendung der von ihm entwickelten Prinzipien angesehen werden; vgl. Bd. III dieser Serie.
Die atomistische Auffassung der Materie zwingt zum SchluB, daB die ublichen statistischen Gleichgewichte bereits mit einer Million reagierender Molekeln, d. h. etwa 1O-16 g reagierenden Stoffes, erhalten werden (3). Wenn die ublichen Konzentrationen beibehalten werden, ist zu erwarten, daB Reaktionen in der­ selben Weise verlaufen, gleichgultig ob man mit 100 g, 1 g oder 10-15 g arbeitet. Es erubrigt sich daher, im Zusammenhang mit der Mikroanalyse auf eine Bespre­ chung der analytisch wichtigen Gleichgewichte einzugehen, da die theoretischen Betrachtungen, wie sie in der Literatur gegeben sind, auch hier volle Gultigkeit haben (10,11,21,25,35,39).
Die Arbeitstechnik und die Beobachtungsverfahren mussen hingegen der Substanzmenge angepaBt werden. Mehr oder minder tiefgreifende Anderungen sind zu erwarten, wenn sich die Untersuchungsmenge urn zwei bis drei Zehner­ potenzen verkleinert. Es war das Lebenswerk FRIEDRICH EMICHS, Arbeits- und Beobachtungsverfahren fur kleinste Substanzmengen zu entwickeln. Von ihm
Qualitative Mikroanalysc, 1.
2 Einleitung.
stammt auch der Vorschlag, den MaBstab durch Angabe des ungefahren Gewichtes der Substanz (Zentigramm, Milligramm, Mikrogramm usw.) zu kennzeichnen, um auf diese Weise einem Gewirr von Definitionen (Semimikro, Mikro, Ultramikro usw.) zu entgehen (14, 15, 16). Vergleicht man diese Bezeichnungsweise mit den heute (leider) noch gebrauchlichen Trivialnamen, Tabelle 1, deren weiterer Ge­ brauch wegen ihrer unklaren Definition geeignet ist, MiBverstandnisse herbei­ zufuhren, so ist daraus klar ersichtlich, daB immer die jeweilig zu bearbeitende Substanzmenge den ArbeitsmaBstab angibt.
Von der Kommission fUr mikrochemische Methoden in der Sektion fur analy­ tische Chemie der Internationalen Union fUr reine und angewandte Chemie, wurden die in Tab. 2 und 3 zusammengefaBten Prafices und deren Symbole fUr die Vielfachen und Bruchteile der in der Mikroanalyse benutzten MaBeinheiten empfohlen (Wien, 1955).
Tabelle 1. Kennzeichnung des ArbeitsmafJstabes.
Gesamtgewicht Logarithmus ., iYbliche" Bezeichnung der Arbeitsweise des des Verhiilt-
l:ntersuchungs· nisses zur Losungsvolumina materials Makromenge ml
Vorge'lChlagen Triviainame g
Gramm-Methoden Makro, klassisch (0,05 bis 10)' X 0 (10 bis 100) . x Zentigramm- ..... Semimikro-,
Hemimakro- 0,05 bis 0,5 2 x Milligramm - ..... Mikro- 0,001' x 3 0,1' x Mikrogramm- .... Ul tramikro- 1O-8x 6 1O-4x Nanogramm- .... Submikro- 1O-9x 9 1O-7x Picogramm- . _ .... Subultramikro- 10-12x -12 10-10
x = Zahl von 1 bis 10
Tabelle 2. Vorschlag von Pra/ices zum Gebrauch im metrischen MafJsystern.
Symbol
T G M K H D d c m p. n p
Prafix
Tera­ Giga­ Mega­ Kilo­ Hekto­ Deka­ Dezi­ Zenti­ Milli­ Mikro­ Nano­ Pico-
Logarithmus des Wertes des angezeigten Vielfachen oder Telles der Einheit
+12 + 9 + 6 + 3 + 2 + 1
1 2 3 6 9
-12
Es ist selbstverstandlich, daB man nicht darauf bestehen wird, eine Analyse yom Anfang bis zum Ende auf einem voraus festgelegten MaBstab durchzufUhren. 1m Gegenteil, man wird die Arbeitsweise standig der Materialmenge anpassen und notfalls von der Dekagramm- oder Grammtechnik zur Milligramm-, Mikro­ gramm- und Nanogrammethodik ubergehen, und zwar in dem MaBe, wie sich das Untersuchungsmaterial verringert (z. B. wenn nach Abscheidung von Haupt­ und Nebenbestandteilen zur Erfassung von Spurelementen ubergegangen wird).
Gesehiehtliehes und Grundsatzliehes. 3
Tabelle 3. Gegenuberstellung der N amen und Symbole fur Bruchteile met'rischer Einheiten.
Logarithmus Symbol ~ame des Telles
der Einheit -- ,orgeschlagen I im Gebrauch vorgeschlagen I im Gebl'auch
Lange
I dm Dezimeter I Dezimeter
- 2 em em Zentimeter I Zentimeter 3 mm I Millimeter Millimeter - mm
- 6 pm fl ~Iikrometer Mikron - 9 nm m/' Xanometer Millimikron -10 A A Angstrom Angstrom -12 pm PI' Pieometer Mikromikron
Volumen
1 Liter Liter - 1 dl dl Deziliter Deziliter -- 3 ml
I
-- 6 ,Ill cmm. {II, i. }Iikroli ter Kubikmillimeter, Lambda
- 9 111 m}, Nanoliter Millilambda -12 pI I }.}. I Picoliter I Lambdalam bda
Masse
0 g g Gramm Gramm - 1 dg dg Dezigramm Dezigramm - 2 cg cg Zentigramm Zentigramm -- 3 mg mg Milligramm Milligramm - 6 I'g I,g, Y Mikrogramm Mikrogramm,
Gamma - 9 ng my Xanogramm ::\Iillimikrogramm,
I Milligamma
-12 pg ;,y Picogramm Gammagamma
Auf welchem MaBstab die Analyse auch immer ausgefiihrt werden mag, man muB aus praktischen Grunden darauf bestehen, daB eine qualitative Analyse wenigstens ungefii-hren AufschluB uber die Mengenverhaltnisse gibt. Schatzungen mit einer relativen Genauigkeit von ± 10 % konnen in der Regel durch Vergleich von Niederschlagsvolumen oder Farbintensitaten mit solchen, die mit bekannten Mengen des gefundenen Stoffes erhalten werden, durchgefiihrt werden. Es ist dann zumindest moglich, mit Sicherheit zwischen Hauptbestandteilen (5% und mehr), Nebenbestandteilen (0,1 % bis 5%) und Spurenbestandteilen (weniger als 0,1 %) zu unterscheiden. Ein rein qualitativer Befund wiirde in der Regel nicht einmal erlauben, das Untersuchungsmaterial zu identifizieren, d. h. ihm einen Namen zu geben.
In der Praxis ist die Natur des zu untersuchenden Stoffes haufig bekannt und nur die Frage der Anwesenheit von Nebenbestandteilen und Spuren zu lOsen. Das analytische Problem ist in sol chen Fallen durch die Kenntnis der Menge des Hauptbestandteiles bereits vereinfacht. Man muB sich dessen bewuBt sein, daB
4 Einleitung.
genaue Einsicht in die Zusammensetzung eines voIlkommen unbekannten Mate­ rials nur schrittweise gewonnen werden kann. Wiederholung der Untersuchung mit zweckdienlichen Anderungen und geeigneten Blindversuchen mag die Auf­ findung aller Nebenbestandteile und vieler Spurenbestandteile ermoglichen. SchlieBlich kann es notwendig sein, die Ab- oder Anwesenheit bestimmter Ele­ mente, Spurenelemente. die besonderes Interesse erwecken, durch weitere Ver­ suche sicherzustellen. Daher muB man auch bei der Mikroanalyse immer trachten, nie das ganze zur Verfiigung stehende Untersuchungsmaterial auf einmal ein­ zusetzen.
Es sei ferner betont, daB das Ergebnis einer zufriedenstellenden Analyse mit dem Aussehen und Verhalten der Probe im Einklang stehen muB. Falls dies nicht unmittelbar ersichtlich ist, kann ein einwandfreier Analysenbefund eigentlich nur durch eine Synthese auf Grund des Analysenergebnisses erbracht werden.
Prinzipiell kann auch eine Mikroanalyse auf zwei verschiedenen Wegen aus­ gefiihrt werden, die man in der Praxis gewohnlich in Kombination anwendet. Man kann versuchen, die einzelnen Bestandteile durch eine Reihe von spezifischen Nachweisen direkt im Ausgangsmaterial oder seiner Losung zu finden; oder man trennt und isoliert die Einzelbestandteile und identifiziert sie auf Grund ihres Verhaltens im mehr oder minder reinen Zustand (Analyse im eigentlichen Sinne des Wortes). Das Verfahren der direkten Einzelerkennung besticht durch seine Einfachheit, doch fehlt ihm zunachst meist jene Sicherstellung, die den Einzel­ bestimmungen der quantitativen Analyse zukommt, das ist die Kenntnis der Zusammensetzung des Untersuchungsmaterials. Die Schwierigkeit einer Mikro­ analyse durch direkte Einzelnachweise liegt vorwiegend noch in der mangel­ haften Spezifitat. Selbst wenn die Spezifitat sichergestellt ist, iibersteigt die Bestimmung und iibersichtliche Tabellierung der Grenzverhaltnisse fiir alle mog­ lichen Kombinationen von Bestandteilen und Mischungsverhaltnissen das mensch­ liche Arbeitsvermogen.
Die Trennverfahren ersparen Untersuchungsmaterial und liefern in den isolierten Bestandteilen Belege, die jederzeit nachgepriift werden konnen. In erster Linie dienen sie dem Zweck, einwandfreie Nachweise unter den jeweiligen Bedingungen fiir die Probe zu ermoglichen. Wenn die Bestandteile in Gruppen geteilt werden, ohne eine vollstandige Isolierung anzustreben, wird das Uber­ sehen der moglichen, bei den Einzelnachweisen auftretenden StOrungen erleichtert. Es darf aber nicht vergessen werden, daB auch die Wirksamkeit der Trennver­ fahren durch Erfassungsgrenzen und Grenzverhaltnisse eingeschrankt ist. Weit­ gehende Studien dieser Art wurden vom NOYES und BRAY (30), fUr ihren Tren­ nungsgang durchgefiihrt, der zum groBen Teil auch auf dem Milligramm- und ZentigrammaBstab erprobt wurde (2,4,5,6,7,8,9,26,29). Verschiedene Grenz­ verhaltnisse sind selbst fiir die Erfassung von Nebenbestandteilen unbefriedigend.
Die Spurensuche erfordert in der Regel Trennungsverfahren, die fiir die gegebenen Bedingungen besonders ausgearbeitet werden miissen. Fallungen sind meist nur fiir das NiederreiBen der Spurenbestandteile mit geeigneten Tragern erlaubt und miissen fiir das Entfernen von Hauptbestandteilen wegen der Gefahr der Mitfallung von Spuren vermieden werden. Am aussichtsreichsten erscheinen Trennungen durch Extraktion geeigneter Verbindungen und Abscheidung an der Quecksilberkathode.
Bekanntlich kann die Abwesenheit eines Bestandteiles im absoluten Sinne nicht bewiesen werden, da die Menge unter unserer derzeitigen Erfassungsgrenze liegen kann. Der Giiltigkeitsbereich negativer Befunde ist immer durch die Erfassungsgrenzen und Grenzverhaltnisse der verwendeten Trennungsverfahren und Nachweise eingeschrankt. Falls Trennungen dem Nachweis vorangehen, ist
Empfindlichkeit. 5
die Nachweisbarkeit in der Regel durch die Trennung mit dem ungiinstigsten Grenzverhaltnis bestimmt.
Die erfolgreiche Li::isung eines Untersuchungsproblems mit Hilfe der Mikro­ analyse ist durchaus keine einfache, mechanische Arbeit, sondern erfordert eine griindIiche und umfassende Kenntnis der Erscheinungen und Gesetze der anorgani­ schen Chemie, Erfahrung, Beobachtung, die auch den scheinbar geringfiigigsten Erscheinungen auf den Grund geht, Scharfsinn, Ordnungsliebe, Besonnenheit - und Erfindungsgabe.
Empfindlichkeit.
In Anlehnung an FEIGLS Vorschlag (19) soIl Empfindlichkeit als Sammel­ begriff benutzt ~werden, der im FaIle von Nachweisen und Trennungen durch die Angabe von Grenzkonzentration, Erfassungsgrenze und Grenzverhaltnisse genauer beschrieben werden kann.
Die Grenzkonzentration, D (Dilution), angegeben in Gramm des nach­ gewiesenen Stoffes je Milliliter Li::isung (oder Li::isungsmittel), ist jene Mindest­ konzentration, die immer einen positiven Nachweis bzw. eine erfolgreiche Ab­ trennung gibt (20, 22, 23, 28, 36, 37). 1m folgenden wird der negative Logarithmus der Grenzkonzentration pD = - log D, angegeben. Diese Darstellungsweise (28) hat den VorteiI, einfache Zahlen zu geben, die mit der Grenzkonzentration an­ steigen. Es wird auBerdem zwischen absolutem (pDa) und relativem (pDr) Grenz­ exponenten unterschieden, wobei der erstere sich auf Li::isungen des nachzu­ weisenden Stoffes im reinen Li::isungsmittel bezieht und der letztere die Anwesen­ heit von Begleitstoffen in Betracht zieht. Die Gri::iBe von pDr ist nicht nur von der Art des Begleitstoffes, sondern auch von seiner Monge abhangig. Es ist daher notwendig, mit relativen Grenzexponenten die Begleitstoffe und ihre relativen Mengen anzugeben. Dies wird derart durchgefiihrt, daB z. B. pDr = 4,48: 1 : 100 Cu, Co aussagt, daB noch 33 pg/ml Eisen in Gegenwart der hundert­ fachen Menge von Kupfer oder Kobalt noch nachgewiesen werden ki::innen.
Die Erfassungsgrenze soIl die kleinste Menge Stoffes sein, die unter den gegebenen Bedingungen mit Sicherheit erkannt oder abgetrennt werden kann. Sie wird in absoluten MaBeinheiten (pg, pI) angegeben und kann aus dem Grenz­ exponenten ungefahr berechnet werden, wenn das Volumen der Untersuchungs­ li::isung bekannt ist. In Tab. 4 sind Normvolumina fiir die verschiedenen Aus­ fiihrungsformen eines Nachweises und die dazugehi::irigen Symbole, wie sie auch spater benutzt werden, zusammengestellt. Es sei nicht vergessen, darauf hinzuweisen, daB die Normalvolumen reichlich groB gewahlt wurden. Der
Tabelle 4. Normalvolumina fiir verschiedene Ausfuhrungsformen und deren Symbole.
A usfiihrungsform:
Auf der Tupfelplatte ................... . Auf Papier ........................... . In der :M:ikroproberohre ................ . In der Proberohre (Eprouvette) ........ . 1m Spitzrohrchen ...................... . Kristallfallung ........................ . Auf einem Faden ...................... . In der Flamme ....................... . 1m Mikrotiegel ........................ . In der Gaskammer .................... .
Symbol:
Tpl Tpp ME E Sp K Fd Fl MT G
N ormalvolmn811: ml
0,03 0,03 1 5 0,1 0,01 0,001 0,001 0,03-0,5 0,03
6 Einleitung.
Mikrochemiker wird haufig vorziehen, mit zehn bis hundert Mal kleineren Volumen zu arbeiten. Tropfchen von 0,3 bis 0,5 ,ttl eignen sich fUr Kristall­ fallungen und Arbeit in der Gaskammer; weitaus kleinere Tropfchen geniigen fiir Fadenreaktionen. 1m Spitzrohrchen arbeitet man vorteilhaft mit etwa 5 bis 10 ,ttl Losung. Die Erfassungsgrenzen verbessern sich etwa lin«;lar mit der Abnahme von V olumen und Querschnitt des yom Reaktionsgemisch er­ fiiIlten Raumes.
Die Grenzverhiiltnisse geben die relativen Mengen von Nachzuweisendem zu Begleitstoff an, die eine sichere Erkennung oder Abtrennung eben noch erlauben. Dieser Begriff wurde von N. SCHOORL (33) eingefiihrt, der auch als erster auf die sich aus den Grenzverhaltnissen ergebenden einschneidenden Einschrankungen, die bei der Auslegung analytischer Experimentalbefunde gemacht werden miissen, nachdriicklich hingewiesen hat. Besonders bei Nachweisproben mogen die Grenz­ verhaltnisse von absoluter Substanzmenge, Vorgang und Beobachtungsweise beeinfluBt werden. Die mit den relativen Grenzexponenten gegebenen Substanz­ verhaltnisse erlauben SchluBfolgerungen auf die bestehenden Grenzverhaltnisse, die aber giinstiger sein mogen, wenn groBere Substanzmengen genommen werden.
Die Empfindlichkeit von Trennverfahren ist wesentlich durch die Verteilung der beteiligten Stoffe iiber die auftretenden Phasen bedingt und wird durch aIle jene Faktoren, die die Stoffverteilung bestimmen, beeinfluBt: Zusammensetzung der Reaktionsmischung, Temperatur und moglicherweise Druck, Vollstandigkeit der Einstellung des (gewiinschten) Gleichgewichtes (Wartezeit), AusmaB adsor­ bierender Phasengrenzflachen, Reihenfolge und Methode des Reagenszusatzes. Falls diese Faktoren konstant gehalten werden und die Phasentrennung voll­ standig ist, sollte sich im allgemeinen nur die Erfassungsgrenze mit dem MaBstab der Durchfiihrung andern.
Die Empfindlichkeit von Nachweisproben hangt dagegen stark von der Aus­ fUhrungs- und Beobachtungsweise abo Es ist selbstverstandlich, daB die Beobach­ tung von Triibungen durch Tyndallbeleuchtung betrachtlich verbessert werden kann und daB die Beobachtung von Farbungen wesentlich durch Schichtdicke, Milieu, spektrale Lichtzusammensetzung und Unterscheidungsfahigkeit des Auges oder Instrumentes bestimmt ist. 1m iibrigen beachte man immer das yom Alt­ meister EMICH erkannte Prinzip: Bei Kleinarbeit die Flache, auf der eine Er­ scheinung zur Beobachtung gelangt, auf ein MindestmaB herabzubringen. Dies verlangt die Verwendung von speziellen ArbeitsgefaBen, Spitzrohrchen, Kapillaren, kleinen Tropfen auf Objekttragern usw. (12).
EMICH (14) hat bereits auf die Untersuchungen von O. RICHTER (31) hin­ gewiesen, die zeigen, daB eine sichere Festlegung der Empfindlichkeitsgrenzen oftere Wiederholung der entscheidenden Versuche erfordert, da der Konzen­ trationsbereich positiver Nachweise yom Konzentrationsbereich negativer Ver­ suche durch ein Gebiet getrennt ist, in dem der Nachweis zuweilen positiv und zuweilen negativ ausfallt. Dies ist das Gebiet der unsicheren Reaktion. Es handelt sich in RICHTERS Versuchen offensichtlich um Ubersattigungserscheinungen, doch konnen Reaktionsverzogerungen oder -verhinderungen auch aus anderen Griinden auftreten.
Aus dem Gesagten geht hervor, daB die Angaben iiber Empfindlichkeiten von Trennungen und Nachweisen nur dann gelten, wenn die bei ihrer Feststellung angewandten Versuchsbedingungen und Beobachtungsverfahren in allen Belangen zur Anwendung gebracht werden. Es folgt daraus ferner, daB es bei genauem mikro-qualitativen Arbeiten nicht geniigt, Reagenzien in roh abgeschatzten Mengen zu verwenden. Dies verleitet zum Gebrauch unsinnig groBer Reagens­ iiberschiisse und fiihrt daher zu einem Anstieg der Salzkonzentration, die einen
Reinheit derReagenzien und Wahl des Materials fiir die Arbeitsgerate. 7
erfolgreichen AbschluB der Untersuchung unmoglich machen kann. Die Menge des Untersuchungsmaterials und die Reagensmengen miissen annahernd gemessen werden, um die Einhaltung der vorgesehenen Konzentrationen sicherzustellen. Dadurch wird aber auch die Mengenschatzung der gefundenen Bestandteile erleichtert.
Spezifitiit oDd Selektivitiit.
Nach einer Vereinbarung der Internationalen Union fiir reine und ange­ wandte Chemie vom Mai 1937 werden nur jene Nachweise (oder Reagenzien) als spezifisch bezeichnet, die nur mit einem Element (Molekiilart) eine charakteri­ stische Erscheinung geben. Nachweise (Reagenzien), die mit mehreren Elementen (Molekiilarten) ungefahr dieselbe Erscheinung auslosen, werden hingegen als selektiv bezeichnet.
Durchaus spezifische Nachweise und stark selektive Gruppenreagenzien sind selten, doch ist es oft moglich, die Ausfiihrungsbedingungen so zu wahlen, daB eine wesentliche Besserung eintritt. Storende Bestandteile konnten vorher, z. B. durch Fallung und Filtration, entfernt werden. Dies ist einerseits umstandlich und zeitraubend und hat andererseits den schwerwiegenden Nachteil, daB die mechanische Abtrennung auch den nachzuweisenden oder zu isolierenden Stoff entfernen konnte. Man kann die storenden Stoffe durch Zugabe bestimmter Reagenzien in eine (meist komplexe) Form bringen, in der sie den Nachweis nicht mehr beeintrachtigen. Richtiger gesagt, die Konzentration der storenden Losungsgenossen wird auf einen Wert heruntergedriickt, der ihre "Grenzkonzen­ tration" unterschreitet. Beispiele sind das Ansauren von karbonat- und phosphor­ haltigen Losungen vor Priifung auf Sulfat mit Bariumchlorid oder die Umsetzung von Kobaltion in Kobaltcyanid vor dem Nickelnachweis mit Dimethylglyoxim. Diese "Entstorung" (Sequestierung) wurde von FEIGL (18) unter dem Namen Maskierung systematisch zur Entwicklung spezifischer Nachweise herangezogen. Der umgekehrte V organg ist die Wiederfreisetzung oder Demaskierung der storenden Bestandteile.
Reioheit der Reageozieo ODd Wahl des Materials fUr die Arbeitsgeriite.
Hochste Reinheit der Reagenzien ist bei qualitativen Untersuchungen wiin­ schenswert. Die iiberwiegende Mehrzahl der Arbeitsvorschriften ist aber so gewahlt worden, daB mit den besten Reinheitsgraden der im Handel erhaltlichen Reagenzien das Auslangen gefunden werden kann. Man kann es sich aber sehr leicht leisten, kleine Reagenzmengen fiir mikroanalytische Zwecke einer beson­ deren Reinigung zu unterziehen, da einige Gramm in den meisten Fallen fiir viele Nachweise und fiir lange Zeit ausreichen werden.
In der Regel hat es wenig Zweck, der Reinheit von Reagenzien, die zur eigentlichen Identifizierung gebraucht werden, besolldere Aufmerksamkeit zuzu­ wenden, wenn in den vorhergehelldell Stufen nicht alles getan wurde, um das Einschleppen von Fremdionen zu vermeiden. Durch Blind- und Kontrollproben wird die Eignung des entsprechenden Reagenses iiberpriift. Reinheit der Losungs­ mittel, der Waschfliissigkeiten und der bei Trennungen benutzten Reagenzien ist hingegen wichtig. Lange Aufbewahrung von Losungen in Glasflaschen, besonders in solchen aus minderwertigem Glas (und mit eingeriebenem Stopsel), wird zur Verunreinigung durch Glasbestandteile fiihren und solI vermieden werden. Es ist besser, Losungen nach einigen Wochen frisch herzustellen. Ammoniak und alkalische Losungen werden am besten in Polyathylenflaschen aufbewahrt.
1m Handel sind bereits ausgezeichnete Destilliergerate aus Quarzglas zu
8 Einleitung.
finden, die in einem Arbeitsgang nicht einfach-, sondern sogar zwei- bis dreifach destilliertes Wasser zu erhalten gestatten. Kleine Mengen reinsten destillierten Wassers werden nach EMICH (14) schnell und einfach erhalten, wenn man ein mit kaltem Wasser gefiilltes oder durchspiiltes Glas- oder Quarzrohr in den Gasraum eines Kolbens halt, in dem sich heiBes (aber nicht siedendes) destil­ liertes Wasser befindet. Das sich auf dem geschlossenen Ende des Rohres sam­ melnde Kondensat wird in eine Kapillare genommen. Reinstes Ammoniak oder reinste Salzsaure wird erhalten, indem man den am Glasrohr kondensierten Wassertropfen fiir einige Zeit in den Gasraum einer Flasche mit konzentriertem Ammoniak oder konzentrierter Salzsaure halt. Auch geringe Mengen frisch destil­ lierter Sal peter- oder Schwefelsaure lassen sich leicht gewinnen, indem man einige Milliliter in einer Proberohre erhitzt und mit einer Kapillare entsprechende Mengen dem aufsteigenden Kondensatring entnimmt. GroBere Mengen der Grundreagenzien konnen auf die einfachste Weise, wenn auch nicht sehr schnell, so doch in ausgezeichneter Reinheit, durch Isothermdiffusion, wie dies E. ABRA­ HAMCZIK (1) beschrieben hat, gewonnen werden.
Die Wahl des Materials der Gerate hangt von der Art der darin durchzu­ fiihrenden Arbeit und der Menge der nachzuweisenden Stoffe abo Es wird selten vorkommen, daB Hauptbestandteile der Probe durch Extraktion be3timmter Ionen aus den GefaBwanden vorgespiegelt werden. Zum Nachweis von Spuren hingegen muB der richtigen GefaBwahl und seiner Reinigung die hochste Auf­ merksamkeit ge",idmet werden. Wahrend positive Befunde immer durch Blind­ versuche gestiitzt werden, wird leicht vergessen, daB negative Befunde der Spurensuche durch Kontrollversuche gepriift werden sollten.
Es gelten natiirlich die allgemein bekannten Regeln fiir Gerateauswahl. Die Oberflache je Volumeneinheit wird groBer, wenn die Materialmenge abnimmt, so daB in der Mikroanalyse mit einer verhaltnismaBig groBeren Oberflache fiir unerwiinschten Stoffaustausch zu rechnen ist (3). Doch mag der Effekt durch die Abkiirzung der Einwirkungszeit zuweilen mehr als ausgeglichen werden.
QuarzgefaBe sind nahezu ideal, da sie nennenswerte Verunreinigungen nur mit einem Stoff, Si02 , verursachen kCinnen und groBe chemische und thermis9he Widerstandskraft haben. Pyrexglas ist etwas leichter angreifbar als Jenaer Glas, hat aber den Vorteil einer einfacheren Zusammensetzung. Leider sind keine zuverlassigen Angaben iiber die Glasuren der Porzellangerate zu erhalten.
Platingerate nehmen zuweilen schon bei der Formgebung Eisen auf (24), das durch wiederholtes Ausgliihen und Auskochen mit Salzsaure entfernt werden kann. Rhodium, Iridium und Kupfer werden dem Platin oft absichtlich zuge­ setzt. Gebrauchte Platingerate kCinnen iiberdies mit geringen Mengen von Schwefel, Phosphor, Arsen und verschiedenen Metallen legiert sein, wenn sie nicht bedachtsam gebraucht worden sind. Auch Gerate aus Reinsilber und anderen Edelmetallen konnen in der Mikroanalyse leichter angewendet werden, als in der Makroanalyse. Okonomische Griinde sollten der ausgiebigen Verwendung von Quarz und Platin kaum im Wege stehen. Die iiblichen Regeln fiir die Be­ nutzung derartiger Gerate miissen immer beobachtet werden. Doch sei bedacht, daB bei Schmelz- und AufschluBvorgangen sich Zwischenverbindungen, Spinelle, Carbide usw. mit ganz anderen Eigenschaften als das eingesetzte Probegut bilden konnen.
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Allgemeine Arbeitsmethoden. Die im folgenden beschriebenen Arbeitsmethoden sind wesentlich Zenti­
gramm- und Milligrammverfahren (0,001 g bis 0,05 g Probematerial) und gestatten fast durchweg die Isolierung oder die Erkennung von 10 bis 1 ttg eines Bestand­ teiles (= 0,1 % der Probe). Die Empfindlichkeit der KristalWillungen und Faden­ reaktionen ist weitaus giinstiger, als durch diese Zahlen angezeigt und die Technik des Arbeitens auf dem Objekttrager, in Kapillaren und auf Fasern gestattet einfache Versuche mit Materialmengen von 100 bis 1 ttg zu beginnen. Betreffend Mikrogramm- und Nanogrammverfahren siehe Bd. III.
Beobachtung der Erscheinungen.
Besonders auf dem kleinen MaBstab, der die Benutzung von Geschmacks­ und Tastsinn (nicht Geruchssinn) ausschlieBt, werden Wahrnehmungen betref­ fend die Natur der Stoffe hauptsachlich durch den Gesichtssinn vermittelt, der auBerdem fast aIle Handhabungen leitet. Die Geschicklichkeit der Hande iiber­ trifft das Auflosungsvermogen des Auges und reicht im allgemeinen aus, mit Werkzeugen komplizierte Manipulationen unter 200facher VergroBerung sicher auszufiihren. Es ist im allgemeinen vorteilhaft, das Auge bei der Beobachtung von Erscheinungen und wahrend der Ausfiihrung schwieriger Manipulationen durch Zuhilfenahme von VergroBerungseinrichtungen zu unterstiitzen.
Lupen und Mikroskop. Die zeitweilige Zuhilfenahme einer Lupe mit 2- bis 6facher VergroBerung sollte beim Arbeiten mit Zentigrammengen vollig aus­ reichen. Ein Mikroskop mit schwa chen VergroBerungen, 20- bis 100mal, geniigt fiir die Untcrsuchung der meisten Kristallfallungen und reicht fUr die meisten Untersuchungen auf dem MilligrammaBstab aus. Prinzipiell solI die VergroBerung immer so niedrig als moglich gehalten werden, urn ein groBes Gesichtsfeld zu erhalten, das die gleichzeitige Beobachtung cines moglichst groBen Teiles des Objekts (Probetropfen) erlaubt. Dadurch ist die Gefahr, wichtige Einzelheiten (positiver Ausfall in einem kleinen Bereich des Tropfens) nicht zu beobachten, verringert. Manipulationen werden am leichtesten unter einem binokularen Mikroskop vom Greenough-Typus ausgefiihrt.
Betreffend die Benutzung und Pflege von Mikroskopen sehe man Band III und die Anleitungen der Firmen. Uber das Studium von Kristallen und Ver­ wendung von Polarisationseinrichtungen sehe man die Literatur iiber Kristall­ optik.
Vorbereitung der Objekte fUr mikroskopische lJntersuchung. Deckglaschen werden nur ausnahmsweise verwendet, da das Ausbreiten der Fliissigkeiten zwischen Objekttrager und Deckglaschen gegen die Regel, das Material auf einem moglichst kleinen Raum beisammenzuhalten, verstoBt. Das allgemeine Reaktionsbild von Kristallfallungen wird fast immer durch das Auflegen eines
l\lessen. II
Deckglaschens gestort; Kristalle werden gegen den Rand des Deckglaschens hinausgeschwemmt und sind dann nur undeutlich wahrnehmbar.
Die Beobachtung des 1nhaltes von Kapillaren und Spitzrohrchen wird er­ leichtert, indem man sie in geeignete, mit Wasser gefiillte Kiivetten einlegt und auf diese Weise unter das Mikroskop bringt. Geeignete Kiivetten (Abb. 1) sind auf dem Markte erhaltlich, konnen aber auch leicht improvisiert werden. Auch die Untersuchung von Borax­ perlen wird erleichtert, wenn man sie in einen Tropfen 01 passenden Bre­ chungsvermogens einlegt.
Beleuchtung und Hintergrund haben einen entscheidenden EinfluB auf die Wahrnehm barkeit, gleichgiiltig, 0 b man
Abb. 1. Objekttrager fur mikroskopische Be· trachtung des Inhaltes von Spitzrohrchen .
mit freiem Auge beobachtet, Lupe oder Mikroskop benutzt. Durchleuchtung mit weiBem Licht von der spektralen Zusammensetzung des Sonnenlichtes zeigt die durch selektive Absorption erzeugte Korperfarbe. Die Oberflachenfarbe (Farbe undurchsichtiger Objekte, "Schillerfarbe" durchsichtiger Objekte) kann nur im Auflicht (Beobachtung im reflektierten Licht) wahrgenommen werden und die Wahl eines giinstig kontrastierenden Hintergrundes ist beim Arbeiten mit Auflicht von ausschlaggebender Bedeutung. Triibungs- und Fluoreszenz­ beobachtungen erfordern Tyndallbeleuchtung (Auflicht oder seitliche Beleuchtung) und einen schwarzen Hintergrund. Die Form kleiner Objekte ist haufig im reflektierten Licht deutlicher wahrzunehmen als im Durchlicht. 1m Zweifelsfalle versucht der kluge Beobachter verschiedene Beleuchtungsarten und wechselt die Farbe des Hintergrundes, um die giinstigsten Beobachtungsbedingungen zu finden. Er tut dies auch, wenn die Beobachtung mit freiem Auge erfolgt.
Messen.
Die ungefahren Messungen, die in qualitativer Analyse benotigt werden, konnen schnell mit einfachen Hilfsmitteln ausgefiihrt werden.
Lange. Besonders unter Benutzung eines VergroBerungsglases gestattet ein Milli­
metermaBstab, Messungen mit einem durchschnittlichen Fehler von ± 0,03 mm auszufiihren. Langenmessungen unter dem Mikroskop werden meist mit dem Okularmikrometer ausgefUhrt.
Volumen. Kaufliche MeBpipetten von 0,1 bis 2 ml Gesamtinhalt, die in 0,01, 0,02 oder
0 ,1 ml geteilt sind, eignen sich fUr das Zusetzen gemessener Mengen von mehr als 0,01 ml. Kleinere Volumina werden einfach mit selbsthergestellten Kapillar­ pipetten, Osen oder Hakchen geschatzt.
Kapillarpipetten werden aus Glaskapillaren moglichst gleichmaBigen Lumens, 0,5 bis 1 mm, hergestellt, indem man sie in Abstanden von 15 bis 20 cm zu einer feinen Kapillare von etwa 0,02 bis 0,05 mm und entsprechender Lange (10 bis 30 cm) auszieht. Zu dies em Zweck wird das Glas knapp iiber dem Bunsenbrenner im Saum der nichtleuchtenden Flamme erweicht und mit einer raschen Bewegung auBerhalb der Flamme ausgezogen. Die weite Kapillare wird 15 cm von der Ausziehstelle glatt abgeschnitten (wozu sich die scharfe Kante gebrochenen
12 Allgemeine Arbeitsmethoden.
Porzellans oder Steingutes vorziiglich eignet), und die enge Kapillare wird einige Millimeter vor der Verengungsstelle abgebrochen. (Je mehr von der engen Kapillare belassen wird, desto langsamer tritt Fliissigkeit in die Pipette ein.) Derartige Kapillarpipetten find en Verwendung fiir die Dbertragung von kleinen Fliissigkeitsmengen, zur Rerstellung von Kapillarhebern, zum Sammeln und Entfernen von Filtraten beim Abschleppen auf dem Objekttriiger, zur Siede­ punktbestimmung usf. Da sie sehr wenig kosten und schnell hergestellt werden konnen, werden sie nach Gebrauch meist weggeworfen. Zum Zweck von Messungen miissen die Kapillarpipetten geeicht werden (und man zieht dann vor, sie nach Gebrauch zu reinigen).
Die Eichung ist einfach. Man liiBt Wasser in die Pipette eintreten, bis der weite, zylindrische Teil derselben bis auf eine Liinge von 100 mm gefiillt ist ; ein DberschuB kann leicht durch kurzes Beriihren der AusfluBoffnung der hori­ zontal gehaltenen Pipette mit Filtrierpapier entfernt werden. Die gefiillte Pipette wird schnell auf einer analytischen Waage auf ± 0,5 mg gewogen. Die Wiigung wird wiederholt, nachdem das Wasser wie oben entfernt wurde. Die Pipette wird am besten in einer Proberohre, auf deren Boden sich zum Schutz der Kapil­ larenspitze ein Wattebausch befindet und die mit einem zweiten verschlossen wird, aufbewahrt. Das einem Millimeter entsprechende Volumen wird auf einem Zettel notiert, den man dann in die Proberohre einlegt. Ralbwegs genaue Wiedergabe des AusfluBvolumens erfordert, daB beim Gebrauch etwa dieselbe
Cvmm/·
AusfluBgeschwindigkeit eingehalten wird, als bei der Eichung. Der Inhalt der AusfluBspitze kann in der Regel vernach­ liissigt werden.
Reinigung wird am besten unmittelbar nach Gebrauch vorgenommen. Ein quadratisches Stiick von etwa I cm Seiten­ liinge wird aus einem Fahrradschlauch herausgeschnitten und im Zentrum gelocht, indem man eine grobe Nadel durchstoBt. Das Gummischeibchen wird dann iiber die Kapillarpipette geschoben, so daB es als Dichtung wirkt, wenn die Pipette in die Saugvorrichtung, Abb. 2, eingefiihrt wird. Zum Spiilen wird geeignete Waschfliissigkeit (SeifenlOsung, Siiure, Chrom­ schwefelsiiure, \Vasser, Alkohol) tropfenweise an das freie Ende der Pipette herangebracht. Trocknen erfolgt, indem man nach Auflegen eines Stiickchens Filtrierpapier auf das freie Ende der Pipette, Luft durchsaugt.
Der Gebrauch von Kapillaren und Kapillarpipetten stiitzt sich auf eine sinngemiiBe Ausniitzung der Kapillarerscheinun­ gen. Kapillaren und Pipetten fiillen sich infolge der Ober­ fliichenspannung von selbst, wenn sie in eine Fliissigkeit ein­ getaucht werden. Die Rohe des Fliissigkeitsspiegels ist eine
Funktion des Radius r der bffnung, der Dichte d und der Oberfliichen­ spannung y der Fliissigkeit und kann nach folgender Gleichung errechnet werden:
h = 49:rdcm
Rohe und Radius werden in Zentimeter gemessen. Die Oberfliichenspannung ist fiir Wasser und die meisten verdiinnten Losungen, mit denen man es zu tun hat, anniihernd gleich 72 dyn pro Zentimeter.
Die Lange der Kapillarfiillung, die nur bei einem Winkel von 90 0 zur Rori­ zontalen gleich der Steighohe ist, hiingt vom Winkel a, den die Pipette mit del'
Messen. 13
l= -_Y-.- cm 494 r d Sill a
Diese Lange wird naturgemaB unendlich, wenn sich die Kapillarpipette in hori­ zontaler Lage befindet.
Die Geschwindigkeit, mit der sich die Pipette fUIlt, ist yom Durchmesser und der Gestalt der Spitze sowie von der Viskositat der Fliissigkeit abhangig. Pipetten mit langer, feiner Spitze eignen sich zur Dosierung kleiner Volumina besonders, da sie sich langsam entleeren und fUIlen.
Osen werden aus 0,3 mm dicken Platindraht, der zur Erleichterung der Formgebung vorher zum Gliihen erhitzt wurde, so hergesteIlt, daB man das Ende eines 2 cm lang en Stiickes mit Hilfe einer star- ken Pinzette urn eine Stahlnadel oder den Draht einer Biiroklammer windet. Die Ose muB in einer Ebene liegen und soIl geschlossen sein, Abb. 3, a. Zur leich- teren Benutzung kann man den Draht biegen, so daB er einen Winkel von 30 Grad zur Ebene der Ose ein- nimmt, Abb. 3, b (29) . Das Ende des Drahtes wird in eine Kapillare oder in das kapillare Ende eines aus­ gezogenen Glasrohrchens eingeschmolzen. EMICH (42) empfiehlt drei GroBen mit 4, 1 und 0,2,u1 Fassungs­ vermogen ; Drahtstarken und innere Durchmesser dieser Osen sind etwa 0,4 und 3 mm, 0,4 und 1,5 mm bzw. 0,2 und 0,7 mm. Die Fliissigkeit in der Ose wird auf einen Objekttrager oder in ein Gefa13 iibertragen, indem man die Ose so oft auf eine leere Stelle der Oberflache flach aufsetzt, bis sie vollstandig entleert ist. Die nahe aneinander abgesetzten Tropfchen konnen mit Hilfe einer Glasnadel vereinigt werden.
Die STRENGSchen Platinriihrhakchen (42) , feine Platindrahte, die mit dem scharf abgebogenen, 2 mm langen Ende einen Winkel von 45 Grad einschlieBen, konnen ahnlich wie Osen benutzt werden. Zum Auf­ setzen kleiner Tropfchen auf Objekttrager wurde ferner der Gebrauch einer Goldfiillfeder vorgeschlagen (101).
~. b
Abb. 3. Platindraht6se.
Eichung . EMlCH bestimmte den Fassungsraum der Osen durch Auswagen. BENEDETTI-PICHLER (12) benutzt eine kalibrierte Kapillarpipette. Die reine Ose wird in Wasser eingetaucht und langsam herausgezogen. Das aufgenommene Wasser wird nun mit der Kapillarpipette bestimmt, deren Spitze das Wasser­ hautchen gerade beriihrt und dadurch die geringe Wassermenge automatisch in die Pipette einsaugt. Das Volumen wird mit einem MiIlimetermaB gemessen. Das Wasser wird durch Absaugen mit Filtrierpapier wieder entfernt, die Ose ausgegliiht und die Eichung wiederholt. Wesentlich ist hier die Haltung der Ose beim Herausziehen aus der Fliissigkeit. Bei senkrechter Stellung und lang­ samem Herausziehen wurden fUr eine Ose 0,75 Mikroliter gefunden, wahrend bei horizon taler Lage wahrend des Herausziehens mit derselben Ose 1,2 Mikro­ liter entnommen wurden. Wenn die Ose aber rasch herausgezogen wird, so erhalt man wesentlich gro13ere Mengen (12, 29).
Die Reinigung der Osen gcschieht in der Regel so, daB man sie der Reihe nach in Salzsaure (1: 1), flieBendes und destilliertes Wasser einsenkt, wo man sie
14 Allgemeine Arbeitsmethoden.
eventuell auch bis zum Gebrauch belaBt. Gegebenenfalls ist die Salzsaure durch ein anderes Losungsmittel zu ersetzen. Unmittelbar vor Gebrauch wird die ase ausgegliiht.
Statt Platinosen konnen auch solche aus Glas verwendet werden, die aber nieht ausgegliiht werden konnen. Zur Herstellung derselben zieht man einen Glasstab bis zu einer Starke von 0,3 bis 0,5 mm aus und schneidet in der Mitte dureh. Einen halben Zentimeter vom abgeschnittenen Ende biegt man in der Mikroflamme, d. h. man erhitzt bis zum Erweichen des Glases, wodureh es - bedingt dureh sein Eigengewieht - das Bestreben hat, hinunterzusinken. Durch geeignetes Drehen des Glasstabes kann man einen Ring bilden. Die Mikroflamme solI dabei nicht hoher als 0,5 bis 1 em sein. Dies erreicht man, wenn man ein Glas­ rohr zu einer Kapillare auszieht, an einen Gasschlauch, in dem sieh ein Watte­ pfropf befindet, anschlieBt und mit Hilfe eines Schraubenquetsehhahnes, der sich an der Stelle des Wattebausehes befindet, die Flammenhohe reguliert.
Das ungefiihre Volumen fester Objekte kann aus den linearen Dimensionen (mit MillimetermaB oder unter dem Mikroskop bestimmt) leicht erreehnet werden, wenn die Form des Objekts einem Wiirfel, Parallelepiped, Zylinder, Kegel, Kugel oder Rotationsellipsoid nahekommt. Ein Vergleich mit Objekten bekannten Gewiehtes kann zur Schatzung benutzt werden und eine kleine Sammlung von Kochsalzkristallen und Kornehen von WOODS Legierung (unter Wasser rund geschmolzen) von 10 mg, 1 mg, 0,1 mg und 10 flg Gewieht kann zuweilen mit Vorteil benutzt werden. Benotigte Mengen feingepulverter Reagenzien konnen zuweilen mit geniigender Prazision in gerade bis zum Rande gefUllten, winzigen Napfchen gem essen werden.
Gewicht. Fiir qualitative Zwecke (Zentigramm- und MilligrammaBstab) geniigt in der
Regel eine analytische Waage.
Falls eine Durchschnittsprobe aus einer groBeren Materialmenge gezogen werden muB, hat man fUr sorgfaltige vorhergehende Mischung Sorge zu tragen. Diese ist durchMischen und Riihren bei molekularen und kolloiden Dispersionen ohne Schwierigkeit zu erreichen, mag aber mit groben Suspensionen und Emul­ sionen [Fliissigkeiten mit geringfiigigen Mengen einer zweiten Phase (64)] betracht­ liche Sehwierigkeiten verursaehen. Wenn mehrere Phasen vorliegen, setzt aus­ reichende Mischung aueh so weitgehende Zerkleinerung der Phasenkorper voraus, daB die Probe wenigstens 100000 bis 1 Million derselben erfaGt. Die mit der Zerkleinerung oft verbundene teilweise Entmisehung ist fiir die Zweeke der qualitativen Analyse weniger bedenklich als die Verunreinigung des Unter­ suchungsmaterials durch von den Zerkleinerungsgeraten abgegebene Stoffe.
Haufig ist das Untersuchungsobjekt nur in kleinen Mengen verfiigbar und muG erst von groBen Mengen anhaftenden oder einschlieGenden Materials ge­ trennt werden. Einheitliche V orschriften zur Pro benahme konnen in sol chen Fallen nieht gegeben werden, so daB es im weitesten MaGe dem Gesehick des Untersuchers iiberlassen ist, mit welehen Hilfsmitteln er arbeitet. ZweckmaBig
Pro benahme. 15
ist jedenfalls der Besitz eines guten botanischen Besteckes mit Prapariernadeln, Skalpellen usw. Handelt es sich urn die mechanische Entnahme kleiner Teilchen aus einem Werkstiick oder urn Belage von Statuen, Bilderrahmen usw., so hilft in vielen Fallen ein Drillbohrer oder, noch besser, eine Zahnbohrmaschine, wie sie z. B. KLINGER (79) fiir metallographische Untersuchungen empfohlen hat. Das Objekt wird durch eine eingeklemmte Uhrmacherlupe betrachtet und mit Hilfe der kleinen auswechselbaren Bohrer und Frasen das gewiinschte Material entnommen. Diese Art der Probenahme geschieht auf einem, mit einer polierten Glasplatte belegten Tisch, da auf einer solchen Flache selbst kleinste Teilchen noch zu sehen sind. Fiir sehr harte Werkstiicke werden vorteilhafterweise kleine Bohrer aus Widiametall oder sogenannte Diamantbohrer verwendet. Die Bohr­ und Frasspane werden mit einem feinen, absolut reinen und fettfreien Pinsel in einem sauberen GefaB gesammelt.
Die Arbeitsstelle kann mit bl bedeckt werden, in dem sich die von Bohrer oder MeiBel 10sgelOsten Teilchen sammeln. CALKINS (30) benutzt eine Pipette urn die gewiinschten Teilchen aus dem bl zu sammeln.
Zur Entnahme von Ein­ schliissen aus Schliffen haben GRANIGG (63), Mo­ RITZ (105), HAYCOK (66) sowie RUSSANOW (113) "Mikrobohrmaschinen" be­ schrieben, wobei die eigent­ liche Bohreinrichtung am oder im Tubus eines Mikro­ skops bzw. einer binoku­ laren Lupe angebracht ist. Es soIl hier lediglich die Einrichtung nach RUSSA­ NOW naher beschrieben werden, die es gestattet, Bohrungen von 0,2 mm Tiefe auszufiihren.
Der Bohrer, Abb. 4, besteht aus einem zylin­ drischen Schaft von 5 mm Durchmesser, der im Tu­ bus (2) rotiert. An seinem unteren Ende befindet sich eine genau zentrierte Klemmvorrichtung fiir Stahlnadeln (Nahnadeln, Grammophonnadeln o. a .), deren Enden gut zugespitzt wurden. Der Bohrer wird in
A bh. 4. Mikro· bohl'el' lnit Gc­
stllnge und Tl1buseinsatz. Abh. 5. Bohl'eiIll'iehtung naeh RlTRSANO\V.
den link en Tubus der binokularen Lupe, Abb. 5, eingesetzt, wobei das Objektiv und der Tubus der Lupe voriibergehend entfernt werden. Der Bohrer wird mit der flexiblen Achse eines kleinen Elektromotors von 0,05 W Leistung und 2000 Touren verbunden. Der zu untersuchende Schliff wird auf dem beweglichen Objekttisch der Lupe mit Hilfe von Plastilin so befestigt, daB jeder Punkt des Schliffes unter die Nadel kommen kann. Die N adelspitze wird im Brennpunkt des Mikro­ skops angebracht und unter mikroskopischer Betrachtung auf das Zentrum des
16 Allgemeine Arbeitsmethoden.
Einschlusses eingestellt, worauf der Bohrer in Bewegung gesetzt und gleichzeitig mit Hilfe der Triebeinrichtung der Tubus des Mikroskops gesenkt wird.
Die Anwendung von Stahlnadeln ermoglicht es, Material bis zur Harte von Quarz anzubohren. Falls die Nadel fehlerhaft zentriert wird oder wenn man Einschliisse ausbohren will, die an Harte dem Nadelmaterial gleichkommen, so muB man, urn das Schlagen zu vermeiden, die Nadelspitze noch stiitzen. Zu diesem Zweck wird auf die Oberflache des Schliffes mit Hilfe eines Pinselchens eine Losung von Zelluloid in Amylacetat aufgetragen, die nach dem Trocknen einen durchsichtigen Dberzug von 0,2 mm Dicke zuriicklaBt, welcher die Nadelspitze vor Schwingungen schiitzt. Man kann zu demselben Zweck auch auf die Oberflache des Schliffes eine durchsichtige Zelluloidscheibe legen, deren Rander an den Schliff mit der erwahnten Losung angeklebt werden.
Wenn auch tieferliegende Mineralien durch das Bohren erfaBt werden, wird das von der Oberflache stammende Material des Einschlusses fiir sich bearbeitet. Das erhaltene Pulver wird je nach der Art seiner weiteren Untersuchung in eine Porzellanschale gespiilt oder in ein Wachskiigelchen, welches am Ende eines Glasstabes befestigt ist, eingedriickt.
KLINGER und KOCH (81) sowie BENEDICKS und TENOW (18) u. a. befaBten sich eingehend mit dem Problem der Probenahme von Einschliissen in legierten und unlegierten Stahlen. Wahrend aber BENE DICKS und Mitarbeiter die jeweiligen Proben mit Hilfe eines Hobels nehmen (siehe S. 20), verwenden KOCH und Mit· arbeiter das clcktrolytischc AblOseverfahren. Die anodische Elektrolyse, die die Auflosung des Eisens (Ferrits) unter unzersetzter Zuriicklassung der Karbide, Oxy .
• \bb . 6. Elcktrolytische Tsolierunl{" nach P. KI.I~UEI< und " ' . Kocn.
de, Sulfide und anderer Verbindungen darstellt, ist die Vorisolierung. Aus diesem Isolat werden dann mit weiteren physikalischen Arbeitsmethoden (Flotation, Magnettrennung) und chemischen Arbeitsmethoden (Chlorierung im Vakuum) einzelne Gruppen abgetrennt. Wichtig ist, daB bei der anodischen Auflosung die zu isolierenden Gefiigebestandteile unverandert zuriickbleiben und an der Anode durch Sekundarprozesse keine Zersetzungsprodukte entstehen. Dies erlaubt die in Abb. 6 dargestellte Apparatur unter Verwendung eines neutralen Elek·
Zerkleinern. 17
trolyten, der als Grundlage Natrium-Zitrat enthalt. Wichtig sind u. a. Aus­ schluB der Luft durch Uberleiten von CO2 und richtige Wahl der Stromstarke.
Der Apparat enthalt Anodenraum (A) und Kathodenraum (K) durch ein Diaphragma getrennt. Beide Raume werden mit einer 5%igen Natrium-Zitrat­ Losung gefiillt, die 1,2 % Kaliumbromid und 0,6 % Kaliumjodid enthiilt. Anwesen­ heit von Bromid und J odid verhindert eine Abscheidung von Sauerstoff an der Anode, da die Abscheidungsspannungen von Jod und Brom niedriger liegen als die des Sauerstoffs. Eine unzulassig hohe Stromdichte wiirde daher durch eine sichtbare Halogenabscheidung an der Anode angezeigt.
Wahrend die Probe (P) als Anode dient, wird als Kathode ein Weicheisen­ stab (k) benutzt. Die in den Elektrolyten eintauchende Flache der Probe ist etwa 40 cm 2 groB. Man fiihrt wahrend der Elektrolyse am oberen Rand der Probe laufend frische ZitratlOsung hinzu und zieht den eisenhaltigen Elektrolyten durch ein Cella-Filter (C) aus dem Elektrolysenraum heraus. Abfallendes Isolat sammelt sich dabei auf diesem Filter. Durch die Zufiihrung von frischem Elektro­ lyten gelingt es, einen pH-Wert von etwa 7 einzuhalten. Anoden- und Kathoden­ raum werden unter Kohlendioxyd gehalten, um Oxydation durch Luftsauerstoff zu vermeiden.
Nach beendeter Elektrolyse wird das auf dem Cella-Filter angesammelte Isolat in ein Zentrifugenglas iiberfiihrt. Ebenfalls iiberfiihrt wird auch etwa noch an der Elektrode haftendes Isolat, das vorsichtig abgeschabt wird. Man wascht das Isolat durch mehrmaliges Zentrifugieren mit destilliertem Wasser und verdrangt das Wasser durch Alkohol. Das so behandelte Isolat wird anschlie­ Bend im Vakuumtrockenschrank bei 160' C getrocknet. Weitere Einzelheiten sind in der Monographie "Beitrage zur metallkundlichen Analyse" (80) nach­ zulesen.
MALISSA (98) beschreibt die Probenahme von Mineralfarben von Gemalden, wobei auch darauf hingewiesen wird, daB der Oberflachenfilm durch geeignete Losungsmittel aufgelockert bzw. entfernt werden muB, bevor man ein Partikel­ chen entnehmen kann. AUGUSTI verwirft die Methode von SHEFFER (120), welcher vorschlagt, den Oberflachenfilm, falls er nicht in Alkohol oder Ather lOslich ist, mit Natronlauge zu behandeln, da hierdurch eine chemische Umwandlung ein­ treten kann, die, besonders bei den zur Untersuchung gelangenden kleinen Quantitaten, zu groben Irrtiimern AnlaB geben kann.
Uber weitere Moglichkeiten der mikrochemischen Probenahme siehe auch STREBINGER und HOLZER (130), BENEDETTI-PICHLER und LIEB (14) sowie MILTON und WATERS (lO4). Die beiden letztgenannten Autoren beschreiben ebenso wie BOURNE und FOSDICK (22) die Sammlung von Staubproben. Wahrend aber MILTON und WATERS (104) die Anwendung von AdsorptionsgefaBen vor­ schlagen, empfehlen BOURNE und FOSDICK eine elektrostatische Fallungsweise und verhindern so ein eventuelles Auflosen der einzelnen Partikelchen. AuBerdem werden die Teilchen auch in ihrer Originalform erhalten und Kind so mikroskopi­ schen Untersuchungen unmittelbar zuganglich.
Beziiglich die Herstellung von Mikrotomschnitten siehe S. HI.
Zerkleinern.
Mikromorser. Zum Zerkleinern harten Materials (Erze usw.) dient ein in Abb.7 dargestellter Mikromorser, auch Diamantmorser genannt. Er besteht aus einem Hohlzylinder H, der in der Vertiefung einer runden Stahlplatte P ruht. In diesen Hohlzylinder pa13t ein aus au13erst widerstandsfahigem Stahl angefer-
Qualitative Mikroanalyse, I. 2
18 Allgemeine Arbeitsmethoden.
tigter Stempel S genau hinein. Durch Hammerschlage auf den Stempel wird das Material vorzerkleinert, um dann in anderen Geraten auf die gewunschte Feinheit zerrieben zu werden.
Reibschalen. Am gebrauchlichsten und fur die Zwecke eines Mikrolaborato­ riums am geeignetsten sind Reibschalen aus Achat, die sowohl zum Verreiben
von nicht zu hartem Material
s
p
flUS
als auch zum innigen Ver­ mischen (Homogenisieren) die­ nen.
In Abb. 8 wird eine aus Mullit in sehr handlicher Form hergestellte Mikroreibschale gezeigt. Um das lastige Hin­ und Herrutschen der Reib­ schale wahrend des Reibens zu vermeiden, ist am Boden ein Gummiring angebracht. Die Reibflache ist poliert und wird - da sie harter als Achat ist - auch von Wolfram­ karbiden nicht zerkratzt. Le­ diglich Diamant greift die Oberflache an. Die AusmaBe sind: Auf3endurchmesser 52 mm, Innendurchmesser 40 mm, Gesamthahe 78 mm, Pistillange 70 mm.
ALBER (3) hat ein in Abb. 9 dargestelltes Gerat gcschaffen, welches zwar mehr einem Marser als einer R eibschale gleicht, cs aber trotzdem gestattet, kleine Mengen Probematerial bei geringsten Substanzverlusten zu pulverisieren bzw. homogenisieren. Dieser Morser ist mit Ausnahme der Bodenflache innen
.. \lJh. 10. Lahol'atoJ'inm ~kugclmiihlc. -H E xzc ntcl'sc}w ibc ; 0 Ul'eifklmnnlCl': ill l\1:ahlbe0her ; R nienlt'llsc hcil){' ; S J;'ilhl'ungsstange.
und auf3en poliert und hat 20 mm oberen Innendurchmesser, der sich nach unten bis auf 7 mm verengt. Die Tiefe del' Reibkammel' betl'agt 15 mm und die Gesamt-
Zerkleinern. 19
hohe 24 mm. Das Pistill ist 30 mm lang, hat am Reibende 6 mm und am Hand­ ende 10 mm Durchmesser. Die konische Gestalt der Reibkammer und der gegen­ iiber dem Boden der Kammer etwas geringere Radius des Pistills gewahrleisten ein Optimum an Beriihrung zwischen Probeteilchen und Reibflachen. Derartige Reibschalen sind ebenfalls aus Mullit angefertigt.
Kugelmiihlen. Zur raschen Zerkleinerung grol3erer Probemengen dienen auch kleinere Laboratoriumskugelmiihlen, etwa vom Typus BLOCH-RoSETTI, wie in Abb. 10 gezeigt. Dieser Apparat (137) gestattet es bei 300 bis 800 Umdrehungen in der Minute und durch die besondere Art der Rotation der im Mahlbecher befind­ lichen Kugeln, Korngrol3en unter 0,1 !tm zu erreichen und unter bestimmten Bedingungen bis zur kolloidalen Feinheit zu vermahlen.
Das Grundprinzip dieser Miihle ist die Ausnutzung der Zentrifugalkraft in Verbindung mit einem Mahl­ becher besonderer Bauart. In dem an eine Vase er­ innernden Innenraum wird das Mahlgut durch die Kugeln zerschlagen. Der Mahlbecher (M) mit Greif­ klammer (G) auf einer zur Riemenscheibe (R) exzen­ trisch aufgesetzten Eisenscheibe (E) befestigt, wird durch eine Gleitsteuerung (8) an einer gleichmal3igen Rotation gehindert, was die im Mahlbecher befindlichen Kugeln in lebhafter und unregelmal3ig beschleunigter Bewegung erhalt.
Derartige Miihlen werden mit einem Mahlbecherinhalt von 250, 10 und 3 ml geliefert. AuBerdem gibt es ver-
Abb.ll. Mikrodesin tegrator.
Desintegrator. Urspriinglich als Haushaltshilfe erdacht, konnte sich doch der in Abb. 11 dargestellte und ebenfalls unter den verschiedensten Trivialnamen (Turmix, Starmix usw.) bekannte Apparat auch in der Mikrotechnik niitzlich erweisen. Er besteht aus einem kraftigen, luftgekiihlten Motor mit 10000 Touren pro Minute, der auf einer senkrechtstehenden Achse die aus rostfreiem Stahl angefertigten, scharf geschliffenen Klingen tragt. Diese Schneidewerkzeuge rotieren ziemlich knapp iiber dem Boden des Gefal3es und erzielen durch ihre besondere Gestalt sowohl eine schneidende und zerreil3ende als auch schleudernde Wirkung. Die bereits im Handel erhaltliche Semi-Mikroausfiihrung besteht aus einem Monelmetallgefal3 und hat ein Arbeitsvolumen von maximal 250 ml und minimal 25 ml.
Der Apparat eignet sich zum Zerkleinern von feuchtem Material (Lebens­ mittel, Pflanzen, Gummi , Papier usw.) und zum Homogenisieren von Gemischen mit fliissigen PhaRen.
Schneiden.
20 Allgemeine Arbeitsmethoden.
Zylinder- und Kegelmantel als auch Kugelschalen ausschneiden kann. Plan­ schnitte unter 10 pm herzustellen bereitet keine besondere Schwierigkeit.
Die Mikrotommesser sind meist plankonkav oder keilformig. Die Messerbreite betragt zirka 30 mm, die Ruckendicke zirka 7 mm. Die mit dem Praparat einzu­ schlieBenden Winkel sollen, wie in Abb. 12 dargestellt, folgende Werte haben:
Abb. 12. Mikwtommes8er.
a = Klingenwinkel fJ = Schneidenwinkel c = oberer Abzugswinkel d = unterer Abzugswinkel e = Neigung
= 13°; = 22 bis 25° ;
3 bis 5° ; = 6° ; = 2 bis 5°.
Die Neigung des Messers ist von beson­ derer Bedeutung. Liegt das Messer zu flach an, Abb. 13b, so schiebt sich der Schnitt zusammen, wenn nicht das Messer uber den Block hinweggleitet; steht das Messer zu steil, Abb. 13c, so besteht die Gefahr, daB der Schnitt zersplittert.
Sehr praktisch und weit verbreitet sind mit Kohlensaure tiefgekuhlte "Gefriermikro­
tome" und Schnell-Schnitt-Mikrotome, die die Herstellung von Schnitten von plastischen Stoffen und Geweben fUr das Licht- und Elektronenmikros'wp gestatten. Die Messerwelle, angetrieben durch einen hochtourigen Motor, er2jeugt
riclll!j
t:JIscll
t:JIscll
Schnittgeschwindigkeiten bis zirka 150 m/sec. Durch Veranderung des automatischen Praparaten­ vorschubes ist die Schnittstarke zwischen 0,05 und 5 pm einstellbar.
Hartes, metallisches Material. BENEDIcKs und TEN ow (18) haben sich mit der Herstellung dunner Metallproben durch "Mikrotomhobeln" beschaftigt. Zwecks Zeitgewinnes und zur Vereinfachung werden zuerst geeignete Platten aus einem Stahl­ stuck o. a. von zirka 25 X 20 X 8 mm in einer Starke von 0,5 bis 1 mm abgesagt. Diese Platten werden dann mit Frasen auf 0,1 mm Dicke gebracht, mit Feilen (Feinhieb) plangefeilt und auf einen Metall- klotz angelOtet. Das Frasen wird unter Verwendung einer geeigneten Schneidflussigkeit, bestehend aus Seife, RizinusOl, Terpentin und Wasser, vorge­ nommen.
Als Schneidenmaterial der Mikrotommesser dient das Hartmetall "Secco I" , ein schwedisches Produkt. Die Messer werden mit feinstem Diamant­ pulver auf einer Weichstahlplatte poliert und ge­ schliffen. Mit Hilfe dieses Mikrotoms, Abb. 14, konnten Stahlschnitte von 20 pm erhalten werden. (Bisher wurde das Mikrotom nur bei weichen
Metallen, wie Blei, Zinn usw., verwendet.) Durch eingehende Untersuchungen wurde gefunden, daB ein Meif3elwinkel (Messer) unter 90 Grad am vorteil­ haftesten ist, urn bei den Proben moglichst ebene Flachen zu erhalten; hierzu ist es auch unerla31ich, ein elastisches Zentrum und eine gute Schneideflussig­ keit zu finden.
Sieben. 21
Ahb . H. Mikl"Otom nach llENBTlICKS und TBNOW.
Sieben. Die ASTM (American Society for Testing Materials), das National Bureau
of Standards und entsprechende Organisationen anderer Staaten haben sich zu Standardsiebtypen bzw. Sieben bekannt. MaBgebend bei der Anfertigung von Sieben ist sowohl eine chemische als auch relativ groBe mechanische Widerstands-
Tabelle 5.
I I I
Tylcr INHt!. Bill". I A:-;TM Lichte Draht· Gewcbe' l Masch. Lichte I Draht·
Nummer :-;tanuard Bez. Wcite durchm. Nr. Zl1hl Wcitc dmr. NUlllncr [tm I IJlrJl mm je em2 mm mm
3
I I
6,68 1,78
I 4 4 4760 4,69 1,65 6 6 3360 3,33 0,91 8 i:I 2380 2,36 0,81 9 10 2000 1,98 1,84
10 12 1680 1,65 0,89 4 16 1,5 1,00 12 14 1410 1,40 0,76 14 16 ll90 1,17 0,64 5 25 1,2 0.80 16 18 1000 0,99 0,60 20 20 840 0,83 0,44 S 64 0,75 0,50 2S 30 590 0,59 0,32 10 100 0,60 0,40 32 35 500 0,50 0,30 35 40 420 0,42 0,30 42 45 350 0,35 0,25 48 50 297 0,30 0,23 20 400 0,30 0,20 60 60 250 0,25 O,IS 65 70 210 0,21 O,IS SO SO 177 O,IS 0,14
100 100 149 0,15 O,ll ll5 120 125 0,12 0,10 50 2500 0,12 O,OS 150 140 105 0,10 0,07 170 170 SS 0,09 0,06 200 200 74 0,07 0,05 250 230
I
I
0,04 270 270 53 0,05 0,04 325 325 44 0,04 0,035
I I
fahigkeit. AuBer Messingdraht kommen als Siebmaterial noch Seide und ver­ schiedene Kunstfasern in Betracht. Die Zusammenhange zwischen Maschenzahl pro Quadratzentimeter, Maschendichte und Drahtdurchmesser, die ja bestim­ mend fur die erhaltenen KorngroBen sind, sind aus Tab. 5 ersichtlich.
Am einfachsten siebt man, wie dies auch BRISCOE und HOLT (24) beschreiben, indem man uber ein passendes GefaB (eventuell nimmt man dazu gleich das GefaB, in dem die weiteren notwendigen Operationen durchgefiihrt werden) ein feines Siebnetz spannt, dieses mit einem Gummiband befestigt und das auf dem Netz befindliche Material durch leichtes Trommeln mit einem Glasstab in Bewe­ gung versetzt.
SchHimmen und Sedimentieren.
Unterteilung nach der KorngroBe kann auBer durch Sieben auch durch Sedimentieren und Schlammen bewirkt werden. Das Absetzen der Teilchen ist jedoch auch durch ihre Dichte bestimmt, so daB diese Operationen auch zur Klassifizierung nach der Dichte verwendet werden konnen. Wenn ein gepulverter
fester Stoff einheitlicher N atur ist und in einer Flussigkeit, in der er sich nicht auflost, suspendiert wird, so setzen sich die Teilchen aus der ruhenden oder beweglichen Fliissigkeit mit einer Geschwindigkeit ab, die im umgekehrten Verhaltnis zur GroBe der Teilchen steht. So konnen mittels sogenannter Schlammzylinder, Abb. 15, durch AbgieBen oder Abzapfen verschiedene Fraktionen gewonnen werden. VENDI, (136) be­ schreibt eine V orrichtung zur raschen Schlammanalyse kleiner Substanzmengen, die mittels einer Spiralfeder das Gewicht des sich auf einer Plattform ansammelnden Sediments registriert.
Wenn verschiedene Phasen eines kornigen Materials auf Grund ihrer Dichteunterschiede getrennt werden sollen, kann
Abb.15. dies auf die unterschiedlichen Fallgeschwindigkeiten nur dann Schlarnrnzylinder. aufgebaut werden, wenn man fUr eine einheitliche Teilchen-
groBe sorgt. Klassifizierung nach TeilchengroBe (Sieben) muB daher zuerst durchgefiihrt werden, da fast aIle Zerkleinerungsverfahren eine Reihe von TeilchengroBen geben und die Haufigkeit des Vorkommens und
Abb. 16. Scheide- und Sedirnentiertrichter
von H. K. AT.BER, Ind. Eng. Chern., Analyt. Ed. 13, 6.56 (1941).
GroBe in einem bestimmten statistischen Verhaltnis stehen. Eine gute Dichtetrennung wird erhalten, wenn man die Dichte der Fliissigkeit so wahlt, daB nur eine Phase (Ge­ mischbestandteil) dichter als die Fliissigkeit ist. Die Tren­ nung ist dann nicht auf Unterschiede der Fallgeschwindig­ keit aufgebaut, sondern eher auf Unterschiede in der Richtung, in der sich die Teilchen bewegen. Es ist dabei vorausgesetzt , daB die Zerkleinerung so weit getrieben wurde, daB jedes Teilchen nur einen Bestandteil enthalt, daB die Teilchen nicht zusammenhangen, daB jedes un­ behindert den auf ihn wirkenden Auftrieb folgen kann und daB das Untersuchungsmaterial mit der Fliissigkeit chemisch nicht reagiert.
Die Trennung kann beschleunigt werden, indem man die Zentrifugalkraft an Stelle der Schwerkraft treten laBt und die Trennung in Zentrifugierrohrchen oder Spitzrohrchen ausfiihrt. Das zu trennende Gemisch wird in eine spezifisch schwerere Fliissigkeit eingetragen und dann bewirkt man
Trennen fester Phasen durch Auslesen. 23
durch schrittweises Verdiinnen del' Fliissigkeit ein Untersinken del' Kompo­ nente hochster Dichte.
Kelchgliiser (31) und del' von ALBER (3) konstruierte Mikro-Scheide-Zentri­ fugiertrichter eignen sich fiir die Trennung durch Auftriebsunterschiede als auch fUr Trennungen auf Grund verschiedener Fallgeschwindigkeit. Das in Abb. 16 gezeigte Geriit besteht aus einem Glasrohr mit angeschmolzenem Hahn besonderer Bauart. Diesel' wurde mit einer zylindrischen Bohrung von 15 mm Tiefe und 3 mm Durchmesser versehen, in welcher das Sediment gesammelt werden kann. Durch eine einfache Drehung um 90 Grad wird die Verbindung mit dem Auslauf­ stutz en hergestellt, ohne da13 das Sediment wieder aufgewirbelt wird. Nachdem die Fliissigkeit abgelassen worden ist, kann der Hahn herausgezogen werden und das Sediment steht zur Weiterverarbeitung zur Verfiigung.
Trennung fester Phasen durch Auslesen.
Trennung durch Auslesen von erkennbaren Bestandteilen wurde bereits von EMleR (42) auf feine Pulver angewendet. Das Probegut wird auf einem Objekt­ triiger in diinner Schicht aufgebreitet und unter ein (binokulares) Mikroskop gebracht. Zweckmii13ige Beleuchtung und kontrastierender Hintergrund sollen sorgfiiltig ausgewiihlt werden. Moglichst niedrige Objektivvergro13erung gibt .ein weites Gesichtsfeld und einen wiinschenswert gro13en Arbeitsabstand zwischen Priiparat und Frontlinse des Objektivs.
Die linke Hand fa13t den Objekttriiger zwischen Zeigefinger und Daumen. Indem man das Priiparat langsam bewegt, wi I'd man einzelne, auszulesende Partikelchen gut wahrnehmen konnen. Um sie herauszuholen, nimmt man in die rechte Hand eine Priipariernadel, einen mit Griff versehenen Platindraht von 0,05 bis 0,1 mm Dicke odeI' einen entsprechenden Glasfaden und benetzt die Spitze des Geriites mit einer Spur Glycerin. Dabei mu13 jeder Uberschu13 peinlichst vermieden werden; es geniigt z. B. einen Tropfen auf dem Handriicken zu ver­ reiben und diesen dann mit del' Nadel zu beriihren. Nun bringt man (Beobachtung mit freiem Auge) die Spitze del' Nadel unter das Objektiv und stellt, wenn notig, nochmals scharf auf das Pulver ein. Die Nadelspitze wird erst unscharf erscheinen . Man senkt sie, bis sie ein gewiinschtes Par- tikelchen beriihrt und dieses an del' N adel­ spitze haften bleibt. Man entfernt dann langsam die Priipariernadel yom Objekttriiger und iiberfiihrt das Teilchen in einen in del' N iihe befindlichen Wassertropfen, wenn die Substanz wasserunloslich ist. Diese Mani­ pulation wird ungefiihr zehnmal wiederholt, d. h. jedenfalls so lange, bis man eine geeignete Anzahl Partikelchen hat. Da abel' durch diese Operation oft auch noch benachbarte, nicht zum gewiinschten Untersuchungsmaterial ge­ horige Teilchen mitgenommen werden kon­ nen, miissen nach dem Verdampfen des Wassel's ungewiinschte Teilchen in gleicher Weise entfernt werden. Es ist zweckmii13ig, wenn die Nadel immer so senkrecht als mog­ lich gehalten wird, da dadurch die Gefahr
Ahh. 17 . Mikl'oTlHlllipniatol'.
des Beriihrens fremder Bestandteile auf ein Minimum beschriinkt wird. Wenn del' Arbeitsabstand, wie dies bei starken Vergrof3erungen del' Fall sein kann,
24 Allgemeine Arbeitsmethoden.
kiirzer als 15 mm wird, so ist es notwendig, das Nadelende entsprechend zu biegen. Selbstverstandlich ist die Verwendung von Glycerin nur willkiirlich als Beispiel gewahIt, prinzipiell darf das Adhasionsmittel keine chemische Verbindung mit dem Probegut eingehen und muB in der Sammelfliissigkeit leicht loslich sein.
Wesentlich ruhiger, sicherer und bei einiger Ubung auch leichter sind derartige Operationen mit Hilfe eines "Mikromanipulators" durchzufiihren, wie dies schon SIEDENTOPF und PERTIFI (121) u. a. beschrieben haben, Abb. 17. Die not­ wendigen Bewegungen der Prapariernadeln werden mit HiHe von Differential­ und Mikrometerschrauben ausgefiihrt, die auf den Operationsstativen angebracht sind. Die verschiedenen Hilfswerkzeuge, teils mitgeliefert, teils selbst aus Glas angefertigt, werden in den entsprechenden Haltevorrichtungen montiert. Die notwendigen Bewegungen konnen vollkommen ruhig und bestimmt ausgefiihrt werden. Obendrein hat man die Moglichkeit, die einzelnen Vorgange bei hoher VergroBerung zu beobachten.
Behandlung mit Reagenzien.
Uber die Bestimmung von Reagensmengen lese man S. II nacho Zur Zugabe und Ubertragung von Fliissigkeiten dienen auf dem ZentigrammaJlstab auBer kleinen Glasloffelchen, die am Stopfen befestigt sind, und MeBpipetten auch Medizintropfer und ungeeichte Pipetten, die durch Ausziehen von Glasrohr von etwa 4 bis 6 mm Lumen zu einem kapillaren Auslaufrohr von etwa Ibis 10 cm Lange einfach hergestellt werden konnen. Der AusfluB aus derartigen Pipetten kann leicht durch Neigen und Kontrolle mit dem Finger geregelt werden, aber man kann sie auch mit einem Gummiballon oder durch Einsetzen in eine Injektionsspritze betatigen. Wenn das Zahlen der Tropfen der Volumbestim­ mung dienen soll, muB der Tropfer durch Auswagung mehrerer Tropfen kalibriert werden; es ist dabei zu beobachten, daB der Tropfer immer in derselben Weise gehandhabt wird (Benetzung oder Nichtbenetzung der AuBen­ flache der AusfluBoffnung), da dies die TropfengroBe entscheidend beeinfluBt. Es ist von Vorteil, daB die Oberflachenspannung anorganischer Salzlosungen von der des reinen Wassers in der Regel wenig abweicht. Feste Stoffe konnen mit kleinen Spateln (Draht aus geeignetem Metall an einem Ende flach gehammert) gehandhabt werden.
Wenn man mit Milligramm- und noch kleineren Mengen arbeitet, werden Fliissigkeiten besser mit Kapillaren und Kapillarpipetten (S. II) iibertragen. Fiir kritische Untersuchungen werden die Kapillaren am besten aus chemisch widerstandsfiihigem Glas hergestellt. Glasrohr von 8 bis 15 mm Lumen wird vor dem Ausziehen in 15 bis 50 cm lange Stiicke geschnitten, sorgfaltig gewaschen und getrocknet. Seifenwasser und destilliertes Wasser geniigen im allgemeinen, doch mogen andere Reinigungsmittel durch die besonderen Umstande angezeigt erscheinen. Es ist ratsam, einen Vorrat gereinigter Glasrohre, gebiindelt und in Papier eingeschlagen, bereit zu halten.
Zum Ziehen der Kapillaren benutze man eine Flamme, die es gestattet, 3 bis 5 cm des Rohres gleichzeitig zum Erweichen zu bringen. Die Ziehgeschwin­ digkeit bestimmt den Durchmesser der resuItierenden Kapillare; ihre Lange ist wesentlich durch die Menge des erweichten Glases bestimmt und, wenn stark­ wandige Rohren von mehr als 10 mm Lumen ausgezogen werden, konnen unter Mithilfe einer zweiten Person Kapillaren von bis zu 10 m Lange erhalten werden. Die Kapillaren werden am besten in Langen von 30 bis 50 cm geschnitten und an beiden Enden zugeschmolzen. Biindel konnen in Papier eingeschlagen werden; auch weites Glasrohr und Thermometerhiilsen eignen sich zur Aufbewahrung.
Behandlung mit Reagenzien. 25
Die birnenformigen Erweiterungen zwischen benachbarten Kapillarenstiicken eignen sich zur Anfertigung kleiner Pipetten.
Zum Zusatz kleiner Fliissigkeitsmengen kann man sich auch der Platinosen oder Rlihrhackcn (S. 13) bedienen. Die 6se oder das Hackchen mit der Zusatz­ fliissigkeit kann einfach in die zu behandelnde Fliissigkeit eingetaucht werden. Quirlen zwischen Daumen und Zeigefinger gibt griindliche Mischung. Nach dem Entziehen aus dem Gemisch ist es in der Regel ratsam, die 6se oder das Hakchen zu entleeren, indem man dam it die Gefal3wand nahe der Mischung wiederholt beriihrt. Beim Arbeiten in Spitzrohrchen empfiehlt es sich dann, die ganze Fliissigkeit durch kurzes Zentrifugieren zu sammeln.
Sehr geringe Fliissigkeitsmengen konnen mit Hilfe von Glasfaden, die am Ende zu einem kleinen Kiigelchen geschmolzen sind, transportiert und zugesetzt werden. Ubertragung und Zusatz kleiner fester Teilchen wird mit der zum Aus­ lesen benutzten Arbeitsweise vorgenommen, S. 23. Sehr kleine Niederschlags­ mengen, die an einer Textilfaser haften, konnen mit Leichtigkeit iibertragen werden, S. 64.
Zur Behandlung mit Gasen und Damplen geniigt es in der Regel, die Substanz (Losung) einer geeignet gewahlten Atmosphare auf kurze Zeit auszusetzen. Befindet sich das Material in einer 6se oder haftet es einer Textilfaser an, so geniigt es, den Trager kurze Zeit in den Gasraum einer Flasche (Ammoniak, Salzsaure, Bromwasser) einzusenken. Ein Objekttrager mit an der Unterseite hangendem Tropfen wird einfach auf die 6ffnung der Flasche aufgelegt. Eine Gaskammer dient demselben Zweck.
Ein auf beiden Seiten vollkommen plangeschliffener Glasring von etwa 15 mm Weite und 5 bis 15 mm Hohe schliel3t mit den Objekttragern eine Kammer, Abb. 18, ein. Ein Tropfen der das Gas abgebenden Losung wird entweder auf den Boden oder an die Decke der Kammer gebracht, je nachdem das Gas leichter oder schwerer als Luft ist. Das zu behandelnde Material wird entweder an die Decke oder auf den Boden der Kammer gegeben. Die Gaskammer kann auch als Exsikkator odeI' feuchte
Abb. 18. Einfache Gaskammcr.
Kammer dienen; im ersteren Fall beschickt man sie mit einem Trockenmittel, im zweiten mit einem Tropfen Wasser.
WennFliissigkeiten, die sich auf einem Objekttrager nicht ausbreiten, verwendet werden, kann man das das Gas entwickelnde Gemisch und den absorbierenden Tropfen Seite an Seite auf den Objekttrager bringen und das Entweichen des Gases durch Auflegen eines kleinen Uhrglaschens (1 bis 2 cm Durchmesser) ver­ hindern. Auch ein Spitzrohrchen mit Stopfen gibt eine brauchbare Gaskammer. Ein Tropfen befindet sich in der Spitze, der andere kann in einer am Stopfen befestigten 6se enthalten sein. Ein Wattebausch zwischen den beiden Tropfen verhindert das Uberspritzen von Fliissigkeit.
Zum Einleiten von Gasen in kleine Fliissigkeitsmengen (in Spitzrohrchen usw.) verwendet man seit EMICH 20 bis 30 cm lange Kapillaren von etwa 0,05 mm Lumen, die vom Ende eines Glasrohres von 6 mm Weite und einigen Zentimetern Lange ausgezogen werden. Nach Einschieben eines Wattebausches in das weite Rohr wird dieses mit der Gasquelle (Kipp), die das Gas mit einem Uberdruck von wenigstens 40 cm Wassersaule liefern soll, verbunden. Das Gas wird aus­ strom en gelassen, bis es an der 6ffnung der feinen Kapillare nachgewiesen werden kann. Ohne den Gasstrom abzustellen, wird die feine Kapillare dann in die zu
26 Allgemeine Arbeitsmethoden.
behandelnde Losung eingefiihrt, so daB eine Zeile kleiner Gasblaschen durch die Losung aufsteigt. Nach Gebrauch wird der von der Fliissigkeit benetzte Teil der feinen Kapillare abgebrochen und weggeworfen.
Erhitzen und Kuhlen.
" ... ZillKKorner
Abb. 20. ]<~rhitzell im g eschlossenen GefiHJ .
und Kiihlen einfach in zweckmaBige Bader einge­ senkt. Ein kleiner Becher mit Badfliissigkeit, deren Temperatur mit einem Thermometer kontrolliert wird, geniigt fiir die meisten Zwecke. Ein kleines Dampfbad kann leicht aus einer 250-ml-Erlen­ meyerflasche und einem geeigneten Glaseinsatz (Trichter) improvisiert werden, Abb. 19. Elektrisch geheizte Aluminiumblocke mit passenden Ausneh­ mungen fiir die Arbeitsgefa13e sind bequem. Die Universalheizblocke von GORBACH (62) sowie MA und SCHENCK (96) nehmen Proberohren verschie­ dener GroBe, Zentrifugierrohrchen, Spitzrohrchen, Kapillaren, Mikrobecher, Tiegel und Abdampf­ schalchen auf. Der Block von MA und SCHENCK gestattet Temperaturen bis zu 275°C innerhalb ± 2° aufrechtzuerhalten, der von GORBACH bis 360° C.
Zuweilen ist es vorteilhaft oder notwendig, das Erhitzen unter erhohtem Druck (Abb. 20) vorzu­ nehmen. Dies beschleunigt die quantitative Fallung von Sulfiden (besonders jene von Zinn, Germanium und Molybdan) nach Sattigen der Losung mit Schwefelwasserstoff; Fallung aus homogener Losung durch Erhitzen im geschlossenen GefaB mit Thio­ essigsaure gibt besonders dichte Niederschlage, die leicht zu trennen sind (32). Spitzrohrchen konnen vor dem Erhitzen zugeschmolzen werden, wenn man ihre Form entsprechend abandert, Abb.20, a; bequemer ist jedoch die Verwendung eines ge­ eigneten Verschlusses mit einem Spitzrohrchen der iiblichen Form (16). Der Mikroautoklav nach GORBACH (62 a), Abb. 21, gestattet den Arbeits­ druck mit dem Laufgewicht einzustellen.
Kapillaren werden am besten vor dem Erhitzen eines fliissigen Inhaltes an beiden Enden zuge­ schmolzen. Dies verhindert im FaIle des Auf­ tretens einer Gasentwicklung oder des Siedens das Herausschleudern der Fliissigkeit. Da Kapil­ laren sehr hohe Drucke aushalten, kann man ohne Bedenken den Siedepunkt der eingeschlossenen Fliissigkeit iiberschreiten und so eine Reaktions­
beschleunigung gewinnen, die meist der Temperaturerhohung folgt, aber auch aus der Druckerhohung stammen kann.
Erhitzen und Kiihlen. 27
Das Arbeiten in Kapillaren wurde von EMICH ausgebildet und von ihm und seinen Schiilern in verschiedenen Zusammenhangen beschrieben (41, 42, 43, 59, 65). In der Regel geht man von einer Kapillarpipette aus. Die Probelosung und
~\.bb. 21. ::\Iikroautoklav nach Gonll.\CH.
die Reagenslosungen werden durch die Spitze in solcher Reihenfolge aufsteigen gelassen, daB die letztaufgenommene Fliissigkeit derartiger Natur ist, daB sie beim Verdampfen keinen Riickstand hinterlaBt (fliichtige Saure, Ammoniak, Wasser), der spater beim Zuschmelzen storen konnte. Hierauf wird der weite Teil der Kapillarpipette in geeigneter Entfernung vom Fliissigkeitstropfen abge­ schmolzen, indem man in einer Operation in der Flamme zu einer feineren Kapil­ lare auszieht und abschmilzt. Hierzu eignet sich eine Mikroflamme (Sparflamme) oder der Saum der nichtleuchtenden Bunsenflamme knapp an der Miindung des Brenners. Wahrend des Ahkiihlens der Abschmelzstelle wird der Probetropfen aus der Pipettenspitze, wo er bisher durch Kapillarkraft festgehalten wurde, in die weite Kapillare gezogen, so daB es nun moglich ist, das Spitzenende durch kurzes Beriihren des Saumes der Bunsenflamme zuzuschmelzen. Es ist jedoch besser, erst den Inhalt durch Zentrifugieren im geschlossenen Ende der Kapillar­ pipette zu sammeln und dann die weite Kapillare nahe der Spitze auf die oben beschriebene Weise auszuziehen und abzuschmelzen. Ais nachster Schritt emp~ fiehlt sich, die beiderseits zugeschmolzene Kapillare auf einen Objekttrager (Glas­ platte) zu legen und die Abschmelzstellen unter dem Mikroskop zu untersuchen.
Der Inhalt einer Kapillare kann gemischt werden, indem man ihn wiederholt von einem Ende der Kapillare zum anderen zentrifugiert. Zum Erhitzen liiBt man die Kapillare in eine Proberohre aus starkem Glas gleiten, die in der Regel geniigend Schutz bietet, falls die Kapillare platz en sollte. Brillen sind trotzdem anzuraten; auch muB man Sorge tragen, da