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Anregungen zu einer ,,strategisch agierenden Forschungspolitik" vor der AGF-Jahrestagung Aus der Arbeit einer Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats, die die Zusammenarbeit der 13 Grol3forschungseinrichtun- gen mit den Hochschulen untersucht, hat sick der Vorschlag einer strategisch agierenden Forschungspolitik entwickelt. Vor der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Grol3for- schungseinrichtungen (AGF) am 8. November in Bonn stell- te ihn der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, der Jurist Prof. Dr. Dieter Simon (Universit~tt Frankfurt), vor allem fi~r die natur- und ingenieurwissenschaftliche sowie ftir die biomedizinische Grundlagenforschung zur Diskussion. Er vermiBt eine nationale Koordination, die neue Wege ebnen kann. Vorbilder fiar ein neues prognostisches Instrument sieht er in dem in der Schweiz entwickelten forschungspoliti- schen Fr0herkennungsverfahren und in der Arbeit der briti- schen Forschungsr~te. Der Wissenschaftsrat soll ein Kon- zept daf0r entwickeln. Die Wissenschaftsorganisationen sol- len dabei mitwirken, denn es gehe um eine ForschungsfOrde- rung, die wissenschaftlich und nicht politisch gesteuert ist. Fiinfte Runde im Leibniz-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft Elf Natur- und Technikwissenschaftler haben far 1990 die hochdotierten FOrderpreise im Rahmen des Gottfried Wil- helm Leibniz-Programms der Deutschen Forschungsge- meinschaft (DFG) erhalten. Mit jeweils bis zu 3 Mio DM aber einen Zeitraum von ftinf Jahren kOnnen sie ihre Ar- beitsbedingungen verbessern, ihre Forschungsm6glichkeiten erweitern, sich von administrativem Arbeitsaufwand entla- sten und besonders qualifizierte jtingere Wissenschaftler be- sch~fftigen. Der Preis (Naturwissenschaften aktuell 2/89) ging bei dieser ftinften Verleihung an besonders viele jt~nge- re Forscher. Prof. Dr. Reinhard Genzel (37 Jahre) am Max- Planck-Institut for Physik und Astrophysik in Garching hat sich nach radioastronomischen und molekt~lspektroskopi- schen Arbeiten in letzter Zeit vor allem mit der lnfrarot- astronomie und hier insbesondere mit dem galaktischen Zentrum befafit. Der Physiologe Prof. Dr. Rainer Greger (43), Universit~it Freibung, untersucht die Mechanismen des Transports von Elektrolyten durch die Zellmembran, dessen physiologische Regulation und pharmakologische Beeinftus- sung. Er hat dabei grundlegende Phanomene lebender Zel- len aufgekl~rt. Seine Arbeiten sind f~r den Eiektrolyttrans- port in Darm und Niere des Menschen bedeutend. Mit einer relativ kleinen Gruppe im Sonderforschungsbereich (SFB) ,,Genexpression in Vertebratenzellen" widmet sich Prof. Dr. Ingrid Grummt (46) an der Universit~it Wfirzburg der Tran- skription ribosomaler Gene in Eukaryonten. Sie will die mo- lekularen Mechanismen aufkl/iren, welche die Ribosomen- Synthese mit dem Zellwachstum koordinieren. Ebenfalts an der Universit~t Warzburg ist Prof. Dr. Bert H011dobler (53) mit Experimenten zur VerhaltensOkologie sozialer Insekten besch~ftigt. Am Beispiel der Ameisen will er die vielgestalti- gen Anpassungen sozialer Verhaltensweisen an 6kologische Nischen verstehen lernen. Dabei untersucht er aktuelle Fra- gender Zoologie: chemische Kommunikation und Orientie- rung, Dynamik yon Sozialstrukturen, Evolution von Tierso- ziet~tten. Mit Hilfe des Mainzer Mikrotrons (MAMI) forscht Prof. Dr. Konrad Kleinknecht (49) im SFB ,,Mittelenergie- physik mit elektromagnetischer Wechselwirkung". Vor sei- ner Berufung an die Universit~t Mainz 1985 hatte er sich mit Kern-, vor allem Elementarteilchenphysik befal3t und mit Neutrino-Streuexperimenten wichtige Beitr~tge zum Ver- st~ndnis der Struktur der Materie und der Kr~fte geleistet. Str0mungsphysik und Thermodynamik, insbesondere die Theorie der technischen Verbrennung, sind das Arbeitsge- biet yon Prof. Dr.-Ing. Norbert Peters (47) an der RWTH Aachen. Er leistet damit Beitr~ige zur effizienten Nutzung der Brennstoffe und zu m6glichst schadstoffarmen Emissio- nen. Eine fruchtbare Synthese von pr~iparativen Untersu- chungen mit detaillierten massenspektrometrischen Studien und theoretischen Berechnungen realisiert tier Organoche- miker Prof. Dr. Helmut Schwarz (46) an der TU Berlin. Er will die einzelnen Schritte grundlegender chemischer Reak- tionen wie Oxidation und Reduktion begreifen. Intrinsische Zusammenh~tnge zwischen Struktur, Bindung und Eigen- schaften fester Stoffe ermittelt die Forschergruppe der Pro- fessoren Dr. Arndt Simon (49) am Max-Planck-Institut for Festk6rperforschung in Stuttgart und Dr. Martin Jansen (45) am Institut for Anorganische Chemie der Universit~t Bonn. Sie gehen dabei von Synthesen neuer Verbindungen auf h6chstem Niveau aus. Simon hat auch ein ,,chemisches Modell" der Hochtemperatur-Supraleitung entwickelt, das auf einer gekoppelten Valenzfluktuation von Anionen und Kationen beruht. Jansen bemaht sich un/die ErschlieBung neuer Verbindungsklassen und darum,'bereits bekannte Verbindungen mit modernen Methoden der Strukturunter- suchung darzustellen und zu charakterisieren. Ein weiterer Leibniz-Preis geht an den Leiter der Forschergruppe Plane- tologie der Universit/it Mtinster, Prof. Dr. Dieter St6ffler. Er steht auf dem Gebiet der StoBwellenmetamorphose welt- weit an der Spitze. Weitere Arbeiten der Gruppe gelten der Genese der primordialen Mondkruste, der Planetenphysik sowie terrestrischen Impakt-Kratern. Hochaufl6sende Me- thoden zur Untersuchung der Phasenumwandlungen in Le- gierungen sind das Arbeitsgebiet von Prof. Dr. Richard Wagner (42) am GKSS-Forschungszentrum Geesthacht. Mit Hilfe der Feldionen- und der Transmissions-Elektronen-Mi- kroskopie sowie der Neutronen-Kleinwinkelstreuung hat er anhand der Defektstruktur in amorphen Legierungen Grundlegendes zum Verst~indnis des Verh~iltnisses zwischen mikroskopischer Struktur und mechanischem Verhalten ge- leistet. Zu sorgloser Umgang mit Datennetzen erleichtert Computer-Kriminalitfit Wissenschaft und Politik machen sich derzeit daran, das Problem der Computer-Kriminalit~t besser in den Griff zu bekommen. Das Rechtssystem liefert dazu derzeit wenige Handhaben. Es kommt auf das Sicherheitsbewul~tsein der Beteiligten und erst sekund~ir aueh auf technische Mal3nah- 588 Naturwissenschaften 76 (1989) Springer-Verlag 1989

Anregungen zu einer „strategisch agierenden Forschungspolitik“ vor der AGF-Jahrestagung

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Anregungen zu einer ,,strategisch agierenden Forschungspolitik" vor der AGF-Jahrestagung

Aus der Arbeit einer Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats, die die Zusammenarbeit der 13 Grol3forschungseinrichtun- gen mit den Hochschulen untersucht, hat sick der Vorschlag einer strategisch agierenden Forschungspolitik entwickelt. Vor der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Grol3for- schungseinrichtungen (AGF) am 8. November in Bonn stell- te ihn der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, der Jurist Prof. Dr. Dieter Simon (Universit~tt Frankfurt), vor allem fi~r die natur- und ingenieurwissenschaftliche sowie ftir die biomedizinische Grundlagenforschung zur Diskussion. Er vermiBt eine nationale Koordination, die neue Wege ebnen kann. Vorbilder fiar ein neues prognostisches Instrument sieht er in dem in der Schweiz entwickelten forschungspoliti- schen Fr0herkennungsverfahren und in der Arbeit der briti- schen Forschungsr~te. Der Wissenschaftsrat soll ein Kon- zept daf0r entwickeln. Die Wissenschaftsorganisationen sol- len dabei mitwirken, denn es gehe um eine ForschungsfOrde- rung, die wissenschaftlich und nicht politisch gesteuert ist.

Fiinfte Runde im Leibniz-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft Elf Natur- und Technikwissenschaftler haben far 1990 die hochdotierten FOrderpreise im Rahmen des Gottfried Wil- helm Leibniz-Programms der Deutschen Forschungsge- meinschaft (DFG) erhalten. Mit jeweils bis zu 3 Mio DM aber einen Zeitraum von ftinf Jahren kOnnen sie ihre Ar- beitsbedingungen verbessern, ihre Forschungsm6glichkeiten erweitern, sich von administrativem Arbeitsaufwand entla- sten und besonders qualifizierte jtingere Wissenschaftler be- sch~fftigen. Der Preis (Naturwissenschaften aktuell 2/89) ging bei dieser ftinften Verleihung an besonders viele jt~nge- re Forscher. Prof. Dr. Reinhard Genzel (37 Jahre) am Max- Planck-Institut for Physik und Astrophysik in Garching hat sich nach radioastronomischen und molekt~lspektroskopi- schen Arbeiten in letzter Zeit vor allem mit der lnfrarot- astronomie und hier insbesondere mit dem galaktischen Zentrum befafit. Der Physiologe Prof. Dr. Rainer Greger (43), Universit~it Freibung, untersucht die Mechanismen des Transports von Elektrolyten durch die Zellmembran, dessen physiologische Regulation und pharmakologische Beeinftus- sung. Er hat dabei grundlegende Phanomene lebender Zel- len aufgekl~rt. Seine Arbeiten sind f~r den Eiektrolyttrans- port in Darm und Niere des Menschen bedeutend. Mit einer relativ kleinen Gruppe im Sonderforschungsbereich (SFB) ,,Genexpression in Vertebratenzellen" widmet sich Prof. Dr. Ingrid Grummt (46) an der Universit~it Wfirzburg der Tran- skription ribosomaler Gene in Eukaryonten. Sie will die mo- lekularen Mechanismen aufkl/iren, welche die Ribosomen- Synthese mit dem Zellwachstum koordinieren. Ebenfalts an der Universit~t Warzburg ist Prof. Dr. Bert H011dobler (53) mit Experimenten zur VerhaltensOkologie sozialer Insekten besch~ftigt. Am Beispiel der Ameisen will er die vielgestalti-

gen Anpassungen sozialer Verhaltensweisen an 6kologische Nischen verstehen lernen. Dabei untersucht er aktuelle Fra- gender Zoologie: chemische Kommunikation und Orientie- rung, Dynamik yon Sozialstrukturen, Evolution von Tierso- ziet~tten. Mit Hilfe des Mainzer Mikrotrons (MAMI) forscht Prof. Dr. Konrad Kleinknecht (49) im SFB ,,Mittelenergie- physik mit elektromagnetischer Wechselwirkung". Vor sei- ner Berufung an die Universit~t Mainz 1985 hatte er sich mit Kern-, vor allem Elementarteilchenphysik befal3t und mit Neutrino-Streuexperimenten wichtige Beitr~tge zum Ver- st~ndnis der Struktur der Materie und der Kr~fte geleistet. Str0mungsphysik und Thermodynamik, insbesondere die Theorie der technischen Verbrennung, sind das Arbeitsge- biet yon Prof. Dr.-Ing. Norbert Peters (47) an der RWTH Aachen. Er leistet damit Beitr~ige zur effizienten Nutzung der Brennstoffe und zu m6glichst schadstoffarmen Emissio- nen. Eine fruchtbare Synthese von pr~iparativen Untersu- chungen mit detaillierten massenspektrometrischen Studien und theoretischen Berechnungen realisiert tier Organoche- miker Prof. Dr. Helmut Schwarz (46) an der TU Berlin. Er will die einzelnen Schritte grundlegender chemischer Reak- tionen wie Oxidation und Reduktion begreifen. Intrinsische Zusammenh~tnge zwischen Struktur, Bindung und Eigen- schaften fester Stoffe ermittelt die Forschergruppe der Pro- fessoren Dr. Arndt Simon (49) am Max-Planck-Institut for Festk6rperforschung in Stuttgart und Dr. Martin Jansen (45) am Institut for Anorganische Chemie der Universit~t Bonn. Sie gehen dabei von Synthesen neuer Verbindungen auf h6chstem Niveau aus. Simon hat auch ein ,,chemisches Modell" der Hochtemperatur-Supraleitung entwickelt, das auf einer gekoppelten Valenzfluktuation von Anionen und Kationen beruht. Jansen bemaht sich un/die ErschlieBung neuer Verbindungsklassen und darum, 'berei ts bekannte Verbindungen mit modernen Methoden der Strukturunter- suchung darzustellen und zu charakterisieren. Ein weiterer Leibniz-Preis geht an den Leiter der Forschergruppe Plane- tologie der Universit/it Mtinster, Prof. Dr. Dieter St6ffler. Er steht auf dem Gebiet der StoBwellenmetamorphose welt- weit an der Spitze. Weitere Arbeiten der Gruppe gelten der Genese der primordialen Mondkruste, der Planetenphysik sowie terrestrischen Impakt-Kratern. Hochaufl6sende M e - thoden zur Untersuchung der Phasenumwandlungen in Le- gierungen sind das Arbeitsgebiet von Prof. Dr. Richard Wagner (42) am GKSS-Forschungszentrum Geesthacht. Mit Hilfe der Feldionen- und der Transmissions-Elektronen-Mi- kroskopie sowie der Neutronen-Kleinwinkelstreuung hat er anhand der Defektstruktur in amorphen Legierungen Grundlegendes zum Verst~indnis des Verh~iltnisses zwischen mikroskopischer Struktur und mechanischem Verhalten ge- leistet.

Zu sorgloser Umgang mit Datennetzen erleichtert Computer-Kriminalitfit Wissenschaft und Politik machen sich derzeit daran, das Problem der Computer-Kriminalit~t besser in den Griff zu bekommen. Das Rechtssystem liefert dazu derzeit wenige Handhaben. Es kommt auf das Sicherheitsbewul~tsein der Beteiligten und erst sekund~ir aueh auf technische Mal3nah-

588 Naturwissenschaften 76 (1989) �9 Springer-Verlag 1989