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C. Wimmer 1 • M. Krismer 1 • H. Gluch 2 • W. Sterzinger 1 • M. Ogon 1 1 Universitätsklinik für chirurgische Orthopädie, Innsbruck 2 Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie, BHZ-Vogtareuth Vor- und Nachteile des retro- und transperitonealen Zugangs zur Fusion der präsakralen Bandscheibe Zusammenfassung In einer retrospektiven Studie untersuchten wir 180 Patienten nach, die wegen therapie- resistenten Schmerzen aufgrund einer Spondylolisthese oder Instabilität von ven- tral und dorsal fusioniert wurden. In Gruppe I wurden 90 Patienten einbezogen, die über den transperitonealen Zugang fusioniert wurden und in Gruppe II ebenfalls 90 Pati- enten, die über den retroperitonealen Zu- gang fusioniert wurden. In Gruppe II trat eine höhere Komplikationsrate auf als in Gruppe I. In 4 % kam es zu einer Pseudar- throse im Segment L5/S1, in 1 % zu einer Verletzung der V. iliaca communis, in 4 % zu einem Postsympathektomiesyndrom und in 3 % zu einer reversiblen L 4 -Wurzelläsion. Aufgrund der höheren Komplikationsrate in Gruppe II empfehlen wir den transperito- nealen Zugang zur Fusion L5/S1 oder L4/S1. Schlüsselwörter Lumbale Fusion Retroperitonealer Zugang Transperitonealer Zugang Spondylolisthese D ie interkorporelle Fusion des lumbo- sakralen Übergangs wurde bereits 1933 von Burns [2] und 1936 von Mercer [16] beschrieben. Harmon [10] berichtet 1960 über einen retroperitonealen Zu- gang zur Lendenwirbelsäule (LWS) über die linke Seite. Fraser et al. [8] be- schreiben 1992 einen retroperitonealen Zugang zum lumbosakralen Übergang, bei dem der M. obliquus externus und internus in Faserrichtung gespalten werden. Ein weiterer retroperitonealer Zugang zum lumbosakralen Übergang ist der pararektale Zugang, wie er in der orthopädischen Operationslehre von Bauer et al. 1991 [1] beschrieben wurde. Zur Fusion des lumbosakralen Übergangs verwendeten wir sowohl den transperitonealen als auch den re- troperitonealen Zugang. Ziel dieser re- trospektiven Studie war es die Kompli- kationen bei unterschiedlichem Zugang zu vergleichen. Operationstechnik Transperitonealer Zugang Der Patient wird in Rückenlage gelagert, die Hautinzision beginnt 1–2 Querfin- ger über dem Nabel und endet 3 Quer- finger oberhalb der Symphyse. Als alter- native Schnittführung kann auch der Pfannenstielschnitt verwendet werden. Nach Durchtrennung von Haut und Subkutis wird die Linea alba median mit dem Messer inzidiert. Das darunter- liegende Peritoneum wird mit dem Mes- ser eröffnet und anschließend mit der Schere längsgespalten. Mit großen La- parotomiehakenwird die Wunde distra- hiert und das große Netz nach oben ab- geschoben. Das rechts- und linksseitig gelegene Mesokolon wird mit feuchten Kompressen abgeschoben, das kaudal- und linksseitig gelegene Sigmoid wird mit Hilfe eines Spatels nach unten weg- gehalten. Dünndarmschlingen und die Mesenterialwurzeln werden ebenfalls abgeschoben. Das hintere Peritoneal- blatt wird 2 cm rechts der Mittellinie in- zidiert, von 2 Querfingern proximal der Aortenbifurkation bis 2 Querfinger di- stal des Promontoriums. Bei der Spal- tung muß darauf geachtet werden, daß die Äste des darunterliegenden Plexus hypogastricus superior nicht verletzt werden. Das Peritoneum wird stumpf abpräpariert. Die retroperitoneal gele- genen Gefäße und der Plexus hypoga- stricus superior sind von einer Fett-Bin- degewebe-Schicht bedeckt, welche rechts der Mittellinie über die A. com- munis dextra stumpf eröffnet wird. Das Promontorium und LWK 5 werden nach Unterbindung und Durchtren- nung der A. sacralis mediana darge- stellt. Die Aorta und die A.iliaca com- munis dextra und sinistra werden ange- schlungen und die V.iliaca communis dextra und sinistra werden beiseite ge- halten. Es können nun biegsame Spatel oder Harmonretraktoren beiderseits der präsakralen Bandscheibe zum Schutz der großen Beckengefäße einge- setzt werden. Von diesem Zugang ist in den meisten Fällen auch eine Darstel- lung des Zwischenwirbelraums L4/5 bei entsprechend vorsichtiger Präparation der V.iliaca communis sinistra und V.cava inferior möglich. Der Orthopäde 6·97 563 Orthopäde 1997 · 26:563–567 © Springer-Verlag 1997 Zum Thema: Retro- und transperitonealer Zugang Dr. C. Wimmer Universitätsklinik für Orthopädie, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck

Anterior interbody fusion of the lumbar spine

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Page 1: Anterior interbody fusion of the lumbar spine

C. Wimmer1 • M. Krismer1 • H. Gluch2 • W. Sterzinger1 • M. Ogon1

1 Universitätsklinik für chirurgische Orthopädie, Innsbruck2 Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie, BHZ-Vogtareuth

Vor- und Nachteile des retro-und transperitonealen Zugangs zurFusion der präsakralen Bandscheibe

Zusammenfassung

In einer retrospektiven Studie untersuchtenwir 180 Patienten nach, die wegen therapie-resistenten Schmerzen aufgrund einerSpondylolisthese oder Instabilität von ven-tral und dorsal fusioniert wurden. In Gruppe Iwurden 90 Patienten einbezogen, die überden transperitonealen Zugang fusioniertwurden und in Gruppe II ebenfalls 90 Pati-enten, die über den retroperitonealen Zu-gang fusioniert wurden. In Gruppe II trateine höhere Komplikationsrate auf als inGruppe I. In 4 % kam es zu einer Pseudar-throse im Segment L5/S1, in 1 % zu einerVerletzung der V. iliaca communis, in 4 % zueinem Postsympathektomiesyndrom und in3 % zu einer reversiblen L4-Wurzelläsion.Aufgrund der höheren Komplikationsrate inGruppe II empfehlen wir den transperito-nealen Zugang zur Fusion L5/S1 oder L4/S1.

Schlüsselwörter

Lumbale Fusion ⋅ Retroperitonealer Zugang ⋅Transperitonealer Zugang ⋅ Spondylolisthese

Die interkorporelle Fusion des lumbo-sakralen Übergangs wurde bereits 1933von Burns [2] und 1936 von Mercer [16]beschrieben. Harmon [10] berichtet1960 über einen retroperitonealen Zu-gang zur Lendenwirbelsäule (LWS)über die linke Seite. Fraser et al. [8] be-schreiben 1992 einen retroperitonealenZugang zum lumbosakralen Übergang,bei dem der M. obliquus externus undinternus in Faserrichtung gespaltenwerden. Ein weiterer retroperitonealerZugang zum lumbosakralen Übergangist der pararektale Zugang, wie er inder orthopädischen Operationslehrevon Bauer et al. 1991 [1] beschriebenwurde.

Zur Fusion des lumbosakralenÜbergangs verwendeten wir sowohlden transperitonealen als auch den re-troperitonealen Zugang. Ziel dieser re-trospektiven Studie war es die Kompli-kationen bei unterschiedlichem Zugangzu vergleichen.

Operationstechnik

Transperitonealer Zugang

Der Patient wird in Rückenlage gelagert,die Hautinzision beginnt 1–2 Querfin-ger über dem Nabel und endet 3 Quer-finger oberhalb der Symphyse. Als alter-native Schnittführung kann auch derPfannenstielschnitt verwendet werden.Nach Durchtrennung von Haut undSubkutis wird die Linea alba medianmit dem Messer inzidiert. Das darunter-liegende Peritoneum wird mit dem Mes-ser eröffnet und anschließend mit derSchere längsgespalten. Mit großen La-parotomiehaken wird die Wunde distra-hiert und das große Netz nach oben ab-geschoben. Das rechts- und linksseitiggelegene Mesokolon wird mit feuchtenKompressen abgeschoben, das kaudal-

und linksseitig gelegene Sigmoid wirdmit Hilfe eines Spatels nach unten weg-gehalten. Dünndarmschlingen und dieMesenterialwurzeln werden ebenfallsabgeschoben. Das hintere Peritoneal-blatt wird 2 cm rechts der Mittellinie in-zidiert, von 2 Querfingern proximal derAortenbifurkation bis 2 Querfinger di-stal des Promontoriums. Bei der Spal-tung muß darauf geachtet werden, daßdie Äste des darunterliegenden Plexushypogastricus superior nicht verletztwerden. Das Peritoneum wird stumpfabpräpariert. Die retroperitoneal gele-genen Gefäße und der Plexus hypoga-stricus superior sind von einer Fett-Bin-degewebe-Schicht bedeckt, welcherechts der Mittellinie über die A. com-munis dextra stumpf eröffnet wird. DasPromontorium und LWK 5 werdennach Unterbindung und Durchtren-nung der A. sacralis mediana darge-stellt. Die Aorta und die A. iliaca com-munis dextra und sinistra werden ange-schlungen und die V. iliaca communisdextra und sinistra werden beiseite ge-halten. Es können nun biegsame Spateloder Harmonretraktoren beiderseitsder präsakralen Bandscheibe zumSchutz der großen Beckengefäße einge-setzt werden. Von diesem Zugang ist inden meisten Fällen auch eine Darstel-lung des Zwischenwirbelraums L4/5 beientsprechend vorsichtiger Präparationder V. iliaca communis sinistra undV. cava inferior möglich.

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Orthopäde1997 · 26:563–567 © Springer-Verlag 1997 Zum Thema: Retro- und transperitonealer Zugang

Dr. C. WimmerUniversitätsklinik für Orthopädie,Anichstraße 35,A-6020 Innsbruck

Page 2: Anterior interbody fusion of the lumbar spine

Retroperitonealer Zugang

Die Hautinzision erfolgt 2 Querfingercaudal des Nabels schräg nach kranialverlaufend, bis 2 Querfinger oberhalbder Spina iliaca anterior linksseitig.Nach Dissektion der Subkutis erfolgtdas Spalten der Faszie des M. obliquusexternus sowie queres Spalten derScheide des M. recuts abdominis. DieFasern des M. obliquus externus werdenin Faserrichtung gespalten, ebenso dieFasern des M. obliquus internus unddes M. transversus abdomins. Das Peri-toneum parietale kommt zur Darstel-lung und es wird von lateral nach medialim retroperitonealen Fettgewebe mitdem Stieltupfer von der seitlichenBauchwand abgeschoben. Man trifft aufden längsverlaufenden Psoasmuskel,dem der N. genitofemoralis aufliegt.Durch Weghalten des M. psoas mit demSpatel kann die Anterolateralseite desPrävertebralraums dargestellt werden.Im retroperitonealen Fettgewebe sinddie A. und V. iliaca communis auszuma-chen, wobei die Arterie ventral derVene verläuft. Am Unterrand vonLWK 4 kreuzt der Ureter von lateralkommend und nach mediokaudal zie-hend die A. iliaca communis. Über dieAortenbifurkation zieht der Plexus hy-pogastricus superior, der sich vor demPromontorium auffächert, nach kaudal.Zur Darstellung des lumbosakralen

Übergangs wird der Psoasmuskel vonmedial her vorsichtig gelöst und nachlateral weggeschoben. Dabei kommendie Segmentalgefäße und die großkali-brige V. lumbalis ascendens zur Darstel-lung.

Nach Unterbindung der V. lumbalisascendens und der Segmentalgefäßekommt die Bandscheibe L5/S1 zur Dar-stellung. Zur Exposition der LWS wer-den nun die Iliakalgefäße vorsichtigvom Lig. longitudinale anterius abgelöstund zur anderen Seite mobilisiert. Sinddie Vasa iliaca communia zur anderenSeite mobilisiert kommt der Truncussympathicus zur Darstellung, der beiOperationen oberhalb LWK5 nach me-dial, unterhalb davon nach lateral weg-gehalten wird.

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Zum Thema: Retro- und transperitonealen Zugang

C. Wimmer • M. Krismer • H. Gluch •W. Sterzinger • M. Ogon

Anterior interbody fusion of thelumbar spine

Summary

In a retrospective study, we evaluated180 patients treated for painful spondylolis-thesis with combined anterior and posteriorfusion. Group I included 90 patients treatedby anterior fusion with the transperitonealapproach. Group II included 90 patients op-erated on with a retroperitoneal approach.Group II showed a higher incidence of pseu-darthrosis L5/S1 (4 %), tear of the commoniliac vein (1 %), postsympathectomy syn-drome (4 %) and reversible L4 nerve-rootlesion (3 %). On the basis of our findings, werecommend the transperitoneal approachfor anterior interbody fusion L5 to S1 or L4 toS1.

Key words

Lumbar fusion ⋅ Retroperitoneal approach ⋅Transperitoneal approach ⋅ Spondylolisthesis

Orthopäde1997 · 26:563–567 © Springer-Verlag 1997

1 2

Abb. 1~Darstellung des Bandscheibenraums L5/S1 über den transperitonealen ZugangAbb. 2~Darstellung der interkorporellen Fusion L5/S1 nach Implantation der Beckenkamspäne

Tabelle 1Diagnose

Spondylolisthese n

Isthmisch 95Degenerativ 81Dysplastisch 4

Meyerding

I 75II 91III 12IV 2

Page 3: Anterior interbody fusion of the lumbar spine

Nach Darstellung des zu fusionie-renden Segments wird das Spanlagerpräpariert. Das Spanlager wird fürbeide Zugänge in gleicher Weise präpa-riert.

Präparation des Spanlagers

Zu Beginn der Präparation des Zwi-schenwirbelraums ist eine radiologi-sche Bestätigung der korrekten Höheobligatorisch. Mit dem Messer wird dasvordere Längsband gemeinsam mitdem ventralen Anteil des Anulus fibro-sus in ganzer Breite exzidiert und daserreichbare Bandscheibengewebe mitdem Rongeur entfernt. Unter Einsetzendes Arthrodesespreizers in die eineHälfte des Zwischenwirbelraums wirddie weitere Präparation erleichtert, indem die beiden Deckplatten unter Ein-satz von scharfen Löffel, Curette undMeißel entkorpelt und angefrischt wer-den (Abb. 1). Nach dorsal bleibt der hin-terste Anteil des Anulus fibrosus erhal-ten. Der Arthrodesespreizer wird in diepräparierte Hälfte umgesetzt und dieandere Seite in gleicher Weise vorberei-tet. Als Interponat benötigt man einen

druckfesten kortikalen oder kortigo-spongiösen Span zum Aufspreizen desZwischenwirbelraums. Der druckfesteSpan wird in seiner Höhe, Tiefenaus-dehnung und Form entsprechend dempräparierten, maximal aufgespreiztenZwischenwirbelraum mit der Säge zu-rechtgeschnitten und mit dem Stößel indie Mitte des Zwischenwirbelraums ein-getrieben. Nach Abnehmen des Sprei-zers muß er nun unverrückbar undohne Kippmöglichkeiten fest sitzen. Inweiterer Folge wird dann noch ein2. Beckenspan interponiert (Abb. 2).

Patientengut und Ergebnisse

Es wurden insgesamt 180 Patienten miteiner ventralen Fusion von L5/S1 oderL4-S1 nachuntersucht. Die durch-schnittliche Nachuntersuchungszeit be-trug 3 Jahre (1–8 Jahre). Alle Patientenwurden zusätzlich von dorsal mit ver-schiedenen Instrumentarien (CD, DKS,Fixateur interne und Moss) und einerposterolateralen Spondylodese stabili-siert (Abb. 3). Die Indikation zur Opera-tion waren in allen Fällen therapieresi-stente Schmerzen bei Spondylolisthese

mit und ohne Instabilität (Tabelle 1).Wir unterteilten die Patienten aufgrunddes unterschiedlichen vorderen Zu-gangs in 2 Gruppen.

Alle Patienten, die über den trans-peritonealen Zugang fusioniert wurden,teilten wir der Gruppe I zu. Dies wareninsgesamt 90 Patienten, 46 Frauen und43 Männer. Im Durchschnitt betrug dasOperationsalter 43 (15–65) Jahre. Eswurde bei 67 Patienten die Etage L5/S1fusioniert und bei 23 Patienten L4–S1(Abb. 4).

Gruppe II beinhaltet 90 Patienten,die über den retroperitonealen Zugangventral fusioniert wurden. Es waren49 Frauen und 41 Männer. Im Durch-schnitt betrug das Operationsalter 40(9–65) Jahre. In dieser Gruppe wurden33 Patienten L5/S1 und 57 PatientenL4–S1 fusioniert.

Der intraoperative Blutverlust warin Gruppe I bei der monosegmentalenFusion durchschnittlich 250 (150–300)ml, bei der bisegmentalen Fusiondurchschnittlich 400 (200–800) ml. Diedurchschnittliche Operationszeit be-trug bei monosegmentalen Fusion 130(110–200) min, bei der bisegmentalenFusion 180 (140–250) min.

In Gruppe II betrug der Blutverlustbei der monosegmentalen Fusiondurchschnittlich 200 (100–500) ml, bei

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a b c d

Abb. 3 a–d~ a, b Spondylolisthese L5/S1, Meyerding I. c, d 12 Monate postoperativ nachventraler Fusion und dorsaler CD-Instrumentation L5/S1

Page 4: Anterior interbody fusion of the lumbar spine

der bisegmentalen Fusion 400(200–2500) ml. Die durchschnittlicheOperationszeit betrug 120 (105–140)min bei der monosegmentalen Fusion,bei der bisegmentalen Fusion durch-schnittlich 170 (120–300) min.

Insgesamt kam es bei der Fusiondes lumbosakralen Übergangs in26 Fällen zu einer Komplikation. Diesentspricht einer Komplikationsratevon 14 %, die sich in Gruppe I mit 11 %und in Gruppe II mit 17 % unterteilt.An Komplikationen traten reversibleWurzelläsionen, PostsympathektomieSyndrome, paralytischer Ileus, Sexual-

störungen, Pseudarthrosen und Gefäß-verletzungen auf (Tabelle 2). Bei denSexualstörungen handelte es sich in al-len Fällen um eine retrograde Ejakulati-on. In einem Fall kam es beim retrope-ritonealen Zugang zu einer Verletzungder V. iliaca communis sinistra. Hiermußte eine Gefäßprothese implantiertwerden.

Bei den klinischen Ergebnissenkonnten wir keinen Unterschied bezüg-lich des ventralen Zugangs feststellen(Tabelle 3). Die klinischen Ergebnissewurden mit Hilfe eines Fragebogens er-mittelt.

Diskussion

Durch die Kombination von ventralerinterkorporeller Fusion und dorsalerSpondylodese mit und ohne Instru-mentation konnte die Pseudarthrose-rate bei der Fusion an der LWS we-sentlich gesenkt werden [11, 13, 17,18]. Außerdem konnten die klinischenErgebnisse bei den kombinierten Vor-gehen gegenüber der rein dorsalenFusion deutlich verbessert werden[12].

In der Literatur [4–6, 11, 14, 17] wirdeine Komplikationsrate von 23–32 % beider ventralen interkorporellen Fusionangegeben. In unserer Studie ist dieKomplikationsrate mit 14 % deutlichniedriger. Die Komplikationen sindhierbei gehäuft paralytischer Ileusbeim transperitonealen Zugang gegen-über dem retroperitonealen Zugang.

Störungen der Sexualfunktionkommen durch Verletzung des Plexushypogastricus zustande, insbesonderewenn anstelle von Gefäßclips die mono-polare Diathermie oder Mikrodiather-mie verwendet wird. In der Literaturwerden Sexualstörungen in unter-schiedlicher Häufigkeit angegeben.Cauchoix et al. [3] geben bei 9 von 400ventralen Fusionen Sexualfunktionstö-rungen des Mannes an. Freebody et al.[9] berichten, daß sie beim transperito-nealen Zugang keine Sexualstörungenfanden. Wir fanden eine Ejakulations-störung in 3 Fällen beim retroperitonea-len Zugang und in einem Fall beimtransperitonealen Zugang.

Verletzungen der Gefäße tretendurch anatomische Abweichungen imVerlauf der V. iliaca sowie auch durchVerwachsungen auf. Es hat sich gezeigt,daß die interkorporelle Fusion von L5/S1 über den retroperitonealen Zugangaus gefäßanatomischer Sicht schwieri-ger ist und somit auch größere Gefahren

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Zum Thema: Retro- und transperitonealen Zugang

a b

Abb. 4 a, b~ 12 Monate postoperativ nach ventraler Fusion und dorsaler CD-Instrumentation L4–S1

Tabelle 2Komplikationen

Komplikationen Zugang transperitonealn

Zugang retroperitonealn

Reversible Wurzelläsion L5 2 0Reversible Wurzelläsion L4 0 3Postsympathektomiesyndrom 0 4Paralytischen Ileus 3 1Ejakulationstörung 1 3Wundheilungstörung 2 0Verletzung der V. iliaca communis 0 1Pseudarthrose L5/S1 2 4

Gesamt 10 16

Tabelle 3Klinische Ergebnisse

Schmerzen Gruppe I(n)

Gruppe II(n)

Keine 25 23Geringe 32 34Mäßige 27 28Starke 6 5

Page 5: Anterior interbody fusion of the lumbar spine

von Verletzungen birgt. In einem Fallkam es zur Verletzung der V. iliaca com-munis (2500 ml Blutverlust). Der Ope-rationssitus füllt sich rasch mit Blut an,die Übersicht geht verloren. Es emp-fiehlt sich die Verletzungsstelle manuellabzudrücken und einen Gefäßchirur-gen zu Rate zu ziehen.

Ventralseitig der Wirbelsäule ver-läuft der Truncus sympathicus. EineVerletzung des Truncus sympathicus,in unterschiedlichen Ausmaß, konntenwir beim retroperitonealen Zugang in4 Fällen feststellen. Alle Patienten be-merkten, daß ein Bein trockener undkälter war als das andere.

In jenen Fällen, in denen es zu einervorübergehenden Wurzelläsion kam,stellte dies für den Patienten in der post-operativen Phase eine gravierende Be-hinderung dar. Die Läsion wird durchmechanische Verletzung intraoperativgesetzt und tritt vor allem bei ange-spanntem und sehr voluminösemM. psoas auf, der zur Präparation derWirbelsäule beim retroperitonealen Zu-gang nach lateral abgedrängt werdenmuß.

Die ventrale interkorporelle Fusiondes lumbosakralen Übergangs hat sichals eine Routineoperation etabliert. Mitdem Beginn der minimal-invasivenChirurgie hat sich jedoch einiges geän-dert. Durch die Weiterentwicklung vonRetraktionsystemen ist es heute mög-lich mit einem verkleinerten transperi-tonealen und retroperitonealen Zugang

mit einem Hautschnitt von 4 cm füreine Fusion L5/S1 bzw. L5/L4, L4/L3oder L3/L2 auszukommen [15]. Erste ei-gene Ergebnisse zeigten eine Verkür-zung der Operationszeit und einenniedrigeren Blutverlust. Eine andereWeiterentwicklung stellt der Einzug derlaproskopischen Fusion des lumbosa-kralen Übergangs unter Verwendungvon „cages“ dar [19]. Für die Zukunftdürfen aber die konventionellen offenenZugänge nicht in Vergessenheit geraten,da es immer wieder Situationen gebenwird, in denen ein offener konventionel-ler Zugang notwendig wird.

Fazit für die Praxis

Gewichtet man die Komplikationen des re-troperitonealen und transperitonealen Zu-gangs zur Fusion des lumbosakralen Über-gangs, so kann kein eindeutiger Unterschiedfestgestellt werden. Tendenziell erscheintder transperitoneale Zugang für die ventraleFusion von L5/S1 oder L4–S1 besser.

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