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Ist eine Kritische Ausgabe zu Steiners Schriften wirklich notwendig? Oder wäre das nur der Fall, wenn die vorliegenden Ausgaben dem Leser die Ausbildung seiner „Organe“ wesentlich erschwerten oder verunmöglichten? Ist es nicht eigentlich unwichtig, was Steiner gesagt, getan, gewollt hat? Muss heute nicht jeder einzelne aus sich selbst herausfinden, was er sagen, tun und wollen soll und was die Menschheit heute nötig hat? – Braucht sie schon wieder eine Neuausgabe, am Ende mit einem noch schwerfälligeren kritischen Apparat? 1 Lenkt der nicht bloß von der Konzentration auf das Wesentliche ab? Steiner ist seit langem tot, die Lebensumstände haben sich vielfach geändert und die Einheitlichkeit der anthroposophischen Welt zuzeiten der Weihnachtstagung ist längst vorüber. Jeder Leser muss selbst seine Organe entwickeln. Sollte ihm daher der zu erarbeitende Text nicht so einfach wie möglich gestaltet sein, ohne unnötige Anforderungen an Gedächtnis und Intellekt? Braucht man dafür etwa wissenschaftliches Kauderwelsch oder philosophische Begriffsverrenkungen, wie es heute üblich ist? Auch veraltete Rechtschreibung und aus der Mode gekommene Formulierungen halten einen beim Lesen nur unnötig auf. Der August wird mir hoffentlich die nötige Ruhe gewähren, einen großen Teil meiner lieben Freiheitsphilosophie zu Papier zu bringen. Ich werde nicht ermangeln, Ihnen von den Fortschritten Mitteilung zu machen. Ich werde mich jeder weiteren Exkursion, allen Vergnügungen zeitraubender Art entziehen und mich bloß dieser Arbeit widmen. Über die Form bin ich ja auch nicht mehr im geringsten Zweifel; es wird ein schlichter Prosastil; nicht Brief- und nicht Dialogform; ohne viel Paragraphenteilung, ohne die üblichen gelehrten Zitate und schulmäßigen Schnörkeleien. Sehen Sie sich Schillers Aufsatz „Über naive und sentimentalische Dichtung“ an und denken Sie sich solche Aufsätze aneinandergereiht, so haben Sie die Form der Freiheitsphilosophie [...]. Ich würde mich freuen, wenn es dahin käme, durch die Form den Inhalt so nahe zu bringen, daß man philosophische Gedanken wie einen unterhaltenden und lehrreichen Roman liest. (GA 38, S. 18f; oder GA 4, Anhang S. 450) Besonders Steiners philosophische Werke im steifen 19.-Jahrhundert- Gelehrten-Jargon sind keineswegs derart eingängig und wer weiß, wie viele Leser diese Bücher schon entnervt zurseite gelegt haben. Sollen diese an der Ausbildung ihrer Organe oder am Verständnis des Freiheitsbegriffes gehindert werden? Die Philosophie der Freiheit kann behaupten gelesen zu haben, wer sie 50mal durchgenommen hat; ist das aber ein Buch, das jeder Interessierte gerne sooft lesen will, mit all den Zitaten und nur für Philosophien interessanten Widerlegungen? 1 Online-Faksimiles: Ph.d.Fr. 1894 , Nietzsche 1895 , Theos.1922 , Wahrh. u. W.1925 , Geh.w.1925 , Goethes Weltansch. 1921 , Grundlinien 1886

Anthroposophie - Weg von Steiner, alles Neu (SKIZZE)

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Die Anthroposophen klammern sich an Steiner? Wie wäre es denn, wenn man ihn endlich mal beiseite schöbe und selbst anfinge?Es handelt sich um eine SKIZZE, die fortgesetzt werden muss.

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Ist eine Kritische Ausgabe zu Steiners Schriften wirklich notwendig? Oder wre das nur der Fall, wenn die vorliegenden Ausgaben dem Leser die Ausbildung seiner Organe wesentlich erschwerten oder verunmglichten?Ist es nicht eigentlich unwichtig, was Steiner gesagt, getan, gewollt hat? Muss heute nicht jeder einzelne aus sich selbst herausfinden, was er sagen, tun und wollen soll und was die Menschheit heute ntig hat? Braucht sie schon wieder eine Neuausgabe, am Ende mit einem noch schwerflligeren kritischen Apparat? Lenkt der nicht blo von der Konzentration auf das Wesentliche ab?Steiner ist seit langem tot, die Lebensumstnde haben sich vielfach gendert und die Einheitlichkeit der anthroposophischen Welt zuzeiten der Weihnachtstagung ist lngst vorber.

Jeder Leser muss selbst seine Organe entwickeln. Sollte ihm daher der zu erarbeitende Text nicht so einfach wie mglich gestaltet sein, ohne unntige Anforderungen an Gedchtnis und Intellekt? Braucht man dafr etwa wissenschaftliches Kauderwelsch oder philosophische Begriffsverrenkungen, wie es heute blich ist? Auch veraltete Rechtschreibung und aus der Mode gekommene Formulierungen halten einen beim Lesen nur unntig auf.Der August wird mir hoffentlich die ntige Ruhe gewhren, einen groen Teil meiner lieben Freiheitsphilosophie zu Papier zu bringen. Ich werde nicht ermangeln, Ihnen von den Fortschritten Mitteilung zu machen. Ich werde mich jeder weiteren Exkursion, allen Vergngungen zeitraubender Art entziehen und mich blo dieser Arbeit widmen. ber die Form bin ich ja auch nicht mehr im geringsten Zweifel; es wird ein schlichter Prosastil; nicht Brief- und nicht Dialogform; ohne viel Paragraphenteilung, ohne die blichen gelehrten Zitate und schulmigen Schnrkeleien. Sehen Sie sich Schillers Aufsatz ber naive und sentimentalische Dichtung an und denken Sie sich solche Aufstze aneinandergereiht, so haben Sie die Form der Freiheitsphilosophie [...]. Ich wrde mich freuen, wenn es dahin kme, durch die Form den Inhalt so nahe zu bringen, da man philosophische Gedanken wie einen unterhaltenden und lehrreichen Roman liest. (GA 38, S. 18f; oder GA 4, Anhang S. 450)Besonders Steiners philosophische Werke im steifen 19.-Jahrhundert-Gelehrten-Jargon sind keineswegs derart eingngig und wer wei, wie viele Leser diese Bcher schon entnervt zurseite gelegt haben. Sollen diese an der Ausbildung ihrer Organe oder am Verstndnis des Freiheitsbegriffes gehindert werden? Die Philosophie der Freiheit kann behaupten gelesen zu haben, wer sie 50mal durchgenommen hat; ist das aber ein Buch, das jeder Interessierte gerne sooft lesen will, mit all den Zitaten und nur fr Philosophien interessanten Widerlegungen?Wre nicht dies am besten: Jemand, der seine Organe bereits gengend weit ausgebildet hat, schreibt selbst Bcher, wie sie fr unsere Zeit und eine mglichst breite Leserschaft angepasst sind.Wenn ich etwas Persnliches sagen darf, so ist es das: Wenn ich selbst Vortrge halte, so ist es anders, als man sonst Vortrge hlt. Da wird aus der Erinnerung oftmals gesprochen; was man gelernt hat, was man gedacht hat, wird aus der Erinnerung oftmals entwickelt. Derjenige, der wirklich bersinnliche Wahrheiten entwickelt, mu sie eigentlich immer in dem Momente, wo er sie entwickelt, erzeugen. So da ich selber dreiig-, vierzig-, fnfzigmal denselben Vortrag halten kann, und er ist fr mich nie derselbe. Das ist auch natrlich schon sonst so; aber in erhhtem Mae ist es der Fall, dieses Unabhngigsein vom Gedchtnis, dieses Hineintragen in ein inneres Leben, wenn eine innere Stufe des Gedchtnisses erreicht ist. (GA 214, S. 132)Die Namen Steiner, Anthroposophie usw. mssen dabei gar nicht vorkommen; sondern alles muss aus sich selbst heraus schlssig und einleuchtend sein ohne Zitate, die der Beglaubigung dienen sollen udgl. (das wre nur Autorittsglubigkeit). Dann erst hat man wirkliche Eigenarbeit geleistet und nicht nur etwas Altes wiedergekut.

Herzog Huan von Tchi, der erste seines Herrscherhauses, sa auf dem Thron unter seinem Baldachin und las in seinen Klassikern. Und Pjen, der Wagner, war drauen im Hof und machte ein Rad. Nun geschah es, dass Pjen Hammer und Meiel beiseite legte, die Treppenstufen hinaufstieg, und zu Herzog Huan sagte: Darf ich Euer Gnaden fragen, was Ihr da lest? Der Frst sagte: Das ist von den Klassikern, den Autoritten - Leben sie noch oder sie sie schon tot?, fragte da Pjen. Der Herzog erwiderte: Schon lange gestorben. - Dann, sagte der Wagner, lest Ihr nur den Abfall, den sie zurckgelassen haben.

Der Herzog erwiderte: Was weit Du denn darber? Du bist nur ein Wagner. Du solltest mir besser eine gute Begrndung fr deine Bemerkung geben, sonst mut Du sterben. Der Wagner sagte: Betrachten wir die Angelegenheit doch einmal von meinem Blickwinkel aus. Wenn ich Rder mache, und mir Zeit lasse und zu sachte vorgehe, dann fallen sie auseinander, und wenn ich zu grob bin, dann passen sie nicht und klemmen. Nur wenn ich weder zu sachte noch zu grob vorgehe, dann werden sie richtig und passen dann auch. Dann ist mein Werk genau so, wie ich es beabsichtigt hatte. Das kann man nicht in Worte fassen, man muss einfach lernen, wie es gemacht wird. Ich kann nicht einmal meinem eigenen Sohn exakt sagen, wie es geht, und mein eigener Sohn kann es auch nicht von mir lernen. Hier bin ich also, schon siebzig Jahre alt, und mache immer noch Rder! Die Mnner des Altertums nahmen alles, was sie wirklich wussten, mit sich ins Grab.

Und so, Euer Gnaden, ist das, was Ihr da lest, nur der Abfall, den sie zurckgelassen haben. (aus: Chuang Tse, der Mann des Tao)Also weg vom Guru Steiner! Welcher Mathematiker denkt heute noch an Pythagoras oder Hermes, wenn er rechnet? Er hat die Namen mal gehrt, aber er baut seine Beweise doch nicht auf deren mglicherweise lngst verschollene Schriften auf. Nichts ist mein Verdienst; nichts kommt dabei auf mich an. Das einzige, was ich mir selbst zuzuschreiben habe, ist, das ich eine strenge Trainierung durchgemacht habe, die mich vor jeder Phantastik schtzt. (GA 264, Brief Steiners an Eliza von Moltke vom 12.4.1904) Mir wre es am liebsten, wenn ich die Anthroposophie jeden Tag anders nennen knnte, damit nicht die Leute am Worte festhalten, das Wort aus dem Griechischen bersetzen und darnach sich ihr Urteil bilden. Es ist ganz gleichgltig, wie man das benennt, was hier getrieben wird. Darauf kommt es nur an, da das, was hier getrieben wird, berall auf die Wirklichkeit losgehen will und die Wirklichkeit streng ins Auge fat, nicht eine sektiererische Idee verwirklichen will. (Die pdagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis, GA 306a, S. 21)Dann kommt auch so etwas nicht mehr vor:Mir als Archivleiter und auch dem Vorstand der Nachlassverwaltung ist klar, dass vor allem im Vortragswerk viele Stellen und ganze Vortrge in einem Ma[] redigiert worden sind, das heute kaum mehr nachvollziehbar ist. Die von mir [...] erwhnte Selbstverstndlichkeit, dass fr unser Archiv ein ndern von Wortlauten in einem von Rudolf Steiner selbst redigierten Text ausgeschlossen sei, bezog sich natrlich auf die editorische Zukunft, die vor uns liegt, und nicht auf die Vergangenheit, in der, wie gesagt, vieles nicht so gemacht wurde, wie wir das heute erwarten wrden.

Und grundstzlich ist zu beachten (hier bezogen auf bestimmte Meditationen):

Ich kann nur einzelne Andeutungen machen. Ich berlasse es Ihrer eigenen Meditation, weiterzubauen auf diesem Gebiete. Die Dinge sind in vieler Beziehung aphoristisch. Aber aus einer solchen Zusammenstellung wie dieser hier [...], wenn Sie sie wirklich als Meditationsstoff benutzen, werden Sie die Mglichkeit haben, sehr viel herauszuentnehmen.(GA 178, S. 235) Online-Faksimiles: HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/004_1894.pdf"Ph.d.Fr. 1894, HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/005_1895.pdf"Nietzsche 1895, HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/009_1921.pdf"Theos.1922, HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/003_1925.pdf"Wahrh. u. W.1925, HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/010_1925.pdf"Geh.w.1925, HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/006_1921.pdf"Goethes Weltansch. 1921, HYPERLINK "http://anthroposophie.byu.edu/facsimiles/002_1886.pdf"Grundlinien 1886

Stellungnahme von Dr. David Marc Hoffmann, Archivleiter im Rudolf Steiner Archiv. Das Zitat stammt aus Seite 4 des folgenden Dokuments: HYPERLINK "https://www.rudolfsteinerausgaben.com/ueber-den-verlag/media/briefwechsel-mit-rs-archiv.pdf" https://www.rudolfsteinerausgaben.com/ueber-den-verlag/media/briefwechsel-mit-rs-archiv.pdf