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Newsletter No. 68 April 2015 Nachrichten und Meinungen LandLebensWert! Unter diesem Titel hat eine Arbeitsgruppe der Bezirke Nord-Niedersachsen und Hannover ein Impulspapier vorgelegt, das sich mit den Proble- men der ländlichen Räume befasst. Die Analysen und Vorschläge sollen in den Parteigliederungen diskutiert und mitgestaltet werden. Es ist geplant, das daraus unter dem Motto „Stadt und Land – gemeinsam Hand in Hand“ ein Aktionsprogramm für Niedersachsen für eine Politik in den ländli- chen Räumen, in denen die Mehrheit der Nieder- sachsen lebt, entsteht. Aus dem umfangreichen Papier wird an dieser Stelle als Grundlage für die Diskussion in der kommenden Mitgliederver- sammlung der Abschnitt „Zentren und Umland gehören zusammen“, da die Aussagen dieses Abschnittes für Buxtehude als Mittelzentrum von besonderem Interesse sind. Auf Wunsch kann das gesamte Papier als E-Mail oder ausgedruckt von mir erhältlich. (UL) ZENTREN UND UMLAND GEHÖREN ZUSAMMEN: POLITIK FÜR DIE LEBENS- REALITÄT MACHEN. Die Lebensrealität vieler Menschen basiert auf einer simplen Abwägung: Sie leben dort, wo es gute Arbeit gibt – und dort wo für sie und Fami- lien Bildung, Betreuung, Pflege und vieles mehr verfügbar sind. Solang diese Ansprüche an einem Ort oder durch Pendeln zwischen Stadt und Land erfüllt werden können, wählen gerade junge Fa- milien bevorzugt den ländlichen Raum als Lebensort. Die vielen Neubaugebiete der vergangenen Jahre sind Zeugnis dieses Prozesses. Wenn aber das Angebot in ländlichen Räumen sinkt, kommt der Wettbewerbsvorteil urbaner Regionen unüber- windlich zum Tragen. Dieser Trend ist in der Vergangenheit politisch nachhaltig durch den zumeist in Städten geförderten Wohnungsbau gestützt worden. In der Folge erleben wir vieler- orts Leerstände in ländlichen Räumen, während in den Städten bezahlbarer Wohnraum knapp wird – zusätzlich nimmt dort die soziale Spaltung durch Gentrifizierung zu. Ökonomische und soziale Gegensätze zwischen Stadt und Land sind das Ergebnis. Die regionale Konkurrenz zwischen Stadt und Land ist auch durch deren Strukturen als Ge- bietskörperschaften systembedingt: Kommunen sind in der Regel so geschnitten, dass sie zumeist vollständig rein städtische oder ländliche Profile bilden. Diese Gebietskörperschaften gestalten ihre politische Willensbildung interessengeleitet nach dem reinen Konkurrenzprinzip. Zugleich greifen landes- und bundespolitische Aus- gleichsinstrumente nicht hinreichend. Deshalb kommt es darauf an, eine gemeinsame Politik für Niedersachsens Regionen zu gestalten – außer- halb von festen Gebietsstrukturen und eben ent- lang der Lebensrealität der Mehrheit der Bevöl- kerung. Zahlreiche Handlungsoptionen haben das Ein- kaufsverhalten der Bevölkerung und die klassi- sche Rollenverteilung im ländlichen Raum über die letzten Jahrzehnte stark verändert und können zu einer flächendeckenden Versorgung in allen Bereichen führen: Vom Bringdienst vor Ort, der Bestellung im Internet durch die Leistungser- weiterung regionaler Versorger, Wochenmärkte, fahrende Händler, Gründung von „Dorfläden“, Nachbarschaftshilfen. Über die Vernetzung mit Existenzgründerinnen und –gründern im ländli- chen Raum können sich solche Einkaufsangebote zu alternativen Dorfkernzonen entwickeln. Entscheidend sind dabei die Mobilitätsachsen: Dort, wo Menschen entlang pendeln, müssen Angebote organisiert werden, die attraktiv sind. Deshalb gilt: Gerade in ländlichen Strukturen müssen Bildungs-, Betreuungs- und Pflegeange- bote qualitativ besser werden -– insbesondere hinsichtlich des Angebots, der Öffnungszeiten und der Kosten. Aber es geht auch um attrakti- vere Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten. Ein solcher Strukturwandel muss nicht nur politisch gewollt sein, sondern auch praktisch gefördert werden. Im Mittelpunkt unserer Anstrengung steht ein Versprechen: Gleiche Bildungschancen für alle Kinder! Deshalb kommt es gerade im ländlichen

April 2015 (Newsletter Nr. 68)

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Newsletter No 68 April 2015

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  • Newsletter No. 68 April 2015

    Nachrichten und Meinungen

    LandLebensWert! Unter diesem Titel hat eine Arbeitsgruppe der Bezirke Nord-Niedersachsen und Hannover ein Impulspapier vorgelegt, das sich mit den Proble-men der lndlichen Rume befasst. Die Analysen und Vorschlge sollen in den Parteigliederungen diskutiert und mitgestaltet werden. Es ist geplant, das daraus unter dem Motto Stadt und Land gemeinsam Hand in Hand ein Aktionsprogramm fr Niedersachsen fr eine Politik in den lndli-chen Rumen, in denen die Mehrheit der Nieder-

    sachsen lebt, entsteht. Aus dem umfangreichen Papier wird an dieser Stelle als Grundlage fr die Diskussion in der kommenden Mitgliederver-sammlung der Abschnitt Zentren und Umland gehren zusammen, da die Aussagen dieses Abschnittes fr Buxtehude als Mittelzentrum von besonderem Interesse sind. Auf Wunsch kann das gesamte Papier als E-Mail oder ausgedruckt von mir erhltlich. (UL)

    ZENTREN UND UMLAND GEHREN ZUSAMMEN: POLITIK FR DIE LEBENS-REALITT MACHEN.

    Die Lebensrealitt vieler Menschen basiert auf einer simplen Abwgung: Sie leben dort, wo es gute Arbeit gibt und dort wo fr sie und Fami-lien Bildung, Betreuung, Pflege und vieles mehr verfgbar sind. Solang diese Ansprche an einem Ort oder durch Pendeln zwischen Stadt und Land erfllt werden knnen, whlen gerade junge Fa-milien bevorzugt den lndlichen Raum als Lebensort. Die vielen Neubaugebiete der vergangenen Jahre sind Zeugnis dieses Prozesses. Wenn aber das Angebot in lndlichen Rumen sinkt, kommt der Wettbewerbsvorteil urbaner Regionen unber-windlich zum Tragen. Dieser Trend ist in der Vergangenheit politisch nachhaltig durch den zumeist in Stdten gefrderten Wohnungsbau gesttzt worden. In der Folge erleben wir vieler-orts Leerstnde in lndlichen Rumen, whrend in den Stdten bezahlbarer Wohnraum knapp wird zustzlich nimmt dort die soziale Spaltung durch Gentrifizierung zu. konomische und soziale Gegenstze zwischen Stadt und Land sind das Ergebnis. Die regionale Konkurrenz zwischen Stadt und Land ist auch durch deren Strukturen als Ge-bietskrperschaften systembedingt: Kommunen sind in der Regel so geschnitten, dass sie zumeist vollstndig rein stdtische oder lndliche Profile bilden. Diese Gebietskrperschaften gestalten ihre politische Willensbildung interessengeleitet nach dem reinen Konkurrenzprinzip. Zugleich greifen landes- und bundespolitische Aus-gleichsinstrumente nicht hinreichend. Deshalb

    kommt es darauf an, eine gemeinsame Politik fr Niedersachsens Regionen zu gestalten auer-halb von festen Gebietsstrukturen und eben ent-lang der Lebensrealitt der Mehrheit der Bevl-kerung. Zahlreiche Handlungsoptionen haben das Ein-kaufsverhalten der Bevlkerung und die klassi-sche Rollenverteilung im lndlichen Raum ber die letzten Jahrzehnte stark verndert und knnen zu einer flchendeckenden Versorgung in allen Bereichen fhren: Vom Bringdienst vor Ort, der Bestellung im Internet durch die Leistungser-weiterung regionaler Versorger, Wochenmrkte, fahrende Hndler, Grndung von Dorflden, Nachbarschaftshilfen. ber die Vernetzung mit Existenzgrnderinnen und grndern im lndli-chen Raum knnen sich solche Einkaufsangebote zu alternativen Dorfkernzonen entwickeln. Entscheidend sind dabei die Mobilittsachsen: Dort, wo Menschen entlang pendeln, mssen Angebote organisiert werden, die attraktiv sind. Deshalb gilt: Gerade in lndlichen Strukturen mssen Bildungs-, Betreuungs- und Pflegeange-bote qualitativ besser werden - insbesondere hinsichtlich des Angebots, der ffnungszeiten und der Kosten. Aber es geht auch um attrakti-vere Einkaufs- und Freizeitmglichkeiten. Ein solcher Strukturwandel muss nicht nur politisch gewollt sein, sondern auch praktisch gefrdert werden. Im Mittelpunkt unserer Anstrengung steht ein Versprechen: Gleiche Bildungschancen fr alle Kinder! Deshalb kommt es gerade im lndlichen

  • Raum darauf an, dafr zu sorgen, dass der Zu-gang zu Bildungsangeboten nicht vom Einkom-men, vor allem aber eben auch nicht vom Woh-nort abhngt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Kultusministerin, der aktuell in der Anhrung ist, bietet dazu beste Voraussetzungen. Er beendet die Ungleichbe-handlung der Schulformen und ist ein Schritt zu gerechteren Bildungschancen und mehr Bil-dungsteilhabe in Niedersachsen. Folgende politische Manahmen sind dabei besonders wichtig:

    Unser Ziel muss es sein, flchendeckend Bildungseinrichtungen zu erhalten und qualitativ auszubauen. Dies betrifft den frhkindlichen Bereich bei Krippen und Kindergrten, Grundschulen, aber auch weiterfhrende allgemein- und berufsbil-dende Schulen. Zu den Bildungseinrich-tungen gehren aber auch Bibliotheken und Kultureinrichtungen. Darber muss regional entschieden werden, damit in jeder Region alle Bildungswege offen stehen, die junge Menschen heute brau-chen.

    Wer in lndlichen Rumen lebt, pendelt hufig zwischen Wohnort und Arbeits-platz. Entscheidend ist deshalb eine fl-chendeckend ausgebaute Kinderbetreu-ung mit langen ffnungszeiten in Krip-pen und Kindergrten: darauf mssen sich Familien in lndlichen Rumen ver-lassen knnen. In Zukunft mssen wir die Betreuungsqualitt weiter strken und noch mehr Angebote schaffen, um Beruf und Familie vereinbarer zu machen.

    Durch regionale und landesweite Raum-ordnungspolitik muss die Entwicklung von Drfern und Dorfgemeinschaften knftig geradezu ermglicht werden - und nicht wie bisher von CDU und FDP verhindert. Diese Rahmenbedingung ist elementar fr eine intelligente, an regio-nale spezifizierte Entwicklung von Ort-schaften in ihrer jeweiligen Region.

    Auch und gerade in lndlichen Rumen sind vielerorts kleine und mittlere Unter-nehmen als Hidden Champions positi-oniert, die nicht nur regional, sondern sogar international ttig sind. Diese Un-ternehmen knnen vielfach ein Nukleus fr weitere Entwicklung sein entschei-dend ist dabei die Anbindung an einen der wichtigsten Infrastruktur-Punkte un-serer Zeit: Schnelles Internet. Der Breit-bandausbau muss gerade im lndlichen

    Raum mit staatlicher Untersttzung mas-siv vorangetrieben werden. Die Zwi-schenziele sind dabei mindestens 30 MBit/s flchendeckend bis 2020 (Ziel EU) bzw. 50 MBit/s flchendeckend bis 2018 (Ziel Bundesregierung). Letztlich muss eines erkannt werden: Die Digitali-sierung ist eine erhebliche Chance fr Wirtschaft und Gesellschaft gerade im lndlichen Raum, weil vorhandene rumliche Entfernungen so maximal wettgemacht werden knnen. Zudem knnen bestehende Dienstleistungen we-sentlich effizienter erbracht werden, in der Folge entstehen durch Vernetzung von intelligenten Systemen Smart Regi-ons.

    Fr eine eigenstndige wirtschaftliche Entwicklung lndlicher Regionen kommt es gerade darauf an, regionale Wert-schpfungsketten strategisch zu planen und durch entsprechende Frderpro-gramme zu untersttzen. Dabei ist die Begleitung und Vernetzung von Exis-tenzgrnderinnen und -grndern beson-ders zu bercksichtigen beispielhaft sind dafr die Untersttzung von Coworking Spaces und Maker Treffs (Gemeinschaftsbros und -werksttten).

    Es wird eine Wohnungsbaufrderpro-gramm speziell fr den lndlichen Raum bentigt, das An-, Um- und Neubauten fr generationsbergreifendes und/oder barrierefreies Wohnen frdert. Auch der Bestandswohnungsbau sollte durch eine landesweite Verbreitung des Programms Jung kauft alt gefrdert werden.

    Mit vernderten Ansprchen an Wohnen auf dem Land mssen dafr die erforder-lichen Dienstleistungen bereitstehen. Leitbild fr die Entwicklung lndlicher Rume ist der inklusive Sozialraum. Er bercksichtigt die Mglichkeiten des bar-rierefreien, selbstbestimmten Wohnens durch Zugnglichkeit zu allen notwendi-gen Infrastrukturen und Untersttzungs-leistungen im passgenauen Zuschnitt je-der lndlichen Kommune. Dabei sind bisherige Angebote und knftig bentigte Strukturen so zu bndeln, dass sie ein-fach zu nutzen und fr die Betroffenen aus einer Hand geleistet werden. Dazu sind bspw. bereits vorhandene Projekte der Wohnungsbaugenossenschaften fr den lndlichen Raum zu frdern und weiter zu entwickeln, z.B. kombinierte

  • Wohn- und Pflegeeinrichtungen, Dorf-gemeinschaftshuser und inklusive Wohnprojekte hierzu mssen jeweils vor Ort passende Strukturen entwickelt werden. Neben Wohngebieten mit ein-heitlicher Baustruktur sollte fr andere

    ausgewiesene Bereiche die starre Regle-mentierung an uerlichkeiten und Rahmenbedingungen fr Neubauten auf-gehoben werden, um neue Entfaltungs-mglichkeiten zu schaffen.

    Buxtehude hilft Flchtlinge in Buxtehude Zur diesem Thema erluterten auf der Mitglie-derversammlung am 12.3. Frau Epskamp aus der Stadtverwaltung und Frau Rathjens von der AWO, was in Buxtehude fr Flchtlinge und Asylbewerber getan wird und welche Herausfor-derungen noch zu bewltigen sind. Frau Epskamp ging insbesondere auf das Problem der Unter-bringung ein. Bislang seien 260 Personen in Buxtehude untergebracht worden. Dies konnte dezentral im ganzen Stadtgebiet in angemieteten Husern und Wohnungen geschehen. Bis August 2015 msse Buxtehude noch 164 Personen auf-nehmen, 20 % der dem Landkreis zugewiesenen Personen. Die Unterbringung auch dieser Men-schen in Wohnung sei durch das Projekte Bebel-strae und Melkerstieg gesichert. Da aber mit einem weiteren Zustrom von Flchtlingen und Asylbewerbern zu rechnen sei, werde schon jetzt von der Stadtverwaltung ber Unterbringungs-mglichkeiten nachgedacht. Da der Wohnungs-markt sehr angespannt sei, mssten wahrschein-lich auch Wohncontainer aufgestellt werden, die dafr erforderlichen Grundstcke seien in stdti-scher Hand. Als erstes solle das Grundstck Alt-lnder Strae/Westmoorweg genommen werden. Die Anwohner in dem Stadtbereich werden am 18.3. in einer ffentlichen Veranstaltung ber die Manahme der Stadt informiert. Selbstverstnd-lich wrde aber alles unternommen, auch in Zu-kunft die Flchtlinge dezentral in Wohnungen unterzubringen, es werde sich intensiv um die Anmietung von Wohnungen bemht. Die Kosten fr die Unterkunft wrden zu 10% vom Kreis getragen, der auch die Kosten fr die Einrichtung der Wohnung trage. Zur Herkunft der Flchtlinge sagte Frau Eps-kamp, dass zurzeit der grte Teil aus Syrien kme und vom Status als Brgerkriegsflchtlinge nach der Genfer Konvention anerkannt wrden und sie somit Bleiberecht und Arbeitserlaubnis erhielten. Die Verwaltung habe einen Flyer in 8 Sprachen mit den wichtigsten Informationen fr die ankommenden Menschen vorbereitet. Die Betreuung der Flchtlinge knne aber die Stadt-verwaltung nicht allein leisten, dazu bedrfe es zustzlich vielfltiger ehrenamtlicher Hilfe. Bis-lang htten sich schon sehr viele Helferinnen und Helfer zur Verfgung gestellt. Den Einsatz der

    ehrenamtlich Ttigen wrde die Stadtverwaltung koordinieren. Nheres ist im Internet auf Home-page der Stadt Buxtehude zu finden (Unter Leben in Buxtehude Flchtlinge). Ansprechpartnerin: Frau Elke Baier-Wirbals, Tel.: 04161/501 2550. Helfer und Helferinnen werden weiter gesucht.

    Frau Rathjens berichtete ber die vielfltigen Aktivitten der AWO. Diese umfassten die die Sprachfrderung, Untersttzung bei der Ein-schulung der Flchtlingskinder oder die Gesund-heitsfrsorge oder die Rechtshilfe und Rckkehr-hilfe fr abgelehnte Asylbewerber. Ehrenamtli-che Helfer und Helferinnen wrden einen we-sentlichen Teil der direkten Arbeit leisten. Sie betonte auch, wie wichtig eine positive Will-kommenskultur fr die Flchtlinge sei und wie wichtig es wre, die zurzeit positive Stimmung bei den Brgerinnen und Brgern Buxtehudes zu wahren. (UL)

    Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder. Diese entspricht nicht unbedingt derjeni-gen des Ortsvereins-Vorstandes. Beitrge (erwnscht) und Themenvorschlge bitte an: Dr. Uwe Lampe, Beim Kloster Dohren 13, 21614 Buxtehude, Tel.: 04161/80125, e- Mail: [email protected]

    Frau Rathjens (links) und Frau Epskamp (Mitte)