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XI. Aus der II. medlcinischen Klinik in Berlin. Arbeit und normales Tachogramm. Von Dr. Dimitri Pletnew, Priv.-Doe. an der Universiffit Moskau. (Hierzu Tale1 II.) Die verwickclten und vielscitigen Erscheinungen des Kreislaufas unter normalen und pathologischen Bcdingungen wurden yon jeher flaissig studirt. Trotz aller Mannigfaltigkeit warden sic auf einfache Gesetze zudickgefiihrt. Bei ihrem Studium ist man aber zur Uebe~zeugung ge- kommen, class man bci Bcurtheilung verschiedener Cireulationsph'~nomane nie das Herz allein bcriicksichtigcn darf7 sondern dass man immer die enge Relation zwischen Harz- und GefSssarbeit~ resp. Herzenergie und GefSsswidarstand vet hugen haben muss, was schon Marcy nach- driicklich betonte. AIIe Lebenserscheinungen des Organismus spie|en sich mehr oder weniger am Herz-Gef~sssystem ab. Manchmal sind die hbweiahungen dar Relationen zwischen dem Herzen und den Gef~issen so fein, dass sic mit unsercn heutigcn Untersuchungsmethodan kaum nachzuwciscn sind. Und geradc diese fcinen Unferschiedc haben grosse Bedeutung, denn be| ihnan satzt die funetionclle Diagnostik ein, bier |st die wichtige Basis fiir die Beurtheilung der Uebarg/ingc zwischen normalen und pathologischcn Abweichungen yon den sogenanntcn mittleren Werthen. Viclfaeh studirt worden |st die Abhiingigkeit dar Hcrzth'/itigkcit yon der Arbeit be| gesunden und kranken Menschen. Die Resultatc der Untersuchungen st|tureen in manchen Richtungen nicht iiberein. Be| diesen Untersuchungen wurde die Harzth/itigkeit baurthei|t naeh dem Wechsel der Hcrzgrenzen (Percussion und Orthodiagraphie), dar Puls- schl/igc, des zeitlichcn artericllcn Druckablaufes u. a. Sovicl mir die Literatur bekannt |st, |st zum Studium der Herz- thiitigkeit unter vcrschiedencn Bedingungen dcr von v. Krics angegebenc Flammentaehograph bis heutc nicht vial benutzt worden. Die wenigcn hrbeiten, die mit diesem Apparat gemacht sind~ stammcn yon Fr. Kraas, Riicdi, Balli, D. Gerhardt, B. ZiwschitzundO. MiiIlcr. DerApparat scheint viel zu wenig yon den Klinikern gesch/ttzt zu werden, was um so bedanernswerther ist~ als be| seiner Anwendung die Herzgef/issth/ttigkeit yon andcren Gcsichtspunktan bcurtheilt warden kann, wie das mit

Arbeit und normales Tachogramm

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Page 1: Arbeit und normales Tachogramm

XI.

Aus der II. medlcinischen Klinik in Berlin.

Arbeit und normales Tachogramm.

Von

Dr. Dimitri Pletnew, Priv.-Doe. an der Universiffit Moskau. (Hierzu Tale1 II.)

Die verwickclten und vielscitigen Erscheinungen des Kreislaufas unter normalen und pathologischen Bcdingungen wurden yon jeher flaissig studirt. Trotz aller Mannigfaltigkeit warden sic auf einfache Gesetze zudickgefiihrt. Bei ihrem Studium ist man aber zur Uebe~zeugung ge- kommen, class man bci Bcurtheilung verschiedener Cireulationsph'~nomane nie das Herz allein bcriicksichtigcn darf 7 sondern dass man immer die enge Relation zwischen Harz- und GefSssarbeit~ resp. Herzenergie und GefSsswidarstand vet hugen haben muss, was schon Marcy nach- driicklich betonte.

AIIe Lebenserscheinungen des Organismus spie|en sich mehr oder weniger am Herz-Gef~sssystem ab. Manchmal sind die hbweiahungen dar Relationen zwischen dem Herzen und den Gef~issen so fein, dass sic mit unsercn heutigcn Untersuchungsmethodan kaum nachzuwciscn sind. Und geradc diese fcinen Unferschiedc haben grosse Bedeutung, denn be| ihnan satzt die funetionclle Diagnostik ein, bier |st die wichtige Basis fiir die Beurtheilung der Uebarg/ingc zwischen normalen und pathologischcn Abweichungen yon den sogenanntcn mittleren Werthen.

Viclfaeh studirt worden |st die Abhiingigkeit dar Hcrzth'/itigkcit yon der Arbeit be| gesunden und kranken Menschen. Die Resultatc der Untersuchungen st|tureen in manchen Richtungen nicht iiberein. Be| diesen Untersuchungen wurde die Harzth/itigkeit baurthei|t naeh dem Wechsel der Hcrzgrenzen (Percussion und Orthodiagraphie), dar Puls- schl/igc, des zeitlichcn artericllcn Druckablaufes u. a.

Sovicl mir die Literatur bekannt |st, |st zum Studium der Herz- thiitigkeit unter vcrschiedencn Bedingungen dcr von v. Krics angegebenc Flammentaehograph bis heutc nicht vial benutzt worden. Die wenigcn hrbeiten, die mit diesem Apparat gemacht sind~ stammcn yon Fr. Kraas , Riicdi, Balli , D. Ge rha rd t , B. Z i w s c h i t z u n d O . MiiIlcr. DerApparat scheint viel zu wenig yon den Klinikern gesch/ttzt zu werden, was um so bedanernswerther ist~ als be| seiner Anwendung die Herzgef/issth/ttigkeit yon andcren Gcsichtspunktan bcurtheilt warden kann, wie das mit

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sonstigen Apparaten geschieht. Wie bckannt~ werdcn bei der Tachographie die veto Arterienpuls abMngigen Volumschwankungen eincs Armes 7 der sich in einem luftgeffillten Cylinder betindet, vermittels~ eincs ebenfalls luft- gcfiil!ten Sehlauches auf eine Oasllamme iibertragen. Die Schwankungen der Oasflamme werden auf ein lichtemplindliches Papicr, welches auf eine rotirende Trommel aufg'espannt ist~ projicirt. Diose lqammenschwankungen geben die Volumschwankungen des Armcs wieder, die vom Arterienpuls verursaoht sind. Die golumzunahme des hrmes als solehe hat keine Wirkung auf die Oasflamme, letztere Volumschwankungen werden mittels des Plethysmographen dargestellt. Die tachographische Flamme reagirt nur auf die pulsatorisehen Volumiinderungen des hrmes, insofern sic die Gcschwindigkeit, mit welcher das hrmvolumen zu- und abnimmt~ wiedergcben~ d. h. sic ist abh'angig yon dot Ftillung der krterien in Polgc der Hcrzcontraetionen. 7~Die St/trke des Luftstromes stellt~ wie v. Kries selbst sagt~ nichts anderes dar, als den jeweiligen Ueberschuss der arteriellen fiber die venSse Stromst'arke . . . . Die IIShe der Gasflamme (und namentlich aueh ihres leuchtendcn Thciles) h/i.ngt n'amlich yon der Oe- schwindigkeit des AusstrSmens ab; bei wechselnder St/trke des Stromes stellt slch die Flamme fast momentan so ein, wie es dot jeweiligen St/irke dessclben entspricht. ~t Die Ordinaten des Tachogramms sind der Raschbeit der pulsatorischen Schwankungen des krmes proportional. Die ersten Erhebungen des Tachogramms geben ceieris paribus die systolische Kraft des Herzens wieder. Die folgenden secund/iren Er- hebungen stellen reflectirte Wellen dar. ]in der kbscissenaehse wird die unbekannte gleichm'assige vcnSse Stromst/irke wiedergegeben.

lch habe eine Reihe (14) yon gesunden Menschen, meistens Soldaten, betreffs der Reactionsf'ahigkeit ihres tlerz-Gefftsssystems auf die Arbeit untersucht. Bei den betreflenden Personen wurden Pulszahl, Sphygmo- grammg Pulsdruek und Tachogramme vor der'Arbeit und ha th der Arbeit aufgenommen. Rach der hrbeil; wurden nut die Sphymogramme nieht wiederholt~ denn bei tier tcchnischen Anpassung des Sphygmo- graphen verliert man relativ viel Zeit~ in weleher die vorkommenden Schwankungen verschwinden kSnnen. Desbalb musste ich mich naeh der krbeit mit der Untersuehung der Pulszahl, des Pulsdruckes und der Flammentaehogramme begnfigen. Die Arbeit bestand in zwSlf regel- m/issigen Kniebeugen. }lit Absicht verzichtete ich auf krbeit mit den Armen vermittelst eines Apparates~ was sonst bequem ist, da ich aur dieso Weise locale Einwirkungen auf das Oef'asssystem des Armes ver- meiden wollte. Die Bestimmung des Pulsdruckes (minimalen und maximalen) machte ich mit dem von Riva-Rocci angegebenen kpparate. Die Untersuchung geschah immer znr gleichen Stunde, da, wie bekannt ist, die Tageszeit in Folge verschiedener Umst/inde auch eine gewisse Rolte auf die Circulation ausiibt. Die tachographischen Aufnahmen wurden bei horizontaler Lage des krmes angefertigt.

Bevor wir zur Besprechung des Einfiusses der hrbeit auf alas Flammentachogramm fibergehen~ mSgen hier die Zahlen des Druck- ablanfes und der t)ulszahl vor und naeh der Arbeit yon gesunden Menschcn angeffihrt wcrden.

Zeit~chrift f. exp. Pa thdog ie u. Therapie. 6. Bd. 1~

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274 D. P l e t n e w ,

L~ufende Nummcr und

Nume

]- Z. 2. K. 3. S. 4. K. 5. St. 6. Sch. 7. W. 8. C. 9. N.

10. C. I I . 0. 12. M. 13. 0c. 14. So.

- Puls t Pulsdruek

V o r d e r h r b e i t

75 : 118 98 : 1"20

106 : 134 96 : 1'20 95 : 120 92 : 118 90 : 110 98 : 118 85 : 120 96 : 1~0 95 : 120 90 : 122 95 : 120 95 : 125

Puls

N u c h d e r A r b e i t

Pulsdruek

72 68 "/4 64 68 76 70 68 70 68 64 72 68 76

82 94 84: 84 78

100 120 72 88 80 86 94 90

100

75 : 120 95 : 130

110 : 135 105 : 1'25 100 : 125 90 : 120 80 : 100 86 : 118 95 : 130

100 : 126 100 : 125 95 : 130

100 : 130 90 : 120

Ich werde hier den Einfluss der Arbeit auf den arteriellen Nut- druck nicht besprechen, sondern ffhre nur die Zahlcn an als ver- gleichende Zusammenstellung der taehographisehen Ergebnisse mit denen des Druckablaufes. Es sind zahlreiche Arbeiten erschienen, worin der Eintluss der Arbeit auf den arteriellen Druckablauf eingehend studirt ist, auf welchen ieh den Leser verweisen muss.

Was die sphygmographischen Curven anbetrifft, so werden dieselben hier nicht abgebildet, da sic alle ausnahmslos keine Abweichung veto normalen Typus zeigen.

Bei Uebersieht der Tachogramme 1) bemerkt man, dass in alien Curven, die nach der Arbeit aufgenommen sind, der IIauptschlag steiler abf~llt, als in den vor der Arbeit erhaltenen Curven. Der Abfall iiber- schreitet nicht die Abscisse. Der Nebensehlag verbreitert sich meist; in manehen Tachogrammen /indert er sich allerdings kaum, die Zwischen- und Nachsehliige sind sehwaeh ausgesprochen.

Dis genannten Veriinderungen sind bemerkbar in allen Curven, es variirt nut der Grad dieser Yerii, nderungen. Bei Uebersicht der Curven ist ausserdem noeh eine Ver/i, nderung der HShe des Hauptschlages be- merkbar.

Je nach der ItShenveriinderung miissen die Curven in zwei Kategorien vertheilt werden. In tier ersten wiiehst naeh der Arbeit die HShe des Hauptschiages, in der anderen bleibt sie gleich tier urspriing- lichen. Letzeres ist in den Fitllen 6, 7 und 14 geschehen. In diesen Piillen ist, wie man aus der angefiihrten Tafel sehen kann, der Weehsel

1) Um Missverstiindnisse zu vermeidon, fiihre ich hier die Terminologie, der sich v. Kr i r s bedient, und die ioh im Weiteren auch benutzen werde. Der erste yon Herzen kommende Anstoss zeichnet sioh als rascher und erheblicher Anstieg aus und wird als s y s t o l i s c h e r , primii, r e r o d e r H a u p t s c h l a g bezeichnet. Im ab- fallenden Schenkel ist eino zweite Erhebung zu sehen, der sogenannte D i c r o t u s o d e r N e b e n s c h l a g . Danebenkommen noch andereErhebungen vet. Z w i s c h e n- s c h l a g flit Erhebungen Zwischen l i a u p t - u n d Nebenschlag, N a c h s c h l a g fiir Er- hebungen: welche nach dcm Dicrotus erscheinen.

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der Pulszahl ziemlioh gross und ausserdcm ist noch eine kleine Er- niedrigung des arteriellen Druekes (Fall 7 und 14) eingetreten.

Was die HShensteigerung betrifft, so ist letztere versehieden, sic sehwankt in ziemlieh breiten Grenzen "con 0,5--2,5 ram. So ist im Falle 1 die H6he des IIauptschlages yon 16 mm auf 18,5 mm ge- waehsen (-+- 2,5 mm), im Folio 3 yon 18,5 mm auf 20,0 mm (-I- 1,5 mm), ira Falle 5 yon 19,0 mm auf 21.5 mm (-]- 2,5 ram) u. s. w. In den genannten F/tllen waren alle br Menschen krMtig. Ihre Puls- zahl und der Blutdruok haben ouch kaum eine ger/tnderung erfahrcn.

Gehen wir zur Erkl~rung dot beobaohteten l+]rseheinungen fiber. Die Circulation resp. deren Abweiehungen yon der Norm mfissen

haupts/~chlieh auf Ver/i.nderungen des Verhaltens der Herzkraft uncl der im Gefiisssystem herrsehenden Widersttinde bezogen werden. Diese zwei Faetoren erseheinen bei ihrer Wirkung auf die Circulation in gewissem Sinne als Antagonisten. Wird der periphere Widerstand erhSht, so sinkt die Stromgesohwindigkeit, sinkt der Widerstand, so steigt die Strom- gesohwindigkeit. Das entgegengesetzte VerMltniss besteht zwisehen der Stromgesehwindigkeit und der Triebkraft des Herzens. ~|it Steigerung odor Verminderung letzterer steig~ rasp. sinkt zur gleiehen Zeit ouch die erstere.

Wenn wit diese allgemeinen S/itze, die 'con ~Iarey stammen, auf dos Taehogramm fibertragen, so mfissen in diesem folgende Erseheinungen zu Stande kommen. Die Hauptwelle des Tachogramms ist ein Aus- druck der Systole des Herzens resp. der Ventrikelsystole. ]hre Ver- grSsserung beruht auf zwei Momenten: 1. die Widerst/inde im Gefiiss- system werden kleiner und 2. in Folge irgend welcher Anforderung an die tterztMtigkeit nutzt dos ilerz die ihm eigene Reservekraft aus~ was zum Ausdruek kommt in einem vergr6sserten Schlagvolumem Die Er- weiterung tier GeNssbahn, resp. ihres peripheren Theils, womit eine Erniedrigung der Widerst'/inde im Gef'~sssystem erzielt wird, fiihrt dazu, dass die Reflexionswellen, die als secund'/tre Wellen im Sphygmo- und Tachogramm znm Ausdruek kommen, immer kleiner werden und unter gewissen gedingungen ouch ganz versehwinden kSnnen - - der Puls (Druek- und Strompuls). kann in manehen FAllen monocrot werden. Am boston wird dos bewiesen dureh Versuche, die mit Amylnltrit vor- genommen waren (v. Kries): 7~Naeh unseren allgemeinen Vorstellungen a, sagt der genannte Autor, ~hat es allerdings niehts Befremdliehes, er- scheint vielmehr ganz verst/~ndlieh, dass dutch die l~rweiterung der kleinsten Gef'3sse und die dadureh bedingte st/irkere Fiillung der Ca- pillaren die Reflexion abgeschw/teht und aueh aufgehoben wird. a

Die Reflexionswellen sind in unseren F'/illen weniger ausgepr/igt, der Nebenschlag dehnt sieh mehr aus, als es vor der Arbeit tier Fall ist.

Die Vergr6sserung der Strompulse weist darauf him dass die Ein. strSmung im arteriellen System ziemlieh stark den Abfluss im venSsen System fiberwiegt. Es sammelt sich nieht nut im Capillarsyst0m wegen dessen Ausdehnung mehr Blut, so:adorn in den grossen Arterien erseheint ouch ein grSsseres Blutvohlmen. Letz~eres muss bezogen warden auf

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2~6 I). Pletnew,

vergrSssertc Dehnbarkeit der Arterienw/inde ill Folge Verminderung des l)ruckes und auf vergrSsserten Blutauswurf vom IIerzen selbst.

v. Kries spricht sich folgcndermaassen hierfiber aus: ~Die Ver- grSsserung tier Strompulse weist darauf hin, dass auch in den grossen Arterien des Armes eine Erweitcrung stattgefundeu hat; doch kSnnte vielleicht auch lediglich die Verminderung des Druckcs und die damit bewirkte grSssere Dehnbarkeit der Arterienwand tier Erseheinung zu Grunde liegen."

Die Erscheinungen in unseren Tachogrammcn weisen darauf hin, dass bei der hrbeit das periphere arterielle System resp. die Capillar- bahn eine gewisse Erwciterung erf'ahrt, aber allc Ver/tndcrungen des Tachogramms einzig und allein auf Ver~inderungen im Gef'asssystem zu beziehen und vorauszusetzen, dass das Herz auf die letztere nur secund~r reagirt, scheint mir nicht vollkommen richtig zu sein. Das Herz kann auch als solches reagiren, kann sich an verschiedene Bedingungen prim/it anpassen. Der Wechsel seiner Th/itigkeit im Zusammenhangc mit dem Gef~isssystem folgt dem Marey'schen Satze, abet nicht ohne Aus- nahmen.

Es giebt F/ille, we keine vSilige Uebereinstimmung mit letzterem Satze beobachtet wird. So hat Z iwsch i t z bei seinen Untersuchungen fiber die Wirkung kohlensiiurehaltiger Soolb/~der cincrseits eine Steige- rung des Hauptschlages, andererseits eine Steigerung der Nebcnschl/ige im Tachogramm gefunden. Dieser scheinbare Widerspruch kann leicht erkliirt werden, wie es auch Z iwsch i t z thut, dadurch, ,dass die peri- pheren Gef/~ssc im kiihlen kohles~,urehaltigen Salzbad nicht, wie die ein- tretende HautrSthung glauben machen mSchte, erweitert sind, und dass das Iterz in ihnen einen schwiicheren Widerstand finder, sondern dass sic sogar vercngert werden, und dass das Herz gegen einen verstitrkten Widerstand arbcitet." Die Steigerung des Hauptschlages bezieht Ziw- sch i tz mit Recht auf den Umstand, dass die Kohlens/iureb/id6r das Hcrz primiir zu verst/irkter Th/ttigkeit anregen. Unter verschiedenen Bedingungen wiichst die Contractionskraft des Herzens (auch isolirt). Es scheint mir plausibel, auch in unseren Fiillen eine solche vergriissertc Contractionskraft vorauszusetzen. Als Grund dafiir diirfte die Thatsache anzufiihren sein, dass in den F/illen, we die Steigerung des Hauptschlages am bedeutendsten gewesen ist, die Pulszahl eine nur unbetr'achtliche Erhfhung darbot, und in F/tllen, we letztere in griisserem Maasse sich vcritnderte, der Hauptschlag unver/indert blicb oder sich nur wcnig ver- iinderte. Eine Erweiterung des peripheren Kreislaufs kommt auch in letztcrcn F/tllen zum Ausdruck, aber in Folge unbekannter Bedingungen (Constitution?) reagirt das Herz nicht mit VergrSsserung sciner Con- tractionen. Sicher muss auch die Pulszahl dabei in Betracht kommen, denn bei beschleunigter Herzthiitigkcit verkleinert sich haupts/tchlich die Dauer der Diastole, weshalb in die Vcntrikel weniger Blur einstrSmt und bei der Systole weniger Blur ausgeworfen werden kann: das Schlag- volumen verkleinert .sich. Der Wechsel der Zahl der Herzcontractionen ist abet auch ein selbstst/indigcr Factor und kann nicht auf den Wechscl des Zustandes des peripheren Kreislaufs allein bezogen werden. Un4

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gcrado diescr Umstand erlaubt mir die Vcrmuthung, dass die Ersohei- nungen scitens dos periphen Krcislaufcs nicht allein primer sind, son- dern dass das i-Icrz auch selbor primiir reagiren kann. Wo diesc Reactionsfiihigkeit zu localisircn ist - - im Hcrzmuskcl dircct odor im Centralnervensystem - - (in dicsem Falle ist zu denken an die mannig- faltigen Wirkungen, dic das centralc Nervensystcm auf das Herz iibt, gleichgiilfig, ob man Myogenist odcr Ncurogenist ist), kann vorl/iufig nicht beantwortet wcrden.

Recapituliren wir die Ersehcinungen, die am Taehogramm der Ge- sunden naeh der m~ssigen, nicht ermiidendcn Arbeit zu schcn sind, so finden wir Folgendes:

Der Haup t sch l ag s tcigt rasehcr an und f~llt ro~seher ab, als es der Fal l ist im Tachogramm vor der Arbeit. Der Haup t sch l ag erfithrt dabei e i n c g'ewisse Steigcrung. Der Nebcnsch lag dehn~ sich mchr aus, die Z w i s c h e n - u n d Nach- schliigc werden wcniger deutlich.

Die gefundenen Ergebnisse sind zu beziehen auf eine Er- wei te rung des per ipherca Krcislaufs und auf cinch Zuwachs der Herzcon t rae t ionen .

Literatur. E. Balli, Ueber den Einfluss loealer und Mlgemeiner Erw~irmung und Abkiihlung

dor gaut auf das monschlicho Flammontachogramm. Inaug.-Dissort. 1896. D. Gerhardt , Beitrag zur Lehro yore Blutdruck. lr 1907. Fr. Kraus, ])io Ermiidung als Maass dcr Constitution. Bibliotheca Medica. 1897. J. v. Krios, Ueber ein neues Verfahren zar Beobachtung der Wcllenbewegung des

Blutos. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1887. Derselbo, Studion zur Pulslehro. 1892. B. Ziwschitz, Tachographischo Untorsuchungen fiber die Wirkung kohlens~iure-

halfigen SoolbKdor. 1907. E. J. Marey, La circulation du sang. 1881,

E r k H i r u n g der A b b i l d u n g e n auf Tafe l 1L Jedem dor angofiihrtcn Menschen goh5ren zwci Abbildungen. Die crste bedeutct

alas Tachogramm vor der Arbcit aufgenommcn~ die zwcite mit dersclben Zi~hlnummcr, aber mit oinora Bnchstabon dazu, giobt die Curve nach dcr Arboit wioder.