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Online-Material Kals • Gallenmüller-Roschmann Arbeits- und Organisationspsychologie KOMPAKT 3. Auflage Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

Arbeits- und Organisationspsychologie · 11.1 Definition und Abgrenzung der Personalentwicklung 223 11.2 Ziele der Personalentwicklung 226 11.3 Inhalte und Modelle der Personalentwicklung

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    Kals • Gallenmüller-Roschmann

    Arbeits- und Organisations psychologieKOMPAKT3. A

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    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Kals • Gallenmüller-Roschmann

    Arbeits- und Organisationspsychologiekompakt

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Elisabeth Kals • Jutta Gallenmüller-Roschmann

    Arbeits- und Organisationspsychologiekompakt

    Mit Online-Material

    3., überarbeitete Auflage

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Anschrift der Autorinnen:Prof. Dr. Elisabeth KalsDr. Jutta Gallenmüller-RoschmannSozial- und OrganisationspsychologieKatholische Universität Eichstätt-Ingolstadt85 071 Eichstätt

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohneZustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.

    Dieses Buch ist auch erhältlich als:ISBN 978-3-621-28 411-0 PrintISBN 978-3-621-28 437-0 E-Book (PDF)

    3., überarbeitete Auflage 2017

    1. Auflage 2009, Beltz Verlag, Weinheim2. Auflage 2011, Beltz Verlag, Weinheim

    � 2017 Programm PVU Psychologie Verlags Unionin der Verlagsgruppe Beltz • Weinheim BaselWerderstraße 10, 69 469 WeinheimAlle Rechte vorbehalten

    Lektorat: Antje RadenBildnachweis: Fotolia, New York, USA

    Herstellung: Uta EulerSatz: Reemers Publishing Services GmbH, KrefeldDruck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad LangensalzaPrinted in Germany

    Weitere Informationen zu unseren Autoren und Titeln finden Sie unter: www.beltz.de

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Inhaltsübersicht

    Vorwort zur 3. Auflage 13

    1 Einführung: Herausforderungen der Arbeits-und Organisations-psychologie 16

    I Organisationale Ebene 37

    2 Theoretischer Blick auf Organisationen 39

    3 Empirisch-analytischer Blick: Organisationsanalyse 62

    4 Interventionsorientierter Blick: Organisationsentwicklung 78

    II Interindividuelle Ebene 99

    5 Führung, Macht und Motivierung 101

    6 Gruppen und Gruppenarbeit 124

    7 Kommunikation und Information 141

    8 Konflikte und Mediation 160

    9 Sozialisation in Organisationen 175

    III Individuelle Ebene 193

    10 Personalauswahl: Eignung und Beurteilung 195

    11 Personalentwicklung 223

    12 Bedingungen und Wirkungen von Arbeit 249

    13 Arbeitsanalyse 279

    14 Arbeitsgestaltung 304

    Abschluss: Verbindung von Forschung und Praxis 325

    Anhang 333

    Literatur 334Hinweise zu den Online-Materialien 356Abkürzungen 356Glossar 357Sachwortverzeichnis 364

    Inhaltsübersicht 5

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Inhalt

    Vorwort zur 3. Auflage 13

    1 Einführung: Herausforderungen der Arbeits-undOrganisationspsychologie 161.1 Definition und Abgrenzung der Arbeits- und Organisations-

    psychologie 171.2 Arbeits-und Organisationspsychologie als Anwendungsfach 201.3 Gesellschaftspolitische und organisationale Veränderungen 241.4 Rück- oder Ausblick auf einen Wertewandel? 271.5 Resultierende Aufgaben der Arbeits- und Organisations-

    psychologie 301.6 Ziele und Struktur des Buches 311.7 Kernpunkte und Übungsaufgaben 34

    I Organisationale Ebene 37

    2 Theoretischer Blick auf Organisationen 392.1 Was ist (k)eine Organisation? 392.1.1 Gemeinsame Bestimmungsstücke 402.1.2 Verschiedene Blickwinkel auf Organisationen 412.1.3 Abgrenzung 422.2 Psychologische Fragestellungen auf organisationaler Ebene 432.2.1 Fragen der Gerechtigkeit 442.2.2 Fragen der Gestaltung 452.2.3 Fragen der psychologischen Wirksamkeit 472.3 Menschenbildannahmen 482.4 Organisationsmetaphern 502.5 Theoretische Strömungen und Organisationstheorien 532.6 Kritische Reflexionen und Visionen 572.7 Kernpunkte und Übungsaufgaben 59

    3 Empirisch-analytischer Blick: Organisationsanalyse 623.1 Empirische Erfassung von Organisationen 623.1.1 Ziele der Organisationsanalyse und Organisationsdiagnostik 623.1.2 Diagnoseansätze, Methoden und Fallstricke 643.1.3 Forschungsbeispiele 663.2 Ablauf der Organisationsdiagnose 683.3 Beschreibung von Organisationen: Aufbau und Design 69

    Inhalt 7

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  • 3.3.1 Schlüsselelemente 693.3.2 Strukturen traditioneller und moderner Organisationen 723.4 Organisationskultur und Organisationsklima 733.5 Expertise der Arbeits- und Organisationspsychologie 753.6 Kernpunkte und Übungsaufgaben 76

    4 Interventionsorientierter Blick: Organisationsentwicklung 784.1 Definitionen 784.2 Ziele und Ansätze 804.3 Grundannahmen, Strategien und Methoden 824.3.1 Annahmen der Organisationsentwicklung 824.3.2 Phasenverlauf 834.3.3 Strategien und Techniken 854.3.4 Rolle des Beraters 884.4 Schulentwicklung: Organisationsentwicklung im Schulwesen 904.5 Bedingungen erfolgreicher Organisationsentwicklung 934.6 Kritik und Anforderungen an erfolgreiche Organisations-

    entwicklung 944.7 Kernpunkte und Übungsaufgaben 96

    II Interindividuelle Ebene 99

    5 Führung, Macht und Motivierung 1015.1 Führung als Thema in der Praxis 1015.2 Führungstheorien 1035.2.1 Klassifizierung von Führungstheorien 1035.2.2 Eigenschaftstheoretische Ansätze 1045.2.3 Verhaltenstheoretische Studien 1045.2.4 Situationstheorien und Kontingenzmodelle der Führung 1065.2.5 Neuere, integrative Ansätze 1105.3 Führungserfolg und Führungskräfteentwicklung 1135.3.1 Personale Merkmale zur Vorhersage von Führungserfolg 1135.3.2 Situative und verhaltensbezogene Merkmale zur Vorhersage

    von Führungserfolg 1145.3.3 Merkmale zur Vorhersage von Karriereerfolg und Aufstieg 1155.3.4 Entwicklung von Führungskräften 1185.4 Führung und Macht 1195.4.1 Definition und Grundlagen von Macht 1195.4.2 Manifestation sozialer Macht 1205.4.3 Machtmotiv und Kosten von Macht 120

    Inhalt8

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  • 5.5 Folgerungen für die Praxis 1215.6 Kernpunkte und Übungsaufgaben 122

    6 Gruppen und Gruppenarbeit 1246.1 Gruppe oder Team: Definitionsversuche und grundlegende

    Aspekte 1246.2 Kriterien und Bedingungen für Gruppenerfolge 1256.2.1 Bedingungsfaktor Aufgabenmerkmale 1266.2.2 Bedingungsfaktor Beziehungs- und Interaktionsqualität 1276.2.3 Bedingungsfaktor Entscheidungsqualität 1306.3 Gruppen- und Teamarbeit in der Organisation 1336.3.1 Dauerhafte Arbeitsgruppen 1336.3.2 Temporäre Arbeitsgruppen 1346.4 Einführung betrieblicher Gruppenarbeit in der Praxis 1366.5 Kernpunkte und Übungsaufgaben 139

    7 Kommunikation und Information 1417.1 Kommunikation in Organisationen 1417.1.1 Grundlagen der Kommunikation 1427.1.2 Formen der organisationalen Kommunikation 1457.1.3 Bedeutung der Kommunikation 1497.2 Kommunikation in Organisationen: Von der Information zur

    Verständigung 1507.2.1 Kommunikation der Information 1507.2.2 Kommunikation der Verständigung 1517.3 Das Mitarbeitergespräch im Sinne einer verständigungs-

    orientierten Kommunikation 1517.4 Forderungen an Praxis und Forschung 1567.5 Kernpunkte und Übungsaufgaben 158

    8 Konflikte und Mediation 1608.1 Konflikte: Kosten, Definition und Strukturen 1608.2 Traditionelle Wege der Konfliktlösung 1658.3 Wirtschaftsmediation als alternative Konfliktlösung 1668.4 Ablauf und Fallstricke 1678.5 Der Mythos vom zweckrationalen Eigennutzen 1708.6 Chancen der Wirtschaftsmediation 1718.7 Kernpunkte und Übungsaufgaben 173

    9 Sozialisation in Organisationen 1759.1 Prozesse der Gravitation und Sozialisation in Organisationen 1769.1.1 Definition von Gravitation und Sozialisation 176

    Inhalt 9

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  • 9.1.2 Phasen der organisationalen Sozialisation 1779.1.3 Gravitation und Sozialisation als wechselseitige Prozesse

    zwischen Mitarbeiter und Organisation 1809.2 Ziele und Inhalte der Sozialisation 1829.3 Barrieren erfolgreicher Sozialisation und ihre Überwindung 1859.3.1 Grundkonflikte zwischen Organisationen und ihren Mit-

    gliedern 1869.3.2 Überwindung der Grundkonflikte durch Wertorientierun-

    gen und ethische Reflexion 1889.4 Resultierende Aufgaben für Organisationsmitglieder 1909.5 Kernpunkte und Übungsaufgaben 191

    III Individuelle Ebene 193

    10 Personalauswahl: Eignung und Beurteilung 19510.1 Personalauswahl als klassisches Feld der Organisationspsycho-

    logie 19510.2 Idealtypischer Verlauf und Fallstricke in der Praxis 19910.3 Klassische Auswahlverfahren 20210.3.1 Analyse der Bewerbungsunterlagen 20310.3.2 Arbeitsprobe 20410.3.3 Biografischer Fragebogen 20510.3.4 Psychologische Testverfahren 20710.3.5 Einstellungsinterview 20810.3.6 Multimodales Interview 21010.3.7 Assessment-Center 21110.3.8 Computergestützte Eignungsdiagnostik 21410.4 Qualitätssicherung in der Personalauswahl 21610.5 Kernpunkte und Übungsaufgaben 221

    11 Personalentwicklung 22311.1 Definition und Abgrenzung der Personalentwicklung 22311.2 Ziele der Personalentwicklung 22611.3 Inhalte und Modelle der Personalentwicklung 22811.3.1 Inhalte und Verfahren der Personalentwicklung 22811.3.2 Phasenverlauf: Von der Bedarfsanalyse bis zur Evaluation 22911.3.3 Das Transferproblem 23211.4 Fort- und Weiterbildung als Kern der Personalentwicklung 23311.4.1 Definition von Weiterbildung 23311.4.2 Inhalte, Methoden und Verfahren 23411.4.3 Potenziale und Grenzen von Weiterbildungsmaßnahmen 236

    Inhalt10

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  • 11.5 Mitarbeiterförderung durch Führung 23611.5.1 Mitarbeitergespräche 23711.5.2 Zielvereinbarungen 24111.5.3 Feedback 24311.5.4 Mentoring und Coaching 24411.6 Zukunft der Personalentwicklung 24611.7 Kernpunkte und Übungsaufgaben 247

    12 Bedingungen und Wirkungen von Arbeit 24912.1 Arbeitsmotivation 24912.1.1 Inhaltstheorien 25112.1.2 Prozesstheorien 25412.1.3 Verwandte Konzepte 25712.2 Arbeitszufriedenheit 25912.2.1 Modelle und Theorien 26012.2.2 Verwandte Konzepte 26412.2.3 Förderung von Motivation und Zufriedenheit 26512.3 Arbeitsverhalten und Arbeitshandeln 26612.3.1 Modelle 26612.3.2 Die psychische Regulation des Arbeitshandelns 26712.4 Beanspruchung und Stress 26912.4.1 Modelle 26912.4.2 Stresswirkungen und Ressourcen 27312.4.3 Empfehlungen für die Praxis 27512.5 Kernpunkte und Übungsaufgaben 277

    13 Arbeitsanalyse 27913.1 Arbeitsanalyse im Zeichen des Strukturwandels 27913.1.1 Historische und aktuelle Positionen 27913.1.2 Gegenstand der psychologischen Arbeitsanalyse 28413.2 Auftrag und Ziele 28513.3 Analysekonzepte 28813.4 Verfahrensweisen und Instrumente 29113.4.1 Methoden der Datenerhebung 29213.4.2 Funktionsorientierte Verfahren 29413.4.3 Autonomieorientierte Verfahren 29613.4.4 Personenbezogene Verfahren 29913.4.5 Verfahren zu Teamarbeit und Kommunikation 29913.5 Chancen und Grenzen 30113.6 Kernpunkte und Übungsaufgaben 303

    Inhalt 11

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  • 14 Arbeitsgestaltung 30414.1 Das Leitkonzept der »humanen« Arbeit 30414.1.1 Der Mensch im Mittelpunkt 30414.1.2 Qualitätskriterien humaner, »guter« Arbeit 30614.1.3 Ressourcenorientierung 30914.2 Ebenen und Maßnahmen der Arbeitsgestaltung 31114.2.1 Job Rotation und Job Enlargement 31314.2.2 Job Enrichment 31514.2.3 Teilautonome Arbeitsgruppen 31614.3 Soziotechnische Systemgestaltung 31714.4 Flexibilisierung von Arbeit und Arbeitszeit 31914.5 Chancen und Grenzen 32114.6 Kernpunkte und Übungsaufgaben 323

    Abschluss: Verbindung von Forschung und Praxis 325Wertfragen arbeits- und organisationspsychologischer Forschung 326Forschungsebenen und -schwerpunkte 327Ursachen für die Kluft zwischen Theorie und Praxis 328Forderung nach einem Dialog zwischen Forschung und Praxis 329Kernpunkte und Übungsaufgaben 331

    Anhang 333Literatur 334Hinweise zu den Online-Materialien 356Abkürzungen 356Glossar 357Sachwortverzeichnis 364

    Inhalt12

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Vorwort zur 3. Auflage

    Was bietet das Buch, und an wen richtet es sich?Sie halten einen Überblick über Themen, Methoden und Erkenntnisse der Arbeits-und Organisationspsychologie in den Händen – einen Einstieg in beide Anwen-dungsdisziplinen. Aufbauend auf dieser Einstiegslektüre möchten wir Sie dazuanregen, sich vertiefend mit dem Feld der Arbeits- und Organisationspsychologieauseinanderzusetzen. Dieses Buch ist bereits die dritte überarbeitete Auflage, in derSpezifikationen und Ergänzungen vorgenommen und aktuelle Fragen neu auf-gegriffen wurden.

    Die Arbeits- und Organisationspsychologie befasst sich mit psychologischenProblemen und ihrer Lösung im Arbeits- und Wirtschaftsleben. Sie bietet The-orien und fundierte Erkenntnisse, die helfen, psychologische Herausforderungenin der Arbeitswelt und in Organisationen langfristig und nachhaltig zu meistern.Dazu werden in diesem Buch vorhandene Wissensbestände im Überblick zusam-mengebracht, Anregungen für die Praxis gegeben und so die Arbeits- undOrganisationspsychologie als leistungsstarkes Anwendungsfeld vorgestellt. DasBuch richtet sich insofern nicht nur an Studierende der Psychologie oder derWirtschaftswissenschaften, sondern ebenso an all jene, die psychologische Fra-gestellungen in der Arbeitswelt und organisationalen Praxis bearbeiten und lösen.

    Welches Verständnis von Arbeits- und Organisationspsychologie liegt dem Buchzugrunde?Seit Beginn der Arbeits- und Organisationspsychologie als Wissenschaft hat sichdiese zu einem wichtigen Anwendungsfach innerhalb der Psychologie entwickelt.Sie ist mittlerweile nach der Klinischen Psychologie das zweitwichtigste undzweitgrößte Anwendungsfach. Immer mehr Psychologinnen und Psychologenarbeiten in privaten und öffentlich-rechtlichen Unternehmen und Verwaltungenin entsprechenden Aufgabenfeldern. Hinzu kommen arbeits- und organisations-psychologische Dienstleistungen in klinischen und pädagogischen Einrichtungen(wie Krankenhäuser und Schulen). In all diesen Feldern kann die Psychologie ihreKompetenzen einbringen, etwa bei der Analyse und Entwicklung der Organisa-tion, der urteilssicheren Personalauswahl, der Personalentwicklung, dem kon-struktiven Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz, der systematischen Analyseund Gestaltung von Arbeitsplätzen und -systemen. Dabei steht die wissenschaft-liche und die anwendungspraktische Arbeits- und Organisationspsychologie ineinem potenziellen Spannungsfeld: auf der einen Seite die Arbeits- und Organisa-tionspsychologie als Wissenschaft, bei der es vor allem um die Analyse und das

    Vorwort zur 3. Auflage 13

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  • Verständnis arbeitsbezogener und organisationaler Prozesse geht, auf der anderenSeite Anforderungen der Praxis, in der schnelle und kostengünstige Lösungen vonProblemen erwartet werden. Unterdessen rücken auch zunehmend normative undverantwortungsbezogene Abwägungen in den Fokus der Aufmerksamkeit.

    So unterliegt die Arbeitswelt einem steten Wandel. Statt traditioneller Organi-sationsformen finden sich zunehmend »moderne« Organisationen mit hoherFlexibilität, Selbstorganisation, flachen Hierarchien und kontinuierlichem Lernen.Neue Informations- und Kommunikationstechnologien verändern viele Branchengrundlegend. Aufgrund dieser raschen Veränderungen in Arbeitswelt und Orga-nisationen sind beim Umgang mit konkreten Fragestellungen in Organisationenoftmals Methoden der Einzelfalldiagnostik anzuwenden: Theorien sind auf denjeweiligen Einzelfall zu beziehen. Die Fragestellung ist auf der Basis dieser Theoriensituationsspezifisch zu analysieren. Interventionen und Entscheidungen, z. B. überPersonalentwicklungsmaßnahmen, sind aufbauend auf dieser Einzelfalldiagnostikzu begründen und in ihrer Umsetzung zu evaluieren.

    Ein solches systematisches Vorgehen vermindert die Gefahr von Fehlentschei-dungen erheblich. Es trägt dazu bei, dass verlässliche Lösungen gefunden werdenund ist zudem erkenntnisorientiert, da beispielsweise Befunde über das Zustande-kommen des Problems und Evaluationsdaten über seine Lösung wieder in dieGrundlagenforschung eingespeist werden können. Allerdings ist ein solchesVorgehen – kurzfristig berechnet – zeit- und kostenintensiver als ein praxeologi-sches Vorgehen, bei dem schnelle Lösungen gesucht und zumeist ohne großeBeteiligung von Mitarbeitern und Betroffenen umgesetzt werden. Schlagen diesefehl, wird rasch nach Alternativen gesucht, über die abermals durch das Manage-ment entschieden wird.

    Daher ist in der Praxis Überzeugungsarbeit zu leisten, um ein systematischesVorgehen durchzusetzen, bei dem – wann immer dies möglich und sinnvoll ist –auch die Betroffenen einbezogen werden. Widerstände sind zu überwinden, z. B.seitens des Managements aus Sorge vor zu starken Demokratisierungsprozessenoder auch seitens der Mitarbeiter aus Sorge vor Manipulation oder zusätzlichemAufwand. Dazu ist auch eine Wertediskussion zu führen. Deshalb geht es imvorliegenden Buch immer auch darum, wie sich die wissenschaftlichen Theorien,Methoden und Erkenntnisse im Praxisalltag von Organisationen umsetzen lassen.Es werden Praxisbeispiele genannt und Gegenargumente abgewogen (das Vor-gehen ist zu teuer, zu langwierig etc.), und es wird, etwa bei den Themen Führungund Sozialisation, darauf hingewiesen, wie eine Diskussion und Reflexion vonWerten auch der jeweiligen Organisation zugutekommen.

    Vorwort zur 3. Auflage14

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Was hat sich in der Neuauflage verändert?Die erneute Auflage eines Lehrbuches gibt die Gelegenheit, Ergänzungen undPräzisierungen vorzunehmen und Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern zurzweiten Auflage zu berücksichtigen. Das Buch ist daher in allen Kapiteln über-arbeitet und aktualisiert worden. Besonders betrifft dies die ThemenbereicheFührung, Kommunikation, Mediation, Sozialisation und Personalentwicklung.Durchgängig wurde dem Wertethema entsprechend der sich verstärkenden gesell-schafts- und unternehmenspolitischen Diskussion mehr Raum gegeben.

    Das didaktische Grundkonzept des Buches haben wir beibehalten. Es willweiterhin einen schnellen und lesefreundlichen Einblick in Themenfelder derArbeits- und Organisationspsychologie geben und Studierende zur weiterführen-den Lektüre anregen. Auch deshalb verweisen wir in der dritten Auflage instärkerem Maße auf Primärquellen, sodass das Literaturverzeichnis deutlich anUmfang zugenommen hat.

    Zur besseren Lesbarkeit des Textes wird im ganzen Buch das generischeMaskulinum gleichermaßen für die männliche und die weibliche Person verwen-det.

    Die Struktur des Buches ist weiterhin an drei Perspektiven ausgerichtet:Zunächst richtet sich unser Blick wie in den vorangegangenen Auflagen aus einerMakroperspektive auf die Organisation insgesamt. Anschließend werden aus einerMesoperspektive interindividuell bzw. interaktional wirksame Aspekte betrachtet.Zuletzt wenden wir uns mikroperspektivisch der unmittelbaren Begegnung desIndividuums mit Aspekten der Arbeit zu. Damit haben wir das Bild eines »Hausesder Arbeits- und Organisationspsychologie« der ersten und zweiten Auflagebeibehalten und nur innerhalb der einzelnen Räume des Hauses Renovierungenund Umbauten vorgenommen und die Verbindungen zwischen den Räumenoptimiert.

    An der Überarbeitung des Buches waren viele Personen beteiligt. Ihnen allenmöchten wir an dieser Stelle danken: Paula Beck, Maria Holler, Laura Pollack undIna Roithmaier danken wir für die unermüdliche Unterstützung, Beate Schulda fürdie sorgfältigen Detail- und Koordinationsarbeiten. Und schließlich danken wirFrau Silbereisen und Frau Raden, die die Neuauflage dieses Buches ermöglicht,professionell begleitet und lektoriert haben.

    Eichstätt, im Frühjahr 2017 Elisabeth Kals und Jutta Gallenmüller-Roschmann

    Vorwort zur 3. Auflage 15

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  • 1 Einführung: Herausforderungen der Arbeits- undOrganisationspsychologie

    Was Sie in diesem Kapitel erwartet

    An der Schwelle zum 21. Jahrhundert haben sich die politischen, öko-nomischen und gesellschaftlichen Strukturen in Deutschland grundlegendgewandelt. Gesamtwirtschaftliche Veränderungen wie etwa die Globalisie-rung stellen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor besondere Herausforde-rungen (Wüstner, 2006). Der informationstechnologische Fortschrittschafft für Anbieter und Nachfrager neue Möglichkeiten und trägt zurEntwicklung neuer Strukturen bei. Der Wandel von der Industriegesell-schaft zur Dienstleistungsgesellschaft und der damit verbundene Struktur-wandel bergen psychosoziale Implikationen und unternehmerische Heraus-forderungen: Organisationen verändern ihre Strukturen und Strategien(z. B. Abbau von Hierarchien, Einführung flexibler Projektstellen stattdauerhaft definierter beruflicher Positionen). Die subjektive Sicherheit,einen Arbeitsplatz zu behalten, weicht dem Gebot, lebenslang flexibel, mobilund lernbereit zu sein. Soziale Orientierungsmuster und Werte unterliegenIndividualisierungs- und Liberalisierungstendenzen.

    Diese grundlegenden Wandlungsprozesse stellen auch neue Anforderun-gen an die Arbeits- und Organisationspsychologie. Psychologen sind heutezunehmend in zahlreichen Arbeitsfeldern in Wirtschaft, Unternehmens-beratung und Verwaltung tätig. Sie tragen dazu bei, die Leistungsfähigkeitund Leistungsbereitschaft von Mitarbeitern und Führungskräften zu er-kennen und zu fördern, neue Arbeits- und Organisationsformen zu ent-wickeln und diese nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nachhuman- und sozialwissenschaftlichen Kriterien zu bewerten und zu gestal-ten. Das vorliegende Kapitel stellt die Aufgaben und Ziele der Arbeits- undOrganisationspsychologie als Wissenschaftsdisziplin sowie die Arbeitsfeldervon Psychologen in Unternehmen und Organisationen vor. Es schließt miteinem Überblick über die Struktur des weiteren Buches ab.

    1 Einführung: Herausforderungen der Arbeits- und Organisationspsychologie16

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • 1.1 Definition und Abgrenzung der Arbeits- und Organisationspsychologie

    Arbeits- und Organisationspsychologie ist die empirische Wissenschaft von derAnalyse, Erklärung und Steuerung des individuellen und kollektiven Erlebens undVerhaltens im Kontext von Arbeit und Organisation. Sie entwickelt wissenschaft-liche Erkenntnisse und Problemlösungen vorwiegend »vor Ort«. Dazu wird einzel-fall- bzw. situationsdiagnostisch vorgegangen und untersucht, unter welchenspezifischen organisationalen Bedingungen sich das jeweilige Problem stellt. Wielassen sich Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit durch die Gestaltung vonArbeitsaufgaben und Arbeitsprozessen nachhaltig unterstützen? Wie kommenstetige, bislang nicht konstruktiv zu lösende Konflikte zwischen Abteilungenzustande (vgl. Hoyos & Frey, 1999b)? Welche Schwachstellen im Arbeitssystemsind für die Entstehung der Konflikte mitverantwortlich, welche Konfliktstile undKommunikationsmuster können den Konfliktverlauf erklären? Wie lassen sich dieSchwachstellen beheben und neue Verhaltensweisen aufbauen? Wie sind Lösungenanhand der Humankriterien zu bewerten (vgl. Abschn. 2.2.1)?Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie. In der Geschichte der Arbeits-und Organisationspsychologie finden sich unterschiedliche Bezeichnungen, diealle für das Anliegen stehen, psychologisches Fachwissen in Organisationeneinzubringen. Anfänglich richtete die Betriebspsychologie ihr Augenmerk vorallem auf menschliche Arbeit im Industriebetrieb (� Taylorismus). VorrangigesZiel war es, Arbeitsprozesse zu optimieren und schädliche Arbeitsbedingungen zuidentifizieren. Der Gegenstandsbereich der jüngeren Arbeits-, Betriebs- undOrganisationspsychologie (ABO-Psychologie) war bereits weiter gefasst und rich-tete sich allgemeiner auf die Untersuchung und Gestaltung arbeits- und organisa-tionsbezogenen Erlebens und Verhaltens. Heute ist die Bezeichnung ABO-Psycho-logie in der Fachöffentlichkeit weitgehend von der Bezeichnung Arbeits- undOrganisationspsychologie (A&O-Psychologie) abgelöst worden (vgl. auch Fach-gruppe Arbeits- und Organisationspsychologie der Deutschen Gesellschaft fürPsychologie).Arbeits- und Organisationspsychologie – ein Teilgebiet der Wirtschaftspsychologie.Aufgrund ihres Gegenstandsbereichs kann Arbeits- und Organisationspsychologieals Teil der Wirtschaftspsychologie dargestellt werden (vgl. zum Überblick Frey etal., 2005; Wakenhut, 1993). Wirtschaftspsychologische Forschung umfasst mikro-ökonomische und makroökonomische Aspekte. Sie reicht vom Individuum überden Familienhaushalt, die Organisation, den Markt bis hin zur Gesellschaft.Orientiert an den ökonomischen Bereichen Produktion, Distribution und Kon-sum lassen sich innerhalb der Wirtschaftspsychologie die Psychologie der Arbeitund Organisation, die Psychologie von Tausch, Geld und Wohlfahrt und diePsychologie von Verbrauch, Angebot und Nachfrage unterscheiden (vgl.

    1.1 Definition und Abgrenzung der Arbeits- und Organisationspsychologie 17

    Leseprobe aus: Kals/Gallenmüller-Roschmann, Arbeits- und Organisationspsychologie, ISBN 978-3-621-28 437-0 © 2017 Beltz Verlag, Weinheim Basel

  • Abb. 1.1). Wird der Mensch als Produzent oder Dienstleister untersucht, so sindFragen der Arbeits- und Organisationspsychologie zentral. Aspekte des Konsum-verhaltens sind z. B. Gegenstand der Markt- und Werbepsychologie. Themen wieWertewandel, Unternehmerpersönlichkeit, Investitionsverhalten oder Steuer-widerstand werden in der Psychologie der Gesellschaftsentwicklung, der Finanz-,Steuer- oder Börsenpsychologie untersucht (Gallenmüller-Roschmann & Maus,2005).

    WirtschaftspsychologiePsychologie des Wirtschaftslebens,

    an dem der Mensch als Produzent bzw. als Konsument beteiligt ist

    Psychologie der Arbeit Arbeits-, (Betriebs-) und Organisationspsychologie

    Psychologie von Tausch, Geld und Wohlfahrt � Steuer- und Finanzpsychologie � Psychologie der Wohlfahrt

    und Gesellschaftsentwicklung

    Psychologie des Verbrauchs, des Angebots und der Nachfrage � Marktpsychologie � Werbepsychologie

    Abbildung 1.1 Einordnung der Arbeits- und Organisationspsychologie in die verschiedenenwirtschaftspsychologischen Teildisziplinen

    Abgrenzung der Organisationspsychologie. Inwieweit Arbeits- und Organisations-psychologie voneinander abzugrenzen sind, ist fraglich (zum internationalenÜberblick: Chmiel, 2008; McKenna, 2012). Organisationspsychologische Fragestel-lungen beziehen sich auf die Analyse und Entwicklung von Organisationen und aufdas Verhalten und Erleben im Kontext der Organisation insgesamt. Arbeitspsy-chologische Fragestellungen zielen dagegen eher auf die Analyse, Bewertung undGestaltung von Arbeit im engeren Sinn (vgl. Abschn. 2.2.2). Zur Abgrenzung derbeiden Forschungs- und Anwendungsbereiche finden sich drei Positionen:(1) Die erste Position besagt, dass die Arbeitspsychologie als Teil der Organisa-

    tionspsychologie zu betrachten ist. In entsprechenden Grundlagenwerken zurOrganisationspsychologie (z. B. Nerdinger et al., 2014; von Rosenstiel et al.,2005; von Rosenstiel & Nerdinger, 2011; Schuler & Moser, 2014; Spieß & vonRosenstiel, 2010) werden auch arbeitspsychologische Ansätze und Befundebeispielsweise zur Arbeitsanalyse und Arbeitsgestaltung referiert.

    (2) Hacker und Sachse (2014) schließen unter dem Begriff der allgemeinenArbeitspsychologie organisationspsychologische Anliegen mit ein. Die Orga-nisationspsychologie wird als Teil der Arbeitspsychologie dargestellt. Zimo-long und Konradt (2006) beziehen Fragen der Gruppenarbeit, der Organisa-

    1 Einführung: Herausforderungen der Arbeits- und Organisationspsychologie18

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  • tionsgestaltung und der Dienstleistung in den Kontext der arbeitspsycholo-gisch ausgerichteten Ingenieurpsychologie ein. Auch Kleinbeck und Schmidt(2010) rechnen organisationspsychologische Themen wie Fragen des Feed-backverhaltens und der Sozialisation durch Arbeit zum Bereich der Arbeits-psychologie.

    (3) Die Grenzen zwischen Arbeits- und Organisationspsychologie sind in Theorieund Praxis fließend. Führt man beispielsweise auf organisationaler EbeneGruppenarbeit ein, so hat dies auch Auswirkungen auf die Arbeitsgestaltung,da Einzelarbeitsplätze in Gruppenarbeitsplätze umgewandelt werden müssen(vgl. Kap. 6). Eine Abgrenzung der Gegenstandsbereiche von Arbeits- undOrganisationspsychologie gelingt daher nur perspektivisch (vgl. Abschn. 1.1,Abb. 1.3). Aus organisationspsychologischer Perspektive interessiert, wie sichorganisationale Bedingungen unter dem Aspekt der Interaktion auf Erlebenund Verhalten auswirken. Zur Erklärung wird häufig auf Theorien derSozialpsychologie zurückgegriffen. Dabei werden heute nicht mehr nur dasErleben und Verhalten im Industriebetrieb, sondern auch in anderen Orga-nisationen untersucht. Aus arbeitspsychologischer Perspektive gerät eher dasindividuelle Erleben und Verhalten am einzelnen Arbeitsplatz in den Mittel-punkt des Interesses. Obgleich sich klassische arbeitspsychologische Tätig-keiten auf die Untersuchung der Erwerbsarbeit beschränken, können auchnicht oder weniger formal organisierte Arbeitstätigkeiten wie die Familien-arbeit, ehrenamtliche Arbeit oder Eigenarbeit zum Gegenstand arbeitspsy-chologischer Betrachtung gezählt werden.

    Das vorliegende Buch folgt dieser dritten Position, obgleich der Schwerpunkt aufder Organisationspsychologie liegt:" Zunächst richtet sich ein erster theoretischer und empirischer Blick auf die

    Merkmale der Organisation, auf Fragen der Organisationsanalyse und derOrganisationsentwicklung (OE) (Kap. 2–4).

    " Fragestellungen der interindividuellen Interaktion in der Organisation wie z. B.Führung, Kommunikation, Kooperation und Sozialisation werden aus organi-sationspsychologischer Perspektive dargestellt (Kap. 5–9).

    " Fragen der Passung zwischen Individuum und Arbeit zeigen besonders deutlichdie inhaltliche Nähe zwischen arbeitspsychologischer und organisationspsy-chologischer Betrachtung. Beanspruchung und Belastung, Eignung, Arbeits-analyse und Arbeitsgestaltung werden häufig als klassische arbeitspsychologi-sche Themen angeführt (Kap. 10–14). Die Auseinandersetzung mit Fragen derMotivierung, der Autonomie, der Personalentwicklung (PE) und Personal-auswahl erfolgt sowohl aus arbeits- als auch organisationspsychologischerPerspektive. Die Darstellung der Arbeitsanalyse und der Arbeitsgestaltung

    1.1 Definition und Abgrenzung der Arbeits- und Organisationspsychologie 19

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  • konzentriert sich hier ebenfalls auf beide Perspektiven. Technische und inge-nieurwissenschaftliche Fragestellungen werden nur am Rande berücksichtigt.

    " Fragen des Wissenschaftstransfers werden im Abschlusskapitel angesprochen.

    1.2 Arbeits-und Organisationspsychologie als Anwendungsfach

    Inhalte. Die Arbeits- und Organisationspsychologie ist ein Anwendungsfach (vgl.zum Überblick Hoyos & Frey, 1999a; Kirchler, 2011; Nerdinger et al., 2014; Spieß &von Rosenstiel, 2010). Sie entwickelt Theorien und bezieht bereits existierendeTheorien anderer Disziplinen auf den Kontext von Arbeit und Organisationen.Allerdings gibt es wenige genuin organisationspsychologische Modelle oderTheorien – es handelt sich überwiegend um Anwendungen und Spezifikationenvon bestehenden psychologischen Theorien, die auf Arbeits- und Organisations-kontexte übertragen werden. Dabei kommt das gesamte psychologische Theorien-,Methoden- und Interventionsrepertoire zum Einsatz (vgl. Tab. 1.1).Bedeutung anderer psychologischer Fächer. Die Arbeits- und Organisationspsy-chologie weist zahlreiche Bezüge zu den anderen Grundlagenfächern der Psycho-logie auf (vgl. Abb. 1.2), die Impulse zu weiterführender eigenständiger The-orieentwicklung im Anwendungskontext in sich bergen:" Sozialpsychologie. Beispielsweise werden Erkenntnisse der Konflikt- und Ge-

    rechtigkeitsforschung auf Konflikte am Arbeitsplatz und in Organisationenangewandt (Konfliktmediation). Dabei wird z. B. auch über Mythen der Wirt-schaftsmediation aufgeklärt (vgl. Kap. 8). Die sozialpsychologische Forschungstellt u. a. Erkenntnisse über Gruppenprozesse zur Verfügung, die für dieAnalyse und Gestaltung von Gruppen- und Teamarbeit relevant sind (vgl.Kap. 6).

    " Entwicklungspsychologie. Erkenntnisse der Sozialisations- und Trainingsfor-schung werden u. a. in Konzepten des lebenslangen Lernens und der lernendenOrganisation in der Arbeits- und Organisationspsychologie aufgegriffen.

    " Allgemeine und Experimentelle Psychologie. Beispielsweise tragen Forschungs-arbeiten zu Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsprozessen dazu bei, Emp-fehlungen zur Optimierung von Arbeitssystemen und Arbeitsplätzen zu for-mulieren. Modellvorstellungen und Befunde der allgemeinen Motivations- undEmotionstheorien werden in der Arbeits- und Organisationspsychologie auf dieThemen Arbeitsmotivation und -zufriedenheit und Fragen der Mitarbeitermo-tivierung und Mitarbeiterzufriedenheit übertragen (vgl. Abschn. 12.1 und12.2).

    " Methodenlehre und Diagnostik. Es werden Forschungspläne und Evaluations-designs zur Verfügung gestellt, die die � Validität und den Erfolg organisa-

    1 Einführung: Herausforderungen der Arbeits- und Organisationspsychologie20

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  • tionaler Maßnahmen bemessen lassen. Im Bereich der Personaldiagnostiksollen diagnostische Verfahren eine möglichst wenig fehleranfällige Zuordnungvon Person und Arbeitsaufgabe gewährleisten (vgl. Kap. 10).

    " Differentielle Psychologie bzw. Persönlichkeitspsychologie. Aus organisations-psychologischer Perspektive interessiert hier, ob und wie Persönlichkeitsmerk-male mit spezifischen beruflichen Anforderungen korrelieren.

    " Biologische Psychologie, psychophysiologische Psychologie und Neuropsycho-logie. Ergebnisse der Stress- und Copingforschung werden in der arbeits- undorganisationspsychologischen Forschung auf spezifische Settings von Arbeitund Organisation bezogen. Ein Ergebnis arbeits-, organisations-, bio- undgesundheitspsychologischer Forschungsarbeiten ist beispielsweise das Work-Life-Balance-Konzept (vgl. Abschn. 11.5.4 und 14.4).

    Einen Überblick zur Bedeutung der psychologischen Grundlagen- und Anwen-dungsfächer für spezifische Fragestellungen und eine Auswahl einschlägiger For-schungsbereiche mit beispielhaften Anwendungen in der Arbeits- und Organisa-tionspsychologie zeigt Tabelle 1.1.

    Tabelle 1.1 Bedeutung der psychologischen Grundlagen- und Anwendungsfächer für spezifischeFragestellungen und einschlägige Forschungsbereiche mit beispielhaften Anwendungen in derArbeits- und Organisationspsychologie

    Grundlagen- undAnwendungsfächer

    Forschungsbereiche Anwendungsfelder in Arbeits- undOrganisationspsychologie

    Sozialpsychologie KonfliktforschungGruppenprozesse

    Werte, Einstellungsänderung,IdentifikationFührungsverhaltenGruppenarbeit, UmstrukturierungOrganisationsentwicklunginner-, zwischen-, überbetrieblicheKonflikte, Mobbing

    Entwicklungs-psychologie

    Lernprozesse Lebenslanges Lernen

    Experimentelle undAllgemeine Psycho-logie

    Wahrnehmungs-,Aufmerksamkeits-prozesseMotivation, Emotion

    Optimierung von Arbeitsaufgaben,Arbeitsprozessen, Arbeitsplätzen undArbeitssystemenArbeitsmotivation, -zufriedenheit

    Methodenlehre,Diagnostik

    Statistik und Evalua-tionLeistungsdiagnosePersönlichkeits-diagnose

    MarktforschungOrganisationsdiagnostikEignungsdiagnostik, PersonalauswahlEvaluation von Maßnahmen und Erfolg

    1.2 Arbeits-und Organisationspsychologie als Anwendungsfach 21

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  • Tabelle 1.1 (Fortsetzung)

    Grundlagen- undAnwendungsfächer

    Forschungsbereiche Anwendungsfelder in Arbeits- undOrganisationspsychologie

    Persönlichkeitspsy-chologie, DifferentiellePsychologie

    Persönlichkeit Personalauswahl, Personalentwicklung (PE),Personalführung

    BiologischePsychologie,Psychophysiologie

    StressBeanspruchung

    Gesundheitsförderung,Stressprävention, Work-Life-Balance

    Obgleich in der Arbeits- und Organisationspsychologie in zahlreichen Fällen aufModelle und Forschungsbefunde der psychologischen Grundlagenfächer zurück-gegriffen wird, erfordert der spezifische Kontext der Organisationsforschungzusätzliche, spezifische Erkenntnisse und eigene Theorieentwicklung. Anders alsin der Grundlagenforschung ergibt sich aus der Anwendungsspezifität der Orga-nisationspsychologie oft eine gewisse Singularität ihrer Erkenntnisse. Ein Beispielsoll dies verdeutlichen.

    Beispiel

    Personale Führung dient der Steuerung und Motivierung von Verhalten.Erklärungsgrundlage bieten Führungstheorien, Motivations- und Hand-lungstheorien (vgl. Kap. 5). Empirische Forschungsergebnisse zum Füh-rungsstil in einer bestimmten Führungsebene eines bestimmten Unter-nehmens entsprechen oftmals nur mäßig den Ergebnissen der Grundlagen-forschung aus dem sozialpsychologischen Labor. Insbesondere können sienicht unbesehen auf andere Organisationen generalisiert werden. Dennochsind auch die Forschungsergebnisse der Arbeits- und Organisationspsy-chologie nicht als beliebig zu betrachten. Besonders die organisationspsy-chologische Forschung bedarf oftmals offenerer Methoden und eigenerModelle, die den Systemcharakter des untersuchten Bedingungsgefügesbesser abbilden können als dies in der klassischen Grundlagenforschungder Fall ist.

    Wirtschaftskontexte stellen nach dem klinischen Bereich das zweitgrößte Berufs-feld für Psychologinnen und Psychologen dar (Margraf, 2015). Die Arbeits- undOrganisationspsychologie trägt diesen Kontexten besonders Rechnung und pro-

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  • fitiert dabei auch vom Austausch mit zwei anderen traditionellen Anwendungs-fächern der Psychologie (vgl. Abb. 1.2):" Von der Pädagogischen Psychologie, die z. B. Interventionsmethoden zur

    Personalentwicklung bereitstellt, die in der Praxis dann den jeweiligen Rah-menbedingungen der Organisation anzupassen sind (Kap. 11). Beispiele wärenhier Trainings zu Kommunikation (Kap. 7), zur Konfliktlösung (Kap. 8) undzu positivem Verhalten (Kap. 12). Die organisationspsychologische Perspektivereicht hierbei von der persönlichen Entwicklung des Individuums bis zurstrategischen Personalentwicklung.

    " Von der Klinischen Psychologie, die z. B. Konzepte zur Suchtprävention zurVerfügung stellt, deren Relevanz sich in der Arbeitswelt vor allem am Beispielder betrieblichen Alkoholismusprophylaxe zeigt. Beiträge der Klinischen Psy-chologie werden in der arbeits- und organisationspsychologischen Forschungund Praxis vor allem auch dann relevant, wenn Fragen der Stressbewältigungoder Fragen der Arbeitsgestaltung für »leistungsgewandelte« Mitarbeiter be-arbeitet werden.

    Klinische Psychologie z. B. Stress am Arbeitsplatz

    Allgemeine/ Experimentelle Psychologie z. B. Wahrneh-mungs- und Auf-merksamkeitspro-zesse am Arbeits-platz

    Entwicklungs-psychologie z. B. lebenslanges Lernen in Organi-sationen

    Biologische, Neuro- und Psychophysiolo-gische Psycho-logie z. B. Stress am Arbeitsplatz

    Pädagogische Psychologie z. B. berufliche Weiterbildung

    Arbeits- und Organisations-psychologie

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    er Sozialpsychologie z. B. Erforschung

    von Gruppen-prozessen in Organisationen

    Differentielle/ Persönlichkeits-psychologie z. B. Personal-auswahl, -führung, -entwicklung

    Methodenlehre/ Diagnostik z. B. Evaluation organisationaler Veränderungen, Eignungsdiagnos-tik

    Abbildung 1.2 Interdisziplinäre Vernetzung der Arbeits- und Organisationspsychologie. DieArbeits- und Organisationspsychologie hat als eines der drei psychologischen Anwendungs-fächer sowohl zu den anderen Anwendungsfächern (Klinische und Pädagogische Psychologie)als auch zu psychologischen Grundlagenfächern enge Bezüge

    Berufsfeld von Arbeits- und Organisationspsychologen. Seit den 1980er Jahrennimmt die Bedeutung der Arbeits- und Organisationspsychologie als praktischesBerufsfeld stetig zu. In großen Unternehmen wird heute oftmals der Qualität desPersonalmanagements wettbewerbsentscheidende Bedeutung beigemessen (vgl.Kap. 11; Frey, 2004). Eine große Zahl von Arbeits- und Organisationspsychologenist daher im Bereich der Personalarbeit bzw. des Personalservice, in der Personal-

    1.2 Arbeits-und Organisationspsychologie als Anwendungsfach 23

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  • auswahl und in der Personalentwicklung tätig. Weitere Arbeitsfelder betreffen dieAnalyse und Gestaltung der Arbeit sowie die Begleitung von Organisationsent-wicklungsmaßnahmen (vgl. Kap. 4, 13 und 14).

    ! Die Arbeits- und Organisationspsychologie greift in zahlreichen Fällenauf Modelle und Forschungsbefunde der psychologischen Grundlagen-

    fächer, der Ökonomie und der Soziologie zurück. Dennoch erfordert ihrspezifischer Gegenstandsbereich auch eigenständige Theorieentwicklungund Forschung. Da die Arbeitswelt von raschen und grundlegenden Wand-lungsprozessen geprägt wird, ist der Gegenstandsbereich der Arbeits- undOrganisationspsychologie sehr heterogen. Die Anwendungsspezifität orga-nisationspsychologischer Forschungsarbeiten führt zudem oft dazu, dassForschungsergebnisse wenig oder nur eingeschränkt generalisierbar sind(vgl. Abschn. 1.3).

    1.3 Gesellschaftspolitische und organisationale Veränderungen

    Gesellschaftliche Veränderungen. Große Trends bestimmen den Hintergrund fürdie aktuellen Veränderungen der Arbeitswelt in Deutschland:(1) Die demografische Entwicklung (höhere Lebenserwartung, Geburtenrück-

    gang) führt zu besonderen gesellschaftlichen Herausforderungen: Alter(n)s-und familiengerechte Arbeitsgestaltung wird bedeutsamer, Leistungsfähigkeitund Motivation müssen langfristig über die Lebensspanne erhalten werden,kontinuierlich-lebenslange Qualifizierung wird erforderlich.

    (2) Schwindende Ressourcen und Klimawandel erfordern nachhaltiges Wirt-schaften: In der Erwerbsarbeit gewinnt der Dienstleistungssektor an Bedeu-tung. Ressourcensparende Produktionsprozesse und Produkte werden ent-wickelt. Innovationen erfordern flächendeckend bessere Bildung. Die Tech-nologisierung wird ergänzt um die biotechnologische Revolution.

    (3) Die Arbeitnehmerstruktur verändert sich: Der Anstieg der Erwerbstätigkeitvon Frauen, die Zunahme geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, diewachsende Zahl der Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund und derzunehmende Bedarf an Nachwuchskräften und Spezialisten kennzeichnenden Arbeitnehmermarkt der Gegenwart.

    (4) Die Globalisierung schafft neuen Wettbewerb: Viele Menschen erfahren durchdie globale Vernetzung die Chance zu Wohlstand und Freiheit oder die

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  • Risiken des Standortnachteils. Der Wettbewerb um Schlüsseltechnologiennimmt zu. China positioniert sich als globale Wirtschaftsmacht.

    Organisationale Veränderungen. Branchenspezifisch lassen sich außerdem organi-sationale Veränderungen aufzeigen, die tiefgreifende psychosoziale Implikationenin sich bergen (vgl. Hoyos & Frey, 1999b; Weinert, 2004). Merkmale traditionellerOrganisationen werden zunehmend zugunsten moderner Organisationen ver-drängt, die sich vor allem durch kontinuierliche Veränderungen, extreme Wett-bewerbsorientierung, flexible, wechselnde Projektaufgaben anstelle dauerhaft de-finierter beruflicher Positionen kennzeichnen (vgl. Abschn. 3.3.2). Die Hierar-chien sind oftmals flach. Mit Blick auf die Rentabilität des Unternehmens werdenMaßnahmen des � Outsourcings durchgeführt und somit die unternehmerischeEinheit von der Produktentwicklung bis zum Vertrieb aufgehoben. All dies führtdazu, dass lebenslanges Lernen und Stressmanagement mit einem hohen Bedarf anFort- und Weiterbildung auf der persönlichen Ebene ebenso notwendig sind wieein effizientes Wissensmanagement auf organisationaler Ebene. Dies beinhalteteinen Wissenstransfer, der aufgrund der demographischen Entwicklung besondersnotwendig erscheint.

    Wie sich die gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Veränderungen impersönlichen Arbeits- und Lebensalltag widerspiegeln, illustrieren die Beispiele inTabelle 1.2.

    Tabelle 1.2 Illustration der veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen in Deutschland in derMitte des 20. Jahrhunderts und zu Anfang des 21. Jahrhunderts

    Mitte des 20. Jahrhunderts Beginn des 21. Jahrhunderts Gesellschaftliche Veränderungen

    Johann S., Industriearbeiterund Nebenerwerbsland-wirt, 48 Jahre alt, ist ver-heiratet und hat fünf Kin-der. Seine Frau kümmertsich um Kinder und Haus-halt sowie um einen Teilder Landwirtschaft.

    Stefan B., 48 Jahre alt, ge-schieden, hat in zweiter Eheein zweijähriges Kind.Weitere Kinder sind nichtgeplant, seine Frau arbeitetseit einem Jahr wieder alsBuchhalterin. Das Kindwird in der Kinderkrippeversorgt.

    Die Erwerbstätigkeit von Frauenist von rund 30 % auf rund 60 %gestiegen (Statistisches Bundes-amt, 2008). Die Geburtenrate istetwa um die Hälfte gesunken. ImJahr 2012 verdienen ihren Le-bensunterhalt überwiegend durchErwerbsarbeit rund 59 % derMänner und 43 % der Frauen imfrüheren Bundesgebiet und rund55 % der Männer und 45 % derFrauen in den neuen Ländern undBerlin. Zugleich nimmt die Er-werbsbeteiligung älterer Men-schen zu (Statistisches Bundesamt,2013, S. 113, 121).

    1.3 Gesellschaftspolitische und organisationale Veränderungen 25

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  • Tabelle 1.2 (Fortsetzung)

    Mitte des 20. Jahrhunderts Beginn des 21. Jahrhunderts Gesellschaftliche Veränderungen

    Johann S. arbeitet in einemFertigungsbetrieb für Me-tallwaren. Der Betrieb istder Hauptarbeitgeber amOrt. Er hat den Betriebnoch nie gewechselt undrechnet damit, dort bis zurRente zu arbeiten. Er wohntim Elternhaus seines Va-ters, das er von diesem ge-erbt hat.

    Stefan B. arbeitet als Com-putertechniker in einemUnternehmen, das 50 kmvon seinem Wohnort ent-fernt ist. Er hat seinen Ar-beitsplatz bereits sechsmalgewechselt und ist dafürinsgesamt viermal umge-zogen. Zurzeit wohnt dieFamilie in einer kleinenMietwohnung.

    In Land-, Forstwirtschaft und Fi-scherei (primärer Sektor) sind imJahr 2012 nur noch rund 1,6 %, imsekundären Sektor (produzieren-des Gewerbe) noch rund 25 % undim tertiären Sektor (Dienstleis-tung) bereits fast 74 % der Er-werbstätigen beschäftigt (Statisti-sches Bundesamt, 2013).Mobilität betrifft nicht nur Pend-ler zwischen Wohn- und Arbeits-ort, sondern auch die Lebens-gestaltung insgesamt.

    Arbeit ist für JohannS. Pflichterfüllung. Sams-tagsarbeit ist für ihn selbst-verständlich, obwohl 1956begleitet vom Spruch»Samstags gehört Vati mir«die Fünftagewoche durch-gesetzt wurde. Jeden Sonn-tag geht Johann S. mit sei-ner Familie zur Kirche.

    Stefan B. arbeitet wöchent-lich 37,5 Stunden. Er er-wägt, aus der Kirche aus-zutreten. Kirche und Glau-ben spielen in seinem Lebenkaum eine Rolle. Sein Kindhat er dennoch taufen las-sen.

    Die durchschnittliche Arbeitszeithat sich verringert. Zunehmendzeigt sich eine Entkirchlichung desLebens: Im Jahr 2012 sind inWestdeutschland rund 18 % undin Ostdeutschland rund 68 %konfessionslos (Statistisches Bun-desamt, 2013).

    Gesellschaftspolitischer Wandel verändert OrganisationenNoch vor einigen Jahrzehnten wurde Berufstätigkeit und Mutterschaftgesellschaftspolitisch als miteinander unvereinbar bewertet. Mittlerweileist es Ziel politischer Programme, diese Rollen in Einklang miteinander zubringen und die »doppelte Sozialisation von Frauen« zu ermöglichen. Dieserfordert psychologische Veränderungen, wie z. B. die gesellschaftlicheAkzeptanz arbeitender Mütter. Mit diesem Spannungsverhältnis von Berufund Familie befassen sich viele Studien zur Genderforschung (vgl. Leitner etal., 2004). Ein OECD-Vergleich zeigt, dass vor allem die Erwerbsbeteiligungkinderloser Frauen in Deutschland inzwischen erheblich zugenommen hat,die Erwerbsbeteiligung von Müttern mit mehreren Kindern jedoch deutlichgeringer als in vergleichbaren Staaten ist. Insgesamt verweist der Anstieg derErwerbsbeteiligung der Frauen auch darauf, dass in Deutschland Teilzeit-arbeit und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse für die Vereinbarkeit

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