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Arbeitsrecht im Betrieb 12

Arbeitsunfähigkeit & Betriebliche Gesundheitsförderung

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Arbeitnehmerschutz bei Krankheit• Krankheitsbegriff: Einheitlich

• Entgeltschutz: – AG Lohnfortzahlung 6 Wochen, § 3 EntgFG: Je Krankheit – Krankenkassen, SGB V: Krankengeld 78 Wochen– Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit, § 146 SGB III: Danach – Rente wg. Erwerbsminderung, § 43 SGB VI:

• Keine 6 Std. täglich erwerbsfähig

– Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII: • BG- Rente ab Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 %

• Kündigungsschutzgesetz:– Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX– Personenbedingte Gründe (3 Jahre beobachten, negative

Prognose, erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit)

• Schwerbehinderte Menschen:– Beschäftigung und Bes. Kündigungsschutz, §§ 81 ff SGB IX

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Arbeitsunfähigkeits-Richtliniendes gemeinsamen Bundesausschusses, § 92 I Nr. 7 SGB V

• § 1 Gegenstand: Feststellung durch Ärzte– der Arbeitsunfähigkeit und ihrer voraussichtlichen

Dauer– in bundesweit standardisiertem Verfahren

• § 2 Arbeitsunfähigkeit:– Abs. 1 AN kann seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht

mehr ausführen oder Tätigkeit würde die Unfähigkeit unmittelbar hervorrufen

– Abs. 4 Arzt befragt Patienten zur Tätigkeit, ihren Anforderungen + Belastungen

• § 4 Maßgeblich gleichermaßen: Körperlicher, geistiger & seelischer Gesundheitszustand

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Arbeitsunfähigkeits-Richtliniendes gemeinsamen Bundesausschusses, § 92 I Nr. 7 SGB V

• § 5 Abs. 3 Bescheinigung für Entgeltfortzahlung auf Vordruck: • Ab erster Inanspruchnahme des Arztes, Rückwirkend bis 2

Tage nach gewissenhafter Prüfung• für Dauer Entgeltfortzahlung• Bei unterschiedlichen Diagnosen ist für die zweite

Arbeitsunfähigkeit eine Erstbescheinigung auszustellen• Verdacht auf Versicherungsfall gem. § 7 SGB VII: Hinweis

• § 6 Nach Ablauf Entgeltfortzahlung: Attest des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit auf der Bescheinigung für die Krankengeldzahlung

• § 7 Zusammenwirken mit Medizinischem DienstArbeitsunfähigkeitsrichtlinien

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Anzeige & Nachweis, § 5 EntgFG• Mitteilung Erkrankung: Sofort, vor Arbeitsbeginn• Vorlage Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung:

• Entgeltfortzahlungsgesetz: Einholung erst nach 3 Tagen vertraglich ab 1. Tag vereinbar• Vorlage an Arbeitgeber unverzüglich, auch nach 6 Wochen

• Hoher Beweiswert: – Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig: Mit Vorlage tatsächliche

Vermutung für bescheinigte Arbeitsunfähigkeit– Erschütterung durch AG:

• Beweis des Gegenteils erforderlich bei EU- Ausland• Konkrete Umstände, die zu ernsthaften Zweifeln Anlass geben: - Arbeitsunfähigkeit angekündigt, z.B. bei Urlaubsverweigerung - Schwarzarbeit o. ganztätig auf Eigenheimbaustelle gearbeitet - gleichartige Tätigkeit bei anderem Arbeitgeber ausgeführt - Nichterscheinen zum medizinischen DienstNicht: Am späten Abend in Bars - Diskotheken angetroffen

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Arbeitgeberoptionen Krankheit• Arbeitsvertrag: Anwesenheits- + Leistungsprämien• Betrugsverdacht: Detektiv verdeckte Überwachung

– Ohne hinreichenden Anfangsverdacht: Verwertungsverbot

• Rehabilitation Sozialversicherungsträger anstoßen: • Schwerbehinderte: Versorgungsämter, SGB IX • Krankenkasse: Arbeitsplatzbezogen• Dt. Rentenversicherung: Arbeitsfähigkeit 6 Stunden täglich

• Offensive Betreuung AN in allen Notlagen: • Medizinisch, sozial und finanziell• Ggf. extern und anonym• Insbes. Führungskräfte durch Psychologen/ Coach

• Gutes Arbeitsklima• Bei Gefährdung Arbeitssicherheit: Initiativrecht AG

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AG-Reaktionen bei Erkrankung:• Frage an AN nach Art + Grund Erkrankung?

– § 5 EFZG: Ärztliches Arbeitsunfähigkeitsattest neutral– Kein weitergehendes Fragerecht o. Krankengespräch– Kontrolle der Arbeitsunfähigkeit / Widerlegung

• Krankenkasse: Medizinischer Dienst, § 275 SGB V

• Stufenweise Wiedereingliederung,§ 74 SGB V • Betriebliches Eingliederungsmanagement

(BGM), § 84 SGB IX: Nach Erkrankung– Ggf. bereits vor Ablauf 6 Wochen

• Prävention: Betriebliches Gesundheits-Management (BGM)

• Kündigung aus personenbedingten Gründen: Innerhalb 3 Jahren > 6 Wochen, neg. Prognose

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Arten der Krankheit: • Körperlich: Reversibel? AN rehabilitierbar?• Orthopädische Leiden • Organ - Erkrankung

• Suchterkrankungen, insbes. Alkoholabhängig:• Aus 1. Rückfall nicht automatisch auf Sinnlosigkeit

schließen(Statistik: Bei Alkoholtherapie 50 %)• Strukturiertes Verfahren mit „dosierten Druck“

• Psychische Beeinträchtigungen:• Burn-out + Mobbing: Ist AG Teil des Problems?• Depressionen: Chronische Persönlichkeitsstörung o.

Krise, z.B. Verlust einer nahestehenden Person • (versuchter) Suizid, Ausdruck einer Krise: PsychKG• Hinzuziehung eines externen Mediators

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Kündigung bei Sucht-Erkrankung

• Alkohol- und Drogensucht sind Krankheit:– Sofern willkürlich nicht steuerbar: MA ist schwach

• Verpflichtungen Arbeitnehmer:• Entbindung alle Ärzte von Schweigepflicht• Krankheitseinsicht + • Therapiewilligkeit, Grenze: Ein (?) Rückfall

• Verpflichtungen Arbeitgeber:– Vor Kündigung:

• Verhaltensbedingte Verstöße abmahnen• Krankheit feststellen: Gespräche + Arbeitsmedizinische Untersuchung

– Unterstützung einer Therapie / Versuchwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Betriebliches Eingliederungs-management, § 84 II SGB IX

• Arbeitnehmer, auch nicht schwerbehindert• ist innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen

erkrankt: AG- Pflicht, bereits vorher sinnvoll• Inhalt: - AG- Gespräch mit AN, BR +Beteiligten

- Entbindung aller Ärzte von Schweigepflicht• Ziel: Ursachen der Erkrankungen beseitigen,

insbes. durch leidensgerechte Tätigkeit• Wichtiges Element zum Erhalt der Arbeits- und

Leistungsfähigkeit• Überwachung durch

– Betriebsrat, § 80 I Nr. 1 BetrVG – Schwerbehindertenvertretung, § 95 I Nr. 1

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Betriebliches Gesundheits-management – BGM: Beteiligte

• Arbeitgeber (Direktionsrecht, Fürsorgepflicht):• Geschäftsleitung, Personalabteilung • Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit

• Betriebsrat, §§ 81, 87 I Z. 7, 88 Z. 1 BetrVG• Schwerbehindertenvertretung, §§ 94 ff SGB IX

• Bundesanstalt für Arbeit, SGB III• Krankenkassen, §§ 20 ff, 74 SGB V • Rentenversicherung, § 16 SGB VI• Berufsgenossenschaften, § 35 SGB VII• Fürsorgestelle, §§ 33, 34 SGB IX

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Wirkungen auf Kündigungsschutz• Konkretisierung Verhältnismäßigkeitsgrundsatz:

• Erkennen und entwickeln milderer Mittel zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung

• BEM erfolgt: Ergebnis für Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Arbeitsgerichtsprozess grds. maßgeblich

• Kein BEM: Arbeitgeber muss im Arbeitsgerichtsprozess umfassend vortragen, dass Arbeitnehmer • auf seinem Arbeitsplatz nicht eingesetzt werden kann,• dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung

ausgeschlossen ist und• der AN nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz bei

geänderter Tätigkeit eingesetzt werden kann.• AG hat darzulegen, warum denkbare oder aufgezeigte

Alternativen zur Reduzierung der Fehlzeiten nicht in Betracht kommen.

BAG 23.04.2008 - 2 AZR 1012/2006

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Arbeitgeberpflichten Behinderte

• § 106 S. 3 GewO: AG hat bei der Ausübung des Direktionsrechts auf die Behinderung Rücksicht zu nehmen

• Stufenweise Wiedereingliederung, § 28 SGB IX: Soll = Anspruch BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05

• Verbot der Benachteiligung von Beschäftig-ten wegen einer Behinderung, §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 1 AGG

• § 81 Abs. 4 SGB IX: Ansprüche = einklagbar• Beschäftigung mit voller Verwertung Fähigkeiten • Ausstattung mit technischen Arbeitshilfen

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• Ganzheitlich – integrierter Ansatz: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

• Unternehmens- Individueller Auslöser - Initiative:• Hohe Krankenstände• Hohe Fluktuation, innere Kündigungen• Investition in Humankapital

• Strukturelle + planerische Rahmenbedingungen:• Zieldefinition und Zielstrukturierung• Festlegung von Zuständigkeiten + Verantwortlichkeiten• Auswahl von Organisationseinheiten• Planung und Steuerung• Vernetzung mit anderen Managementansätzen• Aufbau von Kooperationsbeziehungen

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Integriertes Gesundheitsmanagement• Ziele Personal- + Organisationsentwicklung:• Arbeits- und Gesundheitsschutz, unter Einbindung und

Kostenbeteiligung von – Krankenkassen, §§ 20 a – c, 40 SGB V– Unfallversicherung (BG), § 33 SGB VII– Schwebehinderung, §§ 15, 44 I, 53,54 SGB IX– Rentenversicherung, §§ 28 SGB

• Vorsorge, Gesundheitsförderung• Mitarbeiter- u. Konfliktberatung, Suchtprävention

• Projektleitung: Koordination von• Schwerbehindertenvertretung• Sicherheitsfachkräften, Betriebsarzt

– Sozial-/ SuchtberatungBetriebliches Gesundheitsmanagement von uni-hannover.de

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BGM: Außerbetriebliche Kostenträger• Bundesanstalt für Arbeit, SGB III

• §§ 19, 112 Behinderte– § 119 Ausbildung– § 130 Befristete Leistungen

• § 45 Aktivierung und berufliche Eingliederung• § 51 Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen

• Krankenkassen SGB V: • § 20 Primäre Prävention• § 20 a Betriebliche Gesundheitsförderung• § 20 bPrävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren• § 74 Stufenweise Wiedereingliederung

• Rentenversicherung § 16 Verweis auf SGB IX SGB VI • Berufsgenossenschaften § 35 Verweis auf SGB IX SGB VI

• Fürsorgestelle, Leistungen SGB IX• § 33 zur Teilhabe am Arbeitsleben

– Abs. 6 medizinische und psychologische Hilfen• § 34 an Arbeitgeber

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Handlungsoptionen AG bei „Krankfeiern“

• Verkürzung der 3-Tagesfrist zur Vorlage AU- Bescheinigung: Vertraglich o. Aufforderung AG

• Einschaltung des medizinischen Dienstes, § 275 SGB V

• Mitwirkung bei „Stufenweiser Wiederein-gliederung“, § 74 SGB V

• Krankenrückkehrgespräch (weder Mitwirkungs- noch Offenbarungspflicht!)

• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX

• Kündigung, personenbedingt bei neg. Prognosewww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Medizinische Rehabilitation• o. Rehabilitierung (lateinisch: rehabilitatio, „Wieder-

herstellung“) bezeichnet die Bestrebungen, einen Menschen wieder in seinen vormals existierenden körperlichen Zustand zu versetzen: Maßnahmen, um die körperlichen und psychischen Folgen einer Behinderung bzw. Aktivitätseinschränkung (engl. früher: Disability, jetzt: Activity) und Störung der Teilhabe (früher: Handicap, jetzt: Participation) auf ein Minimum zu beschränken.

• Die rehabilitative Medizin unterscheidet sich prinzipiell von der kurativen Medizin, deren Aufgabe die Heilung von Krankheiten ist.

• In der Suchttherapie spricht man von Rekuperation: Wiedergewinnung des Zugangs zu selbstbestimmtem Handeln

• Im Arbeitsleben bedeutet Rehabilitation heute die Wiedereingliederung in das berufliche Leben.

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Medizinische Rehabilitation• Kosten- Träger:

– Berufsgenossenschaft, § 33 SGB VII: Nach Arbeitsunfällen & bei Berufskrankheiten– Deutsche Rentenversicherung: Minderung oder

erhebliche Gefährdung der Erwerbstätigkeit– Versorgungsämter, §§ 26 ff SGB IX: Behinderte oder von

Behinderung bedrohte Menschen– Krankenkassen, § 40 SGB V: Nachrangig, um die

gesundheitliche Situation zu verbessern – Bundesanstalt für Arbeit: Arbeitssuchende, aber

Schwerpunkt Wiedereingliederung Arbeitsmarkt– Kommunale Träger: Bezieher von Sozialleistungen

• Voraussetzungen: Ärztliche Empfehlung & Bewilligung Kostenträger

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STEAG „LIFE“: Langfristige individuelle Förderung der Eigenverantwortung

• Ganzheitliches Konzept: Begleitung der Mitarbeiter in allen Lebensbereichen und Hilfestellung zu Problemen• Gesundheitliche: Ziel Sicherung der Arbeitsfähigkeit• finanziellen und soziale

• Prävention• Gruppenschulung Stressbewältigung • Minderung arbeitsbedingter Belastungen Bewegungsapparat • Führungskräfteschulung: Gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung

• Leistungen des Unternehmens:• Betriebssport• Konfliktmanagement • Hilfe in schwierigen Lebenssituationen

• Kooperationspartner: Knappschaft und weitere Beteiligte www.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Arbeiten im Schongang? WDR 4.04.2013• Der Molkereizulieferer Satro in Lippstadt hat Ärzte

aufge-fordert, erkrankte Mitarbeiter nur teilweise krankzuschrei-ben. Auf freiwilliger Basis sollten diese Mitarbeiter auf sogen. „Schonarbeitsplätzen“ arbeiten.

Die Idee für den Vorstoß bei den Ärzten kam nach Auskunft der Firma so: Einige der 300 Mitarbeiter des Lippstädter Milchpulverherstellers fragten die Personalleitung, ob sie trotz Krankschreibung arbeiten dürften, sie wollten nicht zu Hause rumsitzen. So sei man darauf gekommen, Schon-arbeitsplätze anzubieten. Tipps für die Ärzte: "Wir können befristete Arbeitsplätze, die nur geringe körperliche Belastungen mit sich bringen, zur Verfügung stellen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie in medizinisch dafür geeigneten Fällen einen vorübergehen-den Einsatz verletzter bzw. erkrankter Mitarbeiter als Alter-native zur Krankschreibung in Erwägung ziehen würden. Eine kurze schriftliche Mitteilung gegenüber unserem Mitarbeiter wäre für uns ausreichend."

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Arbeiten im Schongang? • Hoheitsrecht der Mediziner: Viele Ärzte im Kreis Soest sind

empört. Sie wollen sich nicht in die Diagnose hineinreden lassen, so der Sprecher der Ärztekammer im Kreis Soest, Dr. Heinz Ebbinghaus: "Wir als Ärzte sehen das Ganze schon bedenklich. Für uns stellt das auch einen Vertrauensbruch dar. Wir als Ärzte haben das Hoheitsrecht, die Menschen krank zu schreiben. Wir sehen uns da schon etwas bedrängt. Wir Mediziner wissen schon zu unterscheiden, wer krankgeschrieben werden muss und wer nicht. Das lassen wir uns auch nicht nehmen."

• Der Soester Arbeitsrechtler Dr. G. hält den Vorstoß für problematisch. "Gegen eine freiwillige Teilnahme des Arbeitnehmers ist nichts einzuwen-den. Davon zu halten ist meines Erachtens aber nichts. Ich rate davon dringend ab, das zu machen. Der Arbeitnehmer hat gesetzlichen Schutz durch das Entgeltfortzahlungsgesetz und darauf sollte er auch bestehen.“

• Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten bezeichnet den Vorschlag der Firma als „ungeheuerlich“. Mit der Aktion wolle sie die Mitarbeiter nur zusätzlich unter Druck setzen, um die Zahl der Krankheitstage zu senken.

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Teilarbeitsunfähigkeit Es gibt Fallgestaltungen, in denen der Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung nur teilweise nicht in der Lage ist, seine geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Zu unterscheiden sind folgende Fälle:• Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, die

geschuldete Leistung in vollem zeitlichem Umfang zu erbringen (quantitative Teilarbeitsunfähigkeit).

• Der Arbeitnehmer kann einige, aber nicht sämt-liche zu seinem Arbeitsplatz gehörende Tätigkeit-en erbringen (qualitative Teilarbeitsunfähigkeit).

Hat Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung ?

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Teilarbeitsunfähigkeit • EntFZ kennt keine teilbare o. teilweise Arbeitsun-

fähigkeit, weder in quantitativ, noch qualitativ. • Quantitative Teilarbeitsunfähigkeit: Kann der AN die geschuldete

Arbeitsleistung und -zeit nicht voll erbringen, ist er arbeitsunfähig und hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, § 3 EFZG. BAG 26.6.1981 - 6 AZR 940/78 + 29.1.1992 - 5 AZR 37/91

• Qualitative Teilarbeitsunfähigkeit: AG kann durch Zuweisung einer Tätigkeit, die AN trotz seiner Erkrankung erbringen kann, die volle Arbeitsfähigkeit herstellen (wie mutterschutz- konformen andere Beschäftigung). – Änderung Einsatzbereich muss arbeitsvertraglich zulässig sein:

Vom Direktionsrecht gedeckt o. AN einverstanden – Praktische Abwicklung bedingt Rücksprache des Arztes (Beurteilung

der Arbeitsunfähigkeit) mit dem AG (Arbeits-platzgestaltung). Hierzu sind Ärzte weder bereit, noch ohne Einverständnis ihres Patienten berechtigt. Auch die Initiative zu leichterer Beschäftigung müsste vom AN ausgehen.

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Teilarbeitsunfähigkeit Praxis-BeispielArbeitnehmerin A arbeitet als Telefonistin im Empfang eines großen Unternehmens. In ihrem Arbeitsvertrag ist der Tätigkeitsbereich mit "Bürotätigkeiten" umschrie-ben. Auf Grund einer Erkältung ist sie in einem solchen Maß heiser, dass sie keine Telefonate mehr führen kann. Für den Zeitraum der Erkrankung setzt der Arbeitgeber sie im Schreibpool ein. Die Krankheit führt hier nicht zu einer Arbeitsunfähig-keit. A ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Bleibt sie gleichwohl zu Hause, hat sie keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und verletzt ihre Leistungspflichten.

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 SFall: Krankenschwester in NachtschichtDie K GmbH betreibt ein Krankenhaus der Vollversorgung mit 2.000 Mitarbeitern. S ist seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst (Nachtschichten 21:45 bis 6:15 Uhr) tätig. Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen betrieblicher Notwen-digkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Gem. Betriebsvereinbarung ist eine gleichmäßige Verteilung der Arbeit auf alle Beschäftigten anzustreben. S ist gesundheitlich zu Nachtdiensten nicht mehr in der Lage, weil sie medikamentös behandelt wird. Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung schickte der Pflegedienst-leiter S am 12. 06.2012 nach Hause, weil sie wegen ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. S bot ihre Arbeitsleistung - mit Ausnahme von Nachtdiensten - ausdrücklich an. S beansprucht 1. Beschäftigung und 2. Vergütungszahlung für die Zeit der Nichtbeschäftigung. Zurecht? BAG 09. 04.2014 - 10 AZR 637/13

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 SLösung: Krankenschwester in Nachtschichten1. S ist weder arbeitsunfähig krank, noch ist ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden. Sie kann alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Kann sie aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. 2. S hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden. K muss bei der Schichteinteilung auf gesundheitliche Defizit der S Rücksicht nehmen. 3. Die Vergütung steht S unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu.  

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 SFall: AG verweigert AN Aufnahme der ArbeitH, geb. 1957, ist seit 1984 bei Zeche Z unter Tage beschäftigt, zuletzt als Hauer. Von April 2009 bis zum 30. 04.2011 war er krank. Seinen Antrag auf Rente wg. Erwerbsminderung, § 43 SGB VI, wies die Deutsche Rentenversicherung mit Bescheid 18.01.2010 zurück. Am 23.04.2011 teilt H an Z mit, dass gem. gutachter-lichen Feststellungen eine Befundverbesserung einge-treten und von Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Am 24.04.2011 reicht H ein Arztattest nach, dass er „vor-aussichtlich ab dem 1.5.2011 wieder arbeitsfähig sei“. Z veranlasst eine arbeitsmedizinische Untersuchung, die am 28.03.2012 feststellt, dass H „seine arbeitsver-traglich geschuldete Tätigkeit nur unter Verschlechter-ung seines Gesundheitszustandes ausüben könne“. H klagt seinen Lohn ab dem 01.05.2011 ein. LAG D`dorf 17.07.2003 – 11 (6) SA 145/03

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 SLösung: AG verweigert Arbeitsaufnahme 1. Annahmeverzug Z, §§ 293, 615 BGB: AG muss einen funktionstüchtigen Arbeits-platz zur Verfügung stellen und ihm eine Betätigung zuweisen. a) Arbeitsangebot H: Grds. tatsächliches, § 295 oder gem. § 296 BGB wörtliches ausreichendb) Nicht, wenn H außerstande war, § 297.2. Arbeitsunfähigkeit a) Begriff in § 3 EFZG und § 44 SGB V identisch.b) Darlegungs- und Beweislast trägt Z: - Misslingt ab dem 01.05.2011 - jedoch durch arbeitsmedizinische Untersuchung: arbeitsfähig ab 28.03.2012Ergebnis: Z muss vom 01.05.2011 bis 27.03.2012 Entgeltfortzahlung leisten.

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 SFall: Eingliederungsmanagement Thyssen

E, Jahrgang 1968, ist seit 1984 bei Fa. TK beschäftigt. Nach Aus-bildung zum Energieanlagen-Elektroniker arbeitete er in Wechsel-schicht. E leitet unter einer schweren „Hygiene- Sensibilität“ mit Waschzwang und Berührungsängsten in Dusche und Toilette, aber auch beim Anfassen von Werkstücken. Seit Februar 2011 ist E Proband in den Sozialbetrieben. Er hat ver-schiedene Probestellen durchlaufen, seit Mai ist er in der Sattlerei. Der Meister setzt ihn zum Nähen von Feuerbeschichtungstüchern ein und lernt ihn an der Industrienähmaschine an. Der Meister möchte ihn dauerhaft beschäftigen, weil bislang nur ein einziger Mitarbeiter die komplexe Nähmaschine bedienen kann. Seit Ende November 2011 ist E nicht mehr arbeitsunfähig. Am 29.02.2012 verlangt der Personalleiter mit Unterstützung von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertreter aus dem Arbeits-verhältnis auszuscheiden, sich durch das Trainingscenter um eine andere Beschäftigung zu bemühen und eine Rente wegen Erwerbsminderung zu beantragen. Sonst werde er gekündigt. Wie ist die Rechtslage?

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 SLösung: BEM Thyssen AG

TK hat in ihrem Sozialbetrieb das betriebliche Eingliederungs-management mustergültig und erfolgreich durchgeführt: 1. E hat seine „Hygiene- Sensibilität“ an dem Material der

Feuerbeschichtungstücher überwunden. 2. Mit diesem Erfolg bessert sich seine Erkrankung insge-

samt. Weitere Therapieerfolge erscheinen jetzt möglich.3. In der Sattlerei ist ein leidensgerechter freier Arbeitsplatz.

Es besteht aber Bedarf für einen neuen Arbeitsplatz, da nur ein einziger Mitarbeiter die Nähmaschine bedienen kann. Der probeweise Einsatz machte nur Sinn bei Aussicht auf eine Dauerbeschäftigung. Der Meister bejaht den Bedarf.

4. Möglicherweise ist E schwerbehindert, anerkannt oder ggf. sogar offensichtlich.

Eine Kündigung ist durch personenbedingte Gründe nicht gerechtfertigt.

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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S

Fall: Rehabilitation Rentenversicherung

Der 1965 geborene Tischler D ist seit 1988 bei der G GmbH (50 Mitarbeiter) als Monteur beschäftigt. Er hatte nur geringste Krankheitszeiten, seit dem 1.06. 2011 ist er jedoch durchgehend arbeitsunfähig er-krankt. Seit dem 15.1.2013 ist D aus dem Krankengeld. Im Februar 2013 fordert G ihn auf, am betrieblichen Eingliederungsmanagement mitzuwirken. D erklärt sich hierzu „gerne bereit“, will aber zunächst eine laufende psychotherapeutische Behandlung abwarten. Mit Bescheid vom 14.03.2013 bewilligt die Deutsche Rentenversicherung eine „berufliche Integrationsmaßnahme als Leistung zur Teilnahme am Arbeitsleben“ vom 01.07.2013 bis 30.06.2014. Wäre eine Kündigung sozial gerechtfertigt?

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Fall: Kündigung bei RehabilitationI. KündigungsschutzgesetzII. Soziale Rechtfertigung: 1. Erkrankungen letzten 3 Jahre: Erkrankt seit 2 Jahren 2. Negative Prognose a) BEM: Anpassung Arbeitsbelastung nicht möglich b) Bescheid 14.03.2013 Dt. Rentenversicherung - Arbeitsunfähig bis 30.06.2014

- Vermeidung Rente wg. Erwerbsminderung: Keine 6 Stunden täglich erwerbsfähig, § 43 SGB VI 3. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange: a) Organisatorische Beanspruchung b) finanzielle Belastung

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Fall: Kündigung bei Alkoholsucht Der 1948 geborene T ist seit 1997 bei der Fach-klinik für Suchterkrankungen e.V. als Ergothera-peut beschäftigt. Klinik setzt ihn in der Arbeits- und Kreativtherapie ein, in der Patienten von Suchmitteln entwöhnt werden. T ist selbst „Alko-holiker“. Klinik wusste dies, nahm bei der Einstel-lung aber an, dass T trocken sei. 2006 und 2007 kam es mehrfach zu Rückfällen und Abmahnungen. Erste Kündigung 8/2007, Rücknahme 02/2008. Nach einem weiteren Rückfall kündigt Klinik T am 28.05.2009 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.12.2009. T erhebt Kündigungsschutzklage, begründet?BAG vom 20.12.2012 – 2 AZR 32/11

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Lösung: Kündigung bei Alkoholsucht1. Fristlose Kündigung: Ist unwirksam

Alkoholabhängigkeit ist Krankheit. Verstößt T infolge seiner Abhängigkeit gegen arbeitsver-tragliche Pflichten, scheitert der Schuldvorwurf.

2. Ordentliche Kündigung: Sozial gerecht-fertigt durch personenbedingte Gründe.

1. T bietet aufgrund der Alkoholsucht keine Gewähr, dass er auf Dauer in der Lage sein wird, seine geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen. Mit weiteren Auffälligkeiten ist zu rechnen.

2. Interessenabwägung: Klinik muss gegenüber Patienten und Leistungsträgern schädliche Einflüsse auf Behandlungserfolg ausschließen. Wird durch 12-jährige Betriebszugehörigkeit und Alter über 60 Jahre von T nicht aufgewogen.

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