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Arbeitsrecht im Betrieb 5 Allgemeiner Kündigungsschutz und -klage 1 www.ingendahl-rust.de Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2014

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Allgemeiner Kündigungsschutz

und -klage

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Kündigung fristlos, § 626:–wichtiger Grund: Fortsetzung bis Ende

Kündigungsfrist unzumutbar, Abs. 1– Innerhalb 2 Wochen ab Kenntnis der

Gründe, Abs. 2

Fallgruppen wichtiger Grund:- Vertrauensbereich- Arbeitsverweigerung: Nur beharrliche

- Verweigerung von Überstunden- unentschuldigtes Fehlen- eigenmächtiger Urlaubsantritt

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Außerordentliche Kündigung:

Wirksamkeitsprüfung zweistufig, BAG:• Grund für Kündigung „an sich d.h.

typischerweise“ geeignet• Berücksichtigung der Umstände des

Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen Interessen:– Arbeitnehmer: Dauer Betriebszugehörigkeit

beanstandungsfreie Führung- Arbeitgeber: Beendigungsinteresse

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Wichtiger Grund: Fallgruppen• Straftaten im Arbeitsverhältnis:

• Tätlichkeiten (Nötigung, Körperverletzung) • Grobe Beleidigungen, auch auf Facebook

Abgrenzung: Kritik, auch an Vorgesetzten• Arbeitszeit- oder Spesenbetrug • Verrat von Geschäftsgeheimnissen, § 17 UWG• Bestechlichkeit: Schmiergelder angenommen, § 299 StGB• Schmiergeldzahlungen an Dritte,

treuwidrig bei Kenntnis AG von „schwarzen Kassen“

• Nebentätigkeit:• Fortgesetzt & vorsätzlich• Offensichtlich nicht genehmigungsfähig

• Wettbewerb während des Vertrages, § 60 HGBwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Straftatbestände:• Diebstahl, § 242 StGB:• Eigentum eines Dritten, des AG• Zueignungshandlung des AN• Gewahrsamsbruch, bei berechtigtem Besitz des AN

Unterschlagung, § 246 StGB, z.B. Mankobeträge

• Bestechlichkeit / Bestechung im geschäftlichen verkehr, § 299 StGB, Schmiergeldverbot:• Verfügungsbefugnis• Käuflichkeitsabrede

• Fahren ohne Fahrerlaubnis, § 20 StVG:• Fahrer, aber auch Zulassen• Vorsatz oder Fahrlässigkeit

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Straftatbestände:• Betrug, § 263 StGB:• Täuschung eines Dritten• zu Vermögensverfügung• dadurch Vermögensschaden

• Untreue, § 266 StGB:• Verfügungsbefugnis• Missbrauch

• Urkundenfälschung, § 267 StGB:• Täuschung über die Person des Ausstellers• Nicht bei Vollmacht = vergeistigter Urkundenbegriff

StGB im Internet

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Alkohol am Steuer:• Ab 0,5 Promille: Ordnungswidrigkeit, § 24 a StVG• Geldbuße• Fahrverbot 1 – 3 Monate

• Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB:• Führung eines Kraftfahrzeuges• Unter Alkohol- oder Drogeneinfluss• Fahruntauglichkeit:

– Absolute : ab 1,1 Promille– Relative: mindestens 0,3 Promille +Ausfallerscheinung

• Strafe: – 30 Tagessätze – Führerscheinentzug, Sperrfrist Wiedererteilung 1Jahr:

ggf. Auswirkungen auf Arbeitsvertrag, z.B. „Fahrer“www.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Kündigungsschutzgesetz KSchG 1. Arbeitgeber: Betrieb mit in der Regel mehr als 10 Mitarbeitern

a) ohne Geschäftsführer, § 14 I und

Auszubildenden, § 23 Ib) bis 20 Std./ Woche: Zur Hälfte mehr als 20 Std./ Woche: Vollc) Betrieb: Einheitliche Leitung in personellen + sozialen Angelegenheitend) LeihAN: Wenn Einsatz auf "in der Regel" vorhandenem

Personalbedarf beruht BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12

2. nach 6 Monaten Wartefrist, § 1 II

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Soziale Rechtfertigung durch

• Verhaltensbedingte Gründe:– Leistungsbereich: Erst nach Abmahnung– Vertrauensbereich: Abwägung

• Dringende betriebliche Gründe:–Wegfall des Arbeitsplatzes– Sozialauswahl

• Personenbedingte Gründe: – Fähigkeit zur Erbringung der geschuldeten

Leistung / Arbeit www.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Verhaltensbedingte Kündigung• 1. Verletzung erheblicher vertraglicher Pflichten:

– Schuldhaft: Vorsätzlich o. fahrlässig – Darlegungs- + Beweislast: Arbeitgeber , dann abgestuft

• 2. Negative Prognose:– Störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht zu erwarten– Leistungsbereich: Nach einschlägiger Abmahnung– Vertrauensbereich: Insbes. unerlaubte Handlung mit Dienstbezug

• 3. Interessenabwägung von – Beendigungsinteresse des Arbeitgebers– Bestandsschutz des Arbeitnehmer

• 4. Verhältnismäßigkeit: Milderes Mittel?– Abmahnung, entbehrlich bei Vertrauensverlust - Unehrlichkeit– Andere geeignete freie Beschäftigungsmöglichkeiten

Bei Verstoß gg. Arbeitsvertrag: Sperrzeit, § 144 SGB IIIwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Verstöße gegen Arbeitsvertrag

• Dauernde Unpünktlichkeit• Krankmeldung nicht unverzüglich, § 5 EFZG nahtlos bei auch bei Krankengeld• Beleidigungen eines Vorgesetzten, auch in Social

Media, z.B. auf Facebook • Betriebsfrieden stören, Denunzieren von Kollegen • Internetnutzung (Virengefahr),private Telefonate (?) • Arbeitsverweigerung: nur erheblich und beharrlich

– auch zulässiger Über- und Mehrarbeit– unentschuldigtes Fehlen– eigenmächtiger Urlaubsantritt

• Wettbewerb während Arbeitsvertrag, § 60 HGBwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

• Strafanzeigen gegen Arbeitgeber:

„Whistleblower“• Staatsbürgerliches Recht auch in Arbeitsverhältnis• Arbeitnehmer muss zunächst innerbetriebliche

Klärung versuchen, sofern ihm zumutbar• Verstoß bei wissentlich falschen Angaben

• Verdachtskündigung: • Dringender Verdacht schwerer Pflichtverletzung, • Der das notwendige Vertrauen zerstört• Arbeitnehmer ist vor Kündigung anzuhören• Bei Entkräftung Wiedereinstellungsanspruch

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G

Abmahnung:• Verhältnismäßigkeit: Geringeres Mittel vor Kündigung• Voraussetzung für Sozialwirksamkeit Kündigung:

• Verhaltensbedingte Kündigung im Leistungsbereich• Grds. bereits beim 1. gleichartigen Verstoß

(Viele Abmahnungen schwächen sogar Warnfunktion!)• Entbehrlich: Schwere Pflichtverletzungen Vertrauensbereich

• Anwendungsbereiche: – Steuer- + abstellbares Verhalten: „Kann, aber will nicht“– Nicht erforderlich: Vorwerfbares/ schuldhaftes Verhalten– Vertrauensverhältnis wiederherstellbar

• Vorweggenommene Abmahnung: Arbeitgeber hat– durch Arbeitsvertrag o. Aushang zu erkennen gegeben, – dass er Fehlverhalten nicht hinnehmen wird.

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G

Abmahnung:• Funktionen

• Hinweis: Welches Verhalten verstößt gegen AV - Pflichten• Ermahnung zu vertragstreuem Verhalten• Warnung: Androhung der Kündigung

• Formelle Bestandteile: Nicht formgebunden– Angabe der Verpflichtung aus Arbeitsvertrag: Hinweis-– Konkrete Schilderung des Verstoßes: Rügefunktion– Kündigungsandrohung: Warnfunktion

• Anspruch auf Entfernung aus Personalakte, wenn Abmahnung fehlerhaft: Unbestimmt oder unrichtig

• Wirkungsdauer: i.d.R. 2 Jahre Verbleib: ewig Dokumentation

• Alternativen: Personalgespräch, Ermahnung,Korrekturvereinbarung

BAG vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11www.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Dringende betriebliche Gründe Beschäftigungsmöglichkeit/Weiterbeschäfti-gungsbedarf ist dauerhaft entfallen:• Außerbetriebliche Gründe:

– Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang mit– Unmittelbarer Auswirkung auf den Arbeitsplatz

• Unternehmerentscheidung:Auf der Grundlage einer Disposition des Arbeitgebers sind mehr Arbeitnehmer beschäftigt, als zur Erledigung der anfallenden Arbeiten erforderlich ist: Überprüfung– nicht auf sachliche Rechtfertigung / Zweckmäßigkeit– wohl aber, ob

• Entscheidung tatsächlich getroffen + umgesetzt wurde, • dadurch der Beschäftigungsbedarf für den Gekündigten

entfallen istwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Dringende betriebliche Gründe Organisationsentscheidung arbeitsplatznah = von Kündigungsentschluss nicht zu unterscheiden, z.B. bei Personaleinsparung: • AG muss seine Entscheidung in ihrer organisatorischen

Durchführbarkeit+ zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen: • Die Auswirkungen der unternehmerischen Vorgaben + Planungen auf

das erwartete Arbeitsvolumen müssen • anhand schlüssiger Prognose konkret dargestellt + • erläutert werden, wie die anfallenden Arbeiten vom

verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erbracht werden können.

LAG D`dorf 21.08.2012 – 8 Sa 574/12

• Dringlichkeit: Keine technische oder organisatorische Alternative zur Kündigung

• Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem freien Arbeitsplatz

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 • Vergleichbare Arbeitnehmer:

– Betriebsbezogen, einschl. Filialen– Horizontal: Aufgabenbereich + Ausbildung– Austauschbarkeit bei Einarbeitung

• Nicht zu berücksichtigende Arbeitnehmer:– In 6 -monatiger Wartefrist (vorab kündigen) – Ordentlich unkündbar (Gesetz, Tarifvertrag)– Leistung unentbehrlich, § 1 Abs. 3 S. 2:

• Herausnahme Leistungsträger BAG 22.03.2012 - 2 AZR 167/11

• ausgewogene Personalstruktur erhalten

• Auswahlgesichtspunkte: – Dauer der Betriebszugehörigkeit– Höheres Lebensalter (AGG?) BAG 15.12.2011 - 2 AZR 42/10

– Unterhaltspflichten www.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2014

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Druckkündigung• Begriff: Dritte verlangen vom Arbeitgeber unter

Androhung von Nachteilen die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers.

• Sofern keine personen- o. verhaltensbedingte Gründe, ggf. Kündigung aus betrieblichen Gründen.

• Strenge Anforderungen an Zulässigkeit:

– Arbeitgeber hat sich schützend vor Arbeitnehmer zu stellen.

– Bei Verwirklichung der Drohung sind schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber zu befürchten.

– Die Kündigung ist das einzige Mittel, um den Schaden abzuwenden.

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G

Sicherung ausgewogene Personalstruktur, § 1 III 2

• Altersstruktur: – AG bildet Altersgruppen innerhalb der zur

Sozialauswahl anstehenden Mitarbeiter– Anteilmäßige Kündigung aus jeder Gruppe

• Funktions- und Betriebsabläufe: • Arbeitnehmergruppen nach

Ausbildungsstand• Personalstruktur muss bereits so

bestehen, wie sie gesichert werden sollwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G

Personenbedingte Gründe: • Arbeitnehmer ist aufgrund mangelnder–Eignung und/oder– persönlicher Fähigkeitenzur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht in der Lage.

• Erwartung erheblicher Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers

• Umfassende Interessenabwägung zulasten des Arbeitnehmers

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Personenbedingte Gründe:• Alkohol- + Drogensucht

– Krankheitsstadium & Therapiebereitschaft hindern Schuldvorwurf

– negative Gesundheitsprognose,

• Fehlende Bereitschaft Arbeitnehmer:– Erlernen der deutschen Sprache– Fortbildung, insbes. von QS verlangt– Umsetzung von Neuerungen am Arbeitsplatz

• Entziehung Fahrerlaubnis bei Kraftfahrern• U- Haft, Verbüßen einer Freiheitsstrafe• Druck Kollegen (nach Entgegenwirken)

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Arbeitsrecht im Betrieb 5

Krankheitsbedingte Kündigung

• Häufige Kurzerkrankungen: • Innerhalb der letzten ca. 3 Jahre• Fehlzeiten mehr als 6 Wochen jährlich

• Lang dauernde Arbeitsunfähigkeit:• AN etwa 1 ½ Jahre arbeitsunfähig• Ende der Erkrankung nicht absehbar

• Mit erheblicher krankheitsbedingter Leistungsminderung

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G

Krankheitsbedingte Kündigung

• Negative Gesundheitsprognose: – Indiz aus bisherigen Fehlzeiten:

• Innerhalb der letzten 2 – 3 Jahre• Mehr als 6 Wochen jährlich erkrankt

– Durch konkrete Umstände widerleglich:• insbes. aktuelle Therapie mit offenem Ausgang• im Prozess: medizinisches Gutachten

• Erwartung erheblicher Belastungen für AG: – Betriebliche: Organisation der Abläufe – Wirtschaftliche Interessen: Belastung mit Kosten

• Umfassende Interessenabwägung zu Lasten des AN• Keine Beschäftigungsmöglichkeit auf anderem,

leidensgerechten Arbeitsplatz: BEM § 84 SGB IX

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Minderleistungen• Sofern Verhalten steuerbar:

Grund verhaltensbedingt– Problem: Messbarkeit der Leistung – Toleranzgrenze 50 – 100 %

• Eingeschränkte Leistungsfähigkeit: – Personen- bzw. krankheitsbedingt– Ärztliche Arbeitsunfähigkeits-

bescheinigungwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Betriebliches Eingliederungs- Management, § 84 Abs. 2 SGB IX• AN (auch nicht behindert) ist innerhalb eines

Jahres länger als 6 Wochen krank,• AG muss Gespräch mit AN über die Gründe

der Arbeitsunfähigkeit zur Verminderung suchen, insbes. eine „leidensgerechte Tätigkeit“

• Voraussetzung: Einwilligung AN, der alle seine Ärzte umfassend von ihrer Schweigepflicht entbindet

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Massenentlassung, § 17 KSchG:• Betrieb mit mehr als 20 Mitarbeitern: Entlassung mindestens 5 Mitarbeiter/ 30 Tage• Anzeige an Landesarbeitsamt, Abs. 1 und

• mit Stellungnahme des Betriebsrates oder • Namensliste

• Konsultation des Betriebsrats, Abs. 2– Auskunft, Unterrichtung, Beratung, BAG 21.03.2013 – 2

AZR60/12: Mehr als + zusätzlich zu § 102 BetrVG– Schriftform

• Vor Kündigung, Versäumnis: K unwirksam, § 134 BGB

BAG 28.6.2012 - 6 AZR 780/10; 20.9.2012 – 6 AZR 155/1; 21.3.2013 – 2 AZR 60/12

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S

Kündigungsschutzprozess: • Klagefrist: 3 Wochen ab Zugang, § 4 KSchG

– Arbeitsgericht: Rechtsantragsstelle– Zulassung bei Verspätung, § 5 KSchG

• Nachträgliche Zulassung, § 5 Abs. 1– Unverschuldete Versäumnis– Anwaltsverschulden zuzurechnen, § 278 +BAG 2012

• Versäumnis: Kündigung gilt als wirksam, § 7 (Fiktion!), auch bei– außerordentlicher Kündigung– Sonderkündigungsschutz, Schwerbehinderung – in Folgeprozessen, z.B. Vertragsstrafe– Aber falsche Kündigungsfrist: Auslegung richtige, wenn

gewollt

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Handlungsoptionen AG bei „Krankfeiern“

• Verkürzung der 3-Tagesfrist zur Vorlage AU- Bescheinigung: Aufforderung AG

• Einschaltung des medizinischen Dienstes, § 275 SGB V

• Stufenweise Wiedereingliederung, § 74 SGB V

• Krankenrückkehrgespräch• Betriebliches

Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX• Kündigung, personenbedingt

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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S

Fall: Handy im OPDr. Arzt ist seit 2005 Chefarzt Chirurgie des Kranken-hauses St. Johannes. Regelmäßig nahm er den schnurlosen Handapparat seines Diensttelefons und sein privates Handy mit in den Operationssaal und legte beide Geräte auf den Ablagetisch. Das Handy war in der Telefonliste des Krankenhauses mit einer Kurzwahlnummer hinterlegt. Mit Schreiben vom 26.9.2008 kündigt die St. Johan-nes gGmbH das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der Kläger habe im Operationssaal häufig Telefonanrufe angenommen oder während laufender Operation von einem Mitglied des OP- Teams annehmen lassen. Dr. Arzt erhebt Kündigungsschutzklage, mit Erfolg?BAG vom 25.10.2012 – 2 AZR 495/11

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Lösung: Handy im OP1. Arbeitsvertragsverstoß:

1. Hygiene und Verantwortung für Patienten 2. Leitende Position und Organisationsverantwortung3. Dienstliche Telefonate

1. wurden geduldet , 2. ggf. Interessenabwägung

4. Keine Rechtfertigung für private Telefonate2. Abmahnung: Kein Anhaltspunkt, dass

1. Änderung des Verhaltens nicht bewirkt würde2. Noch wiegen einige private Telefonate so schwer,

dass die einmalige Hinnahme objektiv unzumutbar wäre.

3. Ergebnis: Fristlose + ordentliche Kündigung unwirksam.

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BAG: EmmilyE arbeitet seit 1978 als Kassiererin bei R. 2007 findet der Filialleiter Leergut- Bons über 0,82 € und 0,48 € und übergibt sie E „wenn der Kunde sich meldet“. Die Bons werden von E bei einem privaten Einkauf 10 Tage später von der kassierenden Kollegin eingelöst, obwohl sie vom Filial-leiter nicht abgezeichnet waren. R kündigt E gegen den Widerspruch des Betriebs-rates wegen dringendem Tatverdacht fristlos, hilfsweise fristgerecht. BAG vom 25.10.2012 – 2 AZR 495/11

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Fall: Sexuelle BelästigungBruno Deftig, geb. 1950, ist seit 1976 bei dem Möbelfilialisten Anger als Einkäufer beschäftigt. Am 18.10.2007 erteilte Fa. Anger eine Abmahnung, weil Deftig eine Mitarbeiterin mit einem Schlag auf das Gesäß belästigt habe. Am 25.und 26, 06.2008 machte Deftig gegenüber einer 26-jährigen Einkaufsassistentin 4– mal Bemerk-ungen sexuellen Inhalts. Mit Schreiben vom 11.07.2008 kündigte Fa. Anger fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 28.02.2009. BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10

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Fall: Außerordentliche Kündigung wg.• sexueller Belästigung i.S.d. § 3 IV AGG :– unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten– Bezweckt oder bewirkt Verletzung der

Würde– Pflicht des Arbeitgebers zum Einschreiten, §

12 III AGG

• BAG konkretisiert der Verhältnismäßigkeits-grundsatz: AG hat die geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, hier zum effektiven Schutz des weiblichen Personals vor weiteren sexuellen Belästigungen.

Ergebnis: A.o. Kündigung wirksam. www.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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• Teilkündigung: Verbot Weder

– einzelne Vertragsklauseln noch– Entgeltbestandteilesind gesondert kündbar

• Änderungskündigung, § 2 KSchG:– Unbedingte Kündigung des Vertrages

mit voller sozialer Rechtfertigung– Angebot eines neuen Arbeitsvertrages

zu anderen/ schlechteren Bedingungen– Geht bei freiem zumutbaren Arbeitsplatz der

Beendigungskündigung vorwww.ingendahl-rust.deArbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester

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Änderungskündigung: Nebenbedingungen• Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis

iSd. §§ 2 S.1, 1 II 1 KSchG kommt in Betracht, wenn Nebenleistungen an Umstände anknüpfen, die nicht notwendig während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses vorliegen, z.B. • Mietzuschuss, der Preisdifferenz zwischen billiger Werkwohnung

und Wohnung freier Markt ausgleichen soll • Kostenlose Beförderung zum Betriebshof

• Ein Arbeitgeber, der sich auf eine wesentliche Änderung der maßgebenden äußeren Verhältnisse beruft, stützt sich auf Umstände, die• neben §§ 1, 2 KSchG den Wegfall der Geschäftsgrundlage

begründen, • das Beharren auf der vereinbarten Leistung als unbillig und unberechtigt

erscheinen lassen und • geeignet sind, eine Änderung sozial zu rechtfertigen. BAG 20.06.2013 - 2 AZR 396/12  

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Kündigungsschutzklage fast 100 %, Gründe:• Arbeitsplatz trägt wirtschaftliche Existenz:

Rechtfertigungsdruck in Familie + bei Bekannten

• Abfindung: Vergleiche, aber kein Anspruch• Sperrzeit, wenn Kündigung durch Verstoß

gegen Arbeitsvertrag verschuldet, § 159 I Z. 1 SGB III

• Arbeitsgerichte sind Arbeitnehmerschutz-gerichte: (Be-) Urteilen „im Zweifel für den Arbeitnehmer.“

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Abfindung für Beendigung• Auflösung durch Urteil, § 9 Abs. 1 S. 2:

• Kündigung beendet Arbeitsverhältnis nicht• Fortsetzung Arbeitnehmer/-geber nicht zumutbar

– Auch Verhalten im Prozess + des Bevollmächtigten

• Verurteilung AG zu angemessener Abfindung

• Kündigung AG mit Angebot Abfindung, § 1 a:– Pro Jahr Betriebszugehörigkeit – ½ Brutto – Monatsgehalt

• Arbeitsgerichtliche Praxis:– Erhöhung o. Minderung gem. Erfolgsaussichten– Auflösungspoker:

• Arbeitnehmer: Rückkehr in Arbeitsverhältnis & Annahmeverzug• Arbeitgeber: Rücknahme Kündigung

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Arbeit während des Prozesses• Eine Kündigung "zum nächsten möglichen Termin" ist nicht zu unbestimmt:

BAG vom 20.06.2013 - 6 AZR 805/11

• Freistellung AN– durch AG bis Ablauf Kündigungsfrist– unter Anrechnung auf Urlaub + Überarbeit

• Prozessbeschäftigung– Verhinderung von Annahmeverzug + -lohn– durch Angebot einer Beschäftigung bis zur

rechtskräftigen Entscheidung– Problematisch:

• Rechtlich: Zulässigkeit Befristung• Loyalität der Gekündigten verloren

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