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Staatliche Museen zu Berlin -- Preußischer Kulturbesitz Eine römische Porträtstatue der Antiken-Sammlung Author(s): Jutta Meischner Source: Forschungen und Berichte, Bd. 18, Archäologische Beiträge (1977), pp. 67-80+T15-T18 Published by: Staatliche Museen zu Berlin -- Preußischer Kulturbesitz Stable URL: http://www.jstor.org/stable/3880796 . Accessed: 28/06/2014 16:20 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Staatliche Museen zu Berlin -- Preußischer Kulturbesitz is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Forschungen und Berichte. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.31.194.167 on Sat, 28 Jun 2014 16:20:12 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Archäologische Beiträge || Eine römische Porträtstatue der Antiken-Sammlung

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Eine römische Porträtstatue der Antiken-SammlungAuthor(s): Jutta MeischnerSource: Forschungen und Berichte, Bd. 18, Archäologische Beiträge (1977), pp. 67-80+T15-T18Published by: Staatliche Museen zu Berlin -- Preußischer KulturbesitzStable URL: http://www.jstor.org/stable/3880796 .

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EINE ROMISCHE PORTRATSTATUE DER ANTIKEN-SAMMLUNG

(Mit Tafel 15-18)

Jut/a Meischner

Aus SchloB Klein-Glienicke bei Potsdam gelangte I922 die lebensgroBe Statue eines bekranzten Palliatus (Tafel i -I 7) in die Berliner Antiken-Sammlung1. Zeitweilig als Falschung verdachtigt, ist die nicht unbedeutende Portratschopfung des mittleren 3. Jahrhunderts erst kiirzlich wieder aus- gestellt worden und soll nun auch publiziert werden.

Die von den Zehen bis zum Scheitel i,65 m groBe Statue steht auf einer I5 cm hohen Plinthe, deren UmriB etwa halbkreisformig verlauft; die linke Seite ist beschadigt und modern verschmiert. Die Plinthe muB nach Ausweis ihrer mit Spitzeisenkerben versehenen Riinder in eine Basis versenkt gewesen sein. Uber der rechten Ecke der Plinthe erhebt sich ein viereckiger glatter Pfeiler bis hand- breit iiber das rechte Knie des Mannes. Auf dem Pfeiler liegt ein Lorbeer(?)kranz, dessen Vorderseite mit einem runden Medaillon versehen ist. Der Kranz ist in seiner ganzen Io6he als volle Scheibe mit kantigen Randern wiedergegeben. Die Oberseite ist nicht geglattet; Blatter und Medaillon sind nur oberflachlich in kaum erhabenem Relief eingekerbt. Unmittelbar an den Pfeiler schmiegt sich das rechte Bein des Mannes. Die vom Mantel umhiillten Konturen von Wade und Oberschenkel sind nur durch eine schmale Rille von der Vorderseite des Pfeilers abgesetzt; Pfeiler, Kranz und Unterkorper des Mannes sind ein durchgehender Block. Die Riickseite des Pfeilers ist roh gepickt, die der Mantel- figur summarisch reliefiert.

Die barfiiBige Gestalt des altlichen Mannes ist mit einem Pallium2 bekleidet, welches die rechte Seite des Oberk6rpers bis zur Taille freilaBt, aber die linke Schulter und den Arm bis zum Handgelenk bedeckt. Haupthaar und Bart sind kurzgeschoren. Wie das Relief des Kranzes sind sie mit einem Minimum an plastischer Substanz durch grobe Kerbung angegeben. Das Gesicht ist auffallig stark gefurcht, wirkt aber nicht greisenhaft. Der rechte Arm ist bis auf ein schmales Segment an der Achsel abgebrochen. Doch der erhaltene schmale Ansatz lBt immerhin erkennen, daB der Oberarm nicht vie der linke Arm am K6rper herabhing, sondern weit abgespreizt gewesen sein muB. Der linke Oberarm folgt der Linie des Oberk6rpers; der Unterarm ist etwas vorgestreckt; die Hand halt einen walzenfirmigen Gegenstand. Der Halsansatz ist rundherum schlecht verschmiert. Ob es sich hierbei um eine vorbeugende MaBnahme oder um die Verkittung nach Wiedereinfiigung des vordem abge- brochenen Kopfes handelt, liiBt sich ohne Entfernen des Verputzes nicht entscheiden. An der Zu- geh6rigkeit und authentischen Haltung des Kopfes aber lassen die Halskonturen keinen Zweifel.

Aufschliisse fur das Verstandnis der Statue werden vier Merkmalen zu entnehmen sein: i. der Be- kleidung, die unter dem Pallium die Tunika fortlaBt; 2. dem auf dem niedrigen Pfeiler liegenden Kranz; 3. dem zusammengedriickten Gegenstand in der linken Hand des Mannes; 4. der abgestreck- ten Haltung des rechten Armstumpfs.

1 nv. Nr. I764. Vgl. M. Schede, in: AA I922, I2o. - Fur die groBzugige Bereitschaft, mir die Publikation der Statue zu uberlassen, habe ich Frau Dr. E. Rohde und Frau Dr. H. Heres - von Littrow sehr zu danken.

2 Die Unterscheidungsmerkmale zwischen Toga und Pallium erlautern F. Goethert in: RE VI 2, i652 S. v. Toga und K. Polaschek, Untersuchungen zu griechischen Mantelstatuen. Diss. Berlin I969, 6.

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Der unter Punkt 3 genannte Gegenstand ist vom Bildhauer als Relikt eines alteren Bildtypus iiber- nommen und dem vorliegenden Thema mit wenig Geschick oberflachlich angepaBt worden. Die Walze oder Rolle zeigt namlich an ihrer vorderen Schmalseite ein rundes Reliefmedaillon, wie es der Kranz auf dem pfeilerartigen Stander aufweist. Desgleichen zeichnen sich auch vom Medaillon aus- gehende Lorbeerblattreihen ab. Gemeint ist also ein ebensolcher Kranz, wie er deutlich auf dem Pfeiler wiedergegeben ist.

Warum aber wahlte der Bildhauer eine von der steifen Scheibenform des rechts liegenden Kranzes so ganzlich abweichende Wiedergabe? Wenngleich es praktisch denkbar ist, einen auf eine Stoff- tanie gebundenen3 kiinstlichen oder echten Blatterkranz so wie hier in der Hand zusammenzudriicken, bleibt doch eine solche Wiedergabe angesichts jenes steifen, geschlossenen, kronenartigen Kranzes derselben Medaillon- und Blattausstattung auf dem Pfeiler widersinnig. Daruiber hinaus wuiBte ich keine Figur anzufiihren, die einen weichen, biegsamen Kranz in dieser gedrungenen Walzenform in der Hand hielte. Vielmehr werden Kranze, die von Personen in der Hand gehalten werden, ring- formig4 wiedergegeben. Auf gleiche Schwierigkeiten st6Bt die Erklarung, es mit einer miBverstande- nen Mappa eines Prasidenten oder Editor ludorum zu tun zu haben; auch eine Mappa ist ausfiihr- licher, als faltenreiches Tuch dargestellt worden5. Es hat offenbar den Anschein, als habe der Verfertiger des Berliner Palliatus den Typus einer Mantelstatue mit Buchrolle in der gesenkten Linken6 vor Augen gehabt, die unpassende Buchrolle aber findig dem vorliegenden Thema angepaBt. Diese Umfunktio- nierung von Buchrolle zu Siegeskranz geschah allerdings recht oberflachlich, ohne daB der Aus- fiihrende sich wirklich vom Vorbild freizumachen imstande gewesen ware und in Details von Hand und Kraiz eine adaquate Umgestaltung gefunden hatte7.

Ist nun der bereits mit einem Lorbeerkranz ohne Medaillon bekranzte und barf-iBige, also in heiligem Bezirk agierende Manteltrager der Empfanger der beiden Medaillonkranze (wenn auch nicht als Sieger eines gymnischen Agons, so vielleicht als Dichter oder Rhetor) oder fungiert als er Preisrichter und hat einem Stapel Siegeskranze zu seiner rechten Seite eben den vorletzten entnommen, um ihn dem Sieger einer speziellen Disziplin zu iiberreichen?

Ein etwa gleichartiger niedriger Pfeiler, auf dem ein Stapel von fiinf Preiskranzen bereitgestellt ist, findet sich auf einem Goldglas des 4. Jahrhunderts im Vatikan (Tafel 17,4)8. Diese fuinf gestapelten Kranze scheinen hier von etwa derselben Machart zu sein wie der zur Rechten des Berliner Palliatus. Sie sind als hohe, zvlinderf6rmige Scheiben gebildet mit geschlossenem, steifen Profil und kantigen Randern. Die Ausstattung dieser kronenartigen Kranze stimmt mit dem plastischen Vergleichsstiick im Pergamonmuseum durch ein hohes Medaillon uiberein. Das Rund bildet eine gegenstandige

z. B. Agora I Nr. 17 oder M. RostofZef, Dekorative Malerei in SudruBland Taf. z6 o. Mitte; vgl. Daremberg - Saglio I 2, I523 mit Anm. 63-67. Mit Lindenbast (philyra) gebundene Krainze bei Plinius XXI 4.

4 Beispiele eruibrigen sich. 5z. B. G. Brims, Ist. Forsch. 7 (I935) Abb. 44. 47. 68. 69. 77. 82. 83; A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und

Romer 306; J. Kollwik<, Ostrom. Plastik 8z; 90 Nr. I 5 Taf. 32. 33; R. Delbrueck, Die Consulardiptychen Nr. 2. 6. 7 (Mappa in gesenkter Linken). 9-I4. i6-z5. 29. 32-35. 40-43. 56. 58; Vatikan Kat. II Nr. 2ib Taf. 5 (kein Geld- beutel); Daremberg - Saglio I 2, II89. I-I96 Abb. I5i8; II92 Abb. I523 = P. Fabia, Mus6es'de Lyon, mosaiques romaines (1923) 33 Taf. 3. 4.

6 Auch die Athener Kosmetenfigureii sind mit Buchrolle in der gesenkten Linken dargestellt: E. Laitani, I ritratti dei cosmeti 8o Nr. ITaf. 3sb (ohne Scrinium); 8xfTafaf. 37 (mit Scrinium). Die Handhaltung der genannten Kos- metenfiguren entspricht in dem von T. Birt, Die Buchrolle in der Kunst IIO Abb. 6i als selten herausgestellten Motiv III der des Berliner Palliatus. - Zur ,Buchrolle' des magister ludi S. 74 Nr. I vgl. Aim. 52.

7Auf ein ahnliches Phanomen unreflektierter Adaption eines uiberkommenen Bildtypus fUr ein neu einzufUhrendes Motiv weist H. Sichtermann (Spate Endymionsarkophage 1 5. 5 3) hin. - Eine Deutung der Schlinge in der gesenkten Rechten der -von Sichtermann a. 0. aufgefiihrten Mantelfiguren als Mappa iiberzeugt kaum (vgl. unsere Anm. Io), eben weil auch hier offenbar ein uberkommenes Motiv in einen neuen Zusammenhang gebracht wird. Ich halte die Schlinge fur einen Gewandbausch, vgl. Sichtermann a. 0. 47. 50 Abb. 32. 50. 52, s. auch den Mantelbausch in der Linken des Preisrichters, Scbrdder Taf. 96 o.; Cumont Abb. Ioo.

8 C. R. Morey, The Gold Glass Coll. of the Vatican Library Nr. 25; Daremberg - Saglio I 2, 153I Abb. I999.

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Blattreihe hier, eine dreifache Reihe dort, beidemal wohl Lorbeerblatter. Die oberen und unteren Rander der gestapelten Krinze faBt ein horizontaler Streifen ein9.

Ahnliche Kranzstapel begegnen im Zusammenhang mit Wettspielen, die byzantinische Kaiser seit Constantius II. zu ihrem Konsulatsantritt veranstalteten10. Die Siegespramien erscheinen stapelweise auf dem unteren Segment von Goldmedaillons. AuBer Krinzen mit Mittelmedaillon sind silberne und goldene Blatter, ein Geldtopf, Torques und Gewandspangen aufgereiht. GroBe, spitze Blatter, aufrecht hintereinander gestaffelt, und ebepfalls ein Stapel von fiinf Siegeskrinzen ftillen das Rund von Kontorniaten aus, auf denen ein Bestiarius gefeiert wird11. Ebenso wie die anderen wertvollen Pra- mien sind die Kranzstapel auf den Goldmedaillons und Kontorniaten als Siegespreise fur die groBen offentlichen Spiele, Gladiatorenkampfe und Wagenrennen, zu verstehen.

Auch die gestapelten Krinze des Goldglases Tafel I7, 4 geh6ren als Siegeskrinze dem agonalen Bereich an. Das Goldglas nimmt Bezug auf die Ludi Capitolini, musische, gymnische und circensische Wettspiele, die von Domitian im Jahre 86 gegriindet, alle vier Jahre abgehalten und unter Konstantin 326 zum letzten Mal begangen wurden12. Wahrscheinlich ist die Fiinferzahl der gestapelten Preis- kranze symptomatisch fur fiinf Hauptagone. Entweder bezeichnen sie fiinf musische Disziplinen, etwa: Poesie, Prosa, Drama, Musik (Flotenspiel, Kithara), Gesang, oder fiinf Hauptgattungen der Capitolinischen Spiele: musische, skenische, gymnische, Praeco-Agone (oder statt des Praeco-Agons griechische und lateinische Prosa) sowie Wagenrennen. Die zweizeilige Inschrift Invicta Rom[a] Ilioror[umi] (sc. ludorum) nennt ilische Spiele der invicta Roma. Die Gleichsetzung von Ilia und Capitolia erscheint ausdriicklich hervorgehoben durch die zwei Inschriften in griechischen und r6mi- schen Buchstaben auf dem Maskenpfeiler am rechten Rand des Goldglases. Neben den auf die groBen Ludi weisenden Inschriften Ili[a] und Capi[t]olia zeigen weitere auf musische und gymnische Agone beziigliche Symbole die agonistische Bedeutung des Bildes an. Unter der lateinischen Inschrift er- scheint, in Malerei oder Relief zu denken, eine Preiskrone, vor Palme und Kranz der ehrenvollste SiegespreisI3. Unter der griechischen Inschrift wird ein eigenartiger Kranz deutlich, der vielfach ebenfalls auf agonistischen Szenen vorkommt und oft auch vom Personal wie Tubicen, Praeco, Kampfrichter getragen wird14: Von einem festen Ring gehen einzelne, steif hochstehende pilzartige Gebilde aus; wahrscheinlich handelt es sich um Bliiten- bzw. Rosenkrdnze15. Die komische Jiinglings- maske auf dem Pfeiler bezieht auch skenische Elemente ins Bildprogramm des Goldglases mit einm6.

Das Nebeneinander der Motive fiihrt indessen auf keinen realen Bildgehalt, sondern eher auf einen symbolischen: Die mit dem Biihnenmantel17 und langer Dalmatika bekleidete Figur ist durch Kostiim und Doppelflote als aktiver Teilnehmer eines musischen Agons gekennzeichnet. Der Palmwedel in ihrer hochgestreckten Hand ist aber keine Siegespalme'8. Denn einmal werden fulr das Siegeszeichen

9 Dasselbe Schema der Zeichnung wie die Kranze des Goldglases weist der des Peter und Paul eines weiteren Gold- glases auf; nur werden dort statt des zweireihigen Olivenblattkranzes drei Reihen von Eichenblattern wieder- gegeben.

10 H. Dressel, Die rom. Medaillone des Munzkabinetts der Staatl. Museen zu Berlin. Herausg. H. D. Schult. (I973) Nr. 233 (mit Lit.) 372.

11A.Alf6ldi, Die Kontorniaten' 32, id; I23 Nr. i8z Taf. 5, 5; II, 3. 12 L. Friedlander Sittengeschichte Roms'0 II I 1of. 231; IV 276 f.; RE Suppl. V 607 f.; Jfitner I 137; Daremberg - Saglio I

io85f.; III 1377.

13 R. Garrucci, Vetri ornati di figure in oro (1864) 177; zu Preiskronen vgl. Verf., in: JdI 89, 1974, 336ff.; vgl. auch. Anm- 33.

14 Der Begriff Garruccis (wie Anm. I3) 177: ,,Athletenkrone" ist zu eng gefaBt; vgl. u. Anm. 50. 15 Eindeutig als rote Rosenkrainze gekennzeichnet auf dem Mosaik mit Szenen eines musischen Agons in Piazza Arme-

rina, G. Gentili, La villa erculia di Piazza Armerina I Abb. 2.

16 DaB der Pteiler mit den funf Siegeskrainzen auf die Metae im Circus anspielt, ist abzulehnen (Garrucci [wie Anm. I 3] I77).

17 Die Winkelmuster des Mantels kommen sowohl an gleichzeitigen Heiligenfiguren vor, wie auch an Schauspieler- manteln (Antike Kunst 6. Beiheft 33. 66. 68. 76. 77 mit Anm. I, 8i Taf. 3. 4. 7. 8. i6. 17. I9-21. 25 und 17, 3).

Ersteren miBt W. Oakeskott (The Mosaics of Rome 378f.) keine spezielle ikonologische Bedeutung bei, sondern erklart sie als syrische Textilmuster, die der Tracht der Heiligenfiguren noch von ihrem Herkunftsland her anhafteten. So werden solche Muster auf Schauspielermainteln auch keine bestimmten Personentypen kennzeichnen.

18 So Alfoldi (wie Anm. II) 33.

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stets lange, ganze Palmzweige verwendet; die kurzen Palmbiischel aber oder bis auf die auBeren Blatter gerupfte Palmstiele werden von den Kampfrichtern als Dirigierinstrumente benutzt. Sieger- palmen und Palmbiischel der Kampfrichter sind oft auf demselben Momument dargestellt und ein- deutig voneinander unterschieden'9 (zu diesen Palmbuischeln als Kampfrichter-Instrumente s. u. S. 76). Zum anderen wird eine Siegespalme viel naiher am K6rper gehalten, nie in der ausgestreckten Hand. Der als Auletes gekennzeichnete Mann ist also gleichzeitig als Kampfrichter20 dargestellt. Die Funk- tionen eines aktiven Musikers und eines Kampfrichters schlieBen sich aber, real gesehen, gegenseitig aus2l. Angesichts der fiinf auf dem Pfeiler gestapelten Preiskriinze erhebt sich zudem auch hier - wie bei der Berliner Statue - die Frage: Hat die dargestellte Person diese Krinze gewonnen, einen ge- wonnen oder ist sie der Preisrichter, der sie verleihen wird? Und nur einem Preisrichter kommt das offizielle Amt der Primienvergabe und Siegerwahl zu, nicht aber einem Kampfrichter, als welchen der Palmbiischel die Figur kennzeichnet. Die mit dem Kampfrichter-Instrument ausgestatteten Per- sonen sind in der griechischen und romischen Ikonografie agonistischer Szenen hinlanglich von den Preisrichtern - letztere haufig identisch mit den Spielgebern - unterschieden22. Wie der Kampf- richter-Buischel einerseits, so schlieBt andererseits die Ausstattung der Figur mit Theatermantel und Diaulos aber die Funktion des Mannes als Preisrichter aus. Noch unwahrscheinlicher kann eine und dieselbe Person in allen fiinf Disziplinen des Capitolinischen Agons den Sieg davongetragen haben23. Auch die fiinf SiegeskrTnze lassen sich also mit dem Auletes nicht zu einer realen Szene verbinden. Die alte Erklarung R. Garuccis der Figur.als des personifizierten ,Ludus Capitolinus'24 scheint heute wieder die iiberzeugendste.

Bietet so das Goldglas mit dem Kranzstapel auf niedrigem Pfeiler zwar eine antiquarische Parallele zu dem Pfeiler mit Kranz neben der Berliner Statue, so hilft es doch nicht bei der Erklarung der Funk- tion, in der der barfulBige Palliatus dargestellt ist. Bestatigt wird immerhin der agonistische Kontext, in dem er seine Bedeutung haben muB; ob aber als Sieger oder Preisrichter, bleibt vorerst noch offen.

Weiterfiihrenden AufschluB zum Verstandnis des Kranztragers vetsprechen zwei weitere eigen- tiimliche Darstellungsmerkmale zu erbringen: seine Bekleidung nur mit Mantel, ohne Tunika und der in groBer Geste abgestreckte rechte Arm. Der nach griechischer Art fiber bloBem Oberkorper getragene Mantel ist auch fuir die spate Kaiserzeit am gelaufigsten an Philosophendarstellungen, im besonderen der Sarkophagplastik. Die Deutung auf einen siegreichen Dichter oder Redner, zu der zwar der Gestus des rechten Arms stimmen wiirde, scheitert doch wohl an der ungewohnlichen Bekleidung. Fuir die erste Alternative ware eine langarmelige Tunika zu erwarten25, fur die zweite jedenfalls auch die obligatorische Tunika. Der Gedanke an einen siegreich aus einem Redner-Wett- streit hervorgegangenen Rhetoren hat ohnehin geringe Wahrscheinlichkeit fur sich. Denn im Rahmen des Kapitolinischen und Albanischen Agons gab es zwar eine Zeitlang auch die Disziplin des rheto- rischen Certamen. Zur Zeit Suetons aber, Anfang des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts, war sie nicht mehr -iblich26. G. Lafaye halt eine Wiederaufnahme der Redner-Wettkampfe zur Tausendjahr- feier Roms im Jahr 248 n. Chr. unter Philippus Arabs und genau in der Zeitspanne von 245150 n. Chr. befinden wir uns nach Aussage des Portrats wieder fulr erwagenswert27. Indessen, die ikonografische Basis fulr einen derart singularen Bildtypus scheint uns zu schwach gestiitzt, als daB eine Benennung als Dichter oder rhetorischer Sieger mit AusschlieB3lichkeit vertreten werden diirfte.

19 Vgl. S. 73f. Nr. 5, 6, 12, I7, 20, 22, 27. Lampe Berlin/Wien/London, Verf., JdI 89, I974, 338 Abb. i. 20 Garrucci (wie Anm. 1 3) I 77 f. 21 Anders Zahn 3 6o ff., der den Auletes des Goldglases als Chordirigenten anspricht, welcher wie ein Kampfordner den

Palmwede I als Dirigierinstrument halt. Dem widerspricht doch wohl die Flbte; der Chorleiter Aifeldi (wie Anm. II) Taf. 68, 7 h alt einen Kranz.

22 S. U. S. 76. 23 So H. Vopel, Die altchristl. Goldglaser (I899) 34f. Nr. 64. 24 (Wie Anm. 13) I76ff. 25 G. Gentili, La villa erculia di Piazza Armerina I Abb. 2.

26 L. Friedldnder, Sittengeschichte Roms'0 II I50. 231; IV 276. 27 De poetarum et oratorum certaminibus apud veteres (i883) 91.

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Es verbleibt der Komplex nichtaktiver agonistischer Funktionen, der eine iiberzeugendere Erkla- rung der Mantelstatue zu erbringen verspricht. Sowohl die Bildiiberlieferung als auch die Realitat der antiken Praxis unterscheiden die Amter des Kampfrichters und des Preisrichters. Die Figur des Kampfrichters ist von Palistra-Szenen der griechischen Vasenmalerei her gelaufig. Als Paidotriben vom Gymnasiarchen angestellt, gaben sie im Gymnasium Sportunterricht und fungierten als Trainer bei den offiziellen Agonen28. Mit langen Stdcken29 oder meist gegabelten Ruten30 korrigieren sie Haltung und Stellung der Knaben im Zweikampf und schlagen bei ,foul play' auch mal kraiftig zu31. Die lange Rute als Amtszeichen und Dirigierinstrument wird auf panathenaischen Preisamphoren des 4. Jahrhunderts durch lange Palmwedel ersetzt, die bis auf wenige Blattchen an der Spitze gerupft sind32. Diese langen, gerupften Palmen der panathenaischen Preisamphoren k6nnten von der Dar- stellung her Zweifel aufkommen lassen, ob nicht Siegespalmen gemeint seien. Denkbar ware natuir- lich eine interne Praxis der Paidotriben in der Palastra, bereitgehaltene Siegerpalmen (ein dem Siegeskranz nachgeordnetes Ehrenzeichen und daher haufiger verliehen33) gleich fur Dirigierzwecke zu benutzen34. Doch manche solche als ,Siegerpalme' angesprochene Palmstengel in Hainden von Kampfrichtern ergaben denn doch eine allzu kargliche Siegestrophae (vgl. z. B. S. 72 Nr. i.2). Der Deutung einer gerupften Palmspitze als Siegespalme widerspricht auch die Tradition, die den Kampf- richter nie ohne sein Arbeitsinstrument darstellt. Seine in romischer Zeit sich wandelnde Form zu einem kurzen Palmbiischel, der wie ein Facher mit Stiel wirkt, lIBt denn auch keinen Zweifel, daB ihre langeren Vorlaufer ebenfalls als Dirigierinstrumente wie vordem die Ruten zu verstehen sind35. Kenntlich sind die Paidotriben auBer an der Rute immer an ihrer Mantelkleidung. Diese ihre grie- chische Amtstracht ist fulr die Kampfrichter auf Palistraszenen bis in die spatere Kaiserzeit durch- gehend beibehalten worden, vgl. u. S. 73f. Nr. i6 -zz; S. 75 Nr. I5.

Trainer und Kampfrichter der groBen romischen Circusspiele ist der magister (doctor) ludi36. Auf Darstellungen von Gladiatorenkaimpfen tragt er eine wadenlange Tunika mit Uberwurf und weiten, langen Armelh. Sein Dirigierinstrument ist ein langer Stock.

28 Scbween i6. zoff.; L. Robert, etudes anatoliennes (1937/70) I39 Anm. I; Jiithner I i6iff. 29 Schween 30; Gardiner Abb. 97. I02. 105. I54. I56. i65. I82. I89. '93; Jiithner I i8o. i8z Taf. 5, 4; 9. 10, I; II, I. 2;

I 3, I; I4. 20, I; II Taf. 64. 65. 94a. Auch Aphrodite handhabt als Kampfrichterin zwischen Eros und Pan ein Stock- chen, Neutsch, JdI 70, 1955, I66 Abb. I I. Die Kampfrichter-Stbcke scheinen kiirzer als die in der Palastra benutzt'en MeBstocke zu sein. Vgl. auch die Wandmalereien der tomba della scimmia und del colle Casuccini in Chiusi, P. Ducati, Storia dell' arte etrusca II Taf. 133. 134 Abb. 345. 346.

30 R. Ballbeirer, Griech. Vasen aus dem Hamburger Museum fur Kunst und Gewerbe (I905) 34 Anm. 4; Schween 30.

6iff.; GardinerAbb. 52 a-c. I24. 133. I43. 157. I58. I64. 173. I74. i8o. I83. I85. i86. i88; Juthner I I82 Taf. 5, 2. 5. 6; I5, 2; i6-i8. 2I. 23; II Taf. 23a; 44b; 56b; 58a; 63. 84. 98. Die Enden der gegabelten Zwiesel haben auf etrus- kischen Darstellungen des Paidotriben zierlich manirierte Rankenform, F. Weege, in: JdI 39, I9I6, 124 Taf. 8 (tomba Stackelberg).

31 Gardiner 2I 3 Abb. I 88 a; Juthner I 7 I Taf. I 8; Schween 22.

32 Baliheimer (wie Anm. 30); Schween 30. 50; Schrdder 36; H. Susserott, Griech. Plastik des 4. Jhs. v. Chr. Taf. I, 3; 3, 3. 4; 6, 3; 7, 4; Gardiner Abb. I9I. I92. CVA Great Britain (i) III H f Taf. 2, 6; Jutbner II Taf. 78.

38 Die Bemerkung von M. Grant (Die Gladiatoren 6i), jeder siegreiche Gladiator im 6stlichen Imperium bekam einen Kranz oder eine Krone, ist abzulehnen. DaB es Abstufungen der Siegerpreise gegeben haben muB, legt z. B. die rom. Lampe, Brit. Mus., H. Walters, Lamps Nr. 1398 nahe: I. Preis: goldene Preiskrone + Palme; 2. Preis: Siegeskranz + Palme; 3. Preis: nur eine Palme. Vgl. auch H. Bengtson, Die olymp. Spiele in der Antike 5 6; Daremberg - Saglio II 2, I958; L. Robert, Les gladiateurs dans L'orient grec 295.

34 Das legen die panathenaiischen Preisamphoren nahe, z. B. H. Susserott, Griech. Plastik des 4. Jhs. v. Chr. Taf. 6, 3; 7, 3. 4 (Gardinier Abb. I9I); auch der dunne Wedel, Susserott a. 0. Taf. I, 3, der sich letztlich von der langen Sieger- palme des Berliner Reliefs (S. 74 Preisr. Nr. I) nicht unterscheidet. Zweideutig zu verstehen ist auchJiithnerI Taf. 8 b (die Siegerehrung findet aber noch nicht statt); Schween Abb. I; vgl. auch Zahn 358.

35 So schon MatZ - Duhn II 2242. 2734; Zahn 357ff.; Schween 30; Scbroder 36; vgl. die Kampfrichter-Darstellungen S. 72ff. mit Ausnahmeder Nr. 3, 7, 2I, 24; s. auch S. 70 mit Anm. I9; auBerdem Ostia IV Taf. I II, 391; J. Banko, in: OJh 25, I929, iziff. Abb. 46. 47 Taf. 2. Anders A. Aiflldi, Die Kontorniaten' 33f. Dieser Palmwedel des Kampf- richters diente, wie seine Ableitung von der langen Gette besagt, kaum dazu, den Kampfenden Kuhlung zuzufacheln, wie F. Matz, Die Antiken Sarkophagreliefs IV 2, I84 zu Nr. 75 meint; vgl. auch H. Sicbtermann, in: AA 1974, 320f.

36 Daremberg - Saglio II 2, I58if. 1595 Abb. 3573. 3577; M. Grant, Die Gladiatoren 36. 57.

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Bei der Siegerehrung spielte der Kampfrichter keine Rolle. Das offizielle Schiedsrichteramt, ver- bunden mit dem der Preisvergabe und Siegerehrung iubernahm der jeweilige Agonothet, im internen Bereich der Palastra also der Gymnasiarch37. Der Agonothet stellte den Sieger, nachdem er ihm den Kranz iiberreicht bzw. aufgesetzt hatte, mit ausgestrecktem rechtem Arm dem Publikum vor und nannte laut seinen Namen. Fur die groBen panhellenischen Spiele in Olympia und Nemea wurde fur die Spielleitung eine Kommission von Agonotheten, die Hellanodikai38, bestellt. Ihnen oblag als Brabeutai auch das Preisrichteramt. Bei der offiziellen Siegerehrung traten hier eigens ausgebildete Kerykes in Aktion, die anstelle des Agonotheten vor dem ungleich groBeren Auditorium der pan- hellenischen Festspiele ,,magna voce" die Namen der Sieger ausriefen. So eindrucksvoll war die Aufgabe der Herolde, daB ihre Funktion - ebenso wie die der Salpix-Bla'ser - zu einer eigenen Wettkampf-Disziplin aufgewertet wurde. In Olympia39, bei den Ludi Capitolini40 und der Tausend- jahrfeier Roms4' gab es das Certamen praeconum.

Die groBen Circus- und Gladiatorenspiele Roms kannten auBer dem editor spectaculi (ludi)42, welcher die Spiele finanzierte und die Siegespramien spendete43, noch einen Spielleiter, den Prasiden- ten44- bzw. bei Gladiatorenspielen den lanista45 -, welcher alle organisatorischen Aufgaben uiber- nahm, die den griechischen Agonotheten selbst oblagen, der beim Circusrennen auch die Mappa werfen46 und die Siegespreise verleihen konnte47.

Bildiuberlieferung

Kampfrichter

A in der Paldstra

i Wandmalerei, Pompeji, ,Palastra'. Reinach, RepPeint 278, 9; Jiithner I Taf. i z; M. Borda, La pittura romana 80.253; P. Herrmann, Denkmaler der Malerei des Altertums Taf. 220 U.; F. Noack - K. Lehmann-Hartleben, Baugeschichtl. Unters. am Stadtrand von Pompeji Taf. 45, 6; K. Schefold, Die Wande Pompejis 2I5; A. Maiuri, Pompeiana I73ff.

2 Wandmalerei, Pompeji, ,Palastra'. E. Guhl- W. Koner, Leben der Griechen und Rbmer6 (I893) 37oAbb.496;HerrmannwieNr.I 2200.;

K. Schefold, Vergessenes Pompeji iiz Taf. 76, z; ders., Die Wande Pompeiis 2I 5; Borda, wie Nr. i 8o; Maiuri, wie Nr. i I75 Abb. 7; Noack - Lehmann-Hartleben, wie Nr. i

Taf. 45, 648.

37 Schween ioff. 3 J. H. Krause, Olympia 124f. 139; H. Bengtson, Die olymp. Spiele in der Antike I04 S. v. 39 Cicero, ad familiares V I2, 8; vgl. Krause (wie Anm. 38) io6 mit Anm. I5; io8 mit Anm. 22; I43; Belglson (wie Anm.

38) 25. 34f. mit Anm. i6; 55f. 40 L. Friedldnder, Sittengeschichte Roms'0 IV 278, 8; G. Lafaye (wie Anm. 27) 92. 4] IG 11 3, I (I935) Nr. 3 I69/70; Supplementum epigraphicum graecum XIV (I957) I20; Lafaye (wie Anm. 27) 9I.

42 Daremberg - Saglio I 2, ii88; Grant (wie Anm. 33) 39ff. Vgl. den frontal stehenden Togatus in der Mitte der Pompa eines pompejanischen Grabreliefs, Daremberg - Saglio II 2, I593 Abb. 3593 mit Anm. I2 (dazu Grant (wie Anm. 33) 55), sowie zwei frontal aus der Bewegungsrichtung der pompa circensis herausgekehrte Beamtenfiguren eines Sarkophagreliefs, Daremberg - Saglio I 2, I I93 Abb. I 5 28.

41Daremberg- Saglio II ,597. 44 Wahrscheinlich zu erkennen in dem Togatus mit Stab an der Spitze der pompa, Daremnberg - Saglio II 2, I593

Abb. 3593; vgl. auch die beiden frontal stehenden Beamtenfiguren, Daremberg - Saglio I 2, II93 Abb. 1528; mit Mappa und Szepter, ebenda Abb. I5 I8; W. Amelung, Vatikan. Kat. II 2i b Taf. 5.

45 Daremberg - Saglio II 2, I566f. 1578; Grant (wie Anm. 33) 12. 22. 42; L. Robert, Les gladiateurs dans l'orient grec 284f.

46 Darernberg - Saglio I 2, I195; vgl. ebenda Abb. I5 i8 und Amelung, Vatikan. Kat. II zi b Taf. 5.

47 Daremberg - Saglio II 2, I 5 96. 48 Die Figur wurde auf Grund der Tarnie in ihrer Linken, des jetzt vergangenen Plamstiels in ihrer Rechten und der

Bekrainzung als siegreicher Athlet aufgefaBt von R. Herbig, in: P. Herrmann, Denkmaler der Malerei des Altertums 220 o.; K. Schefold, Vergessenes Pompeji ii2; ders., Die Wande Pompejis 25I ;A. Maiuri, Pompeiana I75. Zum Kranz:

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3 3 Gemmen, ehem. Berlin. A. Furtwangler, Beschreibung der geschnittenen Steine Nr. 6914-I6 Taf. 5I49.

4 Sarkophag, Vatikan (ehem. Lateran). Helbig I4 ioi9; Schr6der Taf. 96; Zahn 358f.;

Schween 99. 5 Sarkophag, Paris, Louvre 329. Cumont 469f.

Taf. 46, 2; Castagnoli 23 Abb. I7; Schroder, AA 1925, 2I6; Schroder I20. I28 Abb. 29. 35; J. Charbonneaux, La sculpture grecque et romaine (I963) 25I.

6 Sarkophag, Fundort Rom, Via triumphalis, verschollen. Cumont 470 Taf. 46, 3; Casta- gnoli 23 Abb. i 8.

7 Erotensarkophag, Ostia. Cumont 471 f. Abb. IOI.

8 Erotensarkophag, Florenz, Pal. Riccardi. Duitschke II 90 Nr. i98/1I7; Schween IOo.

9 Erotensarkophag, Rom, Villa Carpegna. Matz - Duhn II Z2o8; Schroder I46 Abb. 39; Schween IOO.

IO Sarkophag, Deckel, Frgt., Rom, Pal. Merolli. Matz - Duhn II 2238; Schween 99.

i i Erotensarkophag, Trapani, Chiesa di San Nicola. V. Tusa, I sarc. rom. in Sicilia Nr. 98 Abb. 239. 240. - Die Figuren des Praeco und Tubicen sind verballhornt. Der Praeco rechts mit Tunika und Pallium (unverstandlich der Stern auf seiner Brust), die Rechte in Praeco- Gestus erhoben, halt selbst auch eine Palme im linken Arm, wie bei Siegerehrungen in Dreiergruppe nie anzutreffen. Fiur einen Tubicen ist zwar die kurze Tunika des linken Putto uiblich, nur ist sie hier ungegiirtet und ohne Uberschlag. Seine ebenfalls ausge- streckte Rechte ist als unverstandene Ab-

wandlung des Tubicen-Typus in Anlehnung an den Praeco rechts anzusehen.

I2 Erotensarkophag, Rom, Accademia di San Luca. Matz - Duhn II 2734; Schween ioo. -

Kampfrichteranzug (Pallium ohne Tunika) und Kampfrichter-Instrument (Wedel) des Preisrichters.

I3 Sarkophag, Frgt., Mentana bei Rom, Slg. Zeri. Sichtermann, AA I974, 320f. Abb. 17.

I4 Sidamarasarkophag, Sockelzone der Ruick- seite, Istanbul, Arch. Mus. Inv. 1I79.

V. Strocka, AA I97I, 76 Nr. I3. - Kampf- richter: i., 4. und I2. Figur v. r.

I5 Aschenurne, ehem. Ince Blundell Hall. B. Ash- mole, A Cat. of the Ancient Marbles at Ince Blundell Hall (I929) Nr. 335 Taf. 50.- Erotenagon.

i 6 Figuralkapitell, Vatikan. Castagnoli iof. Abb. 6 -8. 11-14 Taf. I: Siegerehrung: Tubicen50,

Kampfrichter, Athlet, Kampfrichter, Preis- richter. z: Kampfrichter, Sandstreuer, Kampf- richter, Preisrichter. 3: Kampfrichter, Sand- streuer, Kampfrichter, -. 4: Kampfrichter, Sandstreuer, Sandstreuer, Preisrichter. R. Bianchi Bandinelli, Rom, Das Ende der Antike 5f. Abb. 7. 366; E. v. Mercklin, Antike Figuralkapitelle 156ff., Nr. 384 Abb.

737-747. 17 Mosaik, Rom, Vatikan, ehem. Lateran. Hel-

big I4 I028; ZLahn 357f.; S. Reinach, Rep. Peint. 280-283; Schr6der, Taf. 33 o.; E. Goodenough, Jewish Symbols in the Graeco- Roman Period IX I 40 f.51; Gardiner Abb. 74; H. P. L'Orange, Likeness and Icon 175

Abb. 3a-c. - Athleten, Kampfrichter und Siegespreise in einzelnen Kompartimenten.

Auch ein palastrischer Agon ist kultlich verstanden worden, wie auch die Aufstellung von Hermen bezeugt. Auch inaktive Teilnehmer erscheinen daher oft bekranzt. Ein siegreicher Athlet mit Siegeskranz und Palme diirfte kaum in dieser abgekampften Haltung mit hangenden Schultern dargestellt worden sein; auch der Mantel ware hier sehr ungew6hnlich, er ist andererseits die typische Bekleidung fur einen Kampfrichter. DaB er eine Tanie fur einen seiner Z6glinge bereit halt, hat nichts Oberraschendes. Aber nicht nur der Mantel kennzeichnet den Kampfrichter, sondern ebenso eindeutig der der Umzeichnung bei Guhl -Koner a. 0. noch zugrunde liegende Palmstiel. Er hat das fur Kampfrichter-Wedel typische gerupfte Aussehen. V Vgl. die umfangreiche Liste von Karnpfrichtern auf Gemmen hei Schueen 97f. und SchrYder Taf. 680.; G. Lippold, Gemmeni ur;d Kameen Taf. 27, 10.

50 Zu den Kranzen mit pilzf6rmig abstehenden AufsRtzen (Bliiten?), die der Tubicen und der Preisrichter tragen, vgl. den oberen Kranz auf der rechten Stele des Goldglases Taf. 17,4 S. 69 mriit Anm. 14.I5; weiter J. Banko, in: OJh 25, I929, 124 mit Anm. i8. Diese Art Bluten- oder Blatterkranze kommen u. a. auf folgenden Darstellungen des fort- geschrittenen 3. Jhs. n. Chr. vor: Lampen Berlin/London/Wien, Verf., in: JdI 89, I974, 336 mit Anm. 2-4; Mosaiken hier Nr. 17-20, 22; S. 75 Nr. 14, I5.

5 Die ohne Beriicksichtigung des ikonografischen Kontextes vorgebrachten Deutungen Goodenoughs brauchen bier nicht diskutiert zu werden.

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i 8 Mosaik, Fundort: Tuskulum. Jiithner I I72 Abb. 9; Monumenti dell'Istituto VI/VII (I863) Taf. 82; Gardiner Abb. 7o; Schween 10I. - 3. Figur v. r.

I9 Mosaik, Rom, Thermenmuseum. Helbig III4 2483.

20 Mosaiken, Ostia. Scavi di Ostia IV Taf. IIO,

278. zIO.

2I Mosaik, Aquincum. La mosaique greco-

romaine (I963) 299. 302 Abb. io. 2Z Mosaik, San Liberato. Rom. Mitt. 75, I968,

i8of. Taf. 68. 69. 23 Zwei Goldgliser, Vatikan. C. Morey, The

Gold Glass Coll. of the Vatican Library Nr. 27. z8; Zahn 358.

24 Lampe. CIL I5, 2, 803, 44; Zahn 364 Anm. z I I.

Silen als Kampfrichter beim Ringkampf zwischen Eros und Pan; vgl. die Zusammenstellung bei K. Wernicke, Roscher, ML III 1, 1457f.

25 Mosaik, Ostia. La mosaique greco-romaine (I963) S. z8 Abb. i8; Scavi di Ostia IV i55f. Taf. 8o; F. Matz, Die antiken Sarko- phagreliefs IV i, iz8f.

26 Mosaik, Lyon. S. Reinach, Rep. Peint. IOI, 4; P. Fabia, Musees de Lyon. Mosaiques romaines (I923) 53ff. Taf. 5-7; P. Wuilleumier, Lyon (I95 3) 8S Taf. I2, 3.

27 Sarkophage, Kopenhagen, Ny Carlsberg

Glypt / Rom, Thermenmuseum. F. Matz, Die antiken Sarkophagreliefs IV 2 Nr. 75. 76.

z8 Wandmalerei, Herculaneum. S. Reinach, Rep. Peint. II4, 6. - Pompeji, Vettierhaus. Neutsch, Jdl 70, I I 7 3 f. Abb. I 5; F. Matz, Die antiken Sarkophagreliefs IV i, I28.

29 Mosaik, Piazza Armerina. G. Gentili, La villa erculia di Piazza Armerina Taf. 4I.

Hahnenkampf

30 Mosaik, Neapel, Nat. Mus. I0003. E. Per- nice, Die hellenist. Kunst in Pompeji VI.

Pavimente und figiirl. Mosaiken I79 Taf. 69, 2; P. Gusman, Pompeji (I906) 176 Abb. 2.

B bei Gladiatorenkdmpfen

i Wandmalerei, Pompeji. Reinach, Rep. Peint. z88, 152; Daremberg - Saglio II z Abb. 3 5 77; J. Overbeck,' Pompeji4 Abb. I07; E. Guhl - W. Koner, Leben der Griechen und R6mer Abb. IOI4; W. Helbig, Wandgemalde Cam- paniens Nr. 1515; W. Richter, Die Spiele der Griechen und Romer (I887) Abb. 72.

2 Mosaik, Madrid, Nat. Mus. Archivo Esp.

Arqu. 23, 1950, 134 Abb. 8. 9; Encyclopedia dell' arte antica III Abb. II82.

3 Mosaik, Nennig. K. Parlasca, Die rnm. Mosaiken in Deutschland 35ff. Taf. 36. 37; S. Reinach, Rep. Peint. 288, 5.

4 Relief, Turin. Diitschke IV 4; Schween iOO.

SilbergefaiB. Gazette archeol. i885 Taf. 37; Schween IOO.

Preisrichter

i Griech. Relief, Berlin, Pergamonmuseum Inv. 948. Zahn 359; Schroder Taf. I4u.;

ders., AA I925, 2i4f. Abb. IO; Castagnoli 25

Abb. zz; Giglioli, Archaeologia classica z, 1950o, 33 Taf. I z, 4. - Gymnasiarch oder

Epistat53, bekrinzt, im Himation, der die rechte Seite des Korpers frei IaBt, die Rechte mit offener Handflache in groBer Geste aus- gestreckt. Sein Arm ragt fiber den knaben- haften Sieger mit Kranz und Tanie im Sieges-

52 Die ,Buchrolle' in der Linken des Kampfordners der jetzt zerstorten Podiumsmalerei am Amphitheater von Ponm- peji (K. Sche]old, Die Wainde Pompeiis 54 II 6) ist irrtumliche Zutat des modernen Kopisten; sie wird aus den Falten der Tunika herausgelesen worden sein.

58 Vgl. Schween z3ff.

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gestus (vgl. Anm. 6o). Im linken Arm halt der Knabe einen iibermannshohen Palm- wedel, der nur zum geringen Teil mit Blat- tern versehen ist. Neben dem Siegerknaben ist das Relief gebrochen. Die erhaltene Zweiergruppe bleibt kiinstlerisch unbefrie- digend; ist sie durch einen Salpiktes abzu- runden?

2 s. Kampfrichter Nr. 4. 3 s. Kampfrichter Nr. 5. 4 s. Kampfrichter Nr. 6. 5 s. Kampfrichter Nr. 8. 6 s. Kampfrichter Nr. i I. 7 s. Kampfrichter Nr. i z. 8 Sarkophag, Deckel, Berlin Inv. 876; E. Ger-

hard, Antike Bildwerke 3 73 Taf. I I 9, 4; Zahn, 359; Matz - Duhn II 2237; Schween 99; A. Furtwangler, Beschreibung der antiken Skulpturen 876 mit Abb.; Schroder, AA 1925,

zi6; Castagnoli 23 Abb. 20; A. Alfoldi, Die Kontorniaten' 3 3. - Siegerehrung. Rechts ein Preistisch mit Geldbeutel, uiberdimensiona- lem, mit Tainie umwundenem Kranz und Kampfrichter-Wedel; letzterer nicht als Sie- gespreis54, sondern als Requisit der agonalen Szenerie zu verstehen55.

9 Sarkophag, Rom, Thermenmuseum. Not. Scavi 1926, 295 Taf. 8 o.; Cumont 467f. Taf. 46, i. - Das Wagenrennen ist ein mythisches; der Sieger Pelops erscheint als Konig von Elis mit Szepter. Er greift im Siegergestus (vgl. Anm. 6o) an einen imagi- nairen Siegeskranz auf seinem Scheitel, noch ehe er ihn vom Preisrichter iibernommen hat. Dieser, deutlich in Preisrichter-Funktion, halt ihm den Siegeskranz mit Bandern entgegen. Nur mit dem Mantel bekleidet, schultert er

einen Palmwedel. Mantel und Palmwedel kennzeichnen in der Regel den Kampfrichter. Die Erklarung eines zweiten Siegespreises, der nur in einer Palme bestiinde, verbietet sich bei dem vorliegenden Thema.

IO s. Kampfrichter Nr. I4. - Preisrichter: 2., 6. und 12. Figur v. 1. Die Typen der vier linken Figuren sind willkiirlich kompiliert. Die zwei Figuren ganz links sind Restbestand einer Siegerehrung: Zwischen Tubicen und Preisrichter mit erhobenem Arm fehlt der Sieger; statt seiner steht als Versatzstiick eine hohe Palme. Der iiber den Preistisch taumeln- de Athlet und der in neuattischem Tanz- schritt gegebene entstammen nicht dem Repertoire von Palastraszenen. Die Figuren 2 4 sind zu eliminieren, vgl. oben Nr. 2-8.

i Is. Kampfrichter Nr. i6. I2 Mosaik, Antiochia. D. Levi, Antioch Mosaic

Pavements 257 Taf. 6ie. - Tubicen, Sieger und Agonothet; nur Unterkorper und Beine erhalten.

I3 s. Kampfrichter Nr. i8. - Siegesgestus des Siegers noch vor der Kranziibergabe.

14 Circusmosaik, Piazza Armerina. G. Gentili, Bolletino d'arte 42, 1957, I2f. Abb. S; ders., La villa erculia di Piazza Armerina Abb. 3 Taf. I3. - Die Ubergabe der Siegestrophaie in Form nur einer Palme56 geschieht durch eine jugendliche Person in offizieller Klei- dung, langarmeliger Tunika und Toga con- tabulata, im Beisein des Tubicen.

I 5 Turnerinnenmosaik, ebenda. B. Pace, I mosa- ici di Piazza Armerina Taf. I4; ders., La villa imperiale di Piazza Armerina 47f. Abb. 28; G. Gentili, La villa erculia Taf. 43.

Auf den Sarkophagen mit Palastra-Szenen ehem. Lateran, Paris und von der Via Triumphalis (S. 73 Nr. 4-6) heben sich die im Vorangehenden skizzierten Funktionen von Kampfrichter und Preisrichter deutlich voneinander ab: In der Mitte bzw. an der linken Seite (Nr. 4) vollzieht sich die Siegerehrung57: Der nackte Athlet bekrinzt sich oder weist auf seinen Siegeskranz, der Tubicen,

54 So Afoldi (wie Anm. II) 3 3. 65 So iiberzeugend Zahn 3 5 9. Ob der Sark.-Deckel, AA I 974, 3 20 Abb. i 6, der unter dem Preistisch einen solchen Wedel

zeigt, als Parallele fiur die eirne oder andere Auffassung dient, m6chte ich offenlassen. 56 Vgl. Anm. 33. 57 Siegerehrungen im Dreierschema von Tubicen - Athlet - Preisrichter wurden zusammengestellt und auf ihre

griechischen Vorstufen verfolgt von Zahn 359; Schween ggff.; Castagnoli ioff. Zu Varianten des spaten 3. Jhs. auf Lampen vgl. Anm. i9 (Preisrichter mit Kampfrichter-Wedel). Dieses traditionelle Dreierschema macht L. Curtius' Erganzungsvorschlag an der Siudwand der ,Palastra' in Pompeji (Die Wandmalcrei Pompejis i8zf. Abb. I13) un- wahrscheinlich. Aus dem erhaltenen Durchblick links vom Sieger blast ein Tubicen; Curtius erganzt im rechten Durchblick einen zweiten. Vom Bildtypus her ware hier ein Preisrichter oder Praeco zu erwarten.

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stets in knielanger Tunika mit Uberfall, blast die Tuba, der Gymnasiarch, in seiner Funktion als Agonothet und Preisrichter, in Tunika und langem Pallium (Nr. 5: Toga?), weist mit groBer Geste - der etwa die des Berliner Palliatus entsprochen haben diirfte - auf den Sieger. An Nr. 6 sind die Positionen von Tubicen und Agonothet vertauscht; die erhobene Rechte muB zum Sieger erhoben sein. Am Lateraner Beispiel Nr. 4 zeigt die ausgestreckte rechte Hand des Agonotheten nicht die auf den Sieger weisende ge6ffnete Handflache, sondern greift auf den Kopf des bereits bekrirzten Siegers, wie wenn er ihm gerade den Kranz aufgelegt hatte.

Das iibrige Geschehen der Friese wird von kampfenden Athletenpaaren eingenommen, denen je- weils ein Kampfrichter zugeordnet ist. Dieser hebt sich in seiner Funktion, durch seine Kleidung und das Kampfrichter-Instrument, den Palmwedel, sowohl von den iibrigen Amtspersonen wie von den kampfenden Paaren ab. Seine Bekleidung bildet stets nach griechischer Tradition der nur iiber die eine Schulter gelegte Mantel - genau nach der Art, wie die Paidotriben auf griechischeVasen den Mantel tragen und wie sie auch die Beamten-Statue im Pergamonmuseum aufweist. Kampfrichter mit Palmbuschel sind folgende Figuren: Nr. 4: Sarkophag, ehem. Lateran: 4. v. 1., dem linken Kampferpaar zugeordnet; 4. v. r., dem mittleren Ringerpaar zugeordnet; 2. v. r., sich dem Sieger seines Paars zuwendend. Man muB weitere Beispiele fur Kampfrichter-Figuren vergleichen, um die Palmzweige der drei Kampfrichter auf dem Lateraner Sarkophag nicht etwa fur Siegespalmen zu halten, selbst wenn sie von dem betreffenden Steinmetzen irrtumlich fur solche gehalten und ulber- groB wiedergegeben worden zu sein scheinen; z. B. Nr. S: Sarkophag Paris: i. und 5. Figur v. 1. und 2. Figur v. r. im Hintergrund. Nr. 6: Sarkophag von der ViaTriumphalis: die Figur links neben dem Praeco (vom Beschauer gesehen); i. und 4. v. r. und 7. v. r. im Hintergrund.

Diese Bildtypik von Kampfrichter-Figuren in Palhstra-Szenen wiederholt sich auf den Beispielen Nr. I -3o konstant. Uberwiegend wird der kurze Palmbiischel als Dirigierinstrument gehandhabt; Stocke bei Nr. 3, 7, 2I, 24, vgl. auch Anm. S 8. Dieser Kampfrichter-Typus wurde zur Kennzeichnung der ,Amtstracht' fur Erotendarstellungen gleichen Themas iibernommen ebenso wie fur einen zwergenhaften Kampfrichter zweier Hahne und das lustige mythologische Bildmotiv des Silen als Kampfrichter beim Ringkampf zwischen Eros und Pan. Die Bildtypik solcher ,Salonmythologie' steht in griechisch-hellenistischer Tradition. Sie fallt als Parallele fur die antiquarische Erklarung des Berliner Palliatus aus. Mit griechisch-hellenistischer Bilduberlieferung muB auch fur die Sarkophage mit Palastra-Szenen gerechnet werden58. Von hellenistischer Bildtradition der einzelnen Athleten und Kampfrichterfiguren des Lateraner Athletenmosaiks Nr. i6 aus den Caracalla-Thermen aber wird man nicht mehr sprechen wollen. Die Figuren sind hier nicht in agierenden Gruppen komponiert, sondern emblemartig als Dekorationsmotive verwendet. Die schonungslose Charakterisierung der verrohten, flachstirnigen Physiognomien ist eine zeitgen6ssische Spiegelung des professionellen Athletentums im ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. Und doch sind Kleidung und ,Berufsabzeichen' noch dieselben wie bei den pompejanischen Kampfrichtern (Nr. I. 2) oder dem hellenistischen Silen (Nr. 25-29). Das weist auf tatsachliches Fortleben des griechischen Palliums und Palmfachers als spezifische Amtskleidung des Kampfrichters und Trainers in der Palastra; zumal diejenigen der alt- romischen Gladiatorenspiele die wadenlange Tunika mit Uberschlag und langen, weitcn Armeln, als Dirigierinstrument den Stock tragen.

Die Frage, ob fur die Berliner Statue Bildparallelen von Kampfrichter-Darstellungen uberhaupt heranzuziehen sind, wird durch ihre Bekleidung: Pallium ohne Tunika bejaht. Seine Funktion aber entspricht nicht der eines Kampfrichters; vielmehr zeigen seine frontale Haltung und der Stander mit Medaillonkranz viel eher das Amt eines Preisrichters oder Prasidenten an. Immerhin steht die vorliegende Kombination von Kleidung und Funktion der Statue so isoliert nicht. Wenn wir die S. 75 Nr. I -I als Preisrichter anzusprechenden Figuren durchgehen, ergibt eine Statistik ihrer Amtskleidung folgendes Bild: Tunika und Pallium: Nr. 2, 4 -6, 8, i i. Tunika und Toga: Nr. 3, 14.

Pallium allein: Nr. I , 7, %-1 3 , I 5 .

58 Kaiserzeitliche Bildelemente kombiniert ein Sark.-Deckelfrgt. der Sammlung Zeri, Sichtermann, in: AA 1974, 320. Abb. i6. Auf dem Preistisch steht die erst im spaiten 2. Jh. n. Chr. erfundene Preiskrone (Verf., in: JdI 1974, 3 36ff. Der hohe Lehnstuhl fur den Epistaten im Kampfrichtermantel mit Stock ist ein Unicum.

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Acht der insgesamt vierzehn aufgezahlten Preisrichter-Figuren tragen also die fur den romischen Burger gelaufige Tracht von Tunika und Mantel; fiinf aber zeichnen sich durch ihre auffallige Beklei-

dung bloB mit dem Kampfrichter-Pallium aus und diirfen als treffendere Parallelen fur die Statue des Pergamonmuseums gelten. Davon ziihlt das griechische Relief Nr. i als Parallele fur den romischen Preisrichter des 3. Jahrhunderts nicht; denn fur den griechischen Burger gehorte der Chiton nicht in der Weise zum festen Bestandteil seiner Kleidung wie die Tunika fur den Romer. Das Himation, ohne Chiton getragen, war die uibliche Kleidung der Griechen und bezeichnete keinen speziellen Berufsstand, wie wir es fur die palastrischen Trainer und Kampfrichter romischer Zeit anhand des lateranischen Athletenmosaiks (S. 73 Nr. 17) feststellen konnten. Auch das mythologische Thema von Nr. 9 und die hellenistischen Kinderszenen des Sarkophags Nr. 7 lassen einer hellenistisch- griechischen Bildtradition des Preisrichters im Mantel noch viel Spielraum.

Eine hellenistische Bildtradition fur das Thema der Athletinnen von Piazza Armerina - Nr. I 5 aber schlieBen ihre spatantiken Bikini-Anziige mit Sicherheit aus. In ihnen kommt echte spatr6mische Praxis - wenn auch keine ganz alltagliche, sondern in pikanten Schaustellungen ausgeiibte - un- mittelbar zur Darstellung. Da Frauen auch als Gladiatoren in der Arena auftraten59, uiberraschen Athletinnen in der Palastra nicht. Die ungew6hnliche, realistisch anmutende Szene legt es nahe, daB auch das Kostiim der Preisrichterin tatsachlich in der wiedergegebenen Form von ihr benutzt worden ist. Das mit Palme und Bliitenkranz herbeieilende Madchen tragt namlich genau jene Art des waden- langen Palliums, in genau der Weise die rechte Seite des Oberk6rpers freilassend, wie es fur Kampf- richter gelaufig ist und bei den genannten Preisrichtern Nr. i, 7, 9, 13 wiederkehrt. Paradoxerweise gibt so die Preisrichterin der dieci ragazzi von Piazza Armerina - es ist natiirlich moglich, sie zugleich als Trainerin und Kampfrichterin zu verstehen - auf Grund ihres untraditionellen Bildzusammen- hangs die beste Gewahr, in der von ihr getragenen Pallium-Kleidung agonaler Kampf- und Preis- richter die Spiegelung tatsachlicher r6mischer Verhaltnisse zu sehen. Nicht nur die Bildtypen der romischen Preisrichter-Darstellungen Nr. 7, 9 und 13 gewinnen durch das Madchen-Mosaik an Authentizitit und erfahren eine Aufwertung vom iiberkommenen griechischen Bildmotiv zu histori- scher Realitat; - auch die Berliner Preisrichter-Statue erlangt vor dem Hintergrund der Preisrichterin von Piazza Armerina starkere historische Glaubwiirdigkeit als durch herkommliche Palastra-Szenen, fur die letztlich immer griechische Uberlieferung ihres Typenschatzes in Rechnung gestellt werden muB.

Die unkanonische Haltung der Preisrichterin Nr. I5 teilt auch der Preisrichter des Tuskulaner Palastra-Mosaiks Nr. I 3. Wie der als 3. Figur v. r. agierende Kampfrichter tragt er nur ein Pallium und bietet so nach dem Preisrichter des Pelops auf Nr. 9 hinsichtlich Kleidung und Funktion die treffendste Parallele zur Berliner Statue. Nicht so, was die Haltung anbelangt. Wie die Preisrichterin Nr. I 5 ist der Nr. I3 nicht frontal im konventionellen Dreierschema der Siegerehrung von Tubicen, sich bekranzendem60 Sieger und in groBer, reprasentativer Geste auf diesen weisenden Agonotheten gegeben; der rechte Arm ist nicht in der herkommlichen Haltung vom K6rper weggestreckt. Vielmehr kehren beide Figuren dem Beschauer die rechte bloBe Schulter zu, indem sie sich dem links neben ihnen stehenden Sieger zuwenden, ihm gleichwohl mit der Rechten, die Brust uberschneidend, den Kranz reichen. Eine derartige Aktion ist einer Rundplastik versagt. Die Haltung der Berliner Statue findet ihre Entsprechung in den Preisrichtertypen Nr. i - 8 und i I.

Die Zeitstellung des Portratkopfes (s. u. S. 78ff.) legt die Vermutung nahe, die Statue konnte im Zusammenhang mit den Spielen zur Tausendjahrfeier Roms, im Jahr 248 n. Chr.61 entstanden sein,

59M. Grant, Die Gladiatoren zgf. 60 Den Siegerfigurern der Nr. 9 und I2 ist faktisch nicht anzusehen, ob der Griff mit der Linken ans Haar dem Typus

des sich bekranzenden Athleten angehort und hier widersinnigerweise beibehalten wurde, obwohl er den Kranz noch nicht entgegengenommnen hat, oder ob es sich um einen Gestus des Siegers handelt, der nichts mit dem Kranz- auflegen zu tun hat.

61 Die unter Philippus Arabs abgehaltene Tausendjahrfeier Roms wurde unter mehrtagigen Jagd- und skenischen Spielen, musischen und gymnischen Agonen sowie Circus- und Praeco-Wettkampfen begangen (RE X I, 763 f. s. v. Iulius Nr. 386; CIL VI i, 92 Nr. 488; I. b. Pighi, De ludis saecularibus 88ff.; L. Friedlander, Sittengeschichte Roms 10II I sIf.). Zu den Wettkampfen der Ausrufer und Rhetoren vgl. o. Anm. 41.

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also einen romischen Magistratsbeamten darstellen, der als Prasident der Spiele den Vorsitz fiihrte und die offizielle Handlung der Preisvergabe durchfiihrte. Die exzeptionelle Stellurng, welche der Typus in der Uberlieferung romischer statuarischer Plastik einnimmt, auch die hohe Qualitat des Portraits widersetzen sich einer allgemeineren Deutung, etwa als den Athener Kosmetenbildnissen vergleichbares Gattungsbildnis, das zudem in Rom bisher nicht nachgewiesen ist.

Die Datierung der Statue ist mit der des Portratkopfes verknuipft. Weniger hilfreich fur ihre Ein- ordnung in eine Kunstepoche wird der Faltenstil sein. Keiner Tradition verpflichtet, gibt sich die Gewandgestaltung als sorgfaltige, aber trockene, schwunglose Arbeit zu erkennen. Kennzeichnen akademisches GleichmaB-der schmalen, weich gerundeten Faltenstege und -taler die Front, so uiber- wiegen an der linken K6rperseite wurmgangartige Bohrlinien, die sich unvermittelt totlaufen. An der rechten Hiifte ergibt sich eine ornamentale, blattrippenformige Figur. Breite Flachen bleiben vbllig glatt. Parallelen fur den einen oder anderen kennzeichnenden Zug dieses Gewandstils lassen sich nur miihsam beibringen, etwa die flichenzerschneidenden, langen Bohrfurchen der Mantelstatue EA I I 70, Rom, Palazzo Lazzaroni62 oder ein Anklang an die blattrippenartigen Faltenziige an den Philosophen- figuren des Sarkophags Torlonia63. Wenngleich am Sarkophag etwas mehr schwungvolle Detail- freudigkeit vorhanden ist, scheinen die gleichf6rmigen Wiilste der Mantelumschlage nicht unahnlich. Eine Datierung in die beginnende zweite Halfte des 3. Jahrhunderts wird durch den Philosophen- sarkophag Torlonia nahegelegt.

Das Portat ordnete M. Schede dem des Decius zu und setzte die Entstehung der Statue gegen 250 an64. Der Berliner Mantelstatue lassen sich weiterhin etwa die Kopfe in New York, Metropolitan Museum (Tafel 1I8, i), Adolphseck, SchloB Fasanerie (Tafel I 8, 2), Paris, Louvre und der am Annona- Sarkophag, Rom, Thermenmuzeum, an die Seite stellen65. Die Bildnisauffassung, das Ethos der Men- schendarstellung zeigen Gemeinsamkeiten, die als Zeitstil - im Verband gemeinsamer Formprin- zipien - kunstgeschichtlich fixierbar sind66. Das junge wie die reiferen Gesichter spiegeln unmittelbar eine innere Miihsal, die in den gequalten Stirnfalten und in dem gramlich muiden bis angstvollen Blick sprechenden Ausdruck findet. Diese realistische BloBlegung resignierenden Pessimismus und seelischer Existenznot67 kennzeichnet die rimische Portratkunst vor dem Einsetzen des gallienisch-valeriani- schen Klassizismus. Doch spatestens wahrend der Alleinherrschaft Galliens erlischt jene klassi- zistische Stromung der fiinfziger Jahre, und die eigentliche Aussageform der Zeit, das lastende Qber- gewicht expressiven Gehalts bei zunehmender Abstraktion der Form laBt sich wieder verfolgen. Die nachgallienische Epoche vertritt ein Kopf in Zurich68. Mit ihm wird der Sprung der Entwicklung, die zwischen 250 und 270 n. Chr. stattgefunden hat, deutlich. Der sinnlich faBbare Expressionismus der vierziger Jahre ist in einen transzendentalen Expressionismus ulbergegangen, der bereits der Spatantike angehort. Ist die Mimik der anfangs betrachteten Portrats (Taf. I 7, I -3; I 8, i -2) als die eines realen Alltagsgesichts verstandlich und nachvollziehbar69, so erwartet und findet der Blick des Zflricher Bildnisses bei einem menschlichen Gegeniiber kein Echo mehr. Die Angst um den Verlust der inneren Mitte dort ist hier zur GewiBheit um ihren Verlust geworden70. Wie die seelische Dimension des Ziiricher Kopfes ihren Bezugspunkt nicht mehr im Bereich traditioneller Ordnungen und Werte findet, so entspricht diesem Durchbruch in eine metaphysische Seinswelt eine Formbehandlung, die

62 E. Schmidt, Romische Frauenstatuen (I967) II6 mit Anm. 58z; H. Kruse, Rom. weibl. Gewandstatuen des 2. Jhs. n. Chr. (1975) D I36.

63 Festschrift Matz Taf. 39, i; Schmidt (wie Anm. 6z) I59. 64 Siehe Anm. i.

5 New York: G. Richter, Roman Portraits Nr. 94; de Franciscis, in: Klearchos I0, I968, 8z Anm.. I4; Abb. 8 mit freundl. Genehmigung des Metropolitan Museum of Art, Rogers Fund, I907. - Adolphseck: H. v. HeintZe, Die antiken Portrats in SchloB Fasanerie Nr. 51. - Paris: B. Felletti Maj, Iconografia roniana imperiale Nr. 368. - Rom, Annona- Sark.: Hlelbig III 42I 2 2.

66 H. Jucker, in: Antike Kunst 2, 1959, 99: ,,Epochen- oder Generationsphysiognomie". 67 R. Bianchi-Bandinelli, Rom, das Ende der Antike 5. 7. I 9. 68 H. v. Heintfze, R6mische Portrait-Plastik zu Taf. 3 9; Jucker (wie Anm. 66) 5 7 ff. 6 i Taf . 3 I . 3 2, I. 2; 69 Ebenda 59. 70 Ebenda.

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sich an die stofflichen Erscheinungsformen der Sinnenwelt nicht mehr gebunden fiihlt und zu immer unorganischerer Vereinfachung des Kopfbaus neigt, der schlieBlich in tetrarchischer Zeit einem wUrfelformigen Kubus nahekommt7l.

Eine derartige Transzendenz des Gehalts und Abstraktion der Formen ist der Gruppe um den Berliner Palliatus (Tafel I7, I-3; i 8, i -2z) noch unbekannt. Mit schmerzhafter Akribie wird jeder Verschiebung der weichen Oberfliichenschicht nachgegangen und durch optische Detailakzente ein Bild nervoser, ja zerwuihlter Fluktuation erreicht. Und doch zdgert man, ihn mit seinen Parallelen un- mittelbar neben den Decius im Kapitolinischen Museum zu stellen. In der Detailzeichnung ihrer Ober- flache heben sie sich doch spuirbar von jenem flachig-linearen Kerbstil ab, dessen markantestes Beispiel der kapitolinische Decius ist. Einige weitere Beispiele, die seiner ,Kerbstil'-Richtung72 angehoren, vermbgen die stilistischen Unterschiede zur Gruppe Berlin/New York/Adolphseck (Tafel I7, I-3; I8, i - z) zu verdeutlichen: Muinchen, Staatl. Antikensammlungen (Tafel i8, 3)73; Hildesheim, Pelizausmuseum (Tafel I 8,4)74; Lidingo, Millesgarden (Tafel i 8, 5)75. Das in die Mitte des 5. Jahrzehnts fiihrende Portrat in Miinchen ist von einer Unzahl von ,Schmissen' fiberzogen. Die Menge duinner, zittriger Kratzlinien erreicht mehr die flimmerndeWirkung eines grafischen Flachenmusters als die einer Plastik. In ihnen auBert sich mehr Manier als Stil. Der Bart besteht aus dichten, richtungsgebundenen Kerben; das Haar wird vergleichsweise konservativ vollplastisch skulptiert. Wangen, Lippen und Kieferknochen sind in ihren Umrissen nur grob skizziert. Ihre plastische Hohen- und Tiefenmodellie- rung ist kaum angedeutet. Dennoch kommt bei aller Reduktion des Plastischen dem miirrischen, haBlichen Mund und dem hageren, stoppeligen Kinn inhaltlich gestaltende Bedeutung zur Charak- terisierung der realistischen Portratatmosphare zu. Wie wenig Knochenbau und Oberflichenforma- tion als organische Einheit gesehen sein wollen, zeigen die ungewohnlich schief aus der Achse, nocb dazu in Gegenrichtung zu den Augen verschobenen Nasenfalten und der ebenso seitlich verschobene Mund. Nicht die Zusammenhinge und Ubergange im Gefiige der Gesichtsteile interessieren; der Eindruck der nervdsen Zerrissenheit, der unsymmetrischen Verschiebungen eines duinnen Haut- fiberzuges wird zum Selbstzweck, zur bewuBt gesuchten Stilform. Die Physiognomie erhalt ihr momentanes Leben letztlich durch kein anderes Mittel als kurze Kratzer. Dieser mit primitiv an- mutenden Mitteln arbeitende harte Expressionismus spiegelt jene bildnerische Grundhaltung, die die Gesichter ausschlieBlich von ihren optischen Akzenten her erfaBt. Seine Wirkungselemente sind an die Flache gebunden. Die Ausdrucksmittel dieser optisch-expressionistischen Form vertiefen, d. h. ver- grobern sich bei den K6pfen in Hildesheim und Liding6 (Tafel i8, 4-5), mit denen die Stufe des Decius erreicht ist. Die fortschreitende Zeit bezeugt der weitgehende Verzicht auf die Beachtung natiirlicher Feinheiten. Besonders die Lagerung von Brauen, Lidern und Augapfel veranschaulicht diesen Mangel. Ohne schwellende Uberleitung der Orbitallider zu den Brauenknochen kragen diese hart abgeschnitten fiber die Augapfel vor. Selbst die Ausrichtung von Iris und Pupille wird vernach- lassigt. Seit den spaten vierziger Jahren trifft man ofter auf schielende Gesichter. Grobste weit- laufige Kerbung oder Punktierung auf Schadelflache und Gesicht kennzeichnet das Haar. Betont schiefe, derbe Inskriptionen uiberziehen ruicksichtslos alle Gesichtsfliichen. Die Hautfalten am Unter- gesicht des Hildesheimer Kopfes (Tafel i 8, 4) wirken ahnlich den kiirzeren ,Schmissen' des Miinchner Portrats (Tafel i 8, 3) wie vernarbte Schnittwunden.

Flachig-lineare Elemente haben fur die Gesichtsgestaltung der Gruppe um den Palliatus (Tafel I7; i8, I- a; vgl. Anm. 65) nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Oberflachenmodellierung der nicht weniger realistisch gesehenen Gesichter wird einem dreidimensionalen Formsystem unterworfen.

71 v.Heintze (wie Anm. 68) Taf. 48; H. L'Orange, Studien zur Geschichte des spaitantiken Portrats Abb. 85. 90. 92. I67-I70.

72 Zur Terminologie vgl. B. Schweit.zer, in: Ned. Kunsthist. Jaarboek 5, I954, I73 ff. 73 A. Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Romer Taf. 295 b; Romarn Portraits (Phaidon Press) 87; Enciclopedia

dell'arte antica Abb. 848; P. Arndt - F. Bruckmann, Griech. und rom. Portrats 5 5 5; R. Paribeni, I1 ritratto nell'arte antica 3 3 1.

74 G. Roeder - A. Ippel, Die Dnkmaler des Pelicaeus-Museums in Hildesheim I59 Nr. I274 Abb. 67. 75A.Andren, in: Opuscula romana 5, I965, II0 Nr. 36 Taf. 34.

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Zwischen den unregelmaBigen Inskriptionen der Hautfalten bleiben kraftig gerundete Weichteile tastbar. Die eingefallenen Wangen am New Yorker Kopf (Tafel i8, i), die schlaffen Partien am Berliner (Tafel I7) treten als Korrelat zum Knochenbau als plastische Werte in Erscheinung. Hohen und Tiefen werden bewuBt herausgearbeitet und heben sich viel nachdriicklicher gegeneinander ab als etwa an denen in Miunchen und Hildesheim (Tafel i 8, 3 -4). Aufmerksam wird die Schadelkontur uiber Schliifen, Jochbein und Kiefer in rhythmischem Schwung gefiihrt, der, durch die Politur noch hervorgehoben, dem Portrat in New York eine Note akademischer Eleganz verleiht. Diese Kopfe ordnen sich kunstgeschichtlich einer gemiBigteren realistischen Stilrichtung ein, die im Hinblick auf die Bildnisse der Senatskaiser Pupienus, Balbinus und Gordian III. von mir an anderer Stelle als ,,Senatsrichtung" bezeichnet wurde76. Daneben dringt mit der ,,Kerbstil"-Richtung (vgl. Tafel I8,

3-5) seit 235 n. Chr. eine autochthon-italische Kunstform wieder starker an die Oerfliche. DaB der formal gemaBigte Realismus nicht der zeitliche Vorlaufer einer mit Philippus Arabs anzusetzenden radikaleren Entwicklung ist, wie es H. L'Orange offenbar versteht77, sondern daB beide formalen Richtungen mindestens seit 235 nebeneinander herlaufen, laBt sich auf breiterer Ebene des Privat- portrats nachweisen. Im Vorangehenden konnte nur die kurze Epoche um die Jahrhundertmitte beleuchtet werden. Danach behalt die von Schede vorgenommene Datierung der Berliner Mantel- statue ihre Guiltigkeit.

Fotonachweis: Tafel I5 -17, 3 Staatliche Museen zu Berlin; Tafel 17, 4 Verfasser; Tafel I8, I Metropolitan Museum New York; Tafel I8, 2 DAI Romri; Tafel i8, 3 Staatl. Antiken-Sammlungen Miinchen; Tafel i8, 4 Museum; Tafel 18, 5 Pelizaeus-Museum Hildesheim.

Aufer den ernpfohlenen Abkurzungen und Sigeln werden hier noch die folgenden benutzt: Castagnoli F. Castagnoli, in: Bulletino Comunale 7I, I943/45, IOff. Cumont F. Cumont, Recherches sur le symbolisme funeiaire des Romains (I942).

Daremberg - Saglio Dictionnaire des antiquites grecques et romaines. Diitschke H. Diitschke, Antike Bildwerke in Oberitalien (I874/82).

Gardiner E. Gardiner, Athletics of the Ancient World2 (I955). Helbig W. Helbig, Fiihrer durch die bffentlichen Sammlungen klassischer Altertuimer in Rom4 (I963/72).

Juthner J. Juithner, Die athletischen Leibesiibungen der Griechen I. II (I965/68). Matz - Dthn F. MllatZ, Antike Bildwerke in Rom mit Ausschluf3 der groB3eren Sammlungen. Weitergef. und

heisg. von F. v. Dubn (I88 i).

Schrdder B. Schroder, Der Sport im Altertum (1927)

Schween H. Schween, Die Epistaten des Agons und der Palastra in Literatur und Kunst (9 i9I).

Zahn R. Zahn, in: Zeitschrift fur Numismatik 24, 1904, 355ff.

76 Vgl. AA I967, 44f. 77 (Wie Anm. 7I) 3f.

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Tafel I6

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I. U. 2. Statue Sk. I764 (S. Tafel I5). Rechte und linke Seitenansicht

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Tafel i8

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