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440 Alex. v. Homeyer: Ieh weiss nicht, ob Jemand etwa in diesen Dimensionen eine Gesetzm~tssigkeit erkennen kann. Das einzige Resultat, welches sich aus dieser miihsamen Unter- suchung ergiebt, ist naeh meinem Dafiirhalten das oben ange- gebene, namlieh, dass die meisten Bussardeier in ihren Dimen- sionen nahe um 55 m~ L~ngsaxe, 44 m~ Queraxe and 26 mm Entfer- nung des Kreuzpunktes beider veto stampfen Ende herumliegen, dass dieses die typisehe Gr6sse sei, so wie das Verhaltniss dieser drei Gr6ssen wie 100:80:47¼ die typische Gestalt bezeichnet; dass aber eben so wenig, wie die im ersten Artikel er6rterte Farbe und Zeichnung, dieses Resultat ein irgend sieheres Kri- terium zur Bestimmung jedes einzelnen Eies abzugeben im Stande sei. Vertr6sten wir uns daher vorl~ufig auf die im folgenden Ar- tikel naher zu besprechende Textur der Schale, das ,Kern der Eier." Ardea egretta Temm. als Brutvogel Deutschlands. V'on Alexander yon Homeyer. Im Jahre'1863 hat A.rdea egretta Temm. in Deutsch- land genistet. Naumanu weiss yon einem Nisten des grossen Silberreihers in Deutschland Nichts. Nach ibm sind die Nist- statten welt mehr 6stlich und siid6stlich zu suehen; Stid-Sibirien, Persien und Syrien~ die Gegenden des schwarzea und kaspischea Meeres, die untere Donau, das stidliehe Griechenland und dessen Inseln, Ungarn und Galizien beherbegen unseren Vogel zur Brut- zeit vorzugsweise, wahrend das n6rdliche Afl'ika, namentlich das nordwestliche, wie auch Spanien, Stid-Frankreich und Itatien ihn welt settener sehen. Fiir das siidliche Deutschland ist der grosse Silberreiher selbst als durchziehender Vogel eine Seltenhcit, fiir Mittel- und Nord-Deatsehland seia Erscheinen aber ein Ev~ne- meat. -- Am Oeftersten zeigt er sich noch in Oesterreieh und Schlesien, aus Syrmien, Siid-Ungarn und dem Militair-Grenzdistricte heriiberkommend. Im Anhaltisehen wurde er noch nie beobaehtet, bei Berlin 182-1 ein Exemplar, und ein anderes Mal ein solehes bei Erfurt erlegt. Naeh g. Sehlegel wurde sogar 1855 ein Silber- reiher in den Niederlanden geschossen. -- Aus diesen Zeilen, welcho ich des Verstandnisses halber an-

Ardea egretta Temm. als Brutvogel Deutschlands

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440 Alex. v. H o m e y e r :

Ieh weiss nicht, ob Jemand etwa in diesen Dimensionen eine Gesetzm~tssigkeit erkennen kann.

Das einzige Resultat, welches sich aus dieser miihsamen Unter- suchung ergiebt, ist naeh meinem Dafiirhalten das oben ange- gebene, namlieh, dass die meisten Bussardeier in ihren Dimen- sionen nahe um 55 m~ L~ngsaxe, 44 m~ Queraxe and 26 mm Entfer- nung des Kreuzpunktes beider veto stampfen Ende herumliegen, dass dieses die typisehe Gr6sse sei, so wie das Verhaltniss dieser drei Gr6ssen wie 1 0 0 : 8 0 : 4 7 ¼ die typische Gestalt bezeichnet; dass aber eben so wenig, wie die im ersten Artikel er6rterte Farbe und Zeichnung, dieses Resultat ein irgend sieheres Kri- terium zur Bestimmung jedes einzelnen Eies abzugeben im Stande sei. Vertr6sten wir uns daher vorl~ufig auf die im folgenden Ar- tikel naher zu besprechende Textur der Schale, das ,Kern der Eier."

Ardea egretta T e m m . als Brutvogel Deutschlands. V'on

Alexander yon Homeyer.

Im J a h r e ' 1 8 6 3 ha t A.rdea egretta Temm. in D e u t s c h - land g e n i s t e t . Naumanu weiss yon einem Nisten des grossen Silberreihers in Deutschland Nichts. Nach ibm sind die Nist- statten welt mehr 6stlich und siid6stlich zu suehen; Stid-Sibirien, Persien und Syrien~ die Gegenden des schwarzea und kaspischea Meeres, die untere Donau, das stidliehe Griechenland und dessen Inseln, Ungarn und Galizien beherbegen unseren Vogel zur Brut- zeit vorzugsweise, wahrend das n6rdliche Afl'ika, namentlich das nordwestliche, wie auch Spanien, Stid-Frankreich und Itatien ihn welt settener sehen. Fiir das siidliche Deutschland ist der grosse Silberreiher selbst als durchziehender Vogel eine Seltenhcit, fiir Mittel- und Nord-Deatsehland seia Erscheinen aber ein Ev~ne- meat. - - Am Oeftersten zeigt er sich noch in Oesterreieh und Schlesien, aus Syrmien, Siid-Ungarn und dem Militair-Grenzdistricte heriiberkommend. Im Anhaltisehen wurde er noch nie beobaehtet, bei Berlin 182-1 ein Exemplar, und ein anderes Mal ein solehes bei Erfurt erlegt. Naeh g . Sehlegel wurde sogar 1855 ein Silber- reiher in den Niederlanden geschossen. - -

Aus diesen Zeilen, welcho ich des Verstandnisses halber an-

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fiihrte, da nieht allen Ornithologen das grosse Naumannsche Werk zur Hand sein wird, ergiebt sich zur Geniige das Interessante un- seres Thema's 7 indem yon einem Nisten in Deutschland niemals die Rede ist, sondern nut yon einem Verfliegen. w

Der S i l b e r r e i h e r ha t 1863 ia N i e d e r - S c h l e s i e n in ni~ehster NiChe G l o g a a ' s g e n i s t e t . Ich selbst war soglfick- lich nicht allein den Horst zu sehen~ sondern auch die Vogel bei ihrem Brutgeschaft wochen-, ja monatelang zu beobachten. - -

Es diirfte am Geeignetsten sein, vorerst das Terrain des Nistreviers und der Niststi~tte vorzufiihren:

Eine Merle yon Glogau nach NO. zu ist der 12000 Morgen grosse Stadtforst. AJte Kiefernbestiinde Mad vorherrschend, Eichen und Buchen finden sich nur hier and da, wahrend nasse Busch- parthien mit Birken und Erlen zahlreieh verLreten sind. Die Nach- barsehaft des Waldes maehen Felder, dann auch nasse und trockne Wiesen, wie ~tde Sandstreeken aus. Allcs wechselt in gr~sseren oder kleineren Abschnitten mehr oder minder oft. Auf den san- digen Theilen stehen kleine Kiefernwalder, bald jung oder alt, bald lieh~ oder geschlossen; auf den Wiesen vielfach Erlengruppen. Das dem Walde zun~chst liegende Wasser ist der 6- -10 Fuss breite und 1 - 5 Fuss tiefe Landgraben; er schli~ngelt sich durch die Wieseu, wi~hrend zu seinen beiden Seiten wie auetl in den Feldern zerstreuet kleinere oder gr~issere Teiche tiegen. Die fiseh- reiche Bartsch miinde~ bei Schlichtingsheim, also etwa~{-Meile Ostlich unseres Waldes in die Oder; w:ahrend dieser Strom selbst mi~ vielen dutch die Eiadammung des Ftussbettes entstandeneu Bassins in einer Entfernung yon -~ bis einer Meile and in einer Liinge yon fast zwei ~Ieilen dem Stadtwalde vorbeifliesst. - -

Seit vielen Jahren betlndet sich in diesem Walde ein Reiher- stand yon Arden cinerea Lin. Derselbe hat die Ausdehnung yon 2oeili~ufig zweihundert Schritten und besteht wolff aus 150 Horsten~ vielleicht aueh noeh mehr. Diese stehen auf den atten Kiefern in ungefahr 70--80 Fuss H6he, oft zwei bis drei, in tier Regel jedoch nut ein Horst auf je einem Baume. Dieser Stand ver- andert allji~hrlich seineu Platz,*) indem niimlieh die Besti~nde alter Bi~ume in nachster Nachbarschaft abgeholzt und daselbst

*) Naeh den Aussagen~ des l%rstpersonals. Verfasser war zu kurze Zeit in Glogau, um dies selbst beobachten zu kSnnen.

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Schonungen angelegt werden. Je niiher man dem Reiherstande mit dem Abholzen kommt, desto mehr rtickt derselbe vorwiixts (waldeinwi~rts), immer so, dass yon ibm bis zur neuen Schonung ein zweihundert Sehritt breiter Raum mit alteu Kiefern bleibt. - -

In d i e s e m J a h r e n i s t e t e nun bei d iesem S t a n d e ein Pi~rchen Ardea egretta. Der Horst sass nicht inmitten der anderen Graureiher-Horste, sondern am Saum aes Standes, d. h. als0 in n~tehster NiChe der Horste yon Ardea cinerea. Naumann weiss Niehts yon dem Nisten des grossen Silberreihers in Ge- meinsehaft des grauen Reihers, wenigstens wird Arden cinerea als Nistnaehbar nicht mit angefiihrt. Naeh Naumann nistet Ardea eyretta in Ungarn in Gesellsehaft der Ardea garzetta, des Buphus comatus, des IVycticorax griseus und des Corvus fi'ugil$gus. Nau- mann spricht hier in Sonderheit yon der Geselligkeit des v~eissen Reihers zu seinen Nistkameraden, steUt auch hinter den aufge- fiihrten Reihern ,,ein etc.", fiihrt iedoch den grauen Reiher nicht mit an. Wenn dies etc. nun aueh den Fischreiher nicht voll- standig ausschliesst, so diirfte um so mehr auf ein haufiges Nicht- Zusammenbrfiten zu schliessen sein, da gerade der graue Reiher in Ungarn sehr haufig ist u n d e r yon Naumann namentlich nicht aufgeftihrt wird. Dessenungeachtet finde ich es natfirlich, dass mein Silberreiher-Pi~rchen sich einer Colonie grauer Reiher an- scMoss, eben well der Vogel die Geselligkeit wi~hrend der Brut- zeit liebt und er bei Glogau keine andere Gesellschaft als die yon Arden ci~ierea land. Dass er dabei seinen Horst nicht in- mitten anderer Horste, sondern in nachster Niche derselben self- warts anlegte, wird man alsdann anch natiirtich finden.

Nun zu meinen Tagebuehs-Notizen: Glogau, den 23. l~ai.

Ich touche naeh dem Forsthause einen Spazierritt. Durch den Forstaufseher tterrn Betzhold wird mir mitgetheilt, dass auf dem Reiherstande sich , ,v ier w e i s s e R e i h e r " aufhalten; er habe dieselben sowohl fliegend, wie einen daron auf einem ttorst stehend gesehen. Der Stadtf~rster Herr Kramer bestiitigt die fabelhaft klingende/kussage des Aufsehers. Wenngleich es sehon zu dunkelu beginnt, so gehe ich doch sogleieh mit obigen tterrn und Premier-Lieutenant Reussner nach dem Stande, um reich zu iiberzeugen. Ein Schuss allarmirt die Colonie: laut sehreiend stieben die Reiher yon den Horsten, alsdann diese umkreisend. Alle sind grau, doch e i n e r b l e n d e n d weiss . Es ist wirk-

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lich Ardea eyretta. Der Vogel fliegt einige Zei~ hin und her, be- ginnt dann niedrig fiber die Baumkronen hin weite Bogen zu be- schreiben und setzt sich endlich auf eine Kiefer. Ffir dies ~[al habe ieh genUg gesehen, ich entferne reich, um den sel~enen Gas~ nicht zu stt)ren und notire die ersten Eindriicke: Im Fluge er- seheinea die Flfigel schmaler und der Leib schlanker, wie beim grauen Reiher, wodurch er, wenngteich aueh yon derselben Gr0sse, doch kleiner, schmaler, zierlicher erseheint, wahrend die breiten Flfiget und der dicke Leib dem grauen Reiher ein mehr plumpes Ansehen geben. Den Hals zieht der Vogel im Fluge Me alle Reiher an, streckt ihn jedoeh beim Siehsetzenwollen lange vorher aus, und zwar sehr lang und ziertich und nur noch wenig gebogen, wodureh man erst die bedeutende Gr0sse (L~inge) des Thieres gewahr wird.

25. u. 27. Y[ai. Ieh sehe immer nut einen Vogel, den t torst kann ieh noch

nicht ausfindig machen. 31. Mai.

Von den durch den Forstaufseher gemeldeten vier Silber- reihern sind nut noch zwei aflf dem Stande; d i e s e a b e r br i i ten . Ich time den Horst. L ange liege ieh unter der Kiefer, w~thrend das bereits brfitende Weibehen sich yore Hors~e erhebt und mit hochaufgeriehtetem Halse reich beobaehtet. Mit Dunkelwerden gebe ich naeh dem Forsthause; fiber die .liehte Sehonuug kommt alas vom Fisehfang heimkehrende M~nnchen langsam angezogen.

4. Juni. Ich liege Nachmittags drei Stunden unter dem Baume,

beide VOgel zeigen sieh nictit. Entweder fischen Beide oder das Weibehen lasst sick im Brutgeschaft nieht stSren.

6. JunL Heute ist der Dr. Carl Bolle bei mir. Der Freund besuchte

reich acht Tage lang in Glogau. Ieh hatte also das Vei~gntigen, brtitende Sitberreiher~ wie aueh eine grosse Colonie in tier Fort- pflanzung begriffener Waehholderdrosseln (Turdus Tilaris)*) zeigen zu k 6 n n e n . - Heute also mit ihm, dem Lehrer und Botaniker Herrn Watzold nach dem Reiherstande. Das brfifiende Weibchen riehtet sieh stehend auf, zeigt sieh und setzt sich wieder. Der berliner Freund findet unter dem Horst eine grosse weisse Silber- reiherfeder, steckt diese an den Hut, legt sich, das Gesicht nach

*) tIiertiber sp~ter n~here Mittheilung.

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dem Horste gewendet, auf den Moosteppich und - - sehwelgt. Herr Watzold erzahlt yon den botanischen Seltenheiten Glogau's. Ieh notire: Der Horst sitzt in einer nicht ganz starken Kiefer*) am Rande tier eigentfiehen Reiher-Colonie. Derselbe ist nut dfirftig gebaut, fast durehsichtig, wenigstens aa den Randern und jedenfalls in diesem Jahre neu dureh die Silberreiher selbst auf- gefiihrt. Der nachste Itorst yon Arden cinerea ist acht Schritte entfernt und um so viel h6her ges~ellt, dass der graue Reiher bequem den Sflberreiherhorst einsehen kann. Dieser letztere steht ganz oben in der letzten starken Gabelung, nur yon ffinf bis sieben Fuss tangen Aesten seitwarts fiberragt, wahrend gerade fiber ibm ±lles frei ist. Weiter nach unten jedoeh im selbigen Baum sitzt auch ein Nest you Falco tinnunculus. Beide Horste sind nur fiinfzehn Fuss yon einander entfernt. Das Falkenweib- ehen brfitet sehr fest; es verlasst den Horst bei heftigem Klopfen, und kehrt, trotzdem wir Alle unter dem Baum liegen, nach wenigen Minuten wieder nach ihm zurfick. Der Sflberreiher richtet sich erst auf mchrmaliges Klopfen auf. Sein schlanker ttals ist lang aufwarts gestreckt, sein Schnabel wagereeht. Der K6rper bewegt sieh nieht, der Kopf indess dreht sieh finks und rechts. Ieh klopfe noch ein Mal; da fliegt der Vogel ab, versehwindet drei Minuten und kehrt zurfick. Er umkreist sehnell zwei Mal den Horst in Baumh6he, wobei er den Hals nur wenig angezogen hat, und setzt sich auf eine benachbarte Kiefer. Die Stellung des Halses ist im Sitzen die halbangezogene; die ganze Haltung des Vogels etwa ein Mittelding zwischen Schlegels Abbildungen yore grossen und klei- hen Sflberreiher (siehe Vogels van Nederland).

Um nicht das Brutgesehaft zu.st6ren, gehen wir, nachdem wir noch lange dem prachtigen yon der Sc;nne beleuchteten Vogel zugesehen batten, .nach dem Forsthause zurtiek. Auf dem Heim- wege erz~htt uns der Forstaufseher, dass der Silberreiher sieh neulich auf den Nachbarbaum gesetzt babe und nach einigem Ver- bleiben daselbst fiber die Baumkronen hinweg nach seinem Horste m~rschirt sei. - - Das ganze heutige Verhalten unseres Vogels lasst mit Bestimmtheit annehmen, dass er stark bebrfitete Eier hat.

15. Juui. Der Reiher brfitet sehr fest; beim Klopfen an den Baum

riehtet er sich nur wenige Augenblicke auf.

*) Im Vergleich zu den umstehenden B£umen.

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28. Juni. Die Jungen sind ausgekommen und wohl schon einige Tage

alt. Sie schreien eiligst kekkekkek, kekkekkek. Dies Kekera ist ~hnlich wie bei _Ardea clnerea, doch ist der Ton reiner, dfinner, ich m6chte sagen, nicht so rauh und sehreiend. Herr Lehrer Flechtner, ein Musikkundiger, best~tigt diese Ansicht.

10. bis 20. Juli. Die Jungen sehen fiber den Horstrand und ,,kekern:'. Die

Brut besteht aus drei Stricken. Das Aelteste steht am 20. Juli sehon auf dem aussersten Nestrand, das Zweite riehtet sich im Horste auf, das Kleinste sitzt noch in ibm.

k n m e r k u n g . Noeh einmal zurfiek zum Anfang: Naehdem ich yon dem Brriten tier Silberreiher Kenntniss bekommen, war ich darauf bedacht, die Thiere unter meinen Schutz zu stellen, d. h. dahin zu wirken, dass das Brutgesch~ift nicht gest6rt wiirde. Ieh iiberlegte, was das Beste sei. Anl%nglieh wollte ich die Saehe ganz geheim halten, doeh ging dies nicht, well es zum Sonntags- vergaiigen der Glogauer Jager geh6rt, junge Reiher yore Horste zu sehiessen. Bald wfirden sie die Silberreiher ersp~ht und dann natiirlich auch geschossen haben. Deshalb zog ich es vor, m6g- lichst mit allen Jagdliebhabern zu spreehen, um die Thiere gIeich- sam unter den Schutz der ganzen Stadt zu stellen. Ich machte auf das speeiell Interessan~e aufmerksam und bedeutete, dass, im FalI das Brutgesch~ft in keiner Weise gest~rt wiirde, ein Wieder- kehren der alten und jungen V6gel im naehsten Jahre durehaus nieht unm~glieh sei. Um jedoch den interessanten Fall zu con- statiren, wolle ich selbst das alteste Junge, wenn es bereits den Horst verlassen habe, sehiessen undes dem Berliner Museum ver- ehren. Meine Worte fanden allgemein, besonders aber bei den stadtischen Forstbeamren so vie1 Anklang, dass ich wirklich auf guten Erfolg hoffen durfte. - - Nun wieder zum Horst! - -

22. Juii. Herr Betzhold beobaehtet, wie alas alteste der Jungen den

Horst verlasst, sieh fliegend auf den nachsten Baum begiebt und fast den ganzen Naehmittag daselbst verweilt. Das Zweite Junge steht neben dem Horste auf einem ±st, das dritte auffecht im Horste selbst. Abends sitzen wieder alle drei im Horste.

23. Juli. Die Nachrieht~ dass mein Regiment nach der polnischen Grenze

abriicken soll, kommt auch bis in das Forsthaus. Herr FOrster

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Kramer beFtirchtet, dass ich selbst das Forsthaus nicht wieder besuchen k~nnte, und schiesst deshalb das alteste Junge. Er schickt mir dasselbe uach Glogau und spricht gleichzeitig die Be- i(irchtung aus, dass atfch das zweite Junge v ore Schusse mitge- ~roffen sei.

24. Juli. Ich praparire den praehtigen Vogel und sehieke selbigeu

Abend den Balg au das berliner Museum. ~) - - S i e h e folgende Aufzeichnungen: Der Schnabel ist sehr ges~ttigt wachsgelb; dabei ist die Firste des Oberschuabels und der gesammte Unterschnabel gleieh hellgelb, ~vahrend der untere Theil des Oberschnabels" ein Wenig dtinkler, braunlieher ist. Die Spitze des Oberschnabels ist 21 MM. weit glanzend schwarz, w~hrend an der Spitze des Unter- schnabels yon dieser Farbe Nichts zu sehea ist.

Die naekten Theile~ yore Sehnabe] um den Mundwinkel uud das Auge herum sind liehtgelb ins Griinliche ziehen d, das Augen- lid selbst am hellstea. Das Auge ist blauschwarz, die Iris weiss- lieh gelb. - - Der ~undspalt ist 124 MM.; die Lange des Ober- sehnabels (l~ngst der Firste) 91 NIH. Die Spitzen des Ober- und Unterschnabels schneiden mit einander ab. - - Die F~'bung der Tarse, der Zehen und der N~gel ist hornfarben; die Fusssohlen sowie die Hautfalt.en der Gelenke weisslichgrau. Der obere Theil der Tarse wird nach dem Kale zu heller uad zieht sich ins liehte Gelblichgriin, ebenso der zweite Fussknoehen bis zur Befiederung. Die Lange des Tarsus 172 5IM., des 0bersehenkels 210 MM., der ~ittelzehe mit Nagel 112 MM., der innern Zehe mit Nagel 83 MYI., der &ussenzehe 95 ~M., der hintereu Zehe 5~ MM.

Die Totall~nge des Vogels, d. h. you der vorgestreckteu Sehnabelspitze bis zur weggestreckteu Fussspitze, betr~gt 1210 MM.; yon der Sehnabelspitze bis zum Schwanzende 860 MM.; die Halsl~nge (am naekten Vogel) ist 430 M~I.

Die Ordnung der Sehwungfedern: 4, 3, 5, 2, 6, 1, 7, 8, 9, 10; die Sehwungfedern zweiter Ordnung yon 11--23 sind gleich lang, die Schwuugfederu dritter Ordnung verkiirzen sieh allm~hlig.

Die Totalfliigelbreite ist 1400 MM. Was die Eigenthiimliehkeit der Haut anbetrifft, so ist die-

selbe am Bauche sehr rein und glatt, an den Schenkeln stark and rauh. Glogau~ den 26. Juli 1863.

") Bereits im berliuer bfuseum aufgestellt. D. Herausg.

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N a e h s c h r i f t .

Naehdem ich am 28. Juli meine Garnison verlassen hatte, um an die polnisehe Grenze zu rtieken, erhielt ich in Mixstadt am 26. September yon Herrn F(irster Kramer folgeade briefliche Mittheilungen:

1. Am 28. Juli verliessen die Jungen den Horst; man schoss einea tier alien Vogel. Das eine Junge zeigte sich viel auf der Wiese und wurde daselbst yon dem Stadtphysikus Herrn Dr. Hoff- mann gesehossen~ der es fiir sieh ausstopfen liess, wi~hrend den dten Vogel Herr Stadtrath Sehlitter erhielt.

2. Das zweite Junge war beim ScIaiessen des iiltesten jun- gen Vogels (der naeh Berlin kgm) im Flfigel verwundet worden; as ging acht Tage lung auf der Sehonung umher und kam am 2. August in den Hof des Forsthauses, woselbst es trotz aller angewandten ]tItihe nach zwei Tagen starb. Dasselbe wurde fiir den sti~dtisehea Oberf0rster ausg'estopit. Der iibrigbleibende alte Vogel verschwand Anfangs August, ohne gesehossen zu werden. Was das Leben der VOgel anbetrifft, nachdem die Jungen den Horst verlassen hatten, so sah man sic vielfaeh auf den Wiesen des Landgrabens; bier hielten beide Alte und das Junge treu zu- sammen, wiihrend man sie daselbs~ in Gesellsehaft yon grauen Reihern niemals sah. - -

So also erging es meinen Sehutzbefohlenen. Man hatte mir das Beste versprochen, doeh kaum drehete ich den Riicken, so mordete man sie! - -

Min i szewo an der Prosna bei Zerkow, den 27. Oetbr. 1863.

L i t e r a r i s c h e B e r i c h t e .

A n z e | e h n u B g e n fiber d i e Vogel-]FAun~ S p i t z b e r ~ e n s . Yon

A. J. M~Imgren. (Schluss; s. September-Heft, S. 358--387.)

Cygnus sp.? Der Walrossfanger Mattila erzi~hlte uns in Spitzbergen zu

wiederholten Malen, er hi~tte vor einigen Jahren in einem Sumpfe am Storfjord einen Sehwan gesehossen. Da Sehwiine nicht allein in den Lappmarken, sondern auch im siidliehen GrOnland~ auf der