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Arnold Scholz zum Gedächtnis

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Page 1: Arnold Scholz zum Gedächtnis

Arnold Scholz zum ~~dachtn i s . Von OLGA TAUSSXY-TODD in Washington, D. C. (CSA.).

(Eingegangen am 20.2. 1051.)

I. Der Zdilentheoretiker ARNOLD SCHOLZ wurde am 24. Dezember 1904 in

Berlin-Charlottenburg geboren. Sein Vater, Professor Dr. REINHOLD ~ C I I O L Z , war selbst Physiker und Mathematiker und wirkte a1s Abteilungsvorstand an1 Militiir-Versuchsamt. Seine Schuljahre (1911-1923) verbrachte er auf der Vor- schule und spater an1 Kaiserin-Augusta-Gymnasium in harlott ten burg. Einer seiner ~athematiklehrer war der Algebraiker und ~ a h l e n t h e o ~ t i k e r F. NEISS, Sein grolles Interesse fur Musik reicht bis in seine S~~huljahrg zdruck; er lernte fruhzeitig BIavier und Geige spielen. Seine Lieblingskomponisten wurden spater Srhubert und Beothoven. Es wunderte ihn oft, da13 er trotz seines groBen Ver. stiindnisses fur Mueik keine schopferische Begabung dafiir hatte - diese war wohl ganz der Mathematik vorbehalten.

Seine Studentenzeit begann 1923 an der Universitat in Berlin, wo er das groBe Gliick hatte, unter ISSM ECRCR zu studieren.

AuBer den Vorlesungen in Mathematik hlirte er auch Musikwissensohaft und Philosophie und promovierte (magna. cum laude) im Jahre 1928, nachdem er im Jahre 1927 ein Semester an der Wiener Universitiit unter PH. FURT- WAXQLER gearbeitet hatte. Noch in seiner Studentenzeit erhielt er eine An. stellung ale Assistent an der Berliner Universitat, die er bald nach seiner Pro- motion aufgab, urn 1930 eine ~ r i v a ~ o z e n t u r in Freiburg anzntreten. Im Jahre 11135 ging er von Freiburg narh Kiel, wo er einen ~ h r ~ u f t ~ a g erhielt und zum Mitglied der Prufungsko!nmis5ion ernaant wurde. Dann knm der Krieg ; in1 Jahre 1940 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und 1041 als Matheniatik. lehrer an die Marineakademie in Flensburg-Miirwick berufen. Hier erkrankte er plijtzlich an Diabetes, der am 1. Februar 1942 einen tadlichen Auegang nahrn. Er wurde dort auf dem Marinefriedhof (Friedenshiigel) begraben.

So einfach es ist, Scholz’ Lebensgeschiohte niederzuschreiben, so schwer ist es, einen Begriff von seiner eigenartigen Persijnlichkeit zu geben. Von Kopf bis FuD ein mathematischer Gelehrter, nicht nur ein hochbegabter Mathematiker, fiihlte er sich in den entlegensten Gehieten der mathematischen Gedankenwelt zu Hause. Einerseits war er fiihig, vollkommen abstrakte Probleme zu behandeln, und zwar nicht nur Prohlemo der abstrakten Algebra, insbcsondere der abstrakten G r u p ~ n t h e o ~ e , sondern sogar auch Probleme der mathematis~hen Lo@k. Wahrend seiner Freiburger Jahre sah er haufig ZERMEL~ und interessierte sich sehr fur die p~)ilosophisc~en Probleme, zu denen dieeer ihn anregte. Anderseits

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war er der geborene Zahlentheoretiker, der mit Begeisterung komplizierte numerische Beispiele ausrechnete. Es gibt nur wenige Mathematiker, die das gerne tun, und fast keine, die es zu tun verstehen. Die Zahlentheorie hat an diesem Mann ungeheuer vie1 verloren. Er hoffte, dal3 mit der Zeit mehr Tabellen, die sich init algebraischen Zahlkorpern befassen, veroffentlicht wurden. Dies wurde seither teilweise von HASSB im FalIe kubischer Zalilko~per durchgefu~irt.

Er benutzte weniger moderne abstrakte Algebra als andere. Ich weiB, daD EMMP NOETHER versuchte, ihn fur ihr Lager zu gewinnen. E r arbeitete mit ihr bis zu ihrem Tode, und ich gla,ube, da5 es ihr gelungen wiire, hl t te sie Xiinger gelebt. Anderseits gelang es ihm, ihr die SchBnheit und Bedeutung von Znhlen. beispielen nahezubringen, und das war wohl ein gro5er Erfolg, wenn mnn be- denkt, was fur ein Anwalt des a b s t r a k ~ n Denkens sie war.

Seine Arbeiten sind sehr tiefgrundig und manchmal nicht leicht zu lesen. Sein Stil ist gehaltreich und poetiscli. Schur bemerkte zu einer seiner ersten Arbeiten: ,,Mehr Landau, weniger Goethe!" E r empfand groBe Genugtuung in der Erfindung seiner eigenen Symbole und Bezeichnungen. Ja , man kann sagen, daD er seine eigene mathematische Sprache erschuf . Des Wertes seiner Ergebnisse gewil3, hoffte er, daf3 die anderen seine Sprache lernen und seine Arbeiten ,,iibersetzen" wiirden. Er hielt eine umfangreiche Korrespondenz mit seinen Kollegen aufrecht, in der sich oft die Entfaltung seiner Ideen verfolgen lril3t.

Menschlich war er sehr schuchtern, naiv und schweigsam, aber er konnte sich auch charakterfest und mutig zeigen, wenn es galt, seinen Freunden ZUK

Seite zu stehen. Und er wul3te ohne Zweifel, wo seine Pflicht lag. Religion und Kunst jeder Art spielte eine wichtige Rolle in seinem in erster

Linie intellektuellen Dinges gewidmeten Leben. Unter den WenigenZerstreuungen. die er sich gonnte, stand Reisen und Bergsteigen obenan. Seine Freunde scherzten oft uber seine Weinkennerschaft und die Preise, die er bei verschiedenen Wett- bewerben im Weinkosten davongetragen hatte. Mit Stolz pflegte er zu erziihlen, dal3 einniaf ein Gastwirt seinen Rat in Anspruc~ nahm, bevor er Neubestellungen machte.

Eine der schonsten Seiten seines Lebens war die warme Freundschaft zwischen Scholz und seiner SchweRter, Frau ELISABETH KORRODI. Ich entsinne mioh ihrer als einer anziehenden, eleganten Erscheinung, voller Leben und Temperament. Anf den ersten Blick war keine Ahnlichkeit zwischen den beiden zu bemerken, erst bei niiherer Bekanntschart wurde man ihrer gewahr. Gegenseitigefi Ver- standnis und Gefuhlsverbundenheit zwisohen ihnen waren vollkommen. Auch aeinem kleinen Neffen N ~ l u war er sehr zugetan.

Ich bin Scholz' Schwester vielen Dank fur ihre Hilfe bei diesem Nachruf schuldig.

TI. Arnold Suholz arbeitete vor allern in algebraischer Zahlentheorie, insbesondere

Klassenkorpertheorie. I n den meisten seiner Veroffentlichungen spielt jedoch die Gruppentheorie eine grolje Rolle und ist schwer yon der Zahlentheorie 5u trennen. Obwohl die Gruppentheorie fur ihn nur als Werkzeug diente - nur zwei seiner Arbeiten [9, 13]l) befassen sich mit Gruppentheorie allein -.

1) Zahlen in eokigen Hlammern varweisen auf das Schriftenverzeichnis S. 386f.

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wiihrend die Zahlentheorie der Hauptzweck war, kann nian doch seine neuen Definitionen, Ideen und Ergebnisse in der Gruppentheorie als sehr gewichtig bezeichnen.

Die algebraische Zahlentheorie ist heutzutage sehr stark von dem Verlangen nach abstrakten Erklarungen der bereits erhaltenen Ergebnisse uberschattet. Tro tzdem faszinierende Zusammenhlinge in dieser Weise enthullt werden, ist die Arbeit von GeIehrten wie Scholz fur den weiteren ~ortschrit t der Zahlen- theorie unentbehrlich. Er verstand es, die Ergebnisse der Zahlentheorie zu ver- werten, um eine tiefere Einsicht in die elementare und algebraische Zahlen- theorie zu erzielen. Dies ist schon aus einigen Einzelergebnissen ersichtlich, wie z. B. aus seiner Arbeit [15] nnd auch aus [ll], wo er die 3-K~a~senzahlen der durch und l--3d erzeugten quadratischen Korper vergleicht. Aber auch seine Hauptergebnisse konnen als eine Anwendung der Ergebnisse der Klassen- korpertheorie bezeichnet werden.

Der Gegenstand seiner Doktordissertation wurde die Grundlage fur sein bedeutendstes Ergebnis, nlimlich die Konstruktion der Koirper rnit vorgegebener p-Gruppe ( p ungerade) als Galoisscher Gruppe in bezug auf einen beliebigen Grundkorper [20]. Wegen der fruheren Resultate von Scholz folgt daraus die Konstruktion alles Korper mit vorgegebener zweistufiger Galoisscher Gruppe von ungerader Ordnung in bezug auf einen willkurlichen Grundkorper. Mit gruppentheoretischen uberlegungen konnte er niimlich zejgen, daB die Kon- struktion solcher Korper auf die folgenden zwei F&llIe z~~ruckgefuhrt werden kann [3]:

1. Die ~onstruktion der Korper mit einer ,,Dispositionsgruppe" als Galois- scher Gruppe. Die Dispositionsgruppen bilden eine umfangreiche Klasse von Gruppen, welche alle Gruppen mit qu&dratfreier Ordnung umfaf3t. I n diesen Gruppen wird die ganze abelsche Kommutatorgruppe von den Elementen &-'AS erzeugt, wobei A ein Element der Kommutatorgruppe ist und die S sin Repriisentantensystem der Faktorgruppe nach der Kommutatorgruppe durchlaufen. Fur diese Korper hatte Scholz die Konstruktion durchgefuhrt [2].

2. Die Konstruktion der Korper, deren Galoissche Gruppe eine p-Gruppe ist. Fur diesen Fall erzielte er die Konstruktion erst vie1 spater mit Hilfe eines wichtigen Einbettungssatzes, qer von H. RICHTER1) stammte, Vorerst kamen noch einige weitere Untersuchungen [lo], [14], die sich teilweise auf die Ergeb- nisse von N. C E B O T ~ E F F ~ ) stiitzten.

Kurz nachdem Scholz seine Konstruktion erzielt hatte, wurde diese auch von H. R E I C ~ D T ~ ) in einer anderen Weise durchgefuhrt; auch T. TANNAKA~) loste dieselbe Frage. Bedeutende gruppentheoretische Ergebnisse wurden als ein Nebenprodukt erzielt; diese befal3ten sich vor allem mit der Struktur aller

l) Rc. RIOEKTER, tfber die Losbarkeit einiger nichtabeischer Einbettungsprobleme.

a) N. ~EBOTAREFF, Zur Gruppentheorie des Klassenkijrpers, J. reine ' angew. Math.

3, H. REICHABDT, Konstruktion von Zahlkijrpern mit gegebener Galoisgruppe von

&) T. TAXXAKA, ober die Konstruktion der Galoisschen Korper mit vorgegebener

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Math. Ann., Berlin 112, 69-88 (1935).

161, 179-193 (1929).

Primzahlpotenzordnung. J. reine angew. Math. 177, 1-5 (1937).

p-Gruppe. TBhoku math. J. 43, 252-260 (1937).

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endlichen pGruppen init ?z Erzeugenden. Er beniitzte die Diinensionsreihen von W. MAGNU$) und bestatigte in eineni Spezialfall die Magnussche Ver- mutung, daB dieselben niit cler unteren Zentralreihe ubereinstimmen. AuBerdem fiihrte er eine neueBegriffsbildung ein, die von groBer Bedeutung fur die Gruppen- theorie ist und die ihn noch spater vie1 beschgftigte : die ,,Durchkreuzung", insbe- sondere die abelsehe Durchkreuzung 123, 241. Es ist sehr wahrs~heinl i~~i , daIj dieser Begriff fur weitere Arbeiten verwertet werden kann. E r kann entweder gruppentheoretiscli oder korpertheoretisch formuliert werden. Einige weitere neiie Definitionen mussen vorau~eschickt werden. Eine Gruppe L heifit Aufspaltung cter Gruppe K , wenn ein Norinalteiler 1M von L existiert, fur den K = L]X gilt. Wenn M irn Zentrum von L liegt, heiBt die Aufspaltung zentral; wenn M in der Konin~~~tatorgruppe enthalten ist, heiBt sie eine Kommutatoraufspaltung. Schon fruher [2] hatte Scholz relative Produkte eingefuhrt. Diese werden nun in einem spezialisierten Sinne beniitzt; das relative Produkt G O H ist die kleinste gemeinsame Aufspaltung von G und H mit genieinsamer F~ktorgruppe. Mit G n H ist die groBte gemeinsame Faktorgruppe bezeichget. Wenn nun die Relationen K 0 S = L 0 S und K - S = L - S gleichzeitig bestehen, dann sind K und L mit S durc~ikre~i%t; wenn*S abelsch ist, liegt der Fall der ,,abelschen Durchkreuzung" vor. Zwei Gruppen mit gemeinsamer abelscher Aufspal tung zahlen zu demselben ,,Geschlecht(', solche niit abelscher Diirchkreuzung zu derselben ,,Klasse". Scholz beschrieb eine ~ e t h o ~ e , alle Gruppen einer Klasse aus der Kenntnis einer einzigen zu bestimmen ; ferner errnittelte er die Anzahl der Gruppen, die zu einer Klasse gehoren. Er stellte einen Zusammenhang seiner neuen Ideen rnit der Da~stellungsthe*rie auf und v e r k ~ u p f ~ e sie auch mit einigen Begriffsbildungen, die von P. HALL stamnien. Zu der Zeit, da Scholr; seine Doktordissertation schrieb, war das Studium

der zweist~i~igen Gruppen recht modern. Urn diese Zeit fand PE. FURTW~~NGLER~) seinen Beweis fur den Hauptidealsatz, indem er ein Theorem uber zweistufige Grnppen bewies, das E. ARTINS) als eine Verallgemeinerung des Hauptideal- eatzes entdeckt hatte. Der Hauptidealsatz ist eine beruhmte Vermutung von HILBERT, die damals zum ersten Male bewiesen wurde. Dieser Satz befaat sich mit dem absoluten Klassenkorper, niimlich dem groBten abelschen Erweiterungs- korper eines algebraischen Zahlkorpers, der zugleich die Relativdiskriminante 1 hat. Er sagt aus, daB alle Ideale des Grundkorpeks in diesem Erweiterungskorper zu Hauptidealen werden. Der zweite Klassenkorper, niimlich der Klassenkorper des Klassenkorpers, hat eine eweistufige Gruppe als Galoissche Gruppe. Es war Artins Idee, diesen zweiten Klassenkorper heranzuziehen, und keine wesentlich verschiedene Beweisidee ist je entdeckt worden. Kurz zuvor hatte Artin das allgemeine Reziprositiitsgesetz bewiesen, aus dem aich eine expfizite .Formu- lierung des Isomorphismus ergibt, der zwischen der Klassengruppe des Grund- korpers und der Relntivgruppe des absoluten Klassenkorpers besteht. Dies

l) W. MAGNUS, Beziehungen zwischen Gruppen und Idealen in einem speziellen Ring.

2) PE. FURTWARGLER, Beweis des Hau~idealsatzes. Abh. math. Sem. Univ. Hamburg

8 ) E. ARTIN, Idealklassen in Oberkdrpern und sllgerneines Reziprozithtsgesetz. Abh,

Math. Anni, Berlin 111, 259-280 (1935).

7, 14-36 (1929).

math. Sem. Univ. Hamburg ?, 46-51 (1929).

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ermogliclt te die ~~ppentheoretische Formulierung des Hauptide~lsatzes, Die fdee Artins und die Beweismethode, die Furtwangler entwickelte, beeinfluBten Scholz sehr stark.

Die Erwartung, daB die neuen gruppentheoretischen Methoden zu vielen Veral~gemeinerungen des H~uptidealsatzes fiihren wiirden, wurde bald ent- tiiuscht. Einerseits waren die Schwierigkeiten des bei den Beweisen auftretenden gruppentheoretischen Problems oft unuberbriickbar. Anderseits - selbst wenn ein Beweis moglich war - war die Frage offen, ob die spezielle Gruppe, die betrachtet worden war, aueh einem speziellen numerischen Falle entsprach. Das waren nun gerttde die geeigneten Probleme ftir Scholz, und auf diese Fragen- kreise geht auch meine personliche Bekanntschaft mit ihm zuriick. In meiner eigenen Doktordissertationl~ stiel3 ich auf die Gruppe der Ordnung 27 mit den beiden Erzeugenden 8, , S, und den Relationen 8: - X;' 8;' 8'8, = SF' S: S, und 8; = 1 , 8: = 1 . Falls diese Gruppe die Galoissche Gruppe eines zweiten Klassenkorpers ist, gibt es eine unter den Klassen des Grundkorpers, die in keinem relativ-kubisohen und unverzweigten Erweiterungskorper zur Haupt. klasse wird. Scholz teilte mir bald mit, daB ein solcher Crundkorper existiere, und zwar einer der kubischen Teilkorper des Produktkorpers X.:, K;,,Q, wobei Kk ( p , 1 Primzahlen) den Unterkorper vom Grad 1 des von den p-ten Einheits- wurzeln erzeugten Korpers bedeutet.

Es war auch bemerkt worden, dal3 der von 1-65 erzeugte Kiirper cinen zyklischen u n ~ ~ r z w e ~ t e n Erweiterungskor~r vom Relati~grad 4 hat, in den1 eine nicht-zyklische (aber keine zyklische) Untergruppe der Klassengruppe der Ordnung 4 zur Hauptklasse wird. Die Frage, ob dieses Phanomen auch fur 3-Gruppen auftreten kann, schien interessant, da ja die Primztthl 2 oft eine Ausnahmerolle spielt. Wir beschlossen, eine gemeinsame Arbeit iiber diese Frage zu schreiben [17]. Wir untersuchten u. a. den durch 1-3299 erzeugten Korper, der eine nicht-zyklische 3-Klassengrnppe der Ordnung 27 hat. Scholz fand eine Hethode, mit Hilfe rationaler Zahlen allein zu entscheiden, ob eine Klasse des Grundkorpers in einem unverzweigten relativ-kubischen Erweiterungskorper in die Hauptklasse ubergeht. Es stellte sich heraus, daB in diesem Spezialfall kein ~~nver~weigter relativ-zyklischer Erweiterungsko~r vorn Relativgrad 9 diy Eigenschaft hat, daB in ihm eine zyklische Untergruppe der Ordnung 9 der Klassengruppe des Grundkorpers zur Hauptklasse wird. Jedoch tritt dieses Phanomen hier in gewisser Hinsicht anders auf a1s im Falle ti - 4 5 . Hasses Unter- suchungen uber kubische Karper waren fur diese Arbeit recht nutzreich, und im AnschluB daran schrieb Scholz auch eine Arbeit uber kubische Korper [12]. Er studierte niimlich den Zusammenhang zwischen den Einheiten und der Klassengrup~ in einem nicht-abelschen normalen Korper Sr, vom Grad 6 im Vergleich mit den entsprechenden Verhiiltnissen in dem quadratischen Unter- korper KB und einem der kubischen Unterkorper K 8 , Durch gruppentheoretische ~ ~ r l e g u n g e n konnte er. zeigen, dal3 der Klassenzahlen~uotient h, eine Potenz von 3 ist; welche Potenz, hiingt dann von den Einheiten ab. Die Unter- suchung des Falles, wo K , unverzweigt uber K , ist, fuhrte zu Ergebnissen be-

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1) 0. TAUSSKY, Uber eine Vepsc~rfung des ~auFtide&~atzes fiir alg~br&~s~he Zahi- ktirper. J. reine angew. Math. 168, 193-210 (1932).

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zuglich des zweiten Klassenkorpers von K, . I n s ~ s o n d e r e zeigte er, daB nicht jede zweistufige Gruppe als Galoissche Gnippe des zweiten Klassenkorpers von K , auftreten kann,

Nachdem unser Ziel erreicht war, studierten wir auch die Galoissche Gruppe der zweiten 3-Klassenkorper der Korper, die wir untersucht hatten. In diesen Spezialfiillen konnte dies ohne die Kenntnis der Klassengruppe des ersten Klassenkorpers durchgefuhrt werden. benutzten nur das Verhalten der Klassen des Grundkorpers in den unverzweigten kubischen Erweiterungeii. Diese Untersuchungen brachten vie1 Einsicht nicht nur in die zweistufigen 3-Gruppen, sondern auch in allgemeine 3- Gruppen. Manche Ergebnisse fan- den sich dabei fur Klassenkorperturme (Ketten von aufe~anderfolgenden Klassenk~rpern}. Es ist nicht bekannt, oh diese Ketten nach einer end- lichen Anzahl von schritten abbrechen. Das folgende gruppent~ieoret~sche Problem ergab sich dabei und wurde teilweise von Magnu$) gelost: GI sei eine vorgegebene p.Gruppe: gibt es dann eine unendliche Kette von pGrup- pen a,, fur die G, = Gi+l/Gt!l gilt, wobei abelsch ist? Dabei bedeutet Q(i) die i-te Kommutatorgruppe der Gruppe G , Magnus bewies, daB beliebig lange Ketten auftreten konnen. Eine negative Losung des gruppentheore. tischen Problems wiirde bedeuten, daB unendliche p-Klassenkorpertirme nicht auftreten konnen. Scholz glaubte jedoch nicht, dd3 die gruppentheoretische Seite des Problems die entscheidende war. Er hatte sich schon fruher mit Klassenkorperturnien [5] befal3t nnd bewiesen, daR beliebig lange auftri3ten konnen. Gleichzeitig konstruierte er eine unifangre~ehe Schar von Korpern mit der Klassenznhl 1.

Zwei seiner Arbeiten [19, 251 befassen sich mit einem Problem, dss auf Hilbert zuruckgeht und fruher von H. HASSIP) behandelt wurde. Hilbert hatte namlich bewiesen, dafi in Galoisschen Erweiterungen vom Primzahlgrad ein totaler Normenrest irnmer eine Norm ist. Hasse verallgemeinerte dies fur beliebige zyklische . Erweiterungen, bewies jedoch anderseits, daB dieser Sachverhalt in nicht-zyklischen Korpern im allgeineinen nicht bestcht. Scholz fuhrte einen neuen Begriff ein, uni den Defekt zu messen, niimlich die i~ultiplikative Faktorgruppe der totden Normenreste uber der Gruppe der Normen. E r nannte sie den ,,Knoten". Manclimal liaben die Einheiten ihren eigenen Knoten, in anderen Fiillen kann es eintreten, daB eine Einheit, die totaler Normenrest ist, die Norm einer Zahl, aber nicht einer Einheit ist. Manchmal konnen es nur Einheiten sein, die totale Normenreste sind, ohne Norrnen zu sein.

Er studierte die verschiedenen Fiille, die auftreten konqen, an Zahlenbei: spielen. Er verkniipfte den Begriff des Knotens mit der Galoisschen Gruppe der Klassenkorper des vorgegebenen Korpers. Mit Hilfe dieser Idee konnte er be- weisen, daB der Knoten ein homomorphes Bild des Schurschen Multiplikatorv der Galoisschen Gruppe ist. Fur jecle beIiebige vorgegebene Gruppe kann man Fiille finden, wo der ~~ul t ipl ikator zu dem Knoten isomorph ist. Wenn die Gruppe, den ~lultiplikator 1 hat, tritt kein Knoten auf. Auch die abelsche ~ u r c h k r e u z u n ~

l) W. MAQNUS, a. it. 0. S. 382, FuBn. 1. a) H. HASSE, Beweis eines Satzes und Widerlegung einer Vermutung iiber das allgemeine

,

Normenrestsymbol. Nachr. Ges. Wiss. GGttingen, math.-physik. K1. 1931, 64-69.

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ist mit diesen Arbeiten verknupft. Kiirzlich hob A. WE^) hervor, wie wichtig es sei, ~ormenres te in nic~it-zyklische~ E ~ ~ e i t e r u ~ g e n 5u studieren.

Scholz schrieb verschiedene weitere Beitrlige zur algebraischen Zahlentheorie. Eine seiner ersten Arbeiten [lo] enthlilt eine Anzahl von einfachen Beweisen fur einige der grundlegenden Ergebnisse der Klassenkorpertheorie, darunter auch den Cebotareffschen Dichtigkeits~tz. Viele seiner Arbeiten sprudeln von neuen Ideen, die einen bleibenden Beitrag zur Zahlentheorie darstelfen. Eine seiner Untersuchungen fuhrte ihn auf den Zusamrnenhang zwischen Idealtheorie und Galoisscher Theorie in unendlichen algebraisohen Zahlkorpern [26]. Die Ergebnisse von W. K R ~ L 2, auf diesem Gebiet in Verbindung mit topologischen Ideen sind heutzutage ~o~ i lbekann t , und weitere bedeutende Resultate waren von anderen inzwischen erzielt worden. Scholz fand eine neuartige und teilweise allgemeinere Darstellung dieser Theorie, indem er alles auf Galoissche Korper zuruckfuhrte. Er erhalt die Zerlegung in Primideale in nicht-galoisschen Korpern niit Hilfe des Dedekindschen Satzes uber die Zerlegung in Teilkorpern. Dieser Satz gilt namfich auch fur unendliche Korper. Er bemerkte, da13 auch in un- endlichen Galoisschen Korpern alle Primidealteiler einer Primzahl zueinander konjugiert sein mussen. Er erkuterte die Hilbertsche Theorie in unendlichen Galoisachen Korpern mit Hilfe einer grol3en Anzahl von interessanten Beispielen, die vor allem den groBten 'abelschen Korper, den Korper aller Einheitswurzeln, betref fen.

SchoIz veroffentlichte manche seiner Ideen a h ,,Aufgaben" im Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Sie waren oft tief und hBtten fur Abhandlungen venvendet werden konnen. E r schrieb viele Referate fUr das Jahrbuch uber die Fortschritte der ~ a t h ~ m a t i k . I m Jahre 1939 veroffentlichte er ein Gosch~n-B~ndehen [22] uber ,,Elementare Zahlentheorie", das sehr originell ist und vie1 benutzt wird.

Er unternahm es, ejnen Artikel uber ,,Spezielle Zahlkorper" [27] fur die Neuauflage von Band I der Enzyklopadie der Mathematischen Wissenschaften zu achreiben. Das war na~turlich ein Gebiet, fur das er einzigartig geeignet war. Bin groBer Teil des Artikels ist vollendet.

Schriftenverzeiohnis, [ 11 Zur Kl~senkor~r theor ie auf Ta~agisch~r Grundlage, Math. Z., Berlin 29, 60-69

(1928) [gemeinsam mit HELMUT IfAssE]. [2] Uber die Bildung algebraischer Zahlkorper mit auflosbar& Galoisscher Gruppe.

Math, Z., Berlin 30, 332-356 (1929). [3] Reduktion der Konstruktion von Korpern mit zweistufiger (metabelsoher) Gruppe.

(Beitrage zur Algebra. 14.) S.-B. Heidelberger Akad. Wiss., math.-naturw. K1. 1929, Xr. 14, 3-15.

[4] Anwendung der Klassenkorpertheorie auf die Konstruktion von Korpern mit vor- geschriebener Gruppe. Jber. Deutsche Math.-Verein. 38, 46 (1929).

[5] Zwei' Bemerkungen zum KlassenkBrperturm. J. reine angew. Math. 161, 201-207 (1929). --

I) A. W ~ L , li'avenir des math~matiques. Les grand~ courant5 de la pens6e math~matique.

2 ) W. BULL, Idealtheorie in unendlichen algebraischen Zahlkorpern. I; 11. Math. Z., Marseille 1948.

Berlin 29, 42-54 (1928); 31, 527-557 (1930).

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386 Taussky-Todd, Arnold Scholz zum Gedtichtnis.

[6] Zur simultanen Approximation von Irrationalzahlen, Math. Ann., Berlin 103, 48-51 (1930).

171 uber das Verhitltnis von Idealklassen- und Einheitengruppe in Abelschen Korpern von Primzahlpotenzgrad, (Beitrtige zur Algebra. 17.) S.-B. Heidelberger Akad. Wiss., math.-naturw. K1. 1930, Nr. 3, 31-55.

[8] Zermelos neue Theorie der Mengenbereiohe. Jber. Deutsche Math.-Verein. 40, 4 2 4 3 (1931).

[Q] Ein Beitrag zur Theorie der Zusammensetzung endlicher Gruppen. Math. Z., Berlin

[ 101 Die Abgrenzungssiltze fur Kreiskorper und Klassenkorper. S.-B. PreuD. Akad. Wiss. Berlin, physik.-math. K1. 1931, 4 1 7 4 2 6 .

1111 uber die Beziehung der Kla~enzahlen quadratischer Korper eueinander. J. reine angew. Math. 169, 201-203 (1932).

[12] Idealklassen und Einheiten in kubischen Korpern. Mh. Math. Physik 40, 211-222 (1933).

[I31 Die Behandlung der zweistufigen Gruppe als Operatorengruppe. A. Loewy zum 60. Ge- burtstag am 20. Juni 1933 gewidmet. S.-B. ~eidelberger Akad. Wiss., math . -na tu~. Kf. 1933, Nr, 2, 17-22.

[ 141 Die Kreisklassenkorper von Primzahlpotenzgrad und die Konstruktion von Korpern mit vorgegebener zweistufiger Gruppe. I. Math. Ann., Berlin 109, 161-190 (1934).

[l5] Ober die Loebarkeit der Gleichung t2 - Du2 = -4. Math. Z., Berlin 39, 95-111 (1934).

[l6] Berichtigung zu der Arbeit von Arnold Scholz: ,,Die Kreisklassenkorper von Primzahl- potenzgrad und die Konetruktion von Korpern mit vorgegebener zweistufiger Gruppe. I.", dieser Band S. 161-190. Math. Ann., Berlin IOS, 764 (1934).

[IT] Die Hauptideale der kubischen Klassenkorper imagin~qua~at i seher Zahlkorper : ihre rechnerieche Bestimmung und ihr EinfluD auf den Kla~nktirperturm. 3. reine angew. Math. 171, 1 9 - 4 1 (1934) [gemeinsam mit OLGA Tarrssa~].

[ 181 Die Kreisklassenkorper vom Primzahlpotenzgrad und die Konstruktion von Korpern mit vorgegebener zweistufiger Gruppe. 11. Meinem Lehrer I. Schur zu seinem 60, Geburtstag am 10. Januar 1935. Math. Ann., Berlin 110, 643-649 (1935).

[ 191 Totale N o r m e n r ~ ~ ~ die keine Normen sind, als Erzeuger niehtabel~her Korper- erweiterungen. I. J. reine angew. Math. 175, 100-107 (1936).

[20] Konstruktion algebraischer Zahlkorper mit beliebiger Gruppe von Primzahlpotenz- ordnung. I. Emmy Noether zum Gediichtnis. Math. Z., Berlin 4W, 161-188 (1937).

[Zl] ~n~maldiskriminanten algebraischer Zahlkorper. J. reine angew. Math. lT9, 16-21 (1938).

[22] Einfiihrung in die Zahlentheorie. (Sammlung Gosohen Bd. 1131.) Berlin 1939. [23] Abelsche Durchkreuzung. Ph. Furtwilngler zum 70. Geburtstag. Mh. Math. Physik

[24] Zur Abelschen Durehkreuzung. J. reine angew. Math. 182, 216 (1940). 1251 Totale ~ o r m e n r e s ~ , die keine Normen sind, als Erzeuger nichtabelse~er Kiirper-

(261 Zur Idealtheorie in. unendlichen algebraischen Zahlkorpern. A. Hammerstein zum Ge-

[27] Spezielle Zahlkorper. Bestimmt fur: Enzykl. math. Wiss., 2. Auff. I [unvollendet].

32, 187-189 (1931).

48, 340-352 (1939).

erweiterungen. 11. J. reine angew. Math. 182, 217-234 (1940).

dilchtnis. J. reine angew. Math. 185, 113-126 (1943).