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10 Leben mit Tieren 1/2016 Arthrose, Spondylose & Co. Foto: © grafikplusfoto – Fotolia.com

Arthrose, Spondylose & Co. E - Tierarztpraxis Dr. Rogalla · gische Kräfte (z.B. Fraktur), die auf ein normales Gelenk oder normale Kräfte, die auf ein pa-thologisch verändertes

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10 Leben mit Tieren 1/2016

Arthrose, Spondylose & Co. Eines der größten Wunder der Evolution ist der Bewe-

gungsapparat. Durch sehr enge, hoch komplizierte Verkettungen zahlreicher Körperteile miteinander sind die Tiere in der Lage, ihr eigenes Gewicht zu tragen und sich fortzubewegen.

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Leben mit Tieren 1/2016 11

Das Wohlbefi nden unserer Vier-beiner steht in direkter Abhän-gigkeit von der Gesundheit, al-so dem normalen Funktionieren dieses Systems. Aber gerade we-gen seiner hohen Komplexität –

den feinen Vernetzungen zahl-reicher Strukturen miteinander – ist der Bewegungsapparat sehr anfällig für Störungen. Kleinste Imbalancen haben große Fol-gen: Jede Störung führt unwei-gerlich zu Schmerzen und min-dert die Lebensqualität unserer Vierbeiner. Unsere Tiere leiden –

und das ein Leben lang.Leider gehören Störungen des Bewegungsapparates,

also Knochen- und Gelenk-erkrankungen, inzwi-schen zu den häufi gsten Erkrankungen in der

tierärztlichen Praxis.Stat ist i sch gese -

hen leidet jeder 4. Hund an Arth-rose in Hüfte,

Knie, Schulter oder Ellbogen, wobei große Hunde viel häu-fi ger als kleine Rassen erkran-ken. Bei den großen Hunden über 7 Jahre sind sogar 40 % von schmerzhaften Veränderungen der Gelenke betroffen.Die Studien zu diesem Thema in der Katzenmedizin zeigen ähn-lich aufrüttelnde Ergebnisse. 90 % der über 12 Jahre alten Kat-zen leiden an Gelenkerkrankun-gen, wobei die Hüftgelenksarth-rose ähnlich wie beim Hund an erster Stelle steht. Oft werden für den Patientenbesitzer ver-

wirrende Begriffe wie degenera-tive Gelenkerkrankung, (Osteo-) Arthrose (OA) oder Arthritis be-nutzt. Sie beschreiben alle die vielfältigen Veränderungen von Gelenkverschleiß, die letztend-lich zu chronischen oder chro-nisch wiederkehrenden Schmer-zen führen, die sich in Lahmheit, Einschränkung der Beweglich-keit, Gelenkverdickung, Steifi g-keit und Verhaltensänderungen (insbesondere bei Katzen) mani-festieren.Die Bezeichnung degenerative Gelenkerkrankung (degenera-tive joint disease = DJD) wird für Veränderungen von Ge-lenken jeden Typs angewandt, während der Begriff Osteoar-throse sich nur auf die krank-haften Veränderungen der diar-thrischen, synovialen Gelenke bezieht.

Arthrose

Wissenscha f t l ich wird Arthrose in ei-

ne primäre und sekundä-re Form eingeteilt: Bei der sog. Primärarthrose liegen klinisch-diagnostisch nicht erkennbar molekular- und zellbiologische Störungen im Gelenkknorpel vor. Man spricht auch von einer idiopathischen Arthrose. Diese wird allerdings bei den Tieren eher selten benannt. Für die sekundären Arthrosen werden defi nierte biomecha-nische Ursachen beschrieben.So können extreme, unphysiolo-gische Kräfte (z.B. Fraktur), die auf ein normales Gelenk oder normale Kräfte, die auf ein pa-thologisch verändertes Gelenk einwirken, zu einer Osteoarth-rose führen. Das kann ein Trauma sein (Ver-stauchung), eine Gelenksinsta-bilität, wie sie häufi g im Knie zu fi nden ist, eine Stufe im Ell-

bogengelenk, eine Fehlstellung der Gelenkenden zueinander, eine angeborene Malformati-on wie bei der Hüftgelenksdys-plasie oder eine Knorpelabsplit-terung (OCD) oder Malposition ganzer Gliedmaße (O-Beine).

Arthritis

Arthritis ist die schmerzhaf-te Form von Arthrose, die mit Entzündung einhergeht. Bevor wir auf verschiedene Gelenk-krankheiten und ihre Entste-hung eingehen, möchte ich ei-nige Grundlagen erklären.

Der gesunde Bewegungsapparat

Bewegung wird gesteuert durch das Zusammenspiel von Kno-chen, Muskeln, Sehnen und Bindegewebe, wobei die Gelen-ke die Garanten der Flexibili-tät sind. Jede Art von Störung in diesen Strukturen schränkt die Beweglichkeit der Tiere ein und ist letztendlich schmerzhaft. Am häufi gsten sind die echten Ge-lenke von krankhaften Verände-rungen betroffen. Das gesunde Gelenk besteht aus Gelenkkap-sel, Gelenkschmiere (Synovia) und Gelenkknorpel, der die Kno-chenoberfl ächen umschließt.Der Knorpel dient als Stoßdämp-fer zwischen den Knochenenden, um die Belastung bei der Bewe-gung aufzufangen. Er besteht im Groben aus einem Netz (Matrix) von elastischen, kollagenen Fa-sern, in dessen Zwischenräume sich Proteoglycane, Glycosamin-glycane, Chondroitin (jene Sub-stanzen, die sich im Grünlip-penmuschelkalk befi nden) und Wasser befi nden. Bei der Belas-tung wird der Knorpel wie ein Schwamm zusammengedrückt. Komplizierte molekulare Me-chanismen verhindern, dass

arthrotisch verändertes Knie, Vorliegen eines Kreuzbandrissesarthrotisches Knie, operiert mit TPLO

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der Schwamm gänzlich leerge-quetscht wird, die Knochenfl ä-chen berühren sich nie! Bei der Entlastung saugt sich der „ Schwamm“ sofort wieder voll und mit der Wasserbewegung werden wertvolle Nährstoffe fürs Gelenk eingebaut und Schlacken-stoffe herausgespült. Nur durch die Balance von gleichmäßiger Belastung und Entlastung wird das Gelenk „gesund“ ernährt.So wird leicht verständlich, dass bloße Bewegungsminderung schwere Folgen für das Gelenk haben und warum die rechtzeiti-ge Schmerzmittelgabe unabding-bar ist. Nur wenn ein gleichmä-ßiger Bewegungsfl uss garantiert ist, kann das Gelenk gesund er-nährt und folgenschwere Verän-derungen verhindert werden. Die Kapsel ist hauptsächlich für die Stabilität des Gelenks zustän-

dig und die Synovia dient der Schmierung des Gelenks. Sie be-deckt den Knorpel mit einem glatten Film, so dass die Flächen nicht aufeinander prallen kön-nen. Außerdem sind in der Kap-sel Schmerzzellen eingebaut, die bei krankhaften Veränderungen sofort Alarm schlagen.

Das kranke Gelenk

Unabhängig von der Ursache re-agiert das Gelenk auf einen In-sult immer gleich. Zunächst verliert der Knorpel seine schüt-zende Pufferfunktion. Es ent-stehen zunächst winzig kleine Risse und Löcher in der Knorpel-oberfl äche, die sich immer wei-ter in die Tiefe ausdehnen. Der Knorpel verliert als erstes seine dynamischen Fähigkeiten, das Gelenk mit Nährstoffen zu ver-

sorgen und schädliche Schlack-stoffe auszuspülen. Die Schad-stoffe verbleiben im Gelenk und nun beginnt ein circulus viti-osus. Es beginnt direkt im Ge-lenk ein unaufhaltsamer Zer-störungsprozess, der allmählich auf alle Gelenkstrukturen über-greift. Diese Veränderungen tre-ten sehr schnell – nur wenige Tage bis Wochen – nach der in-itialen Störung auf. Die Schlack-stoffe bedingen eine Entzün-dung der Gelenkkapsel, diese verdickt und scheidet vermehrt Gelenkfl üssigkeit aus, die aller-dings von schlechter Qualität ist und die Entzündung weiter treibt. Das Gelenk füllt sich zu-nehmend mit Flüssigkeit und die Schmerzzellen schlagen Alarm. Nun wird das Gelenk geschont, das Tier beginnt zu lahmen. Pa-rallel dazu wird der Knorpel

immer dünner und kann dem Druck auf den Knochen nicht mehr standhalten. Nun wird der Knochen direkt angegriffen, er reagiert mit vermehrter Skleroti-sierung und Osteophytenbildung (Auflagerungen am Knochen). Diese Veränderungen finden sich in den Bereichen von hoher mechanischer Krafteinwirkung. So fi nden wir z. B. beim Kreuz-bandriss schnabelartige Rand-wulstbildungen im Bereich des Tibiaplateaus. Dies ist ein ver-zweifelter Versuch des Organis-mus, dem unnatürlichen Druck standzuhalten und das Gelenk zu stabilisieren – allerdings er-folglos. Die Zerstörung der Knor-pelschutzschicht schreitet unauf-haltsam fort, es kommt zu tiefen Verletzungen, den sog. Eburnifi -kationen, jetzt reibt Knochen auf Knochen – ein hoch schmerzhaf-

normale Hüfte Hüfte mit TEP (Totalendoprothese)

Veränderung der Hüfte bei Maincoon Katze = slipped femoral capital epiphysiolysis

Hüfte junger Hund, noch kein vollständiger Epiphysenschluss, HD-Femurkopf also noch keine knöchernen Veränderungen – zunächst nur Laxität erkennbar, Femurkopf wird nicht vollständig um-schlossen.

2-jähriger Hund: beginnende arthrotische Verände-rungen an der Hüfte. Man sieht auf dem Röntgenbild einen Bandscheibenvorfall auf der linken Seite zwischen LW6 und LW7

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ter Zustand. Das Gelenk ist blei-bend arthrotisch geschädigt, ei-ne Rückentwicklung ist nicht mehr möglich.

Leitsymptom der OA ist Schmerz

Unsere Tiere sind nun chro-nisch krank. Für alle Tierarten ist der Schmerz das quälends-te Symptom, allerdings wird er unterschiedlich von Tier zu Tier signalisiert. Das Kaninchen be-wegt sich kaum noch und frisst schlecht, Verdauungsstörungen treten auf. Der Hund lahmt mehr oder weniger deutlich, ist unlus-tiger auf Spaziergängen, es zieht ihn schneller nach Hause als aufs Feld hinaus, er meidet das Sprin-gen, das Treppensteigen wirkt steifer. Die Katze reduziert na-hezu unauffällig ihre Aktivi-tät, sucht niedrigere Sitzplätze, schläft mehr, nimmt weniger am alltäglichen Trubel teil und kann deutlich an Gewicht zulegen.

Degenerative Erkrankungen bei Hund und Katze

Ellbogendysplasie (ED)

Bei jungen Hunden mittelgro-ßer bis großer Rassen ist die ED die häufi gste erbliche Er-krankung, betroffen sind vor allem Golden Retriever, Rott-weiler, Neufundländer, Berner Sennenhund und Schäferhund.Die ersten klinischen Sympto-me treten im Alter von 4 – 8 Mo-

naten auf. Obwohl häufi g beide Gelenke betroffen sind, zeigt sich die Störung in der Regel auf nur einer Seite. Die Lahm-heit ist in der Regel nur sub-til ausgeprägt, pathognostisch kann die Adduktion des Ellbo-gengelenks sein, ein Ausweich-verhalten, welches die extreme Streckung und Beugung des Ell-bogengelenks verhindert. Nach Ruhe oder stärkerer Belastung ist die Lahmheit hochgradiger ausgeprägt. Häufi g werden die Hunde auch erst im höheren Alter auffällig, dann ist das Ge-lenk schon stark arthrotisch verändert und der Bewegungs-radius stark eingeschränkt (Re-duktion des Beugungswinkels auf 30 – 40 %).Ein diagnostischer Indikator ist die reproduzierbare Schmerz-reaktion des Patienten bei mä-ßig gebeugtem Ellbogen durch die Drehung des Carpus nach außen bei fi xiertem Ellbogen und/oder durch Druck auf die Ansatzstelle des Biceps medial. Die Röntgenuntersuchung ist obligat, ist diese nicht eindeu-tig, empfi ehlt sich CT oder Ar-throskopie.Therapie: In vielen Fällen be-steht die Therapie in einer Kom-bination von chirurgischem Eingriff und Medikamenten. Bemerkt werden muss, dass unabhängig von der chirurgi-schen Technik sich immer eine schwere Arthrose entwickelt. Es scheint durchaus gerecht-fertigt zu sein, frühzeitig kon-

servative Maßnahmen zu er-greifen und je nach Verlauf die chirurgische Intervention abzu-warten. Zu diesem Krankheits-komplex zählen 4 unterschied-liche Haupt erkrankungen:

Ellbogeninkongruenz (EI)

Ulna und Radius entwickeln sich ungleich, eine mehr oder min-der ausgeprägte Stufe entsteht, in der Bewegung entstehen Zo-nen erhöhten Drucks, so dass die folgend beschriebenen Krank-heiten sich entwickeln können.

FCP (fragmentierter processus coronoideus)

Unter diesem Begriff werden al-le Veränderungen des medialen Coronoids zusammengefasst, die letztendlich zu einer Fissu-renbildung und /oder Fragmen-tierung führt.

OCD (Osteochondrosis dissi-cans) des medialen Condylus humeri

In der jungen Knochenentwick-lung vereinigen sich aufgrund einer Knorpelstörung Knochen und Knorpel nicht.

IPA: isolierter Processus anco-neus

Im Alter von 20 Wochen hat im-mer noch keine Union von Pro-cessus und Ulna stattgefunden. In diesem Fall ist die Chirurgie

die Methode der Wahl. Der Pro-cessus kann sowohl fi xiert als auch entfernt werden. Zusätz-lich besteht die Möglichkeit der dynamischen Ulnaosteotomie. Im Allgemeinen werden die bes-ten Erfolge bei Operationen un-ter 6 Monaten erzielt. Bei jun-gen Hunden wird der Erhalt des PA angestrebt.Bei der Katze können wir die Degeneration des Ellbogenge-lenkes nach diesen Parametern nicht festlegen. Bis dato liegen keine Untersuchungen vor. Kat-zen leiden allerdings auch an Ellbogenarthrose, aber in der Regel wird sie erst beim älte-ren Tier diagnostiziert. Vorsor-geuntersuchungen, wie sie beim Rassehund teils vorgeschrieben sind, sind bei der Katze leider noch nicht üblich. Das wird sich sicherlich in Zukunft ändern.

Kniegelenk (Gonarthrose)

Bei Hunden mittleren Alters konzentrieren sich die degene-rativen Gelenkerkrankungen hauptsächlich aufs Kniegelenk. In der Regel entwickelt sich ei-ne Arthrose im Kniegelenk auf-grund traumatischer Kontussi-on oder eines Kreuzbandrisses. Leider verhindert die notwen-dige Kreuzbandoperation nicht die Arthroseentwicklung – un-abhängig von der Operations-methode.Bei den großen Hunden erfolgt der Bandriss meist zwischen dem 5. – 7. Lebensjahr, bei den

LWS Ankylose Spondylose extrem Boxer Spondylosen BWS Spondylosen, Ankylosen, Katze

gesunder Ellbogen RÖ Arthrose Ellbogen Ellbogen ED Junghund

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kleinen Rassen erst im höhe-ren Alter (> 9 Jahre).Bei den Katzen f inden wir Kreuzbandschädigungen in der Regel als Folge eines schweren Traumas. Nur die großen Main-coonkatzen zeigen iatrogen De-generation im Kniegelenk auf-grund ihres Körpergewichts.

Hüftgelenksdysplasie (HD)

Die HD gehört zu den häufi gs-ten orthopädischen Erkran-kungen bei Hund und Katze, klinische Bewegungsstörungen treten in der Regel erst im fort-geschrittenem Alter auf, obwohl die HD genetisch vorbestimmt ist. Allerdings können optima-le Haltungs- und Ernährungs-bedingungen die Arthroseent-wicklung beeinfl ussen.Bei der HD liegt eine ausgepräg-te Laxität der Hüfte vor: Die minder ausgeprägte Pfanne hält den Femurkopf nicht in Position und erlaubt ihm im schlimms-ten Fall nach dorsal zu luxieren. Jeder Schritt belastet das Gelenk unphysiologisch, sodass sich mit der Zeit eine schwere Arthrose entwickelt. Die Diagnose HD wird im ersten Lebensjahr mit-tels Röntgen festgestellt. Es gibt schwere Fälle der HD, bei denen schon der junge Hund vor Voll-endung des ersten Lebensjah-res episodisch Lahmheit zeigt, bzw. schwer aufsteht, widerwil-lig läuft und Treppen vermei-det. Statt Galopp zeigt der Hund das sog. Bunny hopping: beide

Hinterläufe werden im Rennen gleichzeitig vorgeführt.Auffällig ist bei allen Hunden mit zunehmendem Alter die Ge-wichtsverlagerung auf die Vor-hand und der kurzgreifende Schritt der Hinterhand. Zusätz-lich ist der Hüftschwung stark ausgeprägt. Die Entlastung der Hinterhand führt zusätzlich zur Muskelatrophie der Ober-schenkelmuskulatur. Die Hun-de zeigen einen breit ausgepräg-ten Brustkorb und eine schmale Hinterhand. Je nach Schwere-grad der Arthrose zeigen sich die ersten Beschwerden ab dem 5. Lebensjahr.An chirurgischen Maßnahmen beim jungen Hund können ein-gesetzt werden: das künst liche Hüftgelenk (Endopro these), die dreifache Beckenosteotomie (DBO), Fe mur kopf hals re sek-tion (FKR). Die FKR ist eine gute Option für Hunde unter 20 kg, bei denen die arthrotischen Ver-änderungen schon sehr fortge-schritten sind.Die DBO wird beim sehr jun-gen, noch wachsenden Hund durchgeführt. Als Komplikati-on treten Schraubenlockerung und verzögerte Heilung auf, ei-ne weitere arthrotische Ent-wicklung des Gelenks ist nicht auszuschließen. Vorzuziehen ist die Totalendoprothese, die den Tieren in großem Maße zu Schmerzfreiheit verhilft. Beim älteren Tier sind wir auf konser-vative Maßnahmen angewiesen. Voraussetzung für ein erfolg-

reiches Vorgehen ist als erstes Ideal gewicht. Die Schulmedizin bietet die Be-handlung mit Schmerzmitteln an. Erleichternd sind auf jeden Fall physikalische Therapien, welche die Beweglichkeit för-dern. Chronische Schmerzen werden am besten mit Aku-punktur behandelt. Die Gold-akupunktur ist als prophy-laktische und therapeutische Maßnahme eine weitere Option.

Spondylose

Unter Spondylose versteht man die Beeinträchtigung der Wir-belartikulation. Im Fall der Spondylose werden die elasti-schen Elemente (Bänder, Zwi-schenwirbelscheiben) der Wirbelsäule abgebaut und knö-chernde Zubildungen (Enthesio-phyten) entstehen. Die Umbau-prozesse beginnen in der Regel an der Unterseite der Wirbel. Diese Spondylosen können sich erheblich ausdehnen und im Sei-tenbereich der Wirbelkörper bis in die Region der Nervenabgän-ge hineinreichen. Werden ganze Wirbelsäulenabschnitte durch eine massive Knochenbrücke starr miteinander verbunden, dann spricht man von Ankylose.Bei einer Spondylarthrose sind auch die kleinen Wirbelgelen-ke oberhalb der Nervenabgänge in das degenerative Geschehen einbezogen. Diese Verknöche-rungen entstehen an den Stel-len der stärksten Belastung. Im

Prinzip ist das ein Selbstschutz des Körpers, denn an den ver-steiften Wirbeln können keine Einquetschungen der Nerven mehr erfolgen. Leider braucht dieser Prozess lang und in der Zwischenzeit können erhebliche Schmerzen mit partiellen Läh-mungserscheinungen auftreten. Hier besteht immer akuter drin-gender Behandlungsbedarf.Werden die sensiblen Struktu-ren im letzten Lendenwirbel und Sacrum eingeengt, spricht man vom Cauda Equina Syn-drom (CES).Arthrotische Veränderungen sind von Tumorerkrankungen zu differenzieren. Jede Art der Verdickung eines Gelenks ver-langt eine weiterführende Dia-gnostik. Häufi g kann schon ein einfaches Röntgenbild Klarheit verschaffen und das Tier vor weiterem Leid bewahren.

Degenerative Gelenk-erkrankungen bei der Katze

In der Vergangenheit wurden degenerative Erkrankungen bei der Katze deutlich unter-schätzt, wenn nicht gar über-sehen und ignoriert. Weil die Katze leicht und wendig ist, kann sie selbst schwere ortho-pädische Probleme kaschieren. Es lag ein großes Unverständ-nis zum Schmerzverhalten von Katzen vor. Im Gegensatz zum Hund signalisieren Katzen Ge-lenkschmerz selten nach außen. Klinische Lahmheitssympto-

Katze – Tumor mit pathologischer Fraktur Humerus Katze (6 Monate) mit angeborenem Hüftdefekt Katze mit Spondylose LW 7 - sacrum

Hund Lahmheit Vorhand zystische Veränderung des Knochens (Verdacht Osteoblstom)

Knochenkrebs Irischer Wolfshund – Aufl ösung der Knochensubstanz

Knochenkrebs in Lendenwirbelsäule

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me erleben wir nur bei akuten Traumata oder Kreuzbandriss, ansonsten leiden unsere Kat-zen still. In einer Studie von Katzen mit einem starken osteoarthroti-schen Befund zeigten nur 33 % klinische Lahmheitssymptome.Auffälligstes Symptom für Ar-throseschmerz sind vielmehr Verhaltensänderungen, die al-lerdings sehr subtil sein kön-nen. Oft widersetzen die Kat-zen sich beim Handling oder entziehen sich den Zuwendun-gen durch ihre Besitzer, in der Regel werden sie nur ruhiger, ziehen sich zurück und schla-fen mehr, grenzen ihren Akti-onsradius ein, was aber selten wahrgenommen wird.

Leitsymp tom von Schmerz ist bei der Katze Unauffälligkeit.

Gelenkveränderungen zeigen sich bei der Katze vorwiegend im höheren Alter – wir spre-chen von einer Prävalenz von 90 %. Dabei sind genau wie beim Hund in erster Linie die Hüften betroffen, Katzen über 6 kg ent-wickeln eher eine Coxarthrose als kleinere Tiere.Die zweithäufigste Gelenker-krankung bei der Katze ist die Spondylose deformans der Wir-belsäule, dabei befinden sich die Veränderungen sowohl an den Brust- wie an den Lenden-wirbeln. Arthrosen in Ellbogen- und Kniegelenken zeigen sich ebenfalls vermehrt mit zuneh-mendem Alter, allerdings ohne klinische Symptomatik.All diese Untersuchungen zei-gen, dass auch Katzen eine star-ke Tendenz zu osteoarthroti-schen Veränderungen aufweisen und diese in Zukunft in den dia-gnostischen Untersuchungsgang mit einbezogen werden müssen. Die ältere Katze sollte genau wie der Hund routinemäßig geröngt werden. Die Besitzer sind diesbe-züglich zu sensibilisieren, da sie

Schmerzveränderungen bei ih-ren Tieren schwer wahrnehmen können. Gezielte Verhaltensfra-gebögen können ihnen helfen, Schmerzen bei ihren Katzen zu erkennen. Neoplasien des Ske-lettsystems sind bei der Katze eher selten. Primäre Osteosar-kome zeigen sich im Bereich der Beckengliedmaße häufi ger als in der Vorhand. Die häufi gs-ten Lokalisationen sind distaler Femur, proximale Tibia und pro-ximaler Humerus.

Zusammenfassung

Folgen der OA für den gesam-ten Bewegungsapparat Die OA beschränkt sich leider nicht nur auf das ursprünglich „kranke“ Gelenk, sondern schä-digt entlang der Bewegungsach-se weitere Gelenke. Je größer die Gewichtsklasse, umso dramati-scher sind die Folgen der OA auf die Lebensspanne des Tieres einzustufen. Auch Katzen ent-wickelt ähnlich wie der Hund mit zunehmendem Alter Folge-arthrosen in ursächlich nicht betroffenen Gelenken. Dem Ar-throseschmerz wird stets ausge-wichen, indem das betroffene Gelenk geschont wird. Schmer-zen in der Hinterhand führen zu einer vermehrten Gewichts-belastung in den Ellbogenge-lenken, ursächlich dysplasti-sche Gelenkveränderungen in einem Ellbogen hingegen zu ei-ner Fehlbelastung des anderen Ellbogens sowie der kollatera-len Hinterhand, insbesondere des Kniegelenks. Die überbelas-teten Gelenke reagieren auf den mechanischen Stress genau wie das kranke Gelenk mit Synovia-litis, Kapselverdickung, Knorpel- und Knochendeformationen, die bald auch im Röntgenbild nach-weisbar sind. Zusätzlich werden durch die permanente Fehlbe-lastung die weiteren Stellgrö-ßen des Bewegungsapparates wie Sehnen und Muskeln in

das Krankheitsgeschehen mit einbezogen. Muskelverkürzun-gen und Muskelhartspann, Ver-spannungen und Verkalkungen der Sehnen aggravieren die Si-tuation und vergrößern den Schmerzradius. Wir sprechen nun vom chronischen Schmerz-patienten.Eigene Röntgenuntersuchungen an 400 Hunden mit degenerati-ven Gelenkerkrankungen haben ergeben,• dass 80 % der Hunde, die im

Jugendalter nur eine Hüftge-lenksdysplasie gezeigt haben, im Alter von 5 bis 7 Jahren zu-sätzlich eine Arthrose im Ellbo-gengelenk entwickelt haben,

• dass 15 % der Hunde mit einer einseitigen Ellbogendysplasie im Alter arthrotische Verän-derungen im anderen Ellbo-gen und kollateralem Knie bis hin zum Kreuzbandriss (8%) aufwiesen,

• dass selbst bei solchen Hun-den, die im Hauptröntgen HD-frei befunden wurden, und die nur eine Arthrose in der Vor-hand zeigten (in der Regel im Ellbogen), sich die Femurköpfe durch die Fehlbelastung defor-miert haben – auch sie zeigten im höherem Alter coxarthroti-sche Malformation.

Dabei ist es unbedeutend, ob sich die Arthrose aufgrund der Dysplasie oder eines chirurgi-schen Eingriffs (OCD-, FCP-Ope-ration) entwickelt hat.

Therapie der Osteoarthrose

Wir sprechen heutzutage von ei-ner multimodalen Schmerzthe-rapie, bei der sich Schulmedizin und Regulationsmedizin sinn-voll ergänzen. Leider sind wir medizinisch immer noch auf dem Stand, dass eine OA nicht geheilt werden kann. Somit ist das wichtigste Ziel der Therapie, die Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit der Gelenke zu fördern.

Die Therapie beinhaltet diäteti-sche Maßnahmen (Ideal gewicht ist das Tor zum Erfolg), Medika-menteneinsatz, Therapien aus der Regulationsmedizin und, wenn unumgänglich, auch die chirurgische Intervention. Da-zu stehen uns schulmedizinisch viele Medikamente, die lokal oder systemisch eingesetzt wer-den können, zur Verfügung. Die Medikamente reichen von Chon-droprotektiva, Pfl anzenpräpa-raten zum Schutz von Knorpel und Knochen über Schmerzmit-tel unterschiedlicher Stärke, die als Tabletten verabreicht werden können oder direkt ins Gelenk instilliert werden.Da der chronische Schmerz von der Schulmedizin oft nicht ausreichend gelindert werden kann, sind zusätzlich Behand-lungen mit Akupunktur, Gold-akupunktur, Homöopathie, Physiotherapie und Osteopa-thie anzuraten. Mit Hilfe die-ser Methoden kann häufi g der Medikamenteneinsatz deutlich verringert und somit gefürch-tete Nebenwirkungen reduziert werden. Eine Schmerztherapie verlangt immer eine kontinu-ierliche Betreuung der Patien-ten, die am besten von einer auf Schmerz spezialisierten Praxis durchgeführt wird.

Dr. Rogalla, Tierärztinspezialisiert auf Zahnheilkunde, Orthopädie, Schmerztherapie, Akupunktur, Goldakupunkuraus der Kleintierpraxis Dr. Rogalla & Dr. RummelAnerkannte Weiterbildungsstätte für Akupunktur, 61130 Nidderauwww.tierarztpraxis-rogalla-rummel.de

!Jede Beeinträchtigung der Biomechanik eines Gelen-kes hat Folgen. Dazu ge-

hören auch unsere Operati-onen. Jede Gelenkoperation – egal welche Methode ein-gesetzt wird – führt letzt-endlich zu einer Osteoarth-rose. Die biomechanischen Stellgrößen der Gelenke sind zu sensibel, als dass sie eine Manipulation verzeihen. Deshalb lautet der oberste Grundsatz in der Orthopä-die vor jeder Therapie: „never change a running system“.

Klinik der OA

Präarthrose I

min. Kontrakturder Gelenkkapsel

min. Kontrakturder gelenknahen

Muskulatur

Verengung desGelenkspalts

unauffällig

Arthrosestadium II

fi xierte Fehlstellung(i. R. Adduktion)

Beugekontraktur

leichte Lahmheit

Arthrosestadium III

starke Bewegungseinschränkung

hochgradige Lahmheit