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Arthroskopisch assistierter simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatz

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Page 1: Arthroskopisch assistierter simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatz

RedaktionW. Mutschler, München

Unfallchirurg 2008 · 111:703–710DOI 10.1007/s00113-008-1468-yOnline publiziert: 29. Juni 2008© Springer Medizin Verlag 2008

M.D. Schofer1 · C.D. Peterlein1 · S. Fuchs-Winkelmann1 · H.R. Kortmann2

1 Klinik für Orthopädie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg2 Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg GbR, Duisburg

Arthroskopisch assistierter simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatz

Originalien

Der arthroskopisch assistierte vordere Kreuzbandersatz ist seit Jahren etabliert. Der hintere Kreuzbandriss wird bei erfor­derlicher Rekonstruktion ebenfalls zuneh­mend in arthroskopischer Technik behan­delt [4, 6, 17]. Kombinierte Rupturen des vorderen Kreuzbands (VKB) und des hin­teren Kreuzbands (HKB) sind seltene Ver­letzungen [1, 8, 23]. Oftmals liegen zusätz­liche Bandverletzungen und intraartikuläre Schäden am verletzten Knie vor [5, 7, 24, 28, 32]. Fanelli et al. fanden bei 93% der Pa­tienten mit vorderer und hinterer Kreuz­bandruptur, und Noyes et al. bei allen Pa­tienten nach Knieluxationen mit kombi­nierter Kreuzbandruptur begleitende Sei­tenbandrupturen [7, 24]. Nach konservati­ver Behandlung verbleibt meist eine kom­binierte Rotationsinstabilität, welche ne­ben den klinischen Beschwerden zu einem

voranschreitenden Kniegelenkverschleiß führt [2, 14, 15, 18]. In der Literatur werden verschiedene operative Behandlungskon­zepte angegeben [7, 25, 28, 30]. Diese be­ziehen sich meist auf retrospektive Studien mit geringen Fallzahlen. Die unterschied­lichen Verletzungsmuster, operativen Be­handlungen, Nachbehandlungen und Nachuntersuchungsparameter erschweren einen Vergleich ihrer Ergebnisse.

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die klinische Evaluation der Ergeb­nisse nach arthroskopisch assistierter, si­multaner vorderer und hinterer Kreuz­bandersatzplastik mit autologem, ipsila­teralem Patellarsehnen­ und Hamstring­sehnentransplantat, unter besonderer Be­rücksichtigung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei einer Nachuntersu­chungszeit von mindestens 2 Jahren.

Material und Methoden

Von 2001–2003 wurden 9 Patienten an der Berufsgenossenschaftlichen Unfall­klinik Duisburg mit einer einseitigen, traumatischen, intraligamentären vor­deren und hinteren Kreuzbandruptur operativ behandelt. Zur Vereinheitli­chung des Kollektivs wurden Patienten mit Gefäß­Nerven­Verletzungen, knie­gelenksnahen Frakturen und knöcher­nen Kreuzbandausrissen ausgeschlos­sen. Bei allen Patienten wurde die kom­binierte Kreuzbandverletzung durch kli­nische Untersuchung, Kernspintomo­graphie und Arthroskopie nachgewie­sen. In einer retrospektiven Kohorten­studie wurden diese 9 Patienten nachun­tersucht (. Abb. 1).

Abb. 1 8 a–d 22-jähriger Patient, nach sekundärer simultaner Kreuzbandrekonstruktion mit ipsilateralem Patellarsehnen- und Hamstringsehnentransplantat. a Röntgenbefund, b, c regelrechter Transplantatverlauf im MRT, d stabiles Kniegelenk und gutes funktionelles Ergebnis nach 33 Monaten

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Patienten

Das Durchschnittsalter der Patienten (8 Männer, 1 Frau) zum Zeitpunkt der Operation betrug 31±11 (17–45) Jahre. Das rechte Knie war bei 6 Patienten und das linke Knie bei 3 Patienten betroffen. Als Unfallhergang überwog der Verkehrs­unfall (78%) mit 4 Motorradfahrern und 3 Pkw­Fahrern. Ein Patient erlitt die Ver­letzung beim Fußballspielen, einem Pati­enten war ein Garagentor auf das Bein ge­fallen.

Eine isolierte Knieverletzung wurde bei 2 Patienten, ein Polytrauma bei 3 Pa­tienten und bei 4 Patienten eine Mehr­fachverletzung festgestellt. Die komplexe Kniebandinstabilität wurde bei 2 poly­traumatisierten Patienten erst sekundär nach 2 Wochen und 6 Wochen erkannt. Bei 6 der Patienten lag eine dokumen­tierte Kniegelenksluxation vor. Die ge­schlossene Reposition wurde bei 4 Pa­tienten durch den Rettungsdienst vor­genommen und 2 Patienten berichteten über eine Spontanreposition.

Keiner der Patienten hatte vor dem Unfall eine Erkrankung oder wesent­liche Verletzung der Kniegelenke. Die Patienten waren im Durchschnitt 1,4­mal (1–3) am verletzten Knie in Fol­ge des Unfalles voroperiert. Hierbei er­folgte bei einem Patienten eine Außen­meniskusrefixation und bei 2 Patienten eine Innenmeniskusresektion. Begleit­verletzungen des Kapsel­Band­Apparats wurden primär operativ oder konserva­tiv behandelt. Innenbandverletzungen wurden bei 5 Patienten funktionell kon­

servativ behandelt. Eine posterolaterale Bandinstabilität wurde bei einem Pati­enten funktionell konservativ behandelt und bei einem Patienten primär operativ offen genäht (. Tab. 1).

Der arthroskopische simultane Kreuz­bandersatz erfolgte im Durchschnitt 235 (52–567) Tage nach dem Trauma. Bei einem Patienten wurde die Operation nach 52 Tagen, bei den übrigen 8 Pati­enten sekundär nach 258 (95–567) Tagen vorgenommen. Gründe für die späten kreuzbandstabilisierenden Operationen waren bei 2 Patienten die im Vorder­grund stehenden Begleitverletzungen, bei 7 Patienten die späten Vorstellungen in unserer Klinik nach auswärtiger Vor­behandlung. International besteht kein Konsens, wann eine Kreuzbandruptur als akut oder chronisch eingeteilt wird [7, 22, 28]. Wir verwenden den Begriff chro­nische Kreuzbandruptur ab dem 3. Mo­nat. In unserem Kollektiv lag bei 8 der 9 Patienten (89%) eine chronische Rup­tur vor.

Operationstechnik

Der arthroskopisch assistierte Kreuzband­ersatz erfolgte mit ipsilateralem Patellar­sehnen­ und Hamstringsehnentransplan­tat. Es wurde eine isometrische Rekons­truktion angestrebt. Die Transplantate wurden in Einzelbündeltechnik mit In­terferenzschrauben und bei 5 Patienten femoral die für das VKB verwendeten Hamstringsehnen als Vierfachstrang mit einem Querträger (TransFix, Arthrex, Inc., Naples, Florida) fixiert (. Tab. 1).

Für den hinteren Kreuzbandersatz wur­de neben den anterolateralen und ante­romedialen Standardzugängen ein poste­romediales Portal zur Präparation des ti­bialen hinteren Kreuzbandansatzes ver­wendet. Es wurde zuerst der tibiale und femorale Bohrkanal für das HKB kom­plett von außen nach innen („outside­in“) durch den Tibiakopf und die Femur­kondyle angelegt. Die knieseitigen Kno­chenkanten der Bohrkanäle wurden ab­gerundet, um einem Transplantatversa­gen („killer turn“) vorzubeugen [26]. Bei den von anteromedial angelegten tibialen Bohrkanälen für das VKB und HKB wur­de darauf geachtet, dass zwischen beiden Bohrkanälen ein ausreichender Abstand von mehr als 1,5 cm besteht. Die VKB­Bohrkanäle wurden in transtibialer Tech­nik angelegt. Nach Anlage der Bohrkanä­le, Einzug und femoraler Fixation der bei­den Transplantate, erfolgte die tibiale Fi­xation des HKB in 70°­Flexion unter Re­position des Tibiakopfes zur Oberschen­kelrolle und nachfolgend die tibiale Fixa­tion des VKB in 20°­Extension.

Bei dem konservativ vorbehandelten Patienten mit zusätzlicher posterolate­raler Instabilität war bei fortbestehender Instabilität eine posterolaterale Refixati­on in der Technik nach Larson unter Ver­wendung der Sehne des M. semitendino­sus der Gegenseite erforderlich [20]. Die posterolaterale Refixation wurde vor der Kreuzbandfixation in 60°­Beugung, vor­derer Schublade und Innenrotation des Unterschenkels vorgenommen.

Die durchschnittliche Operationszeit betrug 181±77 (106–346) min.

Tab. 1  Begleitverletzungen, Transplantatwahl und Transplantatfixation der 9 Patienten

Patient 

Begleitverletzungen und Behandlung Transplantat und Transplantatfixation

Med. SB Pl. Instabilität Meniskus Vorderes Kreuzband Hinteres Kreuzband Posterolateral

1 0 primäre Naht 0 BTB IF + IF ST + GT IF + IF 0 0

2 0 0 0 ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0

3 konservativ konservativ AM-Naht ST + GT TF + IF BTB IF + IF ST IF

4 0 0 0 ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0

5 konservativ 0 0 ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0

6 konservativ 0 IM-Resektion ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0

7 0 0 0 BTB IF + IF ST + GT IF + IF 0 0

8 konservativ 0 IM-Resektion BTB IF + IF ST IF + IF 0 0

9 konservativ 0 0 BTB IF + IF ST IF + IF 0 0

AM Außenmeniskus, IM Innenmeniskus; Med. SB mediales Seitenband, Pl. posterolateral; BTB Patellarsehnentransplantat, ST Semitendinosussehne, GT Gracilissehne;TF TransFix, IF Interferenzschraube, 0 nein, keine

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Originalien

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Nachbehandlung

Es erfolgte eine standardisierte, funktio­nelle postoperative Nachbehandlung un­ter besonderer Beachtung des HKB­Trans­plantats. Die passive Beübung des Kniege­lenks wurde in der 1. Woche bis 0–10–40° (Extension – Flexion) und in der 2. Wo­che bis 0–10–60° in Bauchlage durchge­führt. Eine Knieruhigstellungsschiene mit einem posterioren tibialen Inlay (PTS; Posterior Tibial Support, Medi, Bayreuth), welches einem dorsalen Durchsinken des Schienbeinkopfs entgegenwirkt, wur­de ganztägig bis zur 4. Woche getragen. Hiernach wurde den Patienten eine funk­tionelle Knieorthese zur Behandlung des hinteren Kreuzbands (PCL­Version) ver­ordnet, wobei bis zur 6. Woche die PTS­Schiene noch in der Nacht getragen wer­den sollte. Die PCL­Orthese wurde von der 2. bis 4. Woche mit 0–0–60°, von der 4. bis 6. Woche mit 0–0­90° und von der 6. bis 15. Woche mit 0–0–140° eingestellt. Bis zur 4. Woche erfolgte eine Teilbelas­tung des Beines mit 20 kg, diese wurde nach 4 Wochen auf halbes Körpergewicht und nach 6 Wochen auf Vollbelastung ge­steigert. Ein Quadriceps­ und Hamstring­Training in der geschlossenen Kette er­folgte ab der 6. Woche, Übungen gegen Widerstand in der offenen Kette wurden ab der 15. Woche durchgeführt.

Nachuntersuchung

Alle Patienten konnten durchschnitt­lich 37±12 (24–58) Monate postoperativ nachuntersucht werden. Es erfolgte eine Anamneseerhebung mit Fragen nach ge­sundheitsbezogener Lebensqualität und Knieschmerzen, eine klinische Untersu­chung mit isokinetischen Tests, eine sono­graphische Untersuchung, eine Röntgen­untersuchung mit gehaltenen Aufnahmen und eine Kernspintomographie.

Bei der klinischen Nachuntersu­chung wurde der Bewegungsumfang an den Kniegelenken nach der Neutral­0­Methode mit einem konventionellen Winkelmesser ausgemessen. Die Über­prüfung der Seitenbänder erfolgte im Seitenvergleich unter Varus­ und Val­gusstress in Streckstellung und 30°­Beu­gestellung der Kniegelenke. Die vordere Kniestabilität wurde mit dem Lachman­

Zusammenfassung · Abstract

Unfallchirurg 2008 · 111:703–710 DOI 10.1007/s00113-008-1468-y© Springer Medizin Verlag 2008

M.D. Schofer · C.D. Peterlein · S. Fuchs-Winkelmann · H.R. Kortmann

Arthroskopisch assistierter simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatz

ZusammenfassungHintergrund. Die beste Behandlungsstrategie der seltenen, kombinierten vorderen und hinteren Kreuzbandrupturen ist noch un- geklärt.Methoden. Von 2001–2003 wurden 9 Pati-enten mit einer einseitigen, traumatischen vorderen und hinteren Kreuzbandruptur ope-rativ behandelt. Der arthroskopische simul-tane Kreuzbandersatz erfolgte 235 (52–567) Tage nach dem Trauma mit ipsilateralem Patellarsehnen- und Hamstringsehnentrans-plantat. In einer retrospektiven Kohortenstudie konnten alle Patienten 37 (24–58) Monate postoperativ nachuntersucht werden.Ergebnisse. Die Patienten erreichten bei der Nachuntersuchung (NU) im Lysholm-Score durchschnittlich 74 Punkte. Im IKDC-Score er-reichten 4 Patienten die Gruppe B und 5 Pati-enten die Gruppe C. Der Aktivitätsscore nach

Tegner stieg von 1,9 vor dem Unfall auf 5,0 zur NU, wobei sich alle Patienten um 1–5 Aktivi-tätslevel verbesserten. Die Messung der Knie-stabilität und isokinetischen Muskelkraft ergab im Vergleich zur gesunden Gegenseite signifikant schlechtere Ergebnisse. Es zeigte sich eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit.Schlussfolgerung. Die Patienten kamen nach arthroskopisch assistierter, simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatzplastik im Alltag gut zurecht. Das vorherige sport-liche Niveau konnte keiner der Patienten wieder erreichen.

SchlüsselwörterKnie · Arthroskopie · Vorderes Kreuzband · Hinteres Kreuzband · Kniestabilität

Arthroscopically-assisted combined anterior and posterior cruciate ligament reconstruction

AbstractBackground. The best treatment of a com-bined rupture of the anterior and posterior cruciate ligaments is still unclear.Methods. Nine patients with unilateral trau-matic ruptures of both the anterior and pos-terior cruciate ligaments were treated by arthroscopically-assisted simultaneous re-construction. The operation was done using hamstring tendon and patellar tendon auto-grafts, an average of 235 days (range 52–567) after the initial trauma. Patients were followed up for an average of 37 months (range 24–58) after surgery. For this retrospective cohort study, we used the Lysholm knee score, the Tegner activity score, and the SF-36 question-naire as a means of assessment.Results. The evaluation at follow-up showed an average score of 74 points on the Lysholm scale. Using the IKDC evaluation, four patients

could be placed in group B and five patients in group C. A significant increase, from 1.9 points before trauma to 5.0 points at fol-low-up, was observed on the Tegner activity score. Comparing the operated with the healthy knees, with respect to stability and isokinetic muscle strength, we noted signifi-cantly better scores in the healthy knees. Using the SF-36 questionnaire, patients showed a reduced level of physical well- being.Conclusion. The treated patients were able to carry out their activities of everyday life. However, none of them returned to their preinjury activity level.

KeywordsKnee · Arthroscopy · Anterior cruciate ligament · Posterior cruciate ligament · Knee stability

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Tab. 2  Vergleich der Lebensqualität der 9 Patienten mit einer nach Alter und Geschlecht entsprechenden, gesunden Referenzgruppe. Scorewerte des SF-36-Fragebogens

SF-36-Gesundheitskonzepte [3] Patienten Referenzgruppe p-Wert

Körperliche Funktionsfähigkeit 54 86 0,008

Körperliche Rollenfunktion 58 87 0,032

Körperliche Schmerzen 54 79 0,033

Allgemeine Gesundheitswahrnehmung 44 68 0,012

Vitalität 43 64 0,057

Soziale Funktionsfähigkeit 81 89 0,476

Emotionale Rollenfunktion 78 92 0,237

Psychisches Wohlbefinden 63 74 0,232

Test und dem Pivot­shift­Test über­prüft. Für die Überprüfung des HKB wurde der hintere Schubladentest in 90°­Kniebeugung und das Zeichen der spontanen hinteren Schublade (God­frey­Test) gewählt [1, 27]. Die Kniebän­der wurden als stabil oder instabil beur­teilt. Die seitliche Aufklappbarkeit und die sagittale Instabilität der Kniege­lenke wurden bis 5 mm als einfach posi­tiv, zwischen 6–10 mm als zweifach po­sitiv und bei einer Gelenkspaltöffnung oder Translation >10 mm als dreifach positiv beurteilt. Die klinische Untersu­chung und Beurteilung erfolgte durch einen unabhängigen in der Knieunter­suchung erfahrenen Facharzt.

Standard­Knieröntgenaufnahmen im Stand in zwei Ebenen vom präoperativen Zustand und zum Zeitpunkt der Nachun­tersuchung wurden zur Bestimmung der Kniegelenksarthrose nach den radiolo­gischen Kriterien von Kellgren und Law­rence verwendet [19].

Es wurden gehaltene Röntgenaufnah­men beider Kniegelenke im seitlichen Strahlengang von medial nach lateral mit dem Scheuba­Gerät (Telos GmbH, Mar­burg) und einem Auflagedruck von 15 kp bei der Nachuntersuchung durchgeführt. Die Überprüfung des VKB erfolgte in 20°­Kniebeugung und des HKB in 90°­Knie­beugung. Diese gehaltenen Röntgenauf­nahmen wurden nach Jacobsen ausge­wertet [16].

Die Kernspintomographie der Knie­gelenke erfolgte mit dem 1,5­Tesla­Gerät Magnetom Avanto (Siemens AG, Mün­chen).

Die Auswertung der bildgebenden Dia­gnostik wurde durch einen unabhängigen Facharzt für Radiologie durchgeführt.

Die isokinetische Testung der Kniege­lenke erfolgte im Seitenvergleich mit dem Gerät Biodex­System­3­PRO (Biodex Me­dical Systems, Shirley, New York) in der Bewegungsebene Flexion/Extension mit einer langsamen Winkelgeschwindigkeit von 60°/s und einer schnellen Winkelge­schwindigkeit von 180°/s zur Nachunter­suchung.

Statistik

Die deskriptiven Auswertungen der Funktionstests erfolgten durch die Be­stimmung der Mittelwerte, Standardab­weichungen und des Range. Für den Ver­gleich der präoperativen Werte mit den Werten der Nachuntersuchung (NU) und für den Vergleich der verletzten mit den gesunden Kniegelenken wurde der Wilcoxon­Rangsummentest verwendet. Die Lebensqualität wurde mit dem Zwei­Stichproben­t­Test analysiert. Das Signi­fikanzniveau wurde mit p<0,05 festge­legt.

Ergebnisse

Im Seitenvergleich wurde bei den Pati­enten zur Nachuntersuchung am verletz­ten Kniegelenk ein mittleres Streckdefi­zit von 3,0±3,6° (0–10°) und eine Beuge­hemmung von 11,0±7,8° (0–20°) festge­stellt. Ein Kniegelenkerguss wurde weder klinisch, sonographisch noch kernspinto­mographisch festgestellt.

Zur NU wurde nach konservativ funk­tioneller Behandlung bei 5 Patienten eine begleitende Innenbandverletzung und bei 2 Patienten eine verbliebene Innenbandin­stabilität vom einfach positiven Schwere­grad nachgewiesen.

In unserem Patientengut wurde bei 2 Patienten (22%) eine begleitende pos­terolaterale Instabilität festgestellt. Die­se wurde bei einem Patienten primär of­fen durch eine Naht behandelt und heilte stabil aus. Bei dem anderen Patienten ver­blieb nach primärer konservativer funk­tioneller Behandlung eine posterolate­rale Instabilität vom dreifach positiven Schweregrad. Es wurde in Kombination mit der Kreuzbandrekonstruktion eine posterolaterale Stabilisierung in Larson­Technik unter Verwendung eines frei­en Semitendinosussehnentransplantats durchgeführt [20]. Die Stabilität konn­te verbessert werden, wobei eine einfach positive Instabilität verblieb.

Die gehaltenen Röntgenaufnahmen stellen den funktionellen Kreuzbandzu­stand dar [29]. Die Messung der vorde­ren und hinteren Kniestabilität zur NU ergab im Vergleich zur gesunden Ge­genseite signifikant schlechtere Ergeb­nisse. Die mittlere vordere Translation des Schienbeinkopfs in 20°­Kniebeugung wurde auf der verletzten Seite mit 5,2±1,3 (3–7) mm und auf der gesunden Gegen­seite mit 2,8±1,8 (1–7) mm ausgemessen (p<0,01). Die mittlere hintere Translation des Schienbeinkopfs in 90°­Kniebeugung wurde auf der verletzten Seite mit 5,6±2,1 (3–10) mm und auf der gesunden Gegen­seite mit 1,7±0,7 (1–3) mm ausgemessen (p<0,01).

Gehaltene Röntgenaufnahmen der verletzten Kniegelenke zum Zeitpunkt vor der Kreuzbandrekonstruktion la­gen nur von 3 Patienten vor, so dass die­se in der weiteren Auswertung nicht be­rücksichtigt wurden. Eine fixierte hinte­re oder vordere Schublade war bei kei­nem der Patienten bei der präoperativen Untersuchung oder zur NU nachzuwei­sen [17, 29].

Im klinischen Lysholm­Knie­Score wurde eine signifikante Verbesserung von präoperativ 45±11 (25–60) Punkte auf 74±7 (64–­84) Punkte zur Nachuntersu­chung erreicht (p<0,01). Der Lysholm­Score (0–100 Punkte) wird häufig zur Be­urteilung von Knieinstabilitäten verwen­det, er besteht zu 95% aus subjektiven und 5% aus objektiven Parametern [21].

Im Score des International Knee Do­cumentation Committee (IKDC) wer­den bei einer NU­Zeit von mindestens

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2 Jahren die untersuchten Parameter in 4 Gruppen mit insgesamt 15 Kategorien eingeteilt. Für jede Kategorie wird eine Bewertung von A–D vorgenommen; da­bei bedeuten A = normal, B = fast nor­mal, C = abnormal und D = stark abnor­mal. Die schlechteste Bewertung inner­halb der 4 Gruppen ergibt die Gruppen­qualifikation, und die schlechteste Grup­penqualifikation ergibt das Gesamter­gebnis. Wird ein Kniegelenk somit in nur einer Hinsicht als abnormal bewer­tet, so kann es sich auch im Gesamten nicht um ein normales Kniegelenk han­deln [13]. Im IKDC­Knie­Evaluations­blatt erreichten bei der Nachuntersu­chung 4 Patienten die Beurteilung „fast normal“ und 5 Patienten die Beurtei­lung „abnormal“. Hiervon verbesserten sich in Bezug auf den präoperativen Zu­stand 7 Patienten in der Eingruppierung um eine Stufe, 2 Patienten verblieben in der Bewertung „abnormal“.

Das Aktivitätsniveau der Patienten wurde nach Tegner und Lysholm mit 11 Abstufungen (0–10) eingeschätzt [31]. Der Aktivitätsscore stieg durchschnitt­lich von 1,9±1,3 (0–4) vor der Kreuzband­operation auf 5,0±0,9 (3–6) bis zur Nach­untersuchung (p<0,01) an. Alle Patienten verbesserten sich um 1–5 Aktivitätslevel.

Die Messungen der isokinetischen Muskelkraft ergaben sowohl für die lang­same (60°/s) als auch für die schnelle Win­kelgeschwindigkeit (180°/s) im Vergleich zur gesunden Gegenseite für das maximal erreichte Drehmoment und die während der Messung erbrachte Leistung signifi­kant schlechtere Ergebnisse (p<0,05).

Die mit der visuellen Analogskala (0–10) ermittelten Knieschmerzen betrugen bei den Patienten durchschnittlich prä­operativ 4,7±1,0 (3–6) Punkte und ver­besserten sich zum Zeitpunkt der Nach­untersuchung auf 2,2±0,8 (1–3) Punkte (p<0,01) [10].

Die Patienten beurteilten das verletz­te Kniegelenk in Prozent im Vergleich zur unverletzten Gegenseite mit 59% (40–70%). Alle Patienten würden die Kreuz­bandersatzoperation erneut durchführen lassen.

Eine beginnende posttraumatische Ar­throse wurde bei 6 Patienten mit einer Zu­nahme vom Grad 0 auf den Grad I nach den radiologischen Kriterien von Kell­gren und Lawrence nachgewiesen [19]. Bei den übrigen Patienten änderte sich die radiologische Einteilung des Arthro­segrads nicht.

Zur Bestimmung der gesundheitsbe­zogenen Lebensqualität wurde der SF­36­Fragebogen herangezogen [3]. Ver­glichen mit einer nach Alter und Ge­schlecht passenden Referenzgruppe zeigten die Patienten eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität vor allem in Bezug auf die körperliche Be­findlichkeit (. Tab. 2).

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Alle Patienten konnten ihren bishe­rigen Beruf weiter ausüben, hatten jedoch das vorherige sportliche Niveau nicht wie­der erreicht. Von den 9 Patienten betrie­ben 5 vor dem Unfall regelmäßigen Wett­kampfsport (Fußball, Handball, Kampf­sport) mit mindestens 3­mal wöchent­lichem Training bzw. Wettkampf von je mehr als einer Stunde. Keiner der Pati­enten konnte diese Sportart wieder auf­nehmen.

Als postoperative Komplikation war bei einem Patienten eine zweimalige Kniegelenkspunktion bei Ergussbildung erforderlich. Bei einem Patienten wur­de kernspintomographisch eine Teilrup­tur des hinteren Kreuzbandtransplantats bei der NU festgestellt. Ein neuerliches Unfallereignis war bei diesem Patienten nicht zu eruieren. Es wurde klinisch ei­ne dorsale Instabilität von zweifach po­sitivem Schweregrad festgestellt und ei­ne dorsale Schublade in den gehaltenen Röntgenaufnahmen des Kniegelenks von 10 mm ausgemessen. Die Kreuz­bandtransplantate der übrigen 8 Pati­enten waren kernspintomographisch in­takt und unauffällig.

Diskussion

Bis heute sind nur wenige Studien mit ge­ringen Fallzahlen und meist kurzen Nach­untersuchungszeiten zur arthroskopisch assistierten, simultanen vorderen und hinteren Kreuzbandrekonstruktion ver­öffentlicht (. Tab. 3).

Wascher et al. zeigten bei 13 Patienten nach Knieluxation mit Ruptur des VKB und HKB unter Verwendung von Allo­grafts nach durchschnittlich 38 Monaten im IKDC bei 50% ein fast normales (B), bei 42% ein abnormales (C) und bei 8% ein stark abnormales (D) Knie. Bei 4 der Patienten (31%) lag eine Fraktur des ipsila­teralen Unterschenkels vor. Die zuvor be­stehende Sportaktivität konnte von 46% der Patienten unverändert fortgesetzt wer­den, bei 31% war eine symptombedingte Anpassung erforderlich. Es wurde beur­teilt, dass eine stabile Bandrekonstrukti­on bei den meisten Patienten eine Wie­deraufnahme sportlicher Aktivität mög­lich macht [32].

Fanelli et al. zeigten an 35 Patienten bei einer NU­Zeit zwischen 2–10 Jahren nach arthroskopisch assistierter simul­taner Kreuzbandrekonstruktion mit au­tologem und allogenem Transplantat gu­te Ergebnisse. Eine normale vordere Sta­bilität wurde bei 94% und eine normale hintere Stabilität bei 46% der Patienten er­reicht. Die Kniegelenke wurden nicht als normal, aber funktionell als ausreichend stabil bewertet [7].

Mariani et al. zeigten in einer retro­spektiven Studie an 15 Patienten bei einer durchschnittlichen Nachuntersuchungs­zeit von 36 Monaten nach arthroskopisch assistierter kombinierter Kreuzbandre­konstruktion mit ipsilateralem autolo­gem Transplantat gute funktionelle Er­gebnisse [22]. Sowohl das Studiendesign als auch die Ergebnisse sind unserer Stu­

die sehr ähnlich. Es erreichten bei Mari­ani et al. 50% der Patienten wieder ihren vorherigen Aktivitätslevel. Alle Patienten unserer Untersuchung konnten ihren bis­herigen Beruf weiter ausüben, es konnte jedoch keiner der Patienten das vorherige sportliche Niveau wieder erreichen. Die Patienten zeigten vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit eine Ein­schränkung der Lebensqualität.

In der Studie von Zhao et al. wurde zum vorderen und hinteren Kreuzbandersatz autologes Hamstringsehnen­Transplantat verwendet. Bei einer Nachuntersuchungs­zeit von 32 Monaten erreichten die 12 Pati­enten im IKDC zu 58% ein normales (A), 34% ein fast normales (B) und 8% ein ab­normales (C) Knie. Der Tegner ­Aktivi­tätsscore verbesserte sich von 3 auf 6,8. Im Lysholm­Score wurde zur Nachuntersu­chung ein Wert von 92 bestimmt. Auffäl­lig ist die hohe Komplikationsrate mit ei­ner Arthrofibrose bei 8 Patienten [33].

Der Verkehrsunfall war in unserer Untersuchung, wie auch in vielen ande­ren Studien, die häufigste Ursache für ei­ne kombinierte Kreuzbandverletzung [7, 22, 24, 28, 32, 33].

Die Knieluxation führt in der Regel neben einer Zerreißung des VKB und des HKB zu weiteren Begleitverletzungen der Seitenbänder. Wie groß der Anteil von spontanen Repositionen nach erfolgten Knieluxationen ist, ist unklar. Liegt eine komplexe Kniebandinstabilität vor, muss an eine stattgehabte Knieluxation gedacht werden.

Tab. 3  Literaturübersicht zur arthroskopisch assistierten, simultanen vorderen und hinteren Kreuzbandrekonstruktion

Autoren (et al.) 

Jahr 

Transplantat 

Patienten (n) 

NU-Zeit (Monate) 

Akut (n) 

Chronisch (n) 

plB (n) 

mSB (n) 

Lysholm (Punkte)

IKDC bei NU  (n) 

Präop. NU

Fanelli [9] 1996 Allo- + Autograft 20 24–48 10 10 12 9 38 91 K. A.

Noyes [24] 1997 Allo- + Autograft 11 56 7 4 6 6 K. A. K. A. K. A.

Wascher [32] 1999 Allograft 13 38 9 4 6 7 K. A. 88 6 B, 5 C, 1 D

Mariani [22] 2001 Autograft 15 36 4 11 2 5 66 95 3 A, 7 B, 3 C, 2 D

Fanelli [7] 2002 Allo- + Autograft 35 24–120 19 16 25 15 32 91 K. A.

Colosimo [6] 2003 Allo- + Autograft 11 28 7 4 1 K. A. K. A. 88 K. A.

Strobel [28] 2006 Autograft 17 41 0 17 17 5 K. A. K. A. 5 B, 10 C, 2 D

Zhao [33] 2006 Autograft 12 32 3 9 0 2 K. A. 92 7 A, 4 B, 1 D

Sun [30] 2006 Autograft 9 23 9 0 4 5 K. A. 85 2 A, 6 B, 1 D

Schofer 2008 Autograft 9 24–58 1 8 2 5 45 74 4 B, 5 C

K. A. keine Angaben; NU Nachuntersuchung; Präop. präoperativ; plB posterolaterales Band; mSB mediales Seitenband.

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In den Untersuchungen von Noyes und Wascher lag bei allen Patienten eine Knieluxation vor [24, 32]. Die übrigen Stu­dien geben keine Auskunft darüber, ob bei den Patienten eine Knieluxation vorlag.

Bei 6 unserer Patienten (67%) war eine Kniegelenksluxation in der Vorgeschich­te nach einem Verkehrsunfall bzw. einem Arbeitsunfall bekannt. Bei all diesen Pa­tienten war neben der vorderen und hin­teren Kreuzbandruptur eine weitere be­gleitende Seitenbandverletzung festge­stellt worden. Bei den übrigen 3 Patienten wurde sekundär nur eine Ruptur des VKB und des HKB nachgewiesen. Hier könnten Seitenbandverletzungen primär übersehen und konsekutiv konservativ behandelt worden sein.

Knieluxationen führen häufig neben den Bandverletzungen zu Nerven­ und Gefäßverletzungen. Begleitverletzungen der A. poplitea werden mit 32–53% an­gegeben [11, 12]. Wascher el al. beschrie­ben in ihrem Kollektiv eine Gefäßverlet­zung bei 15% und eine Nervenverletzung bei 23% der 13 Patienten [32]. In unserer Studie wurden Patienten mit begleitenden Nerven­ und Gefäßverletzungen zur Ver­einheitlichung des Kollektivs ausgeschlos­sen.

In der Studie von Fanelli et al. lag nur bei einem Patienten eine isolierte Rup­tur des VKB und des HKB vor. Bei den übrigen 34 Patienten wurde eine Begleit­verletzung des medialen oder lateralen Bandapparates festgestellt. Eine zusätz­liche posterolaterale Instabilität lag bei 71% der Patienten vor, welche nach ope­rativer Rekonstruktion in allen Fällen sta­bil ausheilte [7].

In der Studie von Strobel et al. wur­den ausschließlich kombinierte Kreuz­bandrupturen mit begleitender postero­lateraler Instabilität und einer autologen Bandrekonstruktion nachuntersucht. Die posterolateralen Instabilitäten wurden mit einem freien Semitendinosusseh­nentransplantat in modifizierter Larson­Technik stabilisiert [20]. Bei 2 der 17 Pati­enten (12%) wurde eine anhaltende poste­rolaterale Instabilität festgestellt [28].

In unserem Patientengut fanden wir bei 2 Patienten (22%) eine begleitende posterolaterale Instabilität. Diese wurde bei einem Patienten primär offen durch eine Naht behandelt und heilte stabil aus.

Bei dem anderen Patienten verblieb nach primärer konservativer funktioneller Be­handlung eine posterolaterale Instabili­tät vom dreifach positiven Schweregrad. Es wurde in Kombination mit der Kreuz­bandrekonstruktion eine posterolate­rale Stabilisierung in Larson­Technik un­ter Verwendung eines freien Semitendi­nosussehnentransplantats durchgeführt [20]. Die Stabilität konnte verbessert wer­den, wobei eine einfach positive Instabi­lität verblieb. Der Anteil posterolateraler Begleitverletzungen war somit in un­serer Studie im Literaturvergleich gering (. Tab. 3). Möglicherweise wurden die­se Begleitverletzungen übersehen und ka­men unter einer konservativen Behand­lung zur Heilung.

Der Anteil von Innenbandverlet­zungen betrug in unserer Studie 56%, was den Angaben der meisten ande­ren Untersucher entspricht (. Tab. 3). Nach konservativ funktioneller Behand­lung dieser Verletzungen bei 5 Patienten wurde zur Nachuntersuchung eine ver­bliebene Innenbandinstabilität vom ein­fach positiven Schweregrad bei 2 Pati­enten festgestellt.

Vorteile bei der Verwendung von Al­lografts sind die fehlende Transplantat­entnahmemorbidität mit Reduktion des Operationstraumas und die verkürzte Operationszeit. Autologe Transplantate haben bessere biologische Eigenschaften und sind in der Regel auch bei komplexen Knieverletzungen verfügbar. Wir favori­sieren diese zum Kniebandersatz, auch da die Verfügbarkeit von Allografts in Euro­pa sehr eingeschränkt ist und die infekti­onsbiologischen Probleme bei den Auto­grafts geringer sind. Sind zwei Kreuzband­transplantate erforderlich, verwenden wir wenn möglich ipsilaterales Transplantat aus Hamstringsehnen und dem mittleren Drittel der Patellarsehne (BTB). Alterna­tiv kann auch ein Transplantat aus der Quadricepssehne gewonnen werden. Die Transplantatentnahme von der Gegensei­te ist auch möglich, wird von uns aber nur im Ausnahmefall durchgeführt.

Fanelli et al. stellten keine Unter­schiede zwischen autologem und allo­genem Transplantat fest [7].

Die eigenen Ergebnisse zeigen, dass die arthroskopisch assistierte simultane vor­dere und hintere Kreuzbandersatzplastik

sicher durchzuführen ist. Ein rezidivie­render Kniegelenkerguss wurde bei einem Patienten mit einer zweimaligen Punkti­on behandelt. Bei einem Patienten wurde in der Kernspintomographie zum Nach­untersuchungszeitpunkt eine Teilrup­tur des hinteren Kreuzbandtransplantats festgestellt. Weitere Komplikationen tra­ten nicht auf.

Nerven­ und Gefäßläsionen sind trotz der engen anatomischen Lagebeziehung bei der technisch anspruchsvollen ar­throskopischen Operation in der Lite­ratur bisher nicht beschrieben worden (. Tab. 3).

In der Literatur wird als häufigste Komplikation nach kombinierter Kreuz­bandrekonstruktion die Arthrofibrose mit Werten zwischen 0–67% angegeben [24, 28, 32, 33].

In der Gruppe akuter Kreuzbandver­letzungen berichten Noyes et al., dass 5 von 7 Patienten eine Arthrofibrose post­operativ entwickelt hatten. In der Gruppe chronischer Verletzungen fand sich kei­ne Arthrofibrose. Die Kniegelenke wur­den bei täglichen Bewegungsübungen zwischen 10–90° postoperativ für 4 Wo­chen in einem Kunststofftutor ruhig ge­stellt [24].

Zhao et al. berichten bei 12 unter­suchten Patienten über 8 Patienten mit Arthrofibrose 3 Monate nach Operati­on. Es erfolgte eine Nachbehandlung mit zweiwöchiger Ruhigstellung des Kniege­lenks in Streckstellung; die Orthese wur­de bis zum 2. Monat in 0°­Stellung fixiert [33].

In der Arbeit von Strobel et al. fanden sich bei der sekundären Bandrekonstruk­tion bei keinem der 17 Patienten eine Ar­throfibrose [28]. Auch in unserer Nachun­tersuchung mit überwiegend sekundärem Kreuzbandersatz wurde dieses Problem nicht festgestellt.

Eine sehr wichtige Komponente im Behandlungskonzept ist aus unserer Sicht die standardisierte funktionelle postope­rative Nachbehandlung unter besonde­rer Beachtung des HKB­Transplantats, wie sie auch von Strobel et al. beschrieben wurde [28].

Bei der Beurteilung als Therapieemp­fehlung muss berücksichtigt werden, dass der Evidenzlevel dieser Kohortenstudie mit IV anzugeben ist.

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Das retrospektive Studiendesign, die Inhomogenität der Krankheitsbilder, die geringe Patientenanzahl, die kurze Nach­beobachtungszeit, die große Streuung der Nachuntersuchungszeit und die fehlende Kontrollgruppe stellen Schwächen dieser und der in der Literatur verfügbaren Ar­beiten über einen arthroskopisch assis­tierten simultanen vorderen und hinteren Kreuzbandersatz dar (. Tab. 3). Zur Ver­einheitlichung des Kollektivs wurden Pa­tienten mit Gefäß­Nerven­Verletzungen und kniegelenksnahen Frakturen ausge­schlossen, was einen Selektionsbias zu­gunsten leichterer Knieverletzungen be­dingen kann.

Fazit für die Praxis

Der Verkehrsunfall ist die häufigste Ur-sache für eine kombinierte vordere und hintere Kreuzbandverletzung. Die eige-nen Frühresultate zeigen, dass die ar-throskopisch assistierte simultane vor-dere und hintere Kreuzbandersatzplas-tik mit autologem, ipsilateralem Sehnen-transplantat sicher durchzuführen ist. Die Patienten kommen im Alltag gut zu-recht und können wieder eine Arbeitsfä-higkeit im bisherigen Beruf erreichen. Ei-ne Einschränkung der Lebensqualität zei-gen die Patienten vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit. Das vorhe-rige sportliche Niveau konnte keiner der Patienten wieder erreichen.

KorrespondenzadresseDr. M.D. SchoferKlinik für Orthopädie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort MarburgBaldingerstraße, 35033 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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