Click here to load reader
Upload
md-schofer
View
223
Download
5
Embed Size (px)
Citation preview
RedaktionW. Mutschler, München
Unfallchirurg 2008 · 111:703–710DOI 10.1007/s00113-008-1468-yOnline publiziert: 29. Juni 2008© Springer Medizin Verlag 2008
M.D. Schofer1 · C.D. Peterlein1 · S. Fuchs-Winkelmann1 · H.R. Kortmann2
1 Klinik für Orthopädie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg2 Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg GbR, Duisburg
Arthroskopisch assistierter simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatz
Originalien
Der arthroskopisch assistierte vordere Kreuzbandersatz ist seit Jahren etabliert. Der hintere Kreuzbandriss wird bei erforderlicher Rekonstruktion ebenfalls zunehmend in arthroskopischer Technik behandelt [4, 6, 17]. Kombinierte Rupturen des vorderen Kreuzbands (VKB) und des hinteren Kreuzbands (HKB) sind seltene Verletzungen [1, 8, 23]. Oftmals liegen zusätzliche Bandverletzungen und intraartikuläre Schäden am verletzten Knie vor [5, 7, 24, 28, 32]. Fanelli et al. fanden bei 93% der Patienten mit vorderer und hinterer Kreuzbandruptur, und Noyes et al. bei allen Patienten nach Knieluxationen mit kombinierter Kreuzbandruptur begleitende Seitenbandrupturen [7, 24]. Nach konservativer Behandlung verbleibt meist eine kombinierte Rotationsinstabilität, welche neben den klinischen Beschwerden zu einem
voranschreitenden Kniegelenkverschleiß führt [2, 14, 15, 18]. In der Literatur werden verschiedene operative Behandlungskonzepte angegeben [7, 25, 28, 30]. Diese beziehen sich meist auf retrospektive Studien mit geringen Fallzahlen. Die unterschiedlichen Verletzungsmuster, operativen Behandlungen, Nachbehandlungen und Nachuntersuchungsparameter erschweren einen Vergleich ihrer Ergebnisse.
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die klinische Evaluation der Ergebnisse nach arthroskopisch assistierter, simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatzplastik mit autologem, ipsilateralem Patellarsehnen und Hamstringsehnentransplantat, unter besonderer Berücksichtigung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei einer Nachuntersuchungszeit von mindestens 2 Jahren.
Material und Methoden
Von 2001–2003 wurden 9 Patienten an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg mit einer einseitigen, traumatischen, intraligamentären vorderen und hinteren Kreuzbandruptur operativ behandelt. Zur Vereinheitlichung des Kollektivs wurden Patienten mit GefäßNervenVerletzungen, kniegelenksnahen Frakturen und knöchernen Kreuzbandausrissen ausgeschlossen. Bei allen Patienten wurde die kombinierte Kreuzbandverletzung durch klinische Untersuchung, Kernspintomographie und Arthroskopie nachgewiesen. In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden diese 9 Patienten nachuntersucht (. Abb. 1).
Abb. 1 8 a–d 22-jähriger Patient, nach sekundärer simultaner Kreuzbandrekonstruktion mit ipsilateralem Patellarsehnen- und Hamstringsehnentransplantat. a Röntgenbefund, b, c regelrechter Transplantatverlauf im MRT, d stabiles Kniegelenk und gutes funktionelles Ergebnis nach 33 Monaten
703Der Unfallchirurg 9 · 2008 |
Patienten
Das Durchschnittsalter der Patienten (8 Männer, 1 Frau) zum Zeitpunkt der Operation betrug 31±11 (17–45) Jahre. Das rechte Knie war bei 6 Patienten und das linke Knie bei 3 Patienten betroffen. Als Unfallhergang überwog der Verkehrsunfall (78%) mit 4 Motorradfahrern und 3 PkwFahrern. Ein Patient erlitt die Verletzung beim Fußballspielen, einem Patienten war ein Garagentor auf das Bein gefallen.
Eine isolierte Knieverletzung wurde bei 2 Patienten, ein Polytrauma bei 3 Patienten und bei 4 Patienten eine Mehrfachverletzung festgestellt. Die komplexe Kniebandinstabilität wurde bei 2 polytraumatisierten Patienten erst sekundär nach 2 Wochen und 6 Wochen erkannt. Bei 6 der Patienten lag eine dokumentierte Kniegelenksluxation vor. Die geschlossene Reposition wurde bei 4 Patienten durch den Rettungsdienst vorgenommen und 2 Patienten berichteten über eine Spontanreposition.
Keiner der Patienten hatte vor dem Unfall eine Erkrankung oder wesentliche Verletzung der Kniegelenke. Die Patienten waren im Durchschnitt 1,4mal (1–3) am verletzten Knie in Folge des Unfalles voroperiert. Hierbei erfolgte bei einem Patienten eine Außenmeniskusrefixation und bei 2 Patienten eine Innenmeniskusresektion. Begleitverletzungen des KapselBandApparats wurden primär operativ oder konservativ behandelt. Innenbandverletzungen wurden bei 5 Patienten funktionell kon
servativ behandelt. Eine posterolaterale Bandinstabilität wurde bei einem Patienten funktionell konservativ behandelt und bei einem Patienten primär operativ offen genäht (. Tab. 1).
Der arthroskopische simultane Kreuzbandersatz erfolgte im Durchschnitt 235 (52–567) Tage nach dem Trauma. Bei einem Patienten wurde die Operation nach 52 Tagen, bei den übrigen 8 Patienten sekundär nach 258 (95–567) Tagen vorgenommen. Gründe für die späten kreuzbandstabilisierenden Operationen waren bei 2 Patienten die im Vordergrund stehenden Begleitverletzungen, bei 7 Patienten die späten Vorstellungen in unserer Klinik nach auswärtiger Vorbehandlung. International besteht kein Konsens, wann eine Kreuzbandruptur als akut oder chronisch eingeteilt wird [7, 22, 28]. Wir verwenden den Begriff chronische Kreuzbandruptur ab dem 3. Monat. In unserem Kollektiv lag bei 8 der 9 Patienten (89%) eine chronische Ruptur vor.
Operationstechnik
Der arthroskopisch assistierte Kreuzbandersatz erfolgte mit ipsilateralem Patellarsehnen und Hamstringsehnentransplantat. Es wurde eine isometrische Rekonstruktion angestrebt. Die Transplantate wurden in Einzelbündeltechnik mit Interferenzschrauben und bei 5 Patienten femoral die für das VKB verwendeten Hamstringsehnen als Vierfachstrang mit einem Querträger (TransFix, Arthrex, Inc., Naples, Florida) fixiert (. Tab. 1).
Für den hinteren Kreuzbandersatz wurde neben den anterolateralen und anteromedialen Standardzugängen ein posteromediales Portal zur Präparation des tibialen hinteren Kreuzbandansatzes verwendet. Es wurde zuerst der tibiale und femorale Bohrkanal für das HKB komplett von außen nach innen („outsidein“) durch den Tibiakopf und die Femurkondyle angelegt. Die knieseitigen Knochenkanten der Bohrkanäle wurden abgerundet, um einem Transplantatversagen („killer turn“) vorzubeugen [26]. Bei den von anteromedial angelegten tibialen Bohrkanälen für das VKB und HKB wurde darauf geachtet, dass zwischen beiden Bohrkanälen ein ausreichender Abstand von mehr als 1,5 cm besteht. Die VKBBohrkanäle wurden in transtibialer Technik angelegt. Nach Anlage der Bohrkanäle, Einzug und femoraler Fixation der beiden Transplantate, erfolgte die tibiale Fixation des HKB in 70°Flexion unter Reposition des Tibiakopfes zur Oberschenkelrolle und nachfolgend die tibiale Fixation des VKB in 20°Extension.
Bei dem konservativ vorbehandelten Patienten mit zusätzlicher posterolateraler Instabilität war bei fortbestehender Instabilität eine posterolaterale Refixation in der Technik nach Larson unter Verwendung der Sehne des M. semitendinosus der Gegenseite erforderlich [20]. Die posterolaterale Refixation wurde vor der Kreuzbandfixation in 60°Beugung, vorderer Schublade und Innenrotation des Unterschenkels vorgenommen.
Die durchschnittliche Operationszeit betrug 181±77 (106–346) min.
Tab. 1 Begleitverletzungen, Transplantatwahl und Transplantatfixation der 9 Patienten
Patient
Begleitverletzungen und Behandlung Transplantat und Transplantatfixation
Med. SB Pl. Instabilität Meniskus Vorderes Kreuzband Hinteres Kreuzband Posterolateral
1 0 primäre Naht 0 BTB IF + IF ST + GT IF + IF 0 0
2 0 0 0 ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0
3 konservativ konservativ AM-Naht ST + GT TF + IF BTB IF + IF ST IF
4 0 0 0 ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0
5 konservativ 0 0 ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0
6 konservativ 0 IM-Resektion ST + GT TF + IF BTB IF + IF 0 0
7 0 0 0 BTB IF + IF ST + GT IF + IF 0 0
8 konservativ 0 IM-Resektion BTB IF + IF ST IF + IF 0 0
9 konservativ 0 0 BTB IF + IF ST IF + IF 0 0
AM Außenmeniskus, IM Innenmeniskus; Med. SB mediales Seitenband, Pl. posterolateral; BTB Patellarsehnentransplantat, ST Semitendinosussehne, GT Gracilissehne;TF TransFix, IF Interferenzschraube, 0 nein, keine
704 | Der Unfallchirurg 9 · 2008
Originalien
Nachbehandlung
Es erfolgte eine standardisierte, funktionelle postoperative Nachbehandlung unter besonderer Beachtung des HKBTransplantats. Die passive Beübung des Kniegelenks wurde in der 1. Woche bis 0–10–40° (Extension – Flexion) und in der 2. Woche bis 0–10–60° in Bauchlage durchgeführt. Eine Knieruhigstellungsschiene mit einem posterioren tibialen Inlay (PTS; Posterior Tibial Support, Medi, Bayreuth), welches einem dorsalen Durchsinken des Schienbeinkopfs entgegenwirkt, wurde ganztägig bis zur 4. Woche getragen. Hiernach wurde den Patienten eine funktionelle Knieorthese zur Behandlung des hinteren Kreuzbands (PCLVersion) verordnet, wobei bis zur 6. Woche die PTSSchiene noch in der Nacht getragen werden sollte. Die PCLOrthese wurde von der 2. bis 4. Woche mit 0–0–60°, von der 4. bis 6. Woche mit 0–090° und von der 6. bis 15. Woche mit 0–0–140° eingestellt. Bis zur 4. Woche erfolgte eine Teilbelastung des Beines mit 20 kg, diese wurde nach 4 Wochen auf halbes Körpergewicht und nach 6 Wochen auf Vollbelastung gesteigert. Ein Quadriceps und HamstringTraining in der geschlossenen Kette erfolgte ab der 6. Woche, Übungen gegen Widerstand in der offenen Kette wurden ab der 15. Woche durchgeführt.
Nachuntersuchung
Alle Patienten konnten durchschnittlich 37±12 (24–58) Monate postoperativ nachuntersucht werden. Es erfolgte eine Anamneseerhebung mit Fragen nach gesundheitsbezogener Lebensqualität und Knieschmerzen, eine klinische Untersuchung mit isokinetischen Tests, eine sonographische Untersuchung, eine Röntgenuntersuchung mit gehaltenen Aufnahmen und eine Kernspintomographie.
Bei der klinischen Nachuntersuchung wurde der Bewegungsumfang an den Kniegelenken nach der Neutral0Methode mit einem konventionellen Winkelmesser ausgemessen. Die Überprüfung der Seitenbänder erfolgte im Seitenvergleich unter Varus und Valgusstress in Streckstellung und 30°Beugestellung der Kniegelenke. Die vordere Kniestabilität wurde mit dem Lachman
Zusammenfassung · Abstract
Unfallchirurg 2008 · 111:703–710 DOI 10.1007/s00113-008-1468-y© Springer Medizin Verlag 2008
M.D. Schofer · C.D. Peterlein · S. Fuchs-Winkelmann · H.R. Kortmann
Arthroskopisch assistierter simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatz
ZusammenfassungHintergrund. Die beste Behandlungsstrategie der seltenen, kombinierten vorderen und hinteren Kreuzbandrupturen ist noch un- geklärt.Methoden. Von 2001–2003 wurden 9 Pati-enten mit einer einseitigen, traumatischen vorderen und hinteren Kreuzbandruptur ope-rativ behandelt. Der arthroskopische simul-tane Kreuzbandersatz erfolgte 235 (52–567) Tage nach dem Trauma mit ipsilateralem Patellarsehnen- und Hamstringsehnentrans-plantat. In einer retrospektiven Kohortenstudie konnten alle Patienten 37 (24–58) Monate postoperativ nachuntersucht werden.Ergebnisse. Die Patienten erreichten bei der Nachuntersuchung (NU) im Lysholm-Score durchschnittlich 74 Punkte. Im IKDC-Score er-reichten 4 Patienten die Gruppe B und 5 Pati-enten die Gruppe C. Der Aktivitätsscore nach
Tegner stieg von 1,9 vor dem Unfall auf 5,0 zur NU, wobei sich alle Patienten um 1–5 Aktivi-tätslevel verbesserten. Die Messung der Knie-stabilität und isokinetischen Muskelkraft ergab im Vergleich zur gesunden Gegenseite signifikant schlechtere Ergebnisse. Es zeigte sich eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit.Schlussfolgerung. Die Patienten kamen nach arthroskopisch assistierter, simultaner vorderer und hinterer Kreuzbandersatzplastik im Alltag gut zurecht. Das vorherige sport-liche Niveau konnte keiner der Patienten wieder erreichen.
SchlüsselwörterKnie · Arthroskopie · Vorderes Kreuzband · Hinteres Kreuzband · Kniestabilität
Arthroscopically-assisted combined anterior and posterior cruciate ligament reconstruction
AbstractBackground. The best treatment of a com-bined rupture of the anterior and posterior cruciate ligaments is still unclear.Methods. Nine patients with unilateral trau-matic ruptures of both the anterior and pos-terior cruciate ligaments were treated by arthroscopically-assisted simultaneous re-construction. The operation was done using hamstring tendon and patellar tendon auto-grafts, an average of 235 days (range 52–567) after the initial trauma. Patients were followed up for an average of 37 months (range 24–58) after surgery. For this retrospective cohort study, we used the Lysholm knee score, the Tegner activity score, and the SF-36 question-naire as a means of assessment.Results. The evaluation at follow-up showed an average score of 74 points on the Lysholm scale. Using the IKDC evaluation, four patients
could be placed in group B and five patients in group C. A significant increase, from 1.9 points before trauma to 5.0 points at fol-low-up, was observed on the Tegner activity score. Comparing the operated with the healthy knees, with respect to stability and isokinetic muscle strength, we noted signifi-cantly better scores in the healthy knees. Using the SF-36 questionnaire, patients showed a reduced level of physical well- being.Conclusion. The treated patients were able to carry out their activities of everyday life. However, none of them returned to their preinjury activity level.
KeywordsKnee · Arthroscopy · Anterior cruciate ligament · Posterior cruciate ligament · Knee stability
705Der Unfallchirurg 9 · 2008 |
Tab. 2 Vergleich der Lebensqualität der 9 Patienten mit einer nach Alter und Geschlecht entsprechenden, gesunden Referenzgruppe. Scorewerte des SF-36-Fragebogens
SF-36-Gesundheitskonzepte [3] Patienten Referenzgruppe p-Wert
Körperliche Funktionsfähigkeit 54 86 0,008
Körperliche Rollenfunktion 58 87 0,032
Körperliche Schmerzen 54 79 0,033
Allgemeine Gesundheitswahrnehmung 44 68 0,012
Vitalität 43 64 0,057
Soziale Funktionsfähigkeit 81 89 0,476
Emotionale Rollenfunktion 78 92 0,237
Psychisches Wohlbefinden 63 74 0,232
Test und dem PivotshiftTest überprüft. Für die Überprüfung des HKB wurde der hintere Schubladentest in 90°Kniebeugung und das Zeichen der spontanen hinteren Schublade (GodfreyTest) gewählt [1, 27]. Die Kniebänder wurden als stabil oder instabil beurteilt. Die seitliche Aufklappbarkeit und die sagittale Instabilität der Kniegelenke wurden bis 5 mm als einfach positiv, zwischen 6–10 mm als zweifach positiv und bei einer Gelenkspaltöffnung oder Translation >10 mm als dreifach positiv beurteilt. Die klinische Untersuchung und Beurteilung erfolgte durch einen unabhängigen in der Knieuntersuchung erfahrenen Facharzt.
StandardKnieröntgenaufnahmen im Stand in zwei Ebenen vom präoperativen Zustand und zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung wurden zur Bestimmung der Kniegelenksarthrose nach den radiologischen Kriterien von Kellgren und Lawrence verwendet [19].
Es wurden gehaltene Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke im seitlichen Strahlengang von medial nach lateral mit dem ScheubaGerät (Telos GmbH, Marburg) und einem Auflagedruck von 15 kp bei der Nachuntersuchung durchgeführt. Die Überprüfung des VKB erfolgte in 20°Kniebeugung und des HKB in 90°Kniebeugung. Diese gehaltenen Röntgenaufnahmen wurden nach Jacobsen ausgewertet [16].
Die Kernspintomographie der Kniegelenke erfolgte mit dem 1,5TeslaGerät Magnetom Avanto (Siemens AG, München).
Die Auswertung der bildgebenden Diagnostik wurde durch einen unabhängigen Facharzt für Radiologie durchgeführt.
Die isokinetische Testung der Kniegelenke erfolgte im Seitenvergleich mit dem Gerät BiodexSystem3PRO (Biodex Medical Systems, Shirley, New York) in der Bewegungsebene Flexion/Extension mit einer langsamen Winkelgeschwindigkeit von 60°/s und einer schnellen Winkelgeschwindigkeit von 180°/s zur Nachuntersuchung.
Statistik
Die deskriptiven Auswertungen der Funktionstests erfolgten durch die Bestimmung der Mittelwerte, Standardabweichungen und des Range. Für den Vergleich der präoperativen Werte mit den Werten der Nachuntersuchung (NU) und für den Vergleich der verletzten mit den gesunden Kniegelenken wurde der WilcoxonRangsummentest verwendet. Die Lebensqualität wurde mit dem ZweiStichprobentTest analysiert. Das Signifikanzniveau wurde mit p<0,05 festgelegt.
Ergebnisse
Im Seitenvergleich wurde bei den Patienten zur Nachuntersuchung am verletzten Kniegelenk ein mittleres Streckdefizit von 3,0±3,6° (0–10°) und eine Beugehemmung von 11,0±7,8° (0–20°) festgestellt. Ein Kniegelenkerguss wurde weder klinisch, sonographisch noch kernspintomographisch festgestellt.
Zur NU wurde nach konservativ funktioneller Behandlung bei 5 Patienten eine begleitende Innenbandverletzung und bei 2 Patienten eine verbliebene Innenbandinstabilität vom einfach positiven Schweregrad nachgewiesen.
In unserem Patientengut wurde bei 2 Patienten (22%) eine begleitende posterolaterale Instabilität festgestellt. Diese wurde bei einem Patienten primär offen durch eine Naht behandelt und heilte stabil aus. Bei dem anderen Patienten verblieb nach primärer konservativer funktioneller Behandlung eine posterolaterale Instabilität vom dreifach positiven Schweregrad. Es wurde in Kombination mit der Kreuzbandrekonstruktion eine posterolaterale Stabilisierung in LarsonTechnik unter Verwendung eines freien Semitendinosussehnentransplantats durchgeführt [20]. Die Stabilität konnte verbessert werden, wobei eine einfach positive Instabilität verblieb.
Die gehaltenen Röntgenaufnahmen stellen den funktionellen Kreuzbandzustand dar [29]. Die Messung der vorderen und hinteren Kniestabilität zur NU ergab im Vergleich zur gesunden Gegenseite signifikant schlechtere Ergebnisse. Die mittlere vordere Translation des Schienbeinkopfs in 20°Kniebeugung wurde auf der verletzten Seite mit 5,2±1,3 (3–7) mm und auf der gesunden Gegenseite mit 2,8±1,8 (1–7) mm ausgemessen (p<0,01). Die mittlere hintere Translation des Schienbeinkopfs in 90°Kniebeugung wurde auf der verletzten Seite mit 5,6±2,1 (3–10) mm und auf der gesunden Gegenseite mit 1,7±0,7 (1–3) mm ausgemessen (p<0,01).
Gehaltene Röntgenaufnahmen der verletzten Kniegelenke zum Zeitpunkt vor der Kreuzbandrekonstruktion lagen nur von 3 Patienten vor, so dass diese in der weiteren Auswertung nicht berücksichtigt wurden. Eine fixierte hintere oder vordere Schublade war bei keinem der Patienten bei der präoperativen Untersuchung oder zur NU nachzuweisen [17, 29].
Im klinischen LysholmKnieScore wurde eine signifikante Verbesserung von präoperativ 45±11 (25–60) Punkte auf 74±7 (64–84) Punkte zur Nachuntersuchung erreicht (p<0,01). Der LysholmScore (0–100 Punkte) wird häufig zur Beurteilung von Knieinstabilitäten verwendet, er besteht zu 95% aus subjektiven und 5% aus objektiven Parametern [21].
Im Score des International Knee Documentation Committee (IKDC) werden bei einer NUZeit von mindestens
706 | Der Unfallchirurg 9 · 2008
Originalien
2 Jahren die untersuchten Parameter in 4 Gruppen mit insgesamt 15 Kategorien eingeteilt. Für jede Kategorie wird eine Bewertung von A–D vorgenommen; dabei bedeuten A = normal, B = fast normal, C = abnormal und D = stark abnormal. Die schlechteste Bewertung innerhalb der 4 Gruppen ergibt die Gruppenqualifikation, und die schlechteste Gruppenqualifikation ergibt das Gesamtergebnis. Wird ein Kniegelenk somit in nur einer Hinsicht als abnormal bewertet, so kann es sich auch im Gesamten nicht um ein normales Kniegelenk handeln [13]. Im IKDCKnieEvaluationsblatt erreichten bei der Nachuntersuchung 4 Patienten die Beurteilung „fast normal“ und 5 Patienten die Beurteilung „abnormal“. Hiervon verbesserten sich in Bezug auf den präoperativen Zustand 7 Patienten in der Eingruppierung um eine Stufe, 2 Patienten verblieben in der Bewertung „abnormal“.
Das Aktivitätsniveau der Patienten wurde nach Tegner und Lysholm mit 11 Abstufungen (0–10) eingeschätzt [31]. Der Aktivitätsscore stieg durchschnittlich von 1,9±1,3 (0–4) vor der Kreuzbandoperation auf 5,0±0,9 (3–6) bis zur Nachuntersuchung (p<0,01) an. Alle Patienten verbesserten sich um 1–5 Aktivitätslevel.
Die Messungen der isokinetischen Muskelkraft ergaben sowohl für die langsame (60°/s) als auch für die schnelle Winkelgeschwindigkeit (180°/s) im Vergleich zur gesunden Gegenseite für das maximal erreichte Drehmoment und die während der Messung erbrachte Leistung signifikant schlechtere Ergebnisse (p<0,05).
Die mit der visuellen Analogskala (0–10) ermittelten Knieschmerzen betrugen bei den Patienten durchschnittlich präoperativ 4,7±1,0 (3–6) Punkte und verbesserten sich zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung auf 2,2±0,8 (1–3) Punkte (p<0,01) [10].
Die Patienten beurteilten das verletzte Kniegelenk in Prozent im Vergleich zur unverletzten Gegenseite mit 59% (40–70%). Alle Patienten würden die Kreuzbandersatzoperation erneut durchführen lassen.
Eine beginnende posttraumatische Arthrose wurde bei 6 Patienten mit einer Zunahme vom Grad 0 auf den Grad I nach den radiologischen Kriterien von Kellgren und Lawrence nachgewiesen [19]. Bei den übrigen Patienten änderte sich die radiologische Einteilung des Arthrosegrads nicht.
Zur Bestimmung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde der SF36Fragebogen herangezogen [3]. Verglichen mit einer nach Alter und Geschlecht passenden Referenzgruppe zeigten die Patienten eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit (. Tab. 2).
Alle Patienten konnten ihren bisherigen Beruf weiter ausüben, hatten jedoch das vorherige sportliche Niveau nicht wieder erreicht. Von den 9 Patienten betrieben 5 vor dem Unfall regelmäßigen Wettkampfsport (Fußball, Handball, Kampfsport) mit mindestens 3mal wöchentlichem Training bzw. Wettkampf von je mehr als einer Stunde. Keiner der Patienten konnte diese Sportart wieder aufnehmen.
Als postoperative Komplikation war bei einem Patienten eine zweimalige Kniegelenkspunktion bei Ergussbildung erforderlich. Bei einem Patienten wurde kernspintomographisch eine Teilruptur des hinteren Kreuzbandtransplantats bei der NU festgestellt. Ein neuerliches Unfallereignis war bei diesem Patienten nicht zu eruieren. Es wurde klinisch eine dorsale Instabilität von zweifach positivem Schweregrad festgestellt und eine dorsale Schublade in den gehaltenen Röntgenaufnahmen des Kniegelenks von 10 mm ausgemessen. Die Kreuzbandtransplantate der übrigen 8 Patienten waren kernspintomographisch intakt und unauffällig.
Diskussion
Bis heute sind nur wenige Studien mit geringen Fallzahlen und meist kurzen Nachuntersuchungszeiten zur arthroskopisch assistierten, simultanen vorderen und hinteren Kreuzbandrekonstruktion veröffentlicht (. Tab. 3).
Wascher et al. zeigten bei 13 Patienten nach Knieluxation mit Ruptur des VKB und HKB unter Verwendung von Allografts nach durchschnittlich 38 Monaten im IKDC bei 50% ein fast normales (B), bei 42% ein abnormales (C) und bei 8% ein stark abnormales (D) Knie. Bei 4 der Patienten (31%) lag eine Fraktur des ipsilateralen Unterschenkels vor. Die zuvor bestehende Sportaktivität konnte von 46% der Patienten unverändert fortgesetzt werden, bei 31% war eine symptombedingte Anpassung erforderlich. Es wurde beurteilt, dass eine stabile Bandrekonstruktion bei den meisten Patienten eine Wiederaufnahme sportlicher Aktivität möglich macht [32].
Fanelli et al. zeigten an 35 Patienten bei einer NUZeit zwischen 2–10 Jahren nach arthroskopisch assistierter simultaner Kreuzbandrekonstruktion mit autologem und allogenem Transplantat gute Ergebnisse. Eine normale vordere Stabilität wurde bei 94% und eine normale hintere Stabilität bei 46% der Patienten erreicht. Die Kniegelenke wurden nicht als normal, aber funktionell als ausreichend stabil bewertet [7].
Mariani et al. zeigten in einer retrospektiven Studie an 15 Patienten bei einer durchschnittlichen Nachuntersuchungszeit von 36 Monaten nach arthroskopisch assistierter kombinierter Kreuzbandrekonstruktion mit ipsilateralem autologem Transplantat gute funktionelle Ergebnisse [22]. Sowohl das Studiendesign als auch die Ergebnisse sind unserer Stu
die sehr ähnlich. Es erreichten bei Mariani et al. 50% der Patienten wieder ihren vorherigen Aktivitätslevel. Alle Patienten unserer Untersuchung konnten ihren bisherigen Beruf weiter ausüben, es konnte jedoch keiner der Patienten das vorherige sportliche Niveau wieder erreichen. Die Patienten zeigten vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit eine Einschränkung der Lebensqualität.
In der Studie von Zhao et al. wurde zum vorderen und hinteren Kreuzbandersatz autologes HamstringsehnenTransplantat verwendet. Bei einer Nachuntersuchungszeit von 32 Monaten erreichten die 12 Patienten im IKDC zu 58% ein normales (A), 34% ein fast normales (B) und 8% ein abnormales (C) Knie. Der Tegner Aktivitätsscore verbesserte sich von 3 auf 6,8. Im LysholmScore wurde zur Nachuntersuchung ein Wert von 92 bestimmt. Auffällig ist die hohe Komplikationsrate mit einer Arthrofibrose bei 8 Patienten [33].
Der Verkehrsunfall war in unserer Untersuchung, wie auch in vielen anderen Studien, die häufigste Ursache für eine kombinierte Kreuzbandverletzung [7, 22, 24, 28, 32, 33].
Die Knieluxation führt in der Regel neben einer Zerreißung des VKB und des HKB zu weiteren Begleitverletzungen der Seitenbänder. Wie groß der Anteil von spontanen Repositionen nach erfolgten Knieluxationen ist, ist unklar. Liegt eine komplexe Kniebandinstabilität vor, muss an eine stattgehabte Knieluxation gedacht werden.
Tab. 3 Literaturübersicht zur arthroskopisch assistierten, simultanen vorderen und hinteren Kreuzbandrekonstruktion
Autoren (et al.)
Jahr
Transplantat
Patienten (n)
NU-Zeit (Monate)
Akut (n)
Chronisch (n)
plB (n)
mSB (n)
Lysholm (Punkte)
IKDC bei NU (n)
Präop. NU
Fanelli [9] 1996 Allo- + Autograft 20 24–48 10 10 12 9 38 91 K. A.
Noyes [24] 1997 Allo- + Autograft 11 56 7 4 6 6 K. A. K. A. K. A.
Wascher [32] 1999 Allograft 13 38 9 4 6 7 K. A. 88 6 B, 5 C, 1 D
Mariani [22] 2001 Autograft 15 36 4 11 2 5 66 95 3 A, 7 B, 3 C, 2 D
Fanelli [7] 2002 Allo- + Autograft 35 24–120 19 16 25 15 32 91 K. A.
Colosimo [6] 2003 Allo- + Autograft 11 28 7 4 1 K. A. K. A. 88 K. A.
Strobel [28] 2006 Autograft 17 41 0 17 17 5 K. A. K. A. 5 B, 10 C, 2 D
Zhao [33] 2006 Autograft 12 32 3 9 0 2 K. A. 92 7 A, 4 B, 1 D
Sun [30] 2006 Autograft 9 23 9 0 4 5 K. A. 85 2 A, 6 B, 1 D
Schofer 2008 Autograft 9 24–58 1 8 2 5 45 74 4 B, 5 C
K. A. keine Angaben; NU Nachuntersuchung; Präop. präoperativ; plB posterolaterales Band; mSB mediales Seitenband.
708 | Der Unfallchirurg 9 · 2008
Originalien
In den Untersuchungen von Noyes und Wascher lag bei allen Patienten eine Knieluxation vor [24, 32]. Die übrigen Studien geben keine Auskunft darüber, ob bei den Patienten eine Knieluxation vorlag.
Bei 6 unserer Patienten (67%) war eine Kniegelenksluxation in der Vorgeschichte nach einem Verkehrsunfall bzw. einem Arbeitsunfall bekannt. Bei all diesen Patienten war neben der vorderen und hinteren Kreuzbandruptur eine weitere begleitende Seitenbandverletzung festgestellt worden. Bei den übrigen 3 Patienten wurde sekundär nur eine Ruptur des VKB und des HKB nachgewiesen. Hier könnten Seitenbandverletzungen primär übersehen und konsekutiv konservativ behandelt worden sein.
Knieluxationen führen häufig neben den Bandverletzungen zu Nerven und Gefäßverletzungen. Begleitverletzungen der A. poplitea werden mit 32–53% angegeben [11, 12]. Wascher el al. beschrieben in ihrem Kollektiv eine Gefäßverletzung bei 15% und eine Nervenverletzung bei 23% der 13 Patienten [32]. In unserer Studie wurden Patienten mit begleitenden Nerven und Gefäßverletzungen zur Vereinheitlichung des Kollektivs ausgeschlossen.
In der Studie von Fanelli et al. lag nur bei einem Patienten eine isolierte Ruptur des VKB und des HKB vor. Bei den übrigen 34 Patienten wurde eine Begleitverletzung des medialen oder lateralen Bandapparates festgestellt. Eine zusätzliche posterolaterale Instabilität lag bei 71% der Patienten vor, welche nach operativer Rekonstruktion in allen Fällen stabil ausheilte [7].
In der Studie von Strobel et al. wurden ausschließlich kombinierte Kreuzbandrupturen mit begleitender posterolateraler Instabilität und einer autologen Bandrekonstruktion nachuntersucht. Die posterolateralen Instabilitäten wurden mit einem freien Semitendinosussehnentransplantat in modifizierter LarsonTechnik stabilisiert [20]. Bei 2 der 17 Patienten (12%) wurde eine anhaltende posterolaterale Instabilität festgestellt [28].
In unserem Patientengut fanden wir bei 2 Patienten (22%) eine begleitende posterolaterale Instabilität. Diese wurde bei einem Patienten primär offen durch eine Naht behandelt und heilte stabil aus.
Bei dem anderen Patienten verblieb nach primärer konservativer funktioneller Behandlung eine posterolaterale Instabilität vom dreifach positiven Schweregrad. Es wurde in Kombination mit der Kreuzbandrekonstruktion eine posterolaterale Stabilisierung in LarsonTechnik unter Verwendung eines freien Semitendinosussehnentransplantats durchgeführt [20]. Die Stabilität konnte verbessert werden, wobei eine einfach positive Instabilität verblieb. Der Anteil posterolateraler Begleitverletzungen war somit in unserer Studie im Literaturvergleich gering (. Tab. 3). Möglicherweise wurden diese Begleitverletzungen übersehen und kamen unter einer konservativen Behandlung zur Heilung.
Der Anteil von Innenbandverletzungen betrug in unserer Studie 56%, was den Angaben der meisten anderen Untersucher entspricht (. Tab. 3). Nach konservativ funktioneller Behandlung dieser Verletzungen bei 5 Patienten wurde zur Nachuntersuchung eine verbliebene Innenbandinstabilität vom einfach positiven Schweregrad bei 2 Patienten festgestellt.
Vorteile bei der Verwendung von Allografts sind die fehlende Transplantatentnahmemorbidität mit Reduktion des Operationstraumas und die verkürzte Operationszeit. Autologe Transplantate haben bessere biologische Eigenschaften und sind in der Regel auch bei komplexen Knieverletzungen verfügbar. Wir favorisieren diese zum Kniebandersatz, auch da die Verfügbarkeit von Allografts in Europa sehr eingeschränkt ist und die infektionsbiologischen Probleme bei den Autografts geringer sind. Sind zwei Kreuzbandtransplantate erforderlich, verwenden wir wenn möglich ipsilaterales Transplantat aus Hamstringsehnen und dem mittleren Drittel der Patellarsehne (BTB). Alternativ kann auch ein Transplantat aus der Quadricepssehne gewonnen werden. Die Transplantatentnahme von der Gegenseite ist auch möglich, wird von uns aber nur im Ausnahmefall durchgeführt.
Fanelli et al. stellten keine Unterschiede zwischen autologem und allogenem Transplantat fest [7].
Die eigenen Ergebnisse zeigen, dass die arthroskopisch assistierte simultane vordere und hintere Kreuzbandersatzplastik
sicher durchzuführen ist. Ein rezidivierender Kniegelenkerguss wurde bei einem Patienten mit einer zweimaligen Punktion behandelt. Bei einem Patienten wurde in der Kernspintomographie zum Nachuntersuchungszeitpunkt eine Teilruptur des hinteren Kreuzbandtransplantats festgestellt. Weitere Komplikationen traten nicht auf.
Nerven und Gefäßläsionen sind trotz der engen anatomischen Lagebeziehung bei der technisch anspruchsvollen arthroskopischen Operation in der Literatur bisher nicht beschrieben worden (. Tab. 3).
In der Literatur wird als häufigste Komplikation nach kombinierter Kreuzbandrekonstruktion die Arthrofibrose mit Werten zwischen 0–67% angegeben [24, 28, 32, 33].
In der Gruppe akuter Kreuzbandverletzungen berichten Noyes et al., dass 5 von 7 Patienten eine Arthrofibrose postoperativ entwickelt hatten. In der Gruppe chronischer Verletzungen fand sich keine Arthrofibrose. Die Kniegelenke wurden bei täglichen Bewegungsübungen zwischen 10–90° postoperativ für 4 Wochen in einem Kunststofftutor ruhig gestellt [24].
Zhao et al. berichten bei 12 untersuchten Patienten über 8 Patienten mit Arthrofibrose 3 Monate nach Operation. Es erfolgte eine Nachbehandlung mit zweiwöchiger Ruhigstellung des Kniegelenks in Streckstellung; die Orthese wurde bis zum 2. Monat in 0°Stellung fixiert [33].
In der Arbeit von Strobel et al. fanden sich bei der sekundären Bandrekonstruktion bei keinem der 17 Patienten eine Arthrofibrose [28]. Auch in unserer Nachuntersuchung mit überwiegend sekundärem Kreuzbandersatz wurde dieses Problem nicht festgestellt.
Eine sehr wichtige Komponente im Behandlungskonzept ist aus unserer Sicht die standardisierte funktionelle postoperative Nachbehandlung unter besonderer Beachtung des HKBTransplantats, wie sie auch von Strobel et al. beschrieben wurde [28].
Bei der Beurteilung als Therapieempfehlung muss berücksichtigt werden, dass der Evidenzlevel dieser Kohortenstudie mit IV anzugeben ist.
709Der Unfallchirurg 9 · 2008 |
Das retrospektive Studiendesign, die Inhomogenität der Krankheitsbilder, die geringe Patientenanzahl, die kurze Nachbeobachtungszeit, die große Streuung der Nachuntersuchungszeit und die fehlende Kontrollgruppe stellen Schwächen dieser und der in der Literatur verfügbaren Arbeiten über einen arthroskopisch assistierten simultanen vorderen und hinteren Kreuzbandersatz dar (. Tab. 3). Zur Vereinheitlichung des Kollektivs wurden Patienten mit GefäßNervenVerletzungen und kniegelenksnahen Frakturen ausgeschlossen, was einen Selektionsbias zugunsten leichterer Knieverletzungen bedingen kann.
Fazit für die Praxis
Der Verkehrsunfall ist die häufigste Ur-sache für eine kombinierte vordere und hintere Kreuzbandverletzung. Die eige-nen Frühresultate zeigen, dass die ar-throskopisch assistierte simultane vor-dere und hintere Kreuzbandersatzplas-tik mit autologem, ipsilateralem Sehnen-transplantat sicher durchzuführen ist. Die Patienten kommen im Alltag gut zu-recht und können wieder eine Arbeitsfä-higkeit im bisherigen Beruf erreichen. Ei-ne Einschränkung der Lebensqualität zei-gen die Patienten vor allem in Bezug auf die körperliche Befindlichkeit. Das vorhe-rige sportliche Niveau konnte keiner der Patienten wieder erreichen.
KorrespondenzadresseDr. M.D. SchoferKlinik für Orthopädie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort MarburgBaldingerstraße, 35033 [email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
1. Andrews JR, Edwards JC, Satterwhite YE (1994) Iso-lated posterior cruciate ligament injuries. History, mechanism of injury, physical findings, and ancil-lary tests. Clin Sports Med 13: 519–530
2. Boynton MD, Tietjens BR (1996) Long-term follow-up of the untreated isolated posterior cruciate li-gament-deficient knee. Am J Sports Med 24: 306–310
3. Bullinger M, Kirchberger I (1998) Der SF-36 Frage-bogen zum Gesundheitszustand. Handbuch für die deutschsprachige Fragebogenversion. Hog-refe, Göttingen.
4. Chen CH, Chuang TY, Wang KC et al. (2006) Ar-throscopic posterior cruciate ligament reconstruc-tion with hamstring tendon autograft: results with a minimum 4-year follow-up. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 14: 1045–1054
5. Clancy WG jr, Sutherland TB (1994) Combined pos-terior cruciate ligament injuries. Clin Sports Med 13: 629–647
6. Colosimo AJ, Carroll PF, Heidt RS jr, Carlonas RL (2003) Simultaneous ACL and PCL reconstruction. J Knee Surg 16: 191–196
7. Fanelli GC, Edson CJ (2002) Arthroscopically assis-ted combined anterior and posterior cruciate liga-ment reconstruction in the multiple ligament inju-red knee: 2- to 10-year follow-up. Arthroscopy 18: 703–714
8. Fanelli GC, Edson CJ (1995) Posterior cruciate liga-ment injuries in trauma patients: Part II. Arthrosco-py 11: 526–529
9. Fanelli GC, Giannotti BF, Edson CJ (1996) Arthros-copically assisted combined anterior and posterior cruciate ligament reconstruction. Arthroscopy 12: 5–14
10. Flandry F, Hunt JP, Terry GC et al. (1991) Analysis of subjective knee complaints using visual analog scales. Am J Sports Med 19: 112–118
11. Frassica FJ, Sim FH, Staeheli JW, Pairolero PC (1991) Dislocation of the knee. Clin Orthop Relat Res 263: 200–205
12. Green NE, Allen BL (1977) Vascular injuries associa-ted with dislocation of the knee. J Bone Joint Surg Am 59: 236–239
13. Hefti F, Müller W (1993) Current state of evaluation of knee ligament lesions. The new IKDC knee eva-luation form. Orthopäde 22: 351–362
14. Hughston JC, Andrews JR, Cross MJ, Moschi A (1976) Classification of knee ligament instabilities. Part I. The medial compartment and cruciate liga-ments. J Bone Joint Surg Am 58: 159–172
15. Hughston JC, Andrews JR, Cross MJ, Moschi A (1976) Classification of knee ligament instabilities. Part II. The lateral compartment. J Bone Joint Surg Am 58: 173–179
16. Jacobsen K (1976) Stress radiographical measure-ment of the anteroposterior, medial and lateral stability of the knee joint. Acta Orthop Scand 47: 335–334
17. Jung TM, Strobel MJ, Weiler A (2006) Diagnostics and treatment of posterior cruciate ligament inju-ries. Unfallchirurg 109: 41–59
18. Keller PM, Shelbourne KD, McCarroll JR et al. (1993) Nonoperatively treated isolated posterior cruciate ligament injuries. Am J Sports Med 21: 132–136
19. Kellgren JH, Lawrence JS (1957) Radiological as-sessment of osteo-arthrosis. Ann Rheum Dis 16: 494–502
20. Larson RV, Metcalf MH (2001) Posterior cruciate li-gament reconstruction: associated extra-articular procedures medial and lateral. Tech Orthop 16: 148–156
21. Lysholm J, Gillquist J (1982) Evaluation of knee li-gament surgery results with special emphasis on use of a scoring scale. Am J Sports Med 10: 150–154
22. Mariani PPp, Margheritini F, Camillieri G (2001) One-stage arthroscopically assisted anterior and posterior cruciate ligament reconstruction. Ar-throscopy 17: 700–707
23. Miyasaka KC, Daniel DM, Stone ML (1991) The inci-dence of knee ligament injuries in the general po-pulation. Am J Knee Surg 4: 3–8
24. Noyes FR, Barber-Westin SD (1997) Reconstruction of the anterior and posterior cruciate ligaments af-ter knee dislocation. Use of early protected post-operative motion to decrease arthrofibrosis. Am J Sports Med 25: 769–778
25. Ohkoshi Y, Nagasaki S, Shibata N et al. (2002) Two-stage reconstruction with autografts for knee dis-locations. Clin Orthop Relat Res: 169–175
26. Petersen W, Zantop T (2006) Biomechanik des hin-teren Kreuzbandes und der hinteren Instabilität. Arthroskopie 19: 207–214
27. Rubinstein RA jr, Shelbourne KD, McCarroll JR et al. (1994) The accuracy of the clinical examination in the setting of posterior cruciate ligament injuries. Am J Sports Med 22: 550–557
28. Strobel MJ, Schulz MS, Petersen WJ et al. (2006) Combined anterior cruciate ligament, posteri-or cruciate ligament, and posterolateral corner re-construction with autogenous hamstring grafts in chronic instabilities. Arthroscopy 22: 182–192
29. Strobel MJ, Weiler A, Schulz MS et al. (2002) Fixed posterior subluxation in posterior cruciate liga-ment-deficient knees: diagnosis and treatment of a new clinical sign. Am J Sports Med 30: 32–38
30. Sun L, Ning ZJ, Zhang H et al. (2006) Multiple-liga-ment injured knee. Chin J Traumatol 9: 365–373
31. Tegner Y, Lysholm J (1985) Rating systems in the evaluation of knee ligament injuries. Clin Orthop Relat Res: 43–49
32. Wascher DC, Becker JR, Dexter JG et al. (1999) Re-construction of the anterior and posterior cruciate ligaments after knee dislocation. Results using fresh-frozen nonirradiated allografts. Am J Sports Med 27: 189–196
33. Zhao J, He Y, Wang J (2006) Simultaneous arthros-copic reconstruction of the anterior and posteri-or cruciate ligaments with autogenous hamstring tendons. Arthroscopy 22: 497–504
710 | Der Unfallchirurg 9 · 2008
Originalien