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Version vom 5.10.2006 Seite 1 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
A&D Oktober 2006 Wechselrichterkippen in netzgeführten Stromrichterschal-tungen bei Netzspannungs-Ausfall oder Netzspannungs-Einbruch und Abhilfe durch eine Löschvorrichtung (SIMOREG DC-MASTER Converter Commutation Protector) Dipl.-Ing. Franz Wöhrer, Siemens AG Österreich, Wien; Ing. Wilfried Hofmüller, Siemens AG Österreich, Wien; FH-Prof. Dr. Dipl.-Ing. Felix Himmelstoss, Fachhochschule Technikum Wien, Wien; Kurzfassung Trotz des Vormarsches der Drehstromantriebe in alle Bereiche der industriellen Antriebs-
technik bietet der Gleichstromantrieb, bestehend aus Gleichstrommotor und netzgeführtem
Stromrichter, in vielen Anwendungsfällen Vorteile. Ein Nachteil dieser Technik ist allerdings,
dass es im generatorischen Betrieb bei Netzspannungs-Ausfall oder Netzspannungs-Ein-
bruch zum sog. Wechselrichterkippen kommen kann. Der mit diesem Kommutierungsver-
sagen verbundene Stromanstieg hat Sicherungsfall oder die Zerstörung von Thyristoren zur
Folge. Anhand der gebräuchlichsten netzgeführten Stromrichterschaltung, der 6-pulsigen
Drehstrombrückenschaltung, wird die Kommutierung des Laststromes in den Thyristorzwei-
gen erklärt und beschrieben, wie es zum Wechselrichterkippen kommen kann.
Durch die Kombination eines netzgeführten Stromrichters mit einer speziellen Löschvor-
richtung („Converter Commutation Protector“, CCP) kann Sicherungsfall oder die Zerstörung
von Thyristoren als Folge von Wechselrichterkippen verhindert werden. Die Stillstandszeit
von Produktionsmaschinen und Anlagen wird dadurch wesentlich verkürzt, und der Gleich-
stromtechnik wird damit wieder zu größerer Attraktivität verholfen. Die Funktion der aus
Dioden, Thyristoren, Kondensatoren, Ladeschaltungen und einem Spannungsbegrenzer
bestehenden Löschvorrichtung (CCP), welche bei Kommutierungsversagen die Ströme des
Stromrichters löscht, bei ungestörtem Betrieb aber keinen Laststrom führt und zusätzlich
eine Netz- und Motor-seitige Spannungsbegrenzung bewirkt, wird näher beschrieben.
Version vom 5.10.2006 Seite 2 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
1. Einleitung Trotz des Vormarsches der Drehstromantriebe, bestehend aus Frequenzumrichter und Dreh-
strommotor, in alle Bereiche der industriellen Antriebstechnik ist der bewährte Gleichstrom-
antrieb, bestehend aus Gleichstrommotor und netzgeführtem Stromrichter, in vielen Anwen-
dungen noch sehr präsent und wird auch für Neuanlagen eingesetzt.
Für die Entscheidung, ob Gleichstrom- oder Drehstrom-Antriebstechnik für eine bestimmte
Anwendung eingesetzt werden soll, muss immer das Gesamtsystem, bestehend aus Motor
und speisendem Leistungsteil, sowie die eventuell erforderlichen zusätzlichen elektrischen
Komponenten wie Netzfilter oder Kommutierungsdrosseln, betrachtet werden.
Für den Einsatz der Gleichstromantriebstechnik sprechen in vielen Anwendungsfällen die
wesentlich niedrigere Verlustleistung der Leistungselektronik, der geringere Platzbedarf und
die geringeren Kosten des Gesamtantriebssystems.
Den vielen Vorteilen der Gleichstromantriebstechnik steht neben dem gegenüber Drehstrom-
motoren höheren Wartungsaufwand für Gleichstrommotoren ein weiterer Nachteil gegen-
über. In bestimmten Betriebszuständen kann es zum sog. "Wechselrichterkippen" kommen,
welches Sicherungsfall und im schlimmsten Fall die Zerstörung von Thyristoren zur Folge
hat.
2. Die 6-pulsige Drehstrombrückenschaltung Im Folgenden wird die gebräuchlichste netzgeführte Stromrichterschaltung, die gesteuerte
6-pulsige Drehstrombrückenschaltung (B6C) gemäß Bild 1 betrachtet. Als Gleichstrom-
maschinen kommen in den meisten industriellen Anwendungen fremderregte Gleichstrom-
maschinen zum Einsatz. In Bild 1 ist der Ankerkreis der Gleichstrommaschine durch ein
Ersatzschaltbild, bestehend aus Ankerkreis-Induktivität La, Ankerkreis-Widerstand Ra und der
induzierten Quellenspannung Uq dargestellt.
LK
LK
LK
V1 V3 V5
V4 V6 V2
u12
u23
u31
Uq
Ra
La
Id
αdu
Gesteuerte 6-pulsige Dreh-
strombrückenschaltung (B6C)
zur Speisung des Anker-
kreises einer fremderregten
Gleichstrommaschine
a
Version vom 5.10.2006 Seite 3 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
LK
LK
V1
V2
u13
Uq
Ra
La
Id
α→ d13 uu
Ankerstrom Id fließt durch V1
und V2.
b
LK
LK
LK
V1 V3
V2
u12
u23
u13
Ra
La
Id
u21
iv1
iv3
iK21
α→+
d2313 u
2uu
Uq
Das Zünden von V3 leitet die
Phase der Kommutierung ein.
Die „kommutierende“ Netz-
spannung u21 bewirkt den
Kurzschlussstrom ik21.
c
LK
LK
V3
V2
u23
Uq
Ra
La
Id
α→ d23 uu
Nach erfolgreicher Kommu-
tierung fließt der Ankerstrom
Id durch V3 und V2.
d
Bild 1 a Gesteuerte 6-pulsige Drehstrombrückenschaltung (B6C), b bis d zeigen die 3
Phasen der Kommutierung am Beispiel der Kommutierung von Thyristor V1 auf
Thyristor V3
Die Thyristorbrücke, bestehend aus den Thyristoren V1 bis V6, wird von einem idealisierten
3-phasigen Spannungssystem (verkettete sinusförmige Spannungen u12, u23, u31) gespeist.
In den Induktivitäten Lk sind alle Induktivitäten des speisenden Netzes inklusive der
wirksamen Induktivitäten vorgeschalteter Transformatoren und Kommutierungsdrosseln
enthalten. Die Arbeitsweise eines derartigen Stromrichters beruht auf der bekannten
„Netzführung", d.h. die Thyristoren müssen nacheinander derart gezündet werden, dass der
in der Gleichstrommaschine fließende Laststrom Id immer von einer Netzphase zur nächsten
weitergeschaltet wird (u12 → u13 → u23 → u21 → u31 → u32). Die Nummerierung der
Thyristoren (1 bis 6) entspricht der Zündreihenfolge bei Anliegen einer 3-phasigen
Spannungsversorgung mit rechtsdrehender Phasenfolge (d.h. gegenüber der verketteten
Spannung u12 eilt u23 um 120 Grad nach, u31 um 240 Grad). Im stationären Fall erfolgt alle 60
Grad die Zündung eines „neuen“ Thyristors. Damit auch bei lückendem Laststrom Stromfluss
Version vom 5.10.2006 Seite 4 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
möglich ist, muss auch der zuvor stromführende Thyristor mitgezündet werden, man spricht
daher von „Doppelimpulsen“. Jeder Thyristor führt 2 Zündzyklen hintereinander (stationär 2-
mal maximal 60 Grad) den Laststrom.
Der Mittelwert der gleichgerichteten Ausgangsspannung udα kann über den sog. Steuer- oder
Zündwinkel α eingestellt werden. Der Steuerwinkel α wird vom sog. „Natürlichen Kommu-
tierungszeitpunkt“ N aus gezählt. Das ist jeweils jener Punkt, ab welchem bei einer Dioden-
brücke die Strom-Kommutierung in eine neue Netzphase beginnen würde (Schnittpunkt
zwischen u12 und u13, u13 und u23, u23 und u21, u21 und u31, u31 und u32, u32 und u12).
Über ein Paar von Thyristoren (V1+V2, V2+V3, V3+V4, V4+V5, V5+V6, V6+V1) wird fort-
laufend jeweils ein – zeitlich durch den Steuerwinkel α verschiebbarer – Ausschnitt aus einer
der verketteten Netzspannungen (u13, u23, u21, u31, u32, u12) an die Gleichstrommaschine
„durchgeschaltet“. Wegen der vorhandenen Induktivitäten Lk kann der Laststrom Id aber nicht
schlagartig vom stromabgebenden (abkommutierenden) Thyristorzweig auf den strom-
übernehmenden (aufkommutierenden) Thyristorzweig übergehen. Bei nichtlückendem Last-
strom Id beginnt jeweils bei Zündung des „neuen“ (aufkommutierenden) Thyristors die Zeit-
phase der „Kommutierung“ oder „Überlappung“, während der sich der von der einen Klemme
der Gleichstrommaschine kommende Laststrom Id über den abkommutierenden und auf-
kommutierenden Thyristor auf zwei Netzphasen aufteilt. Die andere Klemme der Gleich-
strommaschine wird über den schon jeweils einen Zündzyklus vorher gezündeten Thyristor,
welcher sich in der zweiten Stromführungsphase befindet und den vollen Laststrom Id führt,
mit dem verbleibenden Netzanschluss verbunden.
Die 6-pulsige Drehstrombrückenschaltung kann zwar nur positiven Laststrom Id liefern, ist
durch Variation des Steuerwinkels α aber in der Lage, positive oder negative Mittelwerte der
gleichgerichteten Ausgangsspannung udα zu erzeugen. Je nachdem, ob die Gleichstromma-
schine motorisch oder generatorisch arbeitet, spricht man von „Gleichrichterbetrieb“ oder
„Wechselrichterbetrieb“ der Stromrichterbrücke. Eine einzelne Drehstrombrückenschaltung
ist also für einen Antrieb mit nur positivem Moment bei unterschiedlichen Drehrichtungen
geeignet. Dieser Betriebsfall im 1. und 4. Drehzahl-/Drehmoment-Quadranten liegt z.B. beim
Heben oder Senken einer Hubwerks-Last vor. Werden von der Gleichstrommaschine zusätz-
lich auch negative Drehmomente verlangt, so ist ein Doppelstromrichter (auch Umkehrstrom-
richter genannt) erforderlich. Die gebräuchlichste Ausführung eines Umkehrstromrichters
besteht in der kreisstromfreien Antiparallelschaltung zweier Drehstrombrückenschaltungen.
Version vom 5.10.2006 Seite 5 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
3. Kommutierung des Stromes in den Thyristorzweigen Zum Verständnis des Wechselrichterkippens (Kommutierungs-Versagens) wird im folgenden
Beispiel die Kommutierung des Laststromes von V1 auf V3 gemäß Bild 1 b bis d näher
betrachtet. Die zugehörigen Spannungs- und Stromverläufe einer derartigen Kommutierung
im Rückspeisebetrieb können Bild 2 entnommen werden.
Im Ausgangszustand (gemäß Bild 1 b) fließt der komplette Laststrom Id durch die Thyristoren
V1 und V2, an den Ausgang wird dadurch die Netzspannung u13 „durchgeschaltet“.
Zum Zeitpunkt ωtD gemäß Bild 2, d.h. um den Steuerwinkel α gegenüber dem Natürlichen
Kommutierungszeitpunkt N verzögert, wird der „neue“ (stromübernehmende) Thyristor V3 mit
dem Ziel gezündet, die der Phasenabfolge entsprechende verkettete Netzspannung u23 an
den Ausgang durchzuschalten (Thyristor V2 wird mitgezündet). Wegen der vorhandenen
Induktivitäten Lk kann der Strom nicht schlagartig von V1 auf V3 übergehen, es beginnt die
Zeitphase der „Kommutierung“ oder „Überlappung“, während der sich der Laststrom Id auf V1
(iV1) und V3 (iV3) aufteilt (Zeitspanne zwischen ωtD und ωtE gemäß Bild 2).
Wenn die Induktivität im Lastkreis (Ankerinduktivität La der Gleichstrommaschine inklusive
einer eventuell verwendeten Ankerstrom-Glättungsdrossel) sehr viel größer als die wirksame
Kommutierungsinduktivität Lk ist, kann der Laststrom Id während der Dauer der Kommu-
tierung mit guter Näherung als konstant angesehen werden (die Ankerkreis-Induktivität La
wirkt wie eine Stromquelle).
Gemäß Bild 1 c ist während der Dauer der Kommutierung die verkettete Netzspannung u21
(das ist die Differenz der an der Kommutierung beteiligten verketteten Netzspannungen u13
und u23) über V1 und V3 kurzgeschlossen. Im Kurzschlusskreis wirkt die Induktivität 2*Lk und
die „kommutierende“ Netzspannung u21 führt zur Ausbildung des Kurzschlussstromes ik21.
Dieser ist dem Gleichstrom Id im stromabgebenden Thyristor V1 derart überlagert, dass die
Summe der beiden immer kleiner wird. Hat sie den Wert Null erreicht, so verhindert die
Sperrwirkung des Thyristors V1 ein Weiterfließen. Gleichzeitig hat der Strom ik21 durch V3
von Null beginnend den Wert Id erreicht, wodurch die Kommutierung beendet ist. Als Aus-
gangsspannung wirkt nach beendeter Kommutierung die Netzspannung u23, und Id fließt
(gemäß Bild 1 d) durch die Thyristoren V3 und V2. V2 befindet sich nun in der zweiten
Stromführungsphase und führt den Laststrom Id, bis bei der nächsten Zündung (von V4, V3
wird mitgezündet) die Kommutierung von V2 nach V4 erfolgt (bzw. erfolgen sollte).
Version vom 5.10.2006 Seite 6 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
Bild 2 Spannungen und Ströme einer B6C Thyristorbrücke: Im linken Teil sind 4 erfolg-
reiche Kommutierungsvorgänge knapp an der Wechselrichtertrittgrenze dargestellt.
Im rechten Teil kommt es zufolge eines geringfügigen Netzpannungs-Einbruchs ab
ωtG zu einem Anstieg des Ankerstromes Id und zum Versagen der Kommutierung
des Stromes von V2 auf V4 (Wechselrichterkippen).
Während der Dauer der Kommutierung (Überlappungswinkel u) folgt der Verlauf der Aus-
gangsspannung udα des Stromrichters für La >> Lk näherungsweise dem arithmetischen
Mittelwert der an der Kommutierung beteiligten verketteten Netzspannungen u13 und u23. Die
während der Kommutierungsdauer zwischen diesem Mittelwert und einer der beteiligten ver-
ketteten Netzspannungen aufgespannte Spannungs-Zeit-Fläche (siehe schraffierte Flächen
in Bild 2) ist proportional zum Laststrom Id und bewirkt eine Spannungsänderung („induktiver
Gleichspannungsabfall“, auch „Dällenbachabfall“ genannt) gegenüber dem idealisierten Fall
Version vom 5.10.2006 Seite 7 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
mit Überlappungszeit Null. Dieser „induktive Gleichspannungsabfall“ wirkt genauso wie der
Spannungsabfall am Ankerkreiswiderstand.
Die genannte Spannungs-Zeit-Fläche entspricht genau dem Integral der Spannung an der
Induktivität Lk über der Kommutierungsdauer bzw. dem halben Wert des Integrals der
„kommutierenden“ Netzspannung u21 über der Kommutierungsdauer und wird auch als
„Wendespannungsfläche“ bezeichnet. Da diese Spannungs-Zeit-Fläche proportional zum
kommutierenden Laststrom Id ist, lässt sich leicht erkennen, dass die Dauer der Kommu-
tierung auch vom Steuerwinkel α abhängt, da abhängig vom Steuerwinkel α der Kommu-
tierungsvorgang mit unterschiedlich hohem wirksamem Momentanwert der „kommu-
tierenden“ Netzspannung u21 beginnt.
Der zeitliche Verlauf des Stromes iV3 im stromübernehmenden (aufkommutierenden) Thy-
ristor V3 stellt einen (bei ωtD beginnenden) Ausschnitt aus einer in der y-Achse verschobe-
nen Cosinus-Schwingung ik21 dar. In Bild 2 ist ik21 für die Kommutierung von V1 auf V3 darge-
stellt. Die Verschiebung in der y-Achse hängt vom Momentanwert der „kommutierenden“
Netzspannung u21 zum Kommutierungsbeginn und somit vom Steuerwinkel ab. Die fiktive
Amplitude des sich ausbildenden cosinusförmigen Kurzschlussstromes ik21 hängt nicht vom
Ausgangsgleichstrom Id sondern nur von der Induktivität Lk und der Amplitude der Netzspan-
nung u21 ab. Schneidet man aus dieser verschobenen Cosinus-Schwingung ein Stück mit der
Höhe Id heraus, ergeben sich für verschieden große Id-Werte unterschiedlich lange Kommu-
tierungsdauern (Überlappungswinkel), welche aber nicht proportional zu Id sind.
Der stromabgebende Thyristor V1 benötigt nach Erreichen von Strom Null so lange eine zwi-
schen Anode und Kathode anliegende negative Spannung (Sperrspannung), bis der Thyris-
tor seine Sperrfähigkeit für positive Spannung wiedererlangt hat. Erst nach dieser sog. „Frei-
werdezeit“ τq, während der die Minoritätsladungsträger in der Sperrschicht rekombinieren,
darf wieder eine positive Anode-Kathode-Spannung anliegen, ohne dass ein Durchlassstrom
auftritt.
Aus Bild 1 c erkennt man, dass nach beendeter Kommutierung (ab Zeitpunkt ωtE gemäß Bild
2) die zu diesem Zeitpunkt noch positive kommutierende Netzspannung u21 als Sperrspan-
nung an Thyristor V1 anliegt. Der in Bild 2 eingezeichnete Löschwinkel γ ist der verbleibende
Winkel bis zum Vorzeichenwechsel (Zeitpunkt ωtF bzw. Punkt P) der kommutierenden Netz-
spannung u21 und muss mindestens der Freiwerdezeit τq des Thyristors V1 entsprechen
(γmin = ωτq).
Version vom 5.10.2006 Seite 8 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
4. Versagen der Kommutierung, Wechselrichterkippen Die Kommutierung versagt einerseits, wenn der Strom im stromabgebenden Thyristor V1
nicht Null geworden ist, ehe die kommutierende Netzspannung u21 das Vorzeichen wechselt
(Zeitpunkt ωtF bzw. Punkt P). In diesem Fall kommutiert der Strom – getrieben durch u21 –
von Thyristor V3 wieder zurück nach V1. Ein derartiges Kommutierungsversagen ist in Bild 2
bei der Kommutierung von V2 auf V4 (also einen Zündzyklus nach der im Beispiel
beschriebenen erfolgreichen Kommutierung von V1 auf V3) dargestellt. In diesem Fall ist u31
die kommutierende Spannung und der Strom kommutiert – getrieben durch den Vorzeichen-
wechsel von u31 – von Thyristor V4 wieder zurück nach V2. V4 wird wieder stromlos und V2
führt ab Zeitpunkt ωtJ wieder den vollen Laststrom Id. Da dann aber wieder die ursprüngliche
Netzspannung u23 an den Ausgang „durchgeschaltet“ wird, steigt der Laststrom wegen der
schnell ansteigenden Spannungsdifferenz zwischen der Quellenspannung Uq der Gleich-
strommaschine und dem Momentanwert der Netzspannung u23 kurzschlussartig auf unzu-
lässig große Werte an. Dieses Kommutierungsversagen wird als „Wechselrichterkippen“
(„commutation failure“ or „conduction-through“) bezeichnet. Der Laststrom strebt dem Statio-
närwert Uq/Ra zu, welchem eine Wechselstromkomponente zufolge der treibenden Netz-
spannung überlagert ist, er muss z.B. durch in den Thyristorzweigen befindliche Sicherungen
unterbrochen werden und kann die Zerstörung von Thyristoren zur Folge haben. Die
Thyristorstromverläufe im Anschluss an das Kommutierungsversagen hängen auch davon
ab, ob nach Auftreten des Wechselrichterkippens weitere Thyristoren gezündet werden. In
diesem Fall kann es durch das Leitendwerden weiterer Thyristoren zu einem sog. „Quer-
zünder“ kommen, wodurch die Gleichstrommaschine direkt über 2 Thyristoren kurzgeschlos-
sen wird, was zu einer extremen Gefährdung der Gleichstrommaschine führen kann.
Die Kommutierung versagt andererseits auch, wenn der Strom im stromabgebenden Thy-
ristor V1 zwar Null geworden ist, ehe die kommutierende Netzspannung u21 das Vorzeichen
wechselt, die erforderliche Schonzeit des Thyristors (Freiwerdezeit) gemäß γmin aber nicht
eingehalten wird. Da in diesem Fall der Thyristor seine Sperrfähigkeit für positive Spannung
noch nicht wiedererlangt hat, wenn die kommutierende Netzspannung u21 das Vorzeichen
wechselt, kommutiert der komplette Laststrom Id auch in diesem Fall – getrieben durch u21 –
von Thyristor V3 wieder zurück nach V1, und es kommt zum Wechselrichterkippen.
Um im Normalfall eine ordnungsgemäße Kommutierung im Stromrichter zu gewährleisten,
muss gelten: α + u + γmin < 180 Grad.
Um Wechselrichterkippen zu vermeiden, wird der Steuerwinkel α auf einen maximal zuläs-
sigen Wert, die sog. „Wechselrichtertrittgrenze“ αw begrenzt (üblicherweise z.B. auf 150
Grad).
Version vom 5.10.2006 Seite 9 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
Ein Kippen im Wechselrichterbetrieb kann auch dann auftreten, wenn trotz zulässigem
Steuerwinkel die Spannung im Drehstromnetz kurzzeitig kleiner wird oder ganz zusammen-
bricht. Für die Kommutierung eines bestimmten Stromes in den gewünschten Thyristorzweig
ist bei gegebener Induktivität Lk eine bestimmte Spannungs-Zeit-Fläche (Wendespannungs-
fläche) erforderlich. Die Kommutierungsdauer nimmt daher bei reduzierter Netzspannung
und der damit verbundenen reduzierten kommutierenden Spannung des Kurzschlusskreises
zu. Wenn der Strom im stromabgebenden Thyristor nicht rechtzeitig, d.h. unter Einhaltung
der erforderlichen Freiwerdezeit τq, Null geworden ist, ehe die kommutierende Netzspannung
das Vorzeichen wechselt, so versagt die Kommutierung schon im aktuellen Zündzyklus.
Es kann aber auch sein, dass die Kommutierung erst in einem der folgenden Zündzyklen
versagt, weil der mit einer reduzierter Netzspannung verbundene reduzierte Mittelwert der
Stromrichter-Ausgangsspannung udα bei gleich bleibender Quellenspannung der Gleich-
strommaschine einen raschen Anstieg des Laststromes Id zur Folge hat, was den Über-
lappungswinkel zusätzlich weiter erhöht und zum Wechselrichterkippen führt.
Bei den gemäß Bild 2 vorherrschenden Verhältnissen führt das Einbrechen der Netzspan-
nung (ab Zeitpunkt ωtG) um lediglich 5 % unmittelbar danach zum Wechselrichterkippen.
Grund dafür ist hier der mit der reduzierten Stromrichter-Ausgangsspannung verbundene An-
stieg des Laststromes. Für eine Kommutierung des – auch während der Kommutierung stark
ansteigenden – Laststromes ist die (schraffiert ab ωtH dargestellte) zur Verfügung stehende
Wendespannungsfläche für einen vollständigen Stromabbau in V2 nicht ausreichend. Die
Kommutierung von V2 auf V4 versagt. Durch den Vorzeichenwechsel der kommutierenden
Spannung kommutiert der Strom von V4 wieder zurück nach V2, und ab ωtJ fließt der
komplette, rasch ansteigende Laststrom Id wieder durch V2 (und V3).
Sind Spannungsschwankungen im Netz zu erwarten, so muss die Wechselrichtertrittgrenze
αw weiter reduziert werden. Damit reduziert sich auch der Betrag der maximal erlaubten
Quellenspannung Uq der Gleichstrommaschine für den Wechselrichterbetrieb. Es sei an
dieser Stelle aber erwähnt, dass der Wechselrichterbetrieb nicht von Natur aus unsicher ist.
Bei Verwendung netzgeführter Stromrichter zur Antriebsspeisung tritt der Betrieb nahe der
Wechselrichtertrittgrenze nur während eines kleinen Teils der Gesamtzeit auf. Sobald der
Steuerwinkel kleiner als αw ist, sinkt die Wahrscheinlichkeit für Kippen auch bei Spannungs-
einbrüchen im Netz. Unterhalb eines bestimmten Steuerwinkels fängt sich der Stromrichter
sogar wieder. Andererseits sollte nicht vergessen werden, dass bei manchen Anwendungs-
fällen, z.B. bei einem Bremsgenerator, dauernd Wechselrichterbetrieb nahe der Trittgrenze
vorliegt.
Version vom 5.10.2006 Seite 10 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
5. Zusammenfassende Problembeschreibung und mögliche, bisher bekannte Abhilfen Bei netzgeführten Stromrichtern kann im rückspeisenden Betrieb das Problem des Wechsel-
richterkippens auftreten. Dabei entsteht z.B. bei Netzspannungs-Einbruch und hinreichender
Quellenspannung der Gleichstrommaschine ein Überstrom, der weiter zunimmt und auch
nicht mehr durch den Stromrichter selbst gelöscht werden kann. Es kommt dann zwangs-
läufig zu einem Ansprechen der in der Regel vorgesehenen Sicherungen, welche die Thyri-
storen schützen sollen. Die Folge ist ein längerer Ausfall des Stromrichters und der davon
gespeisten Gleichstrommaschine, da es einer entsprechenden Zeit bedarf, um die
Sicherungen, die üblicherweise als schnelle Halbleitersicherungen ausgebildet sind, auszu-
tauschen. Man war daher in der Vergangenheit bemüht, verschiedene, zum Teil aufwändige
Vorrichtungen zur Begrenzung und Unterbrechung des Überstromes zu schaffen, das heißt,
ein Wechselrichterkippen entweder zu verhindern oder kontrolliert zu beenden.
Bekannt sind beispielsweise mechanische Gleichstrom-Schnellschalter, die im Gleichstrom-
pfad liegen. Für deren sichere Funktion sind jedoch zusätzlich hoch aussteuerbare Drosseln
zur Begrenzung des Stromanstiegs erforderlich. Der notwendige Platzbedarf und die ent-
stehenden Kosten sind beträchtlich. Die Dimensionierung ist problematisch und regelmäßige
Wartung ist erforderlich.
Es sind noch andere Verfahren zur direkten Thyristorlöschung mit Löschkondensatoren
bekannt, beispielsweise die Löschung nur einer der beiden Stromrichter-Brückenhälften mit
einem Kondensator, wobei der Motorstrom bis zum völligen Abbau auf Null die Ventile der
zweiten Brückenhälfte noch voll belastet und dadurch nicht in allen Fällen Schutz möglich ist.
Ein ähnliches Verfahren ist die Löschung beider Brückenhälften mit zwei Kondensatoren und
mit je einer Spannungsbegrenzung parallel zu diesen, was jedoch Überspannungen am
Motor zulässt. Die genannten Verfahren schützen außerdem nicht vor einer Überspannung,
welche bei primärseitiger Netzunterbrechung eines die Stromrichterbrücke speisenden
Transformators auftritt.
6. Anforderungen an eine Löschvorrichtung Es wird eine „Löschvorrichtung für Stromrichter“ benötigt, die in der Lage ist, Thyristoren
eines rückspeisenden Stromrichters so schnell zu löschen, dass die den Thyristoren einzeln
oder dem Stromrichter insgesamt vorgeschalteten Halbleitersicherungen im Falle insbeson-
dere eines Wechselrichterkippens vor Schmelzen oder Vorschädigung (Alterung) geschützt
werden. Sofern Sicherungen vorliegen, soll deren Schmelzintegral (i²t) nicht erreicht werden.
Bei sicherungslosem Betrieb darf das Grenzlastintegral (i²t) der Thyristoren nicht erreicht
werden. Überdies soll der Stromrichter vor Überspannungen geschützt werden, wie sie z.B.
Version vom 5.10.2006 Seite 11 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
bei primärseitiger Netzunterbrechung eines speisenden Transformators auftreten und die oft
„Überkopfzünden“ und damit die Zerstörung von Thyristoren bewirken können.
7. Allgemeine Beschreibung der realisierten, neu entwickelten Löschvorrichtung Durch die Kombination eines netzgeführten Stromrichters mit einer speziellen, von SIEMENS
AG Österreich neu entwickelten Löschvorrichtung („Converter Commutation Protector“, CCP)
kann Sicherungsfall oder die Zerstörung von Thyristoren als Folge von Wechselrichterkippen
verhindert werden. Die Stillstandszeit von Produktionsmaschinen und Anlagen wird dadurch
wesentlich verkürzt, und der Gleichstromtechnik wird damit wieder zu größerer Attraktivität
verholfen. Die Funktion der aus Dioden, Thyristoren, Kondensatoren, Ladeschaltungen und
einem Spannungsbegrenzer bestehenden neu entwickelten Löschvorrichtung („Converter
Commutation Protector“, CCP), welche bei Kommutierungsversagen die Ströme des Strom-
richters löscht, bei ungestörtem Betrieb aber keinen Laststrom führt und zusätzlich eine
Netz- und Motor-seitige Spannungsbegrenzung bewirkt, wird im Folgenden näher be-
schrieben.
Die Löschvorrichtung verwendet ein Verfahren zur besonders schonenden Löschung beider
Brückenhälften mit zwei Kondensatoren. Ein Spannungsbegrenzer liegt parallel zum Motor
und bewirkt eine Motor-seitige Überspannungsbegrenzung. Über zwei weitere Dioden
besteht eine Verbindung eines durch 6 Dioden gebildeten Netzspannungs-Brückengleich-
richters mit dem vorgenannten Spannungsbegrenzer. Dies schützt auch vor Netz-seitigen
Überspannungen, welche beispielsweise bei primärseitiger Netzunterbrechung eines
speisenden Transformators auftreten. Durch die Verwendung je eines weiteren Lösch-
thyristors in Serie zu den Löschkondensatoren wird eine Ladeschaltung ohne Trafo möglich.
Weiters wird dadurch auch die doppelte Spannungsbelastung an den Löschthyristoren
vermieden. Als Spannungsbegrenzer dient ein schneller Widerstands-Chopper.
Ausgelöst wird die Löschvorrichtung nach einem Verfahren, welches in Form eines
Softwarealgorithmus mehrere Kriterien heranzieht. Dazu gehören die Messung der zur
Verfügung stehenden Kommutierungs-Spannungs-Zeit-Fläche und die Auswertung der
Kurvenform des gemessenen Laststromes.
8. Funktionsprinzip und Aufbau der realisierten Löschvorrichtung Bild 3 zeigt die Prinzipschaltung einer Kombination aus netzgeführtem Umkehrstromrichter
SRB (kreisstromfreie Antiparallelschaltung zweier Drehstrombrückenschaltungen) mit einer
speziellen Löschvorrichtung LOV. Die Löschvorrichtung wird den Drehstrom- und Gleich-
strom-Anschlüssen des Stromrichters parallel geschaltet (5 Leistungs-Verbindungen).
Version vom 5.10.2006 Seite 12 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
Vom Stromrichter wird eine Gleichstrommaschine MOT gespeist. Die Ansteuerschaltung
AST beinhaltet die Logik zur Erzeugung der netzsynchronen Zündimpulse der Stromrichter-
brücken. Der Gleichstrom wird durch Stromwandler in den Netzphasen L1 (U) und L3 (W)
des Stromrichters erfasst. Die Auslöseeinheit ALE beinhaltet die Logik zur Auslösung der
Löschvorrichtung.
Die Löschvorrichtung LOV besitzt für jede Brückenhälfte V11, V13, V15 bzw. V14, V16, V12
(bei umgekehrter Laststromrichtung für V21, V23, V25 bzw. V24, V26, V22) einen Lösch-
kondensator C1 bzw. C2, von welcher jeder auf die eingezeichnete Polarität aufgeladen wird.
Die zwei geladenen Kondensatoren (C1 und C2) sind einerseits über Dioden (V41, ..., V46),
andererseits über Thyristoren (V31, ..., V34) mit dem Stromrichter verbunden.
Die Gleichstromanschlüsse (Motor) sind über Thyristoren (V35, ..., V38) mit dem Konden-
sator C3 und dem dazu parallelen Spannungsbegrenzer SBG verbunden. Der Kondensator
C3 ist für die Funktion des Prinzips nicht notwendig, ermöglicht aber den Einsatz eines
Widerstands-Choppers als Spannungsbegrenzer. Anzumerken ist, dass – im Gegensatz zu
den Löschkondensatoren C1, C2 – Kondensator C3 immer mit einer Spannung derselben
Polarität beaufschlagt ist.
Die Gleichspannungsseite der in einer Brückenschaltung angeordneten Dioden V41, ..., V46
ist über Dioden V47 bzw. V48 mit dem Eingang des Spannungsbegrenzers SBG und mit C3
verbunden. Sie ermöglichen im Verlauf des Löschvorganges den Stromabbau in den
Netzinduktivitäten Lk einerseits und im Normalbetrieb der Stromrichterbrücken (motorisch
und generatorisch) das Übernehmen von transienten Überspannungen aus dem Netz –
welche z.B. auch bei primärseitiger Netzunterbrechung eines speisenden Transformators
auftreten – und von Kommutierungs-Spannungsspitzen vom Stromrichter selbst.
In Lk sind alle Induktivitäten des speisenden Netzes inklusive der wirksamen Induktivitäten
vorgeschalteter Transformatoren und Kommutierungsdrosseln enthalten. Ls sowie L1 und L2
sind parasitäre Induktivitäten, die nur bei Bedarf – zur Stromanstiegs-Begrenzung – als
Luftspulen ausgeführt werden.
Version vom 5.10.2006 Seite 13 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
Bild 3 Prinzipschaltung: Kombination aus Umkehrstromrichter SRB mit Löschvorrichtung
LOV. Ansteuerschaltung AST erzeugt Zündimpulse für SRB. Auslöseeinheit ALE
beinhaltet Logik zur Auslösung von LOV. Über R und Schalter S vorgeladene Lösch-
kondensatoren C1 und C2 löschen Strom in einer oberen oder unteren Stromrichter-
Brückenhälfte. Spannungsbegrenzer SBG begrenzt Netz- und Motorspannung.
Version vom 5.10.2006 Seite 14 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
Uq
Ra
La
Id
LK
LS L1
V31
V39
C1
V41
iC1
V11
+-
LK
LS L2
V33
V40
C2
V42
iC2
V12
V35
V37
C3u13
SBG
i3
+-
-+
-
+
Bild 4 Relevante Strompfade bei Löschung eines Stromes, welcher ursprünglich durch V11
und V12 floss. Durch die sich aufbauenden Ströme iC1 für die eine und iC2 für die
andere Brückenhälfte kommutiert der komplette Laststrom Id zunächst in die Lösch-
kondensator-Pfade. Der Laststrom lädt sodann die Löschkondensatoren C1 und C2
um und kommutiert bei entsprechend hoher Spannung in Kondensator C3 bzw. in
den Spannungsbegrenzer SBG. Durch die Differenz zwischen der Spannung an C3
und der Quellenspannung Uq wird der Laststrom Id sodann auf Wert Null abgebaut.
9. Löschvorgang Im Folgenden soll der Löschvorgang für die in Bild 3 eingezeichnete Polung von Motor-
spannung und Laststrom Id (Motorstrom) erläutert werden, wobei gemäß Bild 3 geladene
Löschkondensatoren C1, C2 vorausgesetzt werden. In Bild 4 sind zum besseren Verständnis
des Löschvorganges die relevanten Strompfade für jenen Fall eingezeichnet, dass Laststrom
in V11 und V12 floss.
Bei Zündung der Lösch-Thyristoren V31, V39 und V33, V40 durch die Auslöseeinheit ALE
kommutieren die Ströme sowohl von der oberen Halbbrücke V11, V13, V15 in den Konden-
sator C1, als auch von der unteren Halbbrücke V14, V16, V12 in den Kondensator C2.
Dadurch werden alle Ströme im rückspeisenden Stromrichter (V11, ..., V16) sofort gelöscht.
Durch den Löschvorgang wird die Motorspannung kurzzeitig umgepolt.
Gleichzeitig mit der Abgabe der Löschimpulse (Zündimpulse für die Lösch-Thyristoren)
werden die Zündimpulse für die Brücke SRB gesperrt.
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Durch den Laststrom werden C1 und C2 entladen und in entgegen gesetzter Polarität auf-
geladen. Durch das Umladen von C1 und C2 steigt auch die Spannung an der Gleichstrom-
maschine. Bei Erreichen des Spannungspegels an C3 kommutiert der Laststrom über die
kurz vorher – etwa beim Spannungsnulldurchgang an C1 und C2 – gezündeten Thyristoren
V35 und V37 in den am Spannungsbegrenzer SBG liegenden Kondensator C3. Falls die
Spannung an C3 noch nicht den Begrenzungspegel des Begrenzers SBG erreicht hat, wird
er durch den Laststrom dahin aufgeladen. Anzumerken ist hier, dass nur bei umgekehrter
Laststromrichtung Ströme durch die Thyristoren V32, V34, V36 und V38 fließen.
Damit daraufhin der von der Ankerinduktivität getriebene Laststrom auf Wert Null abgebaut
wird, muss die Spannung an C3 höher als die Quellenspannung Uq der Gleichstrom-
maschine sein. Die Spannung an C3 wird durch den Spannungsbegrenzer SBG im Sinne
einer Begrenzung auf einen Maximalwert geregelt. Die Spannungsbegrenzung wird z.B.
mittels eines Zweipunktreglers mit entsprechender Hysterese realisiert, welcher Lastwider-
stände zu- und abschaltet (Widerstands-Chopper).
10. Ladeschaltung Die beiden Löschkondensatoren C1, C2 müssen auf einen Teil des Scheitelwerts der ver-
ketteten Netzspannung vorgeladen werden. Dazu dient eine Ladeschaltung mit je zwei Lade-
widerständen R pro Kondensator, welche zum Pluspol bzw. zum Minuspol des Brücken-
gleichrichters (V41, ..., V46) führen, und zwei Halbleiterschaltern S, welche von einem Zwei-
punktregler gesteuert werden. Damit im Anschluss an den eigentlichen Löschvorgang der
Stromrichter-Thyristoren deren Freiwerdezeit während des Umladevorgangs – bis etwa zum
Vorzeichenwechsel der Spannung an C1 und C2 – eingehalten wird, ist eine bestimmte Min-
dest-Ladespannung erforderlich. Diese hängt bei gegebener Freiwerdezeit und festgelegtem
Kapazitätswert von C1, C2 vom höchsten zu löschenden Stromwert, von der höchsten zu er-
wartenden Quellenspannung Uq der Gleichstrommaschine und von der Ankerinduktivität ab.
Im Löschfall müssen unmittelbar nach der Zündung der Löschthyristoren die Halbleiter-
schalter S der Ladeschaltung geöffnet werden, um zu verhindern, dass Löschthyristoren
nach erfolgreichem Stromabbau durch Strom über die Ladewiderstände leitend bleiben.
11. Steuerung der Löschvorrichtung und Auslösealgorithmen Die Steuerung der gesamten Löschvorrichtung erfolgt durch eine analoge Schaltung mit
Mikroprozessor-Unterstützung, welche auch der Kommunikation mit dem Stromrichter dient.
Ausgelöst wird die Löschvorrichtung nach einem Verfahren, welches in Form eines Software-
algorithmus mehrere Kriterien heranzieht. Als Basis dienen die Zeitverläufe der gemessenen
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Spannungen und Ströme. Ein erstes Kriterium zum Aktivieren der Löschvorrichtung besteht
darin, die nach der Kommutierung noch zur Verfügung stehende Wendespannungsfläche zu
messen und mit einem theoretischen Wert, welcher bei einer erfolgreichen Kommutierung
gegeben ist, zu vergleichen. Zur Bildung dieser Spannungs-Zeit-Fläche erfolgt eine etwa 30°
dauernde Aufintegration der entsprechenden, an den Stromrichterklemmen gemessenen
kommutierenden Netzspannung, beginnend ab dem Zündzeitpunkt. Die Löschvorrichtung
wird dann ausgelöst, wenn die gemessene Fläche einen bestimmten Prozentsatz der
theoretisch zur Verfügung stehenden Wendespannungsfläche unterschreitet.
Ein weiteres Kriterium zum Aktivieren der Löschvorrichtung besteht darin, dass vom gemes-
senen Ausgangsgleichstrom Id die zweite Ableitung nach der Zeit gebildet wird, welche bei
„normalen“ Ankerstromkuppen zwischen den Zündzeitpunkten negativ ist. Für jede
(„normale“) Stromkuppe muss also gelten, dass d2id/dt2 < 0 ist. Ist dies nicht der Fall, d.h.
beginnt sich die Stromkuppe nach oben zu krümmen (wie z.B. gemäß Bild 2 beim Versagen
der Kommutierung), so muss davon ausgegangen werden, dass in Folge eines Einbruchs
der Netzspannung sich in kurzer Zeit ein Überstrom bilden wird, und die Löscheinrichtung
kann bereits vor Erreichen eines Überstroms aktiviert werden.
Als drittes Kriterium kann die Höhe der Ankerstromkuppe ausgewertet werden, wobei der
Schwellwert beispielsweise beim zweieinhalbfachen Nennstrom der Stromrichterbrücke liegt.
12. Beispiele für Problemfälle, die durch die Löschvorrichtung beherrscht werden Bei Blitzeinschlägen auf der Hoch- oder Mittelspannungsebene werden Schutzfunken-
strecken oder gasgefüllte Überspannungs-Schutzelemente gezündet. Dadurch entstehen
niederohmige Netzspannungseinbrüche mit der Dauer von einigen Millisekunden. Weitere
Möglichkeiten für niederohmige Netzspannungseinbrüche sind alle Arten von Kurzschlüssen
am speisenden Netz. Diese Netzspannungseinbrüche können – wie in diesem Beitrag
beschrieben – zu Wechselrichterkippen führen. Der dadurch entstehende Überstrom wird
aber durch das Auslösen der Löschvorrichtung gelöscht, bzw. es kommt durch entsprechend
schnelles Erkennen des Kommutierungsversagens und Auslösen der Löschvorrichtung erst
gar nicht zur Ausbildung eines nennenswerten Überstromes.
Überspannungen am speisenden Netz entstehen z.B. dann, wenn nach einem Kurzschluss
an einem parallelen Stromkreis am gleichen Netz die zugeordnete Sicherung den fehler-
haften Stromkreis vom Netz trennt. Diese bei Netzwiederkehr auftretenden Überspannungs-
spitzen werden durch die Löschvorrichtung an den Stromrichterklemmen begrenzt.
Auch bei primärseitiger Netzunterbrechung eines speisenden Transformators, z. B. auf der
Mittelspannungsebene, kann es durch die im Transformator gespeicherte Magnetisierungs-
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energie zum Auftreten von Überspannungen kommen, die durch die beschriebene Lösch-
vorrichtung an den Stromrichterklemmen begrenzt werden. Das sog. „Überkopfzünden“ von
Thyristoren wird dadurch vermieden. Eine primärseitige Netzunterbrechung eines speisen-
den Transformators führt außerdem dazu, dass die für die Kommutierung im Stromrichter
wirksame Netzinduktivität enorm ansteigt, was zu Kommutierungsversagen im Stromrichter
führt (d.h. das zuletzt leitende Thyristorpaar führt weiterhin Strom). In diesem Fall entsteht
ein Überstrom erst nach Zünden weiterer Thyristoren des Stromrichters, welche die Gleich-
strommaschine kurzschließen. Durch die Verwendung der Löschvorrichtung kommt es aber
gar nicht zum Aufbau eines Überstromes, da bei Erkennen des Kommutierungsversagens
die Löschvorrichtung auslöst und das Zünden weiterer Thyristoren des Stromrichters
verhindert.
13. Am Markt verfügbar: Der „SIMOREG DC-MASTER Converter Commutation Protector“ (CCP) Von SIEMENS AG Österreich / SIMEA (Siemens Industrial Manufacturing, Engineering and
Applications) wurde für die Kombination mit den Stromrichtergeräten der Baureihe
„SIMOREG DC-MASTER 6RA70“ eine entsprechende Gerätereihe der in diesem Beitrag
beschriebenen Löschvorrichtung entwickelt und unter der Bezeichnung „SIMOREG DC-
MASTER Converter Commutation Protector“ oder kurz „SIMOREG DC-MASTER CCP“ auf
den Markt gebracht. Das derzeit zur Verfügung stehende CCP-Produktspektrum deckt
Bemessungsgleichströme der Stromrichter von 300 A bis 2000 A und Bemessungsspannun-
gen bis zu 3AC 690 V ab.
14. Resümee Wie in diesem Beitrag dargestellt wurde, kann durch die Kombination eines netzgeführten
Stromrichters mit einer speziellen Löschvorrichtung ein Sicherungsfall oder die Zerstörung
von Thyristoren als Folge von Wechselrichterkippen verhindert werden. Die Stillstandszeit
von Produktionsmaschinen und Anlagen wird dadurch wesentlich verkürzt, und der Gleich-
stromtechnik wird damit wieder zu größerer Attraktivität verholfen.
Literatur [1] Möltgen, G.: Netzgeführte Stromrichter mit Thyristoren. Siemens AG, Berlin-München,
3. Aufl./1974
[2] Zach, F.: Leistungselektronik. Springer-Verlag, Wien-New York, 1979
Version vom 5.10.2006 Seite 18 von 18 Wöhrer, Hofmüller, Himmelstoss
[3] Kolar, J., Drofenik, U.: Interactive Power Electronics Seminar (iPES), Netzgeführte
Thyristorschaltungen, Wechselrichterkippen. ETH Zürich, Okt. 2004. Verfügbar von
http://www.ipes.ethz.ch/ipes/kommutierung/kipp.html