36
N° 36 Freitag, 08.09.2017 CHF 5.– LEHRE STATT KNAST Arxhof / S. 6 Im Massnahmenzentrum können junge Straftäter einen Beruf erlernen. Besonders hart arbeiten sie aber an sich selbst.

Arxhof / S. 6 LEHRE STATT KNAST · (Piano und Schlagzeug) offensichtlich. Alle drei schlossen ihr Studium im Klassi - schen Sektor der Musikhochschule Basel ab. Die Eltern der Arbenz-Brüder

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

N° 36Freitag, 08.09.2017 CHF 5.–

LEHRE STATT KNAST

Arxhof / S. 6 Im Massnahmenzentrum können junge

Straftäter einen Beruf erlernen. Besonders hart arbeiten sie aber an sich selbst.

2

TagesWoche 36/17

zweiwest.ch

Aus eigener Energie.

Mobilitätsabo – flexible E-Mobilität für Mieter.Entdecken Sie unsere Angebote rund um E-Mobilität: Für Mieter, Vermieter, Eigentümer und KMU. iwb.ch/mobilitaet

E-MOBILITÄT

BesuchenSie uns an der

Auto Basel in Halle 2.014.–17.9.2017

IWB E-Mobilitaetswochen Herbst Inserat Tageswoche 25-08-2017 230x310 0717.indd 2 15.08.17 17:42

3

TagesWoche 36/17

Wohnbaupolitik / S. 15 Foto: keystone

Sissy Raith / S. 28 Foto: eleni kougionis Bärenfelserstrasse / S. 32 Foto: a. preobrajenski

Möchten Sie hier wohnen? Gemäss Behörden gilt der Heizungsraum in Basel als Wohnraum. Jetzt muss sich das Verwaltungsgericht mit der Frage beschäftigen.

Die erste Wohnstrasse der Schweiz feiert Jubiläum. Die Pioniere erzählen.

Seit einem Jahr trainiert sie die Frauen des FC Basel. Zeit für einen Besuch.

Thomas Lähns S.  4Bestattungen S. 20 Knackeboul S. 21Kinoprogramm S. 30Kulturflash S. 31Wochenendlich S. 33Kreuzworträtsel S. 34Impressum S. 34

tite

lFot

o: e

leni

kou

gion

is

Georg Kreis / S. 22

Wer vertritt die Interessen der Schweiz im Ausland, wenn Aussenminister Didier Burkhalter weg ist? Sein Nachfolger – oder der Wirtschaftsminister?

INHALT

zweiwest.ch

Aus eigener Energie.

Mobilitätsabo – flexible E-Mobilität für Mieter.Entdecken Sie unsere Angebote rund um E-Mobilität: Für Mieter, Vermieter, Eigentümer und KMU. iwb.ch/mobilitaet

E-MOBILITÄT

BesuchenSie uns an der

Auto Basel in Halle 2.014.–17.9.2017

IWB E-Mobilitaetswochen Herbst Inserat Tageswoche 25-08-2017 230x310 0717.indd 2 15.08.17 17:42

Die Weichen stellt jeder selbst

E in junger Mann wird straffällig, mehr als einmal, bis er geschnappt wird und vor Gericht landet. Er wird verurteilt und

landet im Gefängnis – oder im Massnahmen-zentrum Arxhof im Baselbiet. Hier absolviert er eine Lehre und wird therapeutisch behandelt. «Kuschel justiz», schreit da der Wutbürger, der nicht versteht, warum Einsperren allein keine Lösung ist, wenn ein Straftäter früher oder spä-ter wieder entlassen werden muss.

Der Arxhof ist keine heile Welt. Auch dort gibt es Probleme. Im April berichteten Medien über eine Kündigungswelle und Vorwürfe von ehemaligen Angestellten gegen die Direktion. Die härtesten Konflikte tragen aber die einge-wiesenen jungen Männer mit sich selber aus. Roger von Büren, heute ein gefeierter Koch, ging in den Arxhof, weil er dachte, das sei der Weg des geringsten Widerstands. Bis er merkte, wie anstrengend es ist, an sich und seinem Charakter zu arbeiten. So anstrengend, dass manchmal ein Insasse vom Arxhof abhaut und sich der Polizei stellt, um im Gefängnis eine Auszeit von der permanent geforderten Ausein-andersetzung mit sich selbst zu nehmen.

Nicht jeder, der im Massnahmenzentrum eine Lehre macht, wird später ein Meister seines Fachs. Die Hälfte der Eingewiesenen verlässt den Arxhof, ohne eine Lehre abge-schlossen und die vom Gericht verordnete Massnahme erfolgreich hinter sich gebracht zu haben.

Ob der junge Mann aus Bern, den wir bei unserer Recherche auf dem Arxhof getroffen haben, fortan als Koch oder als Krimineller durchs Leben geht, liegt in seiner Hand. Der Arxhof gibt ihm die Chance, einen Platz in der Gesellschaft, innerhalb der Gesetze zu finden. Und die Gesellschaft kann froh sein um jeden jungen Gesetzesbrecher, der den Rank findet, statt ein Leben lang Straftaten zu verüben. ×

Thomas Lähnsvon Olivier Joliat

Der Basler Bassist Thomas Lähns interpretiert mit seinem Jazztrio Vein die Klassiker von Ravel und hat damit vor allem auch im Osten Erfolg.

D as Jazztrio Vein tourte in zehn Jahren in rund vierzig Ländern auf vier Kontinenten, diesen Frühsommer etwa in Japan.

Doch wirklich gross sind die Basler, wenn sie in den Ländern der ehemaligen UdSSR spielen. «Für Ferien ist Russland nicht meine Traumdestination, aber zum Spie-len ist es hinter dem Ural am besten», schwärmt Bassist Thomas Lähns von den sibirischen Städten.

Im wilden Osten strömen schnell 500 Leute an ihre Konzerte. «Anders als sonst in Europa kommen meist sehr junge Fans», sagt Lähns. Die Band wird in TV- und Radio-Shows eingeladen und hat das Angebot erhalten, für ein Festival durchs Land zu touren, an dem jeden Abend 5000 Leute tanzen.

Lähns kommentiert den Russland- Hype nüchtern: «Mal läuft es in Spanien besser, mal in England. Seit ein paar Jah-ren scheint Jazz im Osten gerade sehr populär.» Generell freut sich das Trio über ständig neue Anfragen. «Nur im Welsch-land bekommen wir kaum Konzerte.»

Vielleicht ändert sich das mit dem neu-en Album «Vein plays Ravel». Der «Boléro» des französischen Komponisten ist eines der meistgespielten Orchesterwerke, ein Klassik-Ohrwurm, ein Gassenhauer. Aber den Evergreen zu verjazzen, klingt in etwa so originell wie eine Mundartversion von «Let it be». Wie kommt ein Jazztrio, das in den Feuilletons von «The Guardian» bis zur FAZ gefeiert wird, darauf? Lähns: «Ge-nau die simplen Melodien ermöglichen es, uns möglichst weit vom Original zu entfer-nen, ohne den Bezug zu verlieren.» Aber was würde der Komponist denken? «Ravel hatte selbst stets alte Stile aufgegriffen und neu interpretiert. Unser Remix könnte ihm also durchaus entsprechen.»

Die Verwalter von Ravels Werk waren der Anfrage aus Basel gewogen und gaben die Stücke frei. Das ist nicht selbstver-ständlich: «Bei Strawinski war die Anfrage erfolglos. Seine Stücke darf man nicht neu interpretieren.» Das Trio vergreift sich aber längst nicht nur an Klassikern. «Das ist erst das dritte Album mit Fremdkom-positionen», zwölf hat die Band schon herausgebracht.

Die Liebe zur Klassik ist bei Lähns und den Brüdern Michael und Florian Arbenz

Reto Aschwanden Co-Leiter Produktion

PORTRÄTEDITORIAL

Wo die wilden Kerle lernen

Weiterlesen, S. 6

4

TagesWoche 36/17

Thomas Lähns gibt den Bass auch dann nicht aus der Hand, wenn man ihm auf der Treppe Hilfe anbietet. Foto: hans-jörg walter

(Piano und Schlagzeug) offensichtlich. Alle drei schlossen ihr Studium im Klassi-schen Sektor der Musikhochschule Basel ab. Die Eltern der Arbenz-Brüder waren klassische Musiker, der Vater leitete die Musikakademie. Lähns Ur-Grossvater An-ton Wettengel Senior blies das Fagott beim Basler Sinfonieorchester wie später auch sein Junior, Lähns Grossvater: «Haupt-sache gross und tief», sagt Lähns über die familiäre Instrumentenvorliebe.

Mit Iron Maiden zum BassAuf den Bass kam er – irgendwie auch

klassisch für einen 13-Jährigen – über Iron Maiden. «Als mein älterer Bruder das ‹Powerslave›-Album nach Hause brachte, wollte ich nur noch Bass lernen, um eine Band zu gründen.» Seine erste Band mit

eigenen Songs hatte er schon mit neun. Allerdings spielte er da noch Keyboard.

Bei seinem Basslehrer Tibor Elekes lernte er den Jazz kennen und bald wech-selte er vom E-Bass zum Kontrabass. Zu den Arbenz-Brüdern fand er mit 23 eben-falls über Elekes, als deren Bassist ausge-fallen war. «In der kleinen Jazzszene ist es ein unglaubliches Glück, in derselben Stadt zwei musikalisch so versierte und menschlich passende Mitstreiter zu fin-den. Dank ihrer Beziehungen spielte ich schon als Jung-spund mit alten Jazzgrös-sen. Das war unglaublich inspirierend.»

Zum Glück nur musikalisch. Denn verglichen mit den Biografien alter Jazzi-konen schrumpft manch böser Rocker zum Schulbuben. Lähns lacht: «Der Jazz ist heute propper. Früher spielte man ein,

zwei Wochen am selben Ort. Da konnte man es sich erlauben, auch mal besoffen eine Show zu versauen.»

Eine Jazzgrösse spielt als Gast auf dem neuen Album: «Das Saxophon von Andy Sheppard wie auch der fünfköpfige Blä-sersatz bereichern das Spektrum enorm.» Sein persönliches Spektrum lässt Lähns gerne auch von seinen Schülern an der Musikschule Birsfelden bereichern, wenn sie die neusten Hits spielen wollen, oder wenn ihn alte Freunde an Punkkonzerte ins «Hirschi» schleppen.

Nun entern Vein erstmals die Volks-haus-Bühne. Und man wünscht sich für die Plattentaufe russische Zustände. ×

Ten Years of Vein: Samstag, 9. November, 20 Uhr, Volkshaus Basel.

TagesWoche 36/17

Arxhof

Das Massnahmenzentrum bringt jungen Straftätern einen Beruf bei, statt sie hinter Gittern Zeit totschlagen zu lassen.

WO DIE WILDEN KERLE LERNEN

Arbeiten, Gruppensitzung und immer wieder Therapie. Auf eine geregelte Tagesstruktur wird im Arxhof grosser Wert gelegt.

Wer in Freiheit funktionieren soll, muss auch lernen, Freizeit zu geniessen.

von Miriam Suter und Alexander Preobrajenski (Fotos)

O b es in Ordnung sei, wenn er während des Gesprächs einen Kaffee trinke, fragt Peter*, be-vor wir uns setzen. Seine Fra-

ge richtet er an Ausbildungsleiter Oskar Paul Schneider. «Verrückt, nicht? Welcher normale Lernende würde so eine Frage schon stellen?», sagt Schneider. Er gehört zur Direktion und scheint für die Bewoh-ner Boss und Papi gleichzeitig zu sein.

Peter ist kein «normaler Lernender». Wir befinden uns im Arxhof, einem offe-nen Massnahmenzentrum für junge Er-wachsene in Niederdorf in Baselland ( siehe Box Seite 10). Es ist ein Ort, der auch als Wellness-Center durchgehen könnte: Der Hof liegt eingebettet in wattige Felder, rundherum saftiggrüne Bäume, auf dem Platz zwischen den Pavillons, in denen die Bewohner arbeiten und wohnen, liegt ein Schwimmteich, ein Naturpool mit Ein-stiegstreppchen: «Man könnte hier baden, aber das tut eigentlich niemand. Die Jungs sind ein bisschen heikel, die Pflanzen und die Tierchen im Wasser stören sie», sagt Schneider lachend.

Aktuell leben 34 junge Männer zwi-schen 17 und 28 Jahren auf dem Arxhof, Platz haben 46. Sie alle haben eines ge-meinsam: In der Vergangenheit sind sie wiederholt straffällig geworden. Weil

sie noch jung sind, kamen sie um eine Gefängnisstrafe herum, indem sie in den Arxhof eintraten. Ein Wunschkonzert ist das aber nicht: Wer hier hin will, muss sich in einem Aufnahmegespräch beweisen, Drogenabhängige müssen den Entzug be-reits hinter sich haben. Wer suizidal ge-fährdet ist oder mit Psychosen zu kämpfen hat, wird nicht aufgenommen.

Weder Mauern noch ZäuneIm Arxhof absolvieren die Eingewie-

senen eine drei- bis vierjährige Berufs-ausbildung. Zur Auswahl stehen acht ver-schiedene Bereiche: Forst, Gartenbau, Malerbetrieb, Metallbau, Schreinerei, technischer Dienst, Verwaltung und die Küche, wo Peter arbeitet. Der 28-jährige Berner ist ein sympathischer junger Mann. Er drückt sich gewählt aus, hat eine warme Ausstrahlung und Manieren, die man eher von einem Angestellten in der Brasserie Les Trois Rois in Basel erwartet.

Jeden Morgen um 6.45 Uhr beginnt für Peter und alle anderen hier im Arxhof der Alltag: Frühstück und Bereitmachen für den Arbeitstag, der eine halbe Stunde später beginnt. Das Mittagessen wird zu-sammen eingenommen. Der Arbeitstag endet um 16 Uhr, «wenn wir Gruppensit-zungen haben»,  sonst um 17 Uhr.

In der Gruppensitzung sprechen die Bewohner etwa darüber, dass einer einen Fluchtversuch unternommen hat – und

danach in den Arxhof zurückgekehrt ist. «Das kommt vor», sagt Schneider. «Wenn jemand gehen will, kann er das. Wir sind eine offene Einrichtung. Wer flüchtet und das Gebiet des Arxhofs verlässt, den schreiben wir bei der Polizei zur Fahn-dung aus. Es gab auch schon Fälle, in denen geflüchtete Bewohner direkt aufs Revier gingen und sich stellten, um im Untersuchungsgefängnis ein Time-out anzutreten.»

«Ich konnte mich gut eingewöhnen hier, habe mich aber auch auf den Aufenthalt vorbereitet.»

Peter, seit 2014 im Arxhof

Peter will nicht flüchten. Ihm gefällt die Arbeit auf dem Arxhof und er steht kurz vor seinem Lehrabschluss, im Mai begin-nen die Abschlussprüfungen. Er war auch schon im Gefängnis und sieht das Mass-nahmenzentrum als letzte Chance.

Sein Lebenslauf gleicht einer holpri-gen Landstrasse: Als Peter zehn Jahre alt ist, trennen sich seine Eltern. Der Vater ist ein Mann, der Struktur liebt und nach dem Motto «Zuerst die Arbeit, dann das Ver-gnügen» lebt. Peter wächst aber bei seiner

TagesWoche 36/17

Wer in Freiheit funktionieren soll, muss auch lernen, Freizeit zu geniessen. Bei Ausbildungsleiter Oskar Paul Schneider laufen alle Fäden zusammen.

Mutter in Bern auf, die ihn als 13-Jährigen bis morgens um vier durch die Stadt zie-hen lässt und ihm nur wenig Grenzen setzt. Kiffen gehört zum Ausgang dazu, Alkohol ebenfalls.

Mit 16 beginnt Peter eine Lehre als Koch, die er allerdings nicht beendet. Über das Delikt, für das er angeklagt wurde, will er nicht en détail sprechen. Er sagt nur: «Konsum von Gras und tätliche Angriffe.» 2013 wurde er dafür zu zwei Jahren Ge-fängnis verurteilt – oder wahlweise den Eintritt in den Arxhof. Zusammen mit sei-nem Anwalt entschied sich Peter gegen einen Aufenthalt im Gefängnis und für das Massnahmenzentrum.

Seit 2014 ist er nun hier. Abgeliefert hat ihn der Vater, an einem Herbsttag im Okto-ber, das Aufnahmeverfahren war dem da-mals 25-Jährigen bereits aus seiner Zeit im Gefängnis bekannt: «ID abgeben und so weiter, das kannte ich ja schon. Ich konnte mich gut eingewöhnen hier, habe mich aber auch auf den Aufenthalt vorbereitet.»

Rückfall im AusgangDie Beziehung zu seiner Freundin hat

Peter vor dem Eintritt in den Arxhof been-det und dann im Ausgang «nochmals rich-tig Gas gegeben». Wenn er heute mit den Jungs in seinem Wohnpavillon bestimmte Lieder hört oder über Erfahrungen in der Vergangenheit spricht, fühlt er sich manchmal getriggert. Vor einigen Wochen

hatte er einen Rückfall: «Ich habe in Bern im Ausgang über die Stränge geschlagen», sagt er mit schuldbewusstem Blick.

«Hier müssen die jungen Männer an sich selbst

arbeiten, sie kommen gar nicht darum herum.»

Oskar Paul Schneider, Ausbildungsleiter

Unbegleiteter Ausgang ist den Einge-wiesenen erst gestattet, wenn sie das soge-nannte Sozialtraining erfolgreich absol-viert haben. Zu diesem Training gehören unter anderem Ausflüge in Begleitung ei-nes Pädagogen, später auch zusammen mit Arxhof-Kollegen, die bereits die Er-laubnis für unbegleiteten Ausgang haben. Eine Garantie, dass ein Ausflug auf eigene Verantwortung danach reibungslos ab-läuft, bietet aber auch das nicht.

Peter war allein unterwegs, in einem Laden lächelte ihn ein «Bärner Müntschi» aus dem Regal an, «dann hatte ich plötz-lich ein Bier nach dem anderen». Er traf auf Freunde von früher, ein Joint wurde gebaut, «Peter, bist du dabei?» – «Ja, eh!»

Nach Jahren der Abstinenz fahren Bier und Gras noch stärker ein. Da packt ein

Fremder Peter an der Schulter und blafft ihn an. Gerangel, geballte Fäuste. «Meine Schwester war dabei und hat meinen Cou-sin angerufen, der ihr geholfen hat, mich zur Ruhe zu bringen. Er hat mich dann zum Arxhof zurückgefahren.»

Statt zur Urinkontrolle gings direkt in den Wohnpavillon, «ich habe geschlafen wie ein Baby». Die Entscheidung, in den Arxhof zurückzukehren, fiel Peter leicht. Er kennt aber auch junge Männer, die sich lieber einsperren lassen: «Sie sehen das Gefängnis als bessere Alternative, man hat dort seine Ruhe und muss einfach Zeit absitzen.»

Im Arxhof läuft es anders, erklärt Oskar Paul Schneider: «Hier müssen die jungen Männer an sich selbst arbeiten, sie kom-men gar nicht darum herum. Das macht natürlich etwas mit einem, das ist anstren-gend und kann schmerzhaft sein.»

Rückkehr an den TatortDie Eingewiesenen machen neben ei-

ner Berufsausbildung auch eine delikt- und risikoorientierte Psychotherapie. Das bedeutet, sich aktiv mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen, den Schauplatz ih-rer Straftat nochmals aufzusuchen. Der Fokus ist stark auf die Persönlichkeitsent-wicklung gerichtet.

Auch bei Ausbildungsleiter Schneider hinterlässt der Arxhof Spuren. Die Arbeit mit den jungen Männern fordert und

TagesWoche 36/17

Kochen statt wieder kriminell werden: Peter hat ein klares Ziel für die Zeit nach der Entlassung.

Nach unserem Gespräch geht Peter zu­rück in die Küche, um das Mittagessen vorzubereiten. Bald schon wird er in die Aussenwohngruppe eintreten. Das ist die letzte Station der Bewohner des Arxhofs: eine Wohnung, die sie zusammen mit an­deren Eingewiesenen belegen, und in der die jungen Männer ihren Alltag komplett selber strukturieren müssen.

«Ich bin schon unsicher, wenn ich da­ran denke, was mich draussen erwartet», sagt Peter, die Hände gefaltet auf dem Tisch. «Ich habe noch immer meine Bau­stellen, aber klare Ziele vor Augen. Ich fra­ge mich, ob ich meinen Tagesablauf nach meinem Aufenthalt hier ausreichend

selbst gestalten kann.» Auch das Thema Drogen­ und Alkoholkonsum macht ihm noch Sorgen. Generell sei er aber zuver­sichtlich: «Ich merke die persönlichen Veränderungen sehr stark, ich kann zum Beispiel viel besser mit Krisensituationen umgehen.» ×

* Name von der Redaktion geändert Lesen Sie auf Seite 12 das Porträt von Roger von Büren, der im Arxhof eine Kochlehre gemacht hat und jetzt von Gault-Millau ausgezeichnet wurde.

Raus aus dem kriminellen Kreislauf Wer in jungen Jahren straffällig wird, hat als Erwachsener ein höheres Risiko, erneut mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Das zeigen Zahlen des Bundes-amts für Statistik. Und: Wer in jungen Jahren eine Gefängnisstrafe absitzt, läuft Gefahr, sich an dieses Milieu zu gewöhnen und nach der Haftentlassung wieder straffällig zu werden. In manchen Ländern werden 95 Prozent der Insassen von Jugendgefängnissen nach der Entlassung rückfällig. Mehr Erfolg verspricht die Einweisung in Massnahmenzentren wie den Arxhof, eine Institution des Massnahmenvollzugs-Konkordats Nordwest- und Innerschweiz. Genaue Zahlen zur Rückfallquote kann Arxhof-Direktor Peter Ulrich nicht nennen: «Nach Massnahmenabschluss haben wir keinen Zugang zu den weiteren Verläufen.» Was er aber sagen kann: Die Hälfte der Eingewiesenen schafft im Arxhof einen erfolgreichen Berufs-abschluss und einen regulären Abschluss der Massnahme. Das heisst: Jeder zweite junge Mann, der in den Arxhof eingewiesen wird, verlässt diesen als freier Mensch mit einem Beruf und einer Perspektive. (ash)

verändert. Auch die Mitarbeitenden seien gefordert, an sich und ihrer Persönlichkeit zu arbeiten. «Unsere Eigenreflexion ist Basis des Wirkens. Es ist wichtig, die eige­nen Verhaltensmuster zu kennen, um das Eigene vom Gegenüber unterscheiden zu können», sagt Schneider.

«Ich bin schon unsicher, wenn ich daran

denke, was mich draussen erwartet.»

Peter

Werden Bewohner des Arxhofs erfolg­reicher resozialisiert als Menschen, die stattdessen eine Gefängnisstrafe absitzen? «Was heisst erfolgreich?», fragt Schneider zurück. «Für die einen ist es ein Erfolg, wenn sie nie mehr gewalttätig werden. Das können wir nicht garantieren. Ein anderer findet es super, nicht mehr zu trinken und so Risikosituationen einschränken zu können. Sicher ist: Jeder nimmt von seiner Zeit hier etwas mit.»

Im Gefängnis dagegen sitze man den ganzen Tag in seiner Zelle, könne viel­leicht eine Stunde raus, und müsse sich nicht wirklich mit seiner Persönlichkeit auseinandersetzen. «Welcher Weg führt wohl eher zu positiven Veränderungen?» Eine rhetorische Frage.

10

von Miriam Suter

S arah Rudin arbeitet seit vier Jah-ren als Psychotherapeutin im Arxhof. Im Interview redet sie darüber, welche Momente sie

besonders fordern und was für eine erfolgreiche Resozialisierung wichtig ist.

Sarah Rudin, was ist die grösste Herausforderung bei Ihrer Arbeit?Die Arbeit mit den Eingewiesenen ist

immer individuell. Jeder Klient zeichnet sich durch ein eigenes Risikoprofil aus. Daraus muss zunächst ein Fallkonzept er-stellt werden. Die Sicherheit, die bei einer Mathematik-Aufgabe gegeben ist, weil 2+2=4 ist, fällt bei meiner Arbeit weg.

«Wenn einer in der Therapiesitzung ein

Delikt gesteht, für das er gar nicht angeklagt

wurde, ist das ein gutes Zeichen.»

Was heisst das konkret?Wir müssen herausfinden, aus welchen

Gründen der Klient delinquent wurde, und diese Faktoren dann in die Behand-lung einbeziehen. Wenn jemand an einer Angststörung leidet, diese aber nicht als deliktrelevanter Faktor zu sehen ist, dann wird sie auch nicht im Vordergrund der Behandlung stehen – so brutal das klingen mag. Oder nehmen wir einen Gewalttäter: Es bringt nichts, wenn wir in der Therapie an seiner gewaltverherrlichenden Ein-stellung arbeiten, wenn das eigentliche Problem eine verminderte Impulskontrol-le ist.

Im Arxhof arbeiten Sie Hand in Hand mit Lehrmeistern, Psychologen und

Sozialpädagogen. Wie muss man sich das vorstellen?Es ist immer eine Herausforderung,

dass sich alle Fachpersonen über das Fall-konzept einig werden. Die drei Bereiche Ausbildung, Sozialpädagogik und Thera-pie müssen am gleichen Strang ziehen, da-mit eine erfolgreiche Resozialisierung und langfristige Deliktfreiheit erreicht werden können. Die Eingewiesenen durchschauen schnell, wenn wir uns un-tereinander nicht einig sind, und versu-chen, uns gegeneinander auszuspielen – wie das Kinder bei Mami und Papi tun.

Wie kommen Sie an die jungen Männer heran?Es ist wichtig, eine professionelle, trag-

fähige therapeutische Beziehung zum Klienten aufzubauen. In dieser Beziehung stellt Vertrauen ein zentrales Thema dar, denn es gewährleistet Offenheit. Gleich-zeitig werde ich als Therapeutin stets miss-trauisch bleiben und mich fragen: Warum tut er das jetzt? Warum reagiert er so? Weil die Therapie anschlägt oder weil er weiss, dass er mit diesem Verhalten besser beur-teilt wird? Das ist eine Herausforderung für beide Seiten.

Welche Faktoren tragen zu einer erfolgreichen Resozialisierung bei?Auch das kann ich nicht verallgemei-

nern. Jeder Klient bringt eine andere Ge-schichte mit, bei jedem ist die Arbeit an-ders. Zudem: Was bedeutet denn «Erfolg»? Was zeichnet eine «gute» Therapie aus? Nur weil ein Klient nie durch sein Verhal-ten negativ auffällt oder rückfällig wird, heisst das nicht unbedingt, dass seine The-rapie erfolgreich verläuft.

Woran erkennen Sie denn, ob eine Therapie bei einem Klienten anschlägt?Die Arbeit im Arxhof verlangt den

Klienten einiges ab: Sie müssen an sich arbeiten und sich mit ihren unliebsamen Seiten konfrontieren. Das ist schwierig und verläuft nicht immer in geraden Bah-

Arxhof

Bei Sarah Rudin werden junge Straftäter zu Klienten. Hoffnungslose Fälle gebe es nicht, sagt die Psychotherapeutin.

«Der Arxhof verlangt den Klienten einiges ab»

nen, womit ich aber auf keinen Fall einen Rückfall rechtfertigen will. Wir kommen immer mehr davon weg, von einem «typi-schen Täter» auszugehen, der einem bestimmten Muster entspricht.

Sondern?Bei jedem Eingewiesenen wird auf das

individuelle Risikoprofil fokussiert, also auf die Faktoren, die zur Begehung einer Straftat geführt haben. Oberste Priorität hat eine deliktorientierte Therapie – Ver-minderung der Rückfälligkeit ist oberstes Ziel. Wir spielen etwa den Ablauf des Delikts nochmals durch, wir besuchen den Tatort zusammen, das ist keine ein-fache Sache.

«Vertrauen ist ein zentrales Thema.»

Sarah Rudin, Psychotherapeutin

Noch mal: Wie merken Sie, dass die Therapie Erfolg hat?Was für eine erfolgreiche Therapie

spricht, muss je nach Risikoprofil indivi-duell beantwortet werden. Ist Impulsivität Teil des Risikoprofils und somit ein Behandlungsthema, kann eine Steigerung der Impulskontrolle, die sich in einer kon-kreten Situation im Alltag zeigt, für einen Behandlungserfolg sprechen. Ein gutes Zeichen ist es auch, wenn einer in der The-rapiesitzung ein Delikt gesteht, für das er gar nicht angeklagt wurde. Wobei auch dies, um den stetigen Begleiter «Misstrau-en» anzusprechen, durch andere Faktoren erklärt werden könnte. Sie sehen – es ist nicht einfach zu beantworten, was in die-sem Kontext Erfolg bedeutet.

Erleben Sie auch hoffnungslose Fälle?Nein. Es gibt natürlich Fälle, die

schwieriger sind. Wenn eine Kombination aus Persönlichkeitsstörung, ADHS und Sucht vorliegt, ist diese Person meist schwerer zu behandeln. Bei einem Täter, bei dem eine Suchterkrankung zu Beschaffungskriminalität geführt hat, kann ich davon ausgehen: Ist seine Sucht kuriert, muss er auch nicht mehr klauen, um sich Stoff besorgen zu können. ×

11

TagesWoche 36/17

Arxhof

Roger von Büren gehört zu den Shootingstars der Basler Gastroszene. Seine Lehre hat der 33-jährige Spitzenkoch im Massnahmenzentrum absolviert.

«Wer im Arxhof eine Lehre abschliesst, hat was drauf»

von Miriam Suter

D ie Stühle im «Roten Bären» an der Ochsengasse in Basel ste-hen auf den Tischen, damit gefegt werden kann. Von der

Decke hängen unzählige Glühbirnen, die Bar ist im Retro-Look gestaltet, am Boden sind marokkanische Terrakottafliesen verlegt. Man könnte auch in einem hippen Restaurant in Berlin stehen.

Roger von Büren ist hier Chefkoch und Mitinhaber, im Sommer 2016 erst hat der «Rote Bären» eröffnet. Der 33-Jährige wurde innert kurzer Zeit zum Shooting-star der Basler Gastroszene: Von «Basel geht aus» schon letztes Jahr zum «New-comer des Jahres» gekürt, wurde er nun von Gault-Millau ausgezeichnet.

Doch von Bürens Leben verlief nicht immer auf der Strasse des Erfolgs. Seine Ausbildung hat er vor acht Jahren abge-schlossen – im Massnahmenzentrum Arxhof im Baselbiet. «Ich habe mein Le-ben als Teenager mehr oder weniger auf der Strasse verbracht», erzählt er bei einer Tasse Kaffee. Ausgehen bis früh morgens, schlafen bis mittags, das war der Alltag für den Heranwachsenden. Als Scheidungs-kind ist er bei seiner Mutter aufgewachsen. «Die war schon immer böse mit mir, weil ich mein Leben nicht auf die Reihe ge-kriegt habe. Genützt hats aber leider nicht viel.»

«Arbeiten ist was für Anfänger»Von Büren hat in seiner Jugend keine

Lehre angefangen: «Arbeiten, fand ich, ist was für Anfänger.» Lieber träumte er vom grossen Geld und dem schönen Leben. Motorräder und Autos klauen und herum-fahren – ohne Führerausweis – gehörte für ihn zum Alltag. Später kamen die falschen Freunde dazu: Als knapp 20-Jähriger reis-te er nach Mittelamerika, um Kokain zu-rück in die Schweiz zu schmuggeln. «Das brachte das Fass zum Überlaufen», erzählt der heutige Chefkoch. Der Solothurner Akzent ist das Einzige, was vom rebelli-schen Teenager übrig geblieben ist. Er

wurde geschnappt und stand vor der Wahl: Zuchthaus oder Arxhof.

«Ich dachte, der Arxhof sei der Weg des geringeren Widerstands – das hat sich dann als falsch herausgestellt», sagt von Büren verschmitzt. «Das Anstrengendste war, dass ich so stark an mir und meinem Charakter arbeiten musste. Die ständige Auseinandersetzung mit mir selbst ist aber auch das, was mir am meisten geholfen hat.» Festzustellen, «da läuft etwas nicht richtig», habe sich wie ein Aufwachen nach einer Zeit ohne Realitätsbezug ange-fühlt.

Einmal ist von Büren abgehauen, zu-sammen mit einem Mitbewohner. Doch nach einer Woche kehrte er zurück: «Im Arxhof darf man auch Fehler machen, das hat mir sehr geholfen.» Ausserdem habe er nach seiner Rückkehr gemerkt, dass «ich anfing, mich damit auseinanderzu-setzen, warum ich abhauen wollte – und vor allem, warum ich zurückkam».

Die Zeit im Massnahmenzentrum schwingt bis heute nach: «Heute würde ich mir saudumm vorkommen, in den Ferien in Mittelamerika den Koffer voll Kokain zu packen und damit über die Grenze zu reisen», sagt der 33-Jährige la-chend.

Ergänzend zur Lehre im Arxhof absol-vierte von Büren ein Praktikum im Basler «Gundeldingerhof», wo er auch seinen ersten Job als Koch antrat: «Diese Zeit hat mich wohl mit am meisten geprägt. Ich habe wahnsinnig viel gelernt, und die An-stellung hat mir geholfen, mein Leben ‹draussen› zu strukturieren.»

Vier Jahre blieb von Büren im Gundeli, danach folgten Stationen wie der «Teufel-hof», das «Goldene Fass» und die Grenz-wert-Bar, für die von Büren das Barkon-zept entworfen hat, sowie einige Monate in Restaurants der Spitzenklasse in Lon-don. 2016 kam das Angebot vom «Roten Bären». Seine Vergangenheit kam von Büren nie in die Quere, im Gegenteil: «Ge-rade unter Köchen gibt es einige Freaks, die selber keinen geradlinigen Lebenslauf haben. Die finden meine Vergangenheit eher spannend als abschreckend und er-zählen ihre eigenen Geschichten, anstatt mich zu verurteilen.»

«So fühlt sich Glück an»Ausserdem sei der Arxhof eine gute Re-

ferenz: «Wer dort eine Lehre abgeschliesst, hat handwerklich etwas drauf.» Heute lebt von Büren mit seiner Freundin zusam-men, mit der er seit sieben Jahren liiert ist: «Ich habe sie kurz nach meiner Zeit auf dem Arxhof kennengelernt. Mein Leben fühlt sich heute sehr richtig an, es musste alles so kommen, wie es gekommen ist.»

Die ehemaligen Arbeitskollegen vom «Gundeldingerhof» sind heute seine Freunde und beruflich könnte er nicht zufriedener sein: «Ich habe heute alles, was ich brauche, und ich glaube, so fühlt sich Glück an.» ×

«Im Arxhof darf man auch Fehler

machen, das hat mir sehr geholfen.»

Roger von Büren

12

TagesWoche 36/17

Trotz idyllischer Lage: « Kuscheljustiz» wird im Arxhof nicht betrieben.

TagesWoche 36/17

Burgweg

Obwohl im Haus Zwischennutzungen geplant sind, soll der letzte Mieter raus. Doch er weigert sich, zu gehen.

«Das ist doch absurd: Ich muss raus und andere ziehen ein»

von Dominique Spirgi

V or dem Eingang des Hauses am Burgweg 4 hat sich eine kleine Kundgebung formiert. «Keine Verdrängung auf Vorrat», steht

auf einem Flugblatt, das von jungen kostü-mierten Aktivisten verteilt wird.

Peter Meier gehört nicht zu diesem Kreis. Er ist der Grund für die Kundge-bung. Seit vielen Jahren bewohnt er eine Dreizimmerwohnung in einem dieser Häuser, die im Besitz der Basellandschaft-lichen Pensionskasse sind. Die Häuser am Burgweg sind mittlerweile zum Symbol für die Gentrifizierung auf dem Basler Wohnmarkt geworden.

Meier ist der letzte Vertreter der rund 50 Mietparteien, die einst hier gegenüber

«Die meisten haben sich rausmobben lassen», sagt Peter Meier. foto: a. preobrajenski

dem Werkraum Warteck pp gewohnt und gearbeitet haben. «Fast 20 Jahre wohne ich nun bereits hier», sagt Meier. «Früher war es toll hier, alle kannten sich, die Stim-mung war wunderbar.»

Kein adäquater Ersatz Alle anderen sind schon vor Monaten

oder Wochen ausgezogen – «die meisten haben sich rausmobben lassen», sagt Meier. Er ist geblieben, weil er bisher keine adäquate Ersatzwohnung gefunden hat. «Die Vermieterin hat uns mehr oder weni-ger pro forma zwar Ersatz angeboten, aber es war keine Wohnung darunter, die weni-ger als 1000 Franken im Monat kostet.»

Am Burgweg bezahlt er 630 Franken pro Monat für drei Zimmer, eine grosse Wohnküche mit Balkon sowie ein zwar

enges, aber originell geschnittenes Bade-zimmer, das einst ins Treppenhaus einge-baut wurde.

Am Montag hätte Meier nun seine Wohnung verlassen müssen. «Offiziell habe ich das erst vor drei Stunden per Post erfahren», beteuert er. Das sei doch nicht in Ordnung, sagt er den beiden Vertretern der Liegenschaftsverwaltung Adimmo AG, die gekommen sind, um die Wohnungs-schlüssel zu übernehmen. «Ich habe mir nie etwas zu Schulden kommen lassen und meine Miete stets pünktlich bezahlt.»

«Umgehung des Mietrechts»Das Gespräch findet im Hinterhof statt,

denn eine kleine Gruppe von kostümier-ten Wohnpolitaktivisten – ein Teletubby, ein römischer Legionär mit Nikolaus-Bart, ein Wikinger, ein rosa Plüschschweinchen und ein paar Ritter – haben Vorder- und Hintertür des Hauses mit Paravents versperrt. «Wir sind noch da», lautet eine kleine Aufschrift, die nach dem Auszug der meisten Mieter nicht mehr wirklich zutrifft. «Wir haben diese Paravents im Keller gefunden», sagt der Teletubby.

«Wohnräume statt Luxusträume», steht auf dem Transparent, das der bärtige Legio när in die Luft hält. Dieser Slogan spielt auf die Pläne der Basellandschaft-lichen Pensionskasse an, die die Mieter vor über drei Jahren erstmals mit ihren Plänen konfrontierte, die einfachen und dadurch bezahlbaren Wohnungen auf-wendig zu sanieren – die Aktivisten spre-chen von «Wohnstudios» für Angestellte von Roche.

In einem Flugblatt ist ausserdem von «Kündigungen auf Vorrat» die Rede, denn gebaut werde am Burgweg noch nicht. Wohl noch länger nicht. Denn die Liegen-schaftsverwaltung will die Wohnungen über eine Zürcher Firma zwischennutzen lassen. Der Mieterinnen- und Mieter-verband Basel-Stadt sieht darin eine frag-würdige «Umgehung des Mietrechts».

«Das ist doch eine absurde Situation: Ich muss raus und nebenan ziehen andere ein», sagt Meier. Er selber habe nie ein Angebot zur Zwischennutzung seiner Wohnung erhalten.

«Wenn ich von Ihnen ein Angebot be-komme, wie ich mein Leben in der jetzigen Form weitergestalten kann, bin ich schnell weg», sagt Meier den beiden Vertretern der Liegenschaftsverwalterin. Diese nehmen diesen Satz zur Kenntnis. «Die Entscheide werden vom Portfolio-Management ge-fällt», sagt einer von ihnen, bevor sie unverrichteter Dinge abziehen.

Meier atmet auf. Wie die Liegenschafts-verwaltung jetzt reagieren wird, weiss er aber nicht. Im schlimmsten Fall könnte eine Zwangsräumung folgen. Die Aktivis-ten vor dem Haus wollen aufmerksam bleiben. Meier freut sich: «Die jungen Leute machen mir Mut», sagt er. ×

15

TagesWoche 36/17

Wohnbaupolitik

Treppenhäuser gelten als Wohnfläche. Das ermöglicht umstrittene Immobilienprojekte. Das Verwaltungsgericht muss nun entscheiden, ob diese Praxis rechtens ist.

Peter Wessels (SP) rühmte den Abbau «un-nötiger bürokratischer Hürden». Und das Volk sagte Ja.

Es passt nicht so recht ins damals ge-zeichnete Bild, was nun am Steinengraben geschehen soll. Dort kaufte die Helvetia-Versicherung eine Reihe historisch inte- ressanter Häuser in der Absicht, an ihrer Stelle ein Bürogebäude zu errichten.

Die Büros, argumentiert die Versiche-rung, brauche sie als Zwischennutzung, bis ihr neuer Hauptsitz am Aeschenplatz fertiggestellt sei: Temporärbüros statt günstiger Wohnungen – entspricht das den Versprechungen zum Wohnraum-fördergesetz?

«Das entspricht in keiner Weise dem, was mit

dem Gesetz geplant war.» Thomas Grossenbacher,

Grossrat der Grünen

Im obersten Geschoss der Überbauung sollen fünf Wohnungen entstehen – halb so viele wie bisher. Die Behörden winkten die Pläne durch, obwohl das Gesetz bei Abbrüchen verlangt, dass mindestens gleich viel Wohnfläche neu entsteht.

Damit diese Rechnung aufgeht, hat die Helvetia Treppen, Liftschächte, die Ein-stellhalle, Kellerräume und die Lobby als Wohnfläche aufgeführt – und das Baude-partement gab grünes Licht. Das Argu-ment: All diese Räume würden in direk-tem Zusammenhang mit den Wohnungen stehen und die Wohnqualität erhöhen.

Trotz aller Kniffe bleibt es knapp für die Helvetia-Versicherung. Selbst bei gross-zügiger Auslegung des Gesetzes könnte das Projekt noch kippen. Vor Gericht wird nämlich auch die Frage verhandelt, ob ei-ner der Bäume, der gemäss behördlicher Anordnung neu gepflanzt werden muss, genügend Platz hat, um seine Wurzeln voll zu entwickeln. Ein beigezogener Baum-experte hatte daran erhebliche Zweifel.

In Basel zählen Parkplätze gleich viel wie Kinderzimmer

von Renato Beck

D as Basler Verwaltungsgericht muss bald Fragen klären, die einem der gesunde Menschen-verstand abschliessend beant-

worten könnte: Zählt ein Parkplatz zur Wohnfläche? Ein Liftschacht oder die Waschküche?

Die Antwort scheint nicht sonderlich kompliziert: Wohnfläche ist Fläche, auf der gewohnt, also geschlafen, gegessen, gelebt wird. Die Behörden taxieren die Lage anders. Sie sagen: Selbstverständlich zählt der Technikraum zur Wohnfläche.

Am 25. September haben Basels höchs-te Richter zu beurteilen, ob der geplante Abriss mehrerer Häuser am Steinengra-ben rechtens ist. Sie werden festlegen, was Wohnfläche ist und was nicht. Und damit einen Präzedenzfall schaffen, wie das Bas-ler Wohnraumfördergesetz auszulegen ist.

Das Volk sagte Ja2014 hatte die Regierung dieses in Kraft

gesetzt, mit dem Ziel, Wohnungsnot in Basel zu bekämpfen. Der gemeinnützige Wohnungsbau sollte angetrieben, Investo-ren das Abreissen und Neubauen erleich-tert werden.

Das Gesetz kippte eine alte Regelung, die 1975 nach Jahren akuter Wohnungs-knappheit festgeschrieben wurde. Wohn-raum durfte demnach nur vernichtet wer-den, wenn ein Neubauprojekt «wesentlich mehr» Wohnfläche kreierte. Dieses Gesetz dämpfte das Baufieber, das nun schon seit Jahren in anderen Städten wie Zürich gras-siert. In den Augen der Regierung verhin-derte es vor allem die Erneuerung des Wohnungsbestands, Investoren klagten regelmässig darüber.

Der damalige Regierungspräsident Guy Morin (Grüne) warb für das neue Wohnraumfördergesetz, indem er es als wichtiges Instrument gegen die Woh-nungsnot anpries. Sein Credo: Nur wenn eifrig gebaut wird und das Angebot die wachsende Nachfrage bedient, bleiben Wohnungen bezahlbar. Baudirektor Hans-

Die vermeintliche Nichtigkeit könnte grosse Auswirkungen haben. Denn für den Baum will die Helvetia-Versicherung einen Schacht in der geplanten Tiefgarage aussparen. Hält das Gericht diesen für zu klein, kann die Tiefgarage nicht gebaut werden – und ohne die Parkplätze fehlen entscheidende Quadratmeter «Wohn-fläche» in der Endabrechnung. So könnte ein Baum den Streit am Steinengraben entscheiden.

Die Debatte aber um die Auslegung des Wohnraumfördergesetzes wird weiterge-hen. Grossrat Thomas Grossenbacher (Grüne) setzt sich schon länger mit der Situation am Steinengraben auseinander. Er hat bei der Petition geholfen, welche die Mieter gegen den Abbruch ein gereicht haben, und versuchte, in der zuständigen Kommission am Bauprojekt zu rütteln.

Grossenbacher hält den Abriss der Häuser für falsch, weil günstiger Wohn-raum verloren gehen soll, um bereits aus-reichend vorhandene Büroräume zu schaffen. Nun will er darauf hinwirken, dass die Auslegung des Wohnraumförder-gesetzes «im Sinne des Gesetzgebers» er-folgt. Es werde Gespräche mit dem Bau-departement geben, mit dem Ziel, eine Praxisänderung zu erwirken.

Auftakt zu einer Richtungsdebatte«Es ist vollkommen absurd, Parkplätze,

Treppenhäuser und Ähnliches als Wohn-fläche zu bezeichnen, das entspricht in keiner Weise dem, was mit dem Gesetz geplant war.» Sollten die Gespräche keine Ergebnisse bringen, werde man das Gesetz anpassen müssen, sagt Grossen-bacher.

Er ist nicht der einzige Mitstreiter der Bewohner am Steinengraben. Stiftungen, politisch Engagierte, Bewohner anderer vom Abriss bedrohter Häuser stehen in re-gem Austausch, verschiedene öffentliche Aktionen sind geplant.

Der Gerichtstermin am 25. September dürfte nur der Auftakt sein zur grossen Richtungsdebatte über die Basler Wohn-baupolitik. ×

Kopf der Woche

Novartis-Chef für die Zukunftvon TaWo

A cht Jahre hat Joseph Jimenez als CEO die Geschicke von Novartis geleitet. Am Montag gab er seinen

Rücktritt per 1. Februar 2018 bekannt. Mit Vasant Narasimhan ist bereits ein Nach­folger bestimmt. Der 41­jährige US-Ameri­kaner sitzt heute in der Geschäftsleitung und wird von Novartis als Koordinator von Forschung, Entwicklung, Marketing und Absatz angepriesen, der eine «auf­richtig menschliche Perspektive» habe. Die Medien haben den Führungswechsel weitgehend wohlwollend aufgenommen, meist mit Verweis auf sein Engagement als Arzt in Schwellenländern. ×

Tom Künzli ist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 43-Jährige wohnt in Bern.

Gesehen von Tom Künzli

Laden-Bewilligungen

Wessels muss antwortenvon Gabriel Brönnimann

N ach dem Bericht der TagesWoche im August über das lange Leiden zweier Lädelibesitzer im Basler

St. Johann reagiert die FDP mit einer Inter pellation an das Bau­ und Verkehrs­departement (BVD).

Kurzversion des Dramas: Für ihren Laden Apartix an der Jungstrasse 36 haben Anita Hettich und Bernhard Minning am 31. August 2016 ein Gesuch gestellt. Bis zur Bewilligung mussten sie einen acht Mona­te langen Spiessrutenlauf bei den Behör­den absolvieren. FDP-Grossrat Christian C. Moesch schreibt nun in seiner Inter­pellation, man höre «seit Jahren immer wieder von ähnlichen Geschichten».

Es sind keine angenehmen Fragen, denen sich das BVD unter Regierungsrat Hans­Peter Wessels stellen muss. Etwa, ob der Regierungsrat zufrieden sei mit dem Bewilligungsportal, das doch eine Verein­fachung hätte bringen sollen. Oder: Ob er es okay finde, wenn ein Gesuchsteller zwei Sprechstunden besuche, sich umfassend beraten lasse und dann sein Gesuch doch abgelehnt werde, ohne je auf einen mögli­chen Ablehnungsgrund hingewiesen wor­den zu sein. Kurz: Geht das alles nicht et­was einfacher? ×

Bürgerratswahlen

Kein Sitz fürs Grüne Bündnisvon Dominique Spirgi

E s kam, wie es die Ratslinke befürch­tet hatte: Die bürgerliche Mehrheit im Basler Bürgergemeinderat hielt

bei der Wahl des Bürgerrats zusammen. Im siebenköpfigen Gremium stehen nun zwei SP-Mitglieder vier Vertretern aus den bürgerlichen Parteien SVP, LDP, FDP, CVP sowie einem Grünliberalen gegenüber. Erneut leer ausgegangen ist das Grüne Bündnis (GB), das die ehemalige Grossrä­tin Brigitta Gerber nominiert hatte.

Die Exekutive setzt sich damit personell genau gleich zusammen wie zuvor: Leon­hard Burckhardt und Gabriella Matefi (beide SP), Fabienne Beyerle (FDP), Lukas Faesch (LDP), Patrick Hafner (SVP), Lucas Gerig (GLP) und Stefan Wehrle (CVP).

Das Wahlresultat entspricht nicht den Kräfteverhältnissen im Parlament. Bei den letzten Volkswahlen ist die Ratslinke mit SP und GB auf 42 Prozent der Stimmen ge­kommen. Und den 13 Prozent des GB stehen je knapp 9 Prozent von CVP und FDP und 4 Prozent der Grünliberalen gegenüber.

Zum Präsidenten des Bürgerrats wurde SVP-Vertreter Patrick Hafner gewählt. Neuer Präsident des Bürgergemeinderats ist SP-Vertreter Sebastian Kölliker. ×

16

TagesWoche 36/17

Hut ab vor dem Schweizer Nationalteam. Foto: surprise strassenFussball

Politik

Ackermann verliert ihre Lobbyistinvon Renato Beck

M uriel Brinkrolf wird auf Ende Jahr das Präsidialdepartement verlassen. Während über fünf

Jahren hat sie als Bindeglied zwischen Basel und Bundesbern fungiert. Sie war einerseits Lobbyistin für den Kanton Basel-Stadt, stellte anderseits für Basler Parlamentarier und die Regierung Dossi-ers zu wichtigen Themen zusammen. In der Regierung galt sie als fleissige, enga-gierte Schafferin. Jetzt hat sie gekündigt.

Ihre Stelle war geschaffen worden, weil sich Basel-Stadt in Bern notorisch über-gangen fühlt. Regionale Parlamentarier kritisierten jedoch wiederholt, Brinkrolf sei dort kaum wahrnehmbar, ihre Aufgabe unklar. Die Schuld dafür dürfte aber eher in den Strukturen liegen. Guy Morin hatte als Regierungspräsident die Lobbyisten-rolle tief in der Hierarchie seines Departe-ments versenkt, statt sie, wie in anderen Kantonen üblich, direkt bei der Regierung oder der Staatskanzlei anzusiedeln.

Für Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann ist der Abgang ein weiteres Personalproblem. Die Stelle des Stadtent-wicklers hat sie unlängst neu besetzt, den neuen Kulturchef sucht sie weiterhin – und nun auch noch eine neue Lobbyistin. Die Stelle ist mit 200 000 Franken dotiert. An den Strukturen will das Präsidialdepar-tement nichts ändern. ×

WM der Obdachlosen

Schweizer so erfolgreich wie noch nievon Daniel Faulhaber

A m Schluss erlebten die Schweizer Nationalspieler das sogenannte Wimpernschlagfinale am Home-

less Worldcup (HWC) in Oslo. 6:5 lagen sie drei Minuten vor Schluss in der letzten Partie gegen Simbabwe in Führung – doch es sollte nicht sein mit dem Podestplatz in der City of Oslo Bowl. Simbabwe schoss doch noch das 6:6 und im letzten Moment auch noch das 6:7 – für die Schweiz war das Turnier damit vorbei.

Doch die sieben Fussballer durften mit erhobenem Haupt abtreten. Noch nie war die Schweiz an der Weltmeisterschaft der Obdachlosen derart weit in die Schluss-ränge vorgestossen. Noch nie hatte sie sich gegen so starke Gegner wie Italien durchgesetzt.

Der 23. Schlussrang markiert einen Meilenstein – für die Spieler wie auch für den Verein Surprise Strassenfussball. Das Strassenmagazin fungiert als Vermittler und «Scoutingabteilung» für die Spieler. Denn eine feste Nationalmannschaft mit einem Kader gibt es nicht. Stattdessen gilt das Rotationsprinzip: Jeder Spieler, der es ins Team schafft, darf die Schweiz an einer WM repräsentieren, beim nächsten Tur-nier wird dann wieder ein neues Kollektiv gefordert.

Für Teamcoach David Möller aus Basel ist das nicht immer eine einfache Aufgabe. Er kann im Vorfeld nicht wissen, wie schnell die Mannschaft mit Mitgliedern aus der ganzen Schweiz zusammenfindet und menschlich wie sportlich zu einer Einheit zusammenwächst. Umso glückli-cher zeigt er sich über den diesjährigen

Teamspirit. Dieser hat sich bereits im Trainingslager in Huttwil herauskristalli-siert: «Es dauerte nicht lange, bis die Jungs alle zusammen an einem Tisch sassen.»

Prompt legten die Schweizer Spieler am HWC, der zwischen dem 29. August und 5. September zum 14. Mal ausgetragen wurde, bärenstarke Vorrundenspiele hin. Insbesondere der Auftaktsieg gegen die Australier (7:0) und der Triumph über die USA (5:3) stachen heraus. Belohnt wurden die guten Leistungen mit dem Sprung ins Tableau der besten 24 Teams – bei einem Gesamtpool von 45 Teams bereits ein beachtlicher Erfolg.

Ein grosser TriumphDanach sah es sogar so aus, als könnte

die Erfolgsserie weiter anhalten: Das Duell gegen Italien konnte die Schweiz nämlich noch mit einem 2:1 für sich entscheiden. Dann aber schwanden die Kräfte, und es folgten Nieder lagen gegen Dänemark und eben gegen Simbabwe.

Das Team liess sich davon aber nicht das Turnier vermiesen. Das Abenteuer Oslo mochte vorbei sein, das Prädikat «Nationalspieler», das bleibt. Und dann gab es ja noch den Final zu sehen, bevor es nach Hause ging: Brasilien gegen Mexiko, zwei Stammgäste in der Schlussrunde.

Die WM der Obdachlosen gibt es seit 2003. Gespielt wird im Strassenfussball-Modus, das heisst vier gegen vier Spieler während zweimal sieben Minuten, und mit dem Ziel, Strassenzeitungsverkäufer und Obdachlose bei ihrer Wiedereinglie-derung in die Gesellschaft zu unterstützen. Das nächste Fussballturnier wird am 24. September auf dem Bundesplatz in Bern ausgetragen: die Surprise Schweizer-meisterschaften. ×

ANZEIGE

Zurück zur Beweglichkeit.Die Reha Chrischona bietet Ihnen individuelle Therapieprogramme. Rufen Sie uns an: 061 646 95 00 www.buespi.ch

TagesWoche 36/17

Energie

Der Bundesbeschluss über die Ernährungssicherheit fordert eine «ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion». Mit der heutigen Landwirtschaft bleibt dieses Ziel eine Illusion.

Minus-Kalorien auf unseren Tellernvon Hanspeter Guggenbühl

D er Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion ei-

nen wesentlichen Beitrag leistet zur siche-ren Versorgung der Bevölkerung» und zur «Erhaltung der natürlichen Lebensgrund-lagen». Das verlangt schon der bestehende Landwirtschaftsartikel 104 in der Bundes-verfassung (BV).

Zusätzlich soll der Bund Voraussetzun-gen für eine «ressourceneffiziente Lebens-mittelversorgung» schaffen. Das fordert der neue BV-Artikel 104a über die «Ernäh-

rungssicherheit», dem der Souverän am 24. September wahrscheinlich zustimmen wird, da es keine nennenswerte Opposi- tion gibt.

Diese Verfassungsgrundsätze klingen schön, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Das zeigte schon die Statistik des Bundes über den sogenannten «Selbstver-sorgungsgrad» der Schweiz. So erzeugt die inländische Landwirtschaft netto (nach Abzug der Futtermittel-Importe) im Schnitt nur 50 bis 55 Prozent der Nah-rungskalorien, welche die Bevölkerung in der Schweiz konsumiert. Weil 2016 die Ernte unterdurchschnittlich ausfiel, ist dieser Netto-Versorgungsgrad letztes

Energieintensive Produktion: kleine Flächen, grosse Maschinen. foto: keystone

Jahr auf 48 Prozent und damit auf weniger als die Hälfte gefallen.

Doch das ist erst ein Teil der Wahrheit. Denn die Statistik über den Versorgungs-grad misst innerhalb der landwirtschaft-lichen Nahrungserzeugung nur den Output, also die auf Grosshandelsstufe abgesetzte Nahrungsenergie, gemessen in Terajoule. In einem Durchschnittsjahr sind das schweizweit 22 000 Terajoule. Umgerech-net ergibt das pro Kopf der Bevölkerung rund 1700 Kilokalorien pro Tag inklusive spätere Abfälle in Haushalten und Gastge-werbe.

Die einheimische Landwirtschaft erzeugt

nur etwa die Hälfte der Nahrungskalorien,

die in der Schweiz konsumiert werden.

Diese Bilanz vernachlässigt aber den Input in die landwirtschaftliche Produk-tion und ihre Produktionsmittel. Dazu ge-hört insbesondere der Einsatz an Fremd-energie in Form von Erdöl, Erdgas oder Elektrizität. Diesen Energie-Input ermit-telt die landwirtschaftliche Forschungs-anstalt Agroscope periodisch im Auftrag des Bundes, zuletzt über das Jahr 2012.

Höherer Einsatz an FremdenergieDemnach benötigt die Schweizer Land-

wirtschaft pro Hektare Kulturland 51 Giga-joule Energie, was umgerechnet dem Energiegehalt von 1400 Litern Heizöl ent-spricht. Hochgerechnet auf die Gesamt-fläche von 1,05 Millionen Hektaren Kul-turland ergibt das eine Summe von rund 54 000 Terajoule (TJ).

Der gesamte Einsatz an Fremdenergie (54 000 TJ) ist damit rund 2,5-mal so gross wie ihr Output in Form von Nahrungs-

18

TagesWoche 36/17

energie (22 000 TJ). Noch negativer fällt die Schweizer Ernährungsbilanz aus, wenn man neben der landwirtschaftlichen Erzeugung auch die vor- und nachgelager-ten Prozesse berücksichtigt. Dazu gehört der Energiebedarf der Lebensmittel- industrie, die Rohwaren wie etwa Weizen, Gemüse oder rohes Fleisch zu Fertigpro-dukten wie Pizzas oder Hamburgern ver-arbeitet. Ebenfalls nicht enthalten ist der Energieeinsatz in Küchen oder für den Transport der Nahrung.

Die Agroscope-Untersuchung zeigt auch, wie sich der Energiebedarf der Landwirtschaft zusammensetzt (siehe Grafik «Der landwirtschaftliche Energie-kuchen»). Der direkte Energieeinsatz macht knapp einen Drittel aus; darunter fallen vor allem Treibstoffe für Traktoren und andere Landmaschinen, fossile Brennstoffe für die Beheizung von Treib-häusern und Ställen sowie Elektrizität für die zunehmende Automatisierung in Scheunen und Ställen.

Wesentlicher – aber zum Teil nicht mess-, sondern nur abschätzbar – ist der indirekte Energieeinsatz, der mehrheit-lich im Ausland anfällt. Dazu gehört die sogenannte «graue Energie» für die Her-stellung von landwirtschaftlichen Geräten und Gebäuden, von Düngern und Pflan-zenschutzmitteln sowie importiertem Saatgut und Futtermitteln. Beim gesam-ten Input handelt es sich primär um nicht erneuerbare Energie wie Erdöl oder Erd-gas; der Anteil erneuerbarer Energie in

der Schweizer Landwirtschaft sei «ver-schwindend klein», betont Agroscope.

Im Vergleich zu anderen Staaten ist die Schweizer Landwirtschaft «sehr ener-gieintensiv», kommentiert Agroscope. Das liegt einerseits an der kleinflächigen Struktur, andererseits am überdimensio-nierten Maschinenpark; der Umfang von Traktoren, Ställen und Gewächshäusern dürfte in den letzten Jahren stärker gestie-gen sein als der mit Energie und Chemie gepuschte Ertrag an Nahrung. Ebenfalls zugenommen hat die Abhängigkeit von importierten Züchtungen und Saatgut.

Auf dem langen Weg von den Feldern auf die Teller gehen im Schnitt vier von fünf Nahrungs-

kalorien verloren. Um die negative Energiebilanz der

Schweizer Landwirtschaft ins Positive zu wenden, gibt es zwei Möglichkeiten: Ers-tens lässt sich der Energiebedarf von Landmaschinen und beheizten Gebäuden mittels Effizienzsteigerung wesentlich senken, betont Agroscope.

Zweitens können die Umwandlungs-verluste in der Nahrungskette reduziert werden. Denn auf dem langen Weg von den Feldern auf die Schweizer Teller

gehen im Schnitt vier von fünf Nahrungs-kalorien verloren, der Grossteil bei der Umwandlung von Pflanzen (Gras, Kraft-futter) zu tierischen Produkten (Fleisch, Milch etc.).

Ohne Fleischverzicht gehts nichtDas zeigen Daten, basierend auf Statis-

tiken von Bund und Bauernverband: Bei der Umwandlung von Gras sowie Kraft-futter (Getreide, Soja etc.) zu tierischen Produkten wie Fleisch oder Milch und Eiern betragen die Umwandlungsverluste in der Schweiz rund 90 Prozent.

Bei den pflanzlichen Nahrungsmitteln (Brot, Teigwaren, Gemüse, Kartoffeln etc.) hingegen bleibt nur etwa die Hälfte der Kalorien in Form von Verarbeitungsver-lusten auf der Strecke.

Heute deckt eine Person in der Schweiz je etwa die Hälfte ihres Nahrungsbedarfs mit tierischen und pflanzlichen Kalorien. Was zeigt: Allein mit der Reduktion unse-res Fleischkonsums zugunsten von Ge-treide, Gemüse und Früchten können wir die negative Schweizer Nahrungsenergie-Bilanz wesentlich verbessern. ×

Mineraldünger7,0

Importiertes Saatgut0,1

Importierte Futtermittel13,8

Pflanzenschutzmittel0,8

Elektrizität8,3

Heizöl und Erdgas10,0

Diesel und Benzin12,1

Herstellung direkte Energie8,6

Maschinen, Geräte, Motoren 18,5

Landwirtschaftliche Gebäude20,8

Total54 000

TJ / Jahr

Der landwirtschaftliche Energiekuchen Anteil der Energieträger am Energieverbrauch der Schweizer Landwirtschaft, Stand 2012, in Prozent. Total: 54 000 Terajoule pro Jahr.

Indirekte Energie 69,6Direkte Energie   30,4

(Quelle: Agroscope)grafik: ElianE Simon/anthony bErtSchi

19

TagesWoche 36/17

Bestattungsanzeigen

Basel-Stadt und Region

laufend aktualisiert:tageswoche.ch/todesanzeigen

BaselBaumgartner-Gab- rysch, Karin Hilde-gard, von Basel/BS, Winterthur/ZH, 31.07.1940–24.08.2017, Gundeldingerstr. 496, Basel, Trauerfeier: Mittwoch, 13.09., 15.30 Uhr, Tituskirche.Buchser-Brodmann, Elisabeth, von Feldbrunnen- St. Niklaus/SO, 07.02.1936–01.09.2017, Brantgasse 5, Basel, wurde bestattet.Buderer, Doris Marguerite, von Basel/BS, 07.05.1922–24.08.2017, Mittlere Str. 119, Basel, wurde bestattet.Cunatti-Damm, Margareta, von Basel/BS, 03.05.1932–03.09.2017, Kastelstr. 32, Basel, Trauerfeier: Donnerstag, 14.09., 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli.Gerber-Sager, Gaston, von Langnau im Emmental/BE, 26.02.1928–30.08.2017, Eichenstr. 3, Basel, wurde bestattet.Hänggi-Schwarz, Karin Eva, von Nunningen/SO, 11.09.1939–22.08.2017, St. Alban-Ring 252, Basel, wurde bestattet.Hostettler-Schürch, Margrit, von Guggisberg/BE, 05.10.1931–31.08.2017, Brantgasse 5, Basel, wurde bestattet.Ispasiu, Marieta, von Basel/BS, 22.05.1931–04.09.2017, Gustav Wenk-Str. 19 Basel, wurde bestattet.Kromer-Bärlocher, Dieter, von Basel/BS, 21.08.1936–31.08.2017, Im Spitzacker 23, Basel, Trauerfeier: Montag, 11.09., 15.00 Uhr, Titus- kirche.Künzli, Kurt, von Uster/ZH, 16.12.1938–31.08.2017, Bruder-holzstr. 104 Basel, Trauerfeier im engsten Kreis.Kupferschmid- Schaub, Frieda, von Basel/BS, Riehen/BS, 24.02.1928–02.09.2017, In den Klostermat- ten 4, Basel, wurde bestattet.

Locher, Hans, von Hasle bei Burgdorf/BE, 30.04.1927–30.08.2017, Hammer-str. 88, Basel, Trauerfeier: Dienstag, 12.09., 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli.Mettler-Monnerat, Bernadette Marie Josephine, von Schwyz/SZ, 28.04.1929–01.09.2017, Nonnenweg 3, Basel, Trauerfeier: Dienstag, 12.09., 14.00 Uhr, Paroisse Sacré Coeur.Moeschlin, Beatrice Hedy, von Basel/BS, 02.12.1919–30.08.2017, Welschmattstr. 1, Basel, wurde bestattet.Muchenberger, Heinz, von Binnin-gen/BL, 12.09.1926–02.09.2017, Henric Petri-Str. 26, Basel, Trauerfeier im engsten Kreis.Müller-Jungkunz, Irene Erna Mathilde, von Basel/BS, Walterswil/SO, 01.11.1926–03.09.2017, Gundeldingerstr. 470, Basel, wurde bestattet.Oldorf, Frank Joachim, aus Deutschland, 13.11.1934–31.08.2017, Im Rankhof 8, Basel, wurde bestattet.Richard-Auderer, Christoph, von Wynau/BE, 06.05.1939–18.08.2017, Im langen Loh 161, Basel, wurde bestattet.Rüber, Jeffery Gordon, von Basel/BS, 06.06.1966–30.08.2017, Gartenstr. 55, Basel, wurde bestattet.Schmidhauser-Feuz, Werner, von Riedt/TG, 23.10.1939–27.08.2017, Burgfel-derstr. 188, Basel, wurde bestattet.Stauffer, Hedwig, von Dürrenäsch/AG, 28.01.1915–01.09.2017, Horburgstr. 54, Basel, Trauerfeier: Mittwoch, 13.09., 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli.Steiner, Ursula Elisabeth, von Deisswil bei Münchenbuchsee/BE, 04.07.1939–29.08.2017, Beim Goldenen Löwen 3,

Basel, Trauerfeier: Mittwoch, 13.09. 14.30 Uhr, Niklaus- kapelle Basler Münster.Sutter-Winkler, Sylvia, von Basel/BS, 05.07.1934–25.08.2017, Gotthelfstr. 19, Basel, wurde bestattet.Thouvay-Metzger, Gertrud, von Basel/BS, 14.12.1922–27.08.2017, Missionsstr. 20, Basel, wurde bestattet.Timeus, Karl, von Provence/VD, 24.08.1935–29.08.2017, Flughafenstr. 6, Basel, wurde bestattet.Tschudin-Rudmann, Adele, von Basel/BS, 01.06.1930–02.09.2017, Adlerstr. 21, Basel, wurde bestattet.von Allmen, Heinz, von Lauterbrunnen/BE, 17.01.1934–02.09.2017, St. Johanns- Vorstadt 60, Basel, wurde bestattet.Wegmann-Keller, Marcel, von Basel/BS, 27.11.1921–02.09.2017, Wiesendamm 20, Basel, Trauerfeier: Montag, 11.09., 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli.Zumoberhaus- Camenzind, Leo, von Basel/BS, 03.01.1923–02.09.2017, Beim Goldenen Löwen 7, Basel, Trauerfeier im engsten Kreis.Frenkendorf

Mohler-Mesmer, Elsa, von Pratteln/BL, 11.03.1925–29.08.2017, Eben-Ezerweg 50, APH Eben Ezer, Frenkendorf, Beisetzung: Im engs-ten Familienkreis, Trauerfeier: Mittwoch, 20.09., 14.00 Uhr, Friedhof Blözen, Abdankungs-kapelle.Münchenstein

Küsterling, Bruno, von Churwalden/GR, 25.04.1948–30.08.2017, Mittlere Gstadstrasse 12, Münchenstein, Trauerfeier: Freitag, 29.09., 14.30 Uhr, Kapelle 1, Friedhof am Hörnli, Beisetzung im engsten Familienkreis.Pratteln

Rebmann-Epple, Kurt, von Pratteln/BL,

20.10.1931–02.09.2017, Bahnhofstrasse 37, c/o APH Madle, Pratteln, Bestattung im Familien- und Freundeskreis.Reinach

Gabele-Cueni, Katha-rina, von Basel/BS, 20.10.1923–30.08.2017, Aumattstr. 79, Rei-nach, wurde bestattet.Gerosa-Ehrsam, Hanna, von Basel/BS, 26.05.1923–02.09.2017, Aumattstr. 79, Reinach, Urnenbei-setzung im engsten Familienkreis.Schneider-Müller, Bernhard, von Rei-nach/BL, 12.10.1939–06.09.2017, Jungstr. 3, Reinach, Trauerfeier und Erdbestattung: Montag, 11.09., 14.00 Uhr, Friedhof Fiechten, Reinach.Riehen

Pirrone-Rizzo, Giu-seppa, von Riehen/BS, 06.11.1930–31.08.2017, Rauracher-str. 13, Riehen, wurde bestattet.Therwil

Kunz, Hedwig, von Reinach/BL, 01.08.1930–31.08.2017, Baslerstrasse 10, Ther- wil, wurde bestattet.

20

TagesWoche 36/17

Knackeboul

Was kümmert uns eine atomare Eskalation, wenn wir den Anfang vom Klebeband nicht finden und über Kabel stürzen? Es sind die kleinen Probleme, die die Welt wirklich bewegen.

Knackeboul ist Rapper, Beatboxer und Publizist.

zu bezahlen bereit für eine Plattform, auf der man jeglichen Film- oder Songtitel eingeben kann, um sie sich reinzuziehen. Gibt es aber nicht. Und kommt mir nicht mit Apple Music, Spotify oder Netflix. Ge-nau die Songs und Filme, die man sucht, gibt es da nämlich nie! Wo bleibt der all-mächtige Streamingdienst?

Wieso liest man «Hier öffnen» immer erst, wenn der Beutelinhalt längst auf dem Boden liegt? Wieso hat mein Handy stets dann nur ein Prozent Akku, wenn ich es am meisten brauche? Und wer hat dieses 3G oder E erfunden, das das Internet in einen Nimbus des langsamen Elends ver-wandelt? Warum läuft überall beschissene Musik und wieso müssen diese Radio- moderatoren Tag für Tag übertrieben gute Laune vorheucheln, vor allem morgens?

Unsensible TouchscreensWeshalb klebt der Duschvorhang an

meinem Hintern und warum ist meine Freundin zehnmal sauberer und ordentli-cher als ich, hinterlässt aber immer, immer diese scheusslichen Haar-Tierchen auf dem Badewannenrand? Warum sprechen uns Menschen immer auf eine neue Frisur an oder verunsichern uns mit der Frage, ob man müde sei?

Warum servieren manche Beizen scha-les Bier? Wieso gibt es schlechten Kaffee und weshalb ist das Essen in 99 Prozent aller sogenannt italienischen Restaurants schlechter, als wenn man sich selbst einen Topf Spaghetti kocht?

Warum gibt es Autobahnraststätten, für die man die Autobahn verlassen muss, weil sie abseits der Autobahn sind? Wieso schliesst die Tram-, Bus-, Lift- und Laden-tür immer genau in dem Augenblick, in dem ich eintreten will? Warum nimmt der Automat dann meinen Fünfliber nicht an, wenn der Bus bereits ungeduldig wartet, und wieso muss man auf Touchscreens meist tausendmal heftiger drücken, damit sie reagieren, als auf normale Tasten?

Wer hat diese scheiss Händetrockner erfunden und wieso kommen bei den alten Papierspendern immer gleich hun-dert Papiere gleichzeitig raus? Gibts einen Grund dafür, warum man leere Shampoo- und Duschflaschen nicht einfach weg-schmeisst und warum gibt es auf der Welt so wenig Liebe? ×

M ir wird immer wieder gesagt, ich solle mich doch nicht permanent von oben herab zu den grossen unlösbaren

Fragen der Menschheit äussern. Als kritik-fähiger Mensch hab ich mir das natürlich zu Herzen genommen und äussere mich deshalb hier von unten herauf zu den klei-nen Problemen des Alltags.

Warum haben zum Beispiel nach wie vor so viele Taxifahrer kein Navi? Oder haben eines, aber nutzen es nicht? Warum gibt es in Hotelzimmern keine Zahnpasta? Da sind drei Lotionen, ein Schuhlöffel und eine Badekappe, aber Zahnpasta? Nada. Und so putze ich vergesslicher Mensch re-gelmässig mit Tränen in den Augen meine Zähne mit Wasser und Wasser.

Bleiben wir im Hotel oder auf Reisen: Warum gibt es hunderttausend Dusch-armaturen-Systeme? Manche mit tausend Hebeln und Rädchen, andere strotzen vor puristischer Nichtsheit und alle sind mir ein Rätsel. Was bei den einen der Regler für die Temperatur ist, regelt bei anderen die Intensität des Strahls und bei wieder anderen: Badewannenabfluss auf und zu.

Bei manchen befolgt man ein ausgeklü-geltes Regelwerk, um dann einen kaum spürbaren Pipistrahl auf die Birne zu krie-gen, der nie und nimmer das brennende Shampoo aus den Augen zu spülen ver-mag. Bei anderen reicht es, Duschstrahl zu denken, und schon spritzt dir ein Wasser-werfer in bester G20-Manier das Gesicht vom Schädel. Verbrennungen dritten Gra-des und Nahtoderfahrungen durch Eis-strahl-Unterkühlung sind stete Begleiter auf meinen Reisen.

Kabelsalat und RollenspieleZwischenfrage: Wieso fliegen Mücken

mit Vorzug in mein Auge oder in meinen Mund? Klar, beides ist bei mir quasi dauer-geöffnet, aber für eine Mücke muss doch die Welt riiiiiesig sein. Mein Auge misst vielleicht zwei Quadratzentimeter, inso-fern berechtigte Frage: Warum fliegt sie bei all dem vielen Platz ausgerechnet da hinein? Wir sterben doch beide dabei!

Warum sieht das Ende meines iPhone-Kabels aus wie ein zerrütteter Blumen-strauss? Wieso ist mein Kopfhörerkabel immer verwurstelt und weshalb gibt es überhaupt noch Kabel, die kaputtgehen,

sich verknoten und tödliche Stolperfallen darstellen? Lachen unsere Kinder einmal über uns, wenn sie auf Fotos sehen, dass «damals» in fast jedem Raum so schreck- liche Kabel-Installationen rumhingen?

Warum kann ich zu Siri «Br» sagen und sie zeigt mir Bilder von grossen Brüsten in meiner Nähe, aber suche ich die Überset-zung eines Wortes, gibt sie mir tausend Links an, auf die ich drücken muss, anstatt mir gleich die Übersetzung zu liefern?

Warum klebt der Duschvorhang an meinem Hintern?

Wieso gibt es zig Arten, wie man eine Klopapierrolle falsch «aufmachen» kann, sodass dieser Vorgang stets mit dem ver-zweifelten In-die-Luft-Schmeissen klei-ner Papierfetzen oder dem Arschputzen mit einer hauchdünnen Schicht Papier en-det, während mehrere Klopapierstränge von der Rolle runterhängen?

Wieso verschwindet beim Klebeband der Anfang, sodass man sich auf eine end-lose Suche einstellen und stundenlang mit dem nicht vorhandenen Fingernagel über die glatte Oberfläche fahren muss, um ihn wiederzufinden?

Warum ist da kein System, das mir hilft, Mayo- und Ketchuptütchen oder Katzen-futterbeutel aufzumachen, ohne dass die Hälfte des Inhalts an meinen Fingern und Händen klebt? Und wieso gibts für alles eine Versicherung ausser für das Verlieren oder Vergessen von Dingen? Mein Haus hat zum Beispiel noch nie gebrannt, aber ich habe schon gefühlte tausend Handys, Portemonnaies und gefüllte Rucksäcke verloren. Ich wäre bereit, viel zu zahlen für so eine Versicherung! Ich wäre auch viel

21

TagesWoche 36/17

Bundesratswahlen

Das Departement von Noch-Bundesrat Didier Burkhalter gilt als unattraktiv. Bürgerliche gestalten Aussenbeziehungen lieber aus dem Departement für Wirtschaft.

Wer macht denn jetzt die Aussenpolitik?von Georg Kreis

D ie Aussenpolitik scheint im Moment etwas mehr zu inte-ressieren als sonst. Nicht wegen der EU-Problematik, nicht we-

gen des Banken-Informationsaustauschs mit Russland und China, nicht wegen Hunger und Cholera etwa im Südsudan.Nein, der Grund ist die anstehende Neube-setzung des von Didier Burkhalter freige-gebenen Bundesratssessels. Da wird über allfällige Ambitionen von Innenminister Alain Berset spekuliert oder über die dies-bezüglichen Qualifikationen von Ignazio Cassis, der als Bundesratskandidat mit den besten Wahlchancen gehandelt wird.

Sehr personenbezogen wird räsoniert, über welche Eigenschaften eine für die Schweizer Aussenpolitik in erster Linie verantwortliche Person verfügen muss. Scheinbar widersprüchliche Eigenschaf-ten werden genannt: Sie muss sanft (diplo-matisch) in der Vorgehensweise sein und zugleich mit eiserner Hand ihren «Laden» zusammenhalten. Sie muss dem Druck von aussen widerstehen sowie den Druck von innen aushalten. Sie muss der Schweiz eine Rolle in der Welt geben und das Land zugleich vom Wind der Weltpolitik ab-schirmen. Sie soll neue Wege finden und zum alten, wie auch immer definierten Tugendpfad zurückkehren.

Koordinator gesuchtBei der Wahl vom 20. September wird

die Frage, wer von den Nominierten am ehesten ins Aussendepartement passt, keine Rolle spielen. Da sucht man nur eine Person für die als Kollegialbehörde funkti-onierende Landesregierung, und zwar eine, die den eigenen Präferenzen für eine Region, für Geschlecht und Generation und für eine politische Tendenz innerhalb des weitgehend akzeptierten «Anspruchs» der FDP zum Sieg verhilft.

Die SVP ist mit ihren Erwartungen am politischsten: Der neue Bundesrat müsse gegen die «Unterwerfung» der Schweiz

durch das Ausland, gemeint die EU, sein.Unterwerfung unter Kasachstan wäre ein kleineres Problem.

Wegen der Demission des braven Neu-enburgers Burkhalter wird in jedem Fall das Departement für auswärtige Ange-legenheiten (EDA) neu besetzt. Das gibt Gelegenheit, jenseits der rein personellen Frage wieder einmal zwei andere Fragen ins Auge zu fassen: die strukturellen Gege-benheiten in der Gestaltung der Aussen-beziehungen und – last but not least – die eigentlichen Ziele der Aussenpolitik.

In Wahlkämpfen kann man nicht wirklich mit Aussenpolitik punkten. Es sei denn, man tuts

populistisch.Mit strukturellen Gegebenheiten kann

vieles gemeint sein: die Mitwirkung ande-rer Departemente, die Mitsprache des Par-laments sowie der Bürgerinnen und Bür-ger, vielleicht auch der Kantone.

Hier ist der Moment, sich zu vergegen-wärtigen, dass die Zeiten längst vorbei sind, da sich die Gestaltung der auswärti-gen Beziehungen auf ein einziges Depar-tement beschränkte. Heute haben die meisten Departemente ihre Aussenpolitik; sie wollen und müssen sie haben. Institu-tionell kommt das auch im Ausbau des Netzes der Staatssekretäre zum Ausdruck. Aussenpolitik ist in dieser Hinsicht vor allem Koordination zwischen inneren Dienststellen.

Bei dieser Koordination aussenpoliti-scher Kompetenzen steht im Vordergrund, «Wirtschaft» und «Aussenpolitik» wieder näher zusammenzuführen, ein Bestreben, wie es bereits vor dem unerwarteten Rück-tritt Burkhalters vorhanden war.

Wie das? 1961 wurde das sogenannte Integrationsbüro geschaffen, für welches

das Wirtschafts- und das Aussendeparte-ment gleichberechtigt zuständig waren. Ein Unikum in der Bundesverwaltung, das so bis 2012 bestand. Die primären Auf-gaben des Integrationsbüros: die euro-päische Integrationspolitik beobachten, deren Auswirkungen auf die Schweiz analysieren und beurteilen sowie die Euro-papolitik des Bundes koordinieren.

Das Integrationsbüro hat unter der Doppelherrschaft gut funktioniert, die Änderung von 2012 ergab sich einzig aus Überlegungen der Machtarithmetik: Weil das Volkswirtschaftsdepartement (WBF) mit dem Ressort Bildung eine zusätzliche Zuständigkeit erhielt, musste es aus Grün-den der Balance etwas anderes wieder abgeben: eben das Integrationsbüro, das fortan Direktion für europäische Angele-genheiten (DEA) zu heissen hatte.

Zu links für die Wirtschaft?Warum muss dies nach wenigen Jahren

wieder rückgängig gemacht werden? An dieser Frage hängen viele weitere Fragen: Hat sich die leichte Veränderung in den Verwaltungsstrukturen tatsächlich in un-erwünschter Weise auf die Definition der Politikinhalte und die konkrete Politikaus-übung ausgewirkt? Oder war die allfällige «Wirtschaftsferne» des Aussenministers dieser Zeit (eben Didier Burkhalter) dafür verantwortlich, dass Wirtschaftsinteres-sen zu wenig berücksichtigt wurden?

Wurden diese Interessen überhaupt vernachlässigt? Was hat man verpasst und was hätte bei verteilter Zuständigkeit in den vergangenen fünf Jahren besser lau-fen können? Oder sind Wirtschaftsfragen einfach generell und europaweit wieder wichtiger geworden?

Die Antwort könnte simpel sein: Es ist unzweifelhaft eine Verschiebung in der politischen Arena von links nach rechts eingetreten. Und weil die Rechte selbst professionelle Aussenpolitik stets als zu links einstuft und Wirtschaftspolitik gene-rell als der rechten Position verpflichtet versteht, muss es aus dieser Sicht wegen

22

TagesWoche 36/17

der veränderten Grosswetterlage auch entsprechende Veränderungen im Admi-nistrativen geben. Der Zürcher CVP-Nati-onalrätin Kathy Riklin jedoch geht es mit ihrem Vorstoss, die Direktion für europäi-sche Angelegen heiten wieder den zwei Departementen EDA und WBF zu unter-stellen, primär darum, dass das mit der Re-gelung von 2012 zurückgestellte «Wissen» wieder hereingeholt wird.

Generell ist Aussenpolitik wichtiger ge-worden und sie wird darum auch von Poli-tikern wichtiger genommen. Allerdings kann man in Wahlkämpfen weiterhin nicht wirklich mit Aussenpolitik punkten, es sei denn, man tuts populistisch im rechtsnationalen Feld. Für Wahlerfolge braucht es wirtschafts-, finanz-, sicher-heits-, sozial- und bildungspolitische Pro-file. Bei der Verteilung der Sitze in den Kommissionen der eidgenössischen Räte dürften diejenigen in der aussenpoliti-schen Kommission auch nicht zu den begehrtesten zählen.

Ein Rätsel und eine PrognoseBei der Verteilung der Departemente

unter den Bundesräten ist das Bild unein-heitlich. Einerseits erscheint das Aussen-amt eher als Restposten, auf den man mit-unter gerne die SP abgeschoben hat (zum Beispiel Micheline Calmy-Rey). Gerade in Zeiten, in denen die Bürgerlichen mit dem Volkswirtschaftsdepartement den gröss-ten und wichtigsten Teil der Aussenbezie-hungen gestalten konnten, reihte sich in

auffallender Dichte ein SP-Aussenminis-ter an den andern: Pierre Graber, Pierre Aubert, René Felber. Wenig erstaunlich gab der ehemalige Volkswirtschaftspro-fessor Joseph Deiss 2003 das EDA auf, um das Volkswirtschaftsdepartement über-nehmen zu können.

Der Kurs kann nicht von einer Einzelperson abhängen. Wäre ja

gelacht oder unheimlich oder beides.

Andererseits übte das Ressort auf man-che Magistraten doch eine gewisse Attrak-tion aus: Flavio Cotti (CVP) wechselte 1993 vom Departement des Innern (EDI) in das EDA. Den gleichen Schritt machte Didier Burkhalter (FDP) 2012.

Mit Blick auf die anstehende Wahl wird gerätselt, wie weit der neue Mann (der es wohl wird) der Aussenpolitik eine neue Ausrichtung verleiht, das heisst eine der EU weniger entgegenkommende. Doch der aussen politische Kurs kann nicht von einer einzelnen Person abhängen. Wäre ja gelacht oder unheimlich oder beides. Die Schweiz hat noch immer eine Regierung mit Kollegialverantwortung.

Bleibt noch die Frage der ersten Ziele. In luftiger Höhe lauten diese: Unabhän-

gigkeit wahren, Wohlstand sichern. Etwas konkreter, aber noch immer sehr allge-mein formuliert, geht es bei der im Vorder-grund stehenden Europapolitik nach wie vor um die Frage, wie Unabhängigkeit bes-ser gewährleistet ist: durch Selbstisolation oder durch kooperative Partizipation? Noch konkreter geht es darum, was die Schweiz im Verhandeln um ein Rahmen-abkommen gewinnen oder verlieren kann.

Momentan aber dominiert die Frage, wer der nächste Bundesrat wird. Ich per-sönlich würde den Tessiner Cassis nicht wählen: Erstens, weil ihn eine Kantonal-partei aufstellte, die einer bestens qualifi-zierten Co-Kandidatin, der ehemaligen Regierungsrätin und zeitweiligen Natio-nalrätin Laura Sadis, keine Chance gab, weil die Vereinigte Bundesversammlung sie höchstwahrscheinlich einem Cassis vorgezogen hätte – und sie eine zu linke oder zu wenig rechte Freisinnige ist.

Und zweitens würde ich Cassis nicht wählen, weil er eine seiner beiden Staats-bürgerschaften (die italienische) opportu-nistisch abgestreift hat – ein Kniefall vor denen und insbesondere vor der SVP, die Doppelbürger generell dem Verdacht aus-setzen, Loyalitätsprobleme zu haben. Be-sonders opportunistisch war dieser Rück-zieher, weil Cassis in seinem Vorleben die Wiedererlangung der italienischen Staats-bürgerschaft selber beantragt hatte und dieser Vorgang auf seiner Homepage nicht richtig dargestellt wird. Und meine Wahl-prognose? Der Tessiner wird gewählt. ×

Wirtschaftspolitik oder Aussenpolitik? Hauptsache man behält den Durchblick. foto: reuters

TagesWoche 36/17

Nordkorea

Stehen wir vor einem Atomkrieg? Ursula Jasper vom Center for Security Studies der ETH findet: Bei aller Kriegsrhetorik führt doch kein Weg am Verhandlungstisch vorbei.

«Kim Jong-un handelt sehr rational»

Tröpfchenweise Propaganda: Kim Jong-un auf einem am 3. September veröffentlichten, aber undatierten Bild. foto: reuters

TagesWoche 36/17

von Gabriel Brönnimann

D ie angespannte Situation zwi­schen Nordkorea und den USA beschäftigt die Menschen. Vom 1. Juni bis 4. September

2017 findet man in der Schweizer Medien­datenbank 137 Artikel, die das Wort «Atom­krieg» enthalten. In der Vorjahresperiode waren es nicht einmal halb so viele.

Frau Jasper, müssen wir unsere Luftschutzkeller entstauben?Natürlich ist die jetzige Situation und

vor allem die Kriegsrhetorik beider Seiten besorgniserregend. Aber dass das Thema derart hohe Wellen wirft, ist auch nicht ge­rade hilfreich.

Man liest derzeit viele historische Vergleiche. Etwa, dass «zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges die Möglichkeit eines Atomkrieges wieder in Betracht gezogen» werde. Dass die Gefahr einer nuklearen Apokalypse heute sogar grösser sei als im Kalten Krieg. Diese Auffassung teile ich nicht. Das

Bild von der angeblich stabilen Situation während des Kalten Krieges, in der man immerhin wusste, woran man war, finde ich doch sehr beschönigend. Auch das Ausmass der atomaren Konfrontation damals und heute kann man nicht ver­gleichen.

«Kim Jong-un treibt die Weltöffentlichkeit

mit grossem Erfolg vor sich her.»

Aber man muss sich doch Sorgen machen, wenn Nordkorea Bomben testet und die USA die «nukleare Option» ins Feld führen.Natürlich wäre eine militärische Ausein­

andersetzung verheerend. Aber darauf muss es nicht zwangsläufig hinauslaufen.

Warum nicht?Ist eine Eskalation – nicht eine rhetori­

sche, sondern eine militärische Eskala­tion – von irgendeiner Seite gewollt? Das ist die Frage, die man sich stellen muss. Und die Antwort lautet klar Nein. Dieses Interesse kann niemand haben. Nord­korea sicher nicht: Das Regime wäre am Ende. Südkorea und auch Japan würden massiv unter einem Krieg leiden. Auch die Amerikaner werden bedenken, dass sie 30 000 Soldaten in Südkorea stationiert haben. Und China und Russland wollen vor allem regionale Stabilität. Auch die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft wären enorm.

Trotzdem: Die Situation ist sehr viel angespannter als auch schon.Ja, definitiv. Und sie ist unberechen­

barer. Bei der derzeitigen rhetorischen und technologischen Eskalation – damit haben wir es zu tun – handelt es sich sicher nicht um eine gute Entwicklung. Kim

Jong­un macht das sehr gezielt, er treibt die Weltöffentlichkeit derzeit mit grossem Erfolg vor sich her. Gleichzeitig hat Nord­korea mit den Atom­ und Raketentests der letzten Monate bewiesen, dass es tech­nologisch fortgeschrittener ist, als viele gedacht haben: Das Land verfügt nun über eine atomare Abschreckung.

Er ist also gar nicht «der irre Kim», wie er immer wieder genannt wird?Kim Jong­un handelt sehr rational.

Natürlich führt er ein zynisches, men­schenverachtendes Regime. Aber man muss auch berücksichtigen, dass es seine Sicherheitsinteressen vertritt. Über allem steht dabei, das Überleben des Regimes sicherzustellen. Mehrere Aspekte spielen eine Rolle: Einmal fühlen sich die Nordko­reaner durch die Präsenz der Amerikaner in Südkorea bedroht. Zudem ist ihnen die Geschichte des Koreakrieges mit den bru­talen Verlusten im Land noch sehr präsent. Und die Nordkoreaner haben auch beob­achtet, was passiert war, nachdem Muam­mar al­Gaddafi sein Atomwaffenprog­ramm aufgegeben hatte: Gaddafi wurde gestürzt. Das Aufgeben der Atomwaffen ist für Nordkorea schon deshalb kaum eine Option, weil sie darin eine Lebensver­sicherung für das Regime sehen.

Was möchte Nordkorea erreichen?Direkte Verhandlungen mit den USA.

Das Ziel ist ein Ende der Sanktionen und ein Friedensvertrag. Und nicht zuletzt geht es darum, als regionale Macht und als Atomwaffenstaat anerkannt zu werden.

Aber Präsident Trump signalisiert alles andere als die Bereitschaft zu Verhandlungen.Die amerikanische Position ist nicht

ganz klar. Aber die USA werden meines Erachtens diplomatische Wege suchen müssen, weil andere Möglichkeiten spä­testens seit den letzten Atom­ und Rake­tentests nicht mehr realistisch sind. Selbst wenn es gelingen würde, die nordkoreani­schen Atomanlagen gezielt zu zerstören, hätte ein Krieg vor allem für die Menschen auf der koreanischen Halbinsel dramati­sche Folgen.

Sie beschreiben Kim Jong-un als rational Handelnden. Trifft das denn auch auf Präsident Trump zu?Die Signale aus Washington sind sehr

widersprüchlich. Mit seiner Rhetorik sug­geriert Trump, dass er zum Nuklearkrieg bereit ist. Unklar ist, ob er das tut, weil er Stärke markieren will, oder weil er unbe­rechenbar erscheinen möchte. Trumps impulsive, erratische Art und seine aus­senpolitische Unbedarftheit machen es jedenfalls schwer, eine klare Linie zu er­kennen.

Was aber, wenn Präsident Trump tatsächlich verrückt ist? Wenn wir dieses Szenario denken: Er könnte doch theoretisch im Alleingang den Befehl zum Atomkrieg erteilen?Dass ein verrückter, einsamer Präsi­

dent einfach auf einen Knopf drückt und damit einen Atomkrieg startet, tönt eher nach einem Hollywoodfilm. Ganz so ein­

«Man muss Nordkorea etwas in Aussicht stellen – einen Friedensvertrag,

das Ende der Sanktionen, Anerkennung.»

Wenn Sie in Trumps Beraterstab wären: Was stünde auf Ihrem Zettel für den US-Präsidenten?Dass es Verhandlungen braucht, bei

Aufrechterhaltung oder gar vorüberge­hender Verschärfung der Sanktionen. Ver­handlungen sind zentral, und zwar direkt mit den USA. Man muss den Nordkorea­nern allerdings auch etwas in Aussicht stellen – eben einen Friedensvertrag, das Ende der Sanktionen, Anerkennung. Das alles gab es schon einmal: 1994 hatte man sich bereits auf ein Rahmenabkommen geeinigt. Auf dem Zettel würde ausserdem stehen, dass es eine kohärente Strategie braucht: mit Russland, China und Japan, aber vor allem auch mit Südkorea, dessen Interessen die USA derzeit nicht beson­ders ernst zu nehmen scheinen.

Die Rhetorik wird auf beiden Seiten schärfer. Man fragt sich: Ist ein Aufeinander-Zugehen realistisch? Und wenn nicht: Wo soll das noch hinführen?Diese Besorgnis teile ich insofern, als

beide Seiten immer weiter an der Schrau­be der Eskalation drehen. Die Frage ist deshalb berechtigt, wo das alles hinführen soll. Ich vermute, dass Nordkorea in den kommenden Wochen noch einige weitere Tests durchführen wird, um seine neue Stärke zu demonstrieren und den Preis für Verhandlungen hochzutreiben. Letztlich ist Diplomatie aber die einzige Möglich­keit, um sich aus dieser verfahrenen Situa­tion wieder herauszumanövrieren. ×

Ursula Jasper ist Senior Resear-cher im Gebiet der nuklearen Abrüstung und der Nichtver-breitung von Atomwaffen am Center for Security Studies der ETH Zürich. Sie hat einen Master in Inter-nationaler Poli-tik und Sicher-heitsstudien der University of Bradford (UK) und hat über nukleare Abrüs-tung an der Uni St. Gallen disser-tiert.

fach ist das in der Realität zum Glück nicht. Ich glaube, es ist auch irreführend, den Konflikt nur als ein Duell zwischen zwei «Verrückten» darzustellen. Die Auseinan­dersetzung ist Jahrzehnte alt, und es geht neben dem ganzen Säbelrasseln nicht zuletzt um die Sicherheits­ und Macht­interessen mehrerer Staaten und um die regionale Machtverteilung.

25

TagesWoche 36/17

Bildstoff360°

DzhezkazganHätte man billiger haben können: Soufflé in den Ofen, Tür vorzeitig öffnen – et voilà. Aber nein, man musste für dieses Bild erst Menschen ins All schicken. Sergei ilnitSky/ reuterS

HoustonLuftmatratzen sind eigentlich für Besuch gedacht, wenn man zu wenig Betten im Haus hat. Jetzt, da die Flut da ist, haben manche plötzlich zu wenig Haus für ein Bett. AdreeS lAtif/ reuterS

LondonNeuer Turm, neue Anforderungen: Wer in der White Collar Factory arbeitet, soll top top top sein. Das verlangt die Teppich etage. Ein paar Angestellte sind seither nur noch auf dem Dach anzutreffen. toby Melville/ reuterS

TeknafReiseanbieter verkaufen uns Burma als Ferien-destination, für die muslimischen Rohingya ist es Heimat und Hölle zugleich. Aktuell fliehen erneut Zehntausende wegen ethnisch und religiös moti-vierter Unruhen. Danish siDDiqui/ reuters

Ciudad JuárezBlöder Wind: Mexiko feiert den Unabhängigkeits-tag, aber dieser Soldat hat Pech und bleibt mit seinem Gewehr an der Nationalfahne hängen. Jose Luis/ reuters

Sissy Raith

«Das Verrückte zieht mich an», sagt die FCB-Trainerin über ihre Vita. Unfassbares erlebte sie aber, als sie in Deutschland ein Männerteam in eine höhere Liga geführt hatte.

Ihre Frauen sollen stürmen

Schnörkellos nach vorn: Sissy Raith steht bei den Frauen des FC Basel seit einem Jahr an der Seitenlinie. foto: eleni kougionis

28

TagesWoche 36/17

von Daniel Faulhaber

N ein, auf Firlefanz hat Sissy Raith auch neben dem Spiel-feld keine Lust. Für das Port-rät wollte die Fotografin einen

Ball durchs Bild werfen, oder wie wärs wenigstens mit einem Ball unter dem Arm? Damit man gleich sieht, woran man ist: Raith, die Fussballtrainerin.

Doch Raith mag sich nicht auf diese Weise inszenieren. Als Trainerin lässt sie mit dem Ball spielen, doch er ist eben nicht ihr erstes Arbeitsgerät: «Verstehen Sie mich nicht falsch, der Ball gehört schon zu meinem Beruf, aber auf dem Foto muss der nicht sein. Ich möchte da gerne ernst genommen werden.»

Der erste Satz eröffnet die gehaltvolle Begegnung auf dem Trainingsgelände des FC Basel. Der zweite Satz – so wird später klar – widerspiegelt ein einschneidendes Erlebnis Sissy Raiths in der noch immer männerdominierten Fussballwelt. Dazu später mehr.

Seit einem Jahr trainiert Sissy Raith die Frauen des FC Basel, soeben ist ihr Vertrag um ein Jahr verlängert worden. Raith will etwas aufbauen und sieht das Team trotz radikaler Umbrüche im Kader auf einem guten Weg – auch wenn ihr im Startspiel zur neuen Saison noch zu wenig Dampf im Kessel war. 2:1 gewannen die Baslerinnen nach Toren von Horvat und Beckmann ge-gen YB, der zweite Treffer fiel erst in der Schlussminute nach einem Eckball von Neuzuzug Rinast. Raith sagt: «Das Beste an diesem Spiel sind die drei Punkte.»

Raith lässt ihr Team offensiv spielen, sie will ihre Frauen stürmen sehen. «Wir müssen diese unbedingte Gier auf Tore entwickeln», sagt sie und denkt an Spiele wie den Auftakt zum Schweizer Cup. Der FC Basel gewann gegen den 1.-Ligisten vom FC Vuisternens-Mezières mit 12:1.

Doch die wahren Kontrahentinnen warten in der obersten Spielklasse, und dort kam der FC Basel in den vergangenen Jahren zwar immer wieder aufs Podest, aber nie an die Spitze.

Zu wenig, findet Raith. Aber einen Meistertitel will sie deshalb nicht gleich in Aussicht stellen. Den Abstand auf Serien-meister Zürich verkleinern, so lautet die Parole.

Erfolge und ein ErlebnisRaith spricht, wie sie spielen lässt:

direkt, schnörkellos, präzis. Die Bayerin stammt aus Eching im Landkreis Freising bei München. Sie hat grünblaue Augen, schwarze Haare, drei Ohrringe links, einen rechts.

Als Spielerin gewann sie 1989 und 1991 den Europameistertitel und mit dem FC Bayern München und TSV Siegen hol-te sie mehrere Meister- und Pokalsiege. Ein stattliches Palmarès. Als Trainerin konnte sie dem noch nichts hinzufügen.

Wobei sich Erfolg ja nicht ausschliess-lich in Pokalen bemisst. Bei ihrem Heimat-

verein TSV Eching wurde Raith 2009 zur Cheftrainerin der Herrenmannschaft be-rufen, die sie von der Bezirksoberliga gleich in die Landesliga coachte. Es lief gut, der Respekt der Mannschaft war da, auch wenn der sportliche Erfolg nach dem Aufstieg nachliess.

Aber dann sagte ein Vereinsvorsitzen-der diesen Satz in die Mikrofone mehrerer Radiostationen: «Für einen Mann, der nach einem harten Arbeitstag ins Training kommt, ist es vielleicht doch besser, sich nicht mit einer Frau auseinandersetzen zu müssen.» Ein paar Tage später erhielt Raith ihre Kündigung.

Mut und MännerMan müsse aufpassen, dass man ernst

genommen werde, sagte Raith zu Beginn unseres Treffens. Die Szene in Eching liegt acht Jahre zurück, aber auch im Jahr 2017 reicht ein blöd platziertes Requisit, um eine Frau im Fussballgeschäft zu diskredi-tieren. Raith sorgt dafür, dass ihr das nicht passiert.

Der Ball bleibt heute weg, den Vereins-vorstand des TSV Eching zeigte sie damals an. «Laut Gleichstellungsgesetz war der gar nicht befugt, mich aufgrund meines Geschlechts zu entlassen.» Raith erhielt recht, doch das Verhältnis zum Verein war angeschlagen. Sie ging.

Ihr Selbstvertrauen hat durch diesen Vorfall keinen Schaden genommen. Die Reputation hat aber gelitten: «Was eine mögliche weitere Verpflichtung bei einer Männermannschaft angeht, so hat mir das massiv geschadet.» In dieser Hinsicht hat Raith also noch eine Rechnung offen.

swis

scha

mbe

rcon

cert

s.ch

COSMOSDEMENGA

CHF 35.- / CHF 25.- AVH/IV / CHF 10.- Studenten

Freitag, 15. September 2017 | 19.30 Uhr Oekolampad

MEREL QUARTETT

Joseph HAYDN György KURTÁG

Thomas DEMENGAFranz SCHUBERT

Vorverkauf: [email protected] 061-271 98 36

ANZEIGE

Nach dem Stellenverlust in Eching wäre Raith beinahe von einem anderen Verein verpflichtet worden, wieder hätte sie Männer trainiert. Doch der Verant-wortliche sah in letzter Minute davon ab, auch aus Angst, sich bei einem etwaigen Misserfolg zu blamieren. Man stelle sich das vor: Da verpflichtet man eine Frau und dann scheitert die!

«Damit so eine Anstellung zustande kommt, braucht es an der Spitze eines Ver-eins sehr, sehr, sehr mutige Leute», sagt Raith. «Im Männerfussball sind das halt meistens Männer.»

Mehr will sie dazu nicht sagen. Und sie will das auch nicht als Votum gegen ein Engagement im Frauenfussball verstan-den wissen. Denn auch dort werden starke Trainerinnen gebraucht.

Der Anstellung in Eching folgten zwei Jahre als U17-Trainerin in Aserbaidschan, einem Land, das bis dahin keine Fussball-Infrastruktur für Frauen hatte. Es hätte einfachere Wege gegeben, den Rauswurf aus dem TSV Eching zu verdauen, aber Raith braucht die Herausforderung: «Das Verrückte zieht mich an, und Aserbaid-schan war eine sehr verrückte Erfahrung, im positiven Sinn.»

Raith liess sich schon als Spielerin nicht auf eine fixe Position festlegen. Mal spielte sie vorne rechts, dann im zentralen Mittelfeld, zuletzt sogar als Innenvertei-digerin. Eine Position, die mit 164 Zen-timetern Körpergrösse nur im absoluten Angriffsmodus bespielt werden kann.

Nicht alle Spielerinnen des FC Basel sind Innenverteidigerinnen. Dem Vorbild-status Raiths tut das keinen Abbruch. ×

29

TagesWoche 36/17

TagesWoche 36/17

Kinoprogramm

Basel und Region 8. bis 14. September

ANZEIGE

BASEL B–MOVIEGrellingerstrasse 41 b-movie.ch

• KEINE VORSTELLUNGEN

CAPITOLSteinenvorstadt 36 kitag.com

• BARRY SEAL – ONLY IN AMERICA [12/10 J]15.00/18.00/21.00 E/d/f

• EMOJI – DER FILM [6/4 J]15.00 D

• KILLER’S BODYGUARD [16/14 J]18.00/21.00 E/d/f

KU LT. KINO ATELIERTheaterstr. 7 kultkino.ch

• CE QUI NOUS LIE [8/6 J]12.10 F/d

• MANIFESTO [16/14 J]FR/SA /MO-MI: 12.15 E/d

• ALMOST THERE [16/14 J]12.20 E/d/f

• DANCING BEETHOVEN [6/4 J]12.30 F/d/f

• IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LICHTS [0/0 J]14.00/20.45—FR-DI: 18.50 D/d

• RODIN [12/10 J]18.30—FR/MO-MI: 14.00—SO: 12.30 F/d

• MY COUSIN RACHEL [12/10 J]14.15/17.30/20.30 E/d

• WESTERN [16/14 J]14.20/18.15 Ov/d/f

• FINAL PORTRAIT [0/0 J]14.40/18.30 E/d/f

• THE PARTY [12/10 J]16.00/19.45—FR/SA /MO-MI: 21.00 E/d/f

• UNA MUJER FANTÁSTICA [12/10 J]16.15/20.45 Sp/d/f

• VICEROY’S HOUSE [8/6 J]16.20 E/d/f

• THE DEATH AND LIFE OF OTTO BLOOM [14/12 J]16.30/21.15 E/d/f

• THIS BEAUTIFUL FANTASTIC [0/0 J]FR-DI: 16.45 E/d

• L’OPÉRA DE PARIS [6/4 J]SA-MO/MI: 12.00 F/d

• PIPPI AUSSER RAND UND BAND [6 J]SA /SO: 14.00 D

• MAGICAL MYSTERY ODER DIE RÜCKKEHR DES KARL SCHMIDT [12/10 J]SO: 21.00 D

KU LT. KINO CAMER ARebgasse 1 kultkino.ch

• THE PROMISE [12/10 J]14.15/20.30 E/d

• DIE GÖTTLICHE ORDNUNG [12/10 J]14.30/21.00 Dialek t/f

• LADY MACBETH [16/14 J]16.30 E/d

• WALK WITH ME [16/14 J]17.00—SO: 12.15 E/d

• UN SAC DE BILLES [12/10 J]18.15 F/d

• TULIP FEVER [12/10 J]18.50—SO: 12.30 E/d/f

NEU ES KINOKlybeckstr. 247 neueskinobasel.ch

• SCHAMLOS [18 J]FR: 21.00 D

PATHÉ KÜCHLINSteinenvorstadt 55 pathe.ch

• KILLER’S BODYGUARD [16/14 J]FR/MO/DI: 10.15—FR/SO/DI: 20.15—SA: 22.45 E/d/f

15.15/17.45—FR/MO/DI: 12.45—FR: 22.45—SA /MO/MI: 20.15 D

• ANNABELLE 2 [16/14 J]10.45/18.00— FR-DI: 20.20—FR/SA: 22.40 D

• BARRY SEAL – ONLY IN AMERICA [12/10 J]17.45/20.15—FR/MO/DI: 10.45—FR/SO/DI: 15.30—FR/SA: 22.50—SA /MO/MI: 13.00—SO: 10.30 D

18.00/20.30—FR/SO/DI: 13.00—FR/SA: 23.00—SA /MO-MI: 10.30—SA /MO/MI: 15.30 E/d/f

• JUGEND OHNE GOTT [14/12 J]10.45/15.20— FR/MO/DI: 17.50—FR-DI: 20.20 D

• ATOMIC BLONDE [16/14 J]15.30—FR/MO/DI: 11.00—FR: 22.30—SA /MO/MI: 20.00 D

FR/SO: 20.00—SA: 22.30—DI: 20.20 E/d/f

• DUNKIRK [12/10 J]FR/DI: 11.20—FR/SO/DI: 16.00—SA /MO: 18.20—MO: 13.40 D

FR/DI: 13.40— FR/SO/DI: 18.20—FR-DI: 20.40—SA /MO/MI: 11.20/16.00 E/d/f

• MEINE COUSINE RACHEL [12/10 J]13.40—FR/SO/DI: 20.40—SA /MO/MI: 11.20—MO: 16.00 D

18.20—FR/SO/DI: 11.20—FR/DI: 16.00—SA /MO/MI: 20.40 E/d

• TULIP FEVER [12/10 J]13.10 E/d/f

• BIGFOOT JUNIOR [6/4 J]13.15/15.20—FR/SO/DI: 17.45—SA /SO/MI: 10.45 D

• BIGFOOT JUNIOR – 3D [6/4 J]13.30/15.40— SA /SO/MI: 11.25—SA /MO/MI: 17.45 D

• ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH 3 [6/4 J]13.15—SA /SO: 17.50 D

• ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH 3 – 3D [6/4 J]SA /SO/MI: 11.00/13.10 D

• BABY DRIVER [16/14 J]FR/SA: 22.50 D

• PLANET DER AFFEN: SURVIVAL – 3D [12/10 J]FR/SA: 23.00 D

• DER DUNKLE TURM [12/10 J]FR/SA: 23.20 D

• EMOJI – DER FILM – 3D [6/4 J]SA /MI: 13.40 D

• EMOJI – DER FILM [6/4 J]SO: 13.40 D

• OSTWIND – AUFBRUCH NACH ORA [6/4 J]SA /SO/MI: 16.00 D

• DAVID GILMOUR – LIVE AT POMPEII [16/14 J]MI: 20.00 E

• HIGH SOCIETY [12/10 J]MI: 20.20 D

PATHÉ PL A Z ASteinentorstr. 8 pathe.ch

• BULLYPARADE – DER FILM [6/4 J]18.15/20.30—SA /SO: 16.00 D

• VALERIAN – DIE STADT DER TAUSEND PLANETEN – 3D [12/10 J]FR/SA: 22.45 D

RE XSteinenvorstadt 29 kitag.com

• DUNKIRK [12/10 J]14.00/17.00—FR-DI: 20.00 E/d/f

• BIGFOOT JUNIOR – 3D [6/4 J]14.30 D

• ATOMIC BLONDE [16/14 J]17.30/20.30 E/d/f

• KITAG CINEMAS Ladies Night: HIGH SOCIETYMI: 20.00 D

STADTKINOKlostergasse 5 stadtkinobasel.ch

• AS MIL E UMA NOITES: VOLUME 2, O DESOLADO [16/14 J]FR: 18.30 Por t/d

• LA PISCINE [16/14 J]FR: 21.00 F/d

• SCARRED HEARTS [12/10 J]SA: 15.00 Rumän/d

• LE CLAN DES SICILIENS [16/14 J]SA: 17.40 F/d

• ALLE ANDEREN [14/12 J]SA: 20.00 D

• THE GIRL ON A MOTORCYCLE [16/18 J]SA: 22.15 E/d

• THE BEEKEEPER AND HIS SON [10/8 J]SO: 13.30—MI: 21.00 Ov/d

• PLEIN SOLEIL [16/14 J]SO: 15.15 F/d

• AS MIL E UMA NOITES: VOLUME 1, O INGUIETO [16/14 J]SO: 17.30 Por t/d

• ROCCO E I SUOI FRATELLI [16/14 J]SO: 20.00 I/d

• LE CERCLE ROUGE [16/14 J]MO: 18.15 F/d

• AS MIL E UMA NOITES: VOLUME 3, O ENCANTADO [16/14 J]MO: 21.00 Por t/d

• SCHLAFKRANKHEIT [14/12 J]MI: 18.30 D/F/d

FRICK MONTIKaistenbergstr. 5 fricks-monti.ch

• TULIP FEVER [12/10 J]FR/MO/MI: 20.15 D

SA /SO: 18.00 E/d/f

• ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH 3 – 3D [6/4 J]SA /MI: 15.30 D

• KILLER’S BODYGUARD [16/14 J]SA /SO: 20.15 D

• DIE GÖTTLICHE ORDNUNG [12/10 J]SO: 11.00 Dialek t

• EMOJI – DER FILM – 3D [6/4 J]SO: 13.30 D

• OSTWIND – AUFBRUCH NACH ORA [6/4 J]SO: 15.30 D

LIESTAL K INOORI SKanonengasse 15 kinooris

• KILLER’S BODYGUARD [16/14 J]FR-DI: 20.00—SA /SO/MI: 17.00—MO: 17.15 D

• ANNABELLE 2 [16/14 J]FR/SA: 22.45—DI: 17.15 D

• BIGFOOT JUNIOR [6/4 J]SA /SO: 11.00—SA: 14.15—SO: 14.00—MI: 14.30 D

• THE LAST WORD [10/8 J]MI: 20.15 D

SPUTNIKBahnhofplatz palazzo.ch

• IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LICHTS [0/0 J]FR: 18.00—SO/MO: 20.15 D

• RODIN [12/10 J]FR/SA: 20.15—MO/DI: 18.00 F/d

• OSTWIND – AUFBRUCH NACH ORA [6/4 J]SA: 15.30—SO: 13.00 D

• CE QUI NOUS LIE [8/6 J]SA /SO: 18.00—DI: 20.15 E/d/f

• AKTIV INS ALTER [8/6 J]SO: 11.00—MI: 15.30 Dialek t

• WALK WITH ME [16/14 J]SO: 15.30 E/d

• FINAL PORTRAIT [0/0 J]MI: 18.00 E/d/f

• SOMMERVÖGELMI: 20.15 Dialek t

SI S SACH PAL ACEFelsenstrasse 3a palacesissach.ch

• TULIP FEVER [12/10 J]18.00 E/d/f

• ATOMIC BLONDE [16/14 J]20.30 D

• BIGFOOT JUNIOR [6/4 J]SA /SO/MI: 14.00 D

• ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH 3 [6/4 J]SA /SO/MI: 16.00 D

• FINAL PORTRAIT [0/0 J]SO: 10.30 E/d/f

Schluss mit Hunger dank Biolandbau.

Spenden Sie jetzt 10 Franken:SMS «give food» an 488

Mehr Infos: swissaid.ch/bio

31

TagesWoche 36/17

Buchclub Basel

Ein Buchclub nach angelsächsischem Vorbild hat unserer Kulturstadt bislang gefehlt. Seit Anfang Jahr gibt es ihn.

Leseratten reisen um die Welt

von Michel Schultheiss

S martphones weg, Bleistifte auf die Tische. Frageblätter und Bücher liegen bereit, zwischen den Seiten überall Klebezettel,

und schon kommt im gemütlichen Café Smilla die Diskussion in Fahrt: «Also der Titel geht gar nicht – ich finde ihn so kitschig.» – «Nein, ich finde ihn sehr poetisch.»

Der Roman heisst «Ein Leben mehr», geschrieben von der kanadischen Autorin Jocelyne Saucier. Damit beschäftigt sich heute eine Lesegruppe des Basler Buch-clubs. Klar bilden sich da Lager, das ist auch bei den anderen beiden Gruppen im Café so. «Die Erzählerstimme in kursi- ver Schrift finde ich etwas altmodisch.» – «Genau das ist mir aber sympathisch.»

Lydia Zimmer stösst dazu. Die Kultur-managerin ist Gründerin des Basler Buch-clubs. «Das liebe ich an solchen Abenden», sagt sie, als sie an unserem Tisch vorbei-schaut. Dass es hier ohne falsche Hem-mungen zur Sache geht – ob das Buch nun eine literarische Delikatesse ist oder ein Tiefflug.

Die anwesenden 15 Leseratten duzen sich. Genau so familiär hat es sich Zimmer vorgestellt, als sie im Januar den Club ins Leben rief. Ein öffentlicher Lesezirkel in Café-Atmosphäre sollte es sein, kein priva-ter Kreis, keine Uni-Lesegruppe. Das gibt es schon genug.

Nicht-Experten willkommen«Man braucht hier nicht das Gefühl zu

bekommen, man hätte studieren müssen», sagt Zimmer. Es trete auch kein Experte auf. Die einzigen zwei Bedingungen für eine Teilnahme sind: sich vorab anmelden

– und natürlich das Buch lesen. Zeit dafür gibt es genug, die Teilnehmenden wählen Wochen vorher bereits aus drei Vorschlä-gen der Organisatorin den nächsten Titel aus.

«Öffentliche Buchclubs sind vor allem im angelsächsischen Raum verbreitet», er-zählt Zimmer. Mit der Aktion «One Book, one New York» etwa sei im Big Apple ein riesiger Lesezirkel aus dem Boden ge-stampft worden. Im deutschsprachigen

Raum gibt es zwar Autorenlesungen. Aber Buchclubs?

Dieses Gefäss erlebe gerade in Zeiten digitaler Netzwerke eine Renaissance, be-obachtet Zimmer. Auch wenn sich die Welt verändere: Das Gespräch über Lektüre wie im Literatursalon des 18. Jahrhunderts sei nach wie vor gefragt, auch in Basel. Tat-sächlich haben sich in wenigen Monaten über 80 Leserinnen und Leser in Zimmers Buchclub angemeldet – weit mehr, als sie in dieser kurzen Zeit erwartet hätte.

Touren und KopfreisenDer Buchclub ist eines von mehreren

Projekten in Zimmers «Ein-Frau-Unter-nehmen» Literaturecho. Seit zwölf Jahren lebt sie in Basel, geboren ist sie in Weimar. Immer wieder hat sie Literaturreisen in die Stadt von Goethe und Schiller organi-siert, wo sie auch Werke zeitgenössischer Schriftsteller diskutierte. Dazu Touren nach Lübeck, Touren in die Toskana – Literatur und Reisen, das ist eigentlich seit der Kindheit ihr Ding. Auch wenn es manchmal nur Kopfreisen durch unbe-kannte Länder sind. Deshalb kommt in ihrem Buchclub jedesmal ein anderes Land an die Reihe.

Aber wer kommt da eigentlich hin? Das ist sehr individuell. Die eine fühlte sich an-gesprochen, weil der Club «Die Welt lesen» heisst und sie selbst gerne beim Reisen liest. Eine andere Teilnehmerin hat seit einem Englandaufenthalt geradezu auf einen Buchclub in Basel gewartet. Eine dritte studiert Literaturwissenschaften und findet hier eine willkommene Ab-wechslung.

Auch Männer sind da. Einer führt selbst eine Buchhandlung und möchte das Konzept gerne mit Zimmer zusammen in seine Stadt Baden tragen.

«Ich fand die Geschichte einfach zu be-müht.» – «Von der ersten Seite an hat es mich gefesselt.» Nach 90 Minuten ist dann jeweils Schluss. Eine Glocke beendet die Debatten, bevor sie ausufern. Dann gehts darum, das Buch für das nächste Land aus-zuwählen.

Es geht nach Südafrika. ×

Buchclub Basel: www.dieweltlesen.ch

KULTUR FLASHFührung

Panoramablick hinter die KulissenDas Theater Basel schickt am Theaterfest seine Besucher auf Entdeckungsreisen. Da darf man den Schauspielerinnen bei den Proben fürs aktuelle Programm zu-schauen, den Balletttänzern beim Training. Technikbegeisterten wird das Einmaleins der Beleuchtung erklärt und Kindern an geheimen Orten im Keller das Gruseln gelehrt. Es ist ein Tag der offenen Türen, und die führen beinahe überall hin. Geeig-net für die ganze Familie. ×

Alte Pracht und neue ZonenAm europäischen Tag des Denkmals führt die Basler Denkmalpflege durch das St.- Johann-Quartier, wo sich das gesamt-schweizerisch festgelegte Thema «Macht und Pracht» in über 30 Führungen auf eine ganz spezielle Weise präsentiert. Auf den Rundgängen landet man nicht nur bei historischen Bauten, sondern auch mitten in aktuellen Arealentwicklungen. Dazu gibt es ein attraktives Kulturprogramm mit dem Sinfonieorchester Basel und der Soulsängerin Ira May. ×

Theaterfest

Theaterfest, Samstag, 9. September, 10–17 Uhr, Theater Basel. Achtung: Wegen Bauarbeiten wird die Tramhaltestelle Theater nicht bedient.www.theater-basel.ch

Tag des Denkmals: «St. Johann – vom Totentanz zum Lysbüchel», Samstag, 9. September. www.denkmalpflege.bs.ch

Foto

: Sta

atSa

rchi

v Ba

Sel-

Stad

t, N

eG 42

85

32

TagesWoche 36/17

Zeitmaschine

Die erste Wohnstrasse der Schweiz haben wir ausgerechnet Verlustängsten und Kinderlärm zu verdanken.

Aus Betonkübeln gewachsenvon Olivier Joliat

B egegnungs zonen sind in Basel zur Selbstverständlichkeit ge-worden. Mehr als 80 gibt es in-zwischen und es werden immer

mehr. Weil Anwohner es so wollen. Damit der Kanton den Umbau geeigneter Stras-sen in Angriff nimmt, braucht es eine Ab-stimmung und eine Zweidrittelsmehrheit. Heute eine reine Formalität.

1976 sah das anders aus. Vier Quartier-strassen wählte die Stadt damals aus, um sie in eine Wohnstrasse umzuwandeln. Allesamt abgelehnt. Aus Sicht der Anwoh-ner ging es um Kindergeschrei, um ihre

Das Herz der Bärenfelserstrasse: Judith und Ruedi Bachmann. foto: A. preobrAjenski

Parkplätze, um sinkende Gebäudepreise, für die Stadt um mehr Lebensqualität, da-mit die Abwanderung aufs Land endlich aufhört, erinnert sich Ruedi Bachmann.

Der 76-jährige Architekt sass damals in der Gruppe der Stadtplaner. Er nutzte die Gunst der Stunde und brachte die eigene Nachbarschaft ins Spiel: die Bärenfelser-strasse. «Die Stadt brauchte dringend ei-nen Erfolg und so wurde hier ein Pilotpro-jekt gestartet, veranschlagt auf zwei Jahre.»

Gut 40 Jahre später sitzt Bachmann am offenen Mittagstisch in der Bärenfelser-strasse 36. Wie jeden Freitag hat er hier mit seiner Frau Judith gekocht. Ursprünglich wollten sie täglich Mittagessen servieren,

als Kantine für die Arbeiter der damaligen Elektrofrabrik. Und Alkohol wollten sie ausschenken, was aber dem Wirteverband nicht passte. 80 Seiten Briefwechsel zeu-gen davon. Doch die Arbeiter wollten so-wieso nicht bei den Alternativen essen. Als die Fabrik schloss, baute Bachmann sie um. Heute beleben Ateliers und Familien die alten Werkhallen.

Alles Stoff fürs Strassenarchiv. Auch das findet man im Haus Nummer 36. Bachmanns siebte Adresse an der Bären-felserstrasse ist sowohl Stube als auch Herzstück der Wohnstrasse.

Es könnte ein Treff junger Weltverbes-serer sein, die rund zehn Stammgäste, die heute zum Essen gekommen sind. Freaks, sagten damals viele, weil sie Freiraum wollten, zahlbare Wohnungen, den öffent-lichen Raum mitgestalten und und und.

Ein Lebenswerk«Die einzige bauliche Massnahme der

Stadt zur Umwandlung in eine Wohnstras-se bestand darin, grosse Betonkübel für Pflanzen auf die Parkplätze zu stellen», er-zählt Christa. Das graue Statement dämpf-te die Freude der Bewohner über den Zu-schlag. «Wir brauchten etwas Farbe, Freu-de und Esprit, um die Strasse zu beleben. Also musste ein Fest her.» Über tausend Besucher kamen 1977 in die Bärenfelser-strasse feiern. Das gab der Gruppe Schub. Man traf sich nun jeden Monat, kämpfte gegen Bauspekulation in der Strasse bis vor Bundesgericht und engagierte sich auch in der Umgebung politisch.

Heute trifft man sich vor allem noch zum freitäglichen Mittagstisch. Nach dem Anhören aller Anekdoten und Abenteuer ist klar: Die ganze Truppe war sehr enga-giert, aber es war doch vor allem Bach-mann, der darüber hinaus die ganze Stadt prägte: vom Spielestrich auf dem Kasernen-areal bis zum Verein V.i.P., der nebst ande-ren Projekten die Zwischennutzung auf dem nt-Areal realisierte und betreute.

Seine Projekte ragen vielleicht nicht in den Himmel, wie die meisten Hinterlas-senschaften seines Berufsstands. Umso mehr Tiefgang hat sein Wirken, was die Gesellschaft und das soziale Leben angeht. Die Wohnstrasse bezeichnet er selbst als sein Lebenswerk, weil er wirkt, wo er lebt.

Und das wird nun gefeiert. Die Leitung liegt nun bei der nächsten Generation. Sie ist dabei, einen Kindermittagstisch aufzu-bauen und bringt weitere Projekte ins Lau-fen. Zum Jubiläumsfest gibts ein bunt ge-mischtes Programm, die alte Garde freut sich schon jetzt und findet: «Es darf ruhig auch etwas laut werden. Irgendwo werden wir schon plaudern können.»

So sieht generationenübergreifendes städtisches Wohnen aus – zumindest an der Bärenfelserstrasse. Bleibt zu hoffen, dass sich auch diese gegenseitige Toleranz in den nächsten vierzig Jahren in ganz Basel durchsetzt. ×

Samstag, 9. September, 40. Bärenfelser Strassenfest, Bärenfelserstrasse, Basel.

33

TagesWoche 36/17

Der Hafen von Cardiff: Die düsteren Zeiten sind vorbei. foto: alexander marzahn

Der Film «Tiger Bay» von 1959 mit John Mills und Horst Buchholz spielt im Hafenmilieu von Cardiff.

Das Museum of History im Vorort St Fagans ist der «Ballenberg» von Wales. www.museum.wales/stfagans

Das besondere Glace-Erlebnis bei Science Cream, 28 Castle Arcade. www.sciencecream.co.uk

Im 53 Hektar grossen Bute Park mit altem Baumbestand und herrlichen Liegewiesen. www.bute-park.com

Einstimmen

Erleben

Experimentieren

Entspannen

Wochenendlich in Cardiff

Im Pub singen die Geister totgeschundener Minenarbeiter, im Hafensumpf ist die Schickeria eingezogen. Und das Frühstück in der Hauptstadt von Wales? Veeeeeery british.

Das neue Wahrzeichen ist jedoch die bronzene Fassade des Millennium Centre. Das nationale Kulturzentrum, wo die Oper untergebracht ist und ab und an auch das BBC-Orchester spielt, wurde 2009 aus hei-mischem Schiefer errichtet. Das Gestein war für Wales einst so wichtig wie Kohle, und wer die Minen im Norden besucht, weiss etwa, was das für die Bergleute hiess: Lebenserwartung so tief wie der Lohn.

Man kann ihr Leid noch heute hören, in den walisischen Volksliedern, die abends in den Pubs erklingen. Viele der melan-cholischen Melodien wurden in den ge-fährlichen Minen geboren.

Und dann dieser Ed SheeranDem feuchtkalten Wetter zum Trotz ist

Cardiff auch eine Sportstadt: Rund um den Bute Park haben sich ganz in Weiss die Cricket-Freunde breitgemacht, dane-ben streckt das Millenium-Stadium seine Stahlträger in den Himmel.

Das brandneue Stadion bietet Platz für 74 000 Besucher und wird für Fussball- und Rugby-Spiele genutzt. Und für Ed Sheeran. Der britische Singer-Songwriter

Schiefer, Schlamm und Schweineblut

von Alexander Marzahn

D ie Vergangenheit von Cardiff ist schwarz. Einst der weltweit grösste Kohle-Umschlagplatz, verwandelte sich nach 1920

das Hafenquartier Tiger Bay in einen elen-den Slum: Die Docks zerfielen, die Piers verschlammten, Arbeiter und Matrosen aus aller Herren Länder wurden arbeitslos und mit ihnen auch die Prostituierten. «Der Hafen hat Cardiff den Wohlstand ge-bracht, doch die Stadt hat ihn enterbt», klagten die Bewohner.

Auf der anderen Seite der Wohlstands-skala: die Adelsfamilie Bute. Ihr gehörten Minen, Eisenbahnen, Hafen, ja die halbe Stadt, inklusive des Cardiff Castle im Zen-trum. Dieses zeigt einen irren Stilmix aus römischem Kastell, normannischer Fes-tung und neugotischem Märchenschloss. Oben die fürstlichen Gemächer, unten dicke Mauern und düstere Gänge, wo das Volk im Zweiten Weltkrieg Schutz vor deutschen Bomben suchte.

Wir sind als Touristen auf Durchreise und von Cardiff sehr positiv überrascht. In der Fussgängerzone öffnen sich prächtige Einkaufspassagen, in denen Traditionsge-schäfte für Brautmode, Hüte oder Mass-anzüge eingemietet sind, aber auch junge Start-ups wie Science Cream, ein Eiscafé-Labor, das die süsse Masse spektakulär mittels Flüssigstickstoff schockgefriert.

In den Minen geborene LiederIn einem stilvollen Backsteingewölbe

vis-à-vis bietet The Potted Pig gehobene Küche, zumindest am Abend. Das Früh-stück dagegen: Baked Beans, Leber und Black Pudding – ein schwabbeliges Etwas aus Schweineblut. Ist zwar mit unserer Blutwurst verwandt, aber für Kontinental-europäer doch eher eine Grenzerfahrung.

Zurück zum Hafen. Ein Musterbeispiel städtischer Aufwertung! Ein Damm ver-hindert seit 1999, dass bei Ebbe die ganze Bucht zur Schlammwüste wird. Und das brachte hier die Wende: 2006 verlegte das walisische Parlament seinen Sitz hierher und heute locken schicke Bars, Geschäfte und Hotels.

spielte im Juni gleich viermal vor ausver-kauftem Haus. Tickets gab es auf dem Schwarzmarkt für 800 Pfund. Das ist etwa so viel, wie ein Minenarbeiter einst ver-diente – nicht im Monat, nicht im Jahr. Sondern im ganzen Leben. ×

Impressum

Kreuzworträtsel

Auflösung der Ausgabe Nr. 35

Lösungswort:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

ZU GEWINNEN: Wir verlosen einen Pro Innerstadt Gutschein (50 CHF). Gewinner: Jan Peters

____________________

Grün: be-deckt Böden

____________________

Frageraster TaWo_36-17 Lösungswort: VORSTAEDTE

Binnenstaatin Ostafrika

rauhaarigerJagdhund

diese Gassein der Dalbe

bildschönerJünglingder griech.Mythologie

Heide-pflanze

Irlandfür Iren

sie reistam Himmel

dortarbeitenHirten

asiatischerInselstaat

Narzismus

spezielleMayonnaise

kurzeRichtlinie

Skandal sieben alsröm. Zahl

Acrylsäure,abgekürzt

Buchstabedes griech.Alphabets

kurz f.Elfmeter

sagenhaftesMeer-ungeheuer

mancherist steinig____________________

Geneh-migung

..no = wo manFilme sieht

darausmachtman Fondue

Schachfigur

MassehartenGesteins

Top-Level-Domaine v.Burkino Faso

salopp f. Geld

Zahl fürFuss-ballteam

der Königist eineGoethe-Ballade

er spielt f.den FCB

Autokenn-zeichen v.Laufen

sozusagenTells Frucht

Laubbaummit charakt.Rinde

für Psycho-logen dasUnbewusste

ihm ver-danken wirGipfeli etc.

dieseMücke, auchin Basel

engl.: Katze

in derNähe von

legendärerbras.Fussballer

Inselstaatin d. Karibik

Internet-adresse v.Vietnam

herbstl.Frucht

für vieletäglichesTätigsein

Kleinkinderein sehrgrosserMann

RomandsbekannterEsel

leichter Wind span.: Zug

weiträumig

Heilbe-handlung

Tier, dasHonig mag

Abschieds-gruss

weibl.Vorname

Herd einerSchmiede

kurz f.senior

dt. Sport-sendung

Basel: Siefahren auchm. Oldtimern

Abk. f.Arbeit-nehmer

kalend.Zeitangabe

bestimmterArtikel

Personal-pronomen

CH-Auto-kennzeichen

alkohol.Getränk grösserer

Raumin Unis

zu kei-ner Zeit

steht f. dt.Sprache

Doppel-konsonant

9

1

2 5

7

6

8

3

10

4

RR H

OS E

RNL

V I PI

A DE

E LGADO

N UNDN

OA

OT

V S

HU H

KA B U N R

RA T

AUS

F M U N IO M Z

E P TO

E RS

U S SA D

T T E RS P V O

EP R O S T

S P E N RWAG

V ON

TA

SISSE

OT

H A ML I M S

P R I TS T

R UR

HA R M

E U

G E LI

TH E

GI E N

I AL K S P V

O D O S T AP

M A R I S K EM S B E

CC

Antwortenraster TaWo 35-17 Lösungswort: RIEHENRING

MITMACHEN UND GEWINNEN Senden Sie eine SMS an die Nummer 343: TW Lösungswort, Name und Adresse (1. – SMS) oder unter www.tageswoche.ch/kreuzwort. Einsendeschluss: 13.09.2017. Lösungswort der letzten Woche: RIEHENRING

TagesWoche6. Jahrgang, Nr. 36, verbreitete Auflage:

10 800 Exemplare (prov. Wemf-beglaubigt),

Spitalstrasse 18, 4056 Basel

Herausgeber Neue Medien Basel AG

Redaktion Tel. 061 561 61 80,

[email protected]

Die TagesWoche erscheint täglich online und jeweils am

Freitag als Wochenzeitung.

Geschäftsleitung Sibylle Schürch Digitalstratege

Thom Nagy Creative Director Hans-Jörg Walter

Marketing Stephanie Gygax

Redaktion Renato Beck und

Gabriel Brönnimann (Co-Leitung Redaktion),

Yen Duong, Andrea Fopp,

Christoph Kieslich, Stefan Kempf,

Matthias Oppliger,

Samuel Rink (Aushilfe), Jeremias Schulthess,

Olivier Joliat, Dominique Spirgi,

Samuel Waldis, Reto Aschwanden und

Tino Bruni (Co-Leitung Produktion),

Mike Niederer (Produzent),

Hannes Nüsseler (Produzent)

Layout/Grafik Anthony Bertschi,

Eliane Simon Bildredaktion

Nils Fisch

Korrektorat Yves Binet, Chiara Paganetti,

Irene Schubiger, Laura Schwab, Martin Stohler,

Dominique Thommen, Jakob Weber

Abodienst Tel. 061 561 61 61, [email protected]

Anzeigenverkauf COVER AD LINE AG Tel. 061 366 10 00,

[email protected]

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einem Jahresbeitrag

UnterstützerIn: 160 Fr. pro JahrEnthusiastIn: 220 Fr. pro Jahr

Unternehmen: 660 Fr. pro JahrMehr dazu: tageswoche.ch/abo

Druck Mittelland Zeitungsdruck AG,

AarauDesignkonzept und Schrift

Ludovic Balland, Basel

w w w. m i n e r v a s c h u l e n . c h

Minerva Kindergarten und PrimarstufeMinerva Sekundarstufe I

Für alle, die sich ihre Meinung selber machen.Offenheit, Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit. Wie viel ist Ihnen das Wert? Abonnieren Sie jetzt.

Informieren Sie sich auf www.tageswoche.ch/abo

AZACH-4056 Basel

PP/Journal

Post CH AG

TagesWocheNeue Medien Basel AGSpitalstrasse 18, 4056 BaselRedaktion: 061 561 61 80Abo: 061 561 61 61tageswoche.ch

ANZEIGE

Gemeinsam bringen wir Kinder aus Goldminen in Sicherheit: Jetzt auf www.tdh.ch/spenden

Klettern Sie mit Joseph (13) in die Mine. Dort ist Ihr Arbeitsplatz. 50 Meter unter der Erde.