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Globalisierung braucht Gestaltung 2010 – das zehnte Jahr

Attac Jahresbericht 2010

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Das zehnte Jahr

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  • Globalisierungbraucht

    Gestaltung

    2010 das zehnte Jahr

    Globalisierungbraucht

    Gestaltung

    JB 2010 Cover.indd 1 23.03.2011 14:24:52 Uhr

  • 06 Krisen Themenheadline klein

  • KrisenThemenheadline klein 07Impressum/Inhalt

    Impressum

    Attac sterreich Jahresbericht 2010

    Attac sterreichNetzwerk zur demokratischen Kontrolle der FinanzmrkteAdresse Margaretenstrae 166/3/25, A-1050 WienTelefon 01 5440010Fax 01 5440059Internet www.attac.atE-Mail [email protected] Kt.Nr. 92.145.148, PSK: BLZ 60.000

    Grafik Marta Gomez, Thomas Hirt, Wolfgang Homola, Anne Lange, Julia Lw, Ulrike Schwach, Klara Tolnai, Isabella ZieritzDruck gugler cross media, Auflage: 6000 StckFr den Inhalt verantwortlich Attac sterreichFotos (wenn nicht anders angegeben) Attac sterreichInseratenakquisition Monika Stadler, Wilhelm ZwirnerRedaktion Barbara Ccilia Supper, David Walch, Wilhelm ZwirnerGesamtkoordination Barbara Ccilia Supper(Namen in alphabetischer Reihenfolge)

    Vervielfltigung erwnscht, bei Verffentlichungen bitten wir um Belegexemplare.

    Wien, Mrz 2011

    Gedruckt nach der Richtlinie Schadstoffarme Druckerzeugnisse des sterreichischen Umweltzeichens. gugler cross media, Melk; UWZ 609; www.gugler.at

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    Brennpunkte

    Rckblicke

    Ausblicke

    Einblicke

    Vorwort

    Die Attac Deklaration 2010 Von der Finanz- zur StaatsschuldenkrisePostwachstumskonomieInterview Isolde Charim und Konrad Paul Liessmann278a Grundpfeiler der Demokratie sind bedroht

    Commons gemeinsam nutzen, was allen gehrtNeue Positions- und Projektpapiere Gemeinwohl-Symposium: Unternehmen neu denken Aktivismus lernen und leben AktionsakademieAttac SommerakademieKampagne Steuer gegen ArmutBig Brother Attac?Nachruf Kurt RothschildAttac in den Medien Agrarpolitisches Sommerspektakel Alternativenforen Gemeinsam aktiv Kampagne Wege aus der KriseBest of Attac-Erfolge 2000 bis 2010Attac wurde 10 das wurde gefeiert!Wo war Attac sonst noch engagiert?Veranstaltungsreihe Krise ohne EndeInterview Attac-Geschftsfhrer Wilhelm Zwirner Motto fr 2011 Unsere gemeinsame Zukunft bauen! Warum wir Attac mehr denn je brauchen G8 und G20 Gipfeltreffen in FrankreichWege aus der Krise Wege in die ZukunftNylni-Forum in KremsENA European Network AcademyTerminvorschau

    Der neue Attac-Geschftsfhrer stellt sich vorAttac-RegionalgruppenAttac-Inhalts- und Querschnittsgruppen Attac-Gruppen berichten Mitgliedsorganisationen Generalversammlung 2010Attac-Bro Attac untersttzen Finanzbericht 2010

    Inhalt

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    08 Krisen Themenheadline klein

    m November 2000 setzte sich eine kleine Gruppe engagierter Menschen ein ehrgeiziges Ziel: Dem Dogma von der Naturgegebenheit der derzeitigen Globalisierung konkrete Alternativen fr eine Demokratisierung der Wirt-

    schaft entgegenzustellen. Was als berschaubare Initiative begann entwickelte sich zu einer aus der sterreichischen Zivilgesellschaft nicht mehr wegzu-denkenden breiten sozialen Bewegung. Der Erfolg von Attac wird sichtbar in einem kontinuierlichen Anstieg an gesellschaftlicher Untersttzung, ffentlicher Glaubwrdigkeit und politischer Relevanz. Wir sind stolz darauf, was wir - unter-sttzt von tausenden Mitgliedern und SpenderInnen, den vielen AktivistInnen, MultiplikatorInnen und Interessierten sowie gemeinsam mit zahlreichen Koope-rationspartnerInnen - erreicht haben!

    Der diesjhrige Jahresbericht prsentiert wie gewohnt unsere Arbeit des ver-gangenen Jahres. Im Jubilumsjahr 2010 hat Attac Meilensteine gesetzt in-haltlich und organisatorisch. Mit der Deklaration 2010 haben wir einen neuen Rahmen fr unsere inhaltliche Arbeit der nchsten Jahre gesetzt. Mehr zu den darin formulierten Transformationspfaden fr ein gutes Leben fr alle findet sich ab Seite 4.

    Mit Wilhelm Zwirner haben wir im September 2010 erstmals einen Geschfts-fhrer bestellt. Wir sind berzeugt, dass Attac durch die operative Entlastung des ehrenamtlichen Vorstands in Zukunft noch viel bewegen wird! Ein Interview mit Wilhelm Zwirner sowie seine Vorstellung sind auf den Seiten 36 bzw. 49 zu finden.

    Zu den zahlreichen weiteren Attac-Hhepunkten 2010 zhlt die gemein-sam mit anderen Organisationen gegrndete Allianz Wege aus der Krise. ber deren zivilgesellschaftliche Budgetrede sowie die Kampagne berfluss besteuern, in die Zukunft investieren! berichten wir ab Seite 28. Im Rahmen von Alternativenforen ermutigen wir zudem die Menschen sich mit der sozial gerechten und kologisch nachhaltigen Gestaltung ihres Lebensumfeldes aus-einanderzusetzen (Seite 27).

    Und wie gewohnt finden sich zahlreiche Interviews, Rckblicke, Ausblicke und Einblicke auf SommerAkademie, AktionsAkademie, Kongresse, Vortrge, neue Regionalgruppen und vieles mehr in unserem Attac-Jahresbericht 2010.

    Wir wnschen viel Spa bei der Lektre!

    02 Vorwort

    Attac ist 10!und setzt neue Meilensteine

    Fritz Pichlmann fr den Vorstand von Attac sterreich

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    BRENN-PUNKTE

    Von der Finanzkrise zur Wirtschaftskrise 04Lukas Resetarits im Interview 06Our Climate Not Your Business! 09Wer hat Angst vor Vermgenssteuern? 12

    BrennpunkteDie Attac Deklaration 2010 04Von der Finanz- zur Staatsschuldenkrise 06Postwachstumskonomie 08Interview Isolde Charim und Konrad Paul Liessmann 10 278a Grundpfeiler der Demokratie sind bedroht 14

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  • Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!

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    Was uns vor zehn Jahren bewegt hat, bewegt uns heute immer noch.Wir meinen jedoch: Es braucht mehr!

    von Sabine Gruber undAlexandra Strickner

    D ie Welt hat sich seit der Grn-dung von Attac sterreich im Jahr 2000 dramatisch verndert. Eine Finanz- und Wirtschaftskri-se, die mit den USA und der EU die Zentren neoliberaler Politik erreichte, hat unsere Forderungen zur Regu-lierung der Finanzmrkte schlagartig ins Zentrum der politischen Debatten gerckt. Eigentlich Grund genug um sich zurckzulehnen, ber den Erfolg unserer Arbeit der letzten zehn Jahre zu freuen und wie bisher weiterzuma-chen. Was uns vor zehn Jahren be-wegt hat allem voran die Forderung nach einer demokratischen Kontrolle der Finanzmrkte bewegt uns heu-te immer noch. Wir meinen jedoch es braucht mehr. Warum?

    Die schier unglaubliche Gre und Macht systemrelevanter Banken zum Beispiel kann mit Finanztransak-tionssteuern, Verboten von Derivaten oder Zulassungsprfungen fr Fi-nanzmarktakteurInnen nicht verringert werden. Es ist nicht nur offensichtlich geworden, dass unsere bisherigen Forderungen im Bereich der Finanz-marktregulierung keine Lsungen fr tieferliegende, systemische Probleme des Finanzsystems sind (siehe Alter-natives Finanzsystem Seite 17). Da-rber hinaus werden uns tagtglich die zahlreichen negativen Folgen un-seres Wirtschaftsmodells vor Augen gefhrt: Die Explosion der Lebensmit-telpreise und die damit verbundene Erhhung der Zahl der hungernden Menschen auf ber eine Milliarde. Die Zunahme von klimatischen Ex-tremereignissen als Folge des Kli-mawandels. Die unwiederbringliche Zerstrung von Naturressourcen. Die steigende Armut weltweit als Folge immer grerer Ungleichheit.

    Auf dem Wegzur Attac-Deklaration 2010

    All diese brennenden Probleme ha-ben uns bereits im Laufe des Jahres 2009 immer mehr davon berzeugt, dass unsere Grndungsdeklaration aus dem Jahr 2000 nicht mehr auf der Hhe der Zeit war. Es erschien uns unausweichlich, unsere Visionen

    Immer mehr Menschen werden von der Befriedigung ihrer Grundbedrfnisse ausgeschlossen

    Dies sind nur einige wenige Dimen-sionen eines Wirtschaftsmodells, in dessen Zentrum das Streben nach dem grtmglichen Profit steht und das auf dem scheinbar unbegrenzten Vorhandsein von Ressourcen aufbaut. Dieses System bringt ein noch nie da gewesenes Ausma an konzen-triertem Reichtum hervor. Gleichzeitig werden immer mehr Menschen von der Befriedigung ihrer Grundbedrf-nisse ausgeschlossen und die kolo-gischen Lebensgrundlagen zerstrt. Wirtschaftliche und politische Macht sind eng verflochten und liegen in den Hnden einer kleinen Elite.

    Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!

    We proudly present....Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!We proudly present....Attac Deklaration 2010

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  • Brennpunkte

    Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!Eine andere Welt gestalten.Ein gutes Lebenfr alle ermglichen!

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    Deklaration 05

    viele Wege in vielen alternativen Teil-bereichen beschritten werden ms-sen. Die Pfade beinhalten langfristige Visionen, aktuelle Forderungen und bergangsschritte fr eine zukunfts-fhige und krisenfeste Gesellschaft:

    7 Transformationspfadefr ein gutes Leben fr alle

    GemeinwohlorientierteFinanzwirtschaft

    Glokalisierung der Wirtschaft Commons Gemeinsam

    nutzen was allen gehrt Ernhrungssouvernitt Energiesouvernitt Menschengerechte Arbeit Umfassende Demokratisierung

    Darber hinaus beinhaltet die De-klaration allgemeine Ziele und Prin-zipien des Wirtschaftens. Basis fr ein gutes Leben sind nicht grenzen-

    und Forderungen weiterzuentwi-ckeln um dieses Wirtschaftssystem grundlegend zu hinterfragen und neue Antworten zu finden. Auf der AktivistInnenversammlung im Herbst 2009 wurde schlielich die Entschei-dung getroffen, eine aktualisierte De-klaration zu erarbeiten und das Ziel formuliert, uns diese zu unserem 10. Geburtstag im November 2010 zu schenken. Unser Anspruch war da-bei einen aktualisierten politischen Rahmen fr die nchsten 10 Jahre zu schaffen, hinter dem alle Attacies ste-hen knnen - eine kraftvolle Vision, die

    chen. Die Deklaration ist aber auch ein Bekenntnis dazu, dass dieses an-dere Wirtschaftssystem als Modell nicht vorhanden ist, sondern dass wir uns dieses selbst erarbeiten mssen.

    Fr die neue Deklaration haben wir unsere Kernthemen (z. B. die Kontrolle der Finanzmrkte, die Re-Regulierung ffentlicher Dienste) sowie jngere Themen (z. B. Klimawandel und Ener-giepolitik, Arbeitsmarktpolitik) zusam-mengetragen und neu geordnet. Da-raus sind 7 Transformationspfade entstanden: Pfade, weil es fr uns keine fertige Alternative gibt, sondern

    unsere vielseitigen Aktionen bndelt und eint. Ein Redaktionsteam begann die vorhandenen Forderungen und Visionen zusammenzustellen. Diese wurden auf der Sommerakademie 2010 breit diskutiert, umgestellt und erweitert. Nach einer weiteren Re-daktionsschleife konnten wir bei der AktivistInnenversammlung im Herbst 2010 die neue Deklaration beschlie-en. Die Prsentation erfolgte pnkt-lich zum groen 10-Jahres-Geburts-tagsfest am 6. November.

    Ein Bekenntniszur Notwendigkeit eines gnzlich anderen Wirtschaftssystems

    Das Ergebnis unserer gemeinsamen intensiven monatelangen Arbeit kann sich sehen lassen. Die Attac Deklara-tion 2010 ist ein klares Bekenntnis zur Notwendigkeit eines gnzlich ande-ren Wirtschaftssystems, um das Ziel eines guten Lebens fr alle zu errei-

    Foto: Max Herlitschka

    TransformationspfadeTransformationspfadeformationspfadeformationspfade

    loses Wachstum und Profitmaximie-rung sondern Mitbestimmung, soziale Gerechtigkeit und kologische Nach-haltigkeit. Zustzlich haben wir unse-re politischen Strategien im Text neu formuliert.

    Vor 10 Jahren haben wir uns der Herausforderung gestellt dem poli-tischen Mainstream Forderungen zur Regulierung der Finanzmrkte entge-gen zu setzen. Mit der Attac-Deklara-tion 2010 stellen wir uns der Heraus-forderung Anstze fr umfassende Alternativen zu unserem Wirtschafts-system zu entwickeln. Zum Nachlesen haben wir sie dem Jahresbericht bei-gelegt. Sie finden Sie auch im Internet unter www.attac.at/deklaration2010

    Wir hoffen, dass die Deklaration noch mehr Menschen inspiriert und motiviert, sich aktiv an der Gestaltung einer anderen Welt zu beteiligen. Da-fr gibt es zahlreiche Mglichkeiten in sozialen Bewegungen und natrlich bei Attac. | |

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  • 6Als Folge der Finanzkrise treten die strukturellen Probleme der Eurozone deutlich zu Tage

    Europa in der Krise: Von der Finanz- zur Staatsschuldenkrise

    von Karin Kblbck

    Rettungsschirme, Sparpakete, Umschuldungsdiskus-sionen: Die Europische Union befindet sich in ihrer historisch schwierigsten wirtschaftlichen und politischen Lage. Bankenrettungen, Konjunkturpakete und geringere Steuereinnahmen haben die ffentliche Verschuldung stark ansteigen lassen. Da die Zinsen fr die Staatsanleihen am Finanzmarkt bestimmt werden und einen Indikator fr die Risikoeinschtzung der MarktteilnehmerInnen darstellen, ist die Zinsbelastung fr genau jene Lnder am hchsten, die ohnehin mit den grten wirtschaftlichen Problemen zu kmpfen haben ein Teufelskreis.

    Durch diese Krise offenbaren sich jedoch auch struktu-relle Probleme der europischen Integration, die von der Politik lange Zeit ignoriert wurden: Bei der Einfhrung der europischen Einheitswhrung wurden im Maastricht-Vertrag Kriterien fr die Teilnahme an der Whrungsu-nion festgeschrieben diese bezogen sich jedoch aus-schlielich auf die Verschuldungs- und Inflationsraten. Wichtige Politikbereiche, insbesondere die Steuer-, So-zial- und Lohnpolitik, blieben national: Statt verstrkter Koordination in diesen Bereichen kam es zunehmend zu mehr Wettbewerb und dadurch zu einem Wettlauf nach unten bei Unternehmenssteuern, Sozialstandards und Finanzmarktregeln.

    Ursprnglich schienen Griechenland, Irland, Spanien und Portugal nicht berdurchschnittlich von der Krise betroffen. Auer in Griechenland waren die ffentlichen Verschuldungsraten vor der Krise sogar unterdurch-schnittlich: in Irland etwa 25 %, in Spanien 36 %. Diese beiden Lnder wiesen 2007 und davor sogar Budget-berschsse aus. Gemeinsam ist den vier Lndern aller-dings, dass ihre Importe in zunehmendem Ausma ihre Exporte berstiegen. In Spanien und Portugal betrug das Leistungsbilanzdefizit im Jahr 2007 jeweils knapp 10 % des BIP, in Griechenland 15 %. Diese Defizite bedeuten eine hohe Abhngigkeit von Kapitalzuflssen aus dem Ausland. Whrend des Finanzmarktbooms mit einem berangebot an Anlage suchendem Kapital wurde dies jedoch nicht als Problem wahrgenommen.

    Die Kehrseite der steigenden Leistungsbilanzdefizite bil-den die Exportberschsse, allen voran jene des diesbe-zglich so stolzen Weltmeisters Deutschland. Whrend Deutschland aber auch sterreich durch Lohnzurckhal-tung die Wettbewerbsfhigkeit ihrer Produktion immer mehr steigerten, fielen die produktiven Strukturen in Grie-chenland, Portugal und Spanien immer mehr importierten Gtern zum Opfer. Die durch die stagnierenden Lhne und restriktiven Sozialausgaben sinkende Kaufkraft der deut-schen ArbeitnehmerInnen wurde also durch Nachfrage aus dem Ausland Exporte ersetzt. Gleichzeitig sind deutsche Banken wichtige Glubiger: Auf sie entfielen im

  • 7BrennpunkteEuropa

    Mrz 2010 etwa ein Fnftel aller Verbindlichkeiten Grie-chenlands, Irlands, Portugals und Spaniens gegenber Auslandsbanken. Der Rettungsschirm von 750 Mrd. Euro, der von der EU ber diese Staaten gespannt wurde, ist auch vor diesem Hintergrund zu sehen.

    Die strukturellen Probleme der Eurozone treten nun deutlich zu Tage: Die Einfhrung einer gemeinsamen Wh-rung ohne substantielle Koordination der Wirtschafts- und Lohnpolitik bei gleichzeitiger Umverteilung von Vermgen und Einkommen von unten nach oben. Durch die gemein-same Whrung kann der mangelnden Wettbewerbsf-higkeit nicht mehr durch Abwertung begegnet werden. Um dem Entstehen von Ungleichgewichten entgegen zu wirken, wre eine starke wirtschafts,- fiskal- und lohnpoli-tische Koordination sowie eine strkere Untersttzung der Peripherielnder notwendig. Darauf konnten sich die Mit-gliedsstaaten allerdings nicht einigen. Der Anpassungs-druck liegt somit vor allem bei den Lhnen. Derzeit wird versucht ber Austerittsprogramme (Krzung von staat-lichen Ausgaben) und ffentlichen Lhnen diese interne Abwertung herbeizufhren mit noch nicht abschtz-baren sozialen Kosten. II

    Eine DVD mit den Vortrgen der Konferenz ist im Attac Bro erhltlich.Prsentationen und Artikel zum Nachlesen finden sich auf www.europa-in-der-krise.atEuromemorandum: www.euromemo.eu

    Der im Dezember 2009 verstorbene konom Jrg Huffschmid warnte stets vor der Fehlkonstruktion des europischen Binnenmarktes. Viele seiner zahlreichen WeggefhrtInnen sehen es als Aufgabe, seine Analy-sen weiterzuentwickeln. Einen Beitrag dazu leistete der internationale Kongress Europa in der Krise am 9. und 10. Dezember 2010, veranstaltet von Attac, BEIGE-WUM, der Euromemorandum-Gruppe, Forba, der GPA und dem Institut fr Politikwissenschaft der Universitt Wien. Eineinhalb Tage lang wurde aktuelle Situation der Europischen Union in Vortrgen und Workshops ana-lysiert. Die Vortragenden teilten die Analyse, dass die aktuellen Sparprogramme die konomischen und sozi-alen Probleme weiter vertiefen werden. Das ist auch der Grundtenor des auf der Konferenz vorgestellten Euro-memorandum 2010/2011.

    Eine Alternative zur Lohnsenkung in den Defizitlndern wren eine expansive Politik in den berschusslndern sowie substantielle verteilungspolitische Manahmen.

    Dafr wren zuallererst Deutschland aber auch sterreich gefordert die Nachfrage durch ffentliche Investitionen zu stimulieren und Lhne systematisch zu erhhen. Um die-se Politik zu finanzieren, mssten die jahrelangen Forde-rungen von Attac nach Steuerharmonisierung, Einfhrung von Vermgens- und Finanztransaktionssteuern sowie der Abschaffung von Steuerschlupflchern fr Kapitaleinkom-men endlich umgesetzt werden. Umverteilung ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit sondern auch der ko-nomischen Vernunft. Diese Einsicht setzt sich mittlerwei-le auch in Mainstream-Medien und Vorstandsetagen von Banken durch. Fr eine Umsetzung wird noch viel sozialer Druck ntig sein.

    Kongress Europa in der Krise in memoriam Jrg Huffschmid

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    Kongress Europa in der Krise: Silvia Angelo und Trevor Evans

  • 8Die Idee einer konomie jenseits des Wachstums ist eine Perspektive fr einen neuen systemischen Horizont nach dem neoliberalen Finanzmarktkapitalismus

    ber die Kritik am Wachstum hinaus zur solidarischen Postwachstumskonomie

    von Alexis J. Passadakis

    A ls die globalisierungskritischen Bewegungen Ende der 90er Jahre die politische Bhne betraten, stand klugerweise die Pluralitt der Kritik am Neoliberalismus im Vordergrund und nicht der Versuch all die heterogenen AkteurInnen auf ein Alternativmodell festzulegen. Das glei-che galt und gilt auch fr das Attac-Netzwerk. In diesem kakophonischen Forderungskonzert von keynesianischen und postkapitalistischen Alternativen gab es von Anfang an auch wachstumskritische Tne.

    Die Krise des Finanzmarktkapitalismus und die Zuspit-zung der Klimakrise erhhen nun die Dringlichkeit, ber den anti-neoliberalen Konsens des Bewegungszyklus seit den Protesten gegen die WTO 1999 in Seattle hinaus die Suche nach umfassenderen Alternativen zu intensi-vieren. Eine konzeptionelle Fluchtlinie ist die solidarische

    Postwachstumskonomie. Ihr strategisches Ziel ist es, zu beginnen die Vielzahl einzelner Alternativen und Transfor-mationsprojekte unmittelbarer aufeinander zu beziehen, makro-konomisch zu unterfttern und zu verknpfen. Die Idee einer konomie jenseits des Wachstums ist eine Per-spektive neben anderen fr einen neuen systemischen Horizont nach dem neoliberalen Finanzmarktkapitalismus.

    Dessen Krise seit 2007 hat international zu einer Bele-bung neo-keynesianischer Debatten gefhrt. Zahlreiche Denkfabriken entwickelten ko-keynesianische Projekte eines grnen Kapitalismus mit nachhaltigem Wachstum. Trotz wichtiger Impulse fr mehr Regulierung, soziale Si-cherheit und kologische Investitionen bleibt das Wachs-tumsparadigma prgend. Auch die in vielen Aspekten rich-tige nachholende Entwicklung, u. a. die Konzepte des Sozialismus des 21. Jahrhunderts in vielen lateinamerika-

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  • 9BrennpunktePostwachstumskonomie

    nischen Staaten, hat keine mittelfristige Perspektive jenseits der extraktivistischen wachstumsbasierten Wirtschaft.

    Weil es nicht den einen umzulegenden Hebel gibt, um zu einer Postwachstums-konomie umzuschalten.

    Auf dem Weg zu einer solidarischen konomie jenseits des Wachstums bieten sich fr das Attac-Netzwerk zahl-reiche Anknpfungspunkte bei Bewegungsstrukturen, wie sie in den vergangenen Jahren in Sdeuropa entstanden sind: Mit dcroissance, decresiamento oder decrescita benennen sie ihre Alternativen, die sich stark auf Konzepte von solidarischer konomie und lokalen Wirtschaftskreis-lufen (Glokalisierung) beziehen. Auerdem lassen sich viele bisherige Attac-Aktivitten als soziale Kmpfe ver-stehen, die die grundlegende soziale Infrastruktur fr eine Transformation zu einer regionalisierteren demokratischen konomie verteidigen oder eine solche schaffen. Diese wiederum kann der Ausgangspunkt fr einen solidarischen bergang zu einem Wirtschaften ohne Wachstum sein. Weil es nicht den einen umzulegenden Hebel gibt, um zu einer Postwachstumskonomie umzuschalten, sind viele Projekte der globalisierungskritischen Bewegungen in den vergangenen Jahren notwendige Schritte, um die erforder-lichen Handlungsspielrume insbesondere demokra-tische Kontrollmglichkeiten zu erlangen: Dazu gehren die Entmachtung der Finanzmrkte und ein demokra-tisches Bankensystem, ein umverteilendes Steuersystem, Ernhrungssouvernitt, ein Stopp der Privatisierung von ffentlichen Dienstleistungen und Energiedemokratie.

    In Verbindung mit einer neuen Lebensweise, die vom Ide-al des homo oeconomicus Abschied nimmt, einerseits und einer neuen Makrokonomie einer post-keynesianischen Postwachstumskonomik und Konzepten solidarischer konomie andererseits, sind diese Projekte wichtige Ele-mente fr eine geschrumpfte und sich dann stabilisieren-de Wirtschaft. Eine solche konomische Struktur, welche auf ein Schrumpfen von Stoffdurchsatz und BIP und eine folgende Stabilisierung zielt, setzt eine neue Konfiguration von Investitionen, Konsum, Arbeit und Produktivitt voraus: Dies bedeutet einen Shift von privaten Investitionen und privatem Konsum hin zu ffentlichen Investitionen und kol-

    lektivem Konsum (z. B. ffentlicher Nahverkehr statt pri-vaten Konsums von Automobilitt). Generell geht es um ei-nen strukturellen bergang von hochproduktiven Sektoren hin zu sozialen und kologischen Dienstleistungen, die nur sehr niedrige Profitraten abwerfen (und dies nur auf lange Frist) oder gar keine Profite erzeugen. Ein Schlssel fr eine solche konomische Struktur ist die demokratische gesellschaftliche Kontrolle von Investitionen. Hinzu kommt eine massive Reduktion der insgesamt geleisteten Lohnar-beitsstunden in einer Volkswirtschaft 20 Stunden sind genug titelte jngst eine Studie eines Thinktanks ber ein Grobritannien ohne Wachstum.

    Ist eine solidarische Postwachstumsgesellschaft eine Machtfrage?

    In diesem Zusammenhang ist es kein Zufall, dass zu einem Zeitpunkt europisch orchestrierter Sparpolitik neuerdings eine Strmung konservativer Wachstumskritik auf den Plan tritt, die geschickt die kologische Krise mit einer Politik radikalen Sozialabbaus verwebt. Statt einen Bruch mit der neoliberalen Doktrin zu vollziehen, wird im Gegenteil der So-zialstaat als konsumtreibender Wachstumsmotor angeklagt und angesichts der kologischen Grenzen seine Abschaf-fung propagiert. Nach beinahe neo-feudalistischer Manier wird eine Postwachstumsgesellschaft in Aussicht gestellt, in der die Familie alle Frsorgeleistungen trgt. Fr soziale Sicherungssysteme und Umverteilung von Reich zu Arm ist bei diesen rckwrtsgewandten Vorstellungen kein Platz. Die Idee einer Postwachstumskonomie ist daher nicht not-wendig emanzipatorisch. Das ist sie nur dann, wenn es eine Orientierung auf soziale Rechte gibt, und zwar fr alle welt-weit. Schlielich zielt eine internationalistische Perspektive einer Postwachstumskonomie darauf, dass es Spielrume zu Verwirklichung des guten Lebens (Buen vivir) im Sden gibt. Ohne dass von Nord nach Sd umverteilt wird, ohne dass der Norden seine imperiale Lebensweise aufgibt, ist dies nicht zu erreichen. In diesem Sinne ist eine solidarische Postwachstumsgesellschaft keine Frage einiger techno-kratischer Instrumente, sondern eine Machtfrage. Diese zu stellen kommt nicht an einer Verschiebung der gesellschaft-lichen Krfteverhltnisse vorbei, verbunden mit einer umfas-senden Demokratisierung, insbesondere der Wirtschaft. II

  • 10

    Attac lud Isolde Charim und Konrad Paul Liessmann zu einem philosophischen und durchaus kontroversiellen Gesprch ber die Krise, Demokratie und Wandel

    Es steht auer Streit, dass das System dysfunktional istDas Interview fhrte David Walch im Jnner 2011.

    Attac: Finanzkrise, kologische Krise, soziale Krise, Demokratiekrise. Se-hen Sie da eine gemeinsame Klam-mer oder Einzelphnomene?Charim: Ich denke nicht, dass man das alles zu schnell ber einen Kamm scheren sollte. Als die Wirtschaftskri-se ausgebrochen ist, hat man ange-nommen, das sei ein grundlegendes Beben und nun wird sich alles vern-dern. Das ist nicht eingetreten. Liessmann: Ich sehe das hnlich. Wir haben auer ideologischen Konzepten keine theoretische Klammer um das zu begreifen. Schon der Zusammen-hang, wie die Spekulationskrise dann auf die Realwirtschaft umgeschlagen hat, war nicht so leicht nachzuvollzie-hen. Jetzt erscheint die Krise wenn berhaupt als Staats- und Verschul-dungskrise. All das sind Phnomene, die man in der Regel nicht in einem Atemzug nennt.

    Attac: Obwohl die Finanzkrise kausal mit der Staatskrise verknpft istLiessmann: Wir haben uns die Logik

    angeeignet, wenn virtuelle Finanz-werte platzen, gibt es eine Krise. Was sind die realen Krisensymptome? Wir haben leicht erhhte Arbeitslosen-zahlen und ein paar Konkurse. Am Hhepunkt der Krise hatte man in europischen Stdten nur Normalitt gesehen: Konsum, volle Geschft, volle Bars. Die Finanzmrkte haben sich erstaunlich schnell erholt, die Boni fr Bankmanager haben sich vervielfacht, die geplatzten Blasen haben sich offensichtlich nicht nach-haltig auf die Realwirtschaft ausge-wirkt. Wenn wir uns Filmmaterial der Weltwirtschaftskrise 1929 ansehen, wissen wir sofort, wie eine Krise aus-sieht.

    Attac: Die Staaten haben mit Steu-ergeld das System und die Banken stabilisiert. Dafr gibt es jetzt bei Bildung und Sozialem Einschnitte. Heute haben wir natrlich andere Sicherungssysteme, aber wir haben 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in der EU...

    Liessmann: Ich bestreite nicht, dass es eine Krise gab. Aber es ist nicht mittelbar so leicht einsichtig auch was den Faktor Zeit betrifft. Es gibt nicht das Moment dramatischer Pltz-lichkeit. Die Arbeitslosigkeit ist ein Dauerphnomen, zum Teil auch auf-grund der Produktivittsfortschritte oder auch konjunktureller Schwan-kungen. In der Kontinuitt der Ereig-nisse existieren keine Krisen. Die gibt es nur, wenn Unterscheidung mglich und erfahrbar wird: Ein Vorher, ein Jetzt, ein Nachher.

    Wir knnen Kontinuitten psychisch nicht als Krisen wahrnehmen das halten wir nicht aus.

    Attac: Demnach haben wir auch kei-ne kologische Krise?Liessmann: kologische Entwick-lungen knnen eines Tages umkippen und als Krise wahrgenommen wer-den: Wenn sich 500 Millionen Men-

  • 11BrennpunkteInterview

    schen aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels in kurzer Zeit auf den Weg machen. Wir knnen aber Kon-tinuitten psychisch nicht als Krisen wahrnehmen das halten wir nicht aus. Charim: Ja, es gibt keinen objektiven Tatbestand fr Krisen. Denn diese mssen als solche wahrgenommen werden. Zur Krise wird eine Situati-on erst durch eine subjektive Wahr-nehmung. Deshalb braucht es Bil-der. Die naive Hoffnung, dass das, was linke oder revolutionre Politik nicht geschafft hat den Kapitalis-mus zhmen jetzt die Wirtschafts-krise erledigen soll, hat sich nicht bewahrheitet. Die Chance ist, dass sich nun zumindest gewisse Erzh-lungen verndert haben: Der alles seligmachende Markt zum Beispiel. Hoffnungserzhlungen funktionie-ren heute nicht mehr. Aber positive Katastrophenerzhlungen wie der Green New Deal knnen greifen. Das erffnet eine Perspektive auf die konomische und kologische Kata-

    strophe, bei der jeder Einzelne etwas tun kann und in der Nachhaltigkeit mit konomischer Effizienz verbun-den wird. Liessmann: Wenn es wahr ist...

    Es steht fr mich auer Streit, dass das System dysfunktional ist.

    Attac: Von der Krise zum Wirt-schaftssystem. Ist ein System nicht vllig dysfunktional, in dem einerseits Millionen Menschen hungern und das andererseits dazu gezwungen ist stndig neue Bedrfnisse zu er-schaffen mit allen den kologischen Problemen?Liessmann: Es steht fr mich auer Streit, dass das System dysfunktional ist, wenn weite Teile der Menschen nicht in den Genuss der Produktivitt kommen. Die Kritik an Bedrfnispro-duktion teile ich so nicht. Der Mensch als Kulturwesen ist dadurch definiert, dass er seine Bedrfnisse produziert.

    Wir mssen aber sehen, wie wir diese Bedrfnisse etwa nach Mobilitt anders befriedigen knnen als mit Au-tos und Flugzeugen. Zu sagen: Fahrt nicht! ist zu wenig. Charim: Ja auch das kologisch reine Gewissen muss zu einem Be-drfnis werden. Begrenzungen drfen nicht durch moralische Imperative er-folgen. Eine positivistische Bedarfs-definition wie etwa in der Attac De-klaration - ist naiv und illusorisch.

    Attac: In vielen Debatten um unser Wirtschaftssystem wird mit einem be-stimmten Menschenbild argumentiert. Was ist der Mensch? Egoistisch oder kooperativ?Charim: In der politischen Philoso-phie wurde das negative Menschen-bild den Rechten, das positive der Linken zugeordnet und damit letztlich zu einem Bekenntnis gemacht.Liessmann: Falsch ist es zu glauben, man knnte die Frage in die eine oder andere Richtung entscheiden und daraus ein Wirtschaftssystem >>

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  • 12

    > ableiten. Ich halte den Menschen fr ein in hchstem Mae formbares We-sen. Menschen knnen im streng kol-lektiven System genauso irgendwie berleben wie im freien Markt wenn sie es berleben. Wir sind ja trotz Wett-bewerb, Konkurrenz und Zeitdruck nicht alle vllig am Ende. Der Kapita-lismus ist da hchst widersprchlich. Noch nie war so viel von Kooperati-on, Teamfhigkeit und Vernetzung die Rede wie in unserer konkurrenzori-entierten Wettbewerbsgesellschaft. Und auch Kooperationen knnen viel Stress erzeugen. Ich halte aber das europische Konzept von individueller Freiheit fr einen Fortschritt gegen-ber Systemen, in denen der einzel-ne einer Soziett untergeordnet ist.

    Es waren nicht die Leute auf der Forbes-Liste der Reichsten, die die Banken gerettet haben.

    Attac: Laut einer Umfrage vom Au-gust 2010 wnschen sich 90 Prozent der sterreicherInnen eine neue Wirtschaftsordnung. Haben wir nicht doch auch eine Demokratie-krise, wenn die Frage nach unserer Wirtschaftsform nicht als Gegen-stand der politisch-demokratischen Debatte sondern als natrlicher Pro-zess oder Raum fr UtopistInnen er-scheint?Charim: Der Wunsch nach einem an-deren System drckt ein diffuses Un-behagen aus. Dafr gibt es tatsch-lich keine politische Reprsentation. Daraus aber zu schlieen, dass es eine Krise des demokratischen Sy-stems gibt, ist vorschnell. Man darf das Kind nicht mit dem Bade aus-schtten. Das Spektrum der polit-

    schen Akteure verndert sich schon wenn ich an NGOs auch wie Attac denke. Und der Diskurs einer radi-kalen Totalvernderung ist nicht nur utopistisch, sondern auch gefhrlich. Er argumentiert mit der Abschaffung der Demokratie.

    Attac: Aber ist der Glaube daran mit seiner Stimmabgabe etwas vern-dern zu knnen nicht sehr erodiert - angesichts der Verschrnkung von politschen und wirtschafltichen Eli-ten?Liessmann: Das Grundproblem war, dass wir generell geglaubt haben, der Einfluss vor allem nationaler Politik auf Wirtschaftsprozesse sei verloren gegangen. Eine Abstimmung ber eine Wirtschaftsform in sterreich al-lein wrde ja tatschlich null Auswir-kungen haben. Dennoch es waren nicht die Konzernchefs, sondern die Staatschefs, die die Rettungsschirme aufgespannt haben. Es waren nicht die Leute auf der Forbes-Liste der Reichsten, die die Banken gerettet haben, sondern die Steuerzahler. Ht-ten Erstere zehn Prozent ihrer Verm-gen gespendet, wre sich das wahr-scheinlich auch ausgegangen. Die Krise hat gezeigt, dass die Politik die Wirtschaft doch beeinflussen kann.

    Natrlich gibt es einen Verlust an politischer Glaubwrdigkeit.

    Charim: Umso grer war die Ent-tuschung, wie wenig die Politker letztendlich daraus gemacht haben. Natrlich gibt es einen Verlust an po-litischer Glaubwrdigkeit. Als demo-kratische Subjekte sind wir aber nicht nur dadurch definiert, dass wir so

    sehr an die Institutionen oder an die Machbarkeit von Politik glauben. Um in komplexen demokratischen Gesell-schaften zusammenleben zu knnen, brauchen wir eine spezifisch demo-kratische Identitt. Diese besteht pa-radoxerweise in einer Verringerung unserer partikularen Gemeinschaftsi-dentitten. Wir knnen das politische System nicht darauf reduzieren, Din-ge zu verwalten oder sachliche Pro-bleme zu lsen. Es dient auch der Herstellung von Identitten. Liessmann: Kern der Demokratie ist das Abstimmen. Wo nicht abgestimmt wird keine Demokratie. Dabei hat man hat ja vor nichts so viel Angst wie vor der Herrschaft des Volkes. Ich bin mir selbst nicht ganz im Kla-ren darber, was jetzt tatschlich der legitime Gegenstand demokratischer Entscheidungen ist. Worber drfen wir nicht abstimmen? Die Todesstra-fe? Kunst im ffentlichen Raum? Die Rettungsschirme sind eben nicht demokratisch legitimiert worden und es ist anzunehmen, dass viele auch dagegen gestimmt htten. Etwas An-deres wre zu sagen, Wirtschaft solle generell demokratischen Prinzipien, also auch Abstimmungen unterliegen. Unter Kreisky etwa beinhaltete die propagierte Demokratisierung weite Bereiche der Gesellschaft wie Fami-lie, Universitt usw. In diesen Fragen gebe ich Ihnen Recht: Da spren wir einen Rckzug der Demokratie, weil Felder der Gesellschaft aus diesem Konzept rausgenommen werden. Charim: In der Demokratie sind wir nur im Moment der Abstimmung in dem wir alle nur eine abstrakte Zahl sind gleich. Gefhrlich ist es, die-se Gleichheit durch positive Eigen-schaften zu bestimmen wie es die Rechten tun.

  • 13Brennpunkte

    Attac: Abschlieende Frage: Wie kommt gesellschaftlicher Wandel zustande sofern Einigung besteht, dass wir ihn brauchen?Liessmann: Ich bin ja bekanntlich ein Fan von einer Politik, in der nichts passiert. Der Wandel passiert ohne-hin, da unsere Gesellschaft extrem dynamisch ist. Die umgekehrte Frage ist: Wieviel Vernderung kann man den Menschen berhaupt zumuten? Es ist ja bezeichnend, dass jene Staaten am besten durch die Krise kommen, denen man zuvor vorge-worfen hat, sie seien vernderungs-resistent. Eine bestimmte Form von komplizierten und lang andauernden Verfahren ist in Zeiten der Krise ein Vorteil. Viele Institutionen funktio-nieren ja gerade deshalb nicht, weil sie zu schnell und zu oft verndert wurden. Das trifft womglich sogar auf den Sozialstaat zu, der ja stn-dig umgebaut, erweitert oder einge-schrnkt werden muss.

    Wir alle knnen die Katastrophe aufhalten.

    Attac: Braucht es nicht eine ganz andere Form des Wandels von un-ten? Attac hat das in der Deklarati-on 2010 ja auch als ein Element der poltischen Strategie formuliert.Charim: Ja. Darin sehe ich ja auch die Chance eines Green New Deal wie er in Deutschland von den Gr-nen formuliert wurde. Dieser ap-pelliert nicht nur an die Politik. Er entwirft vielmehr die Figur des Auf-halters, der nicht ein Einzelner ist, sondern demokratisch jeden von uns meint. Wir alle knnen die Katastro-phe aufhalten. Diese Pluralisierung des Eingreifens hat viel mit dem zu-

    nehmenden Versagen der Integrati-onsmaschine Sozialstaat zu tun. Wir knnen uns als politische Subjekte neu definieren. Das ist im Moment das Mglichste. Liessmann: Trotzdem glaube ich nicht, dass es mglich ist, Gesell-schaft als aufgelst in Initiativen auf unterer Ebene zu verstehen. Das Interessante ist das Wechselspiel. Sonst ist das eine Bewegung, die Konjunktur hat entdeckt und wie-der vergessen. Entscheidend ist, ob es gelingt, Elemente in das Funkti-onieren der Gesellschaft einzuspei-sen. Gefhrlich wre zu glauben, dass unter globalen Bedingungen die Rettung vor Ort initiiert werden kann. Charim: Ja, das funktioniert nur, wenn es in eine groe Erzhlung ein-gespeist wird.Liessmann: Und fr bestimmte Din-ge muss einfach die Zeit reif werden. Marx hat einmal sinngem gesagt: Die Menschheit stellt sich nur den Problemen, die sie auch lsen kann. Zehn Jahre hat Attac die Finanz-transaktionssteuer gefordert, und so plausibel sie fr mich war unter der herrschenden Mentalitt und florie-renden Finanzmrkten hatte sie kei-nerlei Chance auf Realisierung. Aber die Zeiten ndern sich, und ganz we-sentlich zu einer Initiative wie Attac gehrt die alte philosophische Tu-gend der Geduld.

    Attac: Es bleibt sicher wesentlich fr Attac, neben den konkreten poli-tischen Vorschlgen das Denken im Reich der Freiheit zu belassen und nicht nur an politischen Notwendig-keiten zu orientieren. Charim + Liessmann: Darauf hoffen wir. II

    Interview

    Konrad Paul Liessmann ist auerordentlicher Professor am Institut fr Philosophie der Universitt Wien. Er ist als Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist ttig.

    Isolde Charim ist Philosophin, wissenschaftliche Leiterin zahlreicher Symposien und arbeitet als freie Publizistin in sterreich und Deutschland.

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  • 14 Brennpunkte 278a

    In der jetzigen Auslegung des 278a kommt es zur Verfolgung und Kriminalisierung von NGO-Arbeit.

    278a - Die Grundpfeiler der Demokratie sind bedroht

    von Michael Vasold

    Nach 9/11 wurden in sterreich die Antiterrorgesetze ins Leben gerufen um im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus mitmischen zu knnen. Die vom Gesetz-geber schwammig und auch bedrohlich formulierten Texte rckten schon 2002 die Arbeit vieler NGOs in den Nah-bereich des Strafrechts, was von diesen heftig kritisiert wurde. Die Vertrstung von ParlamentarierInnen, dass mit diesen Gesetzen unsere Arbeit natrlich nicht behindert werden solle, eine Reparatur und Schrfung des 278a noch nachtrglich Thema werden knne oder msse, be-ruhigte kurzfristig. Es folgte eine lange Zeit des Schwei-gens - eine nderung des Paragraphen schien der Politik nicht weiter dringlich.

    Der erste 278a-Prozess entwickelte sich zur Farce.

    Erst nach der Verhaftung von 13 TierschtzerInnen im Jahr 2008 und der Anklage nach 278a kam sprung-haft wieder Energie in die Thematik: Die ersten sterrei-chischen TerroristInnen schienen ins Netz gegangen zu sein ihnen wird seit 2009 der Prozess gemacht. Dieser erste 278a-Prozess entwickelte sich zur Farce und trgt nicht dazu bei das Vertrauen zu steigern weder in die Politik als Gestalterin noch in die Justiz als Wahrerin der verfassungsmig garantierten Grundrechte.

    Auf der AktionsAkademie 2010 konnten wir mit Martin Balluch, dem im Prozess Hauptbeschuldigten, und vielen

    interessierten AktivistInnen eine interessante Diskussion ber den 278a fhren.

    Nach den leidvollen Erfahrungen auf den Anti-G8 Blo-ckaden nahe Heiligendamm 2008 (rechtswidrige Frei-heitsentziehungen) und einer rechtlich nicht legitimier-baren Anlassgesetzgebung beim Klimagipfel 2009 in Kopenhagen (Prventivverhaftungen) waren auch 2010 Befrchtungen anlsslich der bevorstehenden Erweite-rung der so genannten Terrorismusprventionsgesetze angebracht: VertreterInnen von Greenpeace, Global 2000, der H und Attac kontaktierten im Frhjahr daher Justizsprecher von Parlamentsparteien. Sie baten um Aus-kunft darber, wie die neuen Gesetze formuliert werden wrden, wie sichergestellt werden wrde, dass NGOs in ihrer Arbeit dadurch nicht eingeschrnkt werden und wie eine Abnderung des 278a vonstatten gehen knnte. Von der Politik kam wenig Erbauliches retour: Die Gr-nen sind mit ihren Informationen und Standpunkten an die NGOs herangetreten, die SP argumentierte (teilweise ffentlich) fr eine nderung des 278a, die VP hllte sich in Schweigen. Es sieht so aus, als wre die Politik mit wichtigeren Dingen beschftigt.

    Attac fordert die sofortige berarbeitung des 278a. Dieser darf nicht als Gummiparagraph fr die Verfolgung und Kriminalisierung von politischen AktivistInnen dienen!

    PS: Hinsichtlich der AktionsAkademie 2011 knnen wir ziemlich sicher sein, dass sie NICHT unter den neuen 278e (Ausbildung fr terroristische Zwecke) fllt. Zi-vilpolizistInnen und verdeckte ErmittlerInnen sind wieder herzlich willkommen ;o ) II

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  • 03

    CK-BLICKE

    Wir zahlen nicht fr eure Krise!NGOs forderten soziale und kologische InvestitionenAttac in den Medien Erste sterreichische AktionsAkademieAttac-SteueroasenausstellungIrland II: No means No!Erste Agrar-AktionskonferenzAttac Sommerakademie 2009Vorfahrt fr die Wirtschaftsinteressen in der EU? Filmtage: Hunger.Macht.Profite.III European Activists Meeting in Paris Attac trauert um Jrg Huffschmid

    161820222426272831323333

    15

    RckblickeCommons gemeinsam nutzen, was allen gehrtNeue Positions- und ProjektpapiereGemeinwohl-Symposium: Unternehmen neu denken Aktivismus lernen und leben AktionsakademieAttac SommerakademieKampagne Steuer gegen ArmutBig Brother Attac?Nachruf Kurt RothschildAttac in den Medien Agrarpolitisches Sommerspektakel Alternativenforen Gemeinsam aktiv Kampagne Wege aus der KriseBest of Attac-Erfolge 2000 bis 2010Attac wurde 10 das wurde gefeiert! 32Wo war Attac sonst noch engagiert? 34Veranstaltungsreihe Krise ohne Ende 35Interview Attac-Geschftsfhrer Wilhelm Zwirner 36

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  • Rckblicke Commons-Kongress16

    Commons? Ja, irgendwo hab ich das schon gehrt ...Hat das was mit Creative Commons zu tun, das sinddoch diese Computerfreaks, oder?

    von Brigitte Kratzwald

    In den letzten Jahren haben B-cher ber Commons den Markt berschwemmt, bei Sozialforen und in Universittsseminaren wurde darber diskutiert. Aber - noch ist nicht so ganz klar, ob alle, die darber reden, auch das Gleiche meinen. Da ist es wich-tig, sich einmal mit den Grundlagen

    auseinanderzusetzen und Menschen aus den verschiedenen Bereichen zusammenzubringen um zu erkennen: Wo sind unsere Gemeinsamkeiten, was sind die Unterschiede? Was bringt uns das in der politischen Ar-beit und finden wir Mglichkeiten fr gemeinsame Aktivitten?

    Genau darum ging es beim Com-mons-Symposium am 15. Oktober im bis auf den letzten Platz gefllten

    Europasaal des Lateinamerika-In-stituts. Eine groe Plattform hat die Veranstaltung untersttzt und viele Menschen waren gekommen, um den Vortrag von Silke Helfrich zu hren, im Weltcaf Meinungen auszutau-schen und mit Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversitt und dem Me-dienknstler Armin Medosch ber Zukunftsperspektiven der Commons zu diskutieren. Beim anschlieenden Buffet ging die Unterhaltung noch fast bis Mitternacht weiter - und doch blieben noch viele Fragen offen. ber eines jedoch waren sich alle einig: Die Idee der Commons hat das Potential zur Selbstermchtigung - sie motiviert dazu, etwas Neues zu schaffen statt sich nur gegen unerwnschte Ent-wicklungen zu wehren.

    Mehr Infos: www.commons.at/ter-mine/das-symposium | |

    Bestellungen bitte an: [email protected] oder Tel: 01/405 55 15-322

    Dieses Kurzabo endet automatisch!

    Probeabo fr 3 Ausgaben um nur 3 3,-(statt regulr 3 12,-)

    wo sonst steht

    die Peripherie

    im Mittelpunkt?

    Commons gemeinsam nutzen, was allen gehrt

  • Rckblickeneue Positionspapiere 17

    Drei neue Attac-Positions- und Projektpapiere erblickten 2010 das Licht der Welt

    Alle Projekt- und Positionspapiere finden Sie zum Download unter:www.attac.at/positionspapiere. Gerne schicken wir Ihnen die Papiereauch zu Bestellung unter: [email protected]

    ProjektpapierDemokratische Bank

    Das profitorientierte Bankensystem ist mageblich fr die Finanzkrise verantwortlich. Ein zu groer und zu mchtiger Bankensektor stemmt sich gegen jegliche demokratische Regu-lierung und verhindert selbst kosme-tische Reformen.

    So wie es eine flchendeckende ffentliche Bildungs-, Gesundheits- oder Bahninfrastruktur gibt, sollte es in Zukunft auch eine ffentliche, jedoch demokratische Bankeninfra-struktur geben. Grundstzlich sollten alle Banken dem Gemeinwohl die-nen.

    Attac begrt die Plne fr die Selbstgrndung einer konkreten De-mokratischen Bank durch die Zivilge-sellschaft, wird sich als Organisation aber nicht an der Grndung beteili-gen. Wir freuen uns, dass unser Input so rasch Frchte trgt.

    Website der Demokratischen Bank: www.demokratische-bank.at

    BedingungslosesGrundeinkommen

    Ein Bedingungsloses Grundein-kommen ist ein Baustein im Trans-formationsprozess mit dem Ziel, ein Gutes Leben fr Alle zu schaffen. Es muss von gesellschafts-, wirtschafts- und bildungspolitischen Manahmen begleitet werden und ist selbst nur eine bergangslsung in eine Gesell-schaft, in der fr alle von allem genug da ist. Es ist ein Schritt in Richtung ei-ner Gesellschaft, in der die Menschen frei und selbstbestimmt leben und ttig sein knnen. Daher muss eine emanzipatorische Form des Grund-einkommens in einer Hhe ber der Armutsgrenze ausbezahlt werden und darf an keine Bedingungen gekoppelt sein.

    Seine Kerneigenschaften: bedingungslos allgemein perso-nenbezogen existenz- und teilhabe-sichernd

    Geld ist ein ffentliches Gut Fr ein alternatives Finanzsystem!

    Das neoliberale Finanzsystem hat rundum versagt und schadet der Re-alwirtschaft und der gesamten Gesell-schaft. Die alleinige Re-Regulierung der Finanzmrkte ist zu wenig. Im Zen-trum eines alternativen Finanzsystems mssen das ffentliche Interesse und das Gemeinwohl stehen. Banken und Geld mssen zu einem ffentlichen Gut werden. Unser alternatives Fi-nanzsystem umfasst mehrere Ele-mente:

    1. Ein demokratisches und gemein-wohlorientiertes Bankensystem. Ban-ken werden in nicht gewinnorientierte Unternehmensrechtsformen transfor-miert.

    2. Die Abschaffung nichtgemein-wohlorientierter Finanzinstrumente wie Derivate, Fonds, die Verbriefung und der Handel mit Krediten sowie Rating-Agenturen: Das Casino wird geschlossen.

    3. Die Schaffung eines Weltwh-rungssystems mit stabilen, an reale Indikatoren gekoppelten Wechsel-kursen als Alternative zur aktuellen Dollarhegemonie.

    4. Globale Steuerkooperation und eine gerechtere Verteilung der Steuerlast.

  • Rckblicke18 Gemeinwohlsymposium

    ber 100 TeilnehmerInnen besuchten das von den Attac-UnternehmerInnenorganisierte erste Gemeinwohl-Symposium.

    Symposium: Unternehmen neu denken. Die Gemeinwohl-konomieals Wirtschaftsmodell mit Zukunft

    die Attac-UnternehmerInnen

    Am 6. Oktober 2010 veranstal-tete die Arbeitsgruppe der Attac-UnternehmerInnen in Wien ein Symposium zur Gemeinwohl-kono-mie - ein Hhepunkt der 2008 wh-rend der Sommerakademie in Steyr gemeinsam von Christian Felber und Heinz Feldmann initiierten Gruppe. Heinz ist selbst Unternehmer und seit dem Frhjahr 2010 auch im Vorstand von Attac ttig. Die Idee zu der Unter-nehmerInnen-Gruppe hat sich Heinz zufolge aufgedrngt. Er wiederholt seit damals bei vielen Attac-Treffen und informellen Gesprchen mit Atta-cies seine Botschaft wie folgt:

    Wenn wir die Welt vor den kata-strophalen Folgen des Raubtierkapi-talismus retten wollen, dann mssen wir UnternehmerInnen mit ins Boot holen. Nicht diejenigen, die wirklich nur ans Geld denken, sondern die Avantgarde, die sehr wohl an der Zu-kunft ihrer Kinder und am berleben unserer Welt (Gaia) als Ganzes inte-ressiert ist. Und das betrifft mehr Un-ternehmerInnen als wir glauben.

    Die Gemeinwohl-Matrixwurde erarbeitet

    So traf sich seither regelmig ein kleines Grppchen und erarbeitete in vielen Diskussionen und Workshops die Gemeinwohl-Matrix, die wiederum zu einem wesentlichen Element des jngsten Buches Gemeinwohl-ko-nomie von Christian Felber wurde. Was durch diese Zusammenarbeit entstand ist ein ganz groer Wurf, und das Interesse (nicht nur) in der Unter-nehmerInnenwelt ist enorm. Das Buch ist im August erschienen und geht bereits in die vierte Auflage. berset-zungen ins Franzsische und Kroa-tische sind in Arbeit, Erscheinungs-termine schon geplant. Mehr als 160 Unternehmen aus fnf Lndern unter-sttzen das Wirtschaftsmodell be-reits, und seit dem Symposium haben sich 50 UnternehmerInnen gemeldet, die 2011 erstmals nach Gemeinwohl-Kriterien bilanzieren wollen.

    In dem alternativen Wirtschaftsme-dium www.wirks.at wurde die sehr treffende Beschreibung der Gemein-wohl-konomie (www.gemeinwohl-oekonomie.org) bereits wie folgt zi-tiert:

    Die Gemeinwohl-konomie ist tendenziell eine Form der Marktwirt-schaft, in der jedoch die Motiv- und Zielkoordinaten des (privaten) unter-nehmerischen Strebens umgepolt werden von Gewinnstreben und Konkurrenz auf Gemeinwohlstreben und Kooperation. Zeitgenssische Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Alternative entgegen tief sit-zender Vorurteile gut mit der Men-schennatur vereinbar ist. Mehr noch: Die Gemeinwohl-konomie baut auf genau den Werten auf, die unsere zwischenmenschlichen Beziehungen gelingen lassen: Vertrauensbildung, Verantwortung, Mitgefhl, gegen-seitige Hilfe und Kooperation. Diese humanen und nachhaltigen Verhal-tensweisen werden anhand der Ge-meinwohl-Bilanz gemessen und mit einer Flle von Anreizen und syste-mischen Aufschaukelungen belohnt: das Marktstreben wird ethisch um-gepolt.

    Heuer wird die Gemeinwohl-Bilanz von bis zu 100 Pionierunternehmen getestet, und im Oktober 2011 also genau ein Jahr nach dem Symposium werden die ersten Ergebnisse im Rahmen einer Internationalen Bilanz-Pressekonferenz verffentlicht. | |

  • RckblickeAktionsakademie 19

    Vom 12. bis zum 16. Mai fand in Steyrermhl/ Laakirchendie zweite sterreichische AktionsAkademie statt.

    Aktivismus lernen und leben:Die AktionsAkademie 2010

    von Elisabeth Grieler

    ber 200 AktivistInnen trafen sich im Papiermachermuseum um alles rund um Aktionen und poli-tischen Aktivismus zu lernen, sich zu vernetzen und auszutauschen. Auch dieses Mal wurde die Akademie von Attac und Greenpeace organisiert und von Global 2000 sowie Amnesty International untersttzt.

    24 Workshops und 11 zweitgige Seminare wurden angeboten. Die TeilnehmerInnen konnten z. B. ler-nen, wie eine gewaltfreie Diskussion gefhrt wird oder wie eine Aktion am besten fotografiert werden sollte; es gab Workshops zum Thema Guerilla Gardening, Recht fr AktivistInnen, Aktionsklettern oder StreetArt... Die Seminare deckten ebenfalls ein breites Spektrum an mglichen Ak-tionsformen ab: Von Kampagnenpla-nung ber Protestsongs Singen bis zu zivilem Ungehorsam war alles dabei.

    Raum fr den Austausch zwischen den AktivistInnen und der lokalen Bevlkerung

    Im Seminar Videoaktivismus wurde gezeigt, wie man mit geringen Mitteln ein tolles Video zaubern kann.

    Auch frs leibliche Wohl war ge-sorgt: Die TeilnehmerInnen wurden whrend der gesamten AktionsAka-demie von einer selbstorganisierten Volkskche biologisch, vegan und regional versorgt. Die Gerichte waren superlecker! brigens konnte jeder Tag mit Yoga oder QiGong begonnen werden.

    Am zweiten Abend der AktionsA-kademie wurde ein Begegnungsfest veranstaltet, das einen Raum schuf fr den Austausch zwischen den Ak-tivistInnen und der lokalen Bevlke-rung. Zuerst gab es einen Vortrag von Christian Felber ber das derzeitige Geld- und Bankensystem, danach sprach Thomas Berghuber von der Schuldnerberatung in Obersterreich ber die Probleme von verschuldeten Menschen und wie diese berhaupt in ihre prekre Lage kommen. Nach die-sen inhaltlichen Inputs wurde zu den Klngen der Roithauma Buschbuam Combo und SambAttac das Tanzbein geschwungen. Am Freitag Abend gab es eine uerst spannende Podi-umsdiskussion mit Martin Balluch und

    dem von den Grnen eingesetzten Prozessbeobachter Eberhart Theuer. Beide zeigten auf, welche erschre-ckenden Auswirkungen der 278 StGB fr zivilgesellschaftliche Orga-nisationen hat.

    Der Hhepunkt der AktionsAkade-mie war am Samstag das gemein-same Ausprobieren des Erlernten auf dem Demonstrationszug in Linz: Mit Gropuppen, einer Straenthea-tergruppe, vielen Bannern und einer lautstarken Samba-Bateria zogen die TeilnehmerInnen der AktionsAkade-mie durch die Linzer Innenstadt und trotzten dem Regenwetter. Die aktio-nistische Demonstration stand unter dem Motto: Ein gutes Leben fr alle! Wege aus der Krise. Die Bewoh-nerInnen waren sehr interessiert und rissen uns die Flyer frmlich aus den Hnden. Am Abend feierten wir ge-meinsam mit Mary Lamaro und Mono-mania einen beschwingten Ausklang der AktionsAkademie.

    Danke frs dabei sein und/oder bis zum nchsten Mal!

    Die AktionsAkademie 2011 wird vom 1. - 5. Juni in Eggenburg (Nieder-sterreich) stattfinden. | |

  • E in Team von rund 15 Personen begab sich Ende Februar auf eine lange Reise mit mehr oder weniger in-tensiven Etappen. Knapp sechs Mo-nate dauerten die Vorbereitungen fr die Sommerakademie 2010: Arbeits-gruppen wurden zusammengestellt, regelmig fanden Treffen statt, und Ranshofen, Ort der SoAk 2010, wur-de in Lokalaugenschein genommen. In der strahlenden dritte Juliwoche war es dann endlich soweit und vor Ort herrschte reges Treiben: Schlep-pen, rennen, Bus beladen, Bus lee-ren, basteln, putzen, Besorgungen machen, herrichten, wegrumen, an -

    fragen, aushandeln, Hnde scht-teln, borgen, zurckbringen, lotsen, Fragen beantworten, anbringen, ab-nehmen, vergessen, erinnern, Pannen beseitigen, suchen, telefonieren...

    Mit dem Thema Demokratie neu denken! Politik gestalten & Alternativen leben haben wir wieder den Nerv der Zeit getroffen.

    Mit dem Thema Demokratie neu denken! Politik gestalten & Alterna-tiven leben haben wir wieder den Nerv der Zeit getroffen: Die knapp

    300 TeilnehmerInnen fanden dazu zwei Podiumsdiskussionen sowie ins-gesamt zehn mehrtgige Seminare, vierzig Workshops und ein umfang-reiches Rahmenprogramm mit Kaba-rett und Live-Musik vor. SambAttac brachte uns wie jedes Jahr zum Mit-schwingen, Tanzen und Herumsprin-gen zu Sambarhythmen!

    Schon wenige Tage nach der Rck-kehr in den Alltag kursierten E-Mails mit unseren persnlichen Highlights: Die groartige Atmosphre beim Stra-enumzug, das tolle positive Feed- back und die Hilfsbereitschaft der lo-kalen Bevlkerung, der aufmerksame Umgang miteinander, die nebenher

    Impressionen des Organisationsteams der Attac Sommerakademie 2010, 14. bis 18. Juli in Ranshofen bei Braunau/Obersterreich

    SoAk 2010: Schn wars! Hei wars! INTENSIV wars ;-)

    von Anna Erber und Wilhelm Zwirner

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  • aufgeschnappten interessanten Dis-kussionen, das Pritscheln im Bach... und nicht zu vergessen der enthusi-astische Applaus der SoAk-Teilneh-merInnen am Ende der Woche! Auch einige RanshofnerInnen sind in dieser Zeit regelrecht zu Attac-Fans gewor-den. Vor allem dem hilfsbereiten Kr-mer Frank (Nah & Frisch) werden wir vermutlich lnger in guter Erinnerung bleiben. ;-)

    Bei unserem ersten Treffen da-nach Mitte August blickten wir daher insgesamt auf eine gelungene Wo-che zurck. Die Evaluierungsbgen der TeilnehmerInnen besttigten uns, dass wir einen guten Boden fr die in-haltliche Auseinandersetzung bereitet

    21Sommerakademie 2010 Rckblicke

    haben. Die zahlreich eingelangten Bil-der sind ein lebendiger Beweis fr die gute Stimmung, an die wir uns gerne zurck erinnern.

    Ja, es war eine intensive und erfah-rungsreiche Vorbereitungszeit und es hat sich gelohnt! Fr die vielen en-gagierten Teamneulinge hat sich ein vielschichtiges, sinnvolles und moti-vierendes Bettigungsfeld aufgetan. Einige von uns werden im Organisati-onsteam der Sommerakademie 2011 wieder dabei sein. Wir sind dann schon alte Hasen und knnen un-sere Erfahrungen weitergeben auch wenn sich das Team einig ist: Im Juli 2011 in Graz brauchen wir ein paar Leute mehr!* | |

    * Sie interessieren sich fr eine Mitarbeit im Organisationsteam einer Attac- Sommerakademie? Kontaktieren Sie uns! Attac Bro: 01 5440010 oder [email protected]

    Fotos: Max Herlitschka

  • Rckblicke22 Steuer gegen Armut

    Eine globale Aktion fr Finanztransaktionssteuererhhte im Juni Druck auf die G20

    150.000 Unterschriften fr Finanztransaktions-steuer bergeben

    von David Walch

    D ie internationale Zivilgesell-schaft hat auch 2010 nicht locker gelassen und eine globale Unterschriftenaktion fr die Einfh-rung einer Finanztransaktionssteuer gestartet. Auf www.makefinance-work.org konnten Menschen auf der ganzen Welt eine Petition an die Re-gierungschefs der G20 unterschrei-ben. Darin wurden diese aufgefordert ihren Worten Taten folgen zu lassen und die Finanztransaktionssteuer endlich einzufhren. Nicht weniger als 150.000 Menschen haben internatio-nale Petitionen unterzeichnet. Die Un-terschriften wurden am 24. Juni beim G20 Gipfel in Toronto an Funktionre bergeben - ein deutliches Signal, dass Menschen auf der ganzen Welt nicht lnger tatenlos auf eine Beteili-gung des Finanzsektors an den Kri-senkosten und auf ein krisensicheres Finanzsystem warten wollen.

    Zahlreiche zivilgesellschaftliche Kamp agnen auf internationaler Ebe-ne - in Europa, in den USA, Kanada oder Australien - haben die Aktion un-tersttzt. In sterreich sammelte eine breite Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen* aus unterschied-lichen Bereichen Unterschriften auf www.steuergegenarmut.at. Die Kam-pagne wurde durch einen youtube-Spot mit Heike Makatsch und Jan Josef Liefers untersttzt.

    Bereits eine Woche vor dem Gip-fel verffentlichte Attac eine Liste von 376 renommierten konominnen und konomen aus aller Welt, die eben-falls in einem Brief an die G20 die Einfhrung einer Finanztransaktions-

    Fr Attac ist eine Bankenabgabe jedenfalls kein Ersatz fr eine Finanztransaktionssteuer

    Makatsch: Eine winzig kleine Steuer auf den Handel mit Finanzvermgen wrde jhrlich Milliarden Euro einbringen.

    steuer (FTS) forderten. Unter den Un-terzeichnenden waren zahlreiche Pro-fessorInnen namhafter Institute. Ich unterzeichne diesen Brief gemeinsam mit weltweit hunderten konomin-nen und konomen, weil ich glaube, dass die Steuer technisch umsetzbar und moralisch richtig ist, um das von den Banken verursachte Schlamassel zu bereinigen, erklrte neben vielen anderen auch Jeffrey Sachs, Profes-sor an der Columbia University. Auch zahlreiche prominente sterreichische konomInnen wie Kurt Rothschild, Stephan Schulmeister, Kunibert Raf-fer oder Karin Kblbck hatten den Brief unterzeichnet.

    Fr Attac ist eine Bankenabgabe jedenfalls kein Ersatz fr eine Finanz-transaktionssteuer. Sie wrde die Weltwirtschaft keinesfalls weniger krisenanfllig machen und nur einen Bruchteil der notwendigen finanziellen Mittel zur Bekmpfung der Krisen si-cherstellen. Alle Fakten ber Sinn und Nutzen der Finanztransaktionssteuer liegen seit Jahren auf dem Tisch. Un-ter ExpertInnen ist die Steuer unum-stritten. Nur LobbyistInnen aus dem Finanzsektor versuchen noch sie zu verhindern. Die EU knnte die Steu-er auch im Alleingang umsetzen und sollte vorangehen, selbst wenn sich die G20 auch im Jahr 2011 nicht eini-gen knnen. | |

    * Attac, AG Globale Verantwortung, Ar-

    beiterkammer, Die Armutskonferenz, Drei-

    knigsaktion Hilfswerk der Katholischen

    Jungschar, Global Marshall Plan Initiative,

    GLOBAL 2000, Greenpeace, KOO - Ko-

    ordinierungsstelle der sterreichischen

    Bischofskonferenz fr Internationale Ent-

    wicklung und Mission, kosoziales Fo-

    rum, GB, Sdwind. u. v. a.

  • Rckblicke 23Big Brother Award

    Big Brother Attac?von Christian Felber

    Das Leben hlt so manche ber-raschung bereit, und auch At-tac ist davor nicht gefeit. So trauten wir unseren Augen nicht, als wir im Oktober 2010 fr den jhrlichen Big Brother Award nominiert wurden. Der Preis ist dafr gedacht, die Pri-vatsphre vor berwachungswtigen Brokratien oder geldgierigen Kon-zernen zu schtzen. Die Gemeinsam-keit zu Attac-Ansinnen muss da erst einmal gefunden werden. Was der Jury gelang: Ausgerechnet das Bank-geheimnis, von uns mit Passion be-

    kmpft, wird von der Jury als Schutz der Privatsphre angesehen und At-tac, das dieses Geheimnis lften will, mit Big Brother verwechselt.

    Wir drehten den Spie unverdros-sen um und ntzten die Nominierung fr inhaltliche Sensibilisierung per Presseaussendung: Geschtzt wird nur die finanzielle Privatsphre einer Minderheit, die sich ber (arbeitslo-se) Kapitaleinkommen freut und diese erfolgreich vor dem Finanzamt verste-cken kann; nicht geschtzt werden die Einkommen der breiten Masse der

    Kurt Rothschild 1914 2010

    Am 15. November 2010 verstarb Kurt Rothschild im Alter von 96 Jah-ren. Er war nicht nur einer der bedeu-tendsten konomen sterreich, er war auch eine beeindruckende Per-snlichkeit. Rothschild erlebte in den 1930er Jahren in Wien die fatalen Konsequenzen der Weltwirtschafts-krise. Diese Erfahrungen prgten auch seine Forschung: Er beschf-tigte sich sein Leben lang mit Fragen der Arbeitslosigkeit, Einkommensver-teilung, des ethischen Wirtschaftens und der Macht in der konomie. Nach der Flucht aus sterreich 1938 lebte

    er mit seiner Frau in Schottland und arbeitete an der Universitt Glasgow. 1947 kehrten sie nach sterreich zu-rck; Rothschild war zuerst am WIFO ttig, 1966 bekam er einen Lehrstuhl an der Universitt Linz.

    Seine Vortrge zeugten von um-fassendem konomischem Wissen, aber auch von sozialem Engagement und feinem Humor. Stets betonte er, dass die Annahme selbstheilender Marktkrfte nach der ersten Welt-wirtschaftskrise nur Kopfschtteln hervorgerufen htte. Rothschild kri-tisierte die Angebotsorientierung am Arbeitsmarkt, die Deregulierung der Finanzmrkte sowie die neoliberale Ausrichtung der EU. Den Ausbruch

    arbeitenden Bevlkerung: Lhne und Gehlter sind vollkommen glsern und werden Finanzamt und Sozial-versicherung automatisch gemeldet. Die Gleichbehandlung gebietet, dass entweder die automatische Meldung auf Kapitaleinkommen ausgeweitet oder ein Lohn- und Gehaltsgeheimnis eingefhrt wird: Attac ist fr Ersteres.

    Wir gingen in die Offensive und zur Preisverleihung ins vollbesetzte Rabenhof-Theater. Dort durften wir fairerweise in sieben Minuten unseren Standpunkt klarmachen - mit Erfolg: Das (buhstarke) Publikum reagierte mit Applaus.

    Unsere Stellungnahme: www.attac.at/bigbrother2010 | |

    In diesen Zeiten, in denen mchtige Lobbyseines enorm gewachsenen Finanzsektors undmultinationale Konzerne die Politikbeherrschen, ist ein enormes Verdienst von Attaceine Gegenlobby zu bilden, die das Gemeinwohlim Blick behlt.Kurt Rothschild, am 19. Oktober 2010in einer Videobotschaftzum 10. Attac-Geburtstag

    Kurt Rothschild beim Alternativen Ecofin im April 2006

    der Finanzkrise 2007/2008 hat er verfolgt und kommentiert: Die groe Chance fr Reformen haben wir schon versumt, lautete seine Analy-se 2009. Kurt Rothschilds Tod ist ein schwerer Verlust fr uns alle.

  • F ixpunkte in unserer alljhrlichen Medienrckschau bleiben Attac-Stellungnahmen zur Finanztransak-tionssteuer. Sei es zu Anlssen wie G20- oder EU-Gipfeln oder zu di-versen ablehnenden Studien der Fi-nanzindustrie (verffentlich durch IWF oder EU-Kommission): Die Attac-Grndungsforderung war trotz stark angestiegener Anzahl an Mitbewer-bern auch 2010 unser verlss-lichster medialer Dauerbrenner. Der Traum, eines Tages dazu keine Pres-seaussendungen mehr verschicken zu mssen, lebt weiter.

    Nach der Diskussion um das gro-zgig ausgestaltete sterreichische Bankenpaket im Jahr 2009 meldeten wir uns 2010 mehrmals erfolgreich mit der Forderung nach einer Banken-steuer zu Wort. Damit ist Attac zum Thema Banken neben den Parlament-sparteien wohl als eine der wich-tigsten Stimmen in der ffentlichen Debatte etabliert (Karin Kblbck, Im Zentrum am 25. Jnner) und dabei sicherlich die kritischste und visionrste. Medial groe Beachtung fanden auch die Plne fr die Grn-dung einer Demokratischen Bank durch die Zivilgesellschaft, fr die ja das gleichnamige Attac-Projektpa-pier den Ansto lieferte.

    Auf europischer Ebene ist eine der zentralen Herausforderungen der Pressearbeit die zahlreichen Dis-

    kussion und die Entscheidungspro-zesse zu verfolgen und laufend zu kommentieren. Ob zu Hedgefonds, Leerverkufen oder Bankenregulie-rung (Basel III) die tagesaktuelle Reaktion und die inhaltliche Kompe-tenz abseits von Phrasen bestimmen den Erfolg. Wir knnen unsere medi-ale Prsenz 2010 in dieser Hinsicht durchaus positiv verbuchen. Die Euro- krise war eines der medial dominie-renden Themen. Umso erfreulicher, dass Karin Kblbck in einer ORF-Diskussion Im Zentrum am 16. Mai die Attac-Kritik an den strukturellen Schwchen einer neoliberal ausge-richteten EU vorbringen konnte.

    Die tagesaktuelle Reaktion und die inhaltliche Kompe-tenz abseits von Phrasen bestimmen den Erfolg.

    Im Mai wurde die Allianz Wege aus der Krise mit einer erfolgreichen Pressekonferenz zu berfluss be-steuern in die Zukunft investieren aus der Taufe gehoben. Neben Print-medien berichtete auch die ORF Zeit im Bild. Beim ORF-Brger forum am 30. Juni zum Thema Eurokrise waren einige VertreterInnen der Allianz so auch Attac Obfrau Alexandra Strickner eingeladen. Die Geg- nerInnen einer Vermgenssteuer (al-len voran Finanzminister Prll) sahen sich in der Defensive. Den nchsten medialen Auftritt legte die Allianz mit

    der Prsentation des zivilgesellschaft-lichen Zukunftsbudgets im Oktober hin. Wiederum berichtete die Zeit im Bild. Bei einigen PrintjournalistInnen ist wohl noch etwas Bewusstseinsar-beit ntig, dass Budgetdebatten nicht nur auf Parteien be schrnkt sind die Zivilgesellschaft redet jetzt mit!

    Ex Finanzberater wird Attac-Ge-schftsfhrer war Ende August/ Anfang September doch nahezu allen wichtigen Medien des Landes eine Story wert. Wilhelm Zwirner wurde quer durch die Medienlandschaft vorgestellt, interviewt und portrai-tiert - unter anderem ganzseitig in der Furche oder als Kopf des Tages im Standard.

    Unsere Jubilums-Pressekonferenz 10 Jahre Attac, bei der wir unsere Deklaration 2010 prsentierten, war zwar nicht der erhoffte breite mediale Erfolg die groe Geschichte in der Wiener Zeitung und die kurze Wr-digung unserer Verdienste im Falter und auf ORF.at dennoch erfreulich. Die Medien lieben es dann doch wohl eher tagespolitisch aktuell als visionr vorausschauend. Breitere Formate etwa Fernsehdiskussionen nehmen sich jedoch verstrkt des Themas Kapitalismuskritik an, so beispielswei-se eine ORF-Diskussion Kreuz und Quer am 14. September unter ande-ren mit Christian Felber.

    Wie schon in vergangenen Jahren kann auch an dieser Stelle auf die

    Mit rund 1000 Treffern fr Attac in sterreichischen Print- und Onlinemedien haben wir auch 2010 quantitativ und qualitativ ein erfreuliches Ergebnis hinbekommen.

    Attac in den Medien 2010

    von David Walch

    24

  • zahlreichen Aktivitten und Veranstal-tungen der Regionalgruppen hinge-wiesen werden, die auch in punkto Medienarbeit wichtige Nahversor- gerInnen sind.

    25Medien 2010 Rckblicke

    Der Pressespiegel des Jahres 2010 ist nachzulesen unter: www.attac.at/pressearchiv

    Last but not least: Nach dem Falter 2008 und Profil 2009 zog das Nachrichtenmagazin Format 2010 mit einem doppelseitigen Attac Portrt nach. Wer folgt 2011? | |

  • Agrarpolitisches SommerspektakelRckblicke26

    W ie ernhren wir uns, woher bekommen wir unsere Nahrungsmittel jetzt und in der Zukunft? Wie ist die sterreichische und europische Agrarpolitik gestaltet? Mit diesen und weiteren Fragen beschftigten sich die insgesamt ber 30 SommerspektakelTeilnehmenden, hauptschlich Studierende aus Wien. Um nicht weiterhin nur im kleinen stdtischen Kreis ber die Thematiken zu diskutieren entstand die Idee, auf kreative Art und Weise mit Buerinnen und Bauern am Land ins Gesprch zu kommen.

    Anleitung zu einem Spektakel-Tag Aus dem Zelt gekrochen, einen am

    Gasherd zubereiteten Kaffee getrunken, und schon geht es mit frischer Energie auf den Fahrrdern los zu den umliegenden Bauernhfen, um

    zum Spektakel einzuladen und nach selbstproduzierten Nahrungsmitteln zu fragen. Diese werden im Anschluss zu einem leckeren Abendschmaus verkocht. Im nachmittglichen Kinderprogramm beschftigen sich die Kinder spielerisch mit den Themen Landwirtschaft und Nahrung.

    Gleichzeitig wird aufgebaut: Bierbnke, Infostand, Bhne... fehlt noch etwas?

    Das meist sehr gut besuchte Abendprogramm startet um 20 Uhr mit einer interaktiven Vorstellrunde. Um das Thema Nahrung nicht nur zu besprechen sondern auch praktisch kennenzulernen, folgt darauf ein gemeinsames Abendessen. Als Spiel gestaltet stellt es die globale Verteilungsungerechtigkeit dar. Lose versetzen die Gste beispielsweise in die Situation des Landlosen Paulo

    aus Brasilien, der Sennerin Edeltraud aus Sdtirol oder des Grogrundbesitzers Friedrich aus Norddeutschland.

    Auf das Abendessen folgt ein NachrichtenTheater, das mit filmischen Elementen die Themen berproduktion, Auswirkungen der Europischen Agrarpolitik (GAP) und Exportsubventionen auf Lnder des globalen Sdens, Fleischkonsum und Hunger anspricht.

    Den zentralen Teil des Abends stellt die anschlieende Diskussion dar, die sich je nach der Zusammensetzung der BesucherInnen immer wieder unterschiedlich gestaltet. An kritischem Problembewusstsein mangelt es selten: Hunger ist kein Schicksal, Hunger ist gemacht. Die Frage ist nicht, ob man die Welt ernhren kann. Die Frage ist, was hindert die Welt daran, sich zu ernhren.

    Die intensiven Debatten und die positiven Reaktionen der BesucherInnen machten deutlich, wie ntig die gemeinsame Diskussion zwischen Buerinnen und Bauern und KonsumentInnen sowie am Land und in der Stadt lebenden Menschen ist, um gemeinsam Perspektiven fr eine zukunftsfhige Landwirtschaft und Agrar und Nahrungsmittelpolitik zu erarbeiten. | |

    Von 18. Juli bis 11. August 2010 fuhr eine Gruppe junger Menschen mit Traktor, Theaterwagen und Fahrrdern durch Obersterreich und fhrte unter dem Titel Was essen wir 2020? an zwlf Stationen ein kreatives agrarpolitisches Sommerspektakel auf.

    Das Agrarpolitische Sommerspektakel

    von Magdalena Heuwieser

    Weitere Informationen, Broschre, Film und Radiosendungen auf www.sommerspektakel.posterous.com

  • Rckblicke 27Alternativenforen

    Alternativenforen sind ein Raum, in dem Personen und Organisationen gemeinsam Alternativen von unten entwickeln

    lternativenforen Gemeinsam aktiv werden fr den gesellschaftlichen Wandel

    Gesellschaftlicher Wandel erfor-dert eine Vielzahl von unterschied-lichen Anstzen und Menschen, die selbst aktiv werden wollen und die Gestaltung ihres Lebensumfeldes in die Hand nehmen.

    Alternativenforen stehen fr eine soziale, kologische, demokratische Wende. Sie

    sind Keimzellen des Wandels mobilisieren in ihrem Wirkungskreis sind eine konkrete Mglichkeit

    mitzugestalten und ermglichen gegenseitiges

    Lernen und Wachsen.

    Alternativenforen entstehen in Ge-meinden, Stadtteilen und Nachbar-schaften aus dem Zusammenschluss von Menschen, die sich gemeinsam berlegen, was sie konkret tun und verndern wollen: fr ein gutes Le-ben, zum Wohle der Gemeinschaft und fr eine gerechte Verteilung von Arbeit, Ressourcen und Wohlstand. Jede/r Einzelne bringt sich aktiv in diesen Prozess ein, wchst und lernt dadurch. Die Plattform fr Alterna-tivenforen untersttzt, begleitet und vernetzt diese Initiativen.

    Was hat sich 2010 getan?

    Der Boden fr Alternativenforen wurde 2010 bereitet und die Samen wurden gest. Er soll Nhrstoffe bieten fr viele bunte, lebensberei-chernde Initiativen, die 2011 weiter darauf wachsen knnen.

    www.alternativenforen.at ist im Juni online gegangen und stellt seit-her Informationen zu verschiedenen alternativen Lsungsanstzen zur Verfgung. Interessante Veranstal-tungen, die fr Alternativenforen relevant sind, und inspirierende Ini-tiativen werden gezeigt. Ein News-letter erscheint monatlich. Das erste Alternativenforum entstand in Horn, wo sich eine Gruppe von zehn bis zwlf Leuten regelmig trifft. Sie informieren sich ber alternative Lsungsanstze in den Lebensbe-reichen Ernhrung, Landwirtschaft, Geld, Mobilitt, Energie und planen gemeinsame Aktionen und kleine Schritte. Ein Highlight und Start-schuss fr unser Trainingsangebot war das Seminar Trumen, planen, handeln, feiern Alternativenforen ganzheitlich, partizipativ, gemein-schaftlich bei der Sommerakademie in Ranshofen.

    Im Herbst startete die Veranstal-tungsreihe Wege fr die Zukunft. Themenabende wie Lebensmodelle im Wandel und Stadt im Wandel, ein Singwochenende und das inten-sive Transition Town-Training waren am Programm. Besonders viele inte-ressierte Menschen zog das Thema Essbare Landschaften in der Stadt, urbane Permakultur und Gemein-schaftsgrten an.

    Wie gehts weiter?

    Der Ressourcenpool auf www.alter-nativenforen.at kann genutzt werden und soll alle Gruppen untersttzen, die loslegen und ein Alternativenfo-rum grnden wollen. Die Idee der Alternativenforen wird durch inspi-rierende und motivierende Veranstal-tungen in ganz sterreich verbreitet.

    von Edina Camus

  • 28

    Wir zahlen nicht fr eure Krise! Un-ter diesem Motto riefen gemeinsam mit Attac am 28. Mrz 2009 fast 200 Organisationen zu einer groen De-monstration auf. Schon damals war fr uns klar: Sparpakete sind ledig-lich eine Frage der Zeit. Und dage-gen sein ist zu wenig es braucht zukunftsfhige Antworten. Dieser Herausforderung haben sich 2010 mit Attac die Gewerkschaften vida und PRO-GE, die Katholische Ar-beitnehmerInnenbewegung sterrei-ch, Greenpeace, Global 2000, SOS Mitmensch und die Armutskonferenz gestellt.

    Am 8. Mai 2010 legten wir trotz un-serer unterschiedlichen Schwerpunk-ten, Interessen und Organisationskul-turen bei einer Pressekonferenz eine gemeinsam getragene Alternative zu den Sparvorhaben der Regierung auf den Tisch. Die neue Allianz Wege aus der Krise prsentierte sich und ihre Kampagne Ein gutes Leben fr alle. berfluss besteuern, in die Zu-kunft investieren der ffentlichkeit. Nach unseren Berechnungen ist es mglich, gleichzeitig das Budget zu

    konsolidieren und in die Zukunft zu investieren wenn man das Steuer-system gerechter gestaltet. Die Ein-fhrung einer Vermgenssteuer, die Abschaffung von Steuerprivilegien bei Kapitaleinkommen (Aktienge-winne oder etwa Gewinne durch Im-mobilienspekulation waren bis dato steuerfrei), die Einfhrung einiger kosteuern, eine Bankenabgabe und die Einfhrung einer Finanztransakti-onssteuer sie alle wrden es erlau-ben, zustzliche Steuereinnahmen in Milliardenhhe zu lukrieren.

    Es war klar, dass diese Vorschlge bei den politischen VertreterInnen der Vermgenden auf wenig Gegenliebe stoen wrden. Die ffentliche De-batte darber, wer eigentlich fr die Kosten der Krise bezahlen soll war jedoch nicht mehr aufzuhalten. Die Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien zwangen die Regie-rungsparteien sich mit Blick auf das Budget 2011 klarer zu positionieren und zu polarisieren. Glaubte man den SP-Spitzen vor diesen Wahlen, so war die Einfhrung der Vermgens-steuer nur noch eine Frage der Zeit. Die VP hingegen unternahm alles, um den WhlerInnen weiszumachen,

    dass ihr Nein zu einer Vermgens-steuer der Schutzschild gegen die Besteuerung der kleinen Huslbau-er und die Plnderung von Omas Sparbchern sei.

    Sptestens nach den wahltak-tischen Spielchen der Wiener Wahl galt es fr uns wieder verstrkt die Debatte mitzugestalten. Am 18. Ok-tober hielten wir daher mittlerweile angewachsen um die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und die sterreichische HochschlerInnen-schaft unter dem Motto Ein guter Tag beginnt mit einem gerechten Budget in Wien unsere zivilgesell-schaftliche Budgetrede fr das Jahr 2011. Zukunftsinvestitionen sind bei unserem zivilgesellschaftlichen Bud-get problemlos mglich: in Bildung, den Ausbau des ffentlichen Ver-kehrs, thermische Sanierung und ko-logisch nachhaltige Energietrger, in mehr Kinderbetreuung und bessere Sozialeinrichtungen im Bereich der Pflege oder der Betreuung von Men-schen, die von Armut betroffen sind.

    von Alexandra Strickner

    Ein guter Tagbeginnt mit einemgerechten Budget

    ege aus der Krise zukunftsfhige Antwortender ZivilgesellschaftBudgetkonsolidierung und Zukunftsinvestitionensind KEIN Widerspruch!

  • Rckblicke 29Wege aus der Krise

    Einige unserer Vorschlge fanden sich im Vorschlag der Bundesregie-rung wieder. So werden hinknftig Kapitaleinkommen aus dem Kauf und Verkauf von Wertpapieren besteuert und eine Bankenabgabe eingeho-ben. Das sind zarte einnahmenseitige Pflnzchen und kleine Schritte in Rich-tung mehr Steuergerechtigkeit aus unserer jedoch Sicht zu wenig. Allen voran die Einfhrung einer tatsch-lichen Vermgenssteuer inklusive ei-ner progressiven Schenkungs- und Erbschaftssteuer fehlen. Es schmerzt daher, dass es fr das Budget 2011 nicht mglich war, die Krzungen bei der Familienbeihilfe oder in der Pflege zu verhindern. Dennoch hat sich die Arbeit der Allianz gelohnt, gemeinsam Alternativen zu erarbeiten auch wenn dies weitaus herausfordernder und langwieriger ist als sich auf Wider-standsprojekte zu einigen. Angesichts der gegenwrtigen Machtverhltnisse in sterreich und der Unfhigkeit der Politik, zukunftsfhige Antworten auf den Tisch zu legen, sind wir auch in Zukunft gefordert.

    Alle Informationen zu unseren Aktionen und Veranstaltungen:

    www.wege-aus-der-krise.at | |

    AlternAtives Budget 2011

    EinnAhmEnsEitE mio EUR

    Vermgenssteuer 800

    stiftungssteuer 300

    Abschaffung der steuerprivilegien bei Kapitaleinkommen

    Besteuerung Wertzuwachs bei Wertpapieren (25 %) 300

    Besteuerung Wiederveruerungsgewinn bei Grundstckan/vekufen (25 %) 200

    Abschaffung der steuerprivilegien bei Kapitalgesellschaften

    Rcknahme der Gruppenbesteuerung 150

    Refom von kosteuern, die der Umwelt ntzen

    Mst Erhhung - Diesel 4c pro Liter 336

    Flugticketabgabe (8, 20, 40) 124

    Reform der Energieabgabevergtung (Deckel) 290

    LKW Roadpricing auch auf normalen Straen 200

    Abschaffung der Minerallsteuerrckvergtung fr die Landwirtschaft 49

    Aufhebung der Kfz-Steuerbefreiung fr land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen 110

    Bankenabgabe 500

    Brsenumsatzsteuer 200

    summe 3.559

    Zivilgesellschaftliches Zukunftsbudget 2011 Einnahmenseite:

    Fakten zur VermgenssteuerVermgen ist in sterreich zunehmend ungerecht verteilt und kaum besteu-ert. Mehr als zwei Drittel des Immobilien- und Geldvermgens in sterreich das sind mehr als 700 Mrd. Euro gehren 10 Prozent der sterreiche-rInnen. Derartig hoch konzentrierte Vermgen bedeuten auch: Macht und Einfluss in Wirtschaft und Politik. Die Besteuerung dieser Vermgen etwa mittels einer progressiven Vermgens- sowie Erbschaftssteuer ist daher ein Gebot der Stunde. Grozgige Freigrenzen ermglichen problemlos, dass weder der Huslbauer noch die Oma mit dem Sparbuch betroffen wren.

    Auftakt Pressekonferenz, Mai 2010 Aktion Gemeinsam fr die Reichen

  • Rckblicke 31Erfolge 20002010

    Die Attac-Grndungsforderung, die Tobinsteuer, wird heute in ab-gewandelter Form als Finanztrans-aktionssteuer von zahlreichen Re-gierungen gefordert. Viele weitere Attac-Vorschlge (Schlieung von Steueroasen, Abschaffung des Bank-geheimnisses, Schutz ffentlicher Gter) werden breit diskutiert. Un-sere jahrelangen Warnungen vor den Gefahren unregulierter Finanzmrkte haben sich leider besttigt.

    Die Debatte um Steuergerechtig-

    keit und die Folgen einer Aushhlung des Sozialstaates stehen heute im Zentrum innenpolitischer Debatten. Vermgenssteuern, die Abschaffung von Steuerprivilegien von Kapitalein-kommen und eine gerechte Unter-nehmensbesteuerung waren bereits 2005 zentrale Elemente der Attac-Kampagne Fair Steuern.

    Die Notwendigkeit einer koordi-

    nierten europischen Wirtschafts- und Steuerpolitik sind durch die Krise der Eurozone 2010 offen zu Tage getreten. Auch die dringend erforderliche umfassende Demokra-tisierung der EU ist unbestritten. Mit

    der Kampagne Unser Europa ist an-ders hat Attac diese Debatte bereits im Jahr 2006 angestoen etwa mit dem Jahresbestseller Das kritische EU-Buch.

    Der EU-Reformvertrag (Lissabon-

    Vertrag) wurde zwar ratifiziert, sei-ne demokratische Legitimation ist durch gescheiterte oder verhinderte Referenden jedoch mehr als frag-wrdig. Attac hat in ganz Europa die Demokratiedefizite und die falsche wirtschaftspolitische Ausrichtung des Vertrages thematisiert und mit den 10 Prinzipien fr einen demo-kratischen EU-Vertrag 2007 einen beispiellosen Alternativenkatalog vor-gelegt.

    Die Verhandlungen um eine Aus-

    weitung von Freihandelsabkommen in der Welthandelsorganisation WTO (Doha-Runde), in die auch das Dienstleistungsabkommen GATS ein-gebettet ist, sind nicht zuletzt auch aufgrund unseres Protestes zum Still-stand gekommen. Die EU verfolgt je-doch weiterhin eine Handelsstrategie, die die Interessen von groen Konzer-nen bedient.

    Die globalisierungskritische Bewe-

    gung hat die Gipfeltreffen der G8 er-folgreich delegitimiert. Obwohl sich die Rhetorik der Regierungen in vie-len Fragen den Forderungen der Kri-tikerInnen angenhert hat, kommen realpolitische Vernderungen nach wie vor nur im Schneckentempo vo-ran.

    Der Protest gegen die Privatisie-

    rung und Liberalisierung von ffent-lichen Dienstleistungen trug kon-krete Frchte etwa im Falle der geplanten Privatisierung der Energie AG in Obersterreich 2007 oder der Verhinderung von Cross Border Lea-sing in Salzburg. Heute reagiert die ffentlichkeit deutlich sensibler auf geplante Privatisierungen.

    Auch grere Visionen wie unsere

    Forderung nach der Ablse des US-Dollars durch eine globale Handels-whrung finden pltzlich Gehr. So bezeichnet der Trger des Preises fr Wirtschaftswissenschaften Joseph Stiglitz diese Idee von John Maynard Keynes sogar als die wich-tigste aller im Moment zu treffenden Manahmen.

    Unser 10jhrges Bestehen ist Grund genug fr eine kleine Erfolgsbilanz

    Attac hat die ffentliche Debatte ber unser Wirtschaftssystem entscheidend mitgeprgt. Viele unserer Forderungen sind heute gesellschaftlicher und politischer Konsens. Verantwortlich dafr sind unsere fundierte konomische Analyse, die brei-te Bildungs- und professionelle ffentlichkeitsarbeit. Unzhlige Diskussionen, Demonstrationen, Aktionen und Kampagnen, Pressekonferenzen, Kongresse, lokale Veranstaltungen und kritische Publikationen haben zu unserer Erfolgsbilanz beigetra-gen. Die realpolitische Umsetzung scheitert leider oft an den Machtverhltnissen und der Mutlosigkeit der politischen Eliten.

    Best of Attac-Erfolge 2000 2010

  • 32

    Attac wurde

    In zehn Jahren wuchs die Initiative zur demokratischen Kontrolle der Finanzmrkte von einer Handvoll engagierter Menschen zu einer aus der sterreichischen Zivilgesellschaft nicht mehr wegzudenkenden breiten Bewegung heran.

    Auf den Tag genau 10 Jahre nach der Grndungsveranstaltung feierten rund 650 Attac-AktivistInnen, Freun-dInnen und Interessierte am 6. No-vember im Palais Kabelwerk diesen

    runden Geburtstag. Wir blickten zurck: Auf 10 Jahre des konti-

    nuierlichen Anstiegs an breiter Untersttzung, medialer Re-sonanz und politischer Re-

    levanz. Auf mobilisierende Demonstrationen, f-

    fentlichkeitswirksame Kampagnen und kreative Aktionen. Und wir blickten nach vorn: Auf viele

    weitere Jahre des En-gagements, des Protests

    und des Eintretens fr und das Umsetzen von Alternativen!

  • Foto

    The

    Pal

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    Sho

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    Fotos: Max Herlitschka

    RckblickeFest 10 Jahre Attac 33

    Und weils so schn war: Attac ist 10 das Geburtstagsfest auf DVD (erhltlich im Attac-Bro oder unter www.attac.at/shop, Doppel-DVD, 10 EUR)

    ... das wurde gefeiert!

  • Rckblicke Engagement34

    Wo war Attac sonst noch engagiert?> Die Attac Fotoausstellung zu Steueroasen und Off-

    shore-Zentren in Europa wurde 2010 in Graz, Perch-toldsdorf, Schwaz, Innsbruck, Linz und Attnang-Puch-heim gezeigt.

    > Die eindringlichen Rhythmen von SambAttac wa-

    ren beim Lichtertanz gegen Rosenkranz (25. Mrz, Ballhausplatz Wien) zu hren. Es galt ein Zeichen zu setzen, dass es weder in der Gesellschaft, noch in der Hofburg Platz fr Rassismus und Rechtsextremismus geben darf.

    > Attac untersttzte die Initiative Bologna Burns! und beteiligte sich am Gegengipfel und an der friedlichen Demonstration (11. bis 14. Mrz, Wien).

    > Attac war mit zahlreichen Infostnden prsent un-ter anderem in der Mariahilfer Strae, beim Sdwind Straen fest (29. Mai, Wien) und beim Volksstimme-Fest (4. und 5. September, Wien).

    > Im Rahmen der internationalen Aidskonferenz (18. bis 23. Juli, Wien) stellte SocialAttac-Gesundheit Hinter-grundinformationen zum Thema Patente auf Medika-mente zusammen; rege Attac-Beteiligung gab es auch beim Menschenrechtsmarsch fr die von HIV/AIDS betroffenen Menschen.

    > Attac untersttzte die Willenskundgebung Machen wir uns stark (18. September, Heldenplatz Wien) - fr eine mutige Bildungspolitik, eine gerechtere Verteilung des Wohlstands und einen radikalen Kurswechsel in der Fremdenpolitik.

    > Beim Benefi z-Fuballturnier Goodball (25. September, Wien) hat das Team Attac + BV-Via Campesina den groartigen 4. Platz erreicht!

    > Die erfolgreiche Kooperation mit den Filmtagen Hunger.Macht.Profi te. 4 (7. bis 31. Oktober, Wien, Freistadt, Lenzing, Innsbruck) wurde 2010 fortgesetzt. Attac-VertreterInnen nahmen an zahlreichen Filmge-sprchen teil.

    > Attac lieferte beim Elevate - Festival fr zeitgens-sische Musik, Kunst und politischen Diskurs (21. bis 26. Oktober, Graz) wichtige Diskussionsbeitrge.

    > Filme und Podiumsdiskussionen mit Attac-Beteiligung brachten im Rahmen der ALBA-Filmtage (10. bis 12. November, Wien) das Bndnis von neun Staaten Latein amerikas und der Karibik dem sterreichischen Publikum nher.

    > Erstmals fanden in Wien die Kritischen Literatur tage (17. und 18. Dezember, Wien) statt; Attac war mit einem Bchertisch vertreten.

    Darber hinaus fanden in ganz sterreich noch viele wei-tere Attac-Veranstaltungen statt. Die zahlreichen Vortrge, Filmvorfhrungen, Feste, Workshops, SambAttac-Auftritte, Straenaktionen und Diskussionsrunden wren ohne das ehrenamtliche Engagement der Attac-AktivistInnen nicht mglich gewesen.