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zum Eiskremmix der Rekristallisationsprozess verlangsamt wer- den. Ein neuer Ansatz zur Unterdru ¨ ckung von Rekristallisa- tionsprozessen ist die Zugabe von Stoffen, die die Eiskremkristall- oberfla ¨ chen besetzen und dadurch sowohl das Anlagern als auch das Abgeben von Wassermoleku ¨ len am Eiskristall behindern. Der- artige Stoffe sind sogenannte Antigefrierproteine (AFP), die z. B. aus antarktischen Fischen isoliert werden. Um die Wirksamkeit von Antigefrierproteinen in tief- gefrorenen Lebensmitteln zu pru ¨ fen, wurde ihre rekristallisations- hemmende Wirkung in Zuckerlo ¨sungen als Modellsystem unter- sucht. Den Zuckerlo ¨ sungen wurden drei verschiedene Antigefrier- proteine (AFPI, AFPIII, AFGP) zugesetzt. Die Eiskristalle in den Modelllo ¨ sungen wurden mit einem Kryopolarisationsmikroskop aufgenommen und mit Hilfe der digitalen Bildanalyse vermes- sen. Die Ergebnisse zeigen, dass die eingesetzten Antigefrierpro- teine schon bei einer Konzentration von 0,0001 % eine rekristallisa- tionshemmende Wirkung besitzen, wie sie z. B. von Hydrokolloi- den, die in Eiskrem eingesetzt werden, nicht anna ¨ hernd erreicht wird (s. Abb.). Außerdem zeigten die Versuche, dass sich durch die Verwendung von Antigefrierproteinen in den Modelllo ¨ sungen die Form der Eiskristalle vera ¨ ndert. Die Eiskristalle wachsen be- vorzugt in der z-Richtung, wodurch nadelfo ¨ rmige Kristalle entste- hen. Dies ist auf die spezifische Anlagerung der Antigefrierpro- teine an bevorzugte Eiskristallebenen zuru ¨ ckzufu ¨ hren. Inwieweit das Potenzial der Antigefrierproteine, die Rekristallisation von Eis zu hemmen, in Lebensmitteln genutzt werden kann und inwieweit die vera ¨ nderte Eiskristallform den Ge- schmackseindruck oder die Textur von Lebensmitteln beeinflusst, sollen weitere Untersuchungen zeigen. 243 Verhalten pflanzlicher Gewebe bei der osmotischen Trocknung D.BEHSNILIAN (Vortragender), M.FERRANDO, W.E.L.SPIEß Karlsruhe. 244 Aufbau einer internationalen Daten- bank ‘Physikalische Eigenschaften von Lebensmitteln‘ DIPL.ING.W.WOLF Institut fu ¨ r Verfahrenstechnik, Bundesforschungsanstalt fu ¨r Erna ¨ hrung, Haid-und-Neu-Straße 9, D-76131 Karlsruhe. Problem: Zur Berechnung von Verarbeitungsprozessen, der Wei- ter- und Neuentwicklung von Verfahren sowie zur Vorausberech- nung von Qualita ¨ tsvera ¨ nderungen der Lebensmittel beim Durch- laufen verschiedener Herstellungs-, Verteilungs- und Lagerpro- zesse ist die Kenntnis einer Reihe physikalischer Stoffeigenschaf- ten der Lebensmittel – meist noch in Abha ¨ ngigkeit von Temperatur und Wassergehalt – erforderlich. Die Beschaffung dieser Daten stellt insbesondere fu ¨ r kleine und mittlere Unternehmen der Le- bensmittelindustrie ein Problem dar, da hier oft die Voraussetzun- gen zur meist aufwendigen experimentellen Bestimmung oder zur Durchfu ¨ hrung einer umfangreichen Literaturrecherche nicht ge- geben sind. Abhilfe ko ¨ nnte hier die Erstellung einer Datenbank, die relevante und evaluierte Daten entha ¨ lt, schaffen. Lo ¨ sung: Im Rahmen eines dreija ¨ hrigen EU-Projektes (FAIR CT96–1063, Construction of a Database of Physical Proper- ties of Foods), an dem 24 Laboratorien aus 14 La ¨ ndern teilnahmen, wurde eine Datenbank erarbeitet und in einer ersten Fassung unter http://www.nel.uk/fooddb im Internet publiziert. Daru ¨ ber hinaus erfolgt die Etablierung eines ‘Nutzer-Netzwerkes‘ aus Wissen- schaftlern und industriellen Anwendern, die physikalische Daten von Lebensmitteln messen oder nutzen, und die Suche nach Mo ¨ g- lichkeiten, das ‘Nutzer-Netzwerk‘ zur kontinuierlichen Eingabe von Daten und Wissen zu instrumentalisieren. Struktur der Datenbank: Den Kern der Datenbank bil- den die vollsta ¨ ndigen bibliographischen Daten der in die Samm- lung aufgenommenen Publikationen, die mit den jeweils unter- suchten Lebensmitteln (Gruppe, Untergruppe, realer Name), den angewandten Messmethoden und den publizierten Stoffdaten (Einzelwerte, Tabellen, Gleichungen) verknu ¨pft sind. Weitere we- sentliche Bestandteile sind die mo ¨ glichst erscho ¨ pfende Dokumen- tation bezu ¨ glich der untersuchten Lebensmittel (Herkunft, physi- kalische Beschaffenheit, chemische Zusammensetzung etc.) und der angewandten Messmethoden und Versuchsbedingungen. Inhalt der Datenbank: Zur Zeit entha ¨ lt die Datenbank, neben kurzen Beitra ¨ gen u ¨ ber die theoretischen Konzepte zur Mes- sung, Sammlung und Anwendung der Daten (knowledge base), Abbildung. Vergro ¨ ßerung des mittleren Eiskristalldurchmessers in einer Zuckerlo ¨ sung mit unterschiedlichen Zusatzstoffen (Eisanteil 10 %) wa ¨ hrend der Lagerung bei -8 8C. 1076 Life Sciences Chemie Ingenieur Technik (72) 9 I 2000

Aufbau einer internationalen Datenbank ‘Physikalische Eigenschaften von Lebensmitteln’

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Page 1: Aufbau einer internationalen Datenbank ‘Physikalische Eigenschaften von Lebensmitteln’

zum Eiskremmix der Rekristallisationsprozess verlangsamt wer-den.

Ein neuer Ansatz zur UnterdruÈ ckung von Rekristallisa-tionsprozessen ist die Zugabe von Stoffen, die die Eiskremkristall-oberflaÈ chen besetzen und dadurch sowohl das Anlagern als auchdas Abgeben von WassermolekuÈ len am Eiskristall behindern. Der-artige Stoffe sind sogenannte Antigefrierproteine (AFP), die z. B.aus antarktischen Fischen isoliert werden.

Um die Wirksamkeit von Antigefrierproteinen in tief-gefrorenen Lebensmitteln zu pruÈ fen, wurde ihre rekristallisations-hemmende Wirkung in ZuckerloÈ sungen als Modellsystem unter-sucht. Den ZuckerloÈ sungen wurden drei verschiedene Antigefrier-proteine (AFPI, AFPIII, AFGP) zugesetzt. Die Eiskristalle in denModellloÈ sungen wurden mit einem Kryopolarisationsmikroskopaufgenommen und mit Hilfe der digitalen Bildanalyse vermes-sen. Die Ergebnisse zeigen, dass die eingesetzten Antigefrierpro-teine schon bei einer Konzentration von 0,0001 % eine rekristallisa-tionshemmende Wirkung besitzen, wie sie z. B. von Hydrokolloi-den, die in Eiskrem eingesetzt werden, nicht annaÈ hernd erreichtwird (s. Abb.). Auûerdem zeigten die Versuche, dass sich durchdie Verwendung von Antigefrierproteinen in den ModellloÈ sungendie Form der Eiskristalle veraÈ ndert. Die Eiskristalle wachsen be-vorzugt in der z-Richtung, wodurch nadelfoÈ rmige Kristalle entste-hen. Dies ist auf die spezifische Anlagerung der Antigefrierpro-teine an bevorzugte Eiskristallebenen zuruÈ ckzufuÈ hren.

Inwieweit das Potenzial der Antigefrierproteine, dieRekristallisation von Eis zu hemmen, in Lebensmitteln genutztwerden kann und inwieweit die veraÈ nderte Eiskristallform den Ge-schmackseindruck oder die Textur von Lebensmitteln beeinflusst,sollen weitere Untersuchungen zeigen.

243

Verhalten pflanzlicher Gewebe bei derosmotischen Trocknung

D . B E H S N I L I A N (Vortragender), M . F E R R A N D O ,

W . E . L . S P I E û

Karlsruhe.

244

Aufbau einer internationalen Daten-bank `Physikalische Eigenschaftenvon Lebensmitteln`

D I P L . I N G . W . W O L F

Institut fuÈ r Verfahrenstechnik, Bundesforschungsanstalt fuÈ rErnaÈhrung, Haid-und-Neu-Straûe 9, D-76131 Karlsruhe.

Problem: Zur Berechnung von Verarbeitungsprozessen, der Wei-ter- und Neuentwicklung von Verfahren sowie zur Vorausberech-nung von QualitaÈ tsveraÈnderungen der Lebensmittel beim Durch-laufen verschiedener Herstellungs-, Verteilungs- und Lagerpro-zesse ist die Kenntnis einer Reihe physikalischer Stoffeigenschaf-ten der Lebensmittel ± meist noch in AbhaÈ ngigkeit von Temperaturund Wassergehalt ± erforderlich. Die Beschaffung dieser Datenstellt insbesondere fuÈ r kleine und mittlere Unternehmen der Le-bensmittelindustrie ein Problem dar, da hier oft die Voraussetzun-gen zur meist aufwendigen experimentellen Bestimmung oder zurDurchfuÈ hrung einer umfangreichen Literaturrecherche nicht ge-geben sind. Abhilfe koÈ nnte hier die Erstellung einer Datenbank,die relevante und evaluierte Daten enthaÈ lt, schaffen.

LoÈ sung: Im Rahmen eines dreijaÈhrigen EU-Projektes(FAIR CT96±1063, Construction of a Database of Physical Proper-ties of Foods), an dem 24 Laboratorien aus 14 LaÈ ndern teilnahmen,wurde eine Datenbank erarbeitet und in einer ersten Fassung unterhttp://www.nel.uk/fooddb im Internet publiziert. DaruÈ ber hinauserfolgt die Etablierung eines `Nutzer-Netzwerkes` aus Wissen-schaftlern und industriellen Anwendern, die physikalische Datenvon Lebensmitteln messen oder nutzen, und die Suche nach MoÈ g-lichkeiten, das `Nutzer-Netzwerk` zur kontinuierlichen Eingabevon Daten und Wissen zu instrumentalisieren.

Struktur der Datenbank: Den Kern der Datenbank bil-den die vollstaÈndigen bibliographischen Daten der in die Samm-lung aufgenommenen Publikationen, die mit den jeweils unter-suchten Lebensmitteln (Gruppe, Untergruppe, realer Name), denangewandten Messmethoden und den publizierten Stoffdaten(Einzelwerte, Tabellen, Gleichungen) verknuÈ pft sind. Weitere we-sentliche Bestandteile sind die moÈ glichst erschoÈpfende Dokumen-tation bezuÈ glich der untersuchten Lebensmittel (Herkunft, physi-kalische Beschaffenheit, chemische Zusammensetzung etc.) undder angewandten Messmethoden und Versuchsbedingungen.

Inhalt der Datenbank: Zur Zeit enthaÈ lt die Datenbank,neben kurzen BeitraÈ gen uÈ ber die theoretischen Konzepte zur Mes-sung, Sammlung und Anwendung der Daten (knowledge base),

Abbildung.VergroÈ ûerung des mittleren Eiskristalldurchmessers in einerZuckerloÈ sung mit unterschiedlichen Zusatzstoffen (Eisanteil10 %) waÈ hrend der Lagerung bei -8 8C.

1076 L i f e S c i e n c e sChemie Ingenieur Technik (72) 9 I 2000

Page 2: Aufbau einer internationalen Datenbank ‘Physikalische Eigenschaften von Lebensmitteln’

etwa 5350 Literaturreferenzen und etwa 1150 DatensaÈ tze uÈ berthermische (z. B. WaÈ rmeleitzahl, Enthalpie, Spez. WaÈ rmekapazi-taÈ t, Aktivierungsenergie, Gefrierpunkt), mechanische (z. B.Dichte, ViskositaÈ t, OberflaÈ chenspannung, Reibungskoeffizient),Sorptions-/Diffusions- (z. B. Wasserdampf-Sorptionsisotherme,Diffusionskoeffizenten von Wasser und geloÈ sten Stoffen), elektri-sche- (z. B. DielektrizitaÈ tskonstante, Dielektr. Verlustfaktor) undoptische Eigenschaften. Die ZuverlaÈ ssigkeit bzw. QualitaÈ t der Da-ten wurde mittels zweier 4-Punkte-Schemata bezuÈ glich der Be-schreibung des Lebensmittels und der VersuchsdurchfuÈ hrung eva-luiert.

Betrieb der Datenbank: WaÈ hrend der Projektlaufzeiterfolgten Installation und Pflege der Datenbank aus Projektmit-teln. Seit Projektabschluss wird die Datenbank mit Mitteln der eu-ropaÈ ischen Lebensmittel-Industrie (Spenden, Werbemaûnahmen)finanziert. Die Nutzung der Datenbank ist zur Zeit ± nach entspre-chender Registrierung ± kostenfrei.

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PhasenuÈ bergaÈ nge bei hochdruckun-terstuÈ tzten Gefrier- und Auftaupro-zessen am Beispiel pflanzlicherGewebe

D I P L . - I N G . O . S C H L Û T E R (FederfuÈ hrender),

D R . - I N G . V . H E I N Z , P R O F . D R . D I P L . - I N G . D . K N O R R

Fachgebiet Lebensmittelbiotechnologie und -prozesstechnik,TU Berlin, KoÈ nigin-Luise-Straûe 22, D-14195 Berlin.

Hoher hydrostatischer Druck kann vielfaÈ ltig in der Lebensmittel-technologie eingesetzt werden. Seine Anwendung ermoÈ glicht u. a.das Blanchieren und die Pasteurisation bei moderaten Temperatu-

ren sowie Proteinmodifizierungen und Texturierungen. Der Ein-fluss von hohen DruÈ cken auf den PhasenuÈ bergang von Wasser,und damit der Hauptkomponente pflanzlicher und tierischerNahrungsmittel, eroÈ ffnet weiterhin zahlreiche Einsatzgebiete imGefrierbereich.

Mit ansteigendem Druck (bis 208 MPa) wird der Ge-frierpunkt von Wasser herabgesetzt (bis ± 22 8C) und die Mengeder abzufuÈ hrenden KristallisationswaÈ rme verringert, worauseine Beschleunigung des Phasenwechsels resultiert. Bei entspre-chenden Temperaturen existieren differenzierbare Eismodifika-tionen in AbhaÈ ngigkeit vom Druck mit einer hoÈ heren Dichte alsder von fluÈ ssigem Wasser. Aus dem Phasendiagramm von Wasserlassen sich prinzipiell unterschiedliche Verfahrensschritte fuÈ r dieBehandlung von Lebensmitteln ableiten. Von besonderem Inte-resse sind hierbei das schnelle und gleichmaÈ ûige Gefrieren beiDruck unterkuÈ hlter Produkte durch Druckentspannung (Druck-wechselgefrieren), das Auftauen gefrorener GuÈ ter mittels Hoch-druck und das Drucklagern bei Temperaturen unter ± 20 8C ohneEisbildung im Produkt.

Um den Verlauf dieser Prozesse beschreiben zu koÈ n-nen, war zunaÈ chst die Ermittlung der produkt- und druckabhaÈ ngi-gen Phasengrenztemperaturen notwendig. Mit Hilfe einer Mehr-fachdurchfuÈ hrung fuÈ r Thermoelemente (7 � Typ T) wurden beieinheitlich geschnittenen Kartoffelzylindern die Temperaturpro-file waÈ hrend des Gefrierens bzw. Auftauens unter Hochdruck auf-gezeichnet. Exemplarisch fuÈ r Pflanzengewebe wurden die Phasen-grenzpunkte (fest/fluÈ ssig) bei verschiedenen Druckstufen anhandvon charakteristischen Temperatur- bzw. DruckaÈ nderungen be-stimmt und der Verlauf der Phasengrenzlinie (bis 300 MPa) durchExtrapolation beschrieben.

Verglichen mit dem Phasendiagramm von Wasserzeigte die Phasengrenzlinie (fluÈ ssig/Eis I) einen parallelen jedochverlaÈ ngerten Verlauf. Die Umsetzung zu Eis III wurde weder beimGefrieren, noch beim Auftauen direkt erreicht. Damit konnte dieAnhebung des effektiven Temperaturgradienten (Probe-Medi-um) beim druckunterstuÈ tzten Auftauen und Druckwechselgefrie-ren, uÈ ber die bisher angenommenen Grenzen hinaus, dargestelltwerden, wodurch die Umsatzgeschwindigkeit bei hochdruckunter-stuÈ tzten Phasenumwandlungsprozessen weiter erhoÈ ht werdenkann (s. Abb. B).

Mittels einer Finite-Differenzen-Methode und unterVerwendung der experimentell bestimmten Temperaturprofile so-wie der Phasengrenzlinie konnte durch entsprechende Modifizie-rung der WaÈ rmeleitfaÈ higkeit k und der spezifischen WaÈ rmekapazi-taÈ t cp der dem jeweiligen Druck entsprechende, orts- und zeitab-haÈ ngige Temperaturverlauf in guter Ûbereinstimmung mit denexperimentellen Daten berechnet werden (s. Abb. A).

Abbildung.HochdruckunterstuÈ tzte Phasenumwandlung in pflanzlichemGewebe am Beispiel des Auftauens gleichartiger Kartoffel-zylinder (D: 32 mm, L: 50 mm). Zeitlicher Verlauf der gemes-senen und berechneten Kerntemperaturen in AbhaÈ ngigkeitvom Systemdruck (A). Projektion der aufgezeichneten Kern-temperaturen in das Phasendiagramm von Wasser (B).

1077L i f e S c i e n c e sChemie Ingenieur Technik (72) 9 I 2000