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Biochem. Physiol. Pflanzen 185, 423-428 (1989) VEB Gustav Fischer Verlag Jena Aufnahme und Metabolisierung von Amitrol durch Blatter von Nicotiana plumbaginifolia-Regeneratpflanzen, die auf Amitroltoleranz selektiert wurden INGO SCHNEIDER Padagogische Hochschule "Karl Liebknecht" Potsdam, Sektion Chemie/Biologie, Potsdam, DDR Uptake and Metabolism of Amitrole by Leaves of Regenerated Nicotiana plumbaginifolia Plants Selected for Amitrole Tolerance Key Term Index: Amitrolaufnahme, Amitrolmetabolismus, Amitroltoleranz, Selektion; Nicotiana plumbaginifolia Summary Amitrole is taken up and metabolized at different rates by leaves of 16 examined regenerants of Nicotiana plumbaginifolia. Both, stimulation and inhibition of the herbicide uptake as well as the herbicide metabolism are not related to the amitrole tolerance on whole plant level. Einleitung In mehreren Berichten wurden die Ergebnisse zut Selektion von Amitrol-toleranten Pflanzen mit Hilfe der Zell- und Gewebekulturtechnik dargestellt (BARG und UMIEL 1977; SINGER und McDANIEL 1984; SWARTZBERG u. a. 1985). Allerdings wurden noch keine Untersuchungen zur Aufkliirung biochemisch-physiologischer Ursachen der Toleranz unter- nommen. Es wurde deshalb versucht, Pflanzen von Nicotiana plumbaginifolia, die aus in vitro Versuchen zur Amitroltoleranz selektiert wurden, unter diesem Aspekt zu prtifen (SCHNEIDER 1987). Amitrol (3-Amino-l ,2,4-triazol) ist ein Herbizid mit vielfiiltigen Wirkungen (ASHTON und CRAFTS 1973;BAUMANN 1975;FEDTKE 1982): HemmungderHistidinbiosynthese, Storungdes Nukleinsiiurestoffwechsels, Eingriffe in den Proteinmetabolismus, Hemmung der Synthese von Lipiden, von Saccharose tiber den Glykolatweg, sowie von Polysacchariden und Carotinoiden, Hemmung der CO 2 -Assimilation und der Katalase, direkte Oxidation von Glyoxylat, Serinverarmung infolge einer Konjugation mit Amitrol und Anhiiufung von NH 4 - Ionen. Die Primiirwirkung ist bis heute jedoch noch unbekannt. Da als sichtbarer Effekt der Amitrolwirkung im Licht eine Chlorose in wachsenden Pflanzenteilen auf tritt, wird eine Hemmung der Carotinoidsynthese als Hauptursache der Toxizitiit angenommen (FEDTKE 1982). Durch die fehlenden Carotinoide entfiillt der Schutz des Chlorophylls vor Photooxyda- tion. Das flihrtzurZerstorung derChloroplasten-DNA, der RUBISCO, der70S Ribosomen und schlieBlich der Thylakoidmembran. Auch wenn diese Theorie flir die Amitrolwirkung angenommen wird, ist es immer noch unmoglich zu sagen, was nun <1as eigentliche Target ist. Wegen der mangelhaften Kenntnisse BPP 185 (1989) 5/6 423

Aufnahme and Metabolisierung von Amitrol durch Blätter von Nicotiana plumbaginifolia-Regeneratpflanzen, die auf Amitroltoleranz selektiert wurden

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Page 1: Aufnahme and Metabolisierung von Amitrol durch Blätter von Nicotiana plumbaginifolia-Regeneratpflanzen, die auf Amitroltoleranz selektiert wurden

Biochem. Physiol. Pflanzen 185, 423-428 (1989) VEB Gustav Fischer Verlag Jena

Aufnahme und Metabolisierung von Amitrol durch Blatter von Nicotiana plumbaginifolia-Regeneratpflanzen,

die auf Amitroltoleranz selektiert wurden

INGO SCHNEIDER

Padagogische Hochschule "Karl Liebknecht" Potsdam, Sektion Chemie/Biologie, Potsdam, DDR

Uptake and Metabolism of Amitrole by Leaves of Regenerated Nicotiana plumbaginifolia Plants Selected for Amitrole Tolerance

Key Term Index: Amitrolaufnahme, Amitrolmetabolismus, Amitroltoleranz, Selektion; Nicotiana plumbaginifolia

Summary

Amitrole is taken up and metabolized at different rates by leaves of 16 examined regenerants of Nicotiana plumbaginifolia. Both, stimulation and inhibition of the herbicide uptake as well as the herbicide metabolism are not related to the amitrole tolerance on whole plant level.

Einleitung

In mehreren Berichten wurden die Ergebnisse zut Selektion von Amitrol-toleranten Pflanzen mit Hilfe der Zell- und Gewebekulturtechnik dargestellt (BARG und UMIEL 1977; SINGER und McDANIEL 1984; SWARTZBERG u. a. 1985). Allerdings wurden noch keine Untersuchungen zur Aufkliirung biochemisch-physiologischer Ursachen der Toleranz unter­nommen. Es wurde deshalb versucht, Pflanzen von Nicotiana plumbaginifolia, die aus in vitro Versuchen zur Amitroltoleranz selektiert wurden, unter diesem Aspekt zu prtifen (SCHNEIDER 1987).

Amitrol (3-Amino-l ,2,4-triazol) ist ein Herbizid mit vielfiiltigen Wirkungen (ASHTON und CRAFTS 1973;BAUMANN 1975;FEDTKE 1982): HemmungderHistidinbiosynthese, Storungdes Nukleinsiiurestoffwechsels, Eingriffe in den Proteinmetabolismus, Hemmung der Synthese von Lipiden, von Saccharose tiber den Glykolatweg, sowie von Polysacchariden und Carotinoiden, Hemmung der CO2-Assimilation und der Katalase, direkte Oxidation von Glyoxylat, Serinverarmung infolge einer Konjugation mit Amitrol und Anhiiufung von NH4-

Ionen. Die Primiirwirkung ist bis heute jedoch noch unbekannt. Da als sichtbarer Effekt der Amitrolwirkung im Licht eine Chlorose in wachsenden Pflanzenteilen auf tritt, wird eine Hemmung der Carotinoidsynthese als Hauptursache der Toxizitiit angenommen (FEDTKE 1982). Durch die fehlenden Carotinoide entfiillt der Schutz des Chlorophylls vor Photooxyda­tion. Das flihrtzurZerstorung derChloroplasten-DNA, der RUBISCO, der70S Ribosomen und schlieBlich der Thylakoidmembran.

Auch wenn diese Theorie flir die Amitrolwirkung angenommen wird, ist es immer noch unmoglich zu sagen, was nun <1as eigentliche Target ist. Wegen der mangelhaften Kenntnisse

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tiber die Primiirwirkung des Amitrols wurden weitergehende Untersuchungen zur Wirkort­resistenz unterlassen.

Die nattirliche Toleranz von Convolvulus arvensis gegentiber Amitrol soli auf einer behinderten Aufnahme und einer schnelleren Metabolisierung des Herbizids beruhen (HERRETT und LINCK 1961). Diese Befunde gaben AnlaB, diese beiden Parameter bei einigen unserer Regeneratpflanzen zu untersuchen .

Material ond Methoden

Aus verschiedenen in vitro Systemen (Kallus , Suspension, Protoplasten) wurden Pflanzen von Nicotiana plumbaginifolia regeneriert, von denen einige unter Gewiichshausbedingungen eine erhohte Toleranz gegeniiber Amitrol zeigten (SCHNEIDER 1988). Diese Toleranz iiuGerte sich im Ausbleiben der typischen Chlorosen nach Herbizidbehandlung. In die Untersuchungen zur ' Aufnahme und zum Metabolismus von Amitrol wurden 13 tolerante und zum Vergleich 3 sensible sowie Wildtyppflanzen einbezogen. Fiirdiese Versuche fand [5-14C]-Amitrol miteinerspezifischen Aktivitiit von 45,5 MBq mol - I

Verwendung. Aus den Bliittern der Versuchspflanzen wurden mit einem Korkbohrer je 12 Blattscheiben (0 = 15 mm) ausgestanzt und mit jeweils 20!-\-1 e4C]-Amitrol (10- 3 Min 20 %igem Ethanol) behandelt. Dann erfolgte eine 72-h-Inkubation in einer feuchten Kammer (Petrischale) bei diffusem Dauerlicht und einer Temperatur von 22°C. Nach 3 Tagen wurden die Blattscheiben durch kurzzeitiges Eintauchen in lOml 50 % igem Ethanol von der nicht aufgenommenen Radioaktivitiit befreit. Danach erfolgte die Extraktion der aufgenommenen Radioaktivitiit durch Kochen (2 min) in 2 ml 80 % igem Methanol. Hieran schloG sich eine N achextraktion von 24 h bei 5 °C an. Der Extrakt wurde am V akuum-Rotationsverdampfer bei 30 °C bis zurTrockne eingeengt. Die Riickstande wurden fiir die nachfolgende diinnschichtchromatog­raphische Trennung in 0 ,06ml 80 % igem Methanol aufgenommen.

Die Chromatographie wurde aufsteigend mit dem FlieGmittel Isopropanol-Ammoniak (25 % ig)­Wasser (3 : 1: 1) durchgefiihrt. Ais Sorptionsmittel diente Kieselgel HF254 (Merck) . Die Auswertung der Chromatogramme erfolgte mit dem Diinnschichtanalysator (LC Linear Analyzer LB 2820 Berthold, BRD). Die Aufnahme wurde als extrahierbare Radioaktivitiit im Verhiiltnis zur Gesamtradioaktivitiit in Prozent ausgedriickt.

Ergebnisse

Aufnahme von [5-'4CJ-Amitrol

Die Auswertung der Versuche ergab zunachst, daB die angewendete Extraktions- und Aufarbeitungsmethode verlustarm war. 80-90 % der eingesetzten Aktivitat konnten wiedergewonnen werden. Davon wurden im Versuchszeitraum von 72 h 71,4 ± 7 % durch die Blattscheiben von Wildtyppflanzen aufgenommen (Abb. 1) .

Abb. 1 verdeutlicht die unterschiedliche Aufnahme von Amitrol durch die 16 untersuchten Regeneratpflanzen. 7 Pflanzen weisen eine gegeniiber dem Wildtyp erh6hte Aufnahme aus. Dazu geh6ren die Pflanzen der Kalluslinie K 5, wobei die Erh6hung bei K 5c nicht signifikant ist unddie PfianzenL 18d, D 40k, ML 45b undML 48a. Die Vertreter K 5c, D 40a, ML 10h, MD 170 g und P 2 b unterscheiden sich nicht vom Wildtyp. Gehemmt ist die Aufnahme von Amitrol in den Pflanzen D 19a, D 40h, ML 36g und MD 121 a. Bei MD 121 a entspricht die Aufnahme mit 32,9% einer mehr als 50%igen Hemmung . F6rderung und Hemmung der Amitrolaufnahme stehen in keiner Beziehung zur Amitroltoleranz im Chlorosetest (SCHNEIDER 1987). Bei toleranten Pflanzen kann die Herbizidaufnahme erh6ht (K 5 a, b, d, D 40k, ML 48a), unbeeinfluBt (D 40a, ML lOh, MD 170g, P 2b) oder gehemmt sein (D 40h, ML 36g, D 19a, MD 121 a) . Auch die Regenerate aus einzelnen Kalluslinien reagieren

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I o

% Gesamtradioaktivitdt I

20 I

40 I

60

WT 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

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I

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Abb. 1. Aufnahme von [5 J4Cj-Amitrol in Blattscheiben verschiedener Nicotiana plumbaginifolia (s - sigoifikant, ns - nicht signifikant)

I 100

s s ns s s s

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ns ns

Regeneratpjlanzen

I o

I I 40

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I I I

20

WT 111111111111111111111111

K S'o

K 5b K SC K Sd L 18 d D 190

D 400 D 40h 040k MLiOh

ML36g

ML4Sb ML48a MOl210

MOl70g

P2b

11111 11111111111111111111

1111111111111111111111

II

11111111111 111111111111

11111

II 11111111111111111

IIIIll Aminotriozoiyioianin

80 % 100

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ns ns ns ns s

CJ Amitroi

von

Abb. 2. Metabolisierung von [5 J4Cj-Amitrol in Blattscheiben verschiedener Regeneratpjlanzen von Nicotiana plumbaginifolia (s - signifikant, os - nicht signifikant)

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unterschiedlich. Die K 5-Pflanzen hatten eine mehr oder weniger erhohte Aufnahme; D 40-Pflanzen wiesen aile 3 Moglichkeiten auf. Herbizidsensibilitat war jedoch nicht mit gehemmter Aufnahme verbunden (K 5c, ML 45b , L 18d).

Metabolisierung von [5 J4C] -Amitrol

CARTER und NAYLOR (1960) konnten zeigen, daB Amitrol in pflanzlichen Geweben sehr schnell metabolisiert wird. Das trifft auch in unseren Versuchen zu. Nach 72h Einwirkzeit von markierten Amitrol konnten in Blattscheiben von Nicotiana plumbaginifolia nach chromato­gntphischer Trennung zwei radioaktive Verbindungen gefunden werden. Diese machen ca. 84 % der extrahierbaren Aktivitat aus . Weitere Peaks traten in der Versuchszeit nicht auf. Amitrol konnte durch Rf-Wertvergleich mit dem reinen Praparat leicht ermittelt werden. Bei dem verwendeten Laufmittel (IsopropanollAmmoniakiWasser = 3 : 1 : 1) betrug der Rf-Wert 0,81. Den zweiten Metaboliten (Rf-Wert 0,56) sprechen wir als ,,3-Amino-l,2,4-triazolyl­alanin" (ATAL) an. Diese Verbindung gilt allgemein als Hauptmetabolit (FEDTKE 1982). Chromatographie auf verschiedenen Schichten und mit verschiedenen Laufmitteln sowie Vergleiche der Rf-Werte mit der Literatur unterstiitzen diese Annahme.

Wie aus der Abb. 2 zu ersehen , wird Amitrol in Wildtyppflanzen im Untersuchungszeitraum von 72h zu 25 % in ATAL umgesetzt. Ebenso wie bei der Aufnahme des Herbizids , metabolisieren die Regeneratpflanzen Amitrol in sehr unterschiedlichem MaBe. Bis auf K 5 c weisen die Pflanzen aus der Serie K 5 eine erhohte Umsetzung auf. Mit 50 % AT AL-Anteil nach 3 Tagen hat die Pflanze K 5 d die hochste Metabolisierungsrate aller 16 untersuchten Pflanzen. Einen ebenfalls gegeniiber dem Wildtyp schnelleren Metabolismus wiesen die Regenerate ML lOh, ML 36g und P 2b auf. Gehemmtist die Konjugatbildung bei L 18d, 0 19a und bei allen 0 40-Regeneraten. UnbeeinfluBt blieb sie bei K 5c, ML 45b, ML 48 a, MD 121 a und MD 170g.

Wie bei den Ergebnissen zur Aufnahme steht die Metabolisierung in keinem direkten Zusammenhang zurToleranz der Regenerate im Chlorosetest. Die Erwartung, daB sich tolerante Pflanzen durch einen schnelleren Amitrolmetabolismus auszeichnen , trifft fUr einige Indivi­duen zu (K 5 a , b,d, ML lOh, ML 36g, P 2b) . Es gibt aber auch Beispiele fUr unbeeinfluBte (K 5 c, ML 48 a, MD 121 a und MD 170 g) sowie fUr gehemmte Konjugatbildung (0 19 a, o 40a,h,k) . Auch bei sensiblen Pflanzen ist der Amitrolmetabolismus gehemmt (L 18d), unbeeinfluBt (ML 45b) oder gefOrdert (K 5d).

Diskussion

Die Erwartungen, daB sich aus in vitro Systemen regenerierte, Amitrol-tolerante Pflanzen von Nicotiana plumbaginifolia grundsatzlich durch eine gehemmte Aufnahme und/oder einen verstarkten Metabolismus des Herbizids auszeichnen, haben sich nicht erfiillt. Das Bild, das sich in bezug auf diese beiden Prozesse im Zusammenhang mit der beobachteten Toleranz (SCHNEIDER 1988) ergibt , ist im Gegenteil sehr diffus. Zwar konnte man einige Pflanzen (0 19a, MD 121a) als "Aufnahmeresistente" und andere (K 5a,b,d, ML lOh, P 2b) als "Inaktivierungsresistente" bezeichnen, doch ist bei den Pflanzen K 5 c und MD 170 g weder der eine noch der andere ProzeB beeinfluBt. Bei D 40 kist sogar der Metabolismus gehemmt und die Aufnahme gefOrdert. Trotzdem reagieren sie nach Herbizidapplikation tolerant, d. h. sie zeigen

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keine Chlorose. Somit sind auBer Permeations- undJoder Inaktivierungsresistenz noeh andere Ursaehen fUr das gefundene Toleranzverhalten zu suehen.

Eine wesentliehe Rolle spielen dabei Prozesse, die als Wirkortresistenz bezeiehnet werden. Hierzu reehnen variante Pflanzen, bei denen das Target ehemiseh oder steriseh so verandert ist, daB eine Hemmung dureh das Herbizid nieht mehr stattfinden kann. Das bekannteste Beispiel hierfUr ist die Atrazinresistenz in einigen Biotypen von Amaranthus retroflexus und Solanum nigrum (MARX 1983). Durch den Ersatz von Serin durch Glyein wird die Bindung des Herbizids an das QB-Protein im Photosystem II und damit die Bloekierung des Elektronentransportes zum Plastoehinon verhindert. In anderen Fallen kann es durch Genamplifikation zu vermehrten Bildungen des Targets (z. B. eines bestimmten Enzyms) kommen, so daB die bisherige Herbiziddosis nieht mehr ausreicht, den entsprechenden Stoffwechselweg zu bloekieren. Hierzu zahlt die Glyphosatresistenz (COMA I u. a. 1985) und die Phosphinotricinresistenz (DONN u. a. 1984).

Oft sind fUr die Resistenz gegentiber einem Herbizid mehrere Meehanismen moglich. Diese Situation wird vor allem an den Beispielen Atrazin (FEDTKE 1982) und Glyphosat (COMAI u. a. 1985) diskutiert. Auch MILLER und HUGHES (1980) besprechen ihre untersehiedlichen Ergebnisse zur Paraquat-Toleranz in Tabak-Zellkulturen und daraus regenerierten Pflanzen unter diesem Gesichtspunkt. Ahnliches konnte fUr Amitrol zutreffen. Ein verandertes, unempfindliches Target wtirde trotz erhohter Aufnahme und gehemmter Metabolisierung ein Ausbleiben der Amitrolchlorose (D 40k) ermoglichen. Dabei ist der primare Wirkort des Herbizids, wie einleitend erwahnt, noeh nicht einmal ganzlich aufgeklart. GroBe Unsicher­heiten bei der Beurteilung der Resistenz entstehen auBerdem durch die vielen Sekundareffekte von Amitrol.

Diese mogliehe multiple Wirkung kann die Ursache dafUr sein, daB echte, stabile Amitrolresistenz experimentell so schwer zu erreichen ist (SINGER und McDANIEL 1984). Das drtickt sieh aueh in der nattirliehen Toleranz in einzelnen Arten aus. 4 untersuchte Okotypen von Agropyron repens (HADDAD und SAGAR 1968) und 10 von Cirsium arvense (HODGSON 1970) wiesen nur sehr geringe Sehwankungen im Toleranzgrad gegentiber Amitrol auf. Ahnliches trifft fUr die 2,4-D zu, fUr die ebenfalls eine multiple Wirkung angenommen wird (GREsSEL und SEGEL 1982). Wahrend in standig Atrazin-behandelten Kulturen nach relativ kurzer Zeit (6-10 Jahre) tolerante Unkrauter auftraten, war das bei der 2,4-D trotz tiber 30jahriger Anwendung nieht der Fall. Obwohl es schwierig seheint, Resistenz gegentiber Herbiziden mit multipler Wirkung zu erzeugen, ware sie doeh wtinsehenswert, da eine Erosion der erreichten Toleranz durch Anpassung der Unkrauter sehr gering ist.

Literatur

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FEDTKE, C.: Biochemistry and Physiology of Herbicide Action. Springer Verlag, Berlin-Heidelberg­New York 1982.

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Eingegangen 11. November 1988; iiberarbeitete Fassung angenommen 12. Mai 1989

Anschrift des Autors: Dr. sc. INGO SCHNEIDER, Padagogische Hochschule Potsdam, Sektion CIB, WB Botanik, Maulbeerallee 2, Potsdam, DDR-1571.

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