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AUGUST-WILHELM SCHEER WOLFGANG CLEMENT … · Beziehungsgefl echt als unterhaltsame Mindmap, Grafi k und Glossar zugleich – für alle, die das Begriffswirrwarr nicht mehr ertragen

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BEST PRACTICE

AUGUST-WILHELM SCHEERWOLFGANG CLEMENT

DOROTHEE BÄRWOLFGANG WAHLSTER

REIMUND NEUGEBAUERFRIEDERIKE BUCHHEISTER

MAX MAIER

Ausgabe 1 / 2017

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„WIR KÖNNEN ES NICHT MEHR HÖREN!“

Nicht noch ein Weckruf, bitte! Was wir brauchen, ist etwas ganz anderes.

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Besuchen

sie uns auf der

hannover Messe

voM 24. Bis

28. april

AZ_210x290_OTC_Innovationen_DE.indd 1 06.02.17 15:07

Die Wirtschaftsschlagzeilen des letzten Januartages hatten durchaus etwas Ermutigendes. Laut ifo Institut hat Deutschland nach einem Jahr den Titel des „Exportweltmeisters“ von China zurückerobert. Ein Überschuss von 297 Milliarden US-Dollar und 8,6 Prozent unserer jährlichen Wirtschaftsleistung sind Werte, die nicht nur unsere Nachbarn und beson-ders die EU-Kommission hellhörig werden lassen. Aber wofür stehen die Zahlen? – Dafür, dass „made in Germany“ gerade in unseren Erfolgsbranchen Ma-schinenbau, Schwerindustrie, Chemie und Pharma sowie im Automobilbau immer noch weltweit Erfolg hat. Erst danach kommen „Datenverarbeitungsgeräte, elektrische und optische Erzeugnisse“. Zu Recht kann man daraus schließen, dass reine IT als Ausfuhrgut unseres Landes noch Luft nach oben hat. Tatsächlich hatten ICT-Produkte in unserer Ausfuhrstatistik noch 2004 einen Anteil von 10,4 Prozent. Heute sind es weniger als fünf, in China hingegen aktuell mehr als 25 Prozent. Dennoch glaube ich, dass die Zahlen wenig darüber aussagen, wo wir in Sachen Digita-lisierung stehen. Denn vom Mähdrescher bis zur Waschmaschine, über das Maschinenteil bis hin zur intelligenten Medizin wird kaum noch etwas expor-tiert, dem nicht auch ICT buchstäblich innewohnt. Das wird von der Exportstatistik aber gar nicht erfasst.

Doch welche Wertschöpfungstiefe unsere Wirt-schaft tatsächlich aus der Digitalisierung zieht und wie wir hierzulande mit ihren massiven Herausforderun-gen zurechtkommen wollen, geht uns alle an. Denn die Spitzenposition der deutschen Wirtschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Um Wege aufzu zeigen, wie sie verteidigt werden kann, haben wir als Gast autoren die-ser Ausgabe Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik und Forschung eingeladen, den Ist zustand der deut-schen Wirtschaft und Gesellschaft aus ihrer Perspek-tive sachlich zu analy sieren und Handlungsbedarfe und -rahmen konkret aufzuzeigen.

Inwieweit bleiben wir hinter unseren Möglich-keiten zurück? Fast scheint es, als fehlte uns zwi-schen deutscher Gründlichkeit und viel zitier ter „German Angst“ der Mut, unsere wahre Größe zu zeigen. Oder macht uns allein schon der Gedanke, Fehler zu begehen, Know-how zu teilen und Opfer einer Cyberattacke zu werden, zu Bedenkenträgern? Wähnen wir beim Stichwort künstliche Intelligenz und Auto matisierung unmittelbar den Verlust unseres Arbeitsplatzes, oder sind wir in der Lage, zu abstra-hieren und unsere Chancen zu erkennen? Sind wir zu zögerlich darin, mit Venturecapital Start-ups und deren Ideen schneller zum Laufen zu bringen?

Wie wir in Zeiten des Internets der Dinge, des Echtzeit-Internets und autonomer Systeme nicht länger das Bild des digitalen Zwergs bedienen, beantworten uns in dieser „Best Practice“ unter an-derem Dorothee Bär, die Parlamentarische Staats-sekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, der ehemalige Bun desminister für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer, sowie der langjährige BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer und der Präsident des Deutschen Forschungszent-rums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Prof. Dr. Wolfgang Wahlster. Die Antworten reichen von wei-chen Fak toren wie Annehmen und Anfreunden über Verantwor ten und Verstehen bis zur har ten Neuorgani sation vieler Abläufe, die rund um Deutschlands Digita lisierung vielfach schon längst mit dem nötigen Willen be trieben werden. Nur nicht immer in die gleiche Richtung. Insofern ist diese Ausgabe ver mutlich für jeden von uns auch ein Pflichtenheft in eigener Sache.

Herzlichst IhrReinhard Clemens

IN EIGENER SACHE.

Reinhard Clemens,

Vorstand T-Systems Deutsche Telekom AG

und CEO von T-Systems

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EDITORIAL

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Das Role Model

Weiblich, jung, sucht …

INTRO

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Ihre eigenen Programmierklubs

hat sie schon zu Schulzeiten gegründet

und sich immer weiter in die Welt

der Codes eingefuchst. Bereits als

Schülerin wurde die im Irak geborene

Deutsche Chief Technology O� cer

bei Tradity, heute eines der größten

Börsenplanspiele Deutschlands.

Aya Ja� ist stellvertretende Vorstands-

vorsitzende des Innovationsnetzwerks

openBIT, tritt als Rednerin auf

Kon fe renzen auf und war zuletzt als

Stipendiatin an der Draper University

im Silicon Valley. Dort bekam sie

nach einem erfolgreichen Ideenpitch

einen Job im Start-up Hyperloop

Transportation Technologies von Dirk

Ahlborn. Jetzt konzentriert sie sich

aber erst einmal auf ihr Studium

der Chinastudien und Wirtschafts-

wissenschaften, das sie gegen das

Informatikstudium eingetauscht hat.

DAS ROLE MODEL.

STUDIENABBRECHERIN, WEIBLICH,

JUNG, SUCHT … UND FINDET –

IHREN PLATZ ALS ROLLENVORBILD.

AYA JAFF IST EIN STAR DER

DEUTSCHEN IT-SZENE. WEIL SIE ALS

JUNGE FRAU EINE EXOTIN IN DER

MÄNNER DOMINIERTEN BRANCHE IST.

WEIL SIE PROGRAMMIEREN KANN

UND DABEI AUCH NOCH UNTER NEH -

ME RISCH DENKT.

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INTRO

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Schwebende Taxis

Über den Straßen

Fliegen, so einfach wie Auto fahren. Daran forscht Lilium Aviation in

Gilching bei München seit zwei Jahren. Ziel ist ein leises Flugtaxi, das

250 Stundenkilometer schnell, batteriebetrieben und CO2-neutral ist.

Zu den Unterstützern gehören die Europäische Weltraumorganisation

und Skype-Gründer Niklas Zennström. Die erste lebensgroße Testversion

des Lilium-Jets soll bereits im Frühjahr 2017 abheben. Vielleicht ist

das Start-up damit ganz nah am Puls der Zeit. Zukunftsforscher Aric

Dromi, der unter anderem Volvo berät, prophezeite jedenfalls Anfang des

Jahres, fl iegende Fahrzeuge werde es früher geben als autonome.

SCHWEBENDE TAXIS.

KLINGT NACH SCIENCE-FICTION, DOCH SOLL

SCHON BALD STARTEN: DAS START-UP LILIUM

AVIATION WILL ZEITNAH DAS ERSTE LUFTTAXI IN

DEN HIMMEL SCHICKEN. ES SOLL SENKRECHT

STARTEN UND EINFACH ZU BEDIENEN SEIN. DABEI

HILFT EINE SOFTWARE, DIE SOGAR UNSICHERE

PILOTENBEFEHLE ZURÜCKWEIST.

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INTRO

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Geisterjäger

Mensch oder Maschine?

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GEISTERJÄGER.

BOTS SIND DIE NEUEN GEISTER. SIE

SPUKEN DURCH DAS INTERNET

UND ÜBERNEHMEN UNERKANNT DIE

KONTROLLE ÜBER UNSERE BROWSER.

MIT EINER INNOVATIVEN TECHNOLOGIE

ZIEHT DAS NEW YORKER START-UP

WHITE OPS IN DEN KAMPF GEGEN DIE

CYBERKRIMINELLEN.

Fake-Werbung kostet Geld und Reputation. Anfang des Jahres wurde

ein großer deutscher Discounter zum Opfer. Eine angebliche Werbekam-

pagne des Unternehmens versprach über WhatsApp Einkaufsgutscheine.

In Wirklichkeit steckten betrügerische Bots dahinter, die es auf die Daten

der Kunden abgesehen hatten. CEO Michael Ti� any, COO Eddie Schwartz

und CTO Tamer Hassan (v. l.) haben eine systematische Lösung ent-

wickelt, die fremdgesteuerte Bots nicht nur aufspürt, sondern auch für

zukünf tige Angri� e sperrt. Details zur Techno logie hält White Ops

geheim, aber mit seiner Software kann das Start-up den Tra� c einer

Website auf Verhalten und Herkunft analysieren und maschinen-

gesteuerte Klicks identifi zieren.

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INHALT

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Ausgabe 1/2017

Herausgeber: Sven Krüger,T-Systems International GmbHWeinsbergstr. 7050823 KölnGesamtverantwortung:Annette Nejedl Redaktionsleitung:Tatjana GeierhaasChefredaktion:Thomas van Zütphen (V.i.S.d.P.)Organisation: Anke EchterlingArt Direction: Tobias ZabellLayout: Claudia KnyeBildredaktion: Susanne NarjesOperation Manager:Maike BambergSchlussredaktion: Ursula JungerAutoren dieser Ausgabe:Dorothee Bär, Wolfgang Clement, Sven Hansel, Roger Homrich, Michael Hopp, Heinz-Jürgen Köhler, Sebastian Mainzer, Yvonne Nestler, Reimund Neugebauer, August-Wilhelm Scheer, Anja Steinbuch, Miriam Theilacker, Wolfgang Wahlster, Thomas van ZütphenVerlag:HOFFMANN UND CAMPE XEine Marke der HOFFMANNUND CAMPE VERLAG GmbHHarvestehuder Weg 4220149 HamburgTel. (040) 441 88-451E-Mail: [email protected]

Geschäftsführung: Christian Backen, Alexander UebelObjektleitung HOFFMANN UND CAMPE X: Sandra HeiskeHerstellung: Wym Kor¤ Litho: Olaf Giesick Medien-produktion, HamburgDruck: NEEF + STUMME premium printing GmbH & Co. KG, Wittingen

Copyright:© 2017 by T-Systems. Nachdruck nur mit Quellenangabe und Belegexemplar. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.

Schon gelesen?Best Practice Online:www.t-systems.de/bestpractice

Schon runter-geladen? Best Practice+ App per QR-Code hier oder unter itunes.apple.com

Fragen und Anregungen:[email protected]

BEST PRACTICES

40 CIO-TALK BEI CORPUS SIREO.

FIRST MOVER DER BRANCHE. Friederike Buchheister, CIO eines der größten Asset-Management-Unternehmens Europas, über Cyber-De-fense, die Rolle des IT-Providers für den Angang neuer Geschäftsfelder und darüber, warum Partnerschaft immer komplementär sein muss.

44 INNOVATIONSMOTOR MITTELSTAND.

BLAUPAUSE. Auf welche Art Schmitz Cargobull, ZIPPEL MEDIA oder, als öffentliche Verwaltung, die Stadt Monheim heute schon Innovation treiben, liefert gute Orientierung dafür, welche Chancen die Digitalisie-rung den allein in Deutschland 3,6 Millionen KMU bietet.

48 VORBILD STAR ALLIANCE.

NGENA. Wie die Next Generation Enterprise Network Alliance ein Weltnetz verschiedener Carrier knüpft und damit für multinationale Unternehmen hochqualitative Dienste global verfügbar macht.

50 ENDE VOM MISSVERSTÄNDNIS.

SAP S/4HANA. Von vielen Unternehmen als ERP-Release unterschätzt, wird die Software vom Gleitschutzketten-Spezialist RUD genutzt, um aus der Digitalisierung größtmöglichen Kundennutzen zu ziehen.

52 VEREINTE WETTBEWERBER.

ZERO OUTAGE. Vorsitzender Stephan Kasulke zur Rolle des Vereins Zero Outage Industry Standard, über den u.a. Cisco, IBM, Dell und SAP den T-Systems-Qualitätsstandard branchenweit durchsetzen wollen.

53 HAUSBESUCH.

OPEN TELEKOM CLOUD. Unternehmen, die sich vor der eigenen Haustür über das Public-Cloud-Angebot von T-Systems informieren wollen, besucht ein Open-Telekom-Cloud-Truck auf Wunsch vor Ort.

<1> „Best Practice“-Gastautoren (v. l.):

Wolfgang Clement, Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer,

Dorothee Bär, Prof. Dr. Wolfgang Wahlster,

Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer.

<2> Lokale Dynamik prägt die fragmentierte Start-

up-Landschaft Deutschlands.

<3> Friederike Buchheister, CIO von CORPUS SIREO.

<4> Rieber-Inhaber Max Maier im Gespräch mit

Anette Bronder, T-Systems Geschäftsführerin

Digital Division und Telekom Security.

IMPRESSUM

DIGITALISIERUNG –

WER, WAS, WANN, WO

12 KOALITION DER KRÄFTE.

TEAMBUILDING. Im kontinentalen Wettbewerb mit Asien und Amerika, so der langjährige BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, braucht Europas Wirtschaftsmotor Nummer eins nichts Geringeres als ein nationales Ökosystem der Digitalisierung.

18 WERKELN + TUMMELN = MURKS.

NEUES MODELL. Dass sich in einer Regierung fünf Ministerien auf dem Feld der Digitalisierung tummeln, ist für den ehemaligen Bundes-minister Wolfgang Clement zutiefst ineffektiv. Die Bündelung der Verantwortlichkeiten in einer Behörde wäre das richtige Signal.

20 ZWEI IN EINEM.

SPRACHREGELUNG. Was genau sind „embedded systems“? Wofür stehen Edge Computing, Industrie 4.0 und Integrated Industry? Ein Beziehungsgefl echt als unterhaltsame Mindmap, Grafi k und Glossar zugleich – für alle, die das Begriffswirrwarr nicht mehr ertragen.

22 RAUS AUS DEM VERSTECK.

SOLL & HABEN. Staatssekretärin Dorothee Bär zur ICT-Infrastruktur-Offen-sive, die das Land braucht, und zur Frage: Wann entpuppen sich die Hidden Champions des deutschen Mittelstands als Digital Champions?

24 QUELLCODE NACHHALTIGER IDEEN.

CHEFGESPRÄCH. Investor Max Maier im Gespräch mit T-Systems Geschäftsführerin Digital Division und Telekom Security Anette Bronder über Ressourcenverschwendung und die Suche nach dem Schmerz des Kunden, Digitalisierung ohne Angst und die Transformation des Küchen-technikanbieters Rieber.

28 UNISONO GLEICHE CHANCEN.

VORDENKER. Mit der Online-Uni Udacity will Sebastian Thrun Wissen demokratisieren und akademische Bildung global verfügbar machen.

30 HEIMSPIEL KÜNSTLICHE INTELLIGENZ.

QUAL DER WAHL. Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, Präsident des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, über vorwettbewerbliche Kooperationen und das Privileg, sich die Partner aussuchen zu können.

32 DEUTSCHE ANTWORT AUFS VALLEY.

START-UPS. Die Spielregel „The winner take’s it all“ galt in Sachen Venturecapital nie. Im Gegenteil. In lokalen Digital Hubs holen Deutsch-lands Kreative im Rennen um das Interesse potenter Investoren auf.

37 WIN-WIN-SITUATION.

ROAMBEE. Das US-Start-up nutzt seit dem Einstieg von T-Systems für seine intelligente Logistiklösung die IoT-Plattform der Telekom-Tochter.

38 AUS EIGENER (INNOVATIONS-)KRAFT.

VISION VON REIFE. Fraunhofer-Präsident Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer zum nötigen Kompromiss zwischen Highspeed und deutscher Gründlichkeit auf dem Weg von „Mind-to-Market“.

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SCHWERPUNKT

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

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VIELE VON UNS KÖNNEN ES SCHON NICHT MEHR HÖREN: wie bei-spiellos schnell in den USA und in Teilen Asiens die Chancen der Digi-talisierung erkannt und ergriffen wurden. Europa und allen voran Deutschland hatten das Nachsehen. Die stärkste Wirtschaftskraft des Kontinents wurde von Über-Nacht-Goliaths wie Apple, Amazon, Airbnb, Intel, Tesla, Ebay, Google, Facebook und Yahoo auf die Plätze verwiesen. Das ist zugegebenermaßen alles Geschichte. Eine Geschichte aber, die noch nicht zu Ende erzählt ist. Denn jetzt, da sich ganz neue Chancen er-geben, muss etwas passieren. Damit die kontinentale Wirtschaft bei der unterdessen gestarteten zweiten Welle der Digitalisierung nicht wieder eine selbst verschuldete Nebenrolle einnimmt, braucht Deutschland als starke Kraft in Europa ein nationales Ökosystem der Digitalisierung.

Und was hindert uns daran? Wo stehen wir uns beim Sprung auf diese nächste Welle der Digitalisierung selbst im Weg? Wer sollte in wel-cher Rolle Verantwortung übernehmen? Und vor allem wofür? – Zum Bei-spiel dafür, dass sich nicht jeder und alles, was am Thema Digitalisierung „hängt“, in Deutschland wie in einem Mobile nur um sich selbst dreht und nie mit dem anderen zusammentrifft. Denn nur so kann man dem Gan-zen einen neuen Drill geben – im Sinne einer Koalition der Kräfte. Nur so kann man gemeinsame Schubkraft entwickeln.

Unbestritten zählt Deutschland zu den (Wirtschafts-)Ländern, für die das Rennen um Chance Nummer zwei quasi eine Einladung darstellt. Und unbestritten wird es mit dem Internet der Dinge, dem Echtzeit-Inter-net und autonomen Systemen für Deutschland möglich – aufbauend auf seinen traditionellen Stärken bei hochwertigen physischen Produkten und „embedded systems“ mit digital veredelten Produkten –, im interna-tionalen Wettlauf einen vorderen Rang zu belegen. Das ist aus meiner Sicht aber nur zu schaffen, wenn ein Digitalisierungsruck durch ganz Deutschland geht. Hin zu einem nationalen Ökosystem der Digitalisie-rung und getragen von drei Säulen: massiven Investitionen, bewusster Risikobereitschaft und disruptiven Veränderungen der Rahmenbedingun-gen. Deutschland darf sich nicht erneut mit der Rolle des Käufermarktes zufriedengeben. Unsere gesunde Industrie stellt einen Wettbewerbsvor-teil dar, dessen Rendite wir jetzt mit Ideen und Umsetzungskraft erwirt-schaften müssen. Dabei reicht es nicht, gut informiert und vorbereitet in den Startlöchern zu stehen. Wir müssen auch loslaufen, und zwar jetzt!

Es macht Mut, dass in Politik und Wirtschaft aus ursprünglicher Nachdenklichkeit die Erkenntnis gewachsen ist, dass man sich der digi-talen Transformation zu stellen hat. Auch sind erste Schritte der Umset-zung durchaus erkennbar. In der Politik wird offen von veränderten

Produktions- und Arbeitswelten gesprochen, die neue Rahmenbedin-gungen brauchen. Dass der frühere BITKOM-Präsident Dieter Kempf zum neuen BDI-Präsidenten gewählt worden ist, zeigt deutlich, dass die Industrie längst verstanden hat, wie wichtig die Digitalisierung ist. Eine ausgebuchte Hannover Messe Industrie (HMI), auf der unterdessen die großen IT-Unternehmen als Key-Player auftreten, gibt klare Signale: Die IT ist anfangs schleichend, aber in den vergangenen Jahren mit Macht dorthin zurückgekehrt, wo sie einst – via CeBIT 1986 – abgespalten wurde. Bei der HMI haben digitale Technologien als Auslöser und Trei-ber der vierten industriellen Revolution wieder den ihnen zustehenden Platz eingenommen. Denn „d!conomy – no limits“, das diesjährige CeBIT-Motto, ist längst kein Show-Case mehr, sondern Real Life.

Was aber muss getan werden, um die Wettbewerbsposition unserer bestehenden Erfolgsbranchen bei der Digitalisierung zu unterstützen sowie darüber hinaus neue Unternehmensgründungen zu motivieren und international erfolgreich zu machen? Beides ist für den Erhalt des Wohlstands unseres Landes unabdingbar.

Was wir brauchen, ist eine verstärkte positive Aufbruchsstimmung für die Digitalisierung. Wir müssen selbst gestellte Hindernisse beseiti-gen und mutig neue digitale Ufer ansteuern. Soft Skills, wenn man so will. Aber sie gelten sowohl für den Einsatz neuer Technologien als auch verstärkt für die Beteiligung an ihrer Entwicklung und Produktion.

Die dafür jetzt nötige Welle der Bewegung, um die Herausforde-rungen zu meistern und die Chancen zu nutzen – Stichwort Digitali-sierungsruck –, hat aus meiner Sicht fünf „Handlungsbeauftragte“ (oder auf Neudeutsch: Stakeholder): Politik, Forschung, Wirtschaft, Verbände und Gesellschaft.

Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer hat die Unternehmen

der Scheer Holding konsequent auf die Digitalisierung

aus gerichtet. Deren Schwerpunkte sind digitale Beratung,

neue Softwarearchitekturen, Predictive Analytics, personali -

sierte Produkte, Security und KI. Trotzdem lebt der leiden-

schaftliche Saxofonist, wie er sagt, „nicht nur in meinem

Hobby auch gerne weiter in der analogen Welt“.

„Koalition der Kräfte.“ DAMIT DIE KONTINENTALE WIRTSCHAF T WEITER FLORIERT UND

DIE ZWEITE DIGITALISIERUNGSWELLE NICHT ERNEUT AN

ASIEN UND AMERIK A GEHT, BRAUCHT EUROPAS MOTOR DEUTSCH -

L AND EIN NATIONALES ÖKOSYSTEM DER DIGITALISIERUNG.

„WIR BRAUCHEN MUT UND DIE

BEREITSCHAFT, SELBST GESTELLTE

HINDERNISSE ZU BESEITIGEN.“

<Gastbeitrag> Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer

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DAS POLITISCHE AUFGABENHEFT STEHTSo ist der Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur, dafür klare Ziele zu setzen und konkrete, aber vor allem auch ehrgeizige Projekte auf den Weg zu bringen, eindeutig eine Aufgabe der Politik. Gigabitnetze zum Beispiel, die Standard werden sollten. Oder die Einführung bundesweit einheitlicher Systeme, die im E-Government Hemmnisse der verteilten Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden ausräumen. Auch müssen engmaschige Regeln zum Datenschutz hinsichtlich ihrer Brems-wirkung auf Innovationen geprüft werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat anlässlich des zehnten Nationalen IT-Gipfels Ende vergange-nen Jahres in Saarbrücken in dem Zusammenhang erstmals von „Daten-souveränität“ gesprochen und damit Offenheit für neue, aber nicht weniger verantwortungsvolle Entwicklungen gezeigt. Auch Kooperation wird zum erfolgskritischen Faktor: Warum werden zum Beispiel Einzel-initiativen verschiedener Bundesministerien und Länder zur Digitalisie-rung nicht stärker aufeinander abgestimmt, um auf diesem Weg mehr gemeinsame Schubkraft zu entfalten? Diese Transparenz und Zusam-menarbeit kann und muss unser föderales System aushalten.

Ähnlich wie sich der Chief Digital Offi cer (CDO) in Unternehmen um die Koordination aller Fragestellungen zur sinnvollen Nutzung des Inter-nets kümmert, brauchen wir auf Bundes- und Landesebene Digita -lisierungsminister. Wenn quer durch die Republik Unternehmen mit Hochdruck daran arbeiten, Synergien zu heben, darf sich ausgerechnet der Staat nicht zu viel Zeit nehmen und den Eindruck aufkommen las-sen, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Vom Staat gefordert ist die Rolle eines Leitinvestors, die nötig ist, damit Schlüsselkompetenzen, insbesondere aus dem Bereich der Sicherheit und Resilienz, von wirt-schaftlich kritischen Infrastrukturen ausgebaut werden können.

Solche Fragen müssen im politischen Berlin dringend beantwortet werden. Denn neue Chancen liegen nicht zuletzt darin, durch Verbesse-rung der Infrastruktur einen wesentlichen Beitrag der öffentlichen Hand zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu liefern und Voraussetzungen zur Steigerung der Innovationsgeschwindigkeit zu bil-den. Die Schaffung neuer hochwertiger Arbeitsplätze würde sich unmit-telbar im Bruttosozialprodukt, in den Steueraufkommen und unserem volkswirtschaftlichen Ranking niederschlagen.

WAS IST MIT DEM BEITRAG DER FORSCHUNG?Staatlich fi nanzierte Forschungsinstitutionen müssen der Geschwindig-keit der Digitalisierung folgen und dafür sorgen, dass ihre Ergebnisse in Form von Produkten und Prozessen schneller umgesetzt werden und zur Anwendung kommen. Ausgründungen müssen motiviert und ihr Erfolg bei den Mutterinstituten belohnt werden. Wir brauchen neue Formen der digitalen Kommunikation zwischen Forschern und eine höhere Transpa-renz ihrer Ergebnisse durch Bewertungsverfahren. Allein das wäre schon ein handfestes Instrument, um die Veröffentlichung kleinerer, fokussierter Forschungsergebnisse zu unterstützen und zugleich die Pfl ege interna-tionaler Forschernetzwerke zu forcieren. Hierzu sind neue kluge Köpfe gefragt, die den Generationswechsel von Forschern in von der Digitalisie-rung betroffenen Fächern beschleunigen. Dabei sind neu zu besetzende Stellen auf ihren Beitrag zur Digitalisierung zu bewerten und weitere Stel-len speziell für den erfolgreichen Genera tionswechsel zusätzlich zu schaffen. Dies ist umso wichtiger, als in Deutschland gerade aus der For-schung heraus neue Chancen erwachsen. Und das ist ein Pfund, mit dem wir – vielleicht wie kein anderer – wuchern könnten. Denn mit unse-ren Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen haben wir welt-weit anerkannte Voraussetzungen, um auch bei der Digitalisierung mit führend zu sein. Dazu gehören Themen wie Industrie 4.0, autonome Sys-teme, künstliche Intelligenz (KI), taktiles Internet, 5G, Sicherheit, Bioinfor-matik oder auch Medizininformatik.

Zugleich bietet die in den vergangenen Jahren deutlich verbesserte Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und öffentlicher Forschung eine gute Grundlage für die notwendige Verstärkung der Innovationskraft in Deutschland. Die Schaffung nationaler Kompetenzzentren, etwa für Industrie 4.0, Big Data/Smart Data, IT-Sicherheit, Maschinelles Lernen, autonome Systeme oder Smart Services, würde zudem Anreize für Start-up-Gründungen sowie neue Vertriebs- und Dienstleistungen aus Deutschland schaffen.

WIRTSCHAFT LEBT VERSTÄRKT VOM TEILEN Immerhin kommt von der Wirtschaft das klare Signal, dass sie den Hand-lungsbedarf zunehmend erkennt. Das heißt, dass sich Unternehmen der Wirkung der Digitalisierung stellen und deren Chancen konsequent nut-zen, statt auf wenig innovative, gleichwohl bislang erfolgreiche Konzepte zu setzen. Voraussetzung dafür ist, dass die grundsätzlichen Treiber von digitalen Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen verstanden und zur Weiterentwicklung des eigenen Geschäfts genutzt werden. Dazu zählen die Personalisierung von Produkten, die Selbststeuerung von Menschen und Objekten, das Sharing von Ressourcen sowie der Ersatz geistiger Arbeit durch Algorithmen (KI). Neue mögliche Business-modelle, die gegebenenfalls das bisherige Geschäft kannibalisieren, können durch Ausgründungen gefördert werden. Nur ein Beispiel für diese Richtung liefert aktuell der VW-Konzern, der mit der Gründung von Moia neue Wege in der Mobilitätsdienstleistung beschreitet und unter anderem Anbietern wie Uber die Stirn bieten will. Nicht zu unterschätzen ist auch der Vormarsch internationaler digitaler Plattformunternehmen, die etwa in bisher von der Fertigungstechnologie beherrschte Märkte wie den Automobilbau eindringen. Dabei ist der Trend zu digitalen Plattform unternehmen aber zunächst einmal grundsätzlich auf seine Be-deutung für das eigene Unternehmen zu analysieren. Will man selbst Plattform anbieter werden oder lediglich Zulieferer? Und inwieweit müs-sen Unternehmen dafür bereit sein, Know-how, Expertise und Ressour-cen zu „sharen“?

Die Herausforderungen wirken auch konkret in die jeweiligen Unter-nehmen hinein: Bei der Entwicklung und Implementierung neuer digita-ler Geschäftsmodelle geht es um die enge Verknüpfung von Business-Wissen, IT-Wissen sowie dem Wissen über operative Technologien – und damit um eine völlig neue Aufgabe, die bewältigt werden muss. Hielten wir noch vor zehn Jahren für unsere dringlichste Aufgabe, Business und IT zusammenzubringen, ist die heute nötige Erweiterung ungleich kom-plexer. Wenn man so will, geht es hier um Line Extensions der eigenen Kompetenz von Unternehmen und der Verantwortung ihrer Mitarbeiter. Schon jetzt wird Softwarekompetenz, um nur ein Beispiel zu nennen, zur kritischen Ressource. Auch benötigen digitalisierte Unternehmen eine neue Führungskultur, die stärker teamorientiert ist und eine neue Form der Zusammenarbeit der Generationen unterstützt.

aller deutschen Unternehmen mit mehr

als 500 Mitarbeitern

haben bereits die Funktion des CDO installiert.

Quelle: Bitkom Research, November 2016

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

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Venturecapital wurden 2015 in Deutschland

in vestiert, in den USA waren es 52,9 Milliarden.

Quelle: Roland Berger: Deutschland digital – Sieben Schritte in die Zukunft

3,1Milliarden Euro

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

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All diese Herausforderungen lassen sich bewältigen, auch und ge-rade weil Deutschland sich in den vergangenen Jahrzehnten – anders als die USA, Großbritannien oder Frankreich – seinen Standort für die Produktion materieller Produkte und damit einen internationalen Markt-zugang gesichert hat. Dadurch haben wir eine gute Ausgangsbasis auch für neue Technologien wie 3D-Druck, Industrie 4.0 und autonome Sys-teme zum Ausbau der Wettbewerbsposition. Als Start-up gegründete Handelsunternehmen zeigen ebenfalls internationale Erfolge, und ihre Mitarbeiter bereichern das Potenzial für weitere Start-ups. Ermutigend ist, dass viele Unternehmen bereits CDO-Positionen eingerichtet haben, um einen deutlichen Fokus auf die Kundenschnittstelle (Customer-Expe-rience) und neue Geschäftsideen zu legen. Beides steht bei der Digita-l isierung im Vordergrund, ebenso die Notwendigkeit, eigene Innovationsprozesse zu managen und nicht nur Innovation von außen einzukaufen.

ITK-INDUSTRIE MUSS ANTWORTEN FINDENGeht es um das Tempo der Digitalisierung hierzulande, müssen auch wir von der ITK-Industrie uns kritische Fragen gefallen lassen. Nehmen wir nur die Situation der Softwareindustrie: Wir brauchen deutsche ITK-Unternehmen mit Weltgeltung. Nur so können wir im globalen Digitali-sierungsmarkt die Entwicklung mitbestimmen. Die dafür notwendige Skalierung von national erfolgreichen Start-ups im ITK-Umfeld setzt einen europäischen digitalen Binnenmarkt voraus, der heute noch nicht reali-siert ist. Ich bin überzeugt davon, dass man für den notwendigen echten Niveausprung zur Weltgeltung sogar ein europäisches Programm be-nötigt, ähnlich den Airbus- oder CERN-Projekten. So könnte man auch der Herausforderung begegnen, dass neue Entwicklungen wie Cloud-Computing, Big Data Analytics, mobile Anwendungen oder Omni-Chan-nel-Zugang hohe Entwicklungsinvestitionen erfordern. Zugleich würde dadurch auf europäischem Niveau der bestehende Fachkräftemangel ausgeglichen. Warum nicht neben solchen Planungsansätzen für die Zukunft schon jetzt bestehende Chancen nutzen? Mittelständische Soft-wareunternehmen können sich durch Nischenlösungen für die großen Plattformanbieter von deren Erfolg mitziehen lassen. Das ist ein zuverläs-siges Fahrwasser, zumal auch die Plattformanbieter auf möglichst viele Partner zur Ausnutzung des „Long-Tail-Effekts“ angewiesen sind.

„DIE DIGITALE WELT FÜHRT NICHT ZU EINEM

NEUEN KOSMOS. ABER DESSEN GRENZEN WERDEN

STÄNDIG NEU AUSGELOTET.“Digital Professionals werden Schätzungen zufolge

2020 in Europa fehlen.

Quelle: Roland Berger: Deutschland digital – Sieben Schritte in die Zukunft

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sich bergen, weil sich dann neue, fl exiblere Strukturen sofort andernorts ergeben würden. Wie im Fall des „Wegs des geringsten Widerstandes“ lassen sich manch alte Gesetze – der Physik zum Beispiel und der menschlichen Natur – eben einfach nicht aushebeln.

Auch deshalb geht es darum, dass ein Digitalisierungsruck durch die gesamte Gesellschaft gehen muss. Im Sinne eines – nicht bösen, weil doch noch rechtzeitigen – Erwachens müssen wir alle erkennen, dass die digitale Welt nicht zu einem neuen Kosmos führt, aber dessen Grenzen ständig neu auslotet und andere Regeln setzt. Sich darin zu-rechtzufi nden erfordert eine neue individuelle Verantwortung jedes Ein-zelnen für sich selbst und auch das Bauen von Brücken zu anderen. Dafür gilt es, den digitalen Graben zwischen Jung und Alt verschwinden zu lassen und Ängste durch die Bereitschaft zur Beschäftigung mit neuen Techniken abzubauen.

Junge Menschen müssen offen für Karrieren im digitalen Zeitalter sein. Dabei muss die generelle Bereitschaft zum lebenslangen Lernen zur Selbstverständlichkeit werden. Die Chancen der Digitalisierung soll-ten dazu Mut machen. Dazu gehören neue, fl exible Arbeitsmodelle, die mehr Freiheiten für die individuelle Selbstentfaltung bieten, ebenso etwa die Vorteile durch digitale Unterstützungssysteme in Mobilität und Haus-halt, die insbesondere für ältere Menschen die Lebensqualität erhöhen. Nicht zuletzt hier hat der Nationale IT-Gipfel im vergangenen November durchaus Zeichen gesetzt. Vor allem weil er zwei Dinge deutlich gemacht hat: wie digitale Infrastrukturen selbstständiges und individualisiertes Lernen ermöglichen und wie die Nutzung digitaler Medien und Bildungs-systeme einen offenen Zugang zu einem besseren Verständnis der Welt eröffnen können. Warum zögern wir noch? <Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/digitale-transformation

www.t-systems.de/thesenpapier/digitalisierung

august-wilhelm-scheer.com

Mehr als

Nichts liegt näher, als dass sich solche Nischenlösungen insbeson-dere und unmittelbar auf in Deutschland erfolgreiche, differenzierte Indus trien beziehen – wie den Maschinenbau, die Automobilbranche und die Hersteller von Haushaltsgeräten. Für Start-ups sind insbesondere komplexe Themenstellungen aus Business Analytics, Sicherheit, KI und Robotik lohnend, da hier der noch hohe Ausbildungs- und Forschungs-stand junger Kreativer durchschlägt und sowohl Neugründungen wie eta blierte Firmen hierzulande in eine extrem privilegierte Lage versetzt.

NEUE CHANCE DER SOZIALPARTNERWelche Rolle sie im Rahmen der digitalen Transformation spielen können und welche Chancen durch das Beharren auf ein traditionelles Aufga-benverständnis gegebenenfalls verloren gehen, ist eine Frage, die sich direkt an Verbände und Sozialpartner richtet. Die Digitalisierung bietet neue Aufgabenfelder für fortschrittliche Verbandsstrukturen. Dazu gehö-ren auch neue Chancen für die Weiterbildung der Mitglieder. Zum Ge-deihen eines nationalen Ökosystems der Digitalisierung gehört nämlich auch, sich als Sozialpartner aktiv in die Gestaltung fl exibler Arbeits formen einzubringen und die entsprechenden Rahmenbedingungen mitzuge-stalten. Eine latente Verweigerungshaltung oder gar refl exhaftes Brems-pedaltreten würde das Risiko eines nationalen Bedeutungsverlustes in

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<Gastbeitrag> Wolfgang Clement

SIND WIR IN DER DEUTSCHEN LEBENSWIRK-LICHKEIT tatsächlich schon auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft? Stimmt das? Es gibt viele Publikationen, die dieses Lied singen. Aber es gibt mindestens ebenso viele Ereig-nisse, die zweifeln lassen. Sind wir wirklich hin-reichend gerüstet, um im digitalen Wettbewerb mit den, jedenfalls im Consumer-Internet, weit in Front liegenden USA oder mit den asiati-schen Innovatoren noch aufholen und letztlich bestehen zu können? Ein Blick auf die Rah-menbedingungen in unserem Land wie in Eu-ropa lässt nicht verzweifeln, aber doch dringlich erwarten, dass die Steuerung des Digitalisie-rungsprozesses im politischen Raum spätes-tens nach der bevorstehenden Bundestagswahl verändert und, ja, professionalisiert wird.

Man muss daran erinnern: Wenn bis in die jüngste Zeit verschiedentlich von „Staatsversa-gen“ oder vom „Kontrollverlust“ staatlicher Insti-tutionen die Rede war, dann hatte das einen sehr wesentlichen Grund. Denn der im Spät-sommer 2015 einsetzende Zustrom an Flücht-

DAS INTERNET UND DIE DIGITALISIERUNG SIND

FÜR DIE STANDORTFRAGEN DEUTSCHL ANDS

UND EUROPAS SO E XISTENZIELL WIE STROMNETZE

UND ENERGIE. STAT T EINES „WEITER SO“ IM

BERLINER KLEIN - KLEIN VON DERZEIT FÜNF POLI -

TISCHEN ZUSTÄNDIGKEITEN BRAUCHT DEUTSCH -

L AND EIN VERANT WORTLICHKEITSMODELL,

DAS DIE DIGITALE STRATEGIE AUF NATIONALER

EBENE EBENSO WIE FÜR EUROPA IN JEWEILS

EINER HAND ZUSAMMENFÜHRT.

Es ist Zeit für ein Superministerium.

Wolfgang Clement war von 1998 bis 2002

Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen,

bevor er von 2002 bis 2005 in der Bundes re-

gierung das „Superministerium“ für Wirtschaft

und Arbeit übernahm. In einem gemeinsam

mit dem ehemaligen Politiker Friedrich Merz

verö¤ entlichten Buch beant wortete Clement

2010 schon einmal die Frage „Was jetzt zu tun

ist – Deutschland 2.0“.

SCHWERPUNKT

19

Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Gastbeitrag_Wolfgang Clement

lingen hat ziemlich rasch auf brutalstmögliche Weise eine exorbitante administrative Schwä-che aufgedeckt, nämlich: die fehlende digitale Vernetzung nicht nur der drei staatlichen Ebe-nen mit- und untereinander, sondern desglei-chen auch zwischen den Behörden auf den einzelnen Ebenen. Etwa zwischen der Bundes-agentur für Arbeit und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder zwischen den Sozialbehörden in verschiedenen Ländern oder zwischen polizeilichen Dienststellen. Teils dramatische Mängel zulasten der inneren Sicherheit und insgesamt sehr erhebliche (und übrigens auch kostspielige) Zeitverluste in der Integrationsarbeit waren und sind die Folge.

Der Nationale Normenkontrollrat drängt deshalb konsequenterweise auf einen E-Govern-ment-Pakt auf höchster Ebene, den der Bund mit einem „Digitalisierungsbudget“ für eine An-schubfi nanzierung ausstatten sollte. Denn es geht erstens um die Sicherstellung einer rei-bungslosen Kommunikation zwischen allen staatlichen Ebenen, Institutionen und Adminis-trationen, was in Zeiten wie diesen geradezu zwingend ist. Und es geht zweitens, nicht min-der wichtig, um einen verbindlichen digitalen Servicestandard für alle wesentlichen Ver-waltungsangebote für Bürger wie für Unter-nehmen. Nur eine solche umfassende Digi -talisierung macht effi zientes Verwaltungshan-deln möglich, ist ein entscheidender Stand ort- und Wettbewerbsfaktor und bekommt so wirtschaftspolitisch allergrößte Bedeutung.

Doch E-Government, das sich wirklich auf der Höhe der Zeit bewegen soll, ist nur ein Aspekt gesamtpolitischer Verantwortung, wenn auch ein sehr wesentlicher. Aber reicht das?

EINDEUTIGE VERANTWORTLICHKEITENUm deutlich zu machen, dass wir uns längst im Prozess einer allumfassenden Veränderung be-fi nden, die keinen Lebens- und Arbeitsbereich auslässt, weist unter anderem Telekom-CEO Tim Höttges seit Jahr und Tag immer wieder und immer drängender darauf hin, dass ver-netzt und digitalisiert wird, was vernetzt und di-gitalisiert werden kann. Wir haben deshalb auch nicht mehr die Wahl, ob wir an diesem Prozess teilnehmen, sondern nur noch, ob wir uns die Chance erhalten können, ihn nach besten Kräften mitzugestalten. Das verlangt alle unternehmerische Vitalität, Kreativität und Kraft, von Tüftlern und Gründern, von Start-ups und der mittelständischen Wirtschaft bis hinauf in die DAX-Sphären. Und es erfordert neue, fl e-xiblere Formen des Umgangs der öffentlichen

und der privaten Hände miteinander, möglichst ohne Vermischung und Verwischung öffent-licher und privater unternehmerischer Ver-antwortung, aber mit wechselseitiger Aufge-schlossenheit und der Bereitschaft zum Expe-riment. Geht das mit aktuell drei Bundes-ministerien – BMI, BMVI, BMWi* –, die mit- und nebeneinander an einer „Digitalen Agenda 2014–2017“ der Bundesregierung werkeln? Hinzu kommen das Bundeswissenschafts- und das Bundesgesundheitsministerium, die sich ebenfalls auf diesem Feld tummeln, also insge-samt mindestens fünf Bundesministerien, die sich in der digitalen Welt je fordernd, fördernd und regulierend bewegen. Geht das ohne auch nur annähernd hinreichende Kompetenz auf dem Bildungssektor? Und: Reicht eine digitale Agenda für Deutschland, wo doch alles für einen wirklichen digitalen europäischen Bin-nenmarkt spricht, für eine europäische Digi tal-Union? Für eine Digital-Union wohlgemerkt, die, wenn auch (noch) weit unzureichend ausgestattet, von einem „Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft“ verant-wortet wird?

Und tatsächlich spricht alles dafür, die digi-tale Strategie auf nationaler Ebene ebenso wie für Europa in einer Hand zusammenzuführen. Es ist nun einmal wahr, dass Themen wie digi-tale Infrastruktur, Netzausbau und Netzneutrali-tät, Big Data, Datensicherheit, Datenschutz und Schutz des geistigen Eigentums im Internet zu-sammengehören. Und dass die damit ange-sprochenen Instrumente, Regulierungen und Regeln national wie europäisch geeignet sein müssen, die digitale Transformation in Wirt-schaft und Gesellschaft zu fördern, Fehlent-wicklungen möglichst zu vermeiden, aber den Prozess auf dem Weg zu einer „Gesellschaft und Wirtschaft und Industrie 4.0“ insgesamt voranzubringen. Und das wiederum geht nicht  – zumal nicht im erforderlichen wettbe-werblichen Tempo – im Neben- oder gar Ge-geneinander, sondern nur im Miteinander bei möglichst klarer politischer Verantwortung.

Die wiederum läge am besten in der Hand eines Bundeswirtschaftsministeriums mit un-zweideutiger Kompetenz für eine konver gente Energie- und Digitalstrategie und der Ziel-perspektive einer europäischen Energie- und Digital-Union. Dabei wäre ratsam, es würde erst gar nicht versucht, die fachliche Begleitung dieses ja real disruptiven Prozesses ministe riell zu organisieren. Das würde Stückwerk – wie heute – bleiben. Es könnte, dem guten Beispiel der unternehmerisch geführten Bundesagen tur für Arbeit folgend, stattdessen einer öffentlich-rechtlichen Bundesagentur für Digitales und Gesellschaft übertragen werden, also einer selbst verwalteten, von Wirtschaft, Gewerk-schaften und öffentlicher Hand in Drittelparität verantworteten, grundsätzlich von politischen Weisungen unabhängigen Körperschaft.

GEMEINSAME KRÄFTE MOBILISIERENIdeal wäre es, unsere Länderregierungen wür-den sich angesichts des bedrohlich an wachs-enden Fachkräftemangels und zugleich zu neh -mender Arbeitslosigkeit im Niedriglohnsektor zu einer koordinierten Neuorientierung der Bil-dungspolitik zusammentun. Notwendig sind in jeder Beziehung besser und bestens ausgestat-tete Kindergärten und Schulen, ebensolche Hochschulen und Universitäten, eine mehr und mehr spezialisierte Berufsausbil dung sowie vor allem: mehr Erzieher, Leh rer und Hochschulleh-rer sowie dramatisch höhere Ausgaben für Kin-dergärten, Schulen und Hochschulen und im gleichen Zuge Wissenschaft und Forschung.

Das Ziel muss die Mobilisierung und Bün-delung aller Kräfte sein, von Wirtschaft, Wissen-schaft und Politik, auf der Bundes- wie auf der Länderebene. Es geht um nicht weniger als darum, die digitalen Strukturen zu schaffen, die die Wertschöpfung in unserem Land wie in Europa im aufziehenden Wettbewerb der großen Weltregionen zukunftsfähig und zukunftsfest machen. Dazu braucht es auch unmissverständ-liche Signale. Ein Superministerium für eine kon-vergente Energie- und Digital-Strategie mitsamt einer ihm attachierten Bundesagentur für Digita-les und Gesellschaft und eine dementsprechend gebündelte Bildungs- und Forschungspolitik der Länder wären ein solches starkes Signal.

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/egovernment/

digitale-verwaltung

www.t-systems.de/news/

handbuch-digitalisierung

wolfgang-clement.de

„ES SPRICHT ALLES FÜR

EINEN DIGITALEN EURO-

PÄISCHEN BINNENMARKT.“

* Bundesministerium des Innern, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

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OB IN DER ARBEITSWELT, DEM PRIVATEN ODER

ÖFFENTLICHEN LEBEN – MIT DEM INTERNET

DER DINGE BLEIBT K AUM MEHR EIN STEIN AUF DEM

ANDEREN. VORAUSSETZUNGEN DAFÜR SIND

INTELLIGENTE TECHNOLOGIEN WIE

MACHINE TO MACHINE (M2M) UND DIE ORGANISATION

GROSSER DATENMENGEN ÜBER DIE CLOUD.

Embedded Systems

Objekte werden auf kleinstem Raum mit umfassender Rechenleistung

ausgestattet.

EdgeComputing

Daten werden in dem Gerät verarbeitet,

das sie erhoben hat – sprich am Rand

(englisch: edge) der Cloud.

M2M

Automatische Datenübertragung

zwischen technischen Geräten ver -

schie dener Art.

SCHWERPUNKT

21

Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Glossar_Internet of Things

INDUSTRIE 4.0Intelligente Vernetzung von Produktentwicklung, Produktion, Logistik

und Kunde. Der Begriff wurde unter anderem geprägt von Prof. Wolfgang Wahlster, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen

Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI).

LEBEN UND ARBEITEN 4.0Das Auto kommuniziert mit der Ampel, der neue Personalausweis

wird online bestellt, die Heizung per Smartphone geregelt, der Kühlschrank bestellt selbst neue Milch, wenn der Vorrat zu Ende geht.

Vernetzte Lösungen im Privatleben erhöhen vor allem den Komfort, aber auch die Sicherheit und die Effi zienz.

Smart CityDie intelligente Steuerung

städtischer Systeme wie Infrastruk-tur, Energie, Ressourcen, Daten-

verwaltung und Bürgerbeteiligung.

Connected CarDie Vernetzung des Fahrzeugs

mit anderen Verkehrsteilnehmern und der Verkehrsinfrastruktur.

Erhöht die Sicherheit und Effi zienz.

Smart HomeEin intelligentes Zuhause, in dem

alle Geräte miteinander verbunden sind und sich per Mobile-Device überwachen und steuern lassen.

Smart LogisticsDie Vernetzung der Logistikkette ermöglicht das Echtzeit-Monito-ring der Transportwege und die

Optimierung von Warenströmen.

Integrated IndustryGeht über Smart Factory hinaus: Produkte bleiben nach der Aus-

lieferung mit dem Hersteller vernetzt und versorgen ihn mit Daten.

INDUSTRIELLE ANWENDUNGEN

CONSUMER- ANWENDUNGEN

Smart FactoryEine Fabrik, deren Integrationsgrad

solch eine Tiefe erreicht hat, dass eine Selbst organisation der

Produktion möglich wird.

Smart EnergyAlle vernetzten Technologien der Energieerzeugung, -speicherung,

des Energietransports und der Verbrauchssteuerung.

<Kontakt> [email protected] <Link> www.t-systems.de/loesungen/iot

<Text> Heinz-Jürgen Köhler

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„Vom HiddenChampion zumDigital Champion.“DER MITTELSTAND IST DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTSMOTOR NUMMER

EINS. KLEINE UND MIT TLERE UNTERNEHMEN STEUERN FAST 55 PROZENT

ZU UNSERER GESAMTEN WIRTSCHAF TSLEISTUNG BEI. FAST DIE HÄLF TE

ALLER „HIDDEN CHAMPIONS“ WELT WEIT KOMMT AUS DEUTSCHL AND.

DIESE WIRTSCHAF TLICHE STÄRKE GILT ES ZU SICHERN UND FÜR DIE

ZUKUNF T ZU ERHALTEN. UNSERE „ INDUSTRIAL CHAMPIONS“ MÜSSEN

„DIGITAL CHAMPIONS“ WERDEN!

<Gastbeitrag> Dorothee Bär

Die Diplom-Politologin Dorothee Bär ist seit

Dezember 2013 Parlamentarische Staats-

sekretärin im Bundesministerium für Verkehr

und digitale Infrastrukturen.

Ende 2018. Insbesondere in ländlichen und halb städtischen Regionen sind wir gefordert, da ein rein privatwirtschaftlicher Ausbau in die-sen Gebieten oftmals nicht rentabel ist. Hier setzt das Ende 2015 gestartete Breitbandför-derprogramm des Bundes an. Insgesamt vier Milliarden Euro nehmen wir für die Förderung in die Hand, die von den Kommunen sehr gut angenommen wird.

Die Telekommunikationsunternehmen in der von uns im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gegründeten „Netzallianz Digitales Deutschland“ haben al-leine in den vergangenen zwei Jahren jeweils acht Milliarden Euro in den Breitbandausbau investiert und werden zukünftig ihre Investitio-nen bedarfsgerecht steigern. Dabei müssen wir unsere gemeinsamen Anstrengungen schon heute auf die Gigabit-Gesellschaft richten. Auch das BMVI konzentriert sich bereits jetzt auf ent-sprechende Maßnahmen. Wir werden uns auf europäischer Ebene im Rahmen der Verhand-lungen zum europäischen Kodex für elektroni-sche Kommunikation für investi tionsfördernde Rahmenbedingungen einsetzen, die die Kräfte des Wettbewerbs nutzen. Zugleich werden wir unser bisheriges Förderengagement fortsetzen und für die Realisierung von Gigabitnetzen wei-terentwickeln. So haben wir vor Kurzem im Rah-

UM ES GLEICH VORWEGZUSAGEN – unser Ziel ist klar: Wir wollen für Deutschland die modernste digitale Infrastruktur weltweit, nur so können wir die Potenziale der Digitalisierung optimal nutzen. Zugleich müssen in den Unter-nehmen die erforderlichen Digitalisierungs-prozesse in Gang gesetzt werden. Hier ist Deutschland schon gut, aber noch nicht gut ge-nug. Nachholbedarf gibt es insbesondere bei mittelständischen Unternehmen, sie schöpfen das Potenzial der Digitalisierung bisher bei Wei-tem noch nicht aus. So kommt etwa eine KfW-Studie von 2016 zu dem Ergebnis, dass sich rund ein Drittel der mittelständischen Unterneh-men im Hinblick auf die Digitalisierung erst in einem Grundstadium befi ndet. Auch sind mo-derne digitale Technologien wie Cloud-Com-puting in weiten Teilen des Mittelstands bislang nur wenig verbreitet. Die Unternehmen riskie-ren so, den Anschluss an die Marktentwicklung zu verpassen.

NOTWENDIG ≠ AUSREICHENDZum sogenannten German Mittelstand jedoch gehören 99 Prozent aller deutschen Unter-nehmen. Kein anderes Land weist so viele mittelständische Weltmarktführer auf wie Deutschland. Diese sind oft in ländlichen Re-gionen zu finden. Der Standort Deutschland kann langfristig nur erfolgreich bleiben, wenn vor allem die mittelständischen Unternehmen gigabitfähige Netze zur Verfügung gestellt be-kommen und die Chancen der Digitalisierung nutzen. Hier müssen wir ehrgeizig sein, weder beim Netzausbau noch bei der Digitalisierung in Unternehmen reicht es aus, sich auf das gerade so Notwendige zu beschränken.

Denn Deutschland entwickelt sich im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung zu einer Gigabit-Gesellschaft. Mit zahlreichen neuen Chancen und Möglichkeiten für Wirtschaft und Gesellschaft. So entstehen beispielsweise neue Kommunikationsformen, Produkte wer-den individueller, medizinische Diagnosen und Behandlungen besser, der Verkehr sicherer, der Energieverbrauch geringer und unser All-tag insgesamt komfortabler.

Und was hat die Politik bisher dafür getan? Ob für Klein-, Groß- oder mittelständische Betriebe – Voraussetzung für diesen Wandel ist eine gut funktionierende und ausgebaute Infrastruktur. Bereits jetzt werden sieben von zehn Haushalten in Deutschland mit Telekom-munikationsanschlüssen versorgt, die mindes-tens 50 Mbit/s im Downstream bereitstellen. Dies ist eine sehr gute Ausgangsbasis für unser Ziel einer flächendeckenden Versorgung bis

men unseres Breitbandförderprogramms einen Sonder förderaufruf in Höhe von 350 Millionen Euro speziell für die Versorgung von bestehen-den Gewerbegebieten mit gigabitfähigen Net-zen gestartet. Neue Gewerbegebiete werden künftig von vornherein mit Glasfaserkabeln ausgestattet.

Und gerne tun wir deshalb alles dafür, die mittelständischen Unternehmen mehr für die Chancen der Digitalisierung zu sensibilisieren. Gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat das BMVI eine umfangreiche Informationskampagne ent-wickelt, die sich insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen richtet. Nach dem erfolg-reichen Auftakt zum offi ziellen Kampagnenstart im Februar dieses Jahres, hier in unserem Ministerium, sind im Rahmen einer deutsch-landweiten Roadshow zahlreiche regionale Ver-anstaltungen geplant. Dort wird praxisnah und interaktiv über schon heute verfügbare und kommende digitale Anwendungen informiert.

DEN MITTELSTAND ÜBERZEUGENDurch konkrete Best-Practice-Beispiele im Be-reich virtueller Realitäten zum Beispiel, intelli-gente und lernende Systeme sowie vernetzte Anwendungen der Industrie 4.0. Wir fördern so die gezielte Auseinandersetzung mit den Potenzialen der Digitalisierung und den An-forderungen an die digitalen Infrastrukturen. Gerade den Mittelstand müssen wir vom unter-nehmerischen Nutzen hochleistungsfähiger Breitbandanschlüsse überzeugen und ihm die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung verdeutlichen.

„WIR WOLLEN FÜR DEUTSCH-

LAND DIE MODERNSTE

DIGITALE INFRASTRUKTUR

WELTWEIT.“

SCHWERPUNKT

23

Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Gastbeitrag_Dorothee Bär

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/digitale-transformation

dorothee-baer.de

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Chefgespräch_Maier_Bronder

SCHWERPUNKT

25

Fakten & Zahlen

Die Rieber GmbH & Co. KG mit Sitz in Reutlingen gehört zu den führen-

den Anbietern von Küchentechnik für die professionelle Gastronomie

und den privaten Haushalt. In Baden-Württemberg und Brandenburg

beschäftigt das Unternehmen an vier Fertigungsstandorten rund

600 Mitarbeiter und unterhält Tochtergesellschaften für den Vertrieb in

Österreich, der Schweiz, Benelux und Großbritannien. In allen euro-

päischen Ländern und in zahlreichen weiteren Exportländern ist Rieber

durch Partnerschaften vertreten.

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Herr Maier, mit der Rieber GmbH wurden Sie zum „Digital Champion 2016“ gekürt – haben Sie damit gerechnet? Im Gegenteil, die Auszeichnung hat uns überrascht, weil wir in unserer Kernkompetenz ganz sicher nichts mit Digitalisierung zu tun haben. Aber der Preis hat unser Team extrem motiviert, nachdem wir – eben ohne die Kernkompetenz – eine eigene IoT-Plattform aufgesetzt und unsere Produkte digitalisiert haben.

Vor zwei Jahren haben Sie in einem Interview gesagt, dass es im Unternehmen noch immer „Verschwendung und defi zitäre Prozesse“ gebe. Haben Sie die abstellen können?Maier: Nein, da ist noch immer ein Riesenhandlungsbedarf. In vielen Prozessen unseres Geschäfts scheint Verschwendung systemimmanent

zu sein. Umso mehr gilt es, sie zu identifi zieren, zu refl ektieren und abzustellen – über die Aufzeichnung und Auswertung von Daten. An diesem Punkt stehen wir gerade erst am Start, das ist eine unglaubliche Herausforderung.

Worin liegt die Herausforderung genau?Maier: Die sogenannten Silos zu verlassen, aus denen heraus wir über Funktionen einen singulären Prozess beurteilen. Also nicht mehr kochen, transportieren und die Gerichte ausreichen, sondern den gesamten Prozess als zusammenhängende Kette bereichsübergreifend organisieren. Diese Chance bietet uns das Internet der Dinge.

Wo kommt die Deutsche Telekom ins Spiel?Maier: An der Stelle, wo unser IoT-basiertes Geschäftsmodell eine Plattform braucht, um es fl ächendeckend auszurollen. Und Skalierung ist nun mal eine Kernkompetenz der Telekom. Anders gesagt: Hier kommt IT-Technologie mit unserer Hardwaretechnologie zusammen. Nur so können wir IoT skalieren, sonst haben wir keine Chance.Bronder: Hier geht es ja um eine intelligente Food-Logistikkette, die Ende-zu-Ende gemanagt und in enormer Dimension ausgerollt werden soll. Diese Expansion einer Lösung durch einen fl ächendeckenden Rollout erreichen wir nur mit der Migration auf eine Multi-IoT-Plattform, die zum einen offen, also leicht um weitere Dienste erweiterbar, und auf der anderen Seite beliebig skalierbar ist.

MA X MAIER, INHABER DES KÜCHENTECHNIK ANBIETERS RIEBER, UND

ANETTE BRONDER, T-SYSTEMS GESCHÄFTSFÜHRERIN DIGITAL DIVISION UND

TELEKOM SECURIT Y, ÜBER DIE KOOPERATION ZWISCHEN MITTELSTÄNDLERN

UND KONZERNEN UND DARÜBER, WIE DIGITALISIERUNGSPRO JEKTE DIE ÄNGSTE

VON MITARBEITERN MITNEHMEN MÜSSEN UND WARUM MITUNTER GEDANKEN-

SPRÜNGE ZU NEUEN GESCHÄFTS MODELLEN FÜHREN.

„Raus aus den Silos.“

<Interview> Thomas van Zütphen

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Chefgespräch_Maier_Bronder

SCHWERPUNKT

27

muss man aber schnell aus der Defensive raus- und in die Offensive reingehen. Aus all diesen Gründen verstehen wir bei der Telekom unser Motto „Digitalisierung einfach machen“ im doppelten Sinn.

Was ist nötig, um die Kooperation zwischen Mittelständlern und Konzernen noch effektiver zu machen?Maier: Die Vorurteile über den anderen abzubauen.

Welche Vorurteile über Konzerne?Maier: Die sind zu groß und bürokratiegebremst.

Mit welchem Vorurteil kämpft der Mittelstand?Bronder: Dass er in der Reaktionsfähigkeit noch immer zu langsam ist.

Die Kooperation zwischen Ihnen beiden dokumentiert beispielhaft das Gegenteil.Maier: Stimmt, aber Vorurteile sind ja auch die Urteile der Dummen. Und für Rieber kann ich sagen: Wir sind Exoten. Und haben eine Vision. Das tägliche Essen verursacht ein Drittel unseres ökologischen Fußabdrucks. Jeder von uns gestaltet mit seinem Essverhalten den Globus mit. So klein der Beitrag im Einzelnen ist, so wirkungsmächtig trägt in der Summe aller die Ernährung der Menschheit zum globalen Wandel bei. Nachhaltigkeit heißt für uns, den Bedürfnissen mit geringerem Einsatz von Ressourcen zu begegnen. Dabei immer ökologisch und sozial gedacht. Nicht rein unter der Prämisse, was ökonomisch möglich ist, sondern durch Standardisierung der dazu notwendigen logistischen Prozesse. Das ist nachhaltig. Wir haben die einmalige Chance, mit IoT für mehr als 30 Millionen „Essen“, die täglich in Deutschland im öffentlichen Raum verzehrt werden, einen Riesennutzen zu schaffen. Sehen Sie, ich bin 68 Jahre alt und will immer noch die Welt verändern. Das schaffe ich mit Food-Supply-Chains und intelligentem Gebäude-management im ganzen Land. Da pack ich die Verschwendung am Kragen. Es geht um Energie, Kilokalorien und Zeit. Bronder: Unser Job als Digitalisierungsdienstleister ist es, eine konkrete Idee, wie die von Max Maier, zum Erfolg zu bringen. Dafür zu sorgen, dass er das volle Potenzial der Digitalisierung ausschöpfen kann, das sein Geschäft hergibt. Die Dynamik und die Innovation, die es dafür braucht, müssen von uns kommen. Das ist auch der Gründungsgedanke der Digital Division von T-Systems: schnell digitale Kundenwünsche von morgen breit in die Fläche zu bringen.Maier: Ich lerne von der Telekom sehr viel über Systematik und Methodik in Organisationen. Aber Bürokratie ist mir ein Grauen. Auch bei völlig neuen Themenfeldern wie der Elektromobilität, für die ich hier auf dem Campus von Urban Harbor große Firmen wie Bosch, Porsche und die Telekom mit kleinen und mittelständischen Unternehmen und Start-ups bis runter zum Ein-Mann-Unternehmen zusammenbringe. Darunter liegt mein originäres Geschäftsmodell, Immobilienprojektierung und -mana ge ment. Ich docke es mit einem anderen Geschäftsfeld und Partnern, die dort stark sind, zusammen. Ich weiß aber nicht, wann dieses Projekt – für am Ende des Tages 9000 Arbeitsplätze – seinen Return-on-Invest zu erkennen gibt. Aber auf diese Art ein Projekt zu führen oder ein ganzes Unternehmen braucht Vertrauen in Partner und eigenes Durchhaltevermögen. In der Kombination ist das ein gutes Rezept für die Reise Richtung digitale Welt. Davon bin ich überzeugt.

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/bestpractice/rieber

www.t-systems.de/loesungen/iot

rieber.de

<Videos> www.t-systems.de/iot_bei_rieber

www.t-systems.de/bronder_zu_multi-iot

Mit ausgefeilten Logistikketten erzielt Rieber maximale E� zienz beim

Kochen und Servieren hochqualitativer Lebensmittel.

Digitalisierung nicht funktionieren oder an uns vorbeigehen. Auch deshalb haben wir als Deutsche Telekom von Anfang an gesagt: Digita-lisierung macht keiner allein. Und ihre Spielregel lautet: Bringe Kern-kompetenzen zusammen, und fange an, anders zu denken. Denn wer am Montag noch dein Wettbewerber war, könnte am Dienstag dein Partner sein. So habe ich nahezu täglich mit Firmen eine Wettbewerbs-situation und bin ebenso oft mit denselben Firmen in Situationen, in denen wir gemeinsam Digitalisierungsthemen angehen.

Warum ist das heute so? Bronder: Weil keiner von uns heute noch dadurch vorankommt, dass er technologisch nur das umsetzt, was er für sich genommen kann –denn das reicht längst nicht mehr aus. Man muss vom Kundennutzen her denken und agieren. Sich also zuerst fragen: Was braucht der Kunde? Und erst dann: Wie können wir das technisch abbilden? Kunden an-sprüche werden immer komplexer, die kann keiner alleine bedienen. Das geht nur mit starken Partnerschaften.Maier: Mit anderen Worten: Jetzt ist die Zeit, vom Problem zu kommen und nicht von der Lösung.

Mit Blick auf die Ideenschmiede Nummer eins der Welt heißt es in Ihrer schwäbischen Heimat gern: Als das Silicon Valley an den Start ging, waren unsere Silicon Mountains schon längst im Rennen. Dennoch scheint es, als seien die Internetunternehmen dort drüben längst an uns vorbeigezogen. Wie konnte das passieren?Maier: Der jahrzehntelange Erfolg als industrieller Technologieführer hat uns etwas blind gemacht. Aber ich bin da relativ gelassen, voraus - gesetzt, der Perspektivwechsel von der Technologieführerschaft hin zur Nutzerführerschaft gelingt uns. Wenn Sie so wollen, nichts weiter als ein Gedankensprung hin zu einem anderen Geschäftsmodell. Damit nehmen wir Menschen auch die Angst, von der ich sprach. Denn mit der Nutzerführerschaft kommen die neuen Business-Cases, und damit brauch ich am Ende mehr Mitarbeiter und nicht weniger.Bronder: Genau darum geht es: Mut zum Risiko, Fehler zulassen, Angst abstellen. Das sind die Grundlagen einer Innovationskultur. Eine andere Ursache für den Vorsprung des Silicon Valley: Es ist uns in Europa bislang kaum gelungen, eine unserer traditionellen Stärken in ein Asset unserer Zukunft umzuwandeln – wir sind bekannt für Präzision. Für Details. Für Exzellenz. Das alles kostet Zeit, die wir uns heute nicht mehr leisten sollten. Denn Innovation in der digitalen Welt gibt diese Zeit niemandem mehr. Heute geht es um schnelles Prototyping, Kunden nutzen und Differenzierung. Und immer wieder um die Frage: Was ist der Mehrwert vor dem Kunden? Wir müssen lernen, nicht zu sehr Bedenkenträger zu sein. Es ist naturgemäß leichter zu widersprechen, als weiterzudenken oder Dinge einfach zu probieren – im schnelllebigen digitalen Zeitalter

Was sind die nächsten Schritte?Maier: Dass auf Basis von Standardkomponenten unsere essenziellen Temperaturprozesse abgebildet werden können, um dann die Rieber-Lösung auf der hochstandardisierten Telekom-Plattform fl exibel für weitere Anwendungsfelder zu öffnen. So ist es beispielsweise Ziel, dass die Plattform die Norm bildet, wenn die gesetzliche Vorgabe HACCP (Hazard Analysis Critical Control Point) zur Lebensmittelsicherheit digital erfasst wird.

Taugt der Erfolg von Rieber – beziehungsweise wie das Unter-nehmen Digitalisierung angegangen ist – als Blaupause für andere Mittelständler?Bronder: Defi nitiv. Das gemeinsame Projekt bei Rieber zeigt sehr gut, wie Mittelständler ihr Geschäftsmodell dank Digitalisierung optimieren und deutlich skalieren können. Dazu gehört zuallererst eine klare Vision, eine Digitalisierungsstrategie. Es geht also nicht nur um die Frage, ob ich etwas aus rein technologischer Sicht hinbekomme oder ein Digitalisierungsprojekt starte. Vielmehr geht es darum herauszu-fi nden, wie das Geschäftsmodell in der digitalen Welt aussehen kann, und dann zu fragen: Welche technologischen Voraussetzungen und Partner brauche ich, um das zu erreichen? Hier geht Max Maier mit klaren Vorstellungen und gutem Beispiel voran.Maier: Das würde ich für meine Kollegen aus dem Mittelstand gern mal konkretisieren. Mein Appell: Kümmert euch um die Digitalisierung eurer Produkte. Damit habt ihr dann auch genug zu tun. Für den großen Rest, die Multiplikation, sucht euch Kernkompetenzen – also einen Partner, der das abbilden kann. Meine größte Erkenntnis aus unserem Projekt ist: Wir als mittelständisches Unternehmen werden nicht in der Lage sein, IoT-Plattformen zu betreiben.

„Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ – ist das Ihre Empfehlung?Maier: Absolut. Aber sei dir klar: Wenn du deine Produkte und deinen Prozess nicht digitalisierst, geht dein Geschäftsmodell in Zukunft den Bach runter. Also: Geh selbst den ersten Schritt, und such dir dann einen starken Technologiepartner. Bronder: Was Rieber von anderen Unternehmern unterscheidet, ist, dass Herr Maier sich sehr früh die Frage gestellt hat: Woher bekomme ich entlang der Wertschöpfungskette relevante Daten, und was mache ich damit? Es gibt sehr viele Mittelständler, die ihren Prozess daten technisch noch gar nicht auslesen. Doch gerade in den Anwen-dungs daten der Kunden, ihren Bedarfsdaten, liegt der Schlüssel zur Ver feinerung oder Veränderung eines Geschäftsmodells, das weiterhin Erfolg verspricht.Maier: Denn das ist ja die eigentliche Revolution an IoT: bei allem grundsätzlich vom „Schmerz“ des Kunden auszugehen – das über -haupt zu können –, um daraus einen Service und im Ergebnis einen Kundennutzen abzuleiten.

Warum haben Sie für Ihr Vorhaben – via IoT Intelligenz in Gastro-nomie-Container zu bringen und gleichzeitig Transparenz in Riebers Prozessketten – als IT-Dienstleister T-Systems gewählt?Maier (lacht): Weil ich will, dass es funktioniert. Im Ernst: Das hat was mit Vertrauen zu tun und einer gemeinschaftlichen Vision. Beides teile ich am Ende des Tages mit Menschen. Und da muss es stimmen. Bronder: Für mich sind zwei Punkte zentral. Einerseits: Verlässlichkeit und unser Bekenntnis als T-Systems, dass wir diesen Weg zusammen mit den Kunden gehen. Das heißt, dass wir als Dienstleister jederzeit bereit stehen, um Steine aus dem Weg zu räumen, beispielsweise tech-nische Probleme. Aber womöglich auch Dinge, mit denen wir heute noch gar nicht rechnen. Da brauchen Sie als strategischer Partner nicht nur das nötige Werkzeug, sondern ein eindeutiges Commitment und als

Unternehmen auch eine gewisse Stärke, die wir als T-Systems und Deutsche Telekom zusammen bieten: Beratung, Konnektivität, IoT-Platt-formen, Sicherheitslösungen und jahrelange Cloud-Expertise. Allein schon weil der Kunde im Zweifel lieber mit einem Partner redet als mit 20 verschiedenen. Wir können das „One-Face-to-the-Customer“ mit unseren Partnern im Rücken bieten. Und das bringt mich konkret zum zweiten Punkt: Wer ganze Prozessketten digitalisieren und großfl ächig expandieren will, braucht skalierbare, offene und hochsichere Platt-formen wie die Multi-IoT-Plattform der Telekom. Konkret für meinen Geschäfts bereich Digital Division bedeutet das: Wir sind „klein“ genug, um uns persönlich zu kümmern, und mit der Power eines Großkonzerns im Rücken „groß“ genug, um für alle Bedarfe zu liefern.

Ein weiteres Großprojekt, Herr Maier, ist Ihre Umwandlung von Industrie anlagen in digitale Hubs. Was steckt dahinter?Maier: Wir wollen hier im Urban Harbor einen Handlungsraum schaffen für alle, die sich der Digitalisierung verschrieben haben – aber auf menschliche Weise. Denn es geht immer um Menschen. Und nicht wenige von ihnen haben Angst vor der Digitalisierung, die wir ihnen nehmen wollen. Die Angst zum Beispiel, dass ihre Arbeitsplätze durch Digitalisierung nicht mehr sicher sind. Denn das Gegenteil ist der Fall. Nur wenn wir digitalisieren, ob Autos, Küchen-Devices, Service prozesse oder was auch immer, werden wir Arbeitsplätze sichern.

Was halten Sie von diesem Weg, Frau Bronder, Unternehmen in ihren Märkten, Zukunftsfeldern und Expertisen zusammenzuführen?Bronder: So zu denken und zu arbeiten ist keine Option, sondern ein Muss. Wenn wir es anders machten – jeder im Alleingang –, würde

Für Investor Max Maier und Anette Bronder, T-Systems Geschäftsführerin

Digital Division und Telekom Security, bietet IoT die Brücke – vom „Schmerz“

der Kunden kommend –, konkrete Services und Lösungen abzuleiten.

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Der Grenzgänger. DIESER INFORMATIKPROFESSOR BAUTE SCHON VOR ZEHN

JAHREN SELBSTFAHRENDE AUTOS, FORSCHTE FÜR GOOGLE UND

SCHWEIZER BANKEN. MIT DER ONLINE- UNI UDACIT Y WILL

SEBASTIAN THRUN WISSEN FÜR ALLE VERFÜGBAR MACHEN.

Vita

Im Silicon Valley ist der Deutsche

Sebastian Thrun ein Star. Auf sein

Studium der Informatik, Medizin und

Ökonomie in Heidelberg und eine

Promotion summa cum laude in Bonn

folgten Forschung und Lehraufträge in

den USA an der Carnegie Mellon Uni-

versity und eine Professur in Stanford.

Larry Page holte den preis gekrönten

Deutschen zur Ideenschmiede Google X.

Mit Udacity betreut Thrun inzwischen

mehr als drei Millionen Studenten.

Nur fünf Jahre nach ihrer Gründung

wird der „Unternehmenswert“ der

Online-Uni bereits auf eine Milliarde

US-Dollar geschätzt. Thrun lebt

und arbeitet in Mountain View, im

Herzen des Silicon Valley.

SCHWERPUNKT

29

Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Vordenker_Sebastian Thrun

<Text> Anja Steinbuch

BRAUN GEBRANNT UND MIT DER DRAHTIGEN FIGUR eines Marathon-läufers gibt Sebastian Thrun nicht unbedingt das klassische Bild eines intellektuellen Stanford-Professors ab. Im Alter von gerade mal 50 Jahren hat er bereits drei hochkarätige Karrieren hingelegt. Und er ist weiter in Bewegung. Warum? „Technologie macht so unfassbar schnell Fort-schritte. Wenn wir stillstehen, werden wir zurückgelassen.“

Das Leben ist für ihn ein nie endender Prozess der Veränderung und zugleich die Chance, ständig neue Grenzen auszuloten. Am liebsten würde er immer wieder von einer Klippe springen, um irgendwann doch fliegen zu lernen. Diese Einstellung brachte den in Solingen Geborenen in den 1990er-Jahren über die Universität Bonn in die USA auf einen Professorenposten an der Elite-Uni Stanford. Seine Steckenpferde: Ro-botik und künstliche Intelligenz. „Rhino“ hieß sein erster Roboter, der Besucher eigenständig durch Museen führte; „Pearl“ pflegte kranke Menschen; mit seinem selbstfahrenden Auto „Stanley“ gewann er ein Wüstenrennen bei Las Vegas. Google-Gründer Larry Page holte ihn an Bord und übergab ihm das Forschungslabor Google X. Er gehört zu den gefragtesten Köpfen im Silicon Valley. Als Buchautor und Keynote-Spre-cher könnte er sich zufrieden zurücklehnen. Aber dann wäre er nicht Sebastian Thrun.

DISRUPTION IST KREATIVITÄTEr geht dorthin, wo Wandel ist: Die Digitalisierung transformiert die Wirt-schaft. Roboter rechnen, diagnostizieren, steuern Flieger, Schiffe und Autos. Disruptive Dienste wie Netflix, Spotify, PayPal oder Lendico bedro-hen traditionelle Geschäftsmodelle. „Das ist erst der Anfang. Disruption ist Kreativität“, ist Thrun überzeugt. Deshalb behält er auch stets den Menschen im Blick. „Er ist das Zentrum unserer Welt“, sagt Thrun. „Und deshalb denken wir, wenn wir Technologien wie zum Beispiel künstliche Intelligenz reflektieren, immer auch über die Natur des Menschen nach.“ Nicht wenige dieser Technologien dienten bisher vor allem zwei Zwecken  – dem Menschen übermenschliche Kräfte zu verleihen und sein Leben einfacher zu machen. Der Pflug, der Traktor, das Auto, das Flugzeug waren allesamt dazu da. Die fortschreitende Digitalisierung, und vor allem die künstliche Intelligenz werden dabei noch eins draufset-zen. „Nun ergänzen und verstärken Maschinen nicht nur die motorischen Fähigkeiten des Menschen, sie werden ihm zukünftig fast alle repetitiven Tätigkeiten abnehmen.“

Doch um an dieser Entwicklung von Anfang an teilzuhaben und quasi „Herr der Dinge“ zu bleiben, müssen wir wieder lernen zu lernen. In der Informatik zum Beispiel erneuert sich das Wissen alle fünf bis sieben Jahre. Ein Amerikaner behält seinen Job im Durchschnitt nur vier bis fünf Jahre lang. Danach muss er sich etwas Neues suchen. „Um das zu finden, muss er sich bilden“, so Thrun.

Mit seiner Online-Uni Udacity will er das Wissen demokratisieren. 2011 startete er seinen Unterricht aus dem Internet. „Man stelle sich vor, Firmen in allen Ländern, die verzweifelt Webentwickler, Programmierer oder Mathematiker suchen, hätten endlich all die hoch qualifizierten Mit-arbeiter, die sie brauchen – wäre es dann nicht logisch, dass sich alle daran beteiligen?“ Thruns Lösung: Kurse und „Bildungspläne“, die von Internetunternehmen wie Google und Facebook, Softwareanbietern wie Salesforce oder Alteryx, aber auch klassischen Industriekonzernen wie BMW oder Mercedes-Benz gestaltet werden. Am Ende gibt es für die Absolventen firmeninterne „Nanodegrees“. Udacity-Kurse kosten im Schnitt 200 Dollar im Monat. Wer besonders nachgefragte, teure Semi-

„LERNEN MUSS EINE AUFGABE FÜR

DAS GANZE LEBEN WERDEN –

SO ALLTÄGLICH WIE ZÄHNEPUTZEN.“

Sebastian Thrun, Gründer der Online-Universität Udacity

nare belegt, bekommt eine Jobgarantie – ansonsten seine Gebühr zurück. Der Markt scheint Sebastian Thrun auf jeden Fall recht zu geben. Die gemeinsam von der Industrie und Udacity entwickelten Nanodegrees kommen bei Unternehmen und Absolventen gleicher-maßen gut an. Denn im Sinne eines selbst organisierten Lernens sammeln Kursabsolven-ten statt eines Universitätsabschlusses bei Udacity digitale Zertifikate (Badges), die sie als Ausweis neuer Skills auf ihrem LinkedIn-Profil gleich neben dem Lebenslauf platzieren.

„Lernen muss eine Aufgabe für das ganze Leben werden – so alltäglich wie Zähneputzen oder Duschen, weil eine einzige Ausbildung nicht mehr ausreicht“, resümiert Thrun. Und das mache sogar Spaß, verspricht er. Bildung darf nicht einer kleinen Elite vorbehalten sein. „Wir sehen Bildung nicht im Sinne einer teuren Rolex, sondern im Geist von Ikea: Wir wollen so viele Leute wie möglich gut ausbilden.“

Und die Uhr tickt. Denn die Aufgaben, die noch auf uns zukommen, sind kaum abzu-schätzen: „99 Prozent der interessanten Dinge sind noch nicht erfunden“, versichert Thrun und meint damit explizit auch klassische For-schungsfelder wie Gesundheit, Biologie und Chemie. So ist der Deutsche davon überzeugt, „dass wir in absehbarer Zeit unsere Lebens-erwartung noch einmal verdoppeln werden“. So wie es die Physik und das Verbreiten von Wissen über simple Mechanik oder Hygiene zum Beispiel – also im Grunde wieder ständi-ges Lernen – in weniger als 300 Jahren schon einmal geschafft haben.

Und nicht zuletzt dafür will Thrun mit Udacity die Härte der digitalen Transformation abfedern. „Die Nachfrage ist groß. Die Men-schen nehmen ihre Karriere in die eigene Hand und fragen weniger nach Staatshilfe“, sagt Thrun. Jeder müsse in seine Karriere künftig selbst investieren. Auch das gehört zur Demo-kratisierung des Wissens.

<Kontakt> [email protected]

<Link> de.udacity.com

Teilnehmer aus aller

Welt schrieben sich

spontan für Thruns

erstes, versuchsweise

ins Internet gestellte

Seminar ein.

Quelle: Wired (November 2016)

Millionen

Studenten hat die

Online-Universi tät

Udacity heute.

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Gastbeitrag_Prof. Dr. Wolfgang Wahlster

SCHWERPUNKT

31

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ (KI), die auf Com-putern intelligentes Verhalten und die zugrunde liegenden Fähigkeiten zum eigenständigen Be-arbeiten von Problemen realisiert, ist im Alltag angekommen. Ob wir via Smartphone Sprach-assistenzsysteme nutzen, mit Google Translate eine koreanische Website übersetzen lassen, in unserem Fahrzeug Autopilotfunktionen aktivie-ren oder ob der Missbrauch unserer Kreditkar-tendaten vereitelt wird, immer steckt KI dahin-ter  – und ist für viele von uns schon selbst-verständlich geworden. Dabei versteht sich das Forschungsfeld durchaus als Avantgarde der Informatik, da mit ihm immer die aktuellen Grenzen der Digitalisierbarkeit ausgelotet und überwunden werden sollen.

Noch zu den Gründerzeiten des Deut-schen Forschungszentrums für Künstliche

Heimspiel für Deutschland. MIT DEM DEUTSCHEN FORSCHUNGSZENTRUM FÜR KÜNSTLICHE

INTELLIGENZ (DFKI) HAT DER WIRTSCHAF TSSTANDORT DEUTSCHL AND

EINEN K AUM ZU ÜBERSCHÄTZENDEN WET TBEWERBSVORTEIL. UM MIT

KÜNSTLICHER INTELLIGENZ AUF DER ZWEITEN WELLE DER DIGITALISIERUNG

MITZUSCHWIMMEN, STEHEN INTERNATIONALE INVESTOREN SCHL ANGE.

schaftlichen Nachwuchses. Mehr als 100 DFKI-Mitarbeiter wurden im Laufe der Jahre als Professorinnen und Professoren auf KI-Lehr-stühle an Universitäten und Hochschulen im In- und Ausland berufen. In den von 25 inter-national renommierten Professoren geleiteten DFKI-Forschungsbereichen wurden 55 Patente und 115 Produktfunktionen in den wirtschaft-lichen Wirkbetrieb gebracht.

Doch nicht nur konkrete Lösungen treiben wir in den Markt. Ausgezeichnet wurde das DFKI auch mit dem Preis für das gründungs-aktivste Forschungszentrum, weil bereits rund ein Drittel der Mitarbeiter unser Institut in 78 Spin-off-Firmen als Sprungbrett in die Selbstständigkeit nutzt. Dabei unterstützen wir die Ausgründungen durch ein Netzwerk von Wagniskapitalgebern, die Möglichkeit zur Teil-zeitarbeit sowie Inkubator- und Akzelerator-Programme, die unter anderem von der EU im Rahmen des Programms „EIT Digital“ gefördert werden. Auch um die Bindung zu unseren Alumni zu halten. So vermieten wir für die Start-phase zum Beispiel Räumlichkeiten direkt in den Betriebsstätten des DFKI an die Gründer zu Marktpreisen, sodass der wichtige Kontakt zur Forschung beim Aufbau des Unternehmens nicht verloren geht. Darüber hinaus vergeben wir an die Spin-off-Unternehmen in der Regel Lizenzverträge für DFKI-Technologien, welche von diesen schrittweise bedient werden müs-sen, sobald ein Gewinn erwirtschaftet wird.

BEGEHRTES KARRIERESPRUNGBRETTDahinter steckt die Philosophie, der überwie-genden Zahl der Wissenschaftler nach ihrem Universitätsabschluss über die Mitarbeit in DFKI-Projekten eine wichtige Durchgangsposi-tion in der berufl ichen Laufbahn anzubieten. Hier können sie in der Spitzenforschung zu-sammen mit Industrieunternehmen wertvolle Erfahrungen in der wirtschaftsnahen Projekt-arbeit sammeln, um sich dann gezielt für eine akademische Laufbahn als Professor, eine lei-tende Tätigkeit in der Industrieforschung oder eben die Gründung eines eigenen Spin-off-Unternehmens zu entscheiden. Mit im Durch-schnitt mindestens 20 Promotionen und 100 Informatikabschlüssen pro Jahr produziert das DFKI insgesamt so viel akademischen Nachwuchs wie ein mittlerer Informatikfach-bereich an einer deutschen Universität. Da mit hat sich das DFKI auch als effi zientes Karriere-sprungbrett bewähr t und sicher t so den Wis sens- und Technologietransfer über „eige-ne“ Köpfe. Und das ist nach meiner Überzeu-gung sogar erheblich nachhaltiger als jedes Tech nologietransferprojekt.

<Kontakt> [email protected]

<Link> d� i.de

sondern von KI-Sys temen, wie sie unser Kom-petenzzentrum Deep Learning entwickelt.

Im Ergebnis können wir so mit KI-basierten Produktionssystemen in der Industrie 4.0 und der Digitalisierung von Dienstleistungen die Wettbewerbsposition Deutschlands durch die Integration von KI in die Exportschlager unse-rer Wirtschaft – vom Mähdrescher über das Auto bis zum Geschirrspüler – nachhaltig si-chern. Daran ändern auch nichts die Über-nahme- und Kooperationsangebote an das DFKI, vor allem aus dem asiatischen und nord-amerikanischen Raum, deren Zahl in den ver-gangenen Monaten wieder stark zunimmt. Denn im neu gestarteten Wettlauf um den Ein-satz von künstlicher Intel ligenz hat Deutsch-land mit dem DFKI eine her vorragende

Ausgangsposition. Standort des weltweit größ-ten Forschungszentrums auf diesem Gebiet zu sein stellt für die deutsche Wirtschaft und die Zivilgesellschaft einen nicht zu überschätzen-den Vorteil dar. Nicht zuletzt sorgen 880 inter-nationale Fachexper ten aus mehr als 60 Nationen aktuell für eine Bilanzsumme von über 115 Mil lionen Euro und einen Umsatz von 42 Millionen Euro pro Jahr. Und die Erlöse in den vergan genen Jahren stiegen kontinuierlich um durchschnittlich 15 Prozent per annum.

Welche Begehrlichkeiten unser hochkarä-tiges Team von KI-Spezialisten weckt, macht übrigens auch die ständig steigende Zahl von Personalabwerbungsversuchen deutlich. Kein Wunder, mit Blick auf das weltweit hohe An sehen unserer Ausbildung des wissen-

<Gastbeitrag> Prof. Dr. Wolfgang Wahlster

Intelligenz (DFKI GmbH) vor nunmehr 30 Jah-ren war das Thema KI insbesondere durch die wissensbasierten Experten- und Assistenzsys-teme ein Megatrend der IT-Industrie. Heute sind solche Systeme in vielen IT-Anwendungs-bereichen Standard.

Aber mit den aktuellen Themen Maschinel-les Lernen, kollaborative Roboter und auto-nome Systeme ist unser Forschungsgebiet wieder weltweit ins Zentrum des Interesses von IT-Anwendern gerückt. Denn Smart Factories in der Industrie 4.0, autonome Fahrzeuge oder die intelligenten Kommunikations- und Ener-gienetze der nächsten Generation, ebenso personalisierte digitale Lernsysteme oder intel-ligente Cybersecurity-Systeme – keiner der Trends, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft aktuell umtreiben, wäre ohne KI-Technologien

Projektbüro in Berlin und einem Living Lab in St. Wendel (Saarland) sehr gut gerüstet. Schon 1988 als Public-Private Partnership (PPP) ge-gründet, ist unser Zentrum auf dem Gebiet KI die führende wirtschaftsnahe Forschungsein-richtung Europas. Und unser Modell einer ge-meinnützigen PPP mit einer schlanken Organi-sation und hoher inhaltlicher Dynamik gilt in-ternational als zukunftsweisende Struktur im Bereich der Spitzenforschung und disruptiver Innovation. Nicht zuletzt deshalb wird das DFKI außer vom Bund von den Ländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Bremen sowie von zahlrei-chen deutschen und ausländischen Hochtech-nologie-Unternehmen gefördert.

Zu den Industriegesellschaftern des DFKI, die am Stammkapital beteiligt sind und einen Aufsichtsratssitz haben, gehören Dax-Kon-zerne und global agierende Konzerne wie die Deutsche Telekom, Airbus, Bosch, BMW, VW, SAP und die Software AG, aber auch erfolg-reiche deutsche Mittelständler wie Harting, Empolis und Claas. Globale Unternehmen mit F&E in Deutschland wie Google, Microsoft und Intel gehören ebenfalls zum hochkarätigen Ge-sellschafterkreis des DFKI. Derzeit ist durch die große weltweite Nachfrage nach KI-Kompetenz ein regelrechter Wettlauf von Unternehmen be-sonders aus Asien und den USA um weitere Anteile am DFKI entstanden, der zu mehre-ren Kapitalerhöhungsrunden geführ t hat. Wir haben im DFKI früh auf die Öffnung und Einbindung internationaler Partner und Unter-nehmen gesetzt, die untereinander durchaus konkurrieren mögen. Denn in der Forschung und Vorentwicklung ist die vorwettbewerbliche Kooperation für eine offene Innovationskultur unerlässlich, um ein hohes Tempo bis zur Marktreife zu ermöglichen.

WISSENSCHAFT SUCHT TRANSPARENZOffene Innovation auch mit Mittelständlern außerhalb des Gesellschaf terkreises gilt als Credo für alle 18 Forschungsbereiche und Forschungsgruppen, die neun Kompetenz-zentren und sieben Living Labs, die am DFKI aus gehend von anwendungsorientierter Grund- lagenforschung Produktfunktionen, Proto- typen und patentfähige Lösungen entwickeln. So kann etwa die Mensch-Technik-Interaktion durch die Einbettung von KI in unsere tech-nisier te Umwelt derar t gestaltet werden, dass sich der Mensch nicht länger der Technik anpassen muss, sondern sich die Technik dem Menschen individuell anpassen kann. Mit Maschinellem Lernen über Massendaten wird die Software nicht länger von Programmie -rern erstellt,

zu realisieren. Insofern werden wenig über-raschend in praktisch allen Industrienationen gerade weitere neue KI-Institute gegründet und massiv unterstützt. Die jüngsten Institutsgrün-dungen der Automobilunternehmen Toyota und Tesla im Silicon Valley, die jeweils eine An-schubfinanzierung von einer Milliarde Dollar erhalten sollen, sind nur zwei Beispiele dafür.

Mit anderen Worten: In der weltweiten Forschungslandschaft innovativer Digitalisie-rungslösungen auf Basis von Methoden der künstlichen Intelligenz kommt Goldgräberstim-mung auf. Das ist auch kein Wunder, denn hin-ter jedem der oben genannten Anwendungs-felder stecken riesige Märkte. In diesem Sinne sehe ich das DFKI mit seinen Standorten in Kai-serslautern, Saarbrücken sowie Bremen und der Außenstelle Osnabrück, einem weiteren

Prof. Dr. Wolfgang Wahlster ist Leiter des Deutschen Forschungs -

zentrums für Künstliche Intelligenz und Inhaber des Lehrstuhls

für KI an der Universität des Saarlandes. Gemeinsam mit Henning

Kagermann und Wolf-Dieter Lukas hat er das Zukunftsprojekt

„Industrie 4.0“ konzipiert und 2011 erstmals verö� entlicht.

„WIR INTEGRIEREN KI IN DIE

EXPORTSCHLAGER DER

DEUTSCHEN WIRTSCHAFT.“

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ZALANDO, KREDITECH, TEAMVIEWER, TRIVAGO ODER DAILYDEAL – das sind nur einige Namen von Start-ups aus Deutschland, die sich er-folgreich etabliert haben oder für hohe Summen an US-Firmen verkauft wurden. Sie haben es geschafft, sind in der digitalen Wirtschaft so etwas wie heimliche Helden made in Germany. Doch das reiche nicht, um im globalen Wettbewerb zu bestehen, warnen Beobachter. Deswegen arbei-ten zwischen Flensburg und dem Bodensee zahlreiche Netzwerke und Initiativen unter Hochdruck daran, dass die nächste bahnbrechende digitale Geschäftsidee aus dem Land der Dichter und Denker kommt.

Christian Pott steht an seinem neuen Bürotresen. Der Gründer des Berliner Start-ups Websitebutler trägt Jeans und Turnschuhe. Wenn er und die drei weiteren Gründer von Websitebutler, Philipp Gohlke, Hendrik Köhler und Malte Sieb, einmal nicht bis spät in die Nacht arbei-ten, können sie in den neuen Geschäftsräumen am Alexanderplatz im Lounge-Sessel Cappuccino trinken oder einfach mit Kollegen in der Küche Pasta essen. 560 Quadratmeter hat das Quartett des 2013 ge-gründeten Start-ups auf einem Stockwerk zur Verfügung.

Platz genug für ihr junges Business, das gerade den deutschen Markt für Websiteentwicklung kräftig aufmischt. Ihr selbstlernendes Sys-tem James arbeitet dank künstlicher Intelligenz praktisch autonom und fehlerfrei. Der Kunde schreibt in einen Onlinefragebogen, welche Ziele er mit seiner Website erreichen möchte, oder ruft einfach an. Danach liefert er Fotos und Texte. Das System baut daraus eine Website. Dabei setzen die Berliner auf persönlichen Service. „Unsere Kunden haben wenig Zeit. Deshalb ist unser Ziel, ihnen alle Aufgaben rund um die Web-site abzunehmen“, erklärt Pott. Die über 1000 Websitebutler-Kunden, darunter Stroba Bau, Barber’s Berlin und Weilands Wellfood, erhalten so ohne viel Aufwand und zu niedrigen Preisen eine individuelle Website, die permanent von Profi s betreut wird. In Berlin hat Websitebutler auch Platz für Expansion, aus den 40 Mitarbeitern sollen bald noch mehr wer-den. Silicon Valley, München, Hamburg? Für Pott und seine drei Mitgrün-der kein Thema: „Berlin ist für uns perfekt, um Kontakte, Investoren, Mitarbeiter und natürlich auch neue Kunden zu fi nden.“

START-UP-METROPOLE BERLINAls Nährboden für Start-ups liegt derzeit Berlin vorn. Während München in den 1990er-Jahren die größere Attraktivität besaß, ist Berlin heute mit 600 Neugründungen in den vergangenen zwei Jahren laut Industrie-

DEUTSCHL AND HOLT MIT SEINER LOK ALEN

START- UP- DYNAMIK AUF IM RENNEN

UM DIE DIGITALE POLEPOSITION.

<Text> Anja Steinbuch

Von Zürich an die Spree:

GetYourGuide-Gründer

Johannes Reck (l.) und seine

Mitgründer Tobias Rein,

Martin Sieber und Tao Tao (v. l.)

starteten bescheiden und

laufen in Berlin zur

Höchstform auf.

Designen und pfl egen Websites mit ihrer

Spezialsoftware James: Philipp Gohlke, Malte

Sieb, Christian Pott und Hendrik Köhler (v.l.)

Viel Platz für digitale Kreativität: Im legendären

Café St. Oberholz in Berlin-Mitte werden Ideen

zum Erfolg geführt. SoundCloud, Betahaus und

sogar Zalando gehören dazu.

und Handelskammer eindeutig Spitzenreiter. In München waren es etwa 300 im selben Zeitraum. Die Quantität ist allerdings eher zweitrangig. Er-folgsentscheidend sind die Entwicklungschancen für die Unternehmer, die Kosten für Personal und Ausstattung und vor allem die Möglichkeit, Finanzierungsquellen zu erschließen. Alles Faktoren, die derzeit für Berlin sprechen.

100 Millionen Euro Risikokapital von namhaften Investoren wie KKR, Spark Capital und Nokia Growth Partners sammelte Unternehmer Johannes Reck für seine Idee ein, über eine App nicht nur Flug und Hotel zu buchen, sondern auch Stadtführungen und Theatertickets. Das Start-up GetYourGuide startete 2008 als Studenteninitiative mit 15 Mit-arbeitern in Zürich. Das Unternehmen wuchs schnell und beschäftigt inzwischen über 200 Mitarbeiter an den Standorten Berlin, Zürich, Rom und Las Vegas.

Geld von EOS, dem Weltmarktführer bei industriellen 3D-Druckern im Laser-Sinter-Verfahren, konnte das Start-up 3yourMind einwerben, eine Ausgründung der TU Berlin. Die Geschäftsidee der 3D-Druck-Ex-perten richtet sich an Konzerne und Mittelständler, die schnell und güns-tig Modelle und Kleinteile per 3D-Druck produzieren wollen. Siemens

Altmühltal meets Silicon Valley.

SCHWERPUNKT

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

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Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Gründerszene

„WIR BRAUCHEN EINE KULTUR DES

WAGNISKAPITALS IN DEUTSCHLAND.“

Christoph Keese, Executive Vice President Axel Springer SE

„DIE GRÜNDUNG EINES

START-UPS IST EINFACH, ABER

DIE ANSCHLUSSFINANZIERUNG

STELLT IN DEUTSCHLAND EIN

PROBLEM DAR.“

Iris Bröse, BITKOM

nenbau, der Kooperationen mit Start-ups sucht oder bereits praktiziert. Davon profi tiert die deutsche Szene. Zwei Drittel von Europas größten Konzernen haben direkt in Tech-Firmen investiert. Ein Drittel hat seit 2015 ein Start-up aufgekauft. Beispiele sind Allianz, Audi, BMW, Daimler, Munich Re und ProSiebenSat.1. Das sorgt für Tempo.

KULTUR DES WAGNISKAPITALS„Wir brauchen eine Kultur des Wagniskapitals in Deutschland“, fordert Christoph Keese, Executive Vice President von Axel Springer SE. Noch ist das fi nanzielle Ungleichgewicht frappierend: Rund 2,5 Millionen Men-schen leben im Silicon Valley, in dem 20 000 Start-up-Unternehmen be-heimatet sind, die 60 Milliarden Dollar Wagniskapital zur Verfügung haben. Auf Platz zwei folgt Tel Aviv mit etwa 4000 Start-ups bei knapp 450 000 Einwohnern und 3,6 Milliarden Dollar Venturecapital. Berlin zählt mit 3,5 Millionen Einwohnern nur rund 2000 Start-ups, die auf 700 Millio-nen Dollar Wagniskapital zählen können – das sind immerhin 30 Prozent aller Start-up-Unternehmen in Deutschland.

Aber: „Deutschland holt auf“, ist Iris Bröse überzeugt. Die Start-up-Expertin beim Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommuni-kation und neue Medien (BITKOM) erklärt: „In unserem aktuellen Start-up-Report hat rund die Hälfte der befragten Jungunternehmer bestätigt, dass sie wieder in Deutschland gründen würden. Nur 30 Prozent erwar-ten in den USA bessere Wachstumschancen.“

Schwierigkeiten made in Germany sieht Bröse in der zweiten Finan-zierungsphase: „Der Start ist auch bei uns relativ einfach. Aber die um-fangreichere Anschlussfinanzierung stellt in Deutschland weiter ein

Problem dar.“ Die steuerlichen Rahmenbedingungen seien gerade für internationale Investoren immer noch nicht attraktiv genug. Aber auch Bürokratie und Regulierungen seien hinderlich. Ein Beispiel: Das deut-sche Start-up fl inc aus Darmstadt, das wie eine virtuelle Mitfahrzentrale Fahrer und Mitfahrer per App in ganz Deutschland zusammenbringt, kämpft mit dem deutschen Personen beförderungsgesetz. Demzufolge müsste der fl inc-Fahrer, sobald er regelmäßig Fahrgäste mitnimmt, einen Beförderungsschein besitzen. Vorteile sieht Bröse andererseits im deut-schen Datenschutz. „Hier wird Deutschland international gelobt und als Vorreiter gesehen“.

DIGITALE HUBS ENTSTEHENAuch die US-Start-up-Szene ist nicht so monolithisch, wie es aus der Entfernung scheint. Neben dem Silicon Valley gibt es aktive Szenen etwa in Washington, Chicago und Boston. In Deutschland wird ebenfalls daran gearbeitet, lokale Zentren zu schaffen. Unter der Schirmherr-schaft des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel hat der BITKOM fünf sogenannte digitale Hubs, Cluster der digitalen Wert-schöpfung, initiiert: In Frankfurt wird die Digitalisierung der Finanz-branche vorangetrieben. In Dortmund steht die Logistikbranche im Zentrum in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut IML und dem Bun-desforschungsministerium. In Hamburg ist ebenfalls ein Logistik-Hub beheimatet, hier steht die maritime Wirtschaft Pate mit Unterstützung der Hafenwirtschaft.

3D-Druck für alle: 3yourMind-Gründer Aleksander Ciszek (l.) und Produktmanager Felix Bauer haben dank „German Accelerator“ ein Büro in San Francisco.

Anteil der Start-ups, die von

Frauen gegründet werden:

7,1 %ÖSTERREICH

13,9 %DEUTSCHLAND

33 %GROSSBRITANNIEN

So wie hier an der TU München entstehen bundes-

weit Orte für digitale Hubs. Digital oder analog

tre� en sich an diesen lokalen Scharnieren die Player

der digitalen Wertschöpfung.

nutzt ihre Dienste bereits, auch Architekten gehören zur Kundschaft, um Gebäudemodelle schneller herzustellen. „German Accelerator“, ein För-derprogramm der Bundesregierung, schickte die Macher jetzt in die USA, um ihrer Technik „den letzten Schliff“ zu verpassen. Inzwischen eröffnete das Start-up einen Standort in San Francisco, um zahlreiche neue Unternehmen aus innovativen Geschäftsfeldern auf die Software-lösungen von 3yourMind aufmerksam zu machen.

MEHR WAGNISKAPITAL, WENIGER VORSCHRIFTENViele aus der deutschen Start-up-Gemeinde schauen sehnsüchtigen Blicks über den Großen Teich ins Silicon Valley. Sie beneiden ihre kali-fornischen Kollegen um die Geschwindigkeit, mit der dort Wachstum möglich ist. Entrepreneure können innerhalb von Minuten eine Firma gründen, und auch die Beschaffung von Wachstumskapital dauert nur den Bruchteil der Zeit, die in Deutschland dafür benötigt wird. Mehr Wag-niskapital, mehr Kredite, weniger Vorschriften und vor allem mehr Tempo werden hierzulande einstimmig gefordert. Und es passiert etwas: Europa holt auf – davon ist auch Christian Leybold vom Risikokapitalgeber E.ventures überzeugt. Während Internetunternehmen früher auf regio-nale Märkte angewiesen gewesen seien, könnten sie heute schnell welt-weit expandieren – etwa wenn sie Apps für Smartphones anbieten.

Zugleich können sie günstig Dienste aus aller Welt nutzen. Und es gibt weitere Gründe: Immer mehr Geld fl ießt jetzt in die andere Richtung – aus den USA nach Europa. VC-Fonds eröffnen Dependancen in London, Paris und Berlin. Laut Studien kamen so 2016 rund 88 Milliarden Dollar in das europäische Deep-Tech-Segment – in dem Ideen für künstliche Intel-ligenz, das Internet der Dinge und Maschinelles Lernen entwickelt wer-den. Für diese technisch anspruchsvollen Bereiche gibt es in Deutschland beste Ausbildungsmöglichkeiten und deshalb gute Voraussetzungen.

Auch setzen immer mehr klassische Industrieunternehmen auf digi-tale Forschung. In Deutschland ist das vor allem der Auto- und Maschi-

Quelle: The Global Startup Ecosystem Report 2015

Quelle: www.bilanz.de

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In München geht es um die Zukunft der Mobilität. Dort sind BMW mit Unternehmerin Susanne Klatten maßgeblich beteiligt sowie der Inku-bator „UnternehmerTUM“, fl ankiert vom bayerischen Wirtschaftsminis-terium, dem Bundesverkehrsministerium und der Stadt. In Kombination mit einer Teststrecke für selbstfahrende Autos auf der Autobahn A9 zwi-schen München und Nürnberg sowie großen Automobilherstellern in Ingolstadt und München sind das beste Voraussetzungen für ein Silicon Valley der Mobilität im Altmühltal.

In Berlin schließlich sind das Internet of Things und die Digitalisie-rung des Finanzwesens Hauptthemen des regionalen Hubs. Mit Stand-ortkampagnen sollen weltweit Start-ups auf die Chancen in Deutschland aufmerksam werden. „Die Hubs bilden ein offenes digitales Ökosystem, in dem rund um die Leitindustrien Konzerne, Mittelständler und Start-ups zusammen mit Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Kapital-gebern die digitale Transformation gestalten“, so Iris Bröse.

UND DIE MITTELSTÄNDLER?Auch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, mittelständische Familien-unternehmen, forciert die Kooperation mit den „jungen digitalen Wilden“: Unter dem Namen La Famiglia haben sich Mitglieder deutscher Familien-unternehmen zu einem Wagniskapital-Fonds zusammengetan. Mit von der Partie sind Namen wie Siemens, Miele, Braun und die österreichische Familie Swarovski. Zum Netzwerk gehören neben den Geldgebern auch erfolgreiche deutsche Gründer wie Sebastian Pollok (Amorelie) und Sven Rittau (Zooplus). Fondsmanager Robert Lacher: „Wir möchten über Ge-nerationen erfolgreiche Unternehmen mit den schlauesten Gründern und besten Ideen zusammenbringen.“

Gefl ossen ist der Geldsegen bisher in sieben Unternehmen. Darun-ter sind das Versicherungs-Start-up Coya und der digitale Speditions-dienstleister FreightHub. Ein weiteres Ziel dieser Initiative der Old Economy: Bahnbrechende Ideen sollen unabhängig von den großen industriellen Geldgebern wachsen. Wissen und Kontakte aus der „Fa-milie“ sollen diese Ideen weiterbringen. Gleichzeitig hoffen die Inves-toren auf einen frühen Zugang zu neuen Technologien und digitalen Entwicklungen.

<Kontakt> [email protected]

<Link> www.t-systems.de/telekom/dt-strategic-investments

Die Chance, bei

der Venturecapital-

Verteilung dabei

zu sein, ist in den

Feldern Kommu ni-

kationstechnologie

und Life Siences

am größten.

Querdenker bevorzugt: Die

Mitarbeiter von GetYourGuide

suchen weltweit die besten

Stadtführer und Veranstal-

tungen für ihre Kunden.

Dafür gab es eine großzügige

Finanzspritze.

Die Deutsche Telekominvestiert in Start-ups

Mit der Tochter Deutsche Telekom Strategic

Investments (DTSI) hat die Telekom eine

Geschäftseinheit ins Leben gerufen, um

Investitionen in Technologie-, Medien-

und Telekommunikationsunternehmen zu

bündeln und zu beschleunigen. DTSI ist die

Weiterentwicklung von T-Venture, der strategi-

schen Venturecapital-Gruppe. Mit einem

Volumen von über 750 Millionen Euro ist die

1997 gegründete T-Venture einer der größten

Corporate-Venture-Capital-Fonds in der

Technologie-Industrie. Sie hat 200 Investitio-

nen getätigt und 90 Unternehmen im Portfolio.

Ein Beispiel ist das Start-up Kinexon aus

München. Die Bayern verbessern industrielle

Prozesse durch zentimetergenaue 3D-Lokalisie-

rung und Bewegungserfassung von Objekten

und Personen in der digitalen Fabrik – Koope-

ration mit der Telekom nicht ausgeschlossen.

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KONSUMGÜTER/ HANDEL

LIFESCIENCES

FINANZDIENST-LEISTUNGEN

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VERBRAUCHER-DIENST-

LEISTUNGEN

ENERGIE/UMWELT

KOMMUNIKATIONS-TECHNOLOGIE

ÜBRIGE7 %

23 %

19 %

11 %

4 %

INVESTITIONEN

VON DEUTSCHEN BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN

2015

COMPUTER-/ UNTERH.-ELEKTRONIK

Quelle: Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

837 MIO. €

SCHWERPUNKT

37

Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Roambee

Roambee

„IN VIER WOCHEN VOM WHITEBOARD ZUM DASHBOARD.“

Berlin, Hamburg, Köln – aber auch Silicon Valley. Roambee ist ein Beispiel dafür, wie T-Systems via Venturecapital gemeinsam mit Start-ups weltweit den globalen Marktangang junger Kreativer und intelligenter Lösungen vorantreibt.

Herr Sharma, Ihr Unternehmen Roambee lässt für das Internet der Dinge und Industrie 4.0 sozusagen Bienen fl iegen. Was hat es damit auf sich?So nennen wir unsere IoT-Devices. Denn sie verhalten sich wie Bienen – sie schwärmen aus, werden an Containern oder sonst wo angebracht, sammeln dort fl eißig Daten und bringen sie zurück auf unsere Cloud-Plattform, wo der Kunde, der Imker, sie auswerten kann. Unsere Lösung besteht aus drei Komponenten: einem GSM/GPS-Modul, das Daten in die Cloud sendet. Zweitens: einer Hardwareplattform, die sich mit den verschiedensten Sensoren ausstatten lässt. Und drittens: einer Batterie mit einem herausragenden Energiemanagement mit einer Lebensdauer von 90 Tagen bis zu sechs Jahren.

… diese Bienen schwärmen dann mit den Gütern und Waren aus, an denen sie befestigt sind, und erlauben „Track & Trace“. Einen derartigen Ansatz verfolgen ja viele Unternehmen derzeit.Das stimmt, aber Roambee geht gleich zwei Schritte weiter. Erstens ist unsere Plattform offen und kann eine größere Fülle an Sensordaten integrieren, etwa Informationen zu Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Er- schütterung oder Feuchtigkeit der transportierten Waren. Wenn der Kunde andere Wünsche hat, zum Beispiel den Kohlendioxidgehalt dauerhaft messen will, ist das auch kein Problem, wir managen das. Noch wichtiger als diese Vielseitigkeit ist aber der zweite Schritt: Wir sammeln nicht nur die ganzen Sensordaten, sondern sind anschließend in der Lage, diese mit den Daten aus vorhandenen Geschäftsappli ka-tionen, vor allem dem ERP, zu kombinieren und daraus dann die für Unternehmen richtigen Schlüsse zu ziehen.

Beispielsweise?Wir arbeiten mit großen Markenartiklern zusammen. Unternehmen, die riesige Warenmengen umschlagen. Für die ist es nicht nur wichtig zu wissen, wo ihre Güter in diesem Moment gerade sind, sondern auch, wann sie übergeben wurden. Hier kommen wir ins Spiel und können nach der korrekten Auslieferung sofort ans SAP-System signalisieren, dass der Rechnungslauf starten kann. Solche Firmen operieren zwar mit einer hohen Zahl an Gütern, aber mit geringen Margen. Hier lässt sich mit unserer Unterstützung der Rechnungslauf deutlich verkürzen und somit der Cashfl ow optimieren. Wir sprechen hier von bis zu neun Tagen weniger Zeitaufwand.

Und diesen Ansatz verfolgen Sie auch für das Internet of Things und die Industrie 4.0.Exakt, deshalb nenne ich IoT gerne auch „Integration of Things“ und nicht „Internet of Things“. Die gigantischen Datenmengen der Zukunft zu sammeln ist das eine. Entscheidend wird jedoch sein, die Informa-tionen vor allem mit dem ERP-System zu verknüpfen und daraus

die richtigen Ableitungen zu treffen. Hier geht es in erster Linie um Risikomanagement und Predictive Analytics.

Bei diesem Ansatz kommt dann auch T-Systems ins Spiel?Absolut. Unsere Kunden sind oft weltweit aufgestellt. T-Systems kann ihnen bessere Datentarife anbieten und für ein günstiges Roaming in 200 Ländern sorgen. Der zweite und besonders wichtige Wertbeitrag liegt darin, dass die Daten von den Bienen ja auch irgendwie in eine Cloud transportiert werden müssen. Hier fragen unsere Kunden verstärkt nach sicheren hybriden Cloud-Infrastrukturen, die darüber hinaus – wegen möglichst geringer Latenz – weltweit verfügbar sind, auch dies ist ein Argument pro T-Systems. Und last, but not least fl ießen die Daten von den Sensoren zumeist in ein SAP-System – hier muss man nicht lange recherchieren, wer zu den weltweit leistungsstärksten SAP-Partnern gehört, da landet man schnell bei T-Systems.

Wie wird sich das Investment von T-Systems weiter auswirken?Momentan sind wir in der Anlagenüberwachung und im Monitoring von Gütern sehr stark. Mit der IoT-Plattform von T-Systems werden wir aber in der Lage sein, unsere Services auch in vertikalen Branchen zu etablieren. Ich denke da etwa an das Monitoring von Aufzügen oder andere Arten von Predictive Maintenance.

Ist das auch der Grund, warum Sie im Zuge der Partnerschaft von AWS auf die Open Telekom Cloud gewechselt sind?Richtig. Unsere Kunden wollen Offenheit im Sinne einer Cloud, die interoperabel ist. Eine Cloud, die sie mit zusätzlichen Services etwa von EMC oder Cisco anreichern können. Und hier ist der Ansatz der Telekom mit der OTC deutlich vielversprechender.

Und was werden Sie mit Roambee in die Waagschale legen können?Unser Motto lautet: in vier Wochen vom Whiteboard zum Dashboard. Unsere Plattform benötigt keine Anlaufi nvestition, ist einfach verständlich und lässt sich als Service schnell dazubuchen. Mit uns können die Kunden von T-Systems schnell in das IoT eindringen. Gerade Industrie-unternehmen, die sich mit neuen Technologien mitunter schwertun, können daraus einen Nutzen ziehen. Sehr kostengünstig können diese Unternehmen Big Data und andere Technologien mit unserer Hilfe bündeln und einsetzen. Und als kleines Silicon-Valley-Start-up wird T-Systems dabei sicher von unserer Geschwindigkeit profi tieren, sodass wir bereits kommendes Jahr weitere Auslandsmärkte angehen werden.

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/news/roambee

roambee.com

Die intelligente

Logistiklösung von

Sanjay Sharma

nutzt die IoT-Plattform

von T-Systems.

<Interview> Sven Hansel

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Wo SorgfaltMethode hat. DARAN, DASS DEUTSCHE UNTERNEHMEN REIHENWEISE

ZUR WELTSPITZE Z ÄHLEN, HABEN FRAUNHOFER- FORSCHER

EINEN NICHT UNBETRÄCHTLICHEN ANTEIL. ABER IST DIE

DEUTSCHE WIRTSCHAF T INNOVATIV GENUG, UM BEI DER

DIGITALISIERUNG NICHT INS HINTERTREFFEN ZU GERATEN?

nicht passt? Vor allem daher, dass die Stärken Deutschlands überall dort liegen, wo wenig Gla-mour, aber viel Qualität gefragt ist. In hochwer-tiger und effi zienter Fertigung beispielsweise. Oder auch bei systemnaher Software, den „em-bedded systems“, mit denen unsere Industrie et-wa beim Automobilbau ihre Stärken ausspielt. Deutschlands tiefes Know-how im Bereich Sen-soren, Aktoren und Datenerfassung ist eine her-vorragende Ausgangsbasis für den Megatrend Industrie 4.0, hin zur sich selbst organisieren-den Fabrik(ation), die jederzeit agil auf Ände-rungswünsche bei der Produktion reagiert.

Visionen wie diese in marktreife Lösungen zu verwandeln ist der Auftrag von Fraunhofer. Ein konkretes Beispiel ist eine Technik unseres Instituts für Produktionsanlagen und Konstruk-tionstechnik IPK, bei der die gesamte reale Fertigungsanlage auf virtueller Ebene visuali-siert wird. Dabei registriert eine Vielzahl von Sensoren den Betriebszustand der Maschinen und gibt die Daten in industriekompatiblen Standardformaten und Protokollen an das Kon-trollzentrum weiter. So entsteht ein digitaler Zwilling, in dem der Mensch den Ablauf der Produktion nahezu in Echtzeit überblickt und bei Bedarf eingreifen kann. Im Ergebnis wird es damit möglich, Einzelstücke und Sonder-anfertigungen herzustellen, ohne dass deshalb die ganze Produktion gestoppt werden muss.

ARBEITEN AM HIGHSPEED-LIMIT 5GDoch dafür zwingende Voraussetzung – im Sinne von Industrie 4.0 – ist ein echtes High-speed-Internet mit kurzen Latenzzeiten. Des-halb arbeiten auch wir von Fraunhofer an der Mobilfunktechnik 5G, die mit mehr als zehn Gigabit pro Sekunde um den Faktor 100 schneller ist als aktuelle LTE-Netze. Damit sind Latenzzeiten von einer Millisekunde oder kür-zer realisierbar. Basierend darauf wird eine entscheidende Plattform für Echtzeitanwen-dungen geschaffen, die in der Telemedizin, bei selbstfahrenden Autos, im Bereich smartes Wohnen oder beim Einsatz in digitalen Fabri-ken unerlässlich für eine sichere Prozesssteue-rung sind. Ein komplexes Vorhaben, bei dem gleich mehrere Fraunhofer-Institute mit Firmen wie Ericsson, Huawei, Alcatel-Lucent oder der Deutschen Telekom eng zusammenarbeiten.Gleiches gilt für das Stichwort Sicherheit, dem im Kontext solch datenintensiver An-wendungen in Industrie und Wirtschaft eine

Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer leitete

über 20 Jahre lang das Fraunhofer-Institut

für Werkzeugmaschinen und Umformtech-

nik. Er ist einer der beiden Vorsitzenden des

Hightech-Forums, das die Bundesregierung

zu allen Themen der Hightechstrategie

berät. Seit 2012 amtiert er als Präsident der

Fraunhofer-Gesellschaft.

ES IST FAST schon zum Ritual geworden: die Klage über die angeblich mangelnde Inno-vationskraft in Deutschland. Vor allem unsere Mittelständler seien zu langsam und zu schwer-fällig, um sich gegen angloamerikanische oder asiatische Unternehmen durchzusetzen. Als Gegenbeispiel wird dann gerne das Start-up aus dem Silicon Valley angeführt, das mit ge-nialen Innovationen und disruptiven Geschäfts-modellen eine ganze Branche aufmischt. Was ist dran an solchen Klischees? Wie weit hinkt Deutschland – Stichwort digitale Transforma-tion – tatsächlich hinterher? Aus meiner Sicht bietet sich ein wesentlich differenzierteres Bild – und vor allem ein wesentlich positiveres

he rausragende Rolle zukommt. Ganz konkret ist es hier das von Fraunhofer initiierte Projekt „Industrial Data Space“. Ziel ist, gemeinsam mit Industriepartnern und Unterstützung der Bundesregierung einen sicheren vir tuellen Raum zu schaffen, in dem Unternehmen und Geschäftspartner gemeinsam an Projekten arbeiten und dabei Daten austauschen, ohne die Kontrolle über ihre Daten aus der Hand zu geben. Das funktioniert mithilfe von Software-konnektoren, die Informationen nur zwischen Partnern mit zertifi zierter Identität vernetzen. Somit behalten die Unternehmen ihre volle Datensouveränität. Die Feder führung bei „Industrial Data Space“ haben die Fraunhofer-Institute für Materialfl uss und Logistik IML so-wie für Software- und Systemtechnik ISST. Dies sind nur einige Beispiele für das immense Hightech-Know-how, das die deutsche Wirt-schaft in die Waagschale werfen kann.

Aber es gibt auch Schwachstellen, ergo eine To-do-Liste, die ich sehe. Bei Smart Data, also der Analyse und Mustererkennung in gro-ßen Datenbeständen, verfügen US-Unterneh-men über einen Vorsprung. Die Entwicklung komplexer Algorithmen für die Datenanalyse und Methoden für das Maschinelle Lernen, ins-besondere beim Deep Learning, sollten daher eine Top-Priorität werden. Auch deshalb haben wir bei Fraunhofer 28 unserer Institute zu einer Big-Data-Allianz zusammengeführt, die nicht nur an neuen Methoden des Maschinellen

<Gastbeitrag> Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer

für die deutsche Wirtschaft. Im Jahr 2015 haben Unternehmen etwa 157 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer Produkte investiert, mehr als je zuvor. 2017 sollen die Ausgaben auf 165,7 Milliarden Euro steigen. Der Anteil der Innovationsausgaben am Umsatz stieg auf drei Prozent, auch das ein neuer Höchststand. Allein diese Zahlen aus der aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsfor-schung (ZEW) belegen die hohe Innovations-kraft Deutschlands.

MISSVERSTÄNDNIS ZWISCHEN SOLL & ISTAber woher rührt dann das eher undifferenzier-te Bild, das zum Zahlenwerk des ZEW so gar

Lernens (insbesondere Deep Learning) for-schen, sondern auch Unternehmen darin unter-stützen, ihre Geschäf tsmodelle mit Big-Data-Lösungen zu optimieren. Ein weiteres Bei-spiel für unsere zahlreichen Initiativen ist das Fraun hofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS, das gezielt Schulun-gen für Data-Scientists und -Analysten anbietet.

HAND IN HAND MIT DER WIRTSCHAFT Schulungen, Trainings, Vorbereitungen sind ein Feld, das direkt zu einer der vielleicht wich-tigsten Stärken Deutschlands zählt: der Fähig-keit, technologische Herausforderungen sorg-fältig und methodisch anzugehen. Wenn die-serart „deutsche Gründlichkeit“ den Eindruck bedient, dass wir zu langsam seien, müssen wir uns besser verkaufen. Auch dazu jeden falls wird die Fraunhofer-Gesellschaft mit ihren knapp 70 Instituten, davon allein 20 IT-Institu-ten, ihre wissenschaftliche Exzellenz beisteu-ern und in engem Schulterschluss mit der Wirtschaft technologische Innovationen entwi-ckeln, die als Basis für neue digitale Geschäfts-modelle dienen. Und wenn es nach uns geht, sehr gern auch solche, die schnell den Weg auf die Straße fi nden.

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/

digitale-transformation

fraunhofer.de

Digitalisierung – Wer, was, wann, wo

Gastbeitrag_Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer

SCHWERPUNKT

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Friederike Buchheister, CIO des Asset-Management-Unternehmens CORPUS SIREO, und Sebastian Soloschenko, Account Manager bei T-Systems, über Multi-Vendor- versus Single-Provider-Strategien, Datenschutz und -sicherheit sowie das Erschließen neuer Geschäftsfelder in Kooperation mit T-Systems und Telekom Deutschland.

<Text> Thomas van Zütphen

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BEST PRACTICES

CORPUS SIREO

„EINE PARTNERSCHAFT VICE VERSA.“

Frau Buchheister, gerade erst haben Sie die T-Gallery besucht. Warum, und welche konkreten Ergebnisse haben Sie mitgenommen?Mit der Gründung des Teams Digital Transformation innerhalb der IT-Abteilung sind wir aktuell im Begriff der Implementierung einer Digita lisierungsstrategie. Dieser Prozess kann nur mit dem Business gemeinsam erfolgen. Der Besuch der T-Gallery mit dem Management-team von CORPUS SIREO sollte dazu dienen, neben den zahlreichen Ansprachen, die wir etwa von Start-ups bekommen, von außen weitere Impulse unseres Partners T-Systems zu erhalten. Mit dem Ziel, die bestmögliche Priorisierung unserer identifi zierten Digitalisierungs-maßnahmen gewährleisten zu können. Im Rahmen unserer Koope -rations vereinbarung ist die Telekom Design Gallery ein Baustein ge wesen – mit vielen Aha-Erlebnissen. Etwa mit Blick darauf, wie Immobilien heute schon, aber vor allem in Zukunft noch viel mehr digitalisiert werden. Unsere Aufgabe ist es nun, darauf basierend konkrete Use-Cases für unsere Kunden und unser Portfolio abzuleiten.

Die Digitalisierung rüttelt – wie viele andere – auch Ihre Branche aktuell durch. Wie reagieren Sie darauf?Sie haben recht in Sachen Durchrütteln, aber das macht uns keine Angst. Im Gegenteil: Wir tun viel, um unser Geschäftsmodell und die gesamte Organisation für die Digitalisierung fi t zu machen, denn wir sehen vor allem ihre Potenziale. Konkret, die Chance, unsere Effi zienz und unsere Innovationsfähigkeit zu steigern. Dabei gleichzeitig unsere Kunden besser zu verstehen und Services zu verbessern, indem wir vorhandene Daten intensiver analysieren und Ergebnisse intelligenter nutzen. Parallel dazu geht es immer darum, Talente zu sichern, Mit -arbeiter weiterzuentwickeln und über die Einführung neuer Technolo-gien Prozesse zu optimieren.

In Sachen Digitalisierung arbeiten Sie mit der T-Systems/Telekom in einer engen Kooperation. Wie sieht das genau aus?Die Idee einer derartigen Kooperation wurde zeitgleich geboren mit der Einführung von Salesforce.com als zentrale Plattform für

Fakten & Zahlen

Das Asset-Management-Unternehmen CORPUS SIREO

mit 560 Mitarbeitern gehört seit 2014 zur Schweizer Unter-

nehmensgruppe Swiss Life.

CORPUS SIREO. Mit der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen T-Systems und der Telekom Deutschland zielen wir auf eine gemeinsame Vermarktung der Real-Estate-Plattform ab. Mit dieser strategischen Partnerschaft bündeln wir unser Know-how über die gesamte Wertschöpfungskette der Immobilie mit demjenigen unserer Partner für Digitalisierung, Skalierung und Ausweitung von Geschäfts-modellen. Telekom und T-Systems haben das Ohr am Markt und können fl exibel auf dessen Anforderungen reagieren, sodass wir uns auf unser eigentliches Kerngeschäft konzentrieren können, um dieses mit unserem Kooperationspartner gewinnbringend für die Zukunft einzusetzen. Und das ist der Punkt: Wenn wir eine Real-Estate-Plattform haben wollen, möchte ich, dass a) sie sich rechtlich innerhalb der Vorgaben der

CIO-Talk_CORPUS SIREOBEST PRACTICES

41

Vita

Nach dem Jurastudium in Münster

begann Friederike Buchheister ihre be-

rufl iche Karriere 2005 mit dem Einstieg

in das Legal Department der Sireo Real

Estate GmbH. Mit der Fusion der Unter-

nehmen Corpus und Sireo übernahm

sie die Leitung des Corporate Procure-

ment, bevor sie nach einem Fach-

anwaltslehrgang für Informations-

technologierecht vor sechs Jahren

zum CIO des Asset-Management-

Unternehmens berufen wurde.

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Nach zahlreichen Migrationsprojekten der jüngsten Vergangen-heit – was sind Ihre ‚lessons learned‘, auch im Hinblick auf Ihre Anforderungen an IT-Dienstleister?Zuallererst, dass die Projekt- und Meilensteinpläne realistisch bleiben sollten. Insbesondere die ständige Kommunikation, das Ineinander-greifen von Leistungspfl ichten des IT-Dienstleisters und Mitwirkungs-pfl ichten des Kunden sowie die kundenseitige enge Steuerung sind der Schlüssel zum Erfolg eines jeden Migrationsprojektes. Außerdem ist die Überführung der Migrationsleistungen des Projektteams in den laufen-den Betrieb entscheidend. An dem Punkt endet das One-Face-to-the-Customer – Stichwort Single Vendor – naturgemäß sehr schnell, denn dafür ist T-Systems ein zu großer Tanker. Eine Herausforderung – und die gilt es jetzt anzunehmen – ist ganz sicher, gemeinsam Optimierungs-chancen für die Überführung auch zukünftiger Projekte auszuschöpfen. Zum Beispiel dadurch, mehr Verantwortung über mehrere Prozess-schritte hinweg gleichwohl bei denselben Personen zu belassen.

Wir prüfen zurzeit, wie wir unsere Prozesse umstellen könnten, um solche klassischen Reibungsverluste in der Kooperation zwischen Mittelständlern und Konzernen zu minimieren …… und das ist auch der absolut richtige Ansatz, denn die Lieferung „in time and budget“ unterliegt oftmals vielschichtigen Abhängigkeiten im Konzern. Hier sehe ich einen ständigen beiderseitigen Lernprozess, der nie für beendet erklärt werden darf. Das ist die eigentliche „lesson learned“.

Die Vorteile für Sie sind das eine, aber was haben Ihre Kunden davon?Der konkrete Benefi t für unsere Kunden liegt darin, dass wir aus der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit unserem Dienstleister pro -fessionelle Infrastrukturen, äußerst hohe Sicherheitsstandards und Datenintegrität et cetera gewährleisten und aus einer Hand anbieten können. Das schafft Vertrauen und ist bei Kunden ein gewichtiges Argument für deren Mandatsvergabe an uns.

In Ihrem Konzernverbund Swiss Life Asset Managers betreuen Sie Kundenvermögen im Wert von rund 63 Milliarden Euro. Unlängst haben Sie zusätzlich bei der deutschen Finanzaufsicht BaFin die Genehmigung für den Geschäftsbetrieb einer Kapitalverwaltungs-gesellschaft beantragt und bekommen. Inwieweit ändern sich dadurch die Prioritäten innerhalb Ihrer IT-Organisation?Zunächst steht in diesem Zusammenhang natürlich die Business-Stra tegie im Vordergrund. Im Kern geht es dabei um unseren Ausbau der Aktivitäten im deutschen Immobilienfondsmarkt. Konkret meine ich damit die Aufl age von offenen und geschlossenen Immobilieninvest-mentvermögen nach deutschem Recht für institutionelle Investoren nun auch über eine deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaft. Damit weiten wir unsere Geschäftstätigkeit deutlich aus. Für uns als IT bedeutete dies, den BaFin-Antrag explizit zu unterstützen. Das heißt, konkret darzulegen, was wir gemeinsam mit unserem Partner TSI getan haben, um dieses strategische Ziel in einem regulierten Umfeld auch tech nisch zu reali -sieren und mit Blick auf das IT-Set-up abzusichern. Allein an der Stelle kam unserer Single-Provider-Strategie große Bedeutung zu – sagen zu können, dass wir uns mit einer Vielzahl von Lösungen im Konzern Deutsche Telekom bewegen: angefangen bei allen TC-Leistungen (WAN, LAN, WLAN, VoIP, Internet, Firewalls, Mobilfunk und klassischem PSTN) über die verschiedensten Rechen zentrumsleistungen, egal ob klassisch, dynamisch, einfach gehostet oder auch aus der Telekom-Cloud, gemanagte IT-Arbeitsplätze und Mobile-Devices bis hin zu Application-Management-Services für SAP.

Das heißt, die BaFin prüft wie bei einer Due Diligence, welchen Beitrag die IT zur Absicherung eines neuen Geschäftsmodells leistet? Genau so. Auch die Tatsache, dass zehn Prozent unseres IT-Budgets in Security-Maßnahmen fl ießen, hat die Stabilität und Sicherheit unserer IT-Infrastruktur im BaFin-Antrag zusätzlich bekräftigt. Ebenso unser Schritt, CORPUS SIREO schon 2015 unter den Cyber-Defense-Schutz-schirm der DTAG zu stellen.

Als international operierendes Unternehmen sind Sie täglich mit grenzüberschreitendem Datenaustausch konfrontiert. Wie setzen Sie die datenschutzrechtlichen Anforderungen um?Bezogen auf alle Standorte im Konzernverbund der Swiss Life Asset Managers, also aktuell in der Schweiz, Frankreich, Luxemburg und im UK, ist das nationale Datenschutzrecht hier in Deutschland wohl das restriktivste. Darum richten wir unsere Messlatte in Sachen Datenschutz und Datensicherheit grundsätzlich am deutschen Standard aus.

BEST PRACTICES

43

CIO-Talk_CORPUS SIREO

Für T-Systems-Account-Manager Sebastian Soloschenko

gehören „persönliche Tre� en und Gespräche zum Fundament

für ein hohes Betreuungslevel“.

Gemeinsam mit T-Systems und der Telekom will

CORPUS-SIREO-CIO Friederike Buchheister eine Real-Estate-

Branchenlösung entwickeln und vermarkten.

deutschen Gesetze bewegt sowie insbesondere personenbezogene Daten geschützt sind und b) mein Kooperationspartner nicht allein in die Vermarktung einsteigt, sondern wir dabei sind und an den Erfolgen partizipieren. Dann wird eine Win-win-Situation daraus, das ist fair und „Partnerschaft vice versa“, wie sie sein soll. Dafür sehe ich mit unserer Kooperationsvereinbarung sehr gute Chancen. Erste Anfragen von Wett-bewerbern zeigen mir: Unsere Idee geht auf.

Sie haben die Digital-Service-Plattform Salesforce.com schon genannt. Zu welchem Zweck, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Resultat nutzen Sie die Plattform?Das ist wirklich ein großes Thema für uns, denn damit ist CORPUS SIREO – wie ich es sehe – Anfang 2016 in das digitale Zeitalter gestartet. Der Vision „one application for all business units“ folgend, haben wir damit beginnen können, über eine cloudbasierte Plattform die Hetero -ge nität unserer Applikationslandschaft zu optimieren. Im ersten Schritt sind wir dabei, fünf autarke CRM-Systeme abzulösen sowie immobilien-wirtschaftliche Prozesse zu automatisieren. Das verschafft wirklich Luft, wenn Sie sich insbesondere Reduktion der Komplexität und Stei-gerung der Effi zienz der gesamten Organisation als Ziel gesetzt haben. Doppelte oder dreifache Datenhaltung, alte Excel-Templates, Stand-alone-Softwarelösungen, die nicht releasefähig und damit auch nicht zukunftsfähig sind, all diese Themen wollen wir damit lösen. Fernziel ist dabei die Schaffung der eingangs genannten Real-Estate-Plattform mit der Abbildung sämtlicher Prozesse über die Wertschöpfungskette der Immobilie hinweg mit CORPUS SIREO als First Mover. Dies bedeutet, eine Plattform zu implementieren, die alle Prozesse, vor allem rund um das Asset-, Portfolio- und Fondsmanagement, automatisiert und digitalisiert abbildet. In meiner Idealvorstellung können wir das vielleicht schon in zwei Jahren erreichen.

Das klingt ambitioniert. Was ist dafür nötig? Zuallererst eine sehr enge Zusammenarbeit mit unseren Business-Units. Denn ohne klare Defi nition der Geschäftsprozesse und, auf der anderen Seite, deren Bereitschaft, an dieser Plattform mitzuarbeiten sowie diese zu nutzen, können wir als IT alleine nicht viel bewegen. Aber da sind uns Telekom und T-Systems auch sehr gute Impulsgeber, wenn es um aktuelle Markttrends und das Thema Change-Management geht.

Stichwort Kosteneinsparpotenziale, konkret beim aktuellen CRM-Change – realisiert sich das?Ja, durchaus, aber nicht direkt im ersten Jahr. Da hat man viele Migrations-themen, Initialaufwände der Projekte und Lizenzkosten. Demgegenüber stehen aber sofortige Einsparungen, das heißt, Quick Wins. Wenn wir nur von unseren fünf CRM-Lösungen sprechen – da löst man fünf Software-pfl egeverträge ab, reduziert zugleich den internen Aufwand durch eine Lösung um 80 Prozent, alles Kosten, die man massiv abbaut. Ein anderes Beispiel ist unser erstes Projekt, welches nach einer Implementierungs-phase von nur sechs Monaten im Juni live gegangen ist, unser Acquisition

Tool, das den Ankaufsprozess von Immobilien abbildet. Da haben wir eine Excel-Liste – mit wie viel tausend Zeilen – jetzt für die Kollegen mit einer automatisierten Version abgelöst. Also, unsere Erwartung ist, dass sich der ROI nach zwei bis drei Jahren einstellt.

CORPUS SIREO bezieht in einem komplexen IT-Umfeld sehr viele ICT-Dienstleistungen aus einer Hand. Warum?Wir kommen aus einer IT-Welt, in der wir eine Multi-Vendor-Strategie gefahren sind, die aber beim Zusammenschluss von Corpus und Sireo 2007 nicht mehr unseren Ansprüchen an Flexibilität gerecht wurde. Im Zuge einer IT-Strategieentwicklung und der daraus resultierenden Neuausschreibung unter anderem von Housing-Leistungen haben wir uns dann businessplanunterstützt für eine Single-Provider-Strategie entschieden. Das ist die für uns eindeutig wirtschaftlichste Lösung, die uns darüber hinaus viele Vorteile bietet – etwa Reduktion interner Aufwände für die Dienstleistersteuerung, Generierung von mehr Effi zienz und die Tatsache, dass T-Systems uns die gesamte Bandbreite der ICT-Leistungen aus einer Hand anbieten konnte. Nicht zuletzt fi el die Entscheidung aber auch aufgrund der damit erreichten sehr hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards des Konzerns DTAG.

„CORPUS SIREO UNTER DEN CYBER-

DEFENSE-SCHUTZSCHIRM DER DTAG ZU

STELLEN WAR DER RICHTIGE SCHRITT.“

Friederike Buchheister, CIO CORPUS SIREO

Kunden-Lieferanten-Modelle verändern sich dynamisch. Was ist Ihre Vision in der gemeinsamen Zusammenarbeit mit T-Systems in fünf Jahren?Die Vision ist, alle Leistungen des Outsourcings und der Digitalisierung zukunftssicher aus einer Hand zu erhalten, begleitet durch unsere Kooperationspartner und deren Partnernetzwerk. Hiermit folgen wir der Business-Strategie, um im Verbund der Swiss Life Asset Managers der größte Real-Estate-Asset-Manager Europas zu sein, unterstützt durch die Telekom-Kooperation als First Mover und Innovator mit fl exiblen, agilen Digitalisierungsmodellen, die den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen.

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/referenz/corpus-sireo/salesforce

www.t-systems.de/bestpractice/corpus-sireo-cyber-defense

corpussireo.com

<Video> www.t-systems.de/gebuendeltes_know-how

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BEST PRACTICES

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Innovative Mittelständler

Innovative Mittelständler

DREI RÄDCHEN IM INNOVATIONSMOTOR.

Der Mittelstand ist Deutschlands Innovationsmotor. Aber was heißt das konkret? Zum Beispiel, die Kofferabgabe an Flughäfen zu automatisieren – dank digitaler Gepäckanhänger. Für dieses Projekt mit T-Systems und Airbus kürte die Munich Stra tegy Group den Kofferhersteller Rimowa zum innovativsten Mittelständler Deutschlands 2016. Aber auch viele andere mittel ständische Betriebe sind dabei, den digitalen Fortschritt für sich zu nutzen. Wir haben drei Unternehmer gefragt, wo und wie sie schon digital denken.

<Text> Yvonne Nestler

„MIT DEM DIGITALEN AUSBAU WIRD UNSERE

STADT LEBENSWERTER UND ALS

UNTERNEHMENSSTANDORT ATTRAKTIVER.“

Daniel Zimmermann, Bürgermeister der Stadt Monheim

„IN MONHEIM AM RHEIN sind wir mit großen Schrit-ten und kompetenten Partnern dabei, die Stadt zu ei-ner Smart City mit Modellcharakter zu entwickeln. Zu einer hervorragenden Infrastruktur und zu schnellen Verkehrsanbindungen gehören im 21. Jahrhundert auch moderne Datenautobahnen. Der Versorgung der Bürgerschaft und unserer Unternehmen mit schnellem Internet messen wir eine ähnlich hohe Bedeutung bei wie der Elektrifi zierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam mit unserer städti-schen Tochtergesellschaft MEGA sind wir daher da-bei, bis Ende 2018 ein fl ächendeckendes Glasfaser-netz im Stadtgebiet aufzubauen – fl ankiert durch ein ebenso lückenloses WLAN-Angebot mit über 200  Accesspoints, die die Stadt zu einem einzigen großen Hotspot verschmelzen werden. Schon heute gibt es in Monheim am Rhein digitale Bausteine wie papierlose Gremienarbeit im Rathaus, tabletunter-stützten Schulunterricht, einen mobilen Mängelmel-der sowie ein WiFi-Portal als informative Einstiegs-plattform in das rund um die Uhr kostenlos bereit-gestellte WLAN-Netz der Stadt. Digitale Ampelsteue-rungen und ein modernes Parkleitsystem werden folgen. In einem weiteren Pilotprojekt haben wir in Zusammenarbeit mit der MEGA und der Deutschen Telekom bereits begonnen, die Lampenköpfe unserer Straßenlaternen auszutauschen und mit zeitgemäßer LED-Technik zu bestücken. Optisch haben sich die historisch anmutenden Altstadtlaternen dabei über-haupt nicht verändert, obwohl der Stromver-brauch um 70 Prozent gesenkt wurde. Ein schöner Nebeneffekt. Doch uns faszinieren vor allem die weiteren technischen Mög-lichkeiten. Über das Lichtma-

nagement der Telekom lassen sich die miteinander ver-netzten Lampen nun aus der Ferne dimmen und in der Weihnachtszeit oder zu anderen festlichen Anlässen in ein besonders stimmungsvolles Licht tauchen. Kontroll-fahrten am Tage bei eingeschalteter Straßenbeleuch-tung gehören der Vergangenheit an. Technische Ausfäl-le melden die Laternen nun selbst. Die Kontrolle kann damit vom Schreibtisch aus erfolgen. Mit dem weiteren digitalen Ausbau werden wir unsere Stadt noch lebens-werter und als Standort für Unternehmen noch attrakti-ver machen, als sie heute schon ist.“

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/blickwinkel/

smart-city-monheim

monheim.de

Stadt Monheim

WO STRASSENLATERNEN 70 PROZENT ENERGIE SPAREN.

des Stromverbrauchs

der Kommunen

verursacht herkömmliche Straßen-

beleuchtung, schätzt die

Deutsche Energie-Agentur

(dena). Durch die Umrüstung auf

LED ließen sich 80 Prozent

dieser Energie einsparen.

Quelle: dpa

40 %

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BEST PRACTICES

47

Innovative Mittelständler

„SEIT FAST 125 JAHREN baut und verkauft Schmitz Cargobull Lkw-Anhänger. Der digitale Wandel eröff-net uns aber ganz neue Servicemöglichkeiten. Inno-vationen entstehen dabei zumeist aus unserem Ver-ständnis für die Herausforderungen unserer Kunden. Das gilt besonders für das Telematiksystem Trailer-Connect, mit dem Transport- und Logistikunterneh-men Anhänger und Aufl ieger online via GSM im Blick haben und steuern können.

Disponenten und Planer, die eine Vielfalt von Transportaufträgen zu managen haben, stehen wie-derkehrend vor diversen Herausforderungen. Ob es die einfache Ortung von Trailer und Ladung ist oder die Zulieferung von Echtzeitdaten für das Transport-managementsystem, Telematikdaten eröffnen eine hohe Bandbreite und einen großen Nutzen. Hiermit sind stets Kostenoptimierungspotenziale in Flotten- und Logist ikmanagement verbunden. Beides bedingt einander. Logistik kann nur ohne Prozess-lücken funktionieren, wenn das technische Flotten-management funktioniert.

Heute sind rund 40 000 Trailer von uns vernetzt. Und was bringt die Zukunft? Im nächsten Schritt wird die Branche den gesamten Logistikprozess digital ab-bilden müssen. Und hierbei spielen Telematikhard-

„INNOVATIONEN ENTSTEHEN ZUMEIST AUS

UNSEREM VERSTÄNDNIS FÜR DIE

HERAUSFORDERUNGEN UNSERER KUNDEN.“

Karl-Heinz Neu, Geschäftsführer Schmitz Cargobull Telematics

Um zukünftig den gesamten Logistikprozess

digital abzubilden, spielen für Schmitz

Cargobull und seine Kunden Telematik,

Sensorik und die damit erhobenen Daten

eine herausragende Rolle.

ware, Sensorik und die damit erhobenen Daten eine extrem wichtige Rolle. Abgleich der Planungen mit Echtzeit der Telematik – und hieraus Ableitung von Maßnahmen zur Prozessoptimierung. Das braucht es künftig für die Optimierung der Logistik. Welche Daten dann auf welchen Plattformen zusammengefasst wer-den, das wird sich zeigen. Schmitz Cargobull hat mit seinen Services – Telematik, Flottenmanagement-lösungen und den dazugehörigen IT-Plattformen – eine gute Grundlage gelegt, um hier vorn dabei zu sein.“

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/travel-transport-logistics

www.cargobull-telematics.com

„SECURITYMASSNAHMEN WIE

DDOS-DEFENCE MÜSSEN ZUR SELBST-

VERSTÄNDLICH KEIT WERDEN.“

Daniel Zippel, Manager des Medienunternehmens ZIPPEL MEDIA

ZIPPEL MEDIA

MIT DDOS-DEFENCE AUFDER SICHEREN SEITE.

Schmitz Cargobull

MIT 40 000 TRAILERN IN DIEVERNETZTE ZUKUNFT.

3,62 Millionen

klein- und mittelständische Unternehmen gab es

2015 in Deutschland, das entspricht

99,6 Prozent aller deutschen Unternehmen.

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft: Digitalisierung und Mittelstand

„VOR EINIGEN MONATEN war unser Anschluss plötz-lich blockiert, kein Kunde konnte uns mehr erreichen, und unsere Mitarbeiter hatten keinen Zugang zum Internet. Der Grund: ein sogenannter Dis tributed-Denial-of-Service (DDoS)-Angriff. Unser Anschluss wurde mit 40 000 Anfragen pro Sekunde aus Asien regelrecht beschossen, die Firewall war überfordert, die Server brachen zusammen. Unsere ersten Abwehr versuche brachten kaum Entlastung, unser IT-Leiter wandte sich schließlich an die Telekom.

Der Provider kann den schädlichen Verkehr be-reits im Backbone des Netzes löschen. Dadurch tref-fen nur so viele Daten auf den Anschluss, wie dieser verarbeiten kann. Gemeinsam mit der Telekom haben wir dann über Filterlisten geregelt, welche Anfragen noch zulässig sein sollen. Nach einigen Tagen ließ der DDoS-Angriff nach, und die Telekom schaltete unseren Anschluss wieder transparent. Ein Vorfall, den wir nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn gerade zu Produktionszeiten, wenn wir hohe Daten-mengen an Kunden oder Dienstleister übermitteln müssen, kann ein solcher Ausfall sehr teuer werden. Deswegen haben wir nun den Service DDoS-Defence der Telekom gebucht. Sobald sich der Datenverkehr ungewöhnlich entwickelt, rufen wir die Telekom an, die innerhalb von zwei Stunden erste Abwehrmaß-nahmen einleitet.

Unsere Erfahrung ist also: Um im digitalen Zeit-alter wettbewerbsfähig zu bleiben und den Anforde-rungen unserer Kunden jederzeit zu entsprechen, ist es gerade auch in der Dienstleistungsbranche entscheidend, für höchste Netz- und Serviceverfüg-barkeit zu sorgen. Insbesondere auch Securitymaß-nahmen wie DDoS-Defence müssen zur Selbstver-ständlichkeit werden.“

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/loesungen/ddos-defence

zippelmedia.com

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Herr Molck-Ude, Sie haben die Gründung der Next Generation Enterprise Network Alliance, kurz ngena, mitinitiiert. Warum?Molck-Ude: Multinationale Unternehmen wünschen sich globale Netz-dienste, die hochqualitativ, sicher, schnell verfügbar und einfach zu managen sind. Diesen Wunsch wollen wir mit unserer internationalen Netzstrategie noch besser erfüllen. Dazu investieren wir massiv in eigene Infrastruktur – und setzen gleichzeitig auf starke Kooperationen. Als Mitglied der FreeMove Alliance kann T-Systems mobile Kommu-nikationslösungen in mehr als 100 Ländern anbieten, mit einheitlichen Tarifen, Services, Verträgen und zentralem Ansprechpartner. Und im Festnetz setzen wir auf zusätzliche Reichweite über Partnernetze und global standardisierte, schnell bereitgestellte Netzdienste dank ngena. Denn bisher ist es kompliziert und zeitaufwendig, standort-übergreifende Firmennetze zu managen: Selbst große Telekommu ni-kations anbieter kaufen Infrastruktur zum Teil von anderen Carriern zu. Das kostet Zeit, und die Angebote variieren je nach Region.

Wie sieht Ihre Lösung aus?Molck-Ude: Wir haben das erste Sharing-Economy-Modell für Netzwerke entwickelt. Man kennt diese „Wirtschaft des Teilens“ zum Beispiel von Uber, Airbnb oder der Star Alliance aus dem Bereich der Luftfahrt. Wir verknüpfen die Netze verschiedener Carrier zu einem Weltnetz.

ERSTES „STAR ALLIANCE“-MODELL FÜR GLOBALE NETZE.

Die Netzallianz ngena verknüpft die Netze ihrer Partner – ganz im Sinne der „Ökonomie des Teilens“. So ermöglicht sie erstmals ein weltweit standardisiertes Netzportfolio, das sich per Klick

bereitstellen lässt. Was sich genau dahinter verbirgt, erklären ngena-Geschäftsführer Dr. Marcus Hacke und T-Systems-Geschäftsführer und Netze-Chef Patrick Molck-Ude.

Hacke: Dabei dient ngena als globales Bindeglied zwischen den Carriern und ihren Netzen. Den Kern der Allianz bildet eine eigenstän-dige GmbH, die ihre Dienste den Netzbetreibern anbietet – welche sie wiederum an Unternehmen weitervermarkten. Hierfür betreibt ngena eine leistungsfähige weltweite Plattform, welche die Carrier-Netze verbindet. Über diese werden globale VPNs einheitlich zur Verfügung gestellt. Die Architektur basiert auf Software Defi ned Networking (SDN) und dem konsequenten Einsatz von Virtualisierungstechnologien mit Network Functions Virtualization (NFV).

Welche Vorteile haben Unternehmen durch die verknüpften Netze?Hacke: Das Netzmanagement wird deutlich einfacher. Zum einen, weil wir global einheitliche Netzdienste anbieten. Zum anderen, weil wir diese höchst fl exibel, agil und effi zient bereitstellen – dank SDN und NFV. Früher musste man etwa eine neue Firewall als Hardware an einen

<Interview> Yvonne Nestler

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BEST PRACTICES

49

ngena

„FRÜHER MUSSTE MAN ETWA EINE NEUE

FIREWALL ALS HARDWARE AN EINEN

UNTERNEHMENSSTANDORT SCHICKEN.

IN ZUKUNFT KÖNNEN WIR SIE ALS

SOFTWARE PER KLICK AKTIVIEREN.“

Dr. Marcus Hacke, Geschäftsführer ngena

Unternehmensstandort schicken. In Zukunft können wir sie als Software per Klick aktivieren. Höchste Sicherheit garantiert eine standardmäßige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.Molck-Ude: Ein solches Angebot lohnt sich besonders für Unternehmen, die viele Standorte in verschiedenen Ländern haben und deren Stand -ortstruktur sich häufi g ändert.

Zum Mobile World Congress 2016 ist ngena mit vier Partnern gestartet: der Deutschen Telekom, CenturyLink, Reliance Jio und SK Telecom. Gibt es neue Partner und Fortschritte bei der technischen Umsetzung?Molck-Ude: Ganz offensichtlich trifft das Geschäftsmodell „Weltnetz“ einen Nerv: Inzwischen zählt ngena zehn weitere Partner, darunter seit Dezember auch PCCW Global und Neutrona. Damit kann die Allianz bereits Nord- und Südamerika, weite Teile Europas und einige Regionen Asiens abdecken. Das Ziel, Unternehmen in allen Ländern bedienen zu können, ist nicht mehr weit entfernt.Hacke: Auch mit der technischen Infrastruktur sind wir gut voran-gekommen. Wir haben erfolgreich einen Ende-zu-Ende-Test über den gesamten IT-Stack durchgeführt, inklusive der Produktionsplatt form. In Frankfurt gibt es schon einen „Produktiv-Hub“, also den ersten Netzknoten für das Backbone. Bis April 2017 soll es weitere Hubs geben – in den USA und Asien –, bis Ende 2017 insgesamt circa zehn.

Und ab wann steht das Weltnetz multinationalen Unternehmen zur Verfügung?Hacke: Zu Beginn des dritten Quartals 2017 wird das erste ngena-Produkt zur Verfügung stehen: ein hybrides VPN mit Anbindungen der

Kundenlokationen auf Basis von Internet und Ethernet. Schrittweise folgen weitere Zugangsformen, Mehrwertdienste sowie eine erhöhte Länderabdeckung. Ab Mitte 2018 können unsere Partner aus dem gesamten Produktkatalog schöpfen: von kostengünstigen Anbindungen für Point-of-Sale-Standorte bis hin zu voll redundanten, ethernetbasie-renden Anbindungen für Rechenzentren. Wir setzen das ngena-Port folio dank agiler Entwicklungs- und Produktionsmethoden in deut lich kürzeren Zyklen um als bisher möglich.Molck-Ude: Die Produktentwicklung von T-Systems läuft parallel: Sobald das erste Angebot von ngena zur Verfügung steht, bieten wir es auch unseren Kunden an. Genauso ist es bei allen kommenden ngena-Diensten. Denn sie ergänzen mit ihrer hohen Standardisierung und der innovativen SDN- und NFV-Technologie perfekt unser be steh -endes Telekommunikationsportfolio. Und in den Kundengesprächen im vergangenen Jahr hat sich schon gezeigt: Das Angebot von ngena stößt auf großes Interesse.

<Kontakte> [email protected]

[email protected]

<Links> www.t-systems.de/loesungen/netzallianz

ngena.net

Entwickelten gemeinsam das erste Sharing-

Economy-Modell für Netzwerke: Patrick Molck-Ude (l.)

von T-Systems und Dr. Marcus Hacke von ngena.

„WIR VERKNÜPFEN DIE NETZE VERSCHIE-

DENER CARRIER ZU EINEM WELTNETZ.“

Patrick Molck-Ude, T-Systems-Geschäftsführer TC Division

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RUD GruppeBEST PRACTICES

51

RUD Gruppe

UNTERNEHMEN IN ECHTZEIT STEUERN.

SAP-Anwender sind gespalten. Während die einen SAP S/4HANA als strategisch wichtig für ihr Unternehmen bewerten, betrachten andere das IT-System lediglich als ein neues Release. Dabei ermöglicht die In-Memory-ERP-Suite, Geschäftsprozesse in Echtzeit zu steuern und neue Geschäftsmodelle und Kundenservices einzuführen.

5. JANUAR 2017: Das Tief Axel bringt Eiseskälte nach Deutschland. Nach einem milden Start in den Winter verursachen Schneeverwehungen, Sturmböen und Blitzeis vor allem in Oberbayern zahlreiche Unfälle. Ohne Schneeketten geht in den Bergen nichts mehr – weder bei den Schnee-räumfahrzeugen noch bei den Urlaubern auf dem Weg ins nächste Ski-gebiet. Primetime für den Familienkonzern RUD, einen der führenden Hersteller von Gleitschutzketten für Pkw und Nutzfahrzeuge.

Im Gegensatz zu manchem Autofahrer ist das Unternehmen aus dem schwäbischen Aalen jedoch bestens vorbereitet auf den plötzli-chen Einbruch der Polarluft aus Sibirien – unter anderem durch SAP HANA und Datenauswertung in Echtzeit. Denn der Hidden Champion hat 2015 damit begonnen, seine bestehende IT-Landschaft zu moder-nis ieren und aus einem Rechenzentrum in Stut tgar t in e in T-Systems-Data-Center umzuziehen. „Dabei haben wir direkt auf SAP HANA gesetzt, da wir dank der In-Memory-Technologie und der Echt-zeitauswertung von Daten einige zentrale Geschäftsprozesse weiter

Bereits im Herbst 2014 hatte die Deutsche Telekom RUD in der Kate-gorie Kostenreduktion für seine Software-as-a-Service-Lösung RUD-ID-Net mit dem „Cloud Champion Award“ gekürt. „Wir statten unsere Kettenteile seit Jahren mit RFID-Chips aus und können so weltweit Daten über deren Zustand auslesen. Unsere Kunden wissen damit jederzeit über die Qualität unserer Produkte Bescheid. Die Prüfmanagementsoft-ware aus der Cloud unterstützt perfekt unsere Geschäftsstrategie und Vision einer technologischen und qualitativen Innovationsführerschaft“, erklärt Demeter.

REPORTS MIT MEHR DETAILTIEFERUD steht mit dem Wechsel auf SAP HANA erst am Anfang. Schritt für Schritt will der global aufgestellte Mittelständler die Vorteile der Echtzeit-datenverarbeitung auf weitere Geschäftsprozesse ausdehnen – und die Produktions- sowie Vertriebsaktivitäten vollständig in das globale ERP-System SAP S/4HANA integrieren. Zum Beispiel wird das Unternehmen Finanzprozesse wie Accounting, Reporting, Cash-Management oder -Pla-nung digitalisieren. Zuvor hatte der Kettenhersteller dafür DB2 als Daten-banksystem genutzt. „Darüber hinaus profi tieren wir von einer neuen Geschwindigkeit und einer größeren Detailtiefe, da Daten aus Verkauf, Materialmanagement und Produktionsplanung in das integrierte Be-richtswesen einfl ießen“, sagt IT-Chef Demeter.

Die Umstellung auf SAP S/4HANA ist eine technologische Reise, die Unternehmen die Chance bietet, ihre Systemlandschaften auf den Prüf-stand zu stellen, zu entschlacken und zukunftsfähig aufzustellen. In Ver-bindung mit Fiori-Apps und mobilen Endgeräten stellt das System Geschäftsführern und Bereichsleitern etwa relevante Daten zum Re-porting wie Bilanz und GuV überall und in Echtzeit zur Verfügung. „So haben Kunden die Möglichkeit, unterschiedliche Planungsszenarien ad hoc durchzuspielen und datenbasierte Entscheidungen zeitnah herbei-zuführen. Entlang der Funktionen Einkauf, Produktion/Logistik und Ver-trieb nutzen kaufmännisch Verantwortliche über ihre mobilen Endgeräte ein operatives Reporting zu Waren- oder Kassenbeständen und treffen somit ihre Entscheidungen antizipativ“, erklärt Teoman Bingül, der als SAP-HANA-Experte von T-Systems das RUD-Projekt begleitet.

Bei der Migration auf SAP S/4HANA handelt es sich also nicht ein-fach um ein Upgrade auf eine neue Version eines alten ERP-Systems. Vielmehr ist der Umstieg ein digitales Transformationsprojekt, da Unter-nehmen mit SAP HANA und der Echtzeitverarbeitung von Prozessdaten den größtmöglichen Nutzen aus der Digitalisierung erzielen können. So rechnen laut einer Studie von Pierre Audoin Consultants (PAC) aus dem November 2016 rund 60 Prozent der befragten Anwender damit, dass

Die Nachfrage nach RUD-Produkten,

Schneeketten zum Beispiel,

kann schnell wie Blitzeis ansteigen.

Mit SAP HANA haben die

Mit arbeiter stets in Echtzeit die Lager-

bestände ihrer Kunden im Blick.

verbessern und beschleunigen können“, sagt Zoltan Demeter, IT-Chef von RUD, und ergänzt, dass alle Prozesse im Unternehmen darauf aus-gerichtet seien, die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen und deren Nut-zen zu maximieren. Demeter: „Diese kundenorientierte Strategie ist einer unserer großen Erfolgsfaktoren.“

KUNDENSERVICE IN ECHTZEITBeispiel Vertrieb und Lagerverwaltung. Die Vertriebsmitarbeiter sind mit Tablet-PCs samt Zugriff auf das ERP-System ausgestattet. Sie er-kennen vor Ort beim Kunden, ob bestimmte Produkte von RUD auf La-ger sind, übertragen Bestellungen direkt ins System und stoßen ad hoc die Produktion fehlender Teile an. Da SAP HANA sämtliche Daten in Echtzeit verarbeitet, haben die Mitarbeiter immer einen Blick auf die aktuellen Lagerbestände. Die Vertriebler sind damit gegenüber dem Kunden jederzeit auskunftsfähig, was die Servicequalität von RUD nochmals verbessert.

SAP S/4HANA zu einer Senkung der Betriebs- und Wartungskosten füh-ren wird. Und ein Drittel der Befragten sieht in der In-Memory-ERP-Suite eine Plattform für digitale Geschäftsmodelle.

ROADMAP FÜR DEN UMSTIEG AUF SAP S/4HANADennoch gibt es auch Vorbehalte. Dazu zählt etwa der schwer abschätz-bare Aufwand für die Umstellung. Teoman Bingül rät daher, gemeinsam mit dem Kunden zunächst eine Roadmap zu entwickeln. Dazu gehöre die Analyse der aktuell genutzten Systeme mit einem 360-Grad-Scan. Auf den Prüfstand kommen dabei auch die vorhandenen Datenbestände. Ziel ist es, deren Volumen und Komplexität zu verringern, indem zum Bei-spiel aktuell nicht mehr benötigte Daten archiviert werden.

Das spart neben Zeit auch Geld. Konkret bei RUD hat die Umstellung der bisherigen IT-Landschaft inklusive des Umzugs in ein anderes Rechen-zentrum die Kosten um rund eine Million Euro pro Jahr gesenkt. Die IT-Betriebskosten treiben auch andere Unternehmen dazu an, bestehende SAP-Installationen auf SAP HANA zu migrieren. So kommt die Studie „Pro-jected Cost Analysis of the SAP HANA Platform“ der US-Marktforscher Forrester am Beispiel einer Musterfi rma zum Ergebnis, dass diese damit die IT-Kosten um insgesamt 37 Prozent reduzieren kann: um mehr als 70 Prozent für Software, 15 Prozent für Hardware und 20 Prozent für Ad-ministration und Entwicklung. Die Ergebnisse beruhen auf Interviews mit vier Unternehmen, die SAP HANA bereits längere Zeit im Einsatz hatten, sowie einer Umfrage bei 25 weiteren SAP-Anwendern.

Dabei legt Forrester dem Modellfall ein Fertigungsunternehmen mit 40 000 Beschäftigten zugrunde, in dem die Größe der SAP-BW-Daten-bank 40 Terabyte, die der SAP-ERP-Datenbank zehn Terabyte und die der Datenbank für Eigenentwicklungen zwei Terabyte umfasst. In dem Szenario wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen im ersten Jahr SAP BW auf die SAP-HANA-Plattform umzieht, SAP ERP im Jahr darauf und die kundeneigenen Applikationen schließlich im dritten Jahr.

Eines trifft auf alle durch SAP HANA unterstützten Prozesse zu: Un-ternehmen werden durch schnellere Datenfl üsse agiler und verbessern so ihren Kundenservice sowie die Servicequalität. Noch haben viele Fir-men dafür nicht die Grundlagen geschaffen, sondern verwalten Prozesse und Informationen in Silos. Dafür nehmen sie in Kauf, dass die Durchgän-gigkeit von Abläufen und eine Gesamtsicht auf ihr Unternehmen kaum möglich sind. Das wird sich ändern. So haben laut einer Marktanalyse von PAC vom Oktober 2016 41 Prozent der Unternehmen konkrete Pläne, SAP S/4HANA in den nächsten Jahren einzuführen. Sie bewerten die neue Produktgeneration von SAP nicht länger als reines Release, sondern als strategisch wichtig und Ankerpunkt für ihre digitale Transformation.

<Kontakt> [email protected]

<Links> www.t-systems.de/loesungen/sap-hana

rud.com

<Text> Roger Homrich

RUD

ist ein deutscher Familienkonzern mit etwa 1700 Mitarbeitern

und Standorten in mehr als 120 Ländern auf allen Konti-

nenten. 2015 erzielte das schwäbische Uunternehmen mit

der Produktion von Ketten zum Fördern, Heben, Ziehen,

An schlagen und Zurren sowie Gelände-, Reifenschutz- und

Schneeketten einen Umsatz von rund 190 Millionen Euro.

Ausgezeichnet als „Hidden Champion des 21. Jahrhunderts“

konnte RUD bereits mehrfach im IT-Bereich punkten und

zusätzlich zum nationalen Software-Preis „Best in Cloud 2013“

auch den international renommierten „Cloud Champions

Award“ erringen.

„MIT SAP HANA PROFITIEREN WIR VON

EINER NEUEN GESCHWINDIGKEIT

UND GRÖSSERER DETAILTIEFE UNSERES

INTEGRIERTEN BERICHTSWESENS.“

Zoltan Demeter, IT-Chef der RUD Gruppe

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Herr Kasulke, wie kam es zur Idee, den Verein Zero Outage Industry Standard zu gründen, nachdem T-Systems das Qualitäts-programm schon 2011 im Unternehmen etabliert hat?Vor etwa einem Jahr haben mein Kollege Kai Brachmann und ich aus gutem Grund philosophiert, wie man in Zukunft vorgehen könnte, um Incidents zu verhindern. Dabei kam die Idee auf, fort vom Gedan ken „Wir diktieren anderen, wie sie es zu machen haben“ und Lösun gen lieber im Ansatz „Wir defi nieren gemeinsam mit Lieferanten und Part-nern, wie es besser laufen könnte“ zu suchen.

Ab wann profi tieren die Kunden vom Zero-Outage-Industrie-standard und mit welchen Vorteilen konkret?Die Kunden profi tieren erst dann, wenn die Mitgliedsunternehmen ihre Komponenten oder ihre gesamten Systemlösungen auf dem Zero-Outage-Standard basieren lassen. Dann wird es für den Kunden interessant. Konkret heißt das: Wenn ein Hersteller wie Cisco anfängt, seine Geräte in der Zero-Outage-Version rauszugeben, die dann be- sonderen Reife- und Testverfahren unterliegen und deutlich weniger fehleranfällig sind, können Systemintegratoren wie T-Systems Lösungen zusammenstellen, die ausschließlich aus Zero-Outage-Komponenten der Partner bestehen.

Wie haben Sie Schwergewichte wie Cisco, Dell EMC oder SAP davon überzeugt, dem Verein beizutreten? Bei SAP etwa hat es nicht lange gedauert. Warum? SAP bietet selbst auch integrierte Systemlösungen an und hat daher exakt die gleichen Herausforderungen zu meistern wie T-Systems. Bei Partnern, die nicht selbst als Integrator auftreten, mussten wir jedoch etwas Überzeugungs-arbeit leisten. Das wichtigste Argument ist, dass sie sich viel Support-aufwand ersparen und ihren Kunden eine höhere Gesamtverfügbarkeit anbieten können. Dafür ist der Kunde in der Regel auch bereit, einen höheren Preis zu zahlen.

Zero Outage Industry Standard

„DAS IST EIN TRAUMHAFTER ERFOLG.“

Stephan Kasulke, Senior Vice President Quality bei T-Systems und Vorsitzender des neu gegründeten Vereins Zero Outage Industry Standard, zum Fortschritt des T-Systems-Qualitätsprogramms als branchenweiter Industriestandard.

Gibt es Signale weiterer Firmen, sich ebenfalls anschließen zu wollen? Spannend ist, dass IBM neu mit dabei ist, und zwar als Gesamt-unternehmen inklusive der Professional Services, Hardware und Software. Das ist ein toller Erfolg. Wir führen aktuell auch einige Gespräche mit interessierten Unternehmen und werden schon in Kürze neue Partner begrüßen dürfen.

Was sind die nächsten Meilensteine des Vereins? Im ersten Schritt folgen mit Release zwei und drei weitere konkrete Veröffentlichungen des Standards im Frühjahr und Winter 2017. Diese sind fachlich spannend, da jetzt auf der Technologieebene Layer für Layer sukzessive Standards gesetzt werden. Hier haben wir eine Roadmap, und in jedem Release geht es damit stark weiter.

Was bedeutet Ihnen persönlich die Wahl zum Vorsitzenden des Vereins?Es bedeutet primär eine hohe Verantwortung. Deshalb fordert es nun viel Zeit und Energie, um das Thema in eine Reife zu überführen, von der an das Ganze von alleine läuft. Darüber hinaus sehe ich die Aufgabe aber auch als Chance: Wenn man bedenkt, dass Best Practices aus dem internen Qualitätsprogramm von T-Systems zum Industriestandard gewachsen sind, dann ist das natürlich die Erfüllung eines Traums. Wer hätte das vor fünf Jahren gedacht? Ich, ehrlich gesagt, nicht.

<Kontakt> [email protected]

<Link> www.t-systems.de/zero-outage/industriestandard

<Video> www.t-systems.de/kasulke_industry_standard

Stephan Kasulke ist erster Vorsitzender

des neu gegründeten Vereins

Zero Outage Industry Standard.

„Zero Outage – Kompromisslose Qualität in der IT im

Zeitalter der Digitalisierung“ von den Autoren Stephan

Kasulke, Senior Vice President Quality von T-Systems, und

Jasmin Bensch, Executive Consultant ITIL und Leiterin

des Stabs Quality von T-Systems. ISBN: 978-3-658-14221-6.

Ab sofort erhältlich im Verlag Springer Gabler.

BEST PRACTICES

53

Open-Telekom-Cloud-Truck

Das technische „Portfolio“ der

Open Telekom Cloud präsentieren

T-Systems-Experten interessierten

Unternehmen auf Wunsch in

einem „Cloud-Truck“ vor deren

eigener Haustür.

Open-Telekom-Cloud-Truck

DIE CLOUD ZU BESUCH.

Wenn Wolken reisen: Wochenlang war der Open-Telekom-Cloud-Truck in ganz Europa unter-wegs. Beim Stopp auf dem Gelände der Allianz in Unterföhring zeigten Experten von T-Systems, welches Potenzial die Public Cloud für die Versicherungsbranche birgt.

CLOUD-COMPUTING WIRD SEINEM NAMEN NUR ALLZU GERECHT. Denn ähnlich wie eine echte Wolke ist eine IT-Cloud nur schwer greifbar. Mit dem Open-Telekom-Cloud-Truck von T-Systems soll sich das ändern: Ende Januar machte der Sattelschlepper unter anderem Station bei der Allianz Deutschland AG in Unterföhring bei München, wo Experten von T-Systems interessierten Besuchern die Einsatzmöglichkeiten der Cloud direkt vor Ort erläuterten.

Großer Andrang. Hunderte Mitarbeiter der Allianz informierten sich über das Public-Cloud-Angebot im Truck – vom IT-Fachangestellten über den CIO bis hin zu einigen Vorständen. „Die Open Telekom Cloud ist wie gemacht für die Versicherungsbranche. Etwa für die Risikobewertung, die oft spontan extreme IT-Kapazitäten beansprucht“, sagt Dieter Vollmar, Head of Solution Sales IT Data Center Services bei T-Systems. „Die Vielfalt an Möglichkeiten und Partnern, die T-Systems in einem Ökosystem bietet, war mir in diesem Ausmaß bis dato nicht bekannt“, sagte Jörg Treiner, IT-Chefarchitekt der Allianz Deutschland, nach seinem Besuch im Truck.

Essenziell dabei nicht nur für Versicherungen: Vertrauen in Sachen Datensicherheit und Datenschutz. Eine der meistdiskutierten Fragen lautete daher: Wie stellt man die Sicherheit der Kundendaten sicher? Vollmar: „Klare Antwort: mit zertifi zierten, hochsicheren Rechenzentren und Datenschutz nach strengsten deutschen Bestimmungen. Damit genießen wir ein Vertrauen bei unseren Kunden, das im Wettbewerb einzigartig ist.“

Der Open-Telekom-Cloud-Truck tourt noch bis Mitte des Jahres quer durch Europa – und kommt auf Wunsch auch zu Ihrem Unternehmen. Senden Sie dazu einfach eine unverbindliche Anfrage an [email protected] mit dem Betreff „Open-Telekom-Cloud-Truck“.

<Kontakt> [email protected]

<Link> www.t-systems.de/loesungen/open-telekom-cloud

<Text> Miriam Theilacker

<Text> Sebastian Mainzer

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6 GB Smartphone-Datenvolumen sind in

Deutschland durchschnittlich für 30 Euro

zu erhalten. Damit liegt Deutschland

im internationalen Ranking auf Platz

zwölf. Spitzenreiter sind Dänemark,

Finnland und Polen, wo zu dem Preis ein

unbegrenztes Volumen erhältlich ist.

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45 Prozent

der Deutschen nutzten 2016

E-Government-Angebote.

In der Schweiz waren es 66,

in Österreich 74 Prozent.

Good to know

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4,5 Prozent

betrug 2014 der Anteil der Exporte

der Informations- und

Kommunikationstechnik am

deutschen Gesamtexport.

In China waren es 25,9 Prozent.

103 Tage dauerte es 2015 in Deutschland,

um eine freie Stelle im Informatik -

bereich zu besetzen.

63 Prozentder Eltern schulpfl ichtiger Kinder

in Deutschland würden ihrem

Sohn oder ihrer Tochter abraten, ein

Start-up zu gründen.

10,7 Millionen Bits pro Sekunde (Mbps) betrug die durchschnittliche

Download-Geschwindigkeit 2015

in Deutschland. In den USA lag sie

bei 11,7 Mbps, in Japan bei 16,4.

4 der 80 deutschen Unternehmen, die im DAX 30

und MDAX 50 gelistet sind, haben

bislang einen Chief Digital Offi cer.

78,8 Milliarden Euro zusätzliches Wertschöpfungspotenzial

durch Industrie-4.0-Technologien werden

in Deutschland allein für die Branchen

Maschinen- und Anlagenbau (23,04),

Elektrotechnik (12,08), Automobilbau

(14,8), chemische Industrie (12,02),

Landwirtschaft (2,78) und ITK (14,05)

bis 2025 erwartet.

Der Nutzungsgrad des Internets

an deutschen Schulen liegt bei

66 Prozent. In Schweden liegt der Wert

bei 88 Prozent.

Mehr oder weniger

NEUN FAKTEN ZWISCHEN RÜCKSTAND UND AUFBRUCH.

Page 29: AUGUST-WILHELM SCHEER WOLFGANG CLEMENT … · Beziehungsgefl echt als unterhaltsame Mindmap, Grafi k und Glossar zugleich – für alle, die das Begriffswirrwarr nicht mehr ertragen

esl. ondel opf. s u.ir sprechen auch fachchinesisch.

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