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Informationen aus der Evangelischen Kirche der Pfalz Nummer 147 · 1/2016 · www.evkirchepfalz.de P 3730 F Von der Ersten in die Eine Welt Schwerpunkt: Reformation und die Eine Welt – Internationale Dimension im Blick Ich gebe zu, dass ich in der Ersten Welt geboren wurde. So jedenfalls wurden in den 1960er Jahren die marktwirt- schaftlichen Industriestaaten bezeichnet – im Gegensatz zu den staatswirtschaftlichen Ländern, die man als „Zweite Welt“ betrachtet hat. Folgerichtig wurden die als wenig oder unterentwickelt angesehenen Staaten in Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika als Länder der „Dritten Welt“ angesehen. Diesen Begriff lernte ich in den 1970er Jahren kennen, als unweit meiner Schule der erste „Dritte-Welt-Laden“ öff- nete. Gegründet hatten ihn engagierte Kirchenleute, und ich begriff, dass dies nicht einfach ein Laden für besonders bit- ter und kräftig schmeckenden Kaffee aus Nicaragua war, sondern schlicht ein Fachgeschäft für Fairen Handel. Den Laden gibt es immer noch. Der Name hat sich verän- dert. „Eine-Welt-Laden“ steht auf dem Schild. Und es macht darauf aufmerksam, dass sich unser überheblicher Blick auf den Rest der Welt verändert hat. Durch vielfältige Verflech- tungen wächst die Welt zusammen. In der aktuellen Flücht- lingssituation rückt die Eine Welt uns nahe. Grund genug, sich wenige Monate vor dem Jubiläumsjahr auch die inter- nationale Dimension der Reformation vor Augen zu führen. Und die beginnt vor unserer Haustür. Wolfgang Schumacher

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Informationenaus der Evangelischen Kirche der Pfalz

Nummer 147 · 1/2016 · www.evkirchepfalz.de P 3730 F

Von der Ersten in die Eine WeltSchwerpunkt: Reformation und die Eine Welt – Internationale Dimension im Blick

Ich gebe zu, dass ich in der Ersten Welt geboren wurde. Sojedenfalls wurden in den 1960er Jahren die marktwirt-schaftlichen Industriestaaten bezeichnet – im Gegensatz zuden staatswirtschaftlichen Ländern, die man als „ZweiteWelt“ betrachtet hat. Folgerichtig wurden die als wenig oderunterentwickelt angesehenen Staaten in Afrika, Asien, Süd-und Mittelamerika als Länder der „Dritten Welt“ angesehen.

Diesen Begriff lernte ich in den 1970er Jahren kennen,als unweit meiner Schule der erste „Dritte-Welt-Laden“ öff-nete. Gegründet hatten ihn engagierte Kirchenleute, und ichbegriff, dass dies nicht einfach ein Laden für besonders bit-

ter und kräftig schmeckenden Kaffee aus Nicaragua war,sondern schlicht ein Fachgeschäft für Fairen Handel.

Den Laden gibt es immer noch. Der Name hat sich verän-dert. „Eine-Welt-Laden“ steht auf dem Schild. Und es machtdarauf aufmerksam, dass sich unser überheblicher Blick aufden Rest der Welt verändert hat. Durch vielfältige Verflech-tungen wächst die Welt zusammen. In der aktuellen Flücht-lingssituation rückt die Eine Welt uns nahe. Grund genug,sich wenige Monate vor dem Jubiläumsjahr auch die inter-nationale Dimension der Reformation vor Augen zu führen.Und die beginnt vor unserer Haustür. Wolfgang Schumacher

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Liebe Leserinnen und Leser,

ImpressumInformationen für Presbyterien und Mitarbeiter-schaft der Evangelischen Kirche der Pfalz

Redaktion: Wolfgang Schumacher (verantwort-lich), Anke Herbert, Christine Keßler-Papin, Gerd Kiefer, Dr. Martin Schuck, Dorothee Wüst

Mitarbeiter dieser Ausgabe:Arne Dembek, Marc Reusch, Marianne Wagner

Titelfoto: Freude über die Rettung: Flüchtlinge in Italien (Foto: Mediterranean Hope)

Herausgeber:Evangelische Kirche der Pfalz;Landeskirchenrat – Öffentlichkeitsreferat –Domplatz 5, 67346 Speyer;Telefon: 06232 667-145; Fax: 667-199;[email protected]

Verlag und Herstellung:Verlagshaus Speyer GmbH,Beethovenstraße 4, 67346 Speyer

www.evkirchepfalz.dewww.facebook.com/evkirchepfalz

die Reformation vor 500 Jahren ist eineWeltbürgerin. Auch wenn sie ihre Ur-sprünge bei uns hat, ist sie keine mit-teleuropäische Angelegenheit geblie-ben. Sie hat globale Wirkung erzielt.Für über 400 Millionen Menschenweltweit sind die Ereignisse in Witten-berg und vielen anderen StädtenEuropas zur Wurzel ihrer Religion ge-worden.

Das Themenjahr 2016 der Reforma-tionsdekade nimmt diesen Aspekt auf:„Reformation und die Eine Welt“. Esmacht deutlich: Kirchliches Sein undHandeln in der Region ist immer bezo-gen auf die eine Kirche in der EinenWelt. Anschaulich zeigen die vorliegen-den „Informationen“, wie in unsererpfälzischen Landeskirche dieser Bezugzu der Einen Welt Gestalt gewinnt.

Zunächst natürlich durch unserePartnerschaften, die wir mit verschie-denen Kirchen weltweit pflegen: mitden Presbyterianischen Kirchen in Gha-na und Korea, mit der EvangelischenKirche im Lande Papua und der Evan-gelischen Lutherischen Kirche in Boli-vien. Wir brauchen einander alsSchwestern und Brüder unterschiedli-cher Kulturen und Traditionen und pro-fitieren voneinander.

Aber auch in der Arbeit mit Ge-meinden fremder Sprachen und Her-kunft, die unter uns leben, kommt un-sere Verbundenheit in der Einen Weltzum Ausdruck. Wir gehen auf evangeli-sche Christen aus anderen Ländern zu,die zu uns gekommen sind, und wollenihnen bei uns Heimat unter dem Dachder Landeskirche bieten. Dafür habenwir mit dem Beauftragten unserer Lan-deskirche, Arne Dembek, einen hervor-ragenden Botschafter.

Nicht zuletzt ist unser Engagementfür Menschen in Not Zeichen der Ver-antwortung, die wir für die Eine Welt

wahrnehmen. Im Herbst 2015 hat dieLandessynode ein Maßnahmenpaketzur Flüchtlingshilfe verabschiedet. Mitdem jährlichen Etat von rund einerMillion Euro werden schwerpunktmä-ßig Beratungs- und Hilfsangebote aus-gebaut und Ehrenamtliche qualifiziertund begleitet. Kirchengemeinden, die inder Flüchtlingsarbeit besonders heraus-gefordert sind, erhalten über unseren„Härtefond“ finanzielle Unterstützung.

Des Weiteren beteiligt sich die Lan-deskirche an dem Hilfsprojekt „Medi-terranean Hope“ des Evangelischen Kir-chenbundes in Italien, das besondersschutzbedürftigen Flüchtlingen –schwangeren Frauen, Kindern und Ju-gendlichen - eine sichere Reise nachEuropa ermöglicht. Mit Mitteln aus derDiakonie-Katastrophenhilfe reagierenwir auf akute Notlagen wie die Dürre-katastrophe in Ostafrika, einer Folgedes Klimawandels. Dort sind Menschenvon einer Hungerkatastrophe bedrohtund brauchen unsere Unterstützung.

In all den hier aufgeführten Projek-ten und Aktionen drückt sich unsereVerbundenheit mit der Einen Welt aus.Sie ist für uns Gabe und Aufgabe zu-gleich. Mein herzlicher Dank gilt denvielen Ehren- und Hauptamtlichen, diesich in unserer Landeskirche mit Herz-blut für die Eine Welt engagieren unddamit ein überzeugendes Zeichen fürunsere christliche Weltverantwortungsetzen.

Manfred Sutter, Oberkirchenrat

InhaltViel voneinander lernen 3Christine Keßler-Papin

Afrika im Hinterhof 5Arne Dembek

Studium im Libanon 6Wolfgang Schumacher

Ein weites Herz 7Marc Reusch

„Ich bin angekommen“ 8Arne Dembek

Ein „internationaler Gast“ 9Christine Keßler-Papin

Brückenbauer 10Wolfgang Schumacher

Rettung an der Küste 11Christine Keßler-Papin

Salz der Erde sein 12Marianne Wagner

Globalisierung der Theologie 13Martin Schuck

Namen und Nachrichten 14

Streifzüge durch Kirchen der Pfalz 16

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Viel voneinander lernenLandeskirche und Institut der Universität Mainz arbeiten zusammen

Die Leiterin des Missionarisch-Ökume-nischen Dienstes Pfalz (MÖD) hat daherim Themenjahr „Reformation und dieEine Welt“ eine Partnerschaft mit deman der Mainzer Universität angesiedel-ten „Center for Intercultural Theology“ins Leben gerufen. Das Zentrum unterder Leitung des TheologieprofessorsVolker Küster, von Haus aus Pfarrer derpfälzischen Landeskirche, beleuchtetdie interkonfessionellen, interkulturel-len und interreligiösen Dimensionendes christlichen Glaubens.

„Es machen sich kaum noch Theolo-giestudierende auf, um ein oder zweiSemester in den Ländern Afrikas, Asiens

und Lateinamerikas zu verbringen unddie dortigen Kirchen und Theologienkennenzulernen. Umgekehrt kommenauch viel seltener Studierende aus die-sen Kirchen nach Deutschland“, stelltKüster fest. Dies sei eine „ungemeineVerarmung der europäischen Theologieund unseres kirchlichen Lebens“. Nachseinen Worten sind dafür äußere Grün-de wie restriktivere Studienordnungenund fehlende Stipendien mitverant-wortlich. „Es hat aber auch etwas mitVerunsicherung und Rückzug ins Pro-vinziale zu tun“, so Küster. „Dagegenwollen wir etwas tun. Die interkulturel-le Zusammenarbeit nicht nur auf der

wissenschaftlichen Ebene, sondern un-ter Einbeziehung kirchlicher Partner istdafür richtungsweisend.“

Zum Auftakt der engeren Zusam-menarbeit zwischen dem MÖD und dem„Center for Intercultural Theology“ hieltReverent In, Myung-Jin von der Presby-terian Church of Korea einen Vortragzum Thema „Wo ich Jesus Christus traf:Mein Kampf für Demokratisierung undsoziale Gerechtigkeit im Licht des Evan-geliums“. Pfarrer In ist einer der Pioniereder Demokratie- und Menschenrechts-arbeit in seinem Heimatland, aus derdie Minjung-Theologie hervorging, diekoreanische Variante der Befreiungs-theologie. Für Küster und Wagner ist er„ein Held“: In war Sprecher der „Natio-nalen Front für Demokratisierung“, die1987 ein Ende der Militärdiktatur inKorea herbeiführte, und gründete dieGalilee-Church, eine Kirchengemeindemit einem klaren sozialdiakonischenund missionarischen Profil.

„Missionswissenschaft reflektiert die Begegnung mit dem kulturell und reli-giös Fremden aus der Binnenperspektive im Licht des christlichen Sendungs-auftrages“, heißt es etwas wissenschaftlich-sperrig auf der Homepage derEvangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz. Gleichwohl sind esgerade die globalen Grenzüberschreitungen des christlichen Glaubens, für diesich die pfälzische Pfarrerin für Weltmission und Ökumene, Marianne Wag-ner, besonders interessiert.

Interkulturelles Lernen: Pfarrer Florian Gärtner predigt in einem Gottesdienst in Südkorea. (Foto: lk)

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Lul Abdi Mohamed,

genannt Lula, aus Somalia.

Lebt in Neustadt.

… dass alle Menschen trotz unter-schiedlicher Sprachen, Hautfarbenoder Kulturen auf demselben Planeten– also der Erde – in Frieden leben. DieWelt gehört uns nicht. Wir sind ledig-lich Gast auf dieser Erde und tragen dieVerantwortung für ihre Bewahrung. Je-der Mensch sollte leben können, wo erwill und sein Leben unabhängig vonzum Beispiel politischen Umständengestalten können. Das bedeutet, dasspolitische oder nationale Grenzen keinHindernis für die Mobilität der Men-schen auf dieser Welt sein sollen.

Welman Boba, Pfarrer

aus Indonesien. Lebt mit

seiner Familie in Landau.

Mitarbeiter des Missiona-

risch-Ökumenischen

Dienstes Pfalz.

… „Eine Welt“ ist für mich schön! „EineWelt“ ist für mich, eine Heimat zu ha-ben. „Eine Welt“ bedeutet für mich, mitallen Menschen in Frieden zusammen-leben zu können.

Jaemie Sitzmann, Musike-

rin, geboren in Seoul, lebt

mit ihrer Familie in Kai-

serslautern. Mitarbeiterin

des Missionarisch-Öku-

menischen Dienstes Pfalz.

… Unabhängig von unserer Herkunftsind wir alle Reisende auf dieser Erdeauf dem Weg zu Gott. „Eine Welt“ be-deutet für mich, diesen Weg mit ande-ren Reisenden gemeinsam zu gehen,uns gegenseitig Hoffnung zu geben,uns zu helfen und zu lieben, mit Gottin unserer Mitte.

‰ Umfrage: Eine Welt bedeutet für mich …

Künftig soll es nach Wagners Vor-stellung auch eine engere Zusammen-arbeit zwischen dem MÖD, den Mis -sions wissen schaften der UniversitätMainz, dem Presbyterian College andTheological Seminary in Seoul und dem

Partnerkirchenbezirk Yeoung-deung-Pogeben. „Kirchen, Universitäten undLänder arbeiten auch über das Schwer-punktjahr hinaus eng zusammen – dasist unser Ziel“, sagt die Pfarrerin. „MitKorea verbindet uns in Deutschlandviel“, meint Marianne Wagner mit Blickauf die jüngere Geschichte, in derenFolge beide Länder geteilt wurden. „Wirkönnen voneinander lernen und unsgegenseitig ermutigen.“

Oberkirchenrat Michael Gärtner un-terstützt diese Bemühungen: „Für un-sere Pfarrerinnen und Pfarrer ist eswichtig, die Ökumene im Blick zu be-

halten. Es geht darum, die vielfältigenFormen kennenzulernen, in denen sichdie christliche Kirche unter den ver-schiedenen Lebensumständen jeweilsneu ausprägt“, sagt der Bildungsdezer-nent der pfälzischen Landeskirche. FürTheologiestudenten sei es eine großeBereicherung, dies an der UniversitätMainz bereits während des Studiumskennenlernen zu können“, so Gärtner.

Die Beziehungen der EvangelischenKirche der Pfalz zur PresbyterianChurch of Korea (PCK) begannen An-fang der 1980er Jahre, im Jahr 2000wurde eine Partnerschaftsvereinbarungunterzeichnet. Es gibt eine intensiveBegegnungsarbeit zwischen demYoung-Deung-Po-Presbytery, einem dergrößten Kirchenbezirke in Seoul, undder Landeskirche. Der Protestantismuskam Ende des 19. Jahrhunderts nachKorea. Die PCK ist mit rund 2,2 Millio-nen Mitgliedern eine der größten Kir-chen Koreas, insgesamt sind rund 25Prozent der Koreaner Christen. Die Ge-meinden sind autonom und zeichnensich durch ein hohes ehrenamtlichesEngagement aus. Christine Keßler-Papin

‰ Hinweis:Weitere Informationen im Internet un-ter: www.moed-pfalz.de; http://www.ev. theologie.uni-mainz.de

Vielfältige Verwirklichungsformender christlichen Kirchen ‰ Zur Person:

Dr. Volker Küster ist Professor für Re-ligions- und Missionswissenschaftan der Evangelisch-TheologischenFakultät der Universität Mainz undhat dort das „Center for InterculturalTheology“ aufgebaut. Der gebürtigeLudwigshafener wurde 1999 zumPfarrer der Evangelischen Kirche derPfalz ordiniert.

Dr. Volker Küster

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Die Gemeinderäume liegen im Hinter-hof einer alten Industriebaracke undsind für die Gemeinde inzwischen zuklein geworden. Etwa 70 Männer, Frau-en und Kinder, die aus verschiedenenLändern Afrikas stammen, zwängensich in den hellblau gestrichenenRaum, in dem vorne auf einer Art Büh-ne das Pult des Redners steht, hinterihm eine Band, die den Gottesdienstmusikalisch begleitet. Der Pastorspricht mit markanter Stimme mal ein-fühlsam, mal voller Kraft: Er sprichtfrei, kommt den Menschen nah und ist– wie der ganze Gottesdienst – sehrcharismatisch.

Die Gemeinde in Ludwigshafen ist invielerlei Hinsicht typisch für afrikani-

sche Migrantengemeinden insgesamt.Ihre Mitgliederzahl liegt meist irgendwozwischen zehn und 100 Personen. Aller-dings sind die bei den sonntäglichenGottesdiensten (die in der Regel mehre-re Stunden dauern) auch alle anwesend.Der Pastor ist oft nicht durch eine theo-logische Ausbildung im klassischen Sin-ne zu seinem Amt gekommen, sondernvor allem, weil er sich als vom HeiligenGeist berufen versteht und von der Ge-meinde auch als geistliche Autorität ak-zeptiert wird. Nicht selten wird er zärt-lich und respektvoll zugleich „Papa“ ge-nannt. An der Seite des Papstes stehenhäufig andere Gemeindemitglieder, diespezielle Gaben und Ämter haben, zumBeispiel als Vorsänger oder Bibellehrer.

In vielen Gemeinden wird täglichProgramm angeboten: Männer- oderFrauentreff; Chor- oder Bandprobe;Tanzgruppe oder Bibelschule und soweiter. Immer jedoch geht es auch da-rum, miteinander zu beten, in der Bibelzu lesen und zum Lobe Gottes zu sin-gen. Die Gemeinde ist für viele ein Ort,an dem sie – fern ihres geografischenHerkunftslandes – eine geistliche undsoziale Heimat finden können (das istübrigens in Auslandsgemeinden derEKD auch nicht viel anders).

Warum nun, könnte man fragen,kommen diese irgendwie doch „evan-gelischen“ Christinnen und Christennicht in unsere Gottesdienste? Wereinmal selbst in einer internationalenGemeinde im Gottesdienst war, kenntdie Antwort: Weil sie in ihrer Gemeindeeben ihre spezifische afrikanische Formdes Christentums leben können. EinChristentum, das dem Geist Gottes vielzutraut, der Menschen besondere Ga-ben schenkt. Ein Christentum, das inJesus den Sieger über die Mächte undGewalten erkennt, die einen auch imeigenen Leben bedrohen. Ein Christen-tum, das nicht in sich gekehrt ist, son-dern das lebendigen Ausdruck sucht inGesang, Gebet und Tanz.

Vieles davon ist uns fremd, weil un-ser Weltbild keine personalisierten bö-sen Mächte kennt, weil wir die Bibelals historische Schrift in ihrem Kontextlesen oder weil wir einfach einen etwasrationaleren Zugang zum Glauben ha-ben und uns zu viele Emotionen be-fremdlich vorkommen. Doch anderer-seits gibt es vielleicht auch einiges, dasuns Eindruck machen könnte: die tiefeSpiritualität zum Beispiel, die Leben-digkeit im Gottesdienst, die Gabe, sei-nen Glauben frei formulieren zu kön-nen, der tagtägliche Umgang mit derBibel, die Offenheit neuen (musikali-schen) Formen gegenüber, ein aktivesGemeindeleben, in dem alle ihre Gabeneinbringen … – vieles, das kennenzuler-nen sich lohnen könnte. Die Begegnungmit afrikanischen Christinnen undChristen kann den Horizont erweitern –für beide Seiten. Arne Dembek

„Let the spirit move over Germany!“, ruft die laute Stimme des Predigers insübersteuerte Mikrofon, sodass der ganze Saal davon widerhallt. Und noch ein-mal: „Let the spirit move over Germany! – Lass den Geist durch ganz Deutsch-land wehen!“ Die Menschen sind von ihren Stühlen aufgesprungen, haben dieHände erhoben und bewegen sich im Rhythmus der Worte mit. Manche ant-worten mit lauten Rufen: „Amen, o Lord, let it move!“. Die Veranstaltungheißt „Prayer for Germany“ und findet in einer „International Church“ in Lud-wigshafen statt, einer von vielen Migrantengemeinden aus dem südlichenAfrika, die seit den 1990er Jahren überall in Deutschland entstanden sind.

Gottesdienst einer afrikanischen Gemeinde in Ludwigshafen. (Foto: Dembek)

Afrika im HinterhofTiefe Spiritualität und frei formulierter Glaube

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Einem Libanon-Reisenden wird inDeutschland zu besonderer Vorsicht ge-raten. Wie lebt es sich dort?

Trotz der politischen Probleme desLibanons und der angespannten Lage inder Region fühle ich mich sicher, siescheinen trotz der geringen Größe desLibanons in meinem alltäglichen Lebensehr weit weg zu sein.

Und wie sieht es speziell in Beirut aus?Beirut nehme ich als eine spannende

und vielfältige Stadt wahr: mit demStudentenviertel Hamra, in dem ich le-be, dem lebhaften, ärmlichen und über-wiegend armenischen Stadtteil BurjHammoud, der Meerpromenade („Cor-niche“) mit ihren berühmten Taubenfel-sen und der schicken Downtown, mitStacheldraht und durch Soldaten be-wachten Straßen und mit politischenSlogans besprühten Betonabsperrun-

gen. Und für mich gehören die schiiti-schen Vororte unbedingt zu Beirut dazu.

Beirut ist ein Schmelztiegel von religiö-sen Bekenntnissen. Wie wirkt sich diesauf das Leben vor Ort aus?

Gesellschaftlich nehme ich den Li-banon als zersplittert wahr. Ich habeden Eindruck, dass die Grenzen zwi-schen den verschiedenen Religionen,Konfessionen und Parteien sehr starkgezogen werden und dass eher ver-schiedene Gruppen nebeneinander le-ben als ein Volk gemeinsam.

Die Zersplitterung gilt dann auch für dieKirchen und Konfessionen?

Ja. Im Rahmen meines Kurses überzeitgenössische Ostkirchen habe ichzahlreiche Exkursionen gemacht, umdie hier vertretenen Konfessionen auchpraktisch kennenzulernen. In Ergän-

zung dazu besuche ich von Zeit zu ZeitGottesdienste mir unbekannter Kirchen.Diese Besuche sind sehr bereichernd.Neben den neuen liturgischen Erfah-rungen habe ich sehr viel über michselbst gelernt. Ich erkenne zum erstenMal wirklich, wo meine Wurzeln liegenund welche Erwartungen ich daher aneinen Gottesdienst stelle.

Wie leben Christen an der NEST zusam-men?

Ich lebe und studiere gemeinsammit arabischen protestantischen Chris-ten sowie mit Christen anderer Länder.Gerade in dem Kontext der NEST erlebeich, dass der Glaube an Jesus ChristusMenschen aus aller Welt verbindet. Wirfeiern täglich gemeinsame Andachten.Auch ich gestalte einmal im Monat ei-ne Andacht; es macht mir Freude, aufEnglisch in einem für mich neuen Kon-text zu predigen und zu beten. Ichmerke, dass ich im Kontext der NESTspirituell wachse.

Welche Impulse nehmen Sie mit?Ich besuche einige Kurse, in denen

wir uns mit der historischen Entwick-lung des Islams auseinandersetzen so-wie dem Verhältnis zwischen Islam undChristentum. Teil der Kurse sind Besu-che von islamischen Einrichtungen wieMoscheen und einer Koranschule. Wirwohnten auch einem Freitagsgebet beiund waren im Anschluss zu Gast beidem Shaykh und seiner Familie. Ichschätze meine Islamstudien sehr. Dader Islam im Libanon sehr präsent ist,bleiben die Studieninhalte nicht nurtheoretisch – ich sehe und fühle, wasich studiere und kann aktuelle Ge-schehnisse dadurch besser einordnen.

Zwei Millionen Syrer sind vor dem Bür-gerkrieg in den Libanon geflohen. Wasbekommen Sie an der Hochschule da-von mit?

Die meisten meiner Kommilitonenstammen aus Syrien und haben vielwährend des dortigen Bürgerkriegesdurchgemacht. Ihre Geschichten bewe-gen mich sehr. Seitdem ich hier bin,verstehe ich, dass Friede und Sicherheitnicht selbstverständlich und ein Grundzur Dankbarkeit sind.

Natalie Jahn studiert Theologie in Heidelberg. Doch seit Ende September2015 lebt die aus Ludwigshafen stammende junge Frau für einige Zeit inBeirut/Libanon. Die 23-Jährige studiert an der Near East School of Theology(NEST) im Rahmen des Studienprogramms SiMO der Evangelischen Missionin Solidarität. Die NEST ist eine kirchliche Hochschule mit ökumenischenKontakten in der gesamten Mittelostregion. Sie bildet Männer und Frauenaus den arabischen Ländern, dem Iran, dem Sudan und Westafrika aus.

Die angehende pfälzische Pfarrerin Natalie Jahn hoch über den Dächern von Beirut. (Foto: privat)

Studium im LibanonNatalie Jahn im Gespräch mit Wolfgang Schumacher

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Ein weites HerzAuslandsgemeinde in Mexiko – Heimat auf Zeit

Sie ist mir schon im Gottesdienst auf-gefallen, die Frau ist groß, und ich habesie vorher noch nie gesehen. Beim Kir-chencafé spricht sie mich an und er-zählt, dass sie mit ihrer Familie schonauf allen Kontinenten gelebt hat undnun seit einem Monat hier in Mexikoist. Eigentlich sei sie katholisch aufge-wachsen, aber das Angebot für Kinderbei uns habe sie angezogen und siefühle sich gleich wohl und wolleauch hierbleiben und mitarbeiten. EinGlücksfall für uns als Gemeinde, wennjemand so schnell den Weg zu uns fin-det.

„Sie kommen aus der Pfalz?“ DieFrage überrascht mich nach dem Hei-ligabend-Gottesdienst an der Kirchen-tür. „Ich auch. Mein Mann und ich ha-ben übrigens in Wachenheim geheira-tet, und er arbeitet für die BASF.“ DieseFamilie geht im Sommer schon wiederzurück, die drei Entsendungsjahre sinddann um. Nun, da sie sich gut eingelebthaben, müssen sie weiterziehen, und

sie findet es schade, dass sie erst spätin die Gemeinde gefunden hat.

Menschen kommen auf Zeit nachMexiko, von ihren Firmen entsandt, alsLehrer an der Deutschen Schule oder alsMitarbeiter der Botschaft. Sie habensich nach Mexiko beworben oder sindganz überraschend hierher versetztworden. Manche kommen ganz gezieltin die Gemeinde, andere werden mitge-bracht oder betreten die Heilig-Geist-Kirche bei einer Taufe oder an Weih-nachten eher zufällig zum ersten Mal.

Sie treffen hier aber immer auf„Menschen mit Migrationshinter-grund“: Solche, deren Eltern oder Groß-eltern schon hierhergekommen sind,weil Mexiko Abenteuer verhieß oderweil eine Firma sie für drei Jahre hier-her gebracht hat und sie dann geblie-ben sind. Andere haben in Mexiko diegroße Liebe gefunden oder eine eigeneFirma gegründet. Gemeinsam haben siesich eine Infrastruktur geschaffen:Deutsche und Schweizer Schulen, einen

deutschen Club, Bäckereien, einenMetzger, die Möglichkeit, deutsche Bü-cher und Haushaltswaren zu kaufen,einen deutschen Friedhof. Und ebenauch einen Ort, an dem sie ihren evan-gelischen Gottesdienst feiern können,in der ihnen vertrauten Sprache. Siehaben mit großem Elan und wenig Gelddie Kirche gebaut und sich zur Heimatgemacht, sie sind darin getraut wor-den, haben ihre Kinder und schon dieEnkel taufen und konfirmieren lassen.

Auf Menschen zugehen, sie immerwieder ansprechen, neugierig machen,ist eine ganz wichtige Aufgabe in einerAuslandsgemeinde. Immer wieder neuzu locken, mit einem gut gemachtenGemeindebrief, einem aktuellen Inter-netaufritt und einer interessanten Fa-cebook-Präsenz. Aber auch, indem derPfarrer nicht nur auf den Empfang derSchweizer Botschaft geht, weil er denKäse so lecker findet, oder zum PublicViewing bei der Fußball-WM in diedeutsche Botschaft, weil dort der Fern-seher größer ist, sondern auch, umneue Leute kennenzulernen und sie fürdie Gemeinde zu gewinnen.

Wenn das gelingt, lautet die Aufga-be, die „Expats“ mit den „Einheimi-schen“ ins Gespräch zu bringen; dieje-nigen, die auf Zeit kommen, mit denen,die immer hier leben. Sie haben oft einesehr unterschiedliche Sicht auf diesesLand, aber auch auf die Gemeinde. „Dubrauchst ein weites Herz“, hat mir derLateinamerika-Referent der EKD gesagt,bevor ich meine erste Auslandsstelleangetreten habe. Das gilt natürlichauch in einer Gemeinde in Deutschland,aber im Ausland eben noch ein wenigmehr. Hier kann niemand in die Nach-bargemeinde ausweichen. Und in derAuslandsgemeinde ist besonders wich-tig, dass sich Neue schnell willkommenfühlen und aufgenommen werden.Schon an der Kirchentür, vor dem Got-tesdienst, aber genauso beim anschlie-ßenden Kirchencafé im Garten, der niefehlen darf. Marc Reusch

Von Abano bis Wladiwostok sind weltweit die über 100 mit der EvangelischenKirche in Deutschland verbundenen Auslandsgemeinden zu finden. Sie ladenein zu Gottesdiensten, zum Gespräch über andere Kulturen und zu einem le-bendigen Gemeindeleben vor Ort. Der Pfälzer Pfarrer Marc Reusch arbeitetseit 2013 als Pfarrer der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Mexi-ko und berichtet für die „Informationen“ von seiner Arbeit in der Einen Welt.

Ins Gespräch kommen: Kirchencafé im Garten. (Foto: privat)

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„Ich bin angekommen“Warum sich junge Menschen aus dem Iran und Afghanistan taufen lassen

Die jungen Leute kommen aus demIran, dem Irak oder aus Afghanistan undwohnen nun in Kaiserslautern, Lauter-ecken oder Wolfstein. Die meisten ha-ben sich nach ihrer Ankunft dort mit ei-nem Pfarrer oder einer Pfarrerin in Ver-bindung gesetzt und den Wunsch geäu-ßert, sich taufen zu lassen. Manche vonihnen haben bereits in ihren Heimatlän-dern Kontakte zu christlichen Kreisengehabt, was dort jedoch mit Gefahr fürLeib und Leben verbunden ist.

Seit 2012 gibt es solche Taufkursein unserer Landeskirche, bisher nur inder Vorderpfalz. Aber in der letzten Zeitkommen die Anfragen auch aus ande-ren Gegenden unserer Landeskirche. InKaiserslautern hat Pfarrer AndreasHenkel von der Stiftskirchengemeindeden Kurs organisiert.

Was bringt junge Menschen ausmuslimischen Ländern dazu, Christenzu werden? Die Antworten sind vielfäl-tig. Beim Kurs in Kaiserslautern laute-ten die Antworten beispielsweise so:

Muhammad, 26 Jahre, aus Shiraz imIran, ist seit zwei Monaten in Deutsch-land und seit einer Woche in Kaisers-lautern. Er sagt: „Ich habe mich verlo-ren gefühlt. Nicht erst auf der Fluchtnach Deutschland, sondern schon vor-her zuhause, in meiner Heimat. Inner-lich verloren. Ich habe etwas gesucht,was ich dort nicht gefunden habe,nicht finden konnte. Es ist so, dass inmeinem Leben immer etwas leer ge-blieben ist, das nun gefüllt werdenkann. Es ist wie in der Geschichte vomverlorenen Sohn, ich fühle mich jetztumarmt, weil ich mich im christlichenGlauben zuhause fühle. Ich bin ange-kommen. Ich kann einen neuen Anfangmachen. Die Taufe ist für mich einNeubeginn.“ Auf die Frage, ob denn dieTaufe für ihn auch zur Integration inDeutschland gehöre, sagt er: „Nein, dasmuss man trennen. Ich habe mich jaschon im Iran für den christlichenGlauben interessiert. Ich mache das,weil es für mich wichtig ist. Integration

ist auch wichtig, aber das ist eine ganzandere Herausforderung.“

Mustafa, 17 Jahre, aus Afghanistan,sagt: „Bei meinem Vater habe ich gese-hen, wie sehr er gelitten hat unter demIslam, wie er von den Taliban gelebtwird, mit Selbstmordattentätern undTerror im Namen der Religion. Ich habeim Christentum eine Religion gefunden,die anders ist. Es ist eine Religion derLiebe und eine Religion, in der ich freibin. Ich bekomme nicht gesagt, wasund wie ich zu glauben habe, sondernich muss die Bibel selbst lesen und fürmich verstehen. Ich werde hier zunichts gezwungen.“

Zwei Beispiele von vielen. Doch dieAntworten gleichen sich oft. Wer mitMenschen zu tun bekommt, die aus an-deren Kulturkreisen kommen und hiererste Erfahrungen mit dem Christseinmachen, wird daran erinnert, worum esin unserem Glauben geht: um die Frei-heit, die Gott uns schenkt, und um dieLiebe, die unser Handeln leiten soll. Dasist eine gute Erfahrung – für die „alten“ebenso wie für die „neuen“ Christen.

Arne Dembek

Samstagmorgen in einem Raum im Gemeindezentrum „Alte Eintracht“ inKaiserslautern. Acht junge Männer und eine junge Frau sitzen an den Ti-schen, schauen auf die Bilder der Powerpoint-Präsentation und lauschen denWorten des Referenten, die von einer Dolmetscherin ins Persische übersetztwerden. Sie sind Teilnehmer eines Taufkurses, der sich speziell an Migrantenaus Persisch sprechenden Ländern richtet.

Neues Interesse am Christentum: Taufkurs für Migranten in Kaiserslautern. (Foto: Dembek)

‰ HinweisSeit 2012 finden in der LandeskircheGlaubens- und Taufkurse für Mi -granten statt. Die Kurse richten sichinsbesondere an Menschen aus dempersischsprachigen Raum. Sie wer-den an fünf bis sechs Abenden oderals Blockveranstaltung auf Deutschabgehalten, mit dabei ist eine Über-setzerin für Persisch.

Ziel der Kurse ist nicht die Missionvon Muslimen, sondern das christli-che Zeugnis für den eigenen Glauben.Die Kurse kommen auf Nachfrage zu-stande, das heißt, Menschen tretenan Pfarrerinnen und Pfarrer heran mitdem Wunsch, mehr über den christli-chen Glauben zu erfahren bezie-hungsweise getauft zu werden. (ad)

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Allein ein Datum?500 Jahre Reformation

Angedachtes

„Allein der Glaube.“ Ein Gedanke, der seit einem halben Jahr-tausend die Welt bewegt. Oder auch nicht. Martin Luther unddie Reformbewegten seiner Zeit suchen jedenfalls Gott undentdecken ihn befreiend neu. Sie sind so frei, Glaube und Kir-che, Gott und die Welt infrage zu stellen. Heute gilt das alsselbstverständlich, zumindest hierzulande. Die Freiheit desGlaubens und Gewissens ist ein Erbe der Reformation. Welt-weit kämpfen die einen um jene Freiheiten, andere machensich frei von jedweder Religion. Viele bleiben dennoch auf derSuche und meinen „allein, mir fehlt der Glaube“.Es ist Reformationszeit. Kirchenweit. Weltweit. Unruhen,Umbrüche, Wertewandel. Wohin soll es gehen mit GottesWelt? Christlicher Analphabetismus und islamischer Funda-mentalismus, offene Arme für Flüchtlinge, Mauern an denGrenzen und in Köpfen, digitale Dauervernetzung, die Völkerverbindet und manche Menschen vereinsamen lässt, Überar-beitete im Burnout, Unterforderte, die darauf brennen, ge-braucht zu werden. Gnadenlose Marktweltwirtschaft … „Al-lein aus Gnade“?Was bedeutet in diesen Zeiten „reformare“, verwandeln, sichneu formen, neu finden? Wie glauben und was hoffen in die-ser Welt? Wie sich als Kirche in ökumenischer Weite radikalrückbinden an das Evangelium, an die Liebe zu Gott, demNächsten, zu mir selbst? Die Evangelische Kirche in Deutschland und der DeutscheEvangelische Kirchentag setzen 2017 auf die „7“. Sieben „To-re der Freiheit“ stellen zur Wittenberger „Weltausstellung“im Jubiläumsjahr sieben Themen in den Mittelpunkt: EineWelt, Frieden, Schöpfung, Jugend, Spiritualität, Ökumeneund Religion, Kultur. Und sieben Herausforderungen stehenin der Mitte: Gott neu – denken – erfahren – entdecken – er-zählen – bitten – feiern – vertrauen.

Ausgemachtes

Seit fast zehn Jahren wird das Reformationsjubiläum vorbe-reitet, global und ökumenisch. „Über 400 Millionen Men-schen weltweit verbinden ihren Glauben mit der Reformati-on. Als evangelische Christinnen und Christen sind wir Teilder einen weltweiten Kirche Jesu Christi“, meint Kirchenprä-sident Christian Schad und schließt die rund 500000 PfälzerProtestanten mit ein. Rund um den 500. Jahrestag des The-senanschlags Martin Luthers wird auch in der Pfalz einigesstattfinden.

Nicht jedoch ohne Sie und Ihre reformatorischen Thesen und protestierenden Ideen.

Die Evangelische Kirche der Pfalz ist, namentlich durch Kir-chenpräsident Christian Schad und Kirchenrat WolfgangSchumacher, in den (inter)nationalen Gremien des Reformati-onsjubiläums vertreten. Die Landeskirche kooperiert mit derStaatlichen Geschäftsstelle „Luther 2017“ und ist Partner derKampagne r2017. Seit Kurzem ist ein Projektbüro im Öffentlichkeitsreferat ein-gerichtet. Pfarrerin Mechthild Werner übernimmt die Projekt-steuerung, unterstützt von Kerstin Herrmann im Büro. DasProjektbüro möchte Gemeinden und Einrichtungen beratenund begleiten, stellt Materialien zusammen, vernetzt die Ak-teure und informiert über die Planungen. Eine Auswahl der Angebote, die landeskirchlich (un)mittelbargeplant oder unterstützt werden:

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Aktuelles Der Vorlauf 2016

Auftakt Wanderausstellung „Lutherbilder aus sechs Jahrhunderten“Die Ausstellung der kirchlichen Archive ist auszuleihen. Kontakt Dr. Gabriele Stüber, Telefon: 06232 667180

Beginn Workshops für das Rockmusical „Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel“Die Darsteller sind gecastet. Aufführung: 8. und 9. 4. 2017 in Speyer, Stadthalle

Beginn der Proben für das Mitmachmusical „Luther Oratorium“ von Dieter Falk Anmeldung www.luther-oratorium.de. Für die Pfalz beteiligt:Maurice Croissant, Telefon: 06331 241950Aufführung: 11. 2. 2017 in Mannheim, SAP-Arena

Ausschreibung Stipendium für Lyrik „Freie Sprache des Gewissens und Glaubens“ Bewerbung www.kuenstlerhaus-edenkoben.de bis Ende April 2016. Zeitraum 15. 1.–15. 6. 2017

3.–5. 5. Deutscher Evangelischer Posaunentag „Luft nach oben“ in DresdenSiehe www.dept.de. Für die Pfalz beteiligt: Pfarrer MartinAnefeld, Theologischer Ausschuss. LandesposaunenwartChristian Syperek, Telefon: 06431 9947443

30.10. Auftakt Wanderaustellung. 500 Jahre Reformation 200 Jahre UnionZunächst im Stadtmuseum Zweibrücken. Danach im Theodor-Zink Museum Kaiserslautern und im Stadtmuseum Ludwigs -hafen.

30. 10. Einführung der neuen Lutherbibel. „Gott redet wie ein Buch?“ Gottesdienste.Die Gemeinden erhalten Altarbibel und Gemeindebibeln sowie liturgisches Material für Gottesdienste und sind ein -geladen, einen Festgottesdienst zu halten.

31. 10. Eröffnung des Jubiläumsjahres. Gottesdienste. Zentrale Eröffnung in Berlin. Lokale Veranstaltungen.

Anstehendes Die Termine 2017

11. 2. Musical „Luther Oratorium“ Mannheim, SAP-ArenaFür die Pfalz beteiligt sich Maurice Croissant mit TausendenSangesfreudigen. Siehe www.luther-oratorium.de

12. 3. Ökumenischer Gottesdienst „Healing of Memories“ Abteikirche OtterbergMit Bischof Karlheinz Wiesemann und Kirchenpräsident Christian Schad. Teil eines ökumenischen Prozesses zur Versöhnung der Konfessionen und Religionen

8. und 9. 4. Rockmusical „Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel“ Speyer, StadthalleStück von Lea Siegfried und Jonas Klamroth – Rahmen -programm Stationenweg

11. 4. Europäischer Stationenweg „Geschichten auf Reisen“ Speyer, StadtEin ansprechendes Rahmenprogramm ist geplant. Mitmachaktionen, Musik, Theater, Diskussionen. Anregungen sind willkommen!

Das Geschichte(n)mobil, ein Truck, reist ab November 2016durch 19 Länder und 68 Städte. Interaktive Elemente stellendie Stationen/Stätten der Reformation kurz vor. Geschichtesoll lebendig, eigene Geschichten können erzählt werden. DerWeg mündet im Mai in die Weltausstellung in Wittenberg.

6. 5.– 8. 5 Eröffnung des Kultursommers zur „Reformation“ auf der EbernburgIn der „Herberge der Freiheit“ ein besonderes Kultur-/Kabarettprogramm sowie ein Bläserfestival mit Ensemblesder Posaunenarbeit der Pfalz. Kooperation mit Rheinland-Pfalz, Ev. Kirche Hessen-Nassau und Ev. Kirche im Rheinland(federführend).

26. 5.–26. 6. Ausstellung „Köpfe“ der Reformation, Bildhauer Wolf SpitzerSpeyer, Kulturhof

20. 5.–10. 9. Weltausstellung Reformation „Tore der Freiheit“ in WittenbergIn Kooperation mit der Ev. Kirche Anhalts bietet die Landes-kirche für Juli/August kleineren Gruppen an, die Pfalz mit ei-

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ner eigenen Präsentation an einer Station, in einem „Container“ zu verteten – musikalisch, künstlerisch, in jedemFalle einladend. Die Ausschreibung dazu erfolgt im Sommer 2016.

Zudem sind einige Mitwirkende der Pfalz, u.a. Mechthild Wer-ner, in die Vorbereitungen der Stationen und Themenwochender Weltausstellung sowie in den DEKT eingebunden.

24.–27. 5. Deutscher Evangelischer Kirchentag „Du siehst mich“ Berlin (Wittenberg)Der DEKT bindet sich im Themenjahr in die Weltausstellungein. Parallel gibt es die:

25. 5–27. 5. Sechs „Kirchentage auf dem Weg“ Leipzig, Magdeburg, Erfurt, Jena/Weimar, Dessau-Roßlau,Halle/Eisleben

28. 5. Abschlussgottesdienst Deutscher Evangelischer Kirchentag in Wittenberg

Juni bis September Konficamps „Trust and Try“ in Wittenberg Rund 400 Jugendliche der Landeskirche werden dabei sein.Die Plätze sind ausgebucht. Weiteres über Landesjugendpfarramt. Pfarrer Florian Geith,Telefon: 0631 3642026

Alle Infos zu Stationenweg, Weltausstellung, Kirchentag undKonficamps: r2017.org

3. 10. Ökumenischer (TV) Festgottesdienst zum Tag der Einheit, Mainzer Dom. Predigt Kirchenpräsident Christian Schad

30. 10. (TV) Festgottesdienst und Festakt. Empfang der Kirchen und des Landes Saarland, Saarbrücken, Ludwigskirche

31. 10. (TV) Festgottesdienst und Festakt. Empfang der Kirchen und des Landes Rheinland-Pfalz,Speyer, Dreifaltigkeitskirche

Weitere Gottesdienste, Gemeindeveranstaltungen und Aktionen in der LandeskircheMaterial und Anregungen werden erarbeitet.

AnregendesEinige Angebote ...

Ausleihbar ist die Archivausstellung „Lutherbilder aus sechs Jahrhunderten“ Kontakt Dr. Gabriele Stüber, Telefon: 06232 667180

Ausleihbar sind zwei Wanderausstellungen „Luther und die Juden“ Dazu ist Rahmenprogramm anzufragen. Kontakt Dr. Stefan Meißner, Telefon: 07275 5557

Der digitale „Luther-Koffer“ bietet Unterrichts -materialien rundum die „teutsche Sprache“.

Die „Abrafaxe“, Comics des Mosaik-Verlags tauchen inLuthers Lebenswelt ein.

Ein bundesweites Bildungsprojekt der Kirchlichen Akademien bietet „Denkwege zu Luther“, Projektwochenfür Jugendliche.

Alles unter www.luther2017.deAnfragen direkt bei Wiebke Wehling, Staatliche Geschä�ftsstelle „Luther 2017“Telefon: 03491 466-241, [email protected]

Die Gruppe EURE FORMATION bietet mit „Play Luther” eintheologisch und musikalisch überzeugendes Theaterstück. www.playluther.de

Das Ein-Mann-Theater „Radieschenfieber” lässt mit Gemüse und Co Bibelgeschichten samt Luthertexten neulebendig werden. Oder einen „Schnelldurchlauf durch dieReformation”. www.radieschenfieber.de

Ein Kompositionswettbewerb lädt Kirchenmusikalischeein, „Ein feste Burg“ kreativ zu „reformieren.” Die Stü-cke sind einzureichen bis zum 31. Mai 2016.www.luther2017.de/de/neuigkeiten/kompositions-wettbe-werb-zum-reformationsjubilaeum/

Aktuelles und Weiteres demnächst unter www.evkirchepfalz.de

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Die Internetseite der Landeskirche wird bis Oktober 2016 einneues Gesicht erhalten. Auf der bestehenden Seite werdendie Termine, Themen, Gottesdienstbausteine des Jubiläums-jahrs bereits gesammelt und einzusehen sein; der Kalenderwird nach und nach gefüllt.

Mitmachen, mitplanen, mitfahren. Planen Sie Ausflüge zuVeranstaltungen, buchen Sie Ausstellungen und kulturelleAngebote oder lassen sich anregen zu weiteren Ideen.

Tragen Sie eigene Veranstaltungen in den Pfälzischen Kirchen-planer ein.

Anregungen und Aktionen unter r2017.org und www.luther2017.de

Medial miteinander auftreten.

Materialien, Werbemittel, Downloads stehen allen Veranstal-tern der Pfalz unkompliziert, kostenfrei oder kostengünstigzur Verfügung. Grundelement von r2017 soll ein Mix aus ein-gängigen Motiven und aktuellen Fragen werden. Die eigene„Marke“ und die „Dachmarke“ sorgen für Einheit in der Viel-falt der Angebote und für eine klare Kommunikation.

Hat Nächstenliebe eine Obergrenze?Gottesdienst mit Asylsuchenden am … in …

Reformation heißt, Gott und die Welt hinterfragen. Feiern Sie mit uns 500 Jahre Reformation. r2017.org www.evkirchepfalz.de

Das endgültige Design der Kampagne wird noch EKD-weitdiskutiert und zeitnah entwickelt. Die Fragen können undsollen jedenfalls, den eigenen regionalen Angeboten ent-sprechend, entworfen werden.

Das Projektbüro bietet Unterstützung bei der Pressearbeit anund berät auch zu weiteren „Fragestellungen“ rund um IhreIdeen und Angebote.

In der Vorfreude auf Ihre reformfreudige Mitwirkung wünschen wir uns allen, Gott neu zu entdecken – in seinerKirche und in seiner Welt.

Pfarrerin Mechthild Werner Projektleitung Reformations- und UnionsjubiläumDomplatz 5, 67346 SpeyerMobil: 0160 8405242 Telefon: 06232 667-248 [email protected]@evkirchepfalz.de

Kerstin HerrmannProjektbüro Reformations- und UnionsjubiläumDomplatz 5, 67346 SpeyerTelefon: 06232 [email protected]@evkirchepfalz.de

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Ein „internationaler Gast“Böhmische Brüder: Ehemaliger Synodalsenior zu Besuch in der Landeskirche

2003 wählte die Synode der 1918durch die Vereinigung der reformiertenund lutherischen Gemeinden in Böh-men und Mähren gegründeten undheute rund 100000 Mitglieder zählen-den EKBB Joel Ruml zum Synodalsenior(entsprechend dem Amt eines Kirchen-präsidenten). Zwölf Jahre war Ruml alsoberster Repräsentant der BöhmischenBrüder viel im Land unterwegs. Er hatdie Gemeinden seiner Kirche bereist,Gottesdienste und Bibelstunden gehal-ten und vieles auf den Weg gebracht,was der EKBB inzwischen zu ökonomi-scher und ideologischer Selbstständig-keit verholfen hat. Ein drittes Mal habeer nicht zur Wahl antreten wollen, sagtRuml. Nun habe er Zeit, als Pfarrer undunabhängig von Amt und Würden wei-terhin für seine Kirche zu werben.

Die protestantisch-reformatorischeÜberzeugung in der Tradition der Hussi-ten und der Böhmischen Brüder liegtgewissermaßen in der Familie: Vater,Bruder, Sohn, Schwager und Schwäge-rin – alle Pfarrer. „Ich bin sozusagenunter der väterlichen Kanzel aufge-

wachsen“, sagt Ruml, der in der „Böh-misch-Mährische Höhe“ genannten Re-gion südöstlich von Prag geboren wur-de. Der Theologe, der unter dem kom-munistischen Regime drei Jahre „aufdem Bau“ arbeiten musste, hat alle Fa-cetten des Berufs kennengelernt. Er warPfarrer in Dorf-, Klein- und Großstadt-gemeinden, kennt den Seelsorgedienstin Gefängnissen und Krankenhäusernund gehört zu den Gründungsvätern derunabhängigen Zeitschrift „Protestant“,deren erste Redaktionssitzungen 1989stattfanden und bei der er die Wirt-schafts- und Sozial-Rubrik betreute.

Die Trennung von Kirche und Staatgehört zu Joel Rumls Überzeugungen:„Ablösung der Kirche vom Staat“, aufdiesen Horizont habe Ruml währendseiner Amtszeit ausdauernd verwiesen,steht in einem Beitrag zum 60. Ge-burtstag des Synodalseniors auf derHomepage der EKBB. „Den voneinandergetrennten Staaten und Kirchen geht esauf ihre Weise besser als in Regionen,die von wirtschaftlicher oder gar politi-scher Abhängigkeit der Kirche vom

Staat gekennzeichnet sind. Staatlicheund kirchliche Institutionen mischensich hier nicht in Kompetenzen, die ih-nen nicht gebühren“, heißt es auf derEKBB-Homepage. Auch protestantischeBescheidenheit gehört zu den Merkma-len des Kirchenpräsidenten i.R.: „UnserLebensstil muss im Einklang mit derLehre Jesu stehen“, sagt Ruml, der mitseiner Frau Lydia in Prag lebt. Das Ehe-paar hat zwei Kinder und vier Enkel.

Die EKBB gehört der Weltgemein-schaft reformierter Kirchen, dem Lu-therischen Weltbund, der KonferenzEuropäischer Kirchen und der Gemein-schaft Evangelischer Kirchen in Europaan. Die Vorbereitungen auf das Refor-mationsjubiläum in Deutschland wür-den die Protestanten in Tschechien mitgroßer Aufmerksamkeit verfolgen, sagtRuml. „2017 ist bei uns ein großes The-ma. Wir gehören schließlich zur refor-matorischen Familie.“

Darüber werde er unter anderem be-richten, wenn er in den nächsten Wo-chen und Monaten von pfälzischen Kir-chengemeinden zu Gottesdiensten und-Gemeindeveranstaltungen eingeladenwird. Wie beispielsweise am 10. April inKaiserslautern (Pauluskirche) oder am26. Juni in Gries und in Miesau (protes-tantische Kirchen), wo Ruml jeweils imSonntagsgottesdienst predigen und an-schließend zu Gesprächen zur Verfü-gung stehen wird. Auf Einladung desGustav-Adolf-Werkes hat Ruml im Rah-men der Gesprächsreihe „Christen imDialog“ über „Tschechische Kirchen undder Sozialismus“ referiert. Im Rahmender „Nachteulen“-Andachten in der Pir-masenser Lutherkirche spricht JoelRuml am 15. April um 19 Uhr zum The-ma „auf den Spuren von Jan Hus. Kirchein Tschechien“. Ruml freut sich darauf –ebenso wie auf Ehefrau Lydia. Sie habeversprochen, ihn während seines Gast-aufenthaltes in der Evangelischen Kir-che der Pfalz regelmäßig zu besuchen.

Christine Keßler-Papin

An den Beginn der „Samtenen Revolution“ in der damaligen Tschechoslowa-kei erinnert sich Joel Ruml genau. 1989 war der heute 62-Jährige Pfarrer ineiner Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) inVelke Mezirici und erlebte hautnah den Umbruch. „Wir spürten endlich Frei-heit“, schildert Ruml, der zurzeit als „internationaler Gast“ der pfälzischenLandeskirche für Vorträge, Gespräche und Gottesdienste zur Verfügung steht.

Zeitzeuge der Revolution: Joel Ruml in seinem Arbeitszimmer im Landeskirchenrat. (Foto: ckp)

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BrückenbauerPastor Danial betreut die arabischsprachige Gemeinde

Mit einem fest angestellten Pastor, derselbst aus einer Migrantengemeindekommt, erwachsen nach Ansicht desKirchenpräsidenten und des Beauftrag-ten der Landeskirche für Christen ande-rer Sprache und Herkunft, Pfarrer ArneDembek, neue Möglichkeiten für dieIntegration. Dies gelte nicht nur für dieEingliederung in die deutsche Gesell-schaft; die durch die gemeinsame arabische Muttersprache verbundenenEvangelischen übten auch praktischeÖkumene. So feierten altorientalische,orthodoxe und koptische Christen ge-meinsam Gottesdienst, besuchten dieBibelstunden und kämen zu Jugend-gruppentreffen zusammen.

Aber auch für die landeskirchlichenGemeinden und die Stadtmission tragedas „Modell“ des Brückenbauers zurHorizonterweiterung bei, erklärtenSchad und Dembek bei einem Gesprächmit Danial und Vertretern des Gemein-schaftsverbandes sowie des Kirchenbe-

zirks Ludwigshafen. Für die Landeskir-che biete das zunächst auf drei Jahreangelegte Projekt die Möglichkeit, dasinterkulturelle Profil zu stärken. „AlsVolkskirche verstehen wir uns als Kir-che für alle Christenmenschen, unab-hängig von ihrer Nationalität, Traditionoder Prägung“, sagte Dembek. Kirchen-präsident Schad betonte, dass die Lan-deskirche mit weiteren Flüchtlingsbe-ratungsstellen und der QualifizierungEhrenamtlicher zur Integration beitra-gen wolle. Der Blick in die jüngere Ge-schichte zeige, dass die bis zu 14 Mil-lionen Vertriebenen nach 1945 und dierund 2,5 Millionen (Spät-)Aussiedler zuBeginn der 1990er Jahre „auch dankder Aufnahme in unseren Kirchenge-meinden hier ein neues Zuhause gefun-den haben“. Schad äußerte zudem dieErwartung, dass der Respekt von Chris-ten Muslimen gegenüber, den die Kir-chen hierzulande praktizierten, dazuführen möge, dass „auch Christen in is-

lamisch dominierten Ländern ihrenGlauben frei leben können“.

Zurzeit feiert die arabisch sprechen-de Gemeinde zweimal im Monat inLudwigshafen ihre Gottesdienste. DieHausbesuche führen Pastor Danial vonLudwigshafen bis nach Kaiserslautern,von Göllheim bis Kandel. Der vor 15Jahren nach Deutschland gekommeneägyptische Pastor sieht seine Aufgabeaber nicht nur in der seelsorgerlichenBetreuung und gottesdienstlichen Be-gleitung seiner Gemeindemitglieder.„Wir dürfen mit den pfälzischen Kir-chengemeinden nicht getrennt odernebeneinanderher leben, wir müssenzusammenwachsen“, sagte der mit sei-ner Familie in Eisenberg wohnende Da-nial, der von der Ludwigshafener Deka-nin Barbara Kohlstruck in den Pfarr-konvent eingeladen wurde. Pfarrer TiloBrach, Vorsitzender des EvangelischenGemeinschaftverbandes Pfalz, und Mis-sionsinspektor Otto-Erich Juhler unter-strichen die Bedeutung der direktenBegegnungen.

Den aus Syrien, dem Libanon oderdem Irak stammenden Familien, die ih-ren Glauben oft nur unter besondersschwierigen Bedingungen leben konn-ten, erscheine es als Geschenk, über dieSprach- und Kulturgrenzen hinweg alschristliche Gemeinschaft „den Herrnloben und preisen zu dürfen“.

Danials Vision ist es, dass die ara-bisch sprechenden Christen nicht untersich bleiben, sondern auf andere Ge-meinden zugehen. So hofft er mit allenanderen Beteiligten, bis spätestens zumProjektende 2018 ein Gemeindefestund einen Gottesdienst feiern zu kön-nen. Bei diesem werden dann arabisch-und deutschsprachige Gemeindemit-glieder zusammen singen und beten,essen und trinken und zu dem Schlusskommen, „dass Vorbereitung undDurchführung selten so problemlos wa-ren“, mutmaßt Danial. Und wer denÄgypter aus Eisenberg einmal persön-lich erlebt hat, der wird keinen Zweifeldaran hegen, dass es so kommt. wrs

Er ist ein evangelischer Pontifex, ein Brückenbauer: Danial Danial, Pastor derkoptisch-evangelischen Kirche in Ägypten und Seelsorger der evangelisch-arabischsprachigen Gemeinde in Ludwigshafen. Der 50-Jährige betreut ge-meinsam mit seiner Frau Kenous Shammas rund 150 Christen aus dem Orient,die in der Pfalz und Kurpfalz leben und sich in den Räumen der StadtmissionLudwigshafen treffen. Die Evangelische Kirche der Pfalz trägt gemeinsam mitdem Evangelischen Gemeinschaftsverband das Projekt.

Suchen nach Gemeinschaft: Danial Danial mit seiner Frau Kenous Shammas. (Foto: lk)

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Begonnen habe alles im Oktober 2013,als sich vor der Küste der süditalieni-schen Insel Lampedusa und vor den Au-gen der Weltöffentlichkeit eine Flücht-lingstragödie abspielte, in deren VerlaufHunderte Menschen ums Leben kamen,schildert Pastor Jens Hansen. Er betreutdie Waldensergemeinde im süditalieni-schen Catanzaro (Kalabrien) und istgleichzeitig Mitglied der Tavola Valdese,der italienischen Kirchenleitung. „DieseKatastrophe ist, so wissen wir alle, nurder Anfang von vielen Katastrophen ge-wesen.“ Für die FCEI habe das Datumeinen Wendepunkt dargestellt: In derFolge habe sie eigene Flüchtlingsauf-nahmestellen eingerichtet und in Zu-sammenarbeit mit der katholischen Or-ganisation Sant�Egidio drei humanitäreKorridore in Nordafrika und im NahenOsten für Kriegsflüchtlinge, allein rei-sende und schwangere Frauen, unbe-

gleitete Minderjährige sowie alte undkranke Menschen aufgebaut.

Flüchtlingshilfe bedeutet nach Han-sens Worten vor allem auch, diejenigenMenschen zu begleiten, die wegenKrieg, Hunger und Katastrophen keinenanderen Ausweg hätten, als bei unsZuflucht zu suchen. Die humanitärenKorridore seien wichtig, weil sie we-nigstens die schwachen und schutzbe-dürftigen Menschen aus den Händendes organisierten Verbrechens befrei-ten. Außer den Korridoren bestehe dasProjekt MH aktuell aus einer Beobach-tungsstelle in Lampedusa, einem Hausder Kulturen in Scicli (Sizilien) und ei-nem Integrationsbüro in Rom. Zudemhabe die Diakonie der Waldenserkirchesämtliche zur Verfügung stehendenStrukturen für die Aufnahme vonFlüchtlingen bereitgestellt und arbeitemit den Kirchengemeinden zusammen,

die selbst auch Flüchtlinge aufnehmenwollen. Die jährlichen Kosten für dasGlobalprojekt MH seien mit rund einerMillion veranschlagt. Davon verwendeFCEI „keinen Cent“ für Verwaltungsauf-gaben, betont der Pastor.

Ziel des Programms sei es, 1000Flüchtlingen eine sichere Reise nachEuropa zu gewähren, erklärt ManfredSutter. Die Organisatoren würden sichverpflichten, „die über die humanitärenKorridore eingereisten Flüchtlinge biszu drei Monate in ihren Häusern, Zent -ren und Herbergen aufzunehmen, umsie dann in das Asylverfahren des ita-lienischen Staates zu integrieren“. Fürden Oberkirchenrat ist MediterraneanHope eine überzeugende Initiative imBlick auf die Tragödien, die sich bei derFlucht über das Mittelmeer abspielen.

In der Pfalz engagiert sich die Lan-deskirche in der Flüchtlingsarbeit mitflächendeckenden Beratungs- undHilfsangeboten und der Begleitung undQualifizierung Ehrenamtlicher. Kirchen-gemeinden, die in ihrer Flüchtlingsar-beit vor besondere Herausforderungengestellt sind, steht zudem seit 2016 einHärtefonds zur Verfügung. Der Flücht-lingshilfefonds, eine beim DiakonischenWerk angesiedelte Koordinierungsstellesowie die fachliche Beratung in Kinder-tagesstätten gehören ebenfalls zumFlüchtlingshilfekonzept der Landeskir-che. ckp

In Südeuropa gestrandete Flüchtlinge erhalten Hilfe aus der Pfalz: Die Landes-kirche unterstützt das Hilfsprojekt „Mediterranean Hope“ (MH) des Evangeli-schen Kirchenbundes in Italien (FCEI) mit 30000 Euro. Insbesondere werdedas Geld für die Einrichtung eines humanitären Korridors verwendet, derFlüchtlingen zu einer sicheren Reise und Aufnahme in Italien verhelfen soll,erklären Oberkirchenrat Manfred Sutter und Pastor Jens Hansen von der Wal-denserkirche in Italien, die das ökumenische Projekt federführend begleitet.

Mitarbeiter von Mediterranean Hope helfen Flüchtlingen, in Europa Fuß zu fassen. (Foto: MH)

Rettung an der KüsteProjekt des Evangelischen Kirchenbundes in Italien

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Herr Pfarrer In, die erste evangelischeKirche in Korea wurde 1884 gegründet.Nun gehen wir auf das Jahr 2017 und500 Jahre Reformation zu. Ist das einThema bei Ihnen in Korea?

Als Kirchen müssen wir uns immerfragen, ob wir auf dem richtigen Wegsind, unabhängig davon, ob es sich um„alte Kirchen“ handelt wie in Deutsch-land oder um eine junge Kirche wie inKorea. Genau das hat Martin Luther javor über 500 Jahren getan. Damals wardie christliche Kirche in eine Krise ge-raten. Dies wollte Luther ändern.

Auch heute befinden sich viele christli-che Kirchen auf der Welt in einer Krise.Woran machen Sie diese Krise fest?

Auch in Korea geht die Anzahl derKirchenmitglieder zurück. Nicht sostark wie in Deutschland, aber die ho-hen Wachstumsraten unserer Kirchensind vorbei. Die Kirchen verlieren an

Einfluss bei den einzelnen Mitgliedernund damit auch in der Gesellschaft. DieKirche steht in der Gefahr, bedeutungs-los zu werden.

Was ist ihrer Meinung nach dafür ver-antwortlich? Entwicklungen in unserenGesellschaften, die Säkularisierung?

Einen der Hauptgründe sehe ich da-rin, dass das Fundament unserer Kir-chen ins Wanken geraten ist. Wir be-schäftigen uns stark mit uns als Insti-tution und weniger mit dem Funda-ment, Jesus Christus. Das enormeWachstum der koreanischen Kirchenhing damit zusammen, dass wir die Bi-bel und Jesus Christus in den Mittel-punkt stellten. Als Salz der Erde wirk-ten wir in unsere Gesellschaft hinein.Viele Christen blieben aufrecht, als un-sere Nation unter der japanischen Ko-lonialherrschaft litt. In den 1970er Jah-ren standen wir an der Seite der armen

Industriearbeiter, und in den 1980ernkämpften wir gegen die Militärdiktaturund für Menschenrechte. Wir tatendies mit der Bibel in der Hand.

Und wo ist Jesus Christus heute?Dort, wo Unrecht geschieht und wo

Menschen leiden.

Besteht da nicht die Gefahr, dass dieKirchen nur noch Sozialarbeit machen,wie andere Organisationen auch?

Nicht, wenn wir uns auf die Bibelbeziehen und deutlich machen, dass wirim Auftrag von Jesus Christus unter-wegs sind. Genau das taten ja die Re-formatoren wie Martin Luther. Zurückzur Heiligen Schrift, sola scriptura. DieAufgabe der Kirchen der Reformationheute besteht darin, das Fundament derKirche wieder zu stärken. Wie könnenwir Licht der Welt und Salz der Erdesein? Das heißt für mich Reformation.

Zum Thema „Reformation und die Eine Welt“ führte die pfälzische Pfarrerinfür Weltmission und Ökumene, Marianne Wagner, ein Interview mit ReverentIn, Myung-jin von der Presbyterian Church of Korea (PCK). Pfarrer In gilt alsPionier der Demokratie- und Menschenrechtsarbeit in Korea und war einerder Motoren der Partnerschaft zwischen der Landeskirche und der PCK.

Pfarrerin Marianne Wagner im Gespräch mit Pfarrer In. (Foto: Benjamin Sitzmann)

Salz der Erde seinInterview mit Pfarrer In, Myung-jin aus Korea

1212

‰ Stichwort:

Presbyterianische Kirche von Korea (PCK)Mit mehr als 2,2 Millionen Mitglie-dern in 6300 Gemeinden ist die Pres-byterianische Kirche von Korea (PCK)eine der größten Kirchen in Korea. Sohoch wie in Südkorea ist der Anteilder Protestanten an der Bevölkerungin keinem anderen Land Asiens. Mehrals 25 Prozent der Bevölkerung gehö-ren einer christlichen Kirche an, etwa19 Prozent einer der protestantischenKirchen. ems

‰ Hinweis:Der Vortrag „Wo ich Jesus Christus traf– mein Ringen um Demokratisierungund soziale Gerechtigkeit im Licht desEvangeliums“, den Pfarrer In währendeiner Vortragsreise in Mainz und Hei-delberg hielt, ist in deutscher Sprachenachzulesen unter: http://moed-pfalz.de/wo-ich-jesus-christus-traf-mein-rin-gen- um-demokratisierung-und-sozial-e-gerechtigkeit-im-licht-des-evangeli-ums/.

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Globalisierung der TheologieWie deutsche evangelische Fakultäten ihre Exklusivität mit anderen teilen

Was war der Grund für den Verlag, denbeiden evangelischen Theologieprofes-soren Bernd Janowski und EberhardJüngel aus Tübingen die beiden ameri-kanischen Kollegen Hans Dieter Betzund Don S. Browning von der ChicagoUniversity zur Seite zu stellen? Es wa-ren, nach der Erklärung des Verlags,wirtschaftliche Gründe, die den Aus-schlag zu dieser Entscheidung gaben.Ein Projekt dieser Größenordnung kön-ne nicht mehr nur den deutschenMarkt in den Blick nehmen, sondernmüsse der weltweiten Verflechtung destheologischen Betriebs gerecht werden.Deshalb wurden Wissenschaftler ausaller Welt zur Mitarbeit eingeladen,und von Anfang an war eine englisch-sprachige Ausgabe des zunächst aufDeutsch erschienenen Werkes geplant.Diese wurde einige Jahre später beiChicago University Press veröffentlicht.

Was vordergründig wie eine reinwirtschaftliche Entscheidung zur bes-seren Vermarktung eines publizisti-schen Großprojekts aussieht, wirft bei

genauerem Hinsehen ein Licht aufschleichende Veränderungen innerhalbder wissenschaftlichen Theologie. Bisvor ein paar Jahrzehnten galt es alsunhinterfragte Regel, dass, wer immerevangelische Theologie auf hohem wis-senschaftlichem Niveau studieren will,sich einige Semester an einer deut-schen Fakultät einschreibt, dort seinenAbschluss macht und am besten nocheine Promotion anhängt.

Obwohl die deutschen Fakultäten inder Ökumene immer noch einen hervor-ragenden Ruf genießen, sind zuneh-mend theologische Ausbildungsstättenaus anderen Ländern auf dem Weg zuinternationaler Anerkennung. Gründedafür gibt es einige. Die ökumenischenPartnerschaften, die deutsche Landes-kirchen mit „jungen“ Kirchen in Afrika,Lateinamerika und Ostasien unterhal-ten, sorgen für einen personellen Aus-tausch, der beiden zugute kommt. Aberauch die vielen Theologinnen und Theo-logen aus den „jungen“ Kirchen, die ihreAbschlüsse an deutschen Fakultäten

gemacht haben, bemühen sich meistum eine Anhebung der Qualität dertheologischen Ausbildung in ihren Kir-chen. Und was den Wissenschaftstrans-fer zwischen Deutschland und den USAangeht, ist eine Trendwende festzustel-len: Gehörte es für frühere Generatio-nen amerikanischer Pfarrer zum gutenTon, je nach eigener theologischerSchulzugehörigkeit, in Marburg, Heidel-berg, Bonn oder Göttingen zu studieren,so zieht es in den vergangenen zwei bisdrei Jahrzehnten immer mehr Theolo-giestudierende zu Auslandssemesternan eine der Universitäten oder ein theo-logisches Seminar in den USA.

Die Fakultäten selbst reagieren aufdie Globalisierung der wissenschaftli-chen Theologie, indem sie diese durchForschungsnetzwerke zu planen und zusteuern versuchen. Beispielhaft dafürist das Forschungszentrum Internatio-nale und Interdisziplinäre Theologie(FIIT) an der Universität Heidelberg, dasin derzeit 14 Forschungsbereichen Pro-jekte durchführt, „von denen die meis-ten ohne ständige internationale Ko-operation und Vernetzung kaum denk-bar“ wären, wie Professor Michael Wel-ker, einer der Initiatoren des FIIT, be-tont. Durch eine Initiative des FIIT istein Verbund von weltweit 45 theologi-schen Hochschulen entstanden, diesich im „Global Network of ResearchCenters for Theology, Religious andChristian Studies“ zusammengeschlos-sen haben, um den Austausch von exa-minierten Theologen und Doktorandenetwa durch Stipendien und For-schungskolloquien zu intensivieren.

Durch Projekte, wie sie das FIIT inHeidelberg exemplarisch anregt, wirdder Globalisierung der theologischenWissenschaft auf zweierlei WeiseRechnung getragen: Zum einen durcheinen intensiven akademischen Aus-tausch über Ländergrenzen und Konti-nente hinweg; zum anderen aber durcheinen breiten Austausch der Theologiemit Geistes-, Lebens- und Naturwis-senschaften. Martin Schuck

Als der renommierte Wissenschaftsverlag Mohr Siebeck in Tübingen zwischen1998 und 2005 die acht Bände der Enzyklopädie „Religion in Geschichte undGegenwart“ veröffentlichte, war etwas Seltsames festzustellen: Wurden diebisherigen drei Auflagen 1909 bis 1913, 1927 bis 1932 und 1957 bis 1965nur von deutschen Theologieprofessoren herausgegeben, so teilten sich dies-mal zwei deutsche und zwei amerikanische Professoren die Herausgeberschaft.

Ausbildungsstätte mit Tradition: Swift Hall der University of Chicago Divinity School. (Foto: wiki)

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Namen und Nachrichten

Jugendliche in Papua. (Foto: lk)

Konfi-DankspendeWie junge Menschen für die Themender Einen Welt sensibilisiert werden,zeigt die Tradition der Konfirmanden-dankspende, zu der die Basler MissionPfalz in Zusammenarbeit mit dem Mis-sionarisch-Ökumenischen Dienst (MÖD)der Landeskirche aufruft. Mit dem ge-sammelten Geld sollen in diesem JahrStipendien für die Schul- und Berufs-ausbildung von Jugendlichen in Papuaermöglicht werden. Dort sollen sich diejungen Erwachsenen für eine nachhalti-ge soziale und wirtschaftliche Entwick-lung engagieren und sich dank ihrerAusbildung gegen Benachteiligungenaller Art wehren können.

Die GKI-Kirche in Papua (GerejaKristen Injili di Tanah Papua/Evangeli-sche Kirche im Land Papua) ist einePartnerkirche der Evangelischen Kircheder Pfalz. Die Tradition, sozial- und ent-wicklungspolitische Projekte von Part-nerkirchen zu unterstützen, gibt es seit1973. Jährlich kommen nach Auskunftder Baseler Mission bei der Konfirman-dendankspende bis zu 15000 Euro zu-sammen. Der Aufruf zur Dankspendeappelliere an die Konfirmanden, überdas eigene Beschenktwerden hinausauch an andere zu denken.

Die Konfirmanden erhalten ein Ge-schenk als Dank für ihre Teilnahme ander Konfirmandenaktion und als Zei-chen gelebter Solidarität. Die Buchzei-chen wurden in Heimarbeit von Frauenim Frauenzentrum der EvangelischenKirche im Land Papua hergestellt. lk

Kinderbibeln auch in Kuwait

Mehr als 2000 englischsprachige Exemplare der „Kinderbibel zum Selbstgestalten“hat die Bibelgesellschaft am Golf (BSG) an Kinder und ihre Familien in der indi-schen St.-Gregorios-Gemeinde in Kuwait verteilt. Das Konzept der „Kinderbibelzum Selbstgestalten“ geht auf den pfälzischen Pfarrer, Autoren und Leiter des Re-ligionspädagogischen Zentrums in Neustadt, Michael Landgraf, zurück.

Landgraf entwickelte die „Kinderbibel zum Selbstgestalten“ 2006 nach Besu-chen in Ghana und Bolivien. Er fand eine jeweils ähnliche Situation vor: viele mo-tivierte Kinder in einer Sonntagsschule, aber kein passendes Lernmaterial. Land-graf erprobte das Konzept auch erfolgreich in Deutschland. 2008 erschien bei derDeutschen Bibelgesellschaft und dem Calwer Verlag 2008 die erste Kinderbibelzum Selbstgestalten. Das Buch gibt es inzwischen in vielen weiteren Sprachen,unter anderem in Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Indonesisch, aber auchin indigenen Sprachen Südamerikas wie Aymara und Quetschua.

Bei der Veranstaltung in Kuweit mit rund 4000 Gemeindemitgliedern und Gäs-ten war auch Baselios Marthoma Paulose II. aus Indien anwesend. Der Repräsen-tant der Orthodox-Syrischen Kirche hatte die Schirmherrschaft für die Aktionübernommen. Unterstützt wurde die Kinderbibel-Aktion durch die Weltbibelhilfeder Deutschen Bibelgesellschaft.

Der Generalsekretär der BSG, Hrayr Jebejian, erklärte, dass es kein besseres Ge-schenk für Kinder gebe als die Bibel. Sie lehre sie ein Leben in Frieden und Har-monie und helfe ihnen, die Quelle des Glücks und der Hoffnung zu finden. JessyJaison, Sonntagsschullehrerin in der St.-Gregorios-Gemeinde, hob den pädagogi-schen Wert der Kinderbibel hervor. In einfacher Sprache würden die Texte des Al-ten und Neuen Testaments erzählt und zugleich könnten die Jungen und Mäd-chen die Geschichten in Bildern wiedergeben.

Die BSG macht christlichen Gemeinden in den arabischen Golfstaaten die Bi-bel zugänglich. Die Christen in der Region kommen aus vielen Staaten sowie un-terschiedlichen ethnischen und kulturellen Gemeinschaften. Die Bibelgesellschaftpubliziert und verbreitet die Bibel als Partner der Kirchen in 60 verschiedenenSprachen.

Die „Kinder-Bibel zum Selbstgestalten“ erscheint im Calwer Verlag, Stuttgart,14,95 Euro. lk

Hilfe

Altersgemäßer Zugang zu biblischen Geschichten: Die „Kinderbibel zum Selbstgestalten“ begeistert

Kinder rund um den Globus. (dbg)

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BilderbuchkarriereBeständigkeit und Zuverlässigkeit – dassind Tugenden, denen Hans Bohrmannein Arbeitsleben lang treu geblieben ist.Wenn ihn „seine“ Landeskirche am 31.Oktober 2016 in den Ruhestand verab-schiedet, kann Bohrmann auf mehr alsein halbes Jahrhundert im ÖffentlichenDienst zurückblicken. „Meine Berufs-wahl habe ich keinen Tag bereut“, sagtder 65-Jährige, der 23 seiner insgesamt51 Dienstjahre im Rechnungsprüfungs-amt der Landeskirche tätig war.

1993 wechselte Bohrmann von derVerbandsgemeindeverwaltung Eisen-berg ins Rechnungsprüfungsamt der

Evangelischen Kirche der Pfalz, dessenLeitung er vier Jahre später übernahm.2014 wurde er zum Oberverwaltungs-rat im Kirchendienst (i.K.) ernannt.

Die Verbundenheit des Kerzenhei-mers mit der Landeskirche kommt nichtvon ungefähr: Jugendarbeit in der Kir-chengemeinde, mit 22 ins Presbyteriumgewählt, dem er sieben Legislaturperi-oden treu blieb. „Nach 42 Jahren wollteich 2014 nicht mehr kandidieren“, sagtBohrmann. Was nicht heißen soll, dasser sich im Ruhestand überhaupt nichtmehr für die Kirche engagiert. Der Ver-ein für Pfälzische Kirchengeschichte,wo er als Schatzmeister die Finanzenregelt, zählt auf ihn ebenso wie dasProjekt „Zukunft mit Konzept“, für daser als ehrenamtlicher Berater der Kir-chengemeinden unterwegs ist. Undnicht zuletzt zählt seine Stimme auchkünftig in dem landeskirchlichen En-semble „Pfälzische Singgemeinde“. ckp

„Man kann nicht in Rente gehen undnichts mehr machen“, sagt Ulrike Ni-ckel beim Blick auf ihre Aktivitäten, dienicht mit dem 18. März, dem Tag ihrerVerabschiedung aus dem Dienst, been-det sein werden. Als Vorsitzendedes Kinderschutzbundes Neustadt-BadDürkheim zum Beispiel oder als Beisit-zerin in der Bundesprüfstelle für ju-gendgefährdende Medien wird sie ihrEngagement in der Jugendarbeit fort-setzen. Nur als Leiterin des Martin-Butzer-Hauses, der Jugendbildungs-und Freizeitstätte der EvangelischenKirche der Pfalz in Bad Dürkheim, wirdsie in den Ruhestand gehen. Aber washeißt „nur“ nach fast vier Jahrzehntenin dieser verantwortlichen Position?

Dass ihr Arbeitsfeld in der Jugendar-beit sein wird, wusste die in Pirmasensgeborene und aufgewachsene schonvon Jugend an. In der Kirchengemeindeleitete sie eine Mädchengruppe, beimCVJM war sie in einer Jungengruppe.

Beharrungsvermögen hat Ulrike Ni-ckel, die nach einer Ausbildung zurArzthelferin in Speyer und Ludwigsha-fen Sozialarbeit studierte, auch in ih-rem Berufsleben gezeigt. Kritischschaute die kirchliche Männerwelt inden 1980er Jahren auf die Zusammen-kunft von Frauen, die sich zu „Kamin-gesprächen“ im Butzer-Haus trafenund eine stärkere Frauenbeteiligung inder Landeskirche forderten. Ein „Ge-

denkstein“ erinnert heute ebenso daranwie eine Tafel an die Ausrufung desMartin-Butzer-Hauses zur atomwaf-fenfreien Zone. Als man von letztererAktion im Landeskirchenrat hörte, wur-de Ulrike Nickel angewiesen, das Schildnicht aufzustellen. Nachdem sie eineBegründung verlangt hatte, musste dieGesprächspartnerin in Speyer zunächstpassen und sich bei ihrem Chef kundigmachen. Dieser ließ schließlich aus-richten, dass die Leiterin des Hauses„es schon richtig machen werde“. DasSchild wurde aufgestellt.

Viele solcher Geschichten kann Ulri-ke Nickel erzählen und sich mittlerwei-le darüber amüsieren. Sie berichtet vonkleineren und größeren Renovierungs-arbeiten, erzählt über zwei Generatio-nen junger Menschen, für die das But-zer-Haus zur Heimat wurde und blicktzurück auf sechs Landesjugendpfarrer,mit denen sie zusammengearbeitet hat.„Dienet einander, ein jeder mit der Ga-be, die er empfangen hat, als die gutenHaushalter der mancherlei Gnade Got-tes“, das ist das biblische Leitmotiv ih-rer Arbeit, betont Nickel, die ihrenWunsch, etwas mitzugestalten, hochüber Bad Dürkheim verwirklichenkonnte. Es sei ihr Bemühen gewesen,„dass jeder, der von hier wieder weg-geht, eine Spur hinterlässt“. Ulrike Ni-ckel wird eine Spur hinterlassen. Einedeutliche. Wolfgang Schumacher

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Namen und Nachrichten

Abschied nach vier Jahrzehnten: Ulrike Nickel neben der Büste Martin Bucers. (Foto: lk)

Hans Bohrmann. (Foto: Landry)

„Sie werden es schon richtig machen“Langjährige Leiterin des Martin-Butzer-Hauses geht in den Ruhestand

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Evangelische Kirche der Pfalz, Landeskirchenrat, Öffentlichkeitsreferat, Domplatz 5, 67346 Speyer/Rhein P 3730 FPostvertriebsstückGebühr bezahlt

Heimat | Kirche | Pfalz

Kirche in Edenkoben

Name, Vorname

Straße, Nr.

PLZ, Ort

E-Mail

Datum, Unterschrift

In Edenkoben, zwischen Neustadt an der Weinstraße undLandau, steht sie in der Stadtmitte: die protestantische Kir-che, ehemals Laurentiuskirche, in der 2015 das 275-jährigeJubiläum gefeiert wurde. Im reformierten Stil erbaut, befin-det sich das Barockensemble von Kanzel, Altar und Pfarrge-stühl an der Längsseite im Norden der Kirche. An drei Seitenist die Kirche von einer Empore umgeben, an deren Brüstungsich 36 Gemälde zu Geschichten des Alten und Neuen Testa-ments befinden. Die Orgel mit historischem Prospekt ist einSchmuckstück für den großen Hallenbau ebenso wie dasgroße Gemälde mit fünf Engelsgestalten in der Mitte derDecke, das 1876 entstanden ist. Auch der Raum im Unterge-schoss des Turmes aus dem 15. Jahrhundert stellt eine Be-sonderheit dar und lädt als „Raum der Stille“ zum Innehaltenein. Seit der großen Innensanierung 2014/15 erstrahlt dieEdenkobener Kirche in neuem Glanz. (Foto: view/lk)Protestantische Kirche Edenkoben, Ludwigsplatz 24, 67480Edenkoben. „Offene Kirche“ von April bis Oktober, Montagund Dienstag von 10 bis 12 Uhr.Kontakt: Protestantisches Pfarramt, Weinstraße 94a, 67480Edenkoben. Telefon: 06323 4571. Mehr über evangelischeKirchen in der Pfalz in: Steffen Schramm (Hg.), „Räume lesen“, Verlagshaus Speyer, 18,80 Euro.

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