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GESELLSCHAFTPÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE
UMWELTMEDIZIN
TOPICFilaggrin und die Folgen
TOPICSystemische Ciclosporin-Therapie bei Atopischem Ekzem
PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIEAUSGABE 01 / 2015
IN KLINIK UND PRAXIS
UMWELTMEDIZINKlimawandel und Gesundheit
GESUNDHEITSPOLITIKDMP Allergie im ersten Anlauf gescheitert
Mit Beilage
MFA-PRAXISInformationen für Medizinische
Fachkräfte in der Pädiatrie
2 _ 3Editorial
heute halten
Sie zum letz-
ten Mal unsere
Zeitschrift
als gedruckte
Ausgabe in
Ihren Hän-
den – wie
schön sie sich
doch wieder anfühlt, wie gut sie wieder
riecht, wie viel Spaß es wieder macht,
sie durchzublättern und sie überall mit
hinzunehmen … doch Sie wissen, dass
es das letzte Mal ist. Glauben Sie mir,
auch für mich ist das ein eigenartiges
Gefühl. Jeder Neuanfang beinhaltet
Abschied von Vertrautem, Bewährtem,
Sicherem und erzeugt ein bisschen
Wehmut und man fragt sich wieder:
Warum dann ein Neuanfang? Vielleicht
deshalb, weil wir „mit der Zeit gehen“
müssen – einer Zeit, in der elektroni-
sche Medien zunehmend gefragt sind,
das eBook, das ePaper, das eJournal –
heute vielleicht noch von einer Minder-
heit, bald jedoch von der Mehrheit.
Zudem werden letztendlich auch Pati-
enten mit chronischen Erkrankungen
zukünftig online mit ihren Ärzten kom-
munizieren wollen, das heißt mit Ihnen.
So werden vielleicht Eltern von Kindern
mit einem Atopischen Ekzem nach Di-
agnosestellung und Therapieeinleitung
regelmäßig den Hautbefund als Bildda-
tei zu Ihnen schicken und Sie werden
die Therapie online steuern, ohne dass
das Kind Ihre Praxis oder Klinik aufsu-
chen muss. Dieses Vorgehen ist in einer
Veröffentlichung vom Oktober diesen
Jahres erstmals publiziert und sehr po-
sitiv beurteilt worden (Armstrong AW.
Patient-Centered, Direct-Access Online
Care for Management of Atopic Derma-
titis. JAMA Dermatol, published online
October 22, 2014).
Die aktuelle Ausgabe der „Pädiatrischen
Allergologie in Klinik und Praxis“ ist
dem Atopischen Ekzem gewidmet und
will Sie mit dem Aktuellsten zu Patho-
physiologie und Therapie vertraut ma-
chen. Seit 10 Jahren ist die Filaggrin-
Mutation als eine wesentliche Ursache
der Barrierestörung der Haut beschrie-
ben. Frank Ahrens, Sprecher der WAG
„Allergische Hauterkrankungen / Atopi-
sches Ekzem“ der GPA, hat hierzu die
neusten Daten zusammengetragen. Er
zeichnet auch für das Kapitel der Biolo-
gicals als neue Therapieoption verant-
wortlich. Nicht nur in der Onkologie,
der Rheumatologie oder Gastroentero-
logie sind diese Substanzen heute nicht
mehr verzichtbar, auch in der Allergo-
logie werden sie durch zunehmendes
Wissen um die immunologischen Zu-
sammenhänge Bausteine der Therapie.
So sind nun auch für die Behandlung
des Atopischen Ekzems erste Studien
publiziert: Beispielsweise zeigte sich für
Dupilumab, einem humanen monoklo-
nalen Antikörper, der Interleukin-4- und
Interleukin-13-Rezeptoren blockiert und
dessen Wirksamkeit schon beim allergi-
schen Asthma belegt ist, jetzt auch beim
Atopischen Ekzem eine eindrucksvolle
Verbesserung des Hautbefundes. In der
neuen Rubrik „Journal Club“ wird die
entsprechende im NEJM erschienene
Studie von Frau Dr. med. Meinrenken
zusammengefasst.
Hagen Ott, unser Ressortschriftleiter für
die Pädiatrische Dermatologie, geht in
seinem Beitrag auf die systemische The-
rapie des schweren Atopischen Ekzems
ein – immer wieder eine Herausforde-
rung für Patienten, Eltern und Behand-
ler gleichermaßen.
Ohne unsere neue Redakteurin, Frau
Dr. Susanne Meinrenken, und die Lei-
terin unserer Geschäftsstelle, Frau Ute
Lohschelder-Dreuw, sowie Dr. Ulrich
Kümmel und Albrecht Habicht von der
Agentur iKOMM wäre diese Ausgabe
auf dem Weg vom Papier zum eJournal
nicht möglich gewesen. Für deren uner-
müdliches Engagement möchte ich mich
an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Die nächste Ausgabe der Pädiatrischen
Allergologie in Klink und Praxis werden
Sie dann online erhalten. Deshalb sind
wir, damit Sie auch weiterhin Ihre
Zeitschrift regelmäßig lesen können, auf
Ihre aktuelle eMail-Adresse angewiesen.
Zögern Sie deshalb nicht, diese sicher-
heitshalber auch noch einmal an die
GPA Geschäftsstelle zu schicken.
Ich hoffe, Sie werden wohlwollend unse-
rem Weg in Richtung eJournal begleiten.
Mit besten Grüßen, Ihr Ernst Rietschel
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Durchatmen – Durchstarten!Die Zukunft beginnt mit dem nächsten Atemzug.
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Sie erhalten über den GPA-Newsletter einen Link zu
unserer Homepage: www.gpau.de. Dort führen wir
Sie für die Ausgabe 4 / 2014 und 1 / 2015 in einen
noch offenen Bereich der Zeitschrift, aus dem Sie die
aktuelle Ausgabe des eJournals als pdf-file auf Ihren
Rechner herunterladen können. Ab Ausgabe 2 / 2015,
wenn nur noch das eJournal erstellt wird, werden wir
einen geschlossenen Bereich auf unserer Homepage
geschaffen haben, auf den nur noch Mitglieder und
Abonnenten zugreifen können. Das Erscheinen kündigen
wir Ihnen dann auf mehreren Wegen an: durch Email,
per Newsletter, auf der Homepage, per social media
oder mittels anderer Kommunikationsmittel.
So finden Sie Zugang zum eJournal
ACHTUNGLetzte Printausgabe –
demnächst als eJournal.
4 _ 5
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Schriftleitung:
Prof. Dr. med. Albrecht Bufe, Universitätsklinik
Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum,
[email protected]; Dr. med. Armin Grübl, Kinderklinik
München-Schwabing, Klinik und Poliklinik f. Kinder- und
Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 80804 München,
[email protected]; PD Dr. med. Ernst Rietschel, Klinik
für Kinder und Jugendliche der Universitätsklinik Köln,
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PD Dr. med. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum
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tik); Dr. med. Thomas Lob-Corzilius, Christliches Kinderhos-
pital, 49074 Osnabrück (Umweltmedizin); PD Dr. med. Hagen
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rité Campus Virchow, Klinik m. S. Pädiatrische Pneumologie
und Immunologie, 13353 Berlin (Pädiatrische Immunologie)
Redaktion:
Dr. med. Susanne Meinrenken, Am Schäferhof 3,
28759 Bremen, [email protected]
Anzeigenleitung:
iKOMM GmbH, Albrecht Habicht.
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 1. Januar 2014
Erscheinungsweise:
Die Pädiatrische Allergologie in Klink und Praxis erscheint
vierteljährlich jeweils am Beginn des Quartals.
Bezugspreise:
Einzelheft: 15,00 Euro, Jahresabonnement: 42,00 Euro,
Jahresabonnement für Studenten (bei Vorlage einer
Bescheinigung): 31,50 Euro, (jeweils zzgl. Versandkosten).
Bildnachweis:
Dr. F. Ahrens: S. 6 | Prof. A. Bufe: S. 37 oben, Foto privat |
fotolia.com: Kaspars Grinvalds, Titelseite; tan4ikk, S. 11;
William Berry, S. 22 oben; , S. 25; Miredi, S. 27;
Jürgen Fälchle, S. 28 oben; midie, S. 30 oben |
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Oldenburg: S. 23 unten | iKOMM GmbH: S. 30 Mitte |
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Dr. E. Rietschel: S.3, Foto privat | Stock Image: elkor, S. 22
Mitte | Dr. Ch. Vogelberg: S. 37 unten, Foto privat |
wikonect GmbH: S. 35, S. 36 | Wikimedia Commons: S. 14
Layout: kippconcept gmbh, Bonn
ISSN: 1435-4233
Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 18. Jg / Nr. 1
TOPIC6 Filaggrin und die Folgen
Es ist lange bekannt, dass in der Pathogenese der
Neurodermitis ein Haut-Barrieredefekt eine Schlüssel-
rolle spielt: Mit der Mutation im Filaggrin-Gen wurde in
den letzten Jahren ein besonders häufiger Phänotyp
entdeckt, denn Filaggrin spielt für eine intakte Barriere-
funktion eine entscheidende Rolle.
10 Systemische Ciclosporin-Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit schwerem Atopischem Ekzem Bis zu 10 % der Patienten mit Atopischem Ekzem
entwickeln eine schwere Form, die gemäß europäischem
Konsensus durch SCORAD-Scores ≥ 40 definiert ist. Lässt
sich trotz intensiver interdisziplinärer Betreuung keine
ausreichende Symptomkontrolle erreichen, ist auch im
Kindes- und Jugendalter eine systemisch-immun-
suppressive Behandlung indiziert, die in erster Linie mit
Ciclosporin durchgeführt wird.
15 Biologicals bei Atopischem Ekzem Biologicals haben in den letzten 20 Jahren Eingang
in die Medizin gefunden. Auch in der Allergologie ist
das Omalizumab, ein Anti-IgE, für die Therapie des
schweren allergischen Asthma bronchiale und der
chronischen Urtikaria in therapierefraktären Fällen bei
Kindern / Jugendlichen zugelassen. Für die Therapie des
Atopischen Ekzems liegen für Kinder nur spärliche Daten
vor; trotzdem gibt es neue und interessante Aspekte zu
berichten.
WEITERE THEMEN20 Neue Immundefekte (12)
Immundefekt mit multiplen Darmatresien, TTC7A-Defekt
22 Der pneumologische Fall Krankheit des Säuglings klärt Diagnose des Großvaters
25 Aktuelle Fragen an den AllergologenHühnereiproteinfreier Grippe-Impfstoff für Kinder?
27 Klimawandel und Gesundheit Klimaveränderungen können direkte und indirekte
Auswirkungen auf die Gesundheit haben, darunter
z. B. neue und verstärkt auftretende Allergien – dies
erfordert geeignete Handlungsempfehlungen.
33 DMP Allergie im ersten Anlauf gescheitert Den Antrag auf ein DMP Allergie des Aktionsforums
Allergologie hat der Gemeinsame Bundesausschuss im
Sommer abgelehnt. Wichtige Passagen des Antrags
werden hier zusammenfassend dargestellt.
ELTERNRATGEBER30 Essen und genießen –
nicht so einfach für Allergiker
IN EIGENER SACHE / JOURNAL CLUB35 Preisverleihung, Personalien
39 Dupilumab bei Atopischer Dermatitis(Beck et al. N Engl J Med 2014; 371: 130-139)
VERANSTALTUNGEN37 Tagungen40 Termine
Inhalt / Impressum
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Von der Ichthyosis vulgaris zur NeurodermitisSeit der Entdeckung der genetischen
Grundlage der Ichthyosis vulgaris („Loss
of function“-Mutation Filaggrin, FLG),
der mit ca. 7 % in der deutschen Bevöl-
kerung häufigsten Keratinisierungsstö-
rung, haben sich Sichtweisen auch für
die Neurodermitis geändert und es sind
neue Fragen aufgetreten. Eine bessere
Phänotypisierung des Atopischen Ek-
zems in Subgrupppen, z. B. mit oder
ohne Filaggrin-Mutation, könnte eine
gezieltere und effektivere Therapie zur
Folge haben. Selbstverständlich ist die
Filaggrin-Mutation beim Atopischen
Ekzem nur ein besonders häufiger Phä-
notyp. In den letzten Jahren sind neue
Erkenntnisse zu epidermalen Differen-
zierungsprozessen gewonnen und wei-
tere Moleküle im Zusammenhang mit
Barrieredefekten identifiziert worden.
Auch in der Haut ablaufende Entzün-
dungsprozesse wurden inzwischen bes-
ser charakterisiert. Die Ichthyosis vulga-
ris ist nicht nur ein Nebenkriterium des
Atopischen Ekzems, sondern sie hat als
eigenständige Erkrankung eine gene-
tisch bedingte Pathophysiologie. Es gibt
offenbar Wechselbeziehungen zwischen
den beiden Erkrankungen.
Wie die bekannten Kohortenstudien
zeigen (s. unten), wird durch die Filag-
grin-Mutation der Krankheitsverlauf des
Atopischen Ekzems modifiziert. Es än-
dert sich das Sensibilisierungsrisiko für
bestimmte Allergene in den untersuchten
Populationen und es besteht die Vermu-
tung, dass die Sensibilisierung gegen-
über Nahrungsmitteln über die gestörte
Hautbarriere erfolgen könnte. Auch die
spätere Erkrankung an allergischer Rhi-
nokonjunktivitis und Asthma bronchiale
wird in ihrer Entwicklung beeinflusst.
Als Krankheits-„Modifier“ des Atopi-
schen Ekzems ist die Filaggrin-Mutation
am besten charakterisiert und ermög-
licht daher gegenüber den Patienten ei-
ne differenzierte Beratung.
Die Identifizierung des Filaggrin GensIm Jahr 2006 wurde die Filaggrin-Muta-
tion als Ursache der Ichtyosis vulgaris
(OMIM #146700) von Smith und Mit-
arbeitern identifiziert [17]. Die Muta-
tion ist autosomal semi-dominant mit
inkompletter Penetranz bzw. variabler
Expressivität. Die Erkrankung ist häufig
asymptomatisch. Es besteht eine tro-
ckene, raue, schuppende Haut, v. a. an
den Streckseiten der Extremitäten, im
Bereich des unteren Abdomens, aber
nicht im Bereich der Beugen. Als
häufigstes Merkmal besteht eine Hyper-
linearität der Handlinien, die v. a. gut
am Thenar zu erkennen ist (Abb. 1) [7].
Eine Keratosis pilaris ist ebenfalls häufig.
Die Diagnose ist in der Regel klinisch zu
stellen. Nur in Studien ist die Mutations-
analyse sinnvoll. Es ist eine Reihe von
verschiedenen Mutationen beschrieben.
Am häufigsten in Europa erscheint die
R501X und 2282del4 (1q21), wie in der
initialen Veröffentlichung beschrieben.
Diese Mutationen machen etwa 80 % der
Erkrankungen aus. Für asiatische Popula-
tionen sind andere Mutationen beschrie-
ben. Die große und repetitive Struktur
des FLG-Gens macht eine Routinediag-
nostik sehr schwierig.
Filaggrin und die FolgenFrank Ahrens, Altonaer Kinderkrankenhaus Hamburg
Die Neurodermitis (Atopisches Ekzem, atopische Dermatitis [AD]) betrifft in Deutschland jedes fünfte einjährige Kind.
Damit ist die Neurodermitis in diesem Alter die häufigste chronische Erkrankung. Die Belastung der Familien muss sehr hoch
eingeschätzt werden. Vor allem Juckreiz und Schlafverlust schränken die Lebensqualität erheblich ein. Es ist lange bekannt,
dass in der Pathogenese der Neurodermitis ein Haut-Barrieredefekt eine Schlüsselrolle spielt: Mit der Mutation im Filaggrin-Gen
wurde in den letzten Jahren ein besonders häufiger Phänotyp entdeckt. Denn Filaggrin spielt für eine intakte Barrierefunktion
eine entscheidende Rolle.
Abbildung 1. Hyperlinearität der Handlinien bei Vater und Kind
Topic 6 _ 7
Zusätzlich konnte im Weiteren gezeigt
werden, dass eine Variation in der Zahl
der Kopien im Gen vorliegt. Auch dies
führt zu einer unterschiedlichen Expres-
sion [4]. Der kürzeste Genotyp erhöht
das Ekzemrisiko um den Faktor 1,67,
unabhängig von einer vollständigen Mu-
tation mit Funktionsverlust.
Die BarrierestörungAus Studien, in denen Hautbiopsien
von Patienten mit Ichthyosis vulgaris
sowohl licht- als auch elektronenmikro-
skopisch untersucht worden waren,
war bereits bekannt, dass Keratohya-
lin-Granula verringert oder überhaupt
nicht vorhanden waren. Der Hauptbe-
standteil dieser Granula ist Profilaggrin.
Immunfärbungen konnten entsprechend
eine Reduktion der Filaggrin-Expression
nachweisen. Auch ließ sich die Reduk-
tion der Pro-Filaggrin-mRNA zeigen.
Das große, unlösliche Polyprotein Pro-
filaggrin wird degradiert und dephos-
phoryliert zum monomeren Filaggrin im
Stratum corneum. Später unterliegt es
der Proteolyse zu den zugrunde liegen-
den Aminosäuren. Auf welche Art und
Weise der parazelluläre Barrieredefekt
bei Filaggrindefizienz zustande kommt,
ist noch unklar. Profilaggrin ist der größ-
te Bestandteil der oben genannten Gra-
nula. Es enthält eine S100-kalziumbin-
dende Domäne, deren Funktion nicht
ganz klar ist. Möglicherweise nimmt sie
an kalziumabhängigen Differenzierungs-
prozessen in der Epidermis teil oder
ist an der Kontrolle des Prozesses der
Profilaggrin-Reifung beteiligt.
Das N-terminale Ende wird abgespalten
und an den Nukleus transportiert. Auch
die Funktion des C-terminalen Endes ist
nicht klar, aber es ist nötig zur weiteren
Prozessierung zum Filaggrin.
Das monomere Filaggrin bindet an Kera-
tin 1 und 10 und andere Filamente im
Zytoskelett. Dies erleichtert die Zell-
abflachung im Stratum corneum, um
Schuppen zu produzieren.
Auf der Oberfläche der Haut setzt Filag-
grin seine Aminosäuren frei. Diese sind
hygroskopisch und stellen den sog.
natural moisturing factor (NMF) dar [3].
Sphingomyelinase schützt gegenüber
Staphylokokkeninfektionen und wird
Filaggrin-abhängig sezerniert. Eine gute
und zum Teil hier zugrunde liegende
Übersicht über das Filaggrin findet sich
bei Brown et al. 2012 [3] (Abb. 2). Gao
et al. haben 2009 eine Assoziation der
Filaggrin-Mutation mit einem erhöhten
Risiko für ein Ekzema herpeticatum
gefunden [8].
Filaggrin ist inzwischen nur ein rela-
tiv gut charakterisiertes Beispiel einer
Barrierestörung der Haut. Auch bei Kin-
dern mit normaler Expression des Filag-
grin-Gens wurde eine Dysregulation
des Lipidmetabolismus gefunden [10].
Weitere Proteine des epidermalen Dif-
ferenzierungskomplexes (1q21) sind
Filaggrin 2, Hornerin und SPRR3. Auch
diese können zu einer Barrierestörung
beitragen [11].
Verschiedene Mutationen können einen Barrieredefekt mit der Folge eines Atopischen Ekzems bedingen
Epidermaler Differenzierungskomplex
(EDC) = 60 Gene:
� Loricrin � Involucrin � Small
Proline-rich Proteins � Late Cornified
Envelope Proteins
Kodierung fusionierter S100-Proteine
durch eine Familie aus 7 Genen:
� Filaggrin � Filaggrin 2 � Horne-
rin � Trichohyalin � Trichohya-
lin-like 1 � Repetin � CornulinModifiziert nach Brown et al. 2012
Profilaggrin
Filaggrin
Aminosäuren
Hauptbestandteil der Keratohyalin-
Granula
Wirkung gegenStaphylokokken
kalziumabhängige Signale an Keratinozyten
Aggregation von intermediären Filamenten
Beitrag zur Struktur und Funktion
des Stratum corneum
Hemmung des transepidermalen
Feuchtigkeitsverlusts
Hydrierung des Stratum corneum
Ansäuerung
Enukleation während der Verhornung
Photoprotektion und Immunomodulation
Abbildung 2. Funktion von Profilaggrin und Filaggrin
Profilaggrin, Filaggrin und deren Vorläufer-Aminosäuren sind multifunktionelle Proteine, die für die Zusammensetzung und
Funktion der Hautbarriere zuständig sind. Im Diagramm werden die bekannten und möglichen Funktionen dargestellt.
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Tabelle 1. Klinische Merkmale und pathologische Mechanismen bei AD mit FLG-Mutation gegenüber AD ohne FLG-Mutation
HauttherapieUnterschiedliche Phänotypen des Ato-
pischen Ekzems erfordern selbstver-
ständlich auch unterschiedliche Thera-
pien. Es sollte zur Basistherapie nicht
nur eine Rehydratation zusammen mit
einer Wiederherstellung der Hautbarri-
ere erfolgen, sondern auch bei Entzün-
dungen antiinflammatorisch behandelt
werden. Bei der Ichthyosis vulgaris ist
diese Therapie aus der Pathophysiologie
heraus inzwischen gut begründbar. Die
Therapie der Ichthyosis vulgaris und
des Atopischen Ekzems folgt ähnlichen,
aber nicht gleichen Grundsätzen. Ein
gezielter Ersatz des Filaggrins durch
äußerlich angewendete Cremes ist noch
nicht möglich, aber bestimmte Thera-
pien versuchen z. B. den Anteil der auf-
gebrachten Sphingolipide zu erhöhen.
Ob eine frühzeitige Hauttherapie auch
Sensibilisierungen verhindern kann, ist
Gegenstand von aktuellen Studien. Für
alle aktuellen und zukünftigen Thera-
pien der Neurodermitis ist möglicher-
weise mit einem unterschiedlichen An-
sprechen zu rechnen – je nachdem, ob
auch eine Filaggrin-Mutation vorliegt.
In einer multizentrischen Studie wur-
den 124 Hochrisiko-Neugeborene re-
krutiert, um den Effekt von mindestens
1-mal täglichem Eincremen als Vorbeuge-
maßnahme gegenüber Ekzem zu zeigen.
Tatsächlich konnte die Ekzemhäufigkeit
um ca. 50 % herabgesetzt werden [16].
Filaggrin in KohortenstudienMöglicherweise konnte aus methodi-
schen Gründen die Filaggrin-Mutation
in früheren Jahren in den genomweiten
Assoziationsstudien nicht ohne Wei-
teres gefunden werden. Wenn man die
Untersuchungen gezielt mit FLG-SNPs
wiederholt, findet sich doch eine deutli-
che Assoziation [6].
Mit der Möglichkeit der Testung wurde
dann seit 2006 versucht, in den großen
Kohortenstudien weitere Risikofaktoren
zu identifizieren.
In der bekannten multizentrischen Al-
lergiestudie in Deutschland (MAS90)
wurden 871 Kinder im Alter von 13 Jah-
ren für Filaggrin-Mutationen typisiert.
Es fand sich, dass Säuglinge mit Ekzem,
Nahrungsmittelallergie und Filaggrin-
Mutation später zu praktisch 100 % an
Asthma bronchiale litten [12]. Auch in
der ETAC-Studienpopulation (n = 496)
konnte die Assoziation mit Asthma
bronchiale bestätigt werden [13]. In
der niederländischen PIAMA-Studie
wurden 934 Teilnehmer auf Filaggrin-
Mutationen untersucht. Laut dieser
Daten verstärkte eine frühe Katzenexpo-
sition den Effekt der 2282del4-Mutation
[14]. Als Risikofaktor für das Atopische
Ekzem erwies sich die Mutation v. a. für
jüngere Kinder.
In der Copenhagen-Study wurden 411
Kinder von Müttern mit Asthma bron-
chiale verfolgt. 43,5 % hatten bis zum
3. Geburtstag ein Ekzem. Das relative
Risiko (OR) für eine Filaggrin-Mutation
war in der Gruppe der Kinder mit Ek-
zem mit 3,20 am höchsten [2]. Filaggrin
kommt in den Atemwegen nicht vor.
Modifikation des „atopischen Marsches“ durch die Filaggrin-MutationDer Begriff des „atopischen Marsches“
beschreibt die mögliche sequenzielle
Erkrankung an zunächst Ekzem und
Nahrungsmittelallergien im frühesten
Kindesalter und später an einer allergi-
schen Rhinokonjunktivitis und Asthma
bronchiale. Bei Kindern mit moderatem
bis schwerem Verlauf des Ekzems findet
sich wenigstens eine Filaggrin-Mutation
bei 50 %. Allerdings wird bei Patienten
mit schwerem Ekzem durch Entzündungs-
zytokine die Expression von Filaggrin
herunterreguliert [15].
Kinder mit Filaggrin-Mutation haben
also einen schwereren Verlauf, ein
AD-Typ Klinik Pathologie
AD-FLG Hyperlinearität der Handlinien Mangel an NMF
Stärkere Persistenz pH
Höhere allergische Sensibilisierung IL-1β
Höheres Asthmarisiko Typ 1 Interferon-mediierte Stressantwort
Höherer Schweregrad
Häufiger Eczema herpeticatum
AD-Non-FLG Keine Hyperlinearität der Handlinien Gering verminderter NMF
Weniger persistierend pH niedriger
Weniger allergische Sensibilisierung IL-1β niedriger
Niedrigeres Asthmarisiko Dysregulation des Lipidmetabolismus
NMF = Natural Moisturizing Factor
Modifiziert nach Donald et al. 2014
Topic 8 _ 9
Literatur
1 Ainsworth C. Risse in der Mauer. Spektrum der Wissen-
schaft 2013, Band 1
2 Bisgaars H, Halkjaer LB, Hinge R et al. Risk analysis
of early childhood eczema. J Allergy Clin Immunol.
2009;123(6):1355-60.e5
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frühes Sensibilisierungsrisiko für Nah-
rungsmittelallergien sowie gegenüber
Katzen und zeigen später häufig ein
Asthma bronchiale.
Einfluss auf unsere Beratung und TherapieDie Ichthyosis vulgaris ist mit dem
Atopischen Ekzem eine wichtige, auch
wechselwirkende Komorbidität. Wir
können sie anhand der klinischen Kenn-
zeichen gut diagnostizieren. Es fällt
dabei im Gespräch mit Patienten oder
Eltern leicht, pathophysiologisch den
Bedarf an ständiger Hauttherapie mit
„Moisturizern“ zu erklären.
Wie wir aus den Kohortenstudien
wissen, haben Ekzempatienten mit
Ichthyosis vulgaris ein hohes Risiko für
einen frühen, schweren, persistierenden
Verlauf mit Nahrungsmittelsensibilisie-
rung und später allergischer Rhinokon-
junktivitis und Asthma bronchiale. Ein
weiterer interessanter Aspekt für unsere
differenzialtherapeutischen Überlegun-
gen ist, dass das Anti-IgE Omalizumab
auf das Ekzem von Patienten mit Fi-
laggrin-Mutation möglicherweise nicht
wirkt, während es bei den Patienten
ohne FLG-Mutation eine gewisse Wir-
kung hat. Dies ist ein wichtiges, wenn
auch noch zu bestätigendes, Beispiel für
eine Differenzierungsnotwendigkeit der
Phänotypen des Ekzems vor Therapie
(Hotze et al. 2014) (Tab. 1). Weiterhin
ist die Therapie des Atopischen Ekzems
eine Off-label-Therapie für besondere
Fälle (vergleiche Topic „Biologicals“
von F. Ahrens in dieser Ausgabe, S. 15).
ZusammenfassungKlinisch können Patienten mit Ichthyo-
sis vulgaris (Stichwort: Hyperlineari-
tät der Handlinien etc., Abb. 1) mit re-
lativ hoher Treffsicherheit identifiziert
werden. In der Beratung der Patienten
mit dieser genetisch bedingten Erkran-
kung lässt sich die Sinnhaftigkeit der
regelmäßigen Hauttherapie mit „Mois-
turizern“ gut begründen. Wenn zusätz-
lich ein Ekzem vorliegt (nicht nur eine
irritative Dermatitis) kann der Verlauf
schwer, lange und mit einem hohen
Sensibilisierungsrisiko assoziiert sein.
Auch ein späteres Asthma bronchiale
Altonaer Kinderkrankenhaus
Bleickenallee 38 | 22763 Hamburg
Dr. med. Frank Ahrens
Conflict of interest: Der Autor gibt an, ein Vortragshonorar von Novartis erhalten zu haben.
ist, v. a. wenn zusätzliche Nahrungs-
mittelsensibilisierungen vorliegen,
sehr wahrscheinlich. Inwieweit hier
präventive Ansätze möglich sind, ist
noch offen. Der Kinder- und Jugendarzt
bzw. der pädiatrische Allergologe kann
und sollte diese Patienten während
ihres „atopischen Marsches“ umfassend
begleiten – nicht zuletzt um auch Folge-
schäden zu vermeiden.
Die Entdeckung des Filaggrin-Gens und
seine Folgen waren in den letzten Jah-
ren ein entscheidender Durchbruch im
Verständnis der Pathophysiologie von
atopischen Erkrankungen. Aber auch
die spezifische Beratung und Therapie
dieser Subgruppe von Patienten haben
sich in den letzten Jahren gewandelt.
Möglicherweise ist dies der Aufbruch
zu weiteren Differenzierungen und
Entdeckungen.
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
PharmakologieBei Ciclosporin (Synonym: Ciclosporin
A, Cyclosporin A, CsA) handelt es sich
um ein zyklisches Peptid aus 11 Ami-
nosäuren, das erstmalig 1970 aus dem
Bodenpilz Tolypocladium inflatum (Be-
auveria nivea) isoliert wurde. Es besitzt
ein höheres Molekulargewicht als die zur
topischen AE-Behandlung eingesetzten
Immunsuppressiva Pimecrolimus und
Tacrolimus, sodass es zur Lokaltherapie
auf der Haut nicht geeignet ist.
Sein Wirkmechanismus entspricht
jedoch weitgehend dem der genann-
ten topischen Calcineurin-Inhibitoren.
Nach systemischer Gabe bindet auch
CsA in T-Zellen an ein zytosolisches
Immunophilin (Cyclophilin) und hemmt
Calcineurin, eine kalziumabhängige
Phosphatase. In der Folge wird die
Phosphorylierung des nukleären Faktors
aktivierter T-Zellen (NF-AT) verhin-
dert, wodurch schließlich die Synthese
T-Zell-aktivierender Zytokine, insbe-
sondere von Interleukin-2, unterbunden
wird (Abb. 2) [2]. Bei der Behandlung
des AE wird CsA ausschließlich oral
appliziert und erreicht nach ca. 2-4
Stunden Spitzenkonzentrationen im
Plasma, wo es als lipophile Substanz
hauptsächlich an Lipoproteine bindet.
Die orale Bioverfügbarkeit zeigt starke
interindividuelle Schwankungen von ca.
20-50 % und hängt unter anderem von
der Galenik des eingesetzten Präparats
ab. So lässt sich durch den Einsatz von
CsA-Mikroemulsionen im Vergleich zu
herkömmlichen Zubereitungen eine
schnellere und vollständigere Resorption
erzielen. CsA wird fast ausschließlich
über das hepatische und intestinale
Cytochrom-P450-System metabolisiert
(CYP3A4, CYP3A5) und vorwiegend
hepatisch eliminiert [1].
Klinische EffektivitätIn einer kürzlich erschienenen Meta-
analyse untersuchten Roekevisch et al.
die Effektivität der oralen Behandlung
mit CsA bei Patienten mit moderatem
bis schwerem AE. Nach Auswertung
randomisierter, kontrollierter Studien
fanden sie, dass die Kurzzeitanwendung
von CsA (maximal 8 Wochen) zu einer
dosisabhängigen Besserung klinischer
Systemische Ciclosporin-Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit schwerem Atopischem EkzemA. Arens, H. Ott, Fachbereich Pädiatrische Dermatologie und Allergologie,
Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT, Hannover
Mindestens 14 % der in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen erkranken bis zum 18. Lebensjahr an einem
Atopischen Ekzem (AE) [12]. Bis zu 10 % dieser Patienten entwickeln ein schweres AE, das gemäß europäischem Konsensus
durch SCORAD-Scores ≥ 40 definiert ist [9]. Derart betroffene Kinder leiden regelhaft unter einer starken Beeinträchtigung ihrer
Lebensqualität und weisen im Vergleich zu hautgesunden Gleichaltrigen eine signifikant erhöhte Rate psychologischer Komorbi-
ditäten auf [14]. Daher ist eine interdisziplinäre Betreuung zu fordern, die neben einer intensivierten Lokaltherapie zusätzliche
Maßnahmen zur Information, Instruktion, Edukation und Rehabilitation betroffener Kinder und ihrer Familien umfasst (Abb. 1).
Lässt sich dennoch keine ausreichende Symptomkontrolle erreichen, ist auch im Kindes- und Jugendalter eine systemisch-
immunsuppressive Behandlung indiziert, die in erster Linie mit Ciclosporin durchgeführt wird.
Referenz Studiendesign nAlter (Jahre)
CsA-Dosis (mg / kg KG)
Therapiedauer
8 Retrospektive Kohorte 15 5–15 2–4 6–32 Monate
9 Offen, nichtkontrolliert 27 2–16 5 6 Wochen
10 Offen, nichtkontrolliert 18 3–16 5–6 4–12 Wochen
11 Offen, randomisiert, kontrolliert 43 2–16 5 3 Monate bis 1 Jahr
12 Offen, nichtkontrolliert 10 2–16 2,5 8 Wochen
Tabelle 1. Bislang publizierte Studien zur systemischen CsA-Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit AE
Modifiziert nach [13]
Topic 10 _ 11
Abbildung 1. Stufenplan zur Behandlung des AE und Vorschläge zu sinnvollen adjuvanten Maßnahmen
Einsatz von topischen Immunmodulatoren nur bei Unverträglichkeit / Nichtwirksamkeit topischer Glukokortikoide und / oder in Glukokortikoid-sensitiven Arealen
Ott et al. 2014, Springer Verlag [8]
Schweregrad-Scores von 53-95 % führte.
Zusätzlich erwies sich CsA im Vergleich
zu anderen systemischen Arzneimitteln,
wie z. B. Prednisolon oder intravenösen
Immunglobulinen, als wirksamer. In
der Langzeittherapie des schweren AE
(maximal 1 Jahr) ließ sich ebenfalls ein
klinischer Nutzen von CsA zeigen, auch
wenn die analysierten Studien einen
niedrigen Evidenzgrad aufwiesen [10].
Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass
bislang nur wenige Untersuchungen mit
ausschließlich pädiatrischen Patienten-
kollektiven durchgeführt wurden, die
unter anderem aufgrund von variablen
CsA-Dosierungen und unterschiedli-
chen Nachbeobachtungszeiträumen nur
eingeschränkt miteinander vergleichbar
sind (Tab. 1) [13]. Erstaunlicherweise
liegen Ergebnisse randomisierter, pla-
zebokontrollierter Studien zur Anwen-
dung von CsA bei kindlichem AE noch
immer nicht vor.
Neben- / Wechselwirkungen und KontraindikationenNebenwirkungen, die zu einem vorzei-
tigen Therapieende führen, treten bei
der Behandlung pädiatrischer AE-Pa-
tienten aufgrund vergleichsweise kurzer
Therapiezyklen und niedriger CsA-
Tagesdosen nur selten auf. So erwies
sich die Behandlung mit CsA in einer
Dosierung von bis zu 5 mg / kg Körper-
gewicht (KG) über einen Zeitraum von
maximal 12 Monaten in den bisher
durchgeführten pädiatrischen Untersu-
chungen als sicher und gut verträglich
[3, 5, 6, 10, 13, 15]. Dementsprechend
sind unerwünschte CsA-Wirkungen in
der überwiegenden Mehrzahl der pädia-
trischen AE-Patienten vollständig rever-
sibel, insbesondere ein persistierender
arterieller Hypertonus oder schwere,
strukturelle Nierenschäden werden bei
zuvor nierengesunden Kindern unter
Behandlung mit niedrigen bis mittleren
CsA-Dosen (≤ 5 mg / kg KG) in der Regel
nicht beobachtet. Leichte bis mäßige un-
erwünschte Effekte können jedoch auch
bei niedriger und mittlerer CsA-Dosie-
rung häufig (1–10 %) oder gelegentlich
(0,1–1 %) auftreten (Tab. 2).
Unter Langzeittherapie mit hohen
CsA-Dosierungen, wie sie in der Trans-
plantationsmedizin erfolgt, ist das
Risiko für die Entstehung UV-indu-
zierter, epithelialer Tumoren deutlich
erhöht. Auch wenn sich dieses Risiko
aufgrund erheblich kürzerer Behand-
lungsphasen und niedrigerer CsA-
Dosierungen nicht unmittelbar
auf entsprechend behandelte Kinder
und Jugendliche mit AE übertragen
lässt, kann ein erhöhtes Photokarzino-
genitätsrisiko in dieser Patientengruppe
bislang nicht sicher ausgeschlossen
werden. Daher sind stringente Sonnen-
schutzmaßnahmen obligat (UV-Exposi-
tionsprophylaxe, Sonnenschutzmittel
Persistierendes, schweres AEVorherige Therapiestufe +
immunmodulierende Systemtherapie (Ciclosporin A) oder UV-Therapie
Stufentherapie
RehabilitationStationäre Rehabilitationsmaßnahme in pädiatrischer Fachklinik
Adjuvante Maßnahmen
EdukationEltern- und Patientenschulung nach AGNES-Curriculum
InstruktionEincremetechniken, fett-feuchte Verbän-de, Kratz-Stopp-Übungen etc.
InformationAusführliches Aufklärungsgespräch, schriftliches Informationsmaterial etc.
Mäßiges AEVorherige Therapiestufe +
topisches Glukokortikoid (Wirkstärke 2 bis 3) und / oder topischer Calcineurininhibitor (≥ 2 Lebensjahre)
Leichtes AEVorherige Therapiestufe +
topisches Glukokortikoid (Wirkstärke 1 bis 2) und / oder topische Antipruriginosa, topische Antiseptika und / oder
topischer Calcineurininhibitor (≥ 2 Lebensjahre)
Leichtes AEExterna-Basistherapie, Vermeidung bzw. Reduktion
von Triggerfaktoren
Unter Ciclosporin-Therapie ist an geeigneten Sonnenschutz zu denken!
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
mit Lichtschutzfaktor 50+, textiler Son-
nenschutz etc.).
Zur Vermeidung unerwünschter Wech-
selwirkungen sollte aufgrund seiner
vorwiegend CYP450-abhängigen, he-
patischen Metabolisierung eine simul-
tane Anwendung von CsA und gleich-
artig metabolisierten Arzneimitteln
vermieden werden. Ist die gleichzei-
tige Gabe jedoch unumgänglich, sollte
besonderes Augenmerk darauf gerichtet
werden, dass es zu einer Steigerung
(CYP3A4 / 5-Inhibition) oder Senkung
(CYP3A4 / 5-Induktion) des CsA-Plas-
maspiegels kommen kann. Zusätzlich
ist zu berücksichtigen, dass das Risiko
CsA-assoziierter, renaler Nebenwirkun-
gen durch potenziell nephrotoxische
Medikamente signifikant erhöht wird
(Tab. 3) [11].
Lebendimpfungen sollten unter im-
munsuppressiver Therapie mit CsA
nicht durchgeführt werden und es ist
zu beachten, dass die Wirksamkeit von
Totimpfstoffen unter CsA-Behandlung
potenziell vermindert ist. Daher wird
in der aktuellen Neurodermitis-Leitlinie
der Arbeitsgemeinschaft der Wissen-
schaftlichen Medizinischen Fach-
gesellschaften (AWMF) eine Therapie-
pause von 2 Wochen vor und min-
destens 4 Wochen nach der Impfung
empfohlen.
Kontraindikationen für eine CsA-Therapie
ergeben sich in folgenden, bei pädiatri-
schen AE-Patienten insgesamt seltenen
Situationen [7]:
� Klinisch relevante Nieren- und
Leberfunktionsstörungen
� Unkontrollierter Hypertonus
� Unkontrollierte Infektionen
� Malignome (aktuell / anamnestisch)
� Gleichzeitige UV-Therapie
� Schwangerschaft
� Alkoholkrankheit
Gemäß Fachinformation sollten vor
Behandlungsbeginn zusätzlich Varizel-
leninfektionen sowie Infektionen mit
Mollusca contagiosa (Dellwarzen) und
humanen Papillomviren (Condylomata,
multiple Verrucae vulgares) abgeheilt
sein. Auch manifeste Herpes simplex-
Infektionen und ein akuter Herpes
zoster sollten bei Therapiebeginn
nicht vorliegen, während diese viralen
Hautkrankheiten keinen zwingenden
Grund zur Unterbrechung einer bereits
eingeleiteten CsA-Therapie darstellen.
Praktische AspekteIndikationsstellung und Off-label-Anwendung
CsA ist bei Erwachsenen zur Behand-
lung schwerer, therapieresistenter For-
men eines länger bestehenden Atopi-
schen Ekzems zugelassen, das mit einer
konventionellen Therapie nicht ausrei-
chend behandelbar ist (Rote Liste 2014).
Bei Patienten mit einem Lebensalter
< 18 Jahren erfolgt die Anwendung von
CsA jedoch außerhalb der Zulassung
und ist daher schweren Verlaufsformen
vorbehalten. Diese sind nach aktuellem
Konsensus durch einen großflächigen
Befall des Hautorgans, eine hohe Rezi-
divneigung, ungenügendes Ansprechen
auf topische Therapieversuche und / oder
eine starke Einschränkung der Lebens-
qualität charakterisiert [7].
Die Off-label-Anwendung erfordert zu-
sätzlich eine strukturierte Vorbereitung
und Dokumentation, die unter anderem
folgende Aspekte berücksichtigen soll-
ten [modifiziert nach 4]:
� Sorgfältige Sicherung von Diagnose
und Therapieindikation
� Überprüfung der Compliance unter
vorheriger Behandlung mit zugelasse-
nen Medikamenten
� Beachtung aktueller, konsentierter
Leitlinien
� Ausführliche Aufklärung des Patienten
und seiner Familie, insbesondere hin-
sichtlich potenzieller Nebenwirkungen
� Unterschriebene Einverständnis-
erklärung des Patienten bzw. des / der
Sorgeberechtigten
T-Zelle
P
NF-AT
P
NF-AT
Zellkern(TranskriptionZytokin-Gene)
Immunophilin
Calcineurin
T-Zell-Rezeptor
Ca2+
Calcineurin-Inhibitor
Abbildung 2. Molekularer Wirkmechanismus von Ciclosporin A
Quelle: Ott et al. 2014
Erläuterungen s. Text, NF-AT = nukleärer Faktor aktivierter T-Zellen
Topic 12 _ 13
Voruntersuchungen und Monitoring
Vor Einleitung einer systemischen
CsA-Therapie ist auch bei Kindern und
Jugendlichen eine eingehende klinische
und gezielte laborchemische Diagnostik
angezeigt. So sollten mittels einer aus-
führlichen Anamnese und körperlichen
Untersuchung mögliche Risikofaktoren
und Kontraindikationen erfasst werden.
Zusätzlich ist ein konsequentes Monitoring
zu empfehlen, das vor Therapiebeginn,
nach 2 Wochen und anschließend in
4-wöchigen Abständen erfolgen sollte [7]:
� Körperliche Untersuchung
� Blutdruckmessung
� Urin-Status
� Labor: Blutbild, GOT, GPT, Gamma-GT,
alkalische Phosphatase, Bilirubin, Se-
rumkreatinin, Harnstoff, Cholesterin /
Triglyceride (in 8-wöchigem Abstand)
Eine Bestimmung des CsA-Plasmaspie-
gels ist hingegen nicht regelhaft erfor-
derlich, kann aber z. B. als Hinweis auf
eine mangelnde Compliance oder bei
Verdacht auf Arzneimittelinteraktionen
im Einzelfall hilfreich sein.
Dosierung und Therapiedauer
In Abhängigkeit vom klinischen Schwe-
regrad kann die CsA-Behandlung mit
Dosierungen von 2,5 bis maximal 5 mg /
kg Körpergewicht eingeleitet werden.
Aufgrund ihrer besseren Bioverfügbar-
keit und des schnelleren Wirkeintritts
werden Präparate, die CsA-Mikroemul-
sionen enthalten, häufig bevorzugt. Ihre
Einnahme sollte mit dem Ziel möglichst
gleichmäßiger Plasmaspiegel in 2 Ein-
zeldosen, jeweils zur gleichen Tageszeit
und konstant entweder prä- oder post-
prandial erfolgen. Aufgrund des schma-
len therapeutischen Fensters ist nach
adäquatem Ansprechen eine Reduktion
auf die niedrigst mögliche, individuelle
Erhaltungsdosis empfehlenswert (z. B.
in Schritten von 0,5 mg / kg KG in zwei-
wöchigen Abständen) [7].
Wirkmechanismus / Wechselwirkung Gleichartig metabolisierte Medikamente
CYP450-Inhibition p
Erhöhung des CsA-Plasmaspiegels
Makrolid-Antibiotika
Azol-Antimykotika
Doxycyclin
Gentamycin, Tobramycin
Ciprofloxacin
Furosemid
Thiazid-Diuretika
Kalziumantagonisten
Metoclopramid
Allopurinol
CYP450-Induktion p
Senkung des CsA-Plasmaspiegels
Aromatische Antikonvulsiva
Rifampicin
Isoniazid
Terbinafin
Metamizol
Fakultative Erhöhung der Nephrotoxizität Nichtsteroidale Antirheumatika
Gentamycin, Tobramycin
Vancomycin
Ciprofloxacin
Amphotericin B
Methotrexat
Aciclovir
Tabelle 3. Auswahl potenzieller Arzneimittelinteraktionen unter CsA-Therapie
Modifiziert nach [11]
Organsystem Unerwünschte Wirkung
Niere Nierenfunktionsstörung, irreversible Nephropathie unter Langzeittherapie
Gastrointestinaltrakt Gingivahyperplasie, Übelkeit, Bauchschmerzen
Haut Hypertrichose, Akne
Nervensystem Tremor, Müdigkeit, Kopfschmerzen, akrale Dysästhesien
Stoffwechsel Hyperlipidämie, Hyperkaliämie, Hyperglykämie, Hyperurikämie
Blutbild Anämie
Tabelle 2. Häufige und gelegentliche Nebenwirkungen einer systemischen Ciclosporin-Therapie
Modifiziert nach [7]
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
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Hagen Ott gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Pädiatrische Dermatologie und Allergologie
Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT
Zentrum für Kinder und Jugendliche
Janusz-Korczak-Allee 12 | 30173 Hannover
PD Dr. med. Hagen Ott
Bei schwerem AE im Kindes- und
Jugendalter wird CsA am häufigsten im
Rahmen einer Kurzzeit-Therapie über
jeweils maximal 4-6 Monate eingesetzt.
Nur in Ausnahmefällen kann nach sorg-
fältiger, individueller Abwägung eine
Langzeittherapie auch bei pädiatrischen
Patienten aufrechterhalten werden.
Allerdings sollte nach spätestens 2 Jah-
ren ein Auslassversuch unternommen
werden. Bei Auftreten eines arteriellen
Hypertonus und / oder Erhöhung des
Serumkreatinins ≥ 30 % über dem Aus-
gangswert sollte die CsA-Dosis zunächst
reduziert werden (z. B. um 25 %). Eine
zusätzliche antihypertensive Therapie
ist bei Kindern, die aufgrund eines
AE behandelt werden, zumeist nicht
erforderlich. Persistieren die genannten
Komplikationen trotz Dosisreduktion,
sollte die CsA-Therapie beendet wer-
den. Ein Therapieabbruch ist auch bei
fehlendem Therapieerfolg nach ca.
2 Monaten und bei Eintreten von Kon-
traindikationen (s. oben) zu empfehlen.
FazitCsA kann als Reservemedikament zur
Behandlung des schweren AE im Kindes-
und Jugendalter eingesetzt werden. Es
ist Patienten mit stark beeinträchtigter
Lebensqualität vorbehalten und sollte
nur zur Behandlung protrahierter Krank-
heitsverläufe, die auf eine konventionelle
Therapie nicht angesprochen haben,
verwendet werden. Unter adäquaten
klinischen und laborchemischen Ver-
laufskontrollen wird CsA in niedriger bis
mittlerer Dosierung von der überwiegen-
den Mehrzahl behandelter Kinder ohne
ernste Komplikationen toleriert. Die
Behandlung erfolgt zumeist als Kurzzeit-
Intervall-Therapie über 4-6 Monate, kann
aber in Einzelfällen auch als Langzeit-
therapie durchgeführt werden.
Molekularstruktur von Ciclosporin: Stark lipophiles, neutrales, zyklisches Polypeptid aus 11 Aminosäuren
(Undekapeptid) mit einem Molekulargewicht von 1202,6.
Topic 14 _ 15
FallvignetteEin 16-jähriges Mädchen musste inner-
halb eines Jahres 10-malig ihren Adre-
nalin-Pen einsetzen. Seit dem Säuglings-
alter bestanden ein schweres Atopisches
Ekzem, diverse Nahrungsmittelallergien,
seit Jahren eine eher leichte saisonale
allergische Rhinokonjunktivitis und ein
Asthma bronchiale, das sich mit einem
Salmeterol-Fluticason-Diskus (50 / 100)
2-mal tgl. gut kontrollierten ließ.
Da die anaphylaktoiden Episoden v. a.
im schulischen Umfeld durch andere
Maßnahmen offenbar nicht in den Griff
zu bekommen waren, wurde ein Off-la-
bel-Einsatz von Omalizumab begonnen.
Die Patientin erhielt alle 2 Wochen eine
Dosis von 600 mg Omalizumab. Ab der
10. Wiederholungsdosis kam es unmit-
telbar nach der Gabe zu einer schweren
Ekzemexazerbation. Auch bei wieder-
holter Anwendung musste die Patientin
trotz systemischer Therapie mit Anti-
histaminika und Steroiden zweimalig
stationär behandelt werden. Trotz inten-
siver Prämedikation und intensivierter
Hauttherapie waren die schweren, re-
produzierbaren Exazerbationen in der
Summe therapielimitierend: Die Omali-
zumab-Injektionen wurden beendet. An-
schließend verlief das Atopische Ekzem
wieder in der gewohnten Schwere.
Neue Therapieansätze beim
Atopischen Ekzem
Für das Atopische Ekzem (Neurodermi-
tis, Atopische Dermatitis [AD]) sind die
bisher vorhandenen Therapieansätze in
vielen Fällen nach wie vor nicht in der
Lage, die Erkrankung ausreichend zu
Biologicals bei Atopischem EkzemFrank Ahrens, Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg
Biologicals haben in den letzten 20 Jahren Eingang in die Medizin gefunden. Auch in der Allergologie ist das Omalizumab,
ein Anti-IgE, seit inzwischen 10 Jahren für die Therapie des schweren allergischen Asthma bronchiale zugelassen (aktuelle
Zulassung ab dem 6. Lebensjahr). Bei der chronischen Urtikaria hat es sich in therapierefraktären Fällen als überraschend
effektiv erwiesen (Zulassung in Deutschland ab 12 Jahren). Für die Therapie des Atopischen Ekzems sind für Kinder nur
spärliche Daten vorhanden. Trotzdem gibt es einige neue und interessante Aspekte.
Inzwischen sind weitere Generationen von Biologicals mit neuen Eigenschaften in der Entwicklung bzw. in der Zulassung.
Besonders vielversprechende Ergebnisse zur Therapie des Atopischen Ekzems hat aktuell das Dupilumab.
Antikörper Wirkung Studien Kinderstudien Literatur / Studien
Omalizumab Humaner monoklonaler Antikörper gegen freies IgE ca. 34 Patienten ca. 4 Patienten siehe Abschnitt
zu Omalizumab
Rituximab Chimärer monoklonaler Antikörper gegen CD20;
eliminiert B-Zellen
Pilotstudie und Fallberichte siehe Abschnitt
zu Rituximab
Dupilumab Humaner monoklonaler Antikörper gegen den IL4-Rezeptor;
blockiert damit IL4 und IL13
ca. 55 Patienten in
Dosisfindungsstudie
siehe Abschnitt
zu Dupilumab
Mepolizumab Humaner monoklonaler Antikörper, der IL5 bindet und damit die
peripheren eosinophilen Granulozyten reduziert.
43 Patienten in einer
plazebokontrollierten Studie
siehe Abschnitt
zu Mepolizumab
Infliximab Chimärer monoklonaler Antikörper, der die Aktivität von
TNF-β blockiert
Pilotstudie und Fallbericht siehe Abschnitt
zu Infliximab
AMG157 Humaner monoklonaler Antikörper, der die TSLP-Interaktion
(Thymic Stromal Lymphopoetin) mit dessen Rezeptor blockiert
Phase 1 NCT00757042
Ustekinumab Monoklonaler Antikörper gegen die p40-Untereinheit von IL12 / 23 Phase 2 NCT01806662
Tabelle 1. Biologicals für das Atopische Ekzem
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Abbildung 1. Einteilung und spezifische Wirkungsmechanismen topischer und systemischer Medikamente, die derzeit in der Therapie der AD geprüft werden.
kontrollieren. Die Beeinträchtigung der
Lebensqualität ist vor allem durch den
Juckreiz erheblich. Auch der lange,
chronische Verlauf stellt eine besondere
therapeutische Herausforderung dar. Ein
wichtiger Ansatz ist die Therapie der
häufigen Barrierestörung der Haut. Dies
gilt v. a. für die Patienten mit prädispo-
nierender Filaggrin-Mutation (s. Topic-
Thema S. 6). Ein weiterer Aspekt ist die
Therapie von Infektionen der Haut.
Bei vielen Patienten liegt eine Entzün-
dung in der Haut mit Th2-abhängigen
Zytokinen vor. Eine Zusammenfassung
der neuen Therapieansätze findet
sich bei Schäkel et al. (2014). Es wird
unterschieden zwischen spezifischen
und unspezifischen antientzündlichen
Strategien sowie juckreizbeeinflussen-
den Konzepten (Abb. 1).
In dem vorliegenden Artikel soll vor-
wiegend der Stand der klinisch relevan-
ten Entwicklung sog. „Biologicals“ für
die Behandlung des Atopischen Ekzems
kurz zusammengefasst werden. In einem
schon etwas zurückliegenden Review
wurden bereits einige der neuen Biolo-
gicals gewertet [4].
Antikörper Wirkung Studien Kinderstudien Literatur / Studien
Pitakinra Von IL4 abgeleitetes rekombinantes Protein.
Blockiert auch den IL4-Alphaketten-Rezeptor
Phase-1a doppelblinde, plazebokon-
trollierte Studie ohne signifikanten Effekt
Anakinra IL1-Rezeptor-Antagonist Studie läuft NCT01122914
Alefacept Fusionsprotein aus LFA-3, CD58 und
IgG1 Fc-Domäne. Blockiert LFA-3 mit CD2
Widersprüchliche Studien NCT00832585
Interleukin 37 Antiinflammatorisches Zytokin durch
negatives Feedback auf IL10
Keine Studien
Apremilast PDE-4-Inhibitor, damit Hemmung
der Hochregulation der Inflammation
Phase-2-Studie mit geringem Effekt NCT02087943
Tabelle 2. Weitere Substanzen mit immunologischem Therapieziel in Studien zum Atopischen Ekzem
Quelle: Schäkel et al. 2014 (vollständiges Literaturzitat, s. unten; Figur 1)
Spezifische Strategien: Anti-TSLP blockiert die Wirkung des von Keratinozyten (KC) freigesetzten Thymic Stromal
Lymphopoitin (TSLP) auf Dendritischen Zellen (DC); IL-1β RA (Rezeptorantagonist) blockiert die Wirkung des proinflammat-
orischen Zytokins IL-1β; Fusionsprotein aus LFA-3, CD58 und IgG1 Fc-Domäne blockiert die Interaktion von LFA-3 mit CD2;
Anti-IgE blockiert die Bindung des freien IgE an Basophile und an B-Zellen; Anti-IL-4/IL-13 RA blockieren die Bindung von
IL-4 und IL-13 an ihren Rezeptor; Chymase-Inhibitor blockiert Wirkung von aus Mastzellen freigesetzter Chymase. Die
beiden unteren Teilabbildungen zeigen breit wirkende antiinflammatorische sowie antipruriginöse Substanzen.
Topic 16 _ 17
Biologicals in diesem Sinne sind mono-
klonale Antikörper, die in die spezifi-
sche Immunität der Th2-gesteuerten
Immunität und deren Regulation ein-
greifen (Tab. 1); weitere Substanzen zur
immunologischen Therapie der AD
zeigt Tabelle 2.
Omalizumab
Für die Therapie des schweren Atopi-
schen Ekzems mit Omalizumab liegen
nur begrenzt Daten vor. Da es sich über-
wiegend um Kasuistiken handelt, ist
mit einem Study-Bias zu rechnen. Fälle
oder Fallserien mit negativem Ausgang
werden möglicherweise nicht in glei-
chem Umfang mitgeteilt. Aus Thailand
wird über 3 erwachsene Patienten mit
schwerem Ekzem berichtet, die von der
Therapie profitiert haben [18]. Caruso et
al. behandelten ein 15-jähriges Mäd-
chen, dessen Symptome sich deutlich
und rasch verbessert hätten [5]. Lane
et al. haben 3 Kinder im Alter von
10–12 Jahren erfolgreich behandelt [12].
Forman und Garret berichten über einen
41-jährigen Mann, dessen Hautbefund
besser wurde [7].
Bei Kim et al. wurden 10 erwachsene
Patienten behandelt. Der SCORAD bes-
serte sich bei 7 Patienten [10]. Krathen
et al. berichten aber auch über 3 erwach-
sene Patienten, bei denen die Therapie
nicht erfolgreich war [11]. Mehrere Pa-
tienten mit Hyper-IgE-Syndrom, deren
Ekzem sich unter der Therapie verbes-
sert habe, sind ebenfalls in der Literatur
zu finden [1, 6].
Da offensichtlich die Ergebnisse der
Therapie des Atopischen Ekzems mit
Omalizumab heterogen sind und nicht
jeder Patient von der Behandlung pro-
fitiert, wäre es notwendig nach prädik-
tiven Faktoren einer erfolgreichen Be-
handlung zu suchen. Möglicherweise
profitiert nur eine klarer definierte Sub-
gruppe der Patienten.
Quelle: Belloni et al. 2011 (vollständiges Literaturzitat, s unten; Figur 1)
Abbildung 2. Ergebnisse der Dupilumab-Therapie
Quelle: Vatrella et al. 2014 (vollständiges Literaturzitat, s. unten; Figur 2)
IL-4IL-4 IL-
13IL-13
IL-4R α γC IL-4R α IL-13R α1 IL-13R α2
Cytoplasm
No signaling
TranscriptionNucleus
Tik2JAK1/2
STAT6STAT6STAT6
STAT6
STAT6
STAT6
STAT6
STAT6
P P
P P
P P
P P
JAK3JAK1
Abbildung 3. Biologische Aktivität von Interleukin 4 und 13
Membranrezeptoren und intrazellulärer Signalpfad aktiviert durch IL4 und / oder IL13. IL4 und IL13 üben ihre biologische
Aktivität durch Aktivierung eines heterodimeren Rezeptor-Komplexes aus, der aus der IL4-Rezeptor-Untereinheit (IL4-R)
und der IL13-Rezeptor-Untereinheit (IL13-R1) besteht. Die Bindung von IL13 an IL13-R1 induziert eine Heterodimerisierung
des IL4-R. Dies kann auch durch IL4 angestoßen werden. Aktiviert werden dadurch JAK1 / 22 und Tyk2-Tyrosinkinase, die
für die Phosphorylierung von STAT-6 verantwortlich sind. Das phosphorylierte STAT-6 dimerisiert und wandert vom
Zytosol in den Nukleus, wo es an die Promotor-Region von IL4- / IL13-Antwortgenen bindet. IL13 kann sich auch an die
Rezeptor-2-Kette (IL13-R2) binden, die nicht an Dimerisierungsmechanismen oder intrazelluläre Signalpfade gekoppelt ist.
Der Rezeptor / Signal-Komplex aus IL4-R und C-Kette, verbunden mit JAK1 / 3-Kinasen, kann nur durch IL4 aktiviert werden,
aber nicht durch IL13. (IL: Interleukin; JAK: Janus Kinase; P: Phosphorylierung; STAT6: Signal Transducer and Activator of
Transcription 6; Tik2: Tyrosin-Kinase 2)
Patientenspezifische Veränderung bzgl. des SCORAD-
Scores (A), des Verhältnisses von IgE- / IgG-Messen-
ger-RNA (B) und der TARC-Werte (C). Die mRNA-Ratios
werden auf der Basis von der Gesamtheit der Transkripte
von IgM, IgG und IgE berechnet und als prozentuales
Verhältnis der entsprechenden Immunoglobulin-
Transkripte ausgedrückt. Im oberen Teil der y-Achse sind
positive klinische Ergebnisse dargestellt (Reduktion im
SCORAD, TARC-Werte, IgE / IgG-mRNA).
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
In einer Fallserie von 11 Patienten,
bei denen die Behandlungsergebnisse
sehr stark streuten (3 Patienten hat-
ten sich sogar verschlechtert), wurde
nach verschiedenen immunologischen
Parametern gesucht, die mit dem
Hautzustand korrelieren könnten. Ein
Zusammenhang mit der Expression von
IgE- / IgG-Messenger-RNA oder TARC
konnte nicht festgestellt werden [3]. Die
Therapie erfolgte mit 150 mg Omalizu-
mab alle 2 Wochen, auch bei sehr hohen
IgE-Werten, z.T. über 5000 kU/l (Abb. 2).
In einer Studie von Hotze et al wurden
20 Patienten prospektiv untersucht.
Alle 7 identifizierten Patienten mit
Filaggrin-Mutation hatten nicht von der
Therapie mit Omalizumab profitiert.
8 Patienten mit gutem Therapieergeb-
nis hatten keine Filaggrin-Mutation.
Offensichtlich wirkt die Therapie bei
Patienten mit Filaggrin-Mutation kaum
[8]. Ein primärer Hautbarrieredefekt
macht offensichtlich ein Ansprechen
auf die Therapie mit Omalizumab un-
wahrscheinlicher. Denkbar ist natürlich,
dass noch weitere Faktoren gefunden
werden, die die Prognose bzgl. des The-
rapieergebnisses beeinflussen könnten.
Rituximab (Anti CD20)
Rituximab ist ein monoklonaler Anti-
körper, der gegen CD20 auf B-Zellen
gerichtet ist und damit zuverlässig für
mehrere Monate B-Zellen vernichtet,
die diesen Oberflächenmarker tragen.
Entwickelt wurde Rituximab gegen
Non-Hodgkin-Lymphome. Bei Atopi-
schem Ekzem in einer Studie mit 6
Patienten wurde eine deutliche Besse-
rung erzielt, die sich in einer anderen
Studie mit 2 Patienten nicht bestätigen
ließ [16, 17]. Auch eine Switch-Therapie
mit Omalizumab ist beschrieben.
Mepolizumab (Anti-IL5)
Mepolizumab ist ein monoklonaler An-
tikörper, der IL5 bindet. IL5 induziert
eine Ausschwemmung von eosinophi-
len Granulozyten in das periphere Blut.
Bei Asthma-Patienten wird die peri-
phere Zahl von Eosinophilen reduziert.
In einer randomisierten, plazebokon-
trollierten Studie an 43 Patienten mit
schwerem Ekzem konnte kein klinisch
signifikanter Effekt nachgewiesen wer-
den. Die Zahl der eosinophilen Granulo-
zyten wurde deutlich reduziert [14].
Efalizumab (CD11a-Blockade)
Efalizumab wurde aus Sicherheits-
gründen vom Markt genommen. Dieser
Antikörper war für schweres Atopisches
Ekzem entwickelt worden.
Infliximab (Anti-TNF-β)
Infliximab ist ein Anti-TNF-β-Antikör-
per, der die Aktivität von TNF-β neu-
tralisiert. Es wurden 9 Patienten in einer
Studie mit therapierefraktärem Ekzem
untersucht. Initial ergab sich eine Bes-
serung, die sich nicht halten ließ. Aus
anderen Studien sind als Nebenwirkung
der Infliximab-Therapie ekzematische
Reaktionen bekannt [9].
Ustekinumab (Anti-IL12 / 23)
Ustekinumab ist ein humaner monoklo-
naler Antikörper gegen die p40-Unterein-
heit von IL12 / 23. Es ist für die Therapie
der Psoriasis von Erwachsenen zugelas-
sen. Eine Phase-2-Studie zur Wirksamkeit
beim Atopischen Ekzem ist eingeleitet.
Tocilizumab (Anti-IL6)
Tocilizumab ist ein IL6-Antikörper, der
den IL6-Pfad blockiert. In einer Studie
sind schwere bakterielle Superinfektio-
nen aufgetreten [13].
Dupilumab
Dupilumab ist ein vollständig humaner
monoklonaler Antikörper, der IL4 und
IL13 blockiert und sich bei Asthma mit
Eosinophilie als effektiv erwiesen hat
[19, 20]. Dieser Antikörper ist gegen die Quelle: Beck et al. 2014 (vollständiges Literaturzitat,
s. unten; Figur 1)
Abbildung 4. 4 Studien und ihre Ergebnisse zur Therapie des AD mit Dupilumab
Endpunkte bzgl. der Wirksamkeit in 2 Studien über 4
Wochen (M4A und M4B) sowie einer Studie über 12
Wochen (M12). In den Studienarmen M4A und M4B
(4-Wochen-Studien mit Dupilumab-Monotherapie in
den USA und multinational) führte die Therapie mit
Dupilumab zu einem dosisabhängigen Anstieg von Pa-
tienten mit einer 50 %igen Verbesserung des EASI 50
(Eczema Area and Severity Index Score) am Tag 29 (A)
und genauso zu einer Reduktion des Juckreizes über
die Zeit: letzteres gezeigt durch eine durchschnittliche
prozentuale Änderung in einer numerischen Juckreiz-
Skala, auf der eine höhere Zahl stärkeren Juckreiz
anzeigt (B). Am Tag 85 in der Studie M12, einer
12-wöchigen Dupilumab-Monotherapie, führte die
Behandlung mit 300 mg Dupilumab gegenüber Plazebo
zu einer signifikant höheren Zahl von Patienten, die
die Kriterien für EASI 50 % erfüllten (C) und einer
signifikanten Reduktion auf der Pruritus-Skala (D).
Topic 18 _ 19
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β-Untereinheit des IL4-Rezeptors ge-
richtet und daher in der Lage, IL4- und
IL13-Signalübertragungswege zu blo-
ckieren. IL4 und IL13 haben zu einem
großen Teil überlappende Funktionen.
Daher ist ein Ansatz, beide Moleküle zu
blockieren, sinnvoll (Abb. 3). In einer
doppelblinden, plazebokontrollierten
Studie mit Dosisfindungsarmen wurden
insgesamt 51 erwachsene Patienten
mit Atopischem Ekzem mit Dupilumab
behandelt. Es kam zu einer raschen und
eindeutigen Besserung (siehe Journal
Club, S. 39). Hautscore (EASI) und
Pruritus waren nach 2 Wochen bereits
signifikant gebessert (Abb. 4) [2].
DiskussionBei unserer Patientin lag das Therapie-
ziel in einer schwierigen und bedroh-
lichen Situation eher in der Verringe-
rung der Anaphylaxie-Episoden. Das
Atopische Ekzem war nicht die Indikati-
on für die Behandlung mit Omalizumab.
In Studien ist eine Veränderung der
Reaktionsschwelle für Nahrungsmit-
telallergien beschrieben, allerdings
sind Patienten bekannt, die auch unter
Therapie mit Omalizumab weiter
schwer anaphylaktisch reagierten, daher
ist diese denkbare Indikation zu Recht
umstritten.
Das Ekzem unserer Patientin ver-
schlechterte sich reproduzierbar unter
der Therapie, die daher abgebrochen
wurde. Der Adrenalin-Pen war aber
unter der Behandlung nicht mehr ein-
gesetzt worden. Möglicherweise kann
Omalizumab beim therapierefraktären
Atopischen Ekzem trotzdem eine Rolle
spielen, wenn die Patienten evtl. besser
ausgewählt werden. Bemerkenswert ist,
dass bei Patienten ohne Filaggrin-Muta-
tion offensichtlich eher eine Wirksam-
keit zu erwarten ist [8].
Die Daten für das Dupilumab sind noch
sehr vorläufig, aber durchaus sehr viel-
versprechend. Bisher haben Biologicals
aufgrund der nicht überzeugenden Er-
gebnisse beim Atopischen Ekzem nur
geringe Bedeutung erlangt, obwohl v. a.
bei schweren, kontinuierlichen Verläu-
fen dringend weitere Therapieoptionen
wünschenswert wären. Spannend ist
der Ansatz, den IL4 / IL13-Pfad mit dem
Antikörper vollständig zu blockieren.
IL4 und IL13 alleine zu blockieren ge-
nügt offensichtlich nicht. Weitere Stu-
dien müssen die Wirksamkeit belegen.
Altonaer Kinderkrankenhaus
Bleickenallee 38 | 22763 Hamburg
Dr. med. Frank Ahrens
Conflict of interest: Der Autor gibt an, ein Vortragshonorar von Novartis erhalten zu haben.
Merke: Biologicals bei Atopischem Ekzem
� Eine genauer definierte Patientenselektion könnte zu besseren Ergebnissen in der Therapie mit Biologicals führen. Omalizumab hat für das Atopische Ekzem heterogene Studienergebnisse, möglicherweise bessere, wenn nur Patienten ohne Filaggrin-Mutation selektiert werden.
� Dupilumab hat Potenzial; weitere Studien, insbe-sondere mit Kindern, müssen abgewartet werden.
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
NEUE IMMUNDEFEKTE (12)
Immundefekt mit multiplen Darmatresien, TTC7A-DefektVolker Wahn, Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie
Erstbeschreibung 1973In Teil 12 der Serie wird nun ein Im-
mundefekt besprochen, der bereits seit
1973 bekannt ist (Guttmann et al. 1973).
Natürlich waren zu diesem Zeitpunkt
weder die Immunologie noch die Gene-
tik so weit entwickelt, dass die Zusam-
menhänge zwischen Darmerkrankung
und Immunsystem in vollem Umfang
verstanden wurden. Man vermutete
allerdings aufgrund der Konsanguinität
einiger Familien einen genetischen Hin-
tergrund der multiplen Darmatresien im
Sinne eines Foundereffekts, der seinen
Ursprung um das Jahr 1650 haben sollte.
Klinisch ist der TTC7A-Defekt charak-
terisiert durch multiple Darmatresien in
Verbindung mit einem Immundefekt, der
bis zu einem SCID-ähnlichen Bild füh-
ren kann. Anhand der Laborwerte zeigt
sich ein kombinierter Immundefekt, von
dem besonders die T-Zellen betroffen
sind, weniger die B- und NK-Zellen.
Lymphozytendepletion und DarmatresienSamuels et al. (2013) konnten dann die
Mutation bei TTC7A mittels Whole
Exome Sequencing aufklären [7]. Das
Ergebnis dieser Untersuchungen wurde
durch Chen et al. (2013) bestätigt. Letz-
tere konnten auch zeigen, dass TTC7A
eine wichtige Rolle in Thymusepithe-
lien spielt, und dass bei Fehlen von
TTC7A der Thymus und die sekundären
lymphatischen Organe erheblich an
Lymphozyten depletiert sind.
Die Pathophysiologie wurde dann von
Bigorgne et al (2014) weiter analysiert [2].
Abbildung 1 verdeutlicht die Zusammen-
hänge schematisch. Offenbar ist bei die-
ser Erkrankung die apikobasale Polarität
der Darmepithelien durch Hyperaktivi-
tät der Rho-Kinase (ROCK) gestört. ROCK
moduliert die intrazelluläre Dynamik
von Actin; eine Hyperaktivität von ROCK
stört die physiologische Entwicklung des
Darms und trägt zu multiplen Atresien
bei. ROCK selbst wird unmittelbar durch
RhoA reguliert und durch TTC7A ge-
hemmt. Neben seiner Funktion im Darm
ist TTC7A in Lymphozyten unerlässlich
für die Homöostase der Lymphozyten-
homöostase, indem es Funktionen wie
Zelladhäsion, -proliferation und -migrati-
on reguliert. Für die Therapie zeigen sich
besondere Probleme, wenn die Kombi-
nation multipler Darmatresien mit
einem schweren T-Zell-Defekt vorliegt.
Es kann nach Dünndarmtransplantation
(im Darm sind ja Spender-T-Zellen) zu
einer schweren Graft-versus-Host Erkran-
kung kommen [4].
Klinisches Spektrum der TTC7A-MutationenÜber früh manifeste chronisch-entzünd-
liche Darmerkrankungen (CED) in Ver-
bindung mit Primären Immundefekten
wurde bereits berichtet (siehe Pädiatr
Allergol 1 / 2014, S. 17-19). Avitzur et
al. (2014) beschrieben in diesem Jahr 5
Patienten mit TTC7A-Mutationen, die
sich nicht mit multiplen Darmatresien,
sondern mit einer früh einsetzenden,
schweren CED präsentierten [1]. Offen-
bar hat TTC7A zusätzlich einen hem-
menden Einfluss auf die Apoptose von
Enterozyten, der bei einer Loss-of-Func-
tion-Mutation fehlt.
Erneut erweitert wurde das klinische
Spektrum, unter dem sich der TT-
C7A-Defekt zeigen kann, von Lemoine
et al. (2014). Die Autoren wiesen nach,
dass auch dem Enteropathie-Lympho-
zytopenie-Alopezie-Syndrom eine
TTC7A-Mutation zugrunde liegt [6].
Charité Universitätsmedizin Berlin
Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie
Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Volker Wahn
Wodurch können angeborene Immundefekte auffallen?
1. Pathologische Infektanfälligkeit� für unterschiedliche Erreger (Bakterien,
Mykobakterien, Viren, Pilze, Parasiten)� selektiv nur für bestimmte Erreger
(z. B. Pneumokokken, Staphylokokken, atypische Mykobakterien, Candida, Herpes simplex, Epstein-Barr-Virus)
2. Typische klinische Befunde
3. Autoimmunität
4. Autoinflammation
5. Granulombildung
6. Lymphoproliferation
Regelmäßig aktualisierte Neuigkeiten
über Primäre Immundefekte finden Sie unter:
http://www.immundefekt.de/cgi-bin/aktuell.cgi
Weitere Themen 20 _ 21
Literatur
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tetratricopeptide repeat domain 7A result in a severe form
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sequencing identifies tetratricopeptide repeat domain
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atresia. J Med Genet 2013; 50(5): 324-9
Abbildung 1. Ziele von ROCK bei der Organisation des Zytoskeletts
Die Modulation des Zytoskeletts ist erforderlich für die Koordination der Zelladhäsion, -polarisation und -migration. Die aktive Form von RhoA (RhoA-GTP) aktiviert ROCK und interagiert
mit dem intrazellulären Signalübertragungsweg der Integrine. Daneben moduliert RhoA die Reorganisation des Zytoskeletts über FAK (focal adhesion kinase) – Aktivierung und apikobasale
Polarität der Zelle durch Phosphorylierung der PTEN (phosphatase and tensin homolog). Jenseits von ROCK bedarf es der Phosphorylierung von MLC (myosin light chain) für die Zusam-
mensetzung von Actomyosin-Komplexen. ROCK reguliert die MLC-Phosphatase (MLCPase) herunter, was zu einem Anstieg an phosphoryliertem MLC führt, aber auch zu Zellkontraktion,
Aktinorganisation, Stressfaser-Bildung und fokalen Adhäsionen, welche der Zelle Kontraktilität und Bewegungseigenschaften verleihen. Die Phosphorylierung der Effektor-ERM-Proteine
(Ezrin, Radixin, Moesin) wird benötigt für die Ausbildung der Mikrovilli. LIM-K (phosphorylated LIM domain kinase) phosphoryliert und somit deaktiviert das Aktin-depolymerisierende
Protein Cofilin. TTC7A hat vermutlich eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der ROCK-Aktivität. Fehlt TTC7A, entfällt die Hemmung von ROCK, welches dann mit gesteigerter Aktivität und
unkontrolliert seine Funktionen ausüben kann. MLCK = myosin light chain kinase; NHE1 = Na+ / H+ exchange protein. ROCK = Rho-Kinase
Modifiziert nach Bigorgne et al 2014
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
DER PNEUMOLOGISCHE FALL
Krankheit des Säuglings klärt Diagnose des GroßvatersT. Hübner, Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Neonatologie und Intensivmedizin, Klinikum Oldenburg, Medizinischer Campus der Universität Oldenburg
N. Schwerk, Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Medizinische Hochschule Hannover
M. Griese, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Klinikum der Universität München
J. Seidenberg, Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Neonatologie und Intensivmedizin,
Klinikum Oldenburg, Medizinischer Campus der Universität Oldenburg
ErstvorstellungEin reifgeborenes Mädchen entwickel-
te in den ersten Lebenswochen eine
progrediente Dyspnoe ohne Besserung
unter einer altersentsprechenden anti-
biotischen Therapie. Kardiologisch er-
gab sich ein regelrechter Befund. Das
Röntgenbild zeigt eine diffuse Zeich-
nungsvermehrung, die Computertomo-
grafie eine homogene milchglasartige
Trübung (Abb. 1).
Wiederholte bronchoalveoäre Lavage führt zur DiagnoseDie bronchoalveoäre Lavage (BAL)
zeigte nicht die vermutete Alveolarpro-
teinose, sondern sehr klares Sekret ohne
Trübung. Die Differenzialzytologie war
normalverteilt bei allerdings erhöhter
Gesamtzellzahl mit überwiegend Mak-
rophagen. Es erfolgte eine minimalinva-
sive videoassistierte thorakoskopische
Lungenbiopsie. Auch hier zeigte sich
keine Alveolarproteinose, jedoch eine
deutliche lymphozytäre Entzündung mit
vermehrt Siderophagen. Pneumocys-
tis jiroveci, CMV oder andere Erreger
ließen sich nicht nachweisen.
Eine Steroidpulstherapie mit 10 mg / kg
KG Prednisolon an drei aufeinander-
folgenden Tagen hatte nur mäßigen Er-
folg. Bei zunehmender Verschlechterung
mit Notwendigkeit der Beatmung wur-
de eine erneute BAL durchgeführt, die
dann die typische milchige Trübung wie
bei Alveolarproteinose zeigte (Abb. 2).
Die biochemische Analyse konnte bei
stark erhöhtem Gesamtprotein, initial
(vor Surfactantgabe, Spuren 1 und 2 auf
Höhe des Pfeils) kein Surfactantprotein
C (SP-C) nachweisen, bei normalem
Gehalt an Surfactantprotein B (Abb. 4).
Lungenlavage mit Effekt, Surfactantsubstitution erfolglosDie ersten Halbseiten-Lungenlavagen
mit geblocktem Katheter in ECMO-Be-
reitschaft führten zu einer deutlichen
Besserung des Sauerstoffbedarfs und des
radiologischen Bildes. Leider kam es in-
nerhalb weniger Tage zu einer massiven
Lungenblutung, die eine längere inten-
sive Beatmung erforderlich machte. Da-
Weitere Themen 22 _ 23
Abbildung 2. Milchige Trübung mit beigem Sediment Abbildung 1b. Milchglasartige Trübung im CT (beachte dort
basale lagebedingte Dystelektase) bei Erstvorstellung
[A]
[L]
[P]
[R]
Thorax 4.0 B60f
nach wurden häufige sequenzielle Teil-
lungenlavagen durchgeführt mittels
selektiver Bronchusobturation, sodass
innerhalb von 2-3 Tagen die ganze
Lunge gespült war. Nach initialer Ver-
schlechterung besserte sich die respira-
torische Situation für wenige Tage. Im
weiteren Verlauf ließ der positive Effekt
dieser Spülungen jedoch deutlich nach,
sodass diese zunächst zeitlich gestreckt
und dann aufgegeben wurden. Die in-
tratracheale Gabe eines porcinen Sur-
factantpräparats erbrachte keine klini-
sche Besserung. Unter Fortführung der
Steroidpulse mit 10 mg / kg KG Methyl-
prednisolon alle 4 Wochen, einer Zu-
satztherapie mit Hydroxychloroquin
(Quensyl® 6-10 mg / kg KG) und einer
Cotrimoxazol-Prophylaxe (5 mg / kg KG
TMP an 3 Tagen / Woche) verbesserte
sich die Situation zunehmend, sodass
das Kind mit Tracheostoma unter Spon-
tanatmung und geringem Sauerstoffbe-
darf in die häusliche Pflege entlassen
werden konnte.
Genetik: Von der Enkelin zum GroßvaterDie genetische Untersuchung beim Kind
zeigte keine Mutation im ACBA und SP-
B-Gen, jedoch 2 heterozygote Mutatio-
nen im SFTPC-Gen:
1. Exon 3: Leucin (CTC) p Prolin (CC-
C)-/p.Leu101Pro-/L101P-Substitution
2. Exon 5: Glutaminsäure (GAG) p Lysin
(AAG)-p.Glu191 Lys-/E191K-Aus-
tausch
Beide Mutationen sind bisher in der
Literatur noch nicht bei SP-C-Defizienz
beschrieben, aber nach der Poly-
Phen2-Analyse potenziell krankheits-
verursachend (Befunderhebung durch
Prof. P. Lohse, Singen).
Durch die weitere Untersuchung der
Familie ließ sich beim gesunden Kindes-
vater die Exon-5-Mutation nachweisen,
bei der ebenfalls gesunden Kindesmut-
ter die Exon-3-Mutation (Abb. 3). Beim
Großvater mütterlicherseits wurde 2
Jahre zuvor eine „Usual Interstitial
Pneumonitis“ (UIP) diagnostiziert mit
bereits fibrotischem wabigem Lungenge-
rüstumbau. Eine Lungentransplantation
wird bereits diskutiert.
Die von uns initiierte BAL beim Groß-
vater zeigte ebenfalls ein SP-C-Defizit
(Abb. 4, Spuren 8 und 9 auf der Höhe des
Befunderhebung im Labor Prof. P. Lohse, Singen
?
? ?
1.2
2.3
4.2
3.5+ weitere Geschwister3.4
Abbildung 3. Familienstammbaum mit Zuordnung der Mutationen und Erkrankung
4.2 Erkrankter Säugling mit beiden Mutationen und SP-C-Defizienz; 3.4 Gesunde Mutter mit Mutation im Exon 3;
2.3 Erkrankter Großvater mit UIP, SP-C-Defizienz und Mutation im Exon 3; 3.5 Gesunder Vater mit Mutation im Exon 5
Abbildung 1a. Zeichnungsvermehrung
im Röntgenbild bei Erstvorstellung
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Pfeils) und dieselbe Mutation im Exon 3
wie der Säugling und seine Mutter.
FazitAnlässlich dieser Konstellation folgern
wir, dass die heterozygote Mutation
im Exon 3 allein bereits einen klinisch
relevanten SP-C-Mangel generiert mit
allerdings eher späterer Manifestation in
Form einer diffusen Lungenerkrankung,
z. B. als UIP.
Die Mutation im Exon 5, isoliert nach-
weisbar beim Vater des Kindes, hat
bisher keine Erkrankung ausgelöst, wie
Dr. med. N. Schwerk
Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin
Klinik für Pädiatrische Pneumologie,
Allergologie und Neonatologie
Medizinische Hochschule Hannover
Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung,
Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1 | 30625 Hannover
Prof. Dr. med. J. Seidenberg und T. Hübner
Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie,
Neonatologie und Intensivmedizin
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
(Elisabeth-Kinderkrankenhaus)
Klinikum Oldenburg | 26133 Oldenburg
Prof. Dr. med. M. Griese
Kinderklinik und Kinderpoliklinik im
Dr. von Haunerschen Kinderspital
Klinikum der Universität
Mitglied des Deutschen Zentrums
für Lungenforschung, München
Lindwurmstr. 4 | 80337 München
Die Arbeit wurde durch chILD-EU
(FP7, 305653) unterstützt.
Tobias Hübner, Dr. med. Nicolaus Schwerk, Prof. Dr. med. Matthias Griese, Prof. Dr. med. Jürgen Seidenberg
Befunderhebung im Labor Prof. M. Griese, München
Abbildung 4. Nachweis der SP-C-Defizienz (Spuren 1 und 2 auf Höhe des Pfeils) beim Säugling vor der Gabe des künstlichen Surfactants ebenso wie beim Großvater (Spuren 8 und 9 auf der Höhe des Pfeils)
Zusammenfassend können aus dieser
Kasuistik folgende Erkenntnisse gewon-
nen werden:
� Eine SP-C-Defizienz kann ohne oder
mit erst später einsetzender Alveolar-
proteinose einhergehen.
� Der klinische Verlauf einer SP-C-
Defizienz ist sehr variabel und kann
über Jahre unentdeckt bleiben.
� Die exogene Zufuhr von Surfactant
ist wirkungslos.
� Die Diagnostik einer chronischen
diffusen Lungenerkrankung sollte
eine Untersuchung der Surfactant-
proteine beinhalten.
� Für einen besseren Informations-
gewinn sollten alle diffusen Lungen-
erkrankungen im Kindesalter in die
jetzt etablierte europäische Datenbank
eingepflegt werden (www.klinikum.
uni-muenchen.de/Child-EU/en/
index.html).
die lungengesunde große Familie des
Vaters vermuten lässt. Allerdings ist an-
zunehmen, dass die Mutation im Exon 5
den krankmachenden Effekt der Muta-
tion im Exon 3 deutlich verstärkt und
somit zu einem schwereren und früher
auftretenden Krankheitsbild bereits im
Säuglingsalter führt.
Andererseits ist auch eine unterschied-
liche Penetranz und v. a. auch eine Ab-
hängigkeit von weiteren einwirkenden
Noxen (z. B. pulmonale Infekte) für die
klinische Manifestation der Mutation im
SFTPC-Gen zu diskutieren.
Weitere Themen 24 _ 25
PD Dr. med. Christoph Grüber antwortet: In Deutschland leiden ≥ 5 % der Kinder
an Nahrungsmittelallergie, Allergie ge-
gen Hühnerei zählt dabei zu den häufi-
gen ursächlichen Allergenen. Oft ist die
Allergie gegen Hühnerei in den ersten
Lebensjahren relevant und geht bis zum
Schulalter verloren. Der individuelle
Verlauf ist jedoch mit gegenwärtig zur
Verfügung stehenden Mitteln nicht vor-
hersagbar. Zur Überprüfung der klini-
schen Aktualität steht die titrierte Nah-
rungsmittel-Provokation zur Verfügung.
Viren zur Herstellung von injizierbaren
inaktivierten Influenza-Vakzinen (IIV)
werden in der Regel in embryonierten
Hühnereiern gezüchtet. Aus dem Her-
stellungsprozess können Spuren von
Hühnereiweiß im Impfstoff zurückblei-
ben. Mengenmäßig sind in IIV deutlich
höhere Rückstände gemessen worden
(um 1 µg / Impfdosis) als z. B. in MMR-
Impfstoffen, für die Viren in Hühnerfi-
broblasten-Zellkultur gezüchtet werden
(um 1 ng / Impfdosis). Auch wenn die
Hühnereiprotein-Menge im Grippe-
impfstoff gering ist, so ist sie doch eine
potenzielle Gefahr für Kinder, die hoch-
allergisch auf geringe Mengen von Oval-
bumin reagieren. Neben den IIV gibt es
auch nasal applizierbare Lebendimpf-
stoffe mit attenuierten Influenza-Viren
(LAIV), die höhere Reste von Hühner-
eiweiß aus dem Produktionsprozess
enthalten können.
Die aktuell in Deutschland zugelasse-
nen Grippe-Impfstoffe werden durch
das Bundesamt für Sera und Impfstoffe
(Paul-Ehrlich-Institut, www.pei.de) be-
kanntgegeben. Unter den für die Saison
2014 / 2015 zugelassenen Impfstoffen
sind lediglich zwei Impfstoffe, für die
Viren nicht in mit Hühnereiweiß belas-
teter Kultur produziert werden:
� Viren für Optaflu
® werden in Nieren-
zellkultur vom Cockerspaniel gezüch-
tet. Im Tierversuch ist diese Zelllinie
hoch tumorigen. Der Impfstoff ist für
Kinder nicht zugelassen.
� Viren für PREFLUCEL ® werden in
Kultur mit Vero-Zellen gezüchtet, die
aus Nierenzellen von Primaten gewon-
nen wurden. Wegen schwerer Neben-
wirkungen einschließlich anaphylak-
tischem Schock wurde 2005 zunächst
eine Charge zurückgerufen, anschlie-
ßend auch die übrigen Chargen vom
Markt genommen. Der Impfstoff ist
aktuell nicht in Deutschland verfügbar.
Insofern gibt es momentan keinen
hühnereiweißfreien Grippe-Impfstoff,
der für Kinder in Deutschland zugelassen
und verfügbar ist. Unter den für Kinder
verfügbaren Impfstoffen sind weitere
potenzielle Allergene zu berücksich-
tigen (eine Tabelle als Übersicht über
die Allergene in zugelassenen saisonalen
Grippe-Impfstoffen finden Sie auf der
Homepage der GPA, www.gpau.de).
Wie kann dann also aus allergologischer Sicht bei vermuteter Hühnereiweiß- Allergie hinsichtlich Grippe-Impfung vorgegangen werden? � Alle Kinder mit Hühnerei-Sensibili-
sierung (jedoch ohne aktuell relevan-
te klinische Reaktion auf Hühnerei)
können regulär gegen Grippe geimpft
werden. Besteht Unsicherheit, ob das
Kind (noch) gegen Hühnerei kli-
nisch reagieren würde, kann mittels
Nahrungsmittelprovokation darüber
Klarheit geschaffen werden. LAIV ist
bei Kindern im Alter von 2-8 Jahren
immunogener als IIV [1] und sollte
gemäß der nationalen Impfempfehlun-
gen bei Kindern im Alter von 2-6 Jah-
ren ohne besonderes Risiko bevorzugt
angewendet werden.
� Kinder, die klinisch lediglich mit
Hautsymptomen auf Hühnereiweiß
reagieren, können mit IIV geimpft
werden (ungeteilte Dosis, mindestens
2 Stunden Nachbeobachtung).
� Kinder mit systemischer Reaktion
auf Hühnereiweiß (z. B. Atem-Kreis-
lauf-Reaktion) können nach indivi-
dueller Abwägung der Chancen und
SERIE: AKTUELLE FRAGEN AN DEN ALLERGOLOGEN
Hühnereiproteinfreier Grippe-Impfstoff für Kinder?Christoph Grüber, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Frankfurt (Oder)
Frage: Gibt es aktuell hühnereiproteinfreie Grippe-Impfstoffe in Deutschland? Können sie für Kinder mit Hühnerei-Allergie und Asthma verordnet werden?
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Literatur
1 Ambrose CS, Levin MJ, Belshe RB. The relative efficacy of
trivalent live attenuated and inactivated influenza vaccines
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2 Belshe RB, Edwards KM, Vesikari T et al. CAIV-T
Comparative Efficacy Study Group. Live attenuated versus
inactivated influenza vaccine in infants and young children.
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3 Belshe RB, Ambrose CS, Yi T. Safety and efficacy of live
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attenuated cold-adapted influenza vaccine, trivalent, with
trivalent inactivated influenza virus vaccine in children and
adolescents with asthma. Pediatr Infect Dis J 2006; 25:
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9 Fung I, Spergel JM. Administration of influenza vaccine to
pediatric patients with egg-induced anaphylaxis. J Allergy
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10 Greenhawt MJ, Spergel JM, Rank MA et al. Safe
administration of the seasonal trivalent influenza vaccine
to children with severe egg allergy. Ann Allergy Asthma
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11 Grohskopf LA, Olsen SJ, Sokolow LZ et al.;
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vaccines: recommendations of the Advisory Committee on
Immunization Practices (ACIP) – United States,
2014-15 influenza season. MMWR Morb Mortal Wkly Rep
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12 Howe LE, Conlon AS, Greenhawt MJ, Sanders GM. Safe
administration of seasonal influenza vaccine to children
with egg allergy of all severities. Ann Allergy Asthma
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13 Kelso JM, Greenhawt MJ, Li JT et al. Adverse reactions
to vaccines practice parameter 2012 update. J Allergy Clin
Immunol 2012: 30: 25-43
14 Owens G, MacGinnitie A. Higher-ovalbumin-content
influenza vaccines are well tolerated in children with egg
allergy. J Allergy Clin Immunol 2011; 127: 264-5
15 Paul Ehrlich-Institut. Saisonale Influenza 2014 / 2015.
http://www.pei.de/DE/infos/fachkreise/impfungen-impf-
stoffe/influenza-grippe-impfstoffe-saisonal/influenza-grip-
peimpfstoffe-node.html (Zugang 04.11.2014)
16 Robert-Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen
Impfkommission (STIKO) am RKI. Epidemiol Bulletin 2014;
34: 305-38
17 Webb L, Petersen M, Boden S et al. Single-dose influenza
vaccination of patients with egg allergy in a multicenter
study. J Allergy Clin Immunol 2011; 128: 218-9
Risiken mit injizierbarem Lebend-
impfstoff durch einen Arzt, der in
der Behandlung anaphylaktischer
Reaktionen erfahren ist, geimpft
werden (ungeteilte Dosis, mindestens
2 Stunden Nachbeobachtung).
� Die weitgehende Sicherheit von IIV
auch bei schwerer Ei-Allergie ist
zunehmend durch Daten belegt [4, 6,
9, 10, 12, 14, 17]. Dementsprechend
sind in den USA Empfehlungen einer
Task Force der nationalen allergologi-
schen Fachgesellschaften überarbeitet
worden [13], obwohl dieses Vorgehen
noch nicht generell akzeptiert ist [5].
Aktuell lehnt das RKI noch die IIV für
diese Risikogruppe ab [16]. Für LAIV
liegen deutlich weniger Sicherheits-
daten bzgl. Ei-Allergie vor, daher soll-
ten Kinder mit manifester Ei-Allergie
nicht damit geimpft werden.
� Für Kinder mit schwerem Asthma
bzw. aktiven Asthma-Symptomen
wird die Impfung mit LAIV nicht
empfohlen [7, 11]. Bei Kindern < 2
Jahren ist LAIV mit mehr Asth-
ma-Symptomen als IIV assoziiert und
wird deshalb in dieser Altersgruppe
nicht eingesetzt [2, 3, 8].
Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:� Die Fachinformationen für die Impf-
stoffe, für die Viren in embryonierten
Hühnereiern produziert wurden, ent-
halten häufig einen Hinweis, dass Pa-
tienten mit Allergie gegen im Impfstoff
enthaltene Wirkstoffe bzw. Hühnerei
nicht geimpft werden dürfen. Das oben
beschriebene Vorgehen erscheint als
fachlich begründetes Abweichen vom
zugelassenen Anwendungsgebiet, da
mittlerweile umfangreiche Daten zur
Grippe-Impfung von Hühnerei-Aller-
gikern mit Impfstoffen dieser Art
vorliegen (s.o.). Patienten bzw. deren
Sorgeberechtigte sollten umfassend
aufgeklärt und um ihr informiertes
Einverständnis gebeten werden.
� Die etwaige Verwendung von hühner-
eiweißfreien Grippe-Impfstoffen, die
nicht in Deutschland zugelassen sind,
ist haftungsrechtlich für den Arzt
problematisch. Länder können hierzu
Ausnahmen festlegen.
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Klinikum Frankfurt (Oder)
Müllroser Chaussee 7 | 15236 Frankfurt (Oder)
PD Dr. med. Christoph Grüber
Zusammenfassend werden die meisten
Kinder nach dem geschilderten Vorge-
hen geimpft werden können. Bei der
kleinen Zahl sehr schwer auf Hühnerei
allergisch reagierender Kinder muss
individuell sorgfältig geprüft werden,
ob die Vorteile der Grippe-Impfung (IIV)
deren Risiken aufwiegen. Auch bei
Kindern mit Asthma ist die Grippe-
Impfung anzustreben (IIV), da Influenza-
Viren bekanntermaßen ein Trigger von
Asthma-Exazerbation sind.
Weitere Themen 26 _ 27
Aus diesem aktuellen Anlass soll im Fol-
genden kurz gefasst auf weitere Informa-
tionsmöglichkeiten zum Thema Klima-
wandel und Gesundheit aufmerksam
gemacht werden, die online im Rahmen
des „Aktionsprogramms Umwelt und Gesund-
heit“ (APUG) allen Interessierten jederzeit
zur Verfügung stehen und handlungsrele-
vant sind (www.apug.de/umwelteinflues-
se/klimawandel/index.htm) [2].
Tropische Nächte in DeutschlandDie derzeit verfügbaren wissenschaft-
lichen Erkenntnisse prognostizieren
bei einer anhaltenden Klimaerwärmung
auch für Deutschland unter anderem
eine Zunahme von Extremwetterereig-
nissen sowie durch sie ausgelöste akute
Gesundheitsgefährdungen. Abhängig
von der globalen Entwicklung der an-
thropogenen Emissionen treibhausgas-
wirksamer Gase gehen die für Deutsch-
land ausgewerteten Klimaprojektionen
von einer Erwärmung der durchschnitt-
lichen Jahrestemperatur im Zeitraum
2071-2100 um 2 bis 4,5° C gegenüber
dem Referenzzeitraum 1961–1990 aus.
Dabei werden sich der Klimawandel
regional und jahreszeitlich sehr unter-
schiedlich ausprägen und die Häufigkeit
und Stärke von Extremwetterereignissen
erhöhen.
So wird es zukünftig zwar weniger kalte
Tage geben, die Anzahl von Sommer-
tagen (Tagesmaximum >25° C), heißen
Tagen (Tagesmaximum >30° C) und
tropischen Nächten (Minimum nicht
< 20° C) wird jedoch voraussichtlich
deutlich zunehmen [3].
Sonne, Sturm, Feinstaub und neue AllergeneKlimaveränderungen können direkte
Auswirkungen auf die Gesundheit des
Menschen haben. Extrembeispiele dafür
sind körperliche Verletzungen, unter
Umständen mit direkter Todesfolge, bei-
spielsweise verursacht durch Stürme,
Überschwemmungen oder Hitzewellen.
Indirekte Gesundheitsbeeinträchtigun-
gen, z. B. neue und verstärkt auftretende
Allergien oder durch die Einschleppung
neuer oder Ausbreitung bereits etab-
lierter Krankheitsüberträger ausgelöste
Infektionskrankheiten, werden im Zu-
sammenhang mit dem Klimawandel er-
forscht. Zu erwarten ist, dass sich die
Folgen des Klimawandels zukünftig noch
ausgeprägter auch auf die Gesundheit der
Bevölkerung auswirken werden [3].
Hitzewellen und GebäudearchitekturIn der letzten Ausgabe 04 / 2014 der Pädi-
atrischen Allergologie hat Armin Grübl
als Mitglied der wissenschaftlichen AG
Umweltmedizin der GPA über das For-
schungsprojekt „Grün, natürlich, gesund:
die Potenziale multifunktionaler städti-
scher Räume“ referiert [4]. Darin wird
auch die Bedeutung kommunaler Strate-
gien hinsichtlich des schon stattfinden-
den Klimawandels angesprochen.
Städte und städtische Ballungsräume
sind schon heute besonders von Hitze-
wellen betroffen, da dort viele Flächen
Umweltmedizin
Klimawandel und GesundheitThomas Lob-Corzilius, Kinderpneumologie, Allergologie, Umweltmedizin, Osnabrück
Am 1.11.2014 hat der Weltklimarat (IPCC) kurz vor dem Vorbereitungstreffen für den Weltklimagipfel in Lima seinen sog. Syn-
thesebericht zur Bedrohung des Klimawandels veröffentlicht. Danach bleibt nur noch wenig Zeit, um die Chance zu nutzen, die
Erderwärmung auf < 2° C zu halten. Sollte der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid nicht drastisch reduziert
werden, drohe eine Erwärmung um bis zu 4° C. Zugleich machte der IPCC Mut, dass die Erderwärmung zu stoppen ist [1].
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
versiegelt sind, Gebäude Wärme spei-
chern und abstrahlen sowie oftmals
Schneisen für eine kühlende Luftzirku-
lation fehlen. Dadurch ist die Durch-
schnittstemperatur in Innenstädten
auch zumeist höher als im Umland. Es
besteht darüber hinaus eine Wechsel-
wirkung zwischen der Außenlufttempe-
ratur und der Luftschadstoffbelastung
(Feinstaub, Ozon). Bei Hitzewellen, wie
im Jahr 2003, fallen hohe Lufttempera-
turen zumeist mit einer entsprechend
hohen Ozon- und Feinstaubbelastung
zusammen [3].
Weiterführende InformationenAuf den weiteren APUG-Webseiten [5]
lässt sich eine Auswahl weiterführender
Informationen zu den Auswirkungen
des Klimawandels auf die menschliche
Gesundheit finden, die gegliedert sind
nach nichtübertragbaren (aktinischer,
lufthygienischer und thermischer
Wirkungskomplex) und übertragbaren
Krankheiten. Des Weiteren sind Links
zu Dokumenten und Websites sowie
Bild- und Kartenmaterial zusammen-
gestellt. Die in Abbildung 1 gezeigten
Grafiken führen zu den einzelnen The-
menkomplexen.
Ergänzend zu diesen Informationsquel-
len hat Stephan Böse-O‘Reilly als Pädia-
ter und Mitglied der wissenschaftlichen
AG Umweltmedizin der GPA zu den
gesundheitlichen Folgen des Klimawan-
dels einen Übersichtsartikel publiziert,
in dem er sich mit der Globalisierung
von Allergen und Infektionserregern
befasst [6].
Klimawandel erfordert HandlungsempfehlungenDie vom Robert-Koch-Institut (RKI) und
Umweltbundesamt (UBA) erarbeiteten
gesundheitsbezogenen Handlungs-
empfehlungen zur Anpassung an den
Klimawandel (2013) sind eine gemein-
same Arbeitsgrundlage und bilden einen
allgemeinen Rahmen für Behörden und
weitere Akteure in Deutschland für Ak-
tivitäten und Maßnahmen [7]. Das Do-
kument identifiziert sechs Handlungs-
felder, die jeweils Ziele und konkrete
Empfehlungen enthalten (Abb. 2). Diese
Handlungsfelder sollen für die bereits
eingetretenen oder sich abzeichnenden
gesundheitlichen Folgen des Klima-
wandels ein zeitnahes, abgestimmtes
Handeln von Bund, Ländern und Kom-
munen ermöglichen und erleichtern. Bei
dieser Darstellung handelt es sich um
eine Auswahl von Handlungsfeldern und
Zielen. Eine vollständige Übersicht über
die vom Umweltbundesamt und Robert
Koch-Institut identifizierten Handlungs-
felder finden sich im Arbeitsdokument
„Klimawandel und Gesundheit“ [5].
Anpassungsstrategien, Aktionspläne und Maßnahmenkataloge der Bundes-länder und des BundesAuf einer weiteren Website mit ent-
sprechender Karte gelangt man zu einer Quelle: www.apug.de/umwelteinfluesse/klimawandel/gesundheitliche_auswirkungen.htm; © Umweltbundesamt
Abbildung 1. Grafiken der APUG zu gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels
Weitere Themen 28 _ 29
Literatur
1 www.ipcc.ch
2 www.apug.de/umwelteinfluesse/klimawandel/
index.htm
3 UBA. Themenblatt Hitze in der Stadt -ein kommunale
Gemeinschaftsaufgabe
4 Grübl A. Grün, natürlich, gesund: die Potenziale multi-
funktionaler städtischer Räume. Pädiatrische Allergologie
04/2014: 30-34
5 www.apug.de/umwelteinfluesse/klimawandel/
gesundheitliche_auswirkungen.htm
6 Böse-O’Reilly S. Folgen des Klimawandels – Globalisierung
von Allergen und Infektionserregern. Themenheft „Gesunde
Umwelt“ des BVKJ 2014, 22–26
7 UBA und RKI. Klimawandel und Gesundheit. Allgemeiner
Rahmen zu Handlungsempfehlungen für Behörden und
weitere Akteure in Deutschland Stand: März 2013
8 www.apug.de/umwelteinfluesse/klimawandel/anpas-
sungsstrategien_bundeslaender_bund.htm
9 www.climatechange2013.org
10 www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/syr/
SYR_AR5_SPM.pdf
Dokumenten-Übersicht über die An-
passungsstrategien, Aktionspläne und
Maßnahmenkataloge der Bundesländer
und des Bundes. Die Abschnitte der Be-
richte, die die potenziellen gesundheit-
lichen Auswirkungen des Klimawandels
thematisieren, sind mit Seitenzahlen
beziffert. Eine kurze Zusammenfas-
sung über den Inhalt der einzelnen
Anpassungsstrategien, Aktionspläne
und Maßnahmenkataloge ist ebenfalls
vorhanden [8].
Publikationen des Weltklimarats – IPCCWer über die deutschsprachigen
Quellen hinaus weitere Informationen
zum Klimawandel sucht, wird unter
www.climatechange2013.org [9] eine
Fülle an Forschungsergebnissen und
-material finden, welche vom IPCC,
dem Intergovernmental panel on climate
change oder Weltklimarat, im Laufe
der letzten 25 Jahre zusammengetragen
worden sind. Die letzte Publikation
mit dem Titel „Approved Summary for
Policymakers, IPCC Fifth Assessment
Synthesis Report, CLIMATE CHANGE
2014 SYNTHESIS REPORT“ datiert vom
1. November 2014 [10].
Kinderpneumologie, Allergologie, Umweltmedizin
Christliches Kinderhospital
Johannisfreiheit 1
49074 Osnabrück
Dr. med. Thomas Lob-Corzilius
Quelle: www.apug.de/umwelteinfluesse/klimawandel/gesundheitliche_auswirkungen.htm; © Umweltbundesamt
Abbildung 2. Auswahl passender RKI-/UBA-Handlungsfelder und Ziele
Handlungsfeld 1:
Aufbau eines integrierten Gesund-
heits- und Umweltmonitoringsystems
Ziel: Gesundheits- und Umweltmoni-
toring zusammenführen
Ziel: Vektorvermittelte Krankheitser-
reger, allergene Pflanzen und
gesundheitsgefährdende Tiere
beobachten und überwachen
Ziel: Erfassung von Indikatoren für
klimawandelassoziierte gesund-
heitliche Studien
Handlungsfeld 3:
Prävention und Risikokommunikation
Ziel: Evaluierung bestehender
Maßnahmen durchführen und
verstetigen
Ziel: Zielgruppenspezifische themati-
sche Aufklärung
Handlungsfeld 5:
Aus-, Fort- und Weiterbildung
Ziel: Schulausbildung verbessern
Ziel: Durch berufliche Weiter- und
Fortbildung aufklären
Handlungsfeld 2:
Klimawandelbezogene
Gesundheitsforschung
…
Allergien und
akute Atemwegserkrankungen
Ziel: Methoden ausbauen und
entwickeln
Ziel: Epidemiologische Forschung
verbessern
Ziel: Vorhersage- und Prognosemo-
delle entwickeln
Handlungsfeld 4:
Gesundheitliche Versorgung
Ziel: Bestehende Versorgungs-
angebote anpassen
Ziel: Optimale Bedingungen
gewährleisten
Handlungsfeld 6:
Koordination und Kooperation
Ziel: Kooperationen zwischen Bund
und Ländern etablieren
Ziel: Vernetzung der Behörden fördern
Ziel: Kooperation auf internationaler
Ebene etablieren
Ziel: Kommunikation und Vernetzung
zwischen beteiligten Akteuren
verbessern
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Liebe Eltern, wer auf kleinste Mengen von bestimm-
ten Nahrungsmitteln stark allergisch
reagiert, ist auf zuverlässige Informa-
tionen über deren Inhalt angewiesen.
Gesetzgeber, Verbraucherverbände und
Lebensmittelhersteller haben in den
letzten Jahren gemeinsam versucht, über
verpflichtende Zutatenlisten immer
mehr Transparenz zu schaffen. Ab dem
13. Dezember 2014 gilt die Pflicht zur
Lebensmittelkennzeichnung für die
14 wichtigsten Auslöser von Nahrungs-
mittelallergien nicht nur für verpackte
Lebensmittel, sondern auch für alle
„losen Waren“, d. h. Produkte in Bäcke-
reien, Metzgereien, Restaurants, Kanti-
nen, Catering und beim Straßenverkauf
aller Art.
Die ZutatenlisteAlle Zutaten, egal in welcher Menge
sie enthalten sind, müssen in der Zu-
tatenliste angegeben werden. Die 14
wichtigsten Auslöser von Nahrungsmit-
telallergien (s. S. 31) müssen künftig bei
verpackter Ware nicht nur deklariert,
sondern auch besonders hervorgehoben
werden (z. B. fett oder bunt gedruckt).
Die Zutaten, die zu diesen Allergenen
zählen, und Erzeugnisse daraus sind in
der Zutatenliste immer namentlich auf-
zuführen. Enthält ein Gewürz z. B. auch
Sellerie, dann muss dieser zusätzlich ge-
nannt werden, wie „Gewürze (Sellerie)“
oder auch bei „Pflanzenöl (Erdnussöl)“.
Wenn Allergene als technische Hilfs-
stoffe, Trägerstoffe für Zusatzstoffe oder
Aromen oder als Extraktionslösungsmit-
tel zum Einsatz kommen, sind sie eben-
falls zu nennen. Es ist kein bestimmter
Wortlaut vorgeschrieben. Personen
mit Zöliakie, die kein Gluten essen
dürfen, müssen also alle glutenhalti-
gen Getreidearten kennen, denn in der
Zutatenliste steht z. B. nur „Kamut“ oder
„Dinkel“. Wer Laktose (Milchzucker)
nicht verträgt, muss auch auf Begriffe
wie Milch oder Molke achten.
Geht aus der Verkehrsbezeichnung
hervor, dass ein bestimmtes Allergen
enthalten ist, so kann die Nennung
in der Zutatenliste entfallen. Aus der
Bezeichnung „Frischkäsezubereitung“
muss der Verbraucher z. B. schließen,
dass Milch verarbeitet wurde; er muss
auch wissen, dass der „Eiersalat“ Eier
und die „Thunfischpizza“ auf jeden
Fall Fisch enthält. Weizen und Milch in
einer Pizza muss man jedoch nicht aus
der Verkehrsbezeichnung erschließen,
diese müssen deklariert werden!
Wie viel Transparenz ist möglich?Vollständige Transparenz über alle
Lebensmittelbestandteile zu schaffen ist
eine schwierige Aufgabe. Häufig werden
vorverarbeitete Zutaten eingesetzt, die
oft schon einen längeren Herstellungs-
weg hinter sich haben. Außerdem ist
Kochen und Backen ja oft ein kreativer
Prozess, spontane Änderungen und Er-
gänzungen sind bei einer vorgegebenen
Zutatenliste aber nicht mehr möglich.
Sollte jede kleinste Spur eines Allergens
ELTERNRATGEBER
Essen und genießen – nicht so einfach für AllergikerPetra Funk-Wentzel, Diplom Ökotrophologin, Stuttgart,
Peter Fischer, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwäbisch-Gmünd
Elternratgeber 30 _ 31
� Glutenhaltige Getreide
(d. h. Weizen, Roggen, Gerste, Hafer,
Dinkel, Kamut) sowie daraus hergestellte
Erzeugnisse
� Krebstiere und Krebstiererzeugnisse
� Eier und Eiererzeugnisse
� Fisch und Fischerzeugnisse
� Erdnüsse und Erdnusserzeugnisse
� Soja und Sojaerzeugnisse
� Milch und Milcherzeugnisse
(einschließlich Laktose)
� Schalenfrüchte (d. h. Mandel, Haselnuss,
Walnuss, Cashewnuss, Pecannuss, Paranuss,
Pistazie, Macadamianuss, Queenslandnuss)
sowie daraus hergestellte Erzeugnisse
� Sellerie und Sellerieerzeugnisse
� Senf und Senferzeugnisse
� Sesamsamen und Sesamsamenerzeugnisse
� Weichtiere (Mollusken, Schnecken,
Tintenfische, Muscheln und Austern) und
Weichtiererzeugnisse
� Süßlupinen und Süßlupinenerzeugnisse
� Schwefeldioxid und Sulfite (bei einer Konzen-
tration von mind. 10 mg / kg oder Liter)
Die 14 häufigsten deklarationspflichtigen Auslöser von Nahrungsmittelallergien (diese lösen 90 % aller Allergien aus)
(Allergieauslösers) in einem Lebensmit-
tel ausgeschlossen werden, so müsste
jede Zutat darauf geprüft werden, ob sie
im Herstellungsprozess möglicherweise
mit anderen potenziellen Nahrungsmit-
telallergenen in Kontakt gekommen ist.
Werden z. B. verschiedene Nussarten in
einer Mühle nacheinander gemahlen?
Werden Eiernudeln auf der gleichen
Maschine gefertigt wie Teigwaren, die
keine Eier enthalten? Wird immer die
gleiche Rezeptur verwendet? Vor allem
für kleine Betriebe ist die komplette
Trennung von Produktionsprozessen oft
schwierig.
„Kann Spuren enthalten von …“Der Hinweis für Allergiker, dass eine
mögliche Verunreinigung mit Allerge-
nen nicht auszuschließen ist, unterliegt
keiner gesetzlichen Regelung. Hierbei
handelt es sich um eine freiwillige
Angabe der Lebensmittelanbieter. Im
Gegensatz zur vorgeschriebenen Aller-
genkennzeichnung in der Zutatenliste
bezieht sich der freiwillige Hinweis für
Allergiker ausschließlich auf Bestand-
teile, die nicht gemäß Rezeptur, sondern
unbeabsichtigt durch Verunreinigung
ins Lebensmittel gelangen.
Werden in einer Produktionsstätte von
Süßwaren z. B. Nüsse eingesetzt, so kön-
nen Spuren davon auch in Lebensmittel
gelangen, die rezepturgemäß ohne Nüsse
zubereitet werden, z. B. in die Vollmilch-
schokolade. Hierauf macht der Hersteller
mit dem Hinweis aufmerksam: „Kann
Spuren von Nüssen enthalten“. Er schützt
sich damit vor Haftungsansprüchen. Da
diese Angaben freiwillig sind, können ver-
gleichbare Produkte, die keinen Hinweis
enthalten, trotzdem Verunreinigungen
mit Allergenen aufweisen. Um das Risiko
bei einem Produkt richtig einschätzen zu
können, hilft oft nur eine direkte Anfrage
bei den Firmen oder das Gespräch mit
dem Bäcker, Metzger, Koch usw.
Allergenfrei bei Fertigprodukten – geht nicht!Prinzipiell kann jedes Protein (Eiweiß)
ein Allergen sein, welches bei entspre-
chender Veranlagung eine unerwünsch-
te Reaktion auslösen kann, unabhängig
davon, ob es auf der Hauptallergenliste
steht oder nicht. Generell sollte daher
die Aussage „allergenfrei“ nicht verwen-
det werden.
Lose Ware: längere Fußnoten – Hinweisschilder – Mappen …Auch bei loser Ware oder losen Speisen
muss die Kennzeichnung der häufigsten
Allergene jetzt in schriftlicher Form
erfolgen. Voraussichtlich werden auf
den Speisekarten die Fußnoten länger,
denn dort sind auch alle Konservie-
rungs- oder Farbstoffe seit vielen Jahren
aufzuführen. In der Bäckerei, Metzgerei
oder beim Imbissstand könnte über die
Allergene künftig auf Hinweisschildern
oder direkt mit auf dem Preisschild,
aber auch in einer Extramappe vor dem
Kauf aufgeklärt werden. Es soll dann
im Verkaufsraum gut sichtbar einen
Hinweis geben, falls die Informationen
in einer Extramappe zu finden sind.
Bei loser Ware müssen nicht wie bei
verpackter Ware eine komplette Zu-
Bei Gewürz- und Kräutermischungen, die le-
diglich mit einem Anteil von weniger als zwei
Gewichtsprozent im Enderzeugnis enthalten
sind, müssen die Einzelbestandteile nicht auf-
geführt werden. Befindet sich allerdings eines
der Hauptallergene (z. B. Sellerie oder Senf) in
der Gewürz- oder Kräutermischung, muss auf
diese allergene Zutat hingewiesen werden.
Zutaten: 80 % Gemüse in veränderlichen
Gewichtsanteilen (Möhren, Lauch, Kartoffeln,
Wirsing, Zwiebeln), Wursteinlage (12 %
Schweinefleisch, Speck, Wasser, Salz, Gewür-
ze, Laktose), Reismehl, Meersalz, Gewürze
(Senf), Kräuter (Sellerie), Lecithin (Soja)
Achtung bei Gewürzallergien
Beispiel: Zutatenverzeichnis einer Gemüsesuppe mit Würstchen
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin
Allergologie, Kinderpneumologie, Umweltmedizin
Praxis für Kinder- und Jugendmedizin
Mühlbergle 11 | 73525 Schwäbisch Gmünd
Praxis für Ernährungstherapie und
Ernährungsberatung
Lenzhalde 96 | 70192 Stuttgart
Dr. med. Peter J. Fischer
Petra Funk-Wentzel, Diplom Ökotrophologin tatenliste angegeben werden, sondern
nur die auf S. 31 genannten Allergene,
sofern sie als Zutat enthalten sind. Die
Kennzeichnung von Spuren ist nicht
vorgeschrieben!
Wie sicher darf man sich nun sein?Diese Frage muss individuell – nach
Toleranz und Schwere der zu erwar-
tenden allergischen Reaktion – mit den
Ernährungstherapeuten und Allergo-
logen beantwortet werden!
Dass vor allem Bäckereien, Eisdielen
und Imbissstände auch weiterhin ge-
Wenngleich sich die Mehrheit der Mitglieder der GPA nicht zur forschenden
Zunft der Kinderärzte zählt, so vereint die GPA als nach ihrem Selbstver-
ständnis wissenschaftliche Fachgesellschaft doch viele aktiv in klinischer
und Grundlagenforschung tätige Kolleginnen und Kollegen.
Sie, aber auch interessierte „Newcomer“ zu unterstützen ist das Anliegen
der WAG Forschung. Ein erfolgreiches Projekt in diesem Sinne war die Er-
stellung eines Forschungsatlas „Pädiatrische Allergologie“ im Jahr 2012, der
wissenschaftliche Arbeitsgruppen und ihre Projekte vorstellt. Damit bietet er
eine Übersicht darüber, welche Themen, aber auch welche Methoden ange-
wandt und ggf. an entsprechender Stelle in einer Hospitation erlernt werden
können. Eine zweite Auflage des kleinen Buches ist momentan in Arbeit.
Des Weiteren arbeiten mehrere Mitglieder der WAG momentan an einer
Publikation, die eine Übersicht über die Pädiatrische Allergologie in Deutsch-
land darstellt und in Pediatric Allergy
Immunology veröffentlich werden soll.
Ein Themenheft zur Pädiatrischen
Allergologie wurde mit Beiträgen der
WAG zwischenzeitlich in der „Aller-
gologie“ publiziert.
Forschung ohne passende Möglichkeit zur Präsentation trübt die Freude
über einen Erfolg. Aus diesem Grunde beteiligt sich die WAG an der Orga-
nisation entsprechender Veranstaltungen, u. a. auch in Zusammenarbeit mit
der DGAKI.
Allergologische Forschung umfasst ein weites Feld – von der Grundlagen-
forschung bis zur praktischen klinischen Forschung, im Labor oder in
der Praxis.
Jeden darin Aktiven, aber auch „nur“ den Interessierten lädt
die WAG herzlich zur Mitarbeit ein. Den Kontakt hierzu finden Sie über
http://www.gpau.de/die-gesellschaft/wissenschaftliche-arbeitsgruppen/
wag-forschung/.
WAG STELLEN SICH VOR
Die WAG ForschungChristian Vogelberg, Universtiätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden
fährliche Orte für Allergiker auf Nüsse,
Erdnüsse, Milch oder Hühnerei sind,
wird sich wahrscheinlich auch mit der
neuen Kennzeichnungspflicht kaum
ändern. Denn die Verunreinigung mit
Spuren, z. B. über das Besteck zur Porti-
onierung, lässt sich in diesen Betrieben
nur schwierig vermeiden.
Aus Sicht des Nahrungsmittelallergikers
besteht in der Zukunft noch zusätzlicher
Regelungsbedarf:
� für eine eindeutige Spurenkennzeich-
nung,
� für einen Hinweis auf eine allergen-
relevante Rezepturänderung auf der
Vorderseite der Verpackung und
� für ein Zutatenverzeichnis für Einzel-
verpackungen aus Großgebinden.
Die sicherste Methode der Essenszubereitung
für Allergiker ist: Selber mit einfach zusammen-
gesetzten Zutaten bekannten Inhalts kochen.!
„Weiße Mäuse sind intelligenter als wir: Sie fürchten weiße Kittel.“
(Dr. Gerhard Kocher)
www.nussallergie.org
www.daab.de
www.ak-dida.de
Weiterführende Links
Weitere Themen 32 _ 33
Gemeinsamer Bundesausschuss reagiert ablehnendDas Aktionsforum Allergologie hat frist-
gerecht Mitte April 2014 einen Antrag
auf ein DMP Allergie (Diagnostik – Prä-
vention – Therapie) beim Gemeinsamen
Bundesausschuss (G-BA) eingereicht.
Nicht überraschend wurde dieser Vor-
schlag der drei allergologischen Vereini-
gungen Ärzteverband Deutscher Allergo-
logen (ÄDA), Deutsche Gesellschaft für
Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI) und Gesellschaft für Pädiatri-
sche Allergologie und Umweltmedizin
(GPA) sowie der vier Berufsverbände der
Dermatologen, HNO-Ärzte, Pädiater und
Pneumologen nicht berücksichtigt. Statt-
dessen teilte der G-BA am 21.08.2014
mit: „Der Gemeinsame Bundesausschuss
nimmt die Beratungen zu strukturierten
Behandlungsprogrammen (Disease-Ma-
nagement-Programme, DMP) für die
chronischen Krankheiten rheumatoide
Arthritis, chronische Herzinsuffizienz,
Osteoporose und Rückenschmerz auf.“
Von Seiten der in einer großen Koali-
tion zusammengeschlossenen Parteien
CDU und SPD waren die Erkrankungen
Depressionen und chronischer Rücken-
schmerz als Themen für neue DMP‘s
im Koalitionspapier genannt worden.
Die Entscheidung des G-BA folgt damit
zumindest teilweise dem Wunsch der
Politik (https://www.g-ba.de/institution/
presse/pressemitteilungen/551/)!
Allergien werden dagegen immer mehr
zu Bagatell-Krankheiten herabgestuft,
für die die Gesundheitspolitik sich offen-
sichtlich nicht mehr interessiert.
Auch wenn der erste Versuch, ein DMP
Allergie zu etablieren, gescheitert ist,
möchten wir an dieser Stelle einige
Passagen aus dem 30-seitigen Antrag
gekürzt wiedergegeben, der von Frau
PD Dr. med. Kirsten Jung, Präsidentin
des Ärzteverbands Deutscher Allergo-
logen (Aeda), verfasst wurde.
Wichtige Passagen aus dem Antrag zum DMP AllergieWarum brauchen wir ein DMP Allergie?
Die Weichen für die Entstehung von Al-
lergien werden häufig bereits in den ers-
ten Lebensjahren gestellt. Bei Allergien
handelt es sich um Systemerkrankungen
mit komplexer polygener Vererbung und
Manifestationen an unterschiedlichen
Organsystemen in Abhängigkeit vom Le-
bensalter und mit chronischem Verlauf.
Es ist unbekannt, wie und warum es zu
diesen unterschiedlichen Erkrankungs-
formen kommt. Jedoch spricht man heute
von einer Dynamik der Erkrankungen
mit Chronifizierung, die hohe direkte
und indirekte Kosten verursachen (Weiß-
buch Allergie in Deutschland, 3. Auflage,
2010 Springer).
Die Unterversorgung allergiekranker
Menschen führt zur verspäteten Diag-
nostik und damit zur Chronifizierung.
Verfügbare prophylaktische Interven-
tionen (Maßnahmen der Sekundären
und Tertiären Prävention) werden nicht
genutzt, wie beispielsweise die Spezifi-
sche Immuntherapie.
Allergische Erkrankungen können an
verschiedenen Organsystemen auftre-
ten. Häufig sind die Grenzflächen des
Individuums zur Umwelt, die Haut und
Schleimhäute (obere Atemwege, Lunge,
Magen-Darm-Trakt) betroffen.
Die wichtigsten allergischen Erkrankun-
gen sind:
� Allergischer Schnupfen
(Allergische Rhinokonjunktivitis)
� Allergisches Asthma bronchiale
� Nesselsucht (Urtikaria)
� Atopisches Ekzem (Atopische
Dermatitis oder Neurodermitis)
� Kontaktekzem
� Allergische Alveolitis („Farmerlunge“)
� Anaphylaktischer Schock mit
Todesfolge (Nahrungsmittel,
Arzneimittel, Insekten)
Etwa 40 % aller Deutschen leiden ein-
oder mehrmals im Laufe ihres Lebens
an einer allergischen Erkrankung. Nach
der Häufigkeit handelt es sich um die
Volkskrankheit Nr.1! Es sind vor allem
Kinder, Jugendliche und junge Erwach-
sen betroffen. Im Jahre 2013 publizierte
das Robert Koch-Institut seine Daten
GESUNDHEITSPOLITIK
DMP Allergie im ersten Anlauf gescheitertFrank Friedrichs, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Allergologie, Umweltmedizin, Kinderpneumologie
Im Aktionsforum Allergologie zusammengeschlossene Verbände
� Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) e. V.
� Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) e. V.
� Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) e. V.
� Bundesverband der Pneumologen (BdP)
� Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) e. V.
� Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte (HNO) e. V.
� Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) e. V.
Weitere Informationen unter www.aktionsforum-allergologie.de
Aktionsforum Allergologie, c/o med info GmbH, Hainenbachstraße 25, 89522 Heidenheim
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
zur epidemiologischen Situation von
Inhalationsallergien in Deutschland im
Erwachsenen- und Kindesalter. Die Asth-
ma-Prävalenz bei Erwachsenen stieg in
den letzten Jahren um weitere 3 % [4].
Allergien nehmen permanent zu: Man
erwartet im Jahr 2015, dass 50 % der eu-
ropäischen Bevölkerung Allergiker sind.
Die durch Allergien ausgelösten Kosten
in Europa werden auf 100 Milliarden /
Jahr geschätzt. Allergien beeinflussen
wesentlich die Lebensqualität und
Leistungsfähigkeit von Kindern, Jugend-
lichen und jungen Erwachsenen. Das
klinische Bild der allergischen Rhini-
tis entwickelte sich in Europa in den
letzten Jahren schwerer und aggressiver.
Unbehandelt entwickelt sich eine In-
halationsallergie der oberen Atemwege
in 43,2 % zu einem Asthma bronchiale,
die wohl wichtigste Folgeerkrankung.
Bei der Hausstaubmilbenallergie ist dies
besonders eindrucksvoll mit 62,8 %.
Versorgungssituation
allergiekranker Menschen
Die aktuelle Versorgungssituation ist
gekennzeichnet durch eine Verken-
nung der Epidemiologie von Allergien
und Kostenentwicklung. Nur 10 % der
Allergie-Patienten werden qualifiziert be-
handelt! Es bestehen erhebliche Mängel
in der Struktur, Prozess- und Ergebnis-
qualität trotz vorgeschlagener Richtlinien
zur Allergologie vom 28.1.1998 und
evidencebased medicine entsprechenden
S2- und S3-Leitlinien zu zahlreichen
allergologischen Krankheitsbildern und
Therapien sowie deren Prävention.
Die flächendeckende Sicherstellung der
Versorgung wäre möglich durch mehr
als 10.000 allergologisch ausgebildete
Fachärzte, wie Fachärzte für Haut- und
Geschlechtskrankheiten (3.295), Hals-Na-
sen-Ohren-Ärzte (3.930), Pneumologen
(346) und Kinder- und Jugendmediziner
(6.730), die die qualitätsgerechte Versor-
gung leisten können (Angaben der KBV
[3]). Mehr als 4.715 Ärzte, unter ihnen
auch Allgemeinmediziner, besitzen die
Zusatzweiterbildung Allergologie. Die
Patienten erreichen jedoch oft erst zu
spät und nach Umwegen diese Ärzte,
häufig aufgrund fehlender Zuweisun-
gen! Deshalb wenden sich verunsicherte
und unzufriedene Patienten verstärkt
alternativen Verfahren zu. Da allergolo-
gische Inhalte in der Weiterbildung des
Allgemeinmediziners fehlen, findet meist
nur die Einleitung einer symptomati-
schen Therapie beim Hausarzt und keine
Weiterleitung zum Allergologen statt.
Die Banalisierung allergischer Erkran-
kungen durch die Gesundheitspolitik
führt in der Zukunft zu einer Kosten-
steigerung aufgrund der Chronifizierung
von allergischen Erkrankungen. Die
medizinische Ausbildung der Studenten
enthält kaum allergologische Inhalte. Die
Musterweiterbildungsordnung für den
Facharzt für Allgemeinmedizin enthält
kaum Forderungen zu Basiswissen,
Untersuchungs- und Behandlungsmetho-
den in der Allergologie (Richtlinien der
Bundesärztekammer [2]).
In der Musterweiterbildungsordnung ist
der Erwerb allergologischer Kenntnisse
im Rahmen der Gebietsweiterbildung für
die Fachärzte für Haut-und Geschlechts-
krankheiten, HNO, Pneumologie,
Kinder- und Jugendmedizin und für die
Zusatzweiterbildungen Allergologie und
Kinderpneumologie enthalten. Es gibt
einen unterschiedlichen Qualifizierungs-
stand dieser Ärzte. Die Zusatzweiterbil-
dung Allergologie steht jedem Facharzt
offen, auch dem Allgemeinmediziner.
In der letzten Musterweiterbildungsord-
nung wurde die Weiterbildungszeit für
die Zusatzweiterbildung Allergologie
von 24 auf 18 Monate verringert. Bislang
gibt es keine Implementierung des seit
1998 bestehenden „Curriculum allergo-
logicum“ durch die Bundesärztekammer.
Durch die fehlende Institutionalisierung
von Lehrstühlen für Allergologie entsteht
eine mangelhafte Qualität der studenti-
schen Weiterbildung in Allergologie.
Die Ergebnisse der aktuell größten
allergologischen Versorgungsstudie,
der WASEM-Studie, zur Situation der
deutschen Allergologie bestätigen dies.
Im September 2013 publiziert, zeigte sie
eine zunehmende Unterversorgung [1].
Aufgrund der Entwicklungen im Hono-
rarregelwerk beteiligen sich immer weni-
ger Ärzte an der ambulanten Versorgung
von Allergie-Patienten und erbringen
immer weniger allergologische Leistun-
gen, obwohl die Zahl der an Asthma-und
Rhinitis-Patienten zeitgleich ansteigt.
Deshalb sind erforderlich:
� frühzeitige Erkennung einer atopi-
schen Veranlagung,
� frühzeitige Erkennung von allergi-
schen Erkrankungen,
� frühzeitige Einleitung der kausalen
Therapie, Schulungen des Patienten.
All dies könnte ein DMP Allergie leisten!
Literatur
1 Biermann J, Merk HF, Wehrmann W, Klimek L, Wasem J.
Allergic disorders of the respiratory tract – findings from
a large patient sample in the German statuary health
insuranse system. Allergo Journal 2013; 22(6): 366-73
2 Bundesärztekammer; www.bundesärztekammer.de
(Richtlinien MWBO)
3 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): www.kbv.de
(Angaben zur Statistik); Stand 30.6.2014
4 Langen U, Schmitz R, Steppuhn H. Häufigkeit allergischer
Erkrankungen in Deutschland, Bundesgesundheitsblatt
2013: 56: 698-706
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Allergologie,
Umweltmedizin, Kinderpneumologie
Kinderarztpraxis Laurensberg,
Rathausstraße 10 | 52072 Aachen
Dr. med. Frank Friedrichs
Magazin 34 _ 35
Mäuse im StallstaubDieses Forschungsvorhaben schließt
sich an eine Reihe von Untersuchungen
zur Allergieprävention der Arbeitsgrup-
pe von Marcus Peters an. Grundlage
seiner Arbeiten ist die lange bestehende
Erkenntnis, dass Kinder, die auf Bau-
ernhöfen aufwachsen, einen besonderen
Schutz vor atopischen Erkrankungen
aufweisen [4]. Zunächst konnten die
Wissenschaftler in einem Maus-Asth-
ma-Modell die allergieprotektive
Wirkung von Stallstaubextrakt zeigen:
Inhalierten die Tiere diesen Extrakt, ent-
wickelte sich keine bronchiale Hyperre-
aktivität, die Atemwege waren nur gering
von eosinophilen Granulozyten infiltriert
und es wurde wenig allergenspezifisches
IgE produziert. Stallstaubextrakt bewirkt
zudem bei humanen dendritischen Zel-
len eine herabgesetzte T-Zell-Stimulation
[2], murine dendritische Zellen können
aufgrund der immunmodulatorischen
Wirkung von Stallstaubextrakt keine
Immunantwort mehr induzieren [1].
Wiesengräser und ArabinogalaktaneAus der Vielzahl der im Stallstaub vor-
handenen Substanzen gelang es der Ar-
beitsgruppe um Marcus Peters in einem
nächsten Schritt, die für die protektive
Wirkung entscheidenden Moleküle
zu identifizieren: Arabinogalaktane
bestehen aus einem Galaktose-Grund-
gerüst mit Arabinose-Seitenketten, sind
Bestandteil von Futterpflanzen, wie Wie-
senrispe oder Wiesenfuchschwanz, und
daher häufig im Stallstaub anzutreffen.
Für die Wirkung dieser Galaktoseverbin-
dungen spielen laut Peters wahrschein-
lich c-Typ-Lektin-Rezeptoren auf dendri-
tischen Zellen eine Rolle – über diese
wird der Effekt von Arabinogalaktanen
vermittelt. Auch humane dendritische
Zellen verfügen über c-Typ-Lektin-Re-
zeptoren – das macht die Sache natürlich
besonders interessant. Denn schließ-
lich beruhen Allergien beim Menschen
auf einer initialen T-Zell-Aktivierung;
nach Arabinogalaktan-Kontakt können
humane dendritische Zellen in vitro aber
nur noch eine schwache T-Zell-Reaktion
induzieren.
Biochemische TricksMarcus Peters und Mitarbeiter möchten
nun synthetisch hergestellte Arabino-
galaktane untersuchen. Polysaccharide
biochemisch herzustellen, ist mit den
derzeit vorhandenen Verfahren nicht
möglich, also konzentrierte Marcus
Peters sich auf Teilstücke der Arabino-
galaktane. Werden solche Oligosac-
charide kovalent an Trägersubstanzen,
hier bovines Serumalbumin, gekoppelt,
lässt sich die Form eines Polysaccha-
rids nachahmen. So können schließlich
Polymere aus Albumin mit bis zu 25
gekoppelten Oligosacchariden entstehen,
beschreibt Peters. Bei all dieser bioche-
mischen Reaktionsfreudigkeit haben die
Wissenschaftler natürlich die dendri-
tischen Zellen im Blick: Derart herge-
stellte Oligosaccharide nämlich können
Zuckerrezeptoren dieser Immunzellen
miteinander quervernetzen – hier könnte
die immunmodulatorische Wirkung von
Arabinogalaktanen angesiedelt sein.
Künstlich gegen natürlich im MausmodellOb nun synthetische Arabinogalaktan-
Partialstrukturen im Maus-Asthma-
Modell wirksam sind, wollen Marcus
Peters und Kollegen prüfen. Zu klären
wäre beispielsweise, wie solche Substan-
zen im direkten Vergleich mit Stallstaub-
extrakt und natürlichen Arabinogalak-
Stallstaubextrakt und ArabinogalaktaneVergabe des Förderpreises an Dr. rer. nat. Marcus Peters
Die Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V. (GPA) vergibt jährlich den Förderpreis Pädiatrische
Allergologie an Einzelpersonen oder Gruppen, die sich in herausragender Weise um die Verbesserung der Situation allergiekran-
ker Kinder bemühen. Den vom Nestlé Nutrition Institute gestifteten Preis erhielt in diesem Jahr Dr. rer. nat. Marcus Peters von
der Abteilung Experimentelle Pneumologie der Ruhr Universität Bochum im Rahmen des 9. Deutschen Allergiekongresses in
Wiesbaden vom 2. bis 4. Oktober 2014. Im Beisein von Frau Wilhelmi als Vertreterin von Nestlé Nutrition Institute übergab der
1. Vorsitzende der GPA, PD Dr. med. Christian Vogelberg, den Preis für das Forschungsvorhaben „Untersuchungen der Allergie-
protektiven Wirkung von synthetischen Arabinogalaktan-Partialstrukturen im murinen Asthmamodell“. „Das Ziel ist, kurz
zusammengefasst, zu klären, ob neue synthetisch hergestellte Arabinogalaktan-Partialstrukturen im murinen Asthmamodell
vergleichbare Effekte aufweisen wie natürlich vorkommende vollständige Arabinogalaktane“, fasste Christian Vogelberg die
Intention von Marcus Peters zusammen.
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
tanen bei den Mäusen wirken. Speziell
möchten die Wissenschaftler zudem ver-
schiedene Oligosaccharide synthetisieren
und prüfen. Für den Versuch werden die
Tiere zunächst mit OVA-Alum sensi-
bilisiert und anschließend mit einem
OVA-Aerosol provoziert. Während dieser
Phase erhalten die Tiere 14-mal nasal die
verschiedenen Substanzen. Um die Rolle
der dendritischen Zellen genauer zu be-
schreiben, werden Peters und Mitarbeiter
zudem ein in ihrer Abteilung etabliertes
Modell nutzen, bei dem Mäusen – vor
einer Allergenprovokation – intranasal
dendritische Zellen appliziert werden
können. Die Immunzellen werden zuvor
mit einem Allergen beladen und zudem
mit den synthetisierten Oligosacchariden
behandelt.
Die Herstellung solcher Oligosaccha-
ride sei zwar in der Einführung des
Verfahrens zunächst aufwendig, betonte
Marcus Peters in der Beschreibung seines
Forschungsvorhabens, jedoch nach Etab-
lierung der Syntheseschritte in industri-
ellem Maßstab durchführbar. Wirken die
synthetischen Kollegen der natürlichen
Arabinogalaktane so wie erhofft, „wäre
langfristig eine Hürde für eine mögli-
che pharmazeutische Anwendung im
größeren Maßstab genommen.“, sagte
Christian Vogelberg bei der Verleihung
des Förderpreises.
Literatur
1 Gorelik L, et al. Modulation of dendritic cell function by
cowshed dust extract. Innate Immunity 2008;14:345-55
2 Peters M, et al. Inhalation of stable dust extract prevents
allergen induced airway inflammation and hyperresponsi-
veness. Thorax 2006;61(2):134-9
3 Peters M, et al. Arabinogalactan isolated from cowshed
dust extract protects mice from allergic airway
inflammation and sensitization. J. Allergy Clin Immunol
2010;126(3):648-56.e1-4
4 Riedler J, et al. Exposure to farming in early life and de-
velopment of asthma and allergy: a cross-sectional survey.
The Lancet 2001;358:1129-33
Heute habe ich die große Freude, zum 2.
Mal seit deren Schöpfung die GPA-Welle
zu vergeben.
Die Einführung der GPA-Welle geht zu-
rück auf den amerikanischen Psychothe-
rapeuten und Existenzpsychologen Ervin
Yalom, von dem wir den berühmten
Roman „Und Nietzsche weinte“ ken-
nen. Yalom behauptet: In der Beziehung
von Ich und Du wirken Menschen auf
andere wie Steine, die ins Wasser fallen,
zirkuläre Wellen auslösen und dabei
die anderen Menschen bewegen. Diese
Fähigkeit der bewussten und unbewuss-
ten Einflussnahme schafft Sinn im Leben
des „Rolling Stone“, teilweise ohne dass
dieser es selber erkennt. Die GPA-Welle
wird vergeben an diejenigen „Rolling
Stones“ aus unserem Kreis, die durch
ihre Wellen die GPA und ihre Intention
deutlich voranbringen.
In diesem Jahr erhält die GPA-Welle Dr.
med. Rüdiger Sczcepanski. Wer in der
GPA groß geworden ist, versteht diese
Entscheidung sofort. Rüdiger Sczcepans-
ki ist das, was wir einen Fundamen-
tal-Pädiater mit großem Herzen nennen,
mit hohem internistischem Kenntnis-
stand, großem Verantwortungsgefühl für
seine Patienten und Gespür vor allem
für frühe Veränderungen. Er ist einer
der hartnäckigsten „Rolling Stones“ und
politisch vorausschauenden Köpfe in der
frühen Pädiatrischen Allergologie und
der Gründungs- wie Etablierungsphase
der GPA gewesen.
Er war mit Dr. med. Frank Friedrichs
zusammen derjenige, der die Idee hatte,
unsere GPA überhaupt einmal zu grün-
den – klassischer Alt-Achtundsechziger
und fast 70iger, für mich sozusagen der
Theodor Adorno der GPA, der Mahner
und Schöpfer der Kritischen Pädiat-
risch-Allergologischen Theorie.
Rüdiger, Du warst stets extrem umtrie-
big, fleißig und frühzeitig gut informiert.
Manchmal war man nicht sicher, ob die
Wellen, die Du losgestoßen hast, nicht
einem Tsunami gleichkommen würden.
Jetzt hast Du Dich, Rüdiger, vorsichtig
zurückgezogen und kümmerst Dich um
die übernächste Generation.
Rüdiger, die GPA dankt Dir als altem
„Rolling Stone“ für die zahlreichen Wel-
len, mit denen Du uns angetrieben hast,
und wir wünschen Dir jetzt die verdiente
Kontemplation, in der Du Deinen Sinn
des Lebens erkennen kannst.
Im Auftrag des GPA-Vorstandes,
Abbi Bufe
LAUDATIO ZUR VERGABE DER „GPA-WELLE“ AM 2. OKTOBER 2014 AN DR. MED. RüDIGER SCZCEPANSKI
Preisverleihung der „GPA-Welle“Prof. Dr. med. Albrecht Bufe, Bochum
Experimentelle Pneumologie
Bergmannsheil-Klinische Forschung
Bürkle-de-la-Camp Platz 1
44789 Bochum
Prof. Dr. med. Albrecht Bufe
Weitere Themen 36 _ 37
„Vorwärtskommen setzt voraus,
dass man immer einen Schritt weiter
geht.“ (Michael Zerwell)
Lieber Abbi,
manche Schritte geht man schneller
als geplant, so auch Deiner aus der
ersten Reihe des geschäftsführenden
Vorstandes der GPA in die zweite.
Wenngleich Dein Wunsch nach
Verjüngung des Vorstandsteams der GPA oft geäußert wurde, so war Deine
Ernennung zum Dekan der Medizinischen Fakultät der Ruhr Universität
Bochum ausschlaggebend, jetzt diesen nächsten Schritt zu gehen. Neben
unseren Glückwünschen zu dieser Berufung wollen wir Dir vor allem für die
von Dir geleistete Arbeit als Vorsitzender der GPA seit 2008 herzlich danken.
Die vergangenen Jahre waren im wahrsten Sinne bewegte Jahre, denn
vieles konnte, besonders durch Dein Engagement und Deine Visionen für
die weitere Entwicklung der GPA, initiiert und in Fahrt gebracht werden.
Durch Gründung von inzwischen 10 wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, die
alle relevanten Themen der pädiatrischen Allergologie und Umweltmedizin
abdecken, konnten viele wissenschaftliche Projekte unterstützt oder sogar
initiiert werden. Dazu gehören konkrete Empfehlungen und Stellungnahmen
zu verschiedenen pädiatrisch-allergologischen Themen, Entwicklung eigener
Forschungsprojekte, aber auch die Beteiligung an Leitlinien in allen Berei-
chen der pädiatrischen Allergologie. Hierdurch wurde das Anliegen der GPA,
Bei der Mitgliederversammlung
der GPA in Wiesbaden am 01.
Oktober 2014 wurde PD Dr. med.
Christian Vogelberg zum neuen
1. Vorsitzenden der GPA gewählt.
Damit ist er von seiner Aufgabe
als Stellvertreter, die er im Januar
2014 angetreten hatte, auf den
Platz vorgerückt, den bislang Prof.
Albrecht Bufe innehatte. Albrecht
Bufe hat als neu berufener Dekan in Bochum zahlreiche Aufgaben zu
erfüllen und nahm nun die Aufgabe als Stellvertreter des Vorsitzenden an.
ihren Mitgliedern ein kontinuierliches Angebot hochwertiger wissenschaft-
licher Fortbildungen zu bieten, vertieft und ausgebaut. Dies beinhaltet nicht
nur die schon Jahrzehnte lang bewährten Fort- und Weiterbildungskurse in
pädiatrischer Allergologie und Pneumologie, die vor allem von den regiona-
len Arbeitsgemeinschaften der GPA ausgerichtet werden, sondern auch der
Wissenstransfer im Rahmen der Jahrestagungen der Arbeitsgemeinschaften
sowie die breite Repräsentanz von GPA-Vertretern auf dem jährlichen ge-
meinsamen Deutschen Allergiekongress. Dazu gehört auch die Profilierung
der GPA-eigenen Zeitschrift Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis.
Dies war ein besonderes Anliegen von Dir. Mit viel Engagement und Vision
hast Du den Beschluss der GPA, nicht nur, aber auch im Bereich der Medien
dem Trend der Zeit zu folgen und den Übergang einer gedruckten Zeitschrift
hin zu einem elektronischen Paper zu bewältigen, in Angriff genommen.
Auch hier galt wiederum die Prämisse: qualitativ hochwertige, wissenschaft-
lich fundierte, praxisrelevante Artikel mit einem direkten und umsetzbaren
Wissensgewinn für die Leser anzubieten.
Wir freuen uns, mit Dir gemeinsam die nächsten Ziele in Angriff zu nehmen:
weiterer Ausbau der GPA als wissenschaftliche Fachgesellschaft, Gene-
rationenwechsel in der Leitung, Förderung der jungen Kolleginnen und
Kollegen mit Interesse an pädiatrischer Allergologie, um nur einige Themen
zu nennen. Vor allem aber wünschen wir Dir für Deinen neuen Arbeitsbe-
reich in gleicher Weise viel Erfolg und die sichere Hand für alle anfallenden
Entscheidungen.
Christian Vogelberg, Dresden und Frank Friedrichs, Aachen
PD Dr. med. Christian Vogelberg leitet die Abteilung Pädiatrische Allergologie
und Pneumologie der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden und ist seit gut
vier Jahren in der GPA als Vorstandsmitglied sehr aktiv, seit Januar 2011
auch in der Funktion des Schatzmeisters.
Bei der regionalen Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneumologie und
Allergologie e. V. (APPA), steht Christian Vogelberg seit 2010 als 1. Vorsitzender
an der Spitze der Gesellschaft.
Für seine neue Aufgabe wünscht die GPA viel Glück und gutes Gelingen!
IN EIGENER SACHE
Verabschiedung des Vorsitzenden der GPA, Albrecht Bufe, beim 9. Deutschen Allergiekongress
Christian Vogelberg wurde als 1. Vorsitzender der GPA gewählt
Topic 36 _ 37
Pädiatrische Allergologie » 01 / 2015
WAPPAZum 3. Update-Tag lädt die Westdeut-
sche Arbeitsgemeinschaft für Pädiat-
rische Pneumologie und Allergologie
NAPPADer Kompaktkurs „Pädiatrische Pneu-
mologie“ der Norddeutschen Arbeits-
gemeinschaft für Pädiatrische Pneumo-
logie und Allergologie e. V. (nappa) hat
Gesellschaft für Pädiatrische PneumologieZur 37. Jahrestagung trifft sich die Ge-
sellschaft für Pädiatrische Pneumologie
e. V. (WAPPA) am 31. Januar 2015 nach
Düsseldorf ein. Nach den erfolgreichen
Veranstaltungen der ersten beiden Up-
date-Tage geht es nun unter Leitung von
Prof. Dr. med. Antje Schuster um neue
Informationen der letzten ein bis zwei
Jahre zu folgenden Themen: Bronchitis,
Allergische Rhinokonjunktivitis, Inhala-
tion, Insektengiftallergie, Spezifische
Pädiater als Zielgruppe, die sich sehr
häufig mit pneumologischen und / oder
allergologischen Themen beschäftigen
und ihre Kenntnisse auffrischen möch-
ten oder eine Zusatzbezeichnung anstre-
ben. Die Kurse im Frühjahr 2015 finden
am 20. / 21. März und 24. / 25. April unter
Leitung von Prof. Dr. med. Seidenberg
in Bad Zwischenahn statt. Die je mehr
als 15 Vorträge fassen kompakt und
an den Vorgaben der Weiterbildungs-
ordnung orientiert besonders wichtige
vom 5. bis 7. März 2015 im Congress
Centrum Basel. Unter dem Titel „Gren-
zen überwinden – Grenzen anerkennen,
Kooperation – Interdisziplinarität“ lädt
die GPP mit dem Tagungspräsidenten
Prof. Jürg Hammer ein. Die Plätze für
die Postgraduiertenkurse, z. B. zur
Bronchoskopie oder außerklinischen
Tracheotomie und Beatmung, sind
begrenzt und erfordern eine frühzeitige
Anmeldung. Zahlreiche Vorträge zu
pneumologischen Notfällen, schwerem
Immuntherapie und Neurodermitis.
Die Veranstaltung ist auf 80 Teilnehmer
begrenzt und findet im Universitätskli-
nikum Düsseldorf im Hörsaal der Alten
Chirurgie (Moorenstr. 5) statt.
Themen zusammen. Im März stehen
Grundlagen, Diagnostik und Spezifische
Therapie allergischer Erkrankungen
sowie Neurodermitis im Vordergrund,
im April Lungenerkrankungen (Asthma
bronchiale, Bronchiolitis, Tuberkulose)
sowie die Lungenfunktionsdiagnostik.
Asthma, Cystischer Fibrose (mutations-
spezifische Therapie) oder speziellen
Diagnoseverfahren stehen genauso auf
dem Programm wie die zum Motto pas-
senden Beiträge zu „Umwelt, Genetik
und Mikrobiom“ sowie Respiratorische
Insuffizienz und Grenzen der Therapie.
Tagungen
Veranstaltungen
Weitere Informationen finden Sie unter
www.di-text.de
Weitere Informationen finden Sie unter
www.di-text.de
Das Programm ist unter
www.gpp2015.com zu finden
(Kongressorganisation: [email protected])
Journal Club 38 _ 39
Forschungsansatz / StudienDiese Lücke in der Therapie könnten
Inhibitoren der Interleukine 4 und 13
füllen, da beide Th2-Zytokine wahr-
scheinlich pathogenetisch eine Rolle bei
der AD spielen. Ein solcher Inhibitor ist
der humane monoklonale Antikörper
Dupilumab; Beck et al. fassen die Daten
von 4 randomisierten, doppelblinden,
plazebokontrollierten Studien zur
Dupilumab-Therapie bei Erwachsenen
mit mäßig bis stark ausgeprägter AD
zusammen. Als Monotherapie evaluier-
ten sie den Antikörper in 2 Studien über
je 4 Wochen und in einer Untersuchung
über 12 Wochen, jeweils placebokont-
rolliert.
In einer weiteren 4-wöchigen Untersu-
chung kam Dupilumab in Kombination
mit einem topischen Glukokortikoid
zum Einsatz (versus Placebo plus
topisches Glukokortikoid). Den Anti-
körper erhielten die Patienten einmal
wöchentlich subkutan in einer Dosie-
rung von 75 mg, 150 mg oder 300 mg.
Primäre Endpunkte stellten zum einen
als klinische Parameter der Eczema Area
and Severity Score (EASI), die Globale
Beurteilung der Untersucher (Investi-
gator’s Global Assessment Score) sowie
der Schweregrad des Juckreizes dar.
Hinzu kamen die Biomarker TARC und
Gesamt-IgE sowie Aspekte zur Sicher-
heit der Therapie.
ErgebnisseIn beiden 4-wöchigen Studien wiesen
die 51 Patienten unter Dupilumab im
Vergleich zu Placebo rasch eintretende,
deutliche, dosisabhängige Verbesse-
rungen in Bezug auf die klinischen
Parameter und Biomarker auf. Diese
Ergebnisse bestätigte die Studie der Du-
pilumab-Monotherapie über 12 Wochen:
Eine Reduktion der Symptome im EA-
SI-Score um 50 % (EASI 50) erreichten
85 % der 55 Patienten unter Dupilu-
mab versus 35 % der Kontrollgruppe
(p=0,001). Im Investigator’s Global
Assessment Score erreichten 40 % unter
Dupilumab versus 7 % unter Placebo
einen Wert von 0 oder 1 (p=0,001), was
ausgeheilten oder beinahe unauffälligen
Hautläsionen entspricht. Der Schwere-
grad des Juckreizes sank mit um 55,7 %
in der Behandlungsgruppe gegenüber
15 % ebenfalls signifikant. An der
vierten Studie hatten 21 Patienten unter
Kombinationstherapie und 10 Patienten
unter Placebo teilgenommen: Hier zeigte
sich ein EASI 50 für alle Patienten unter
Dupilumab plus Glukokortikoid versus
50 % der Kontrollgruppe (p=0,002).
An unerwünschten Wirkungen litt
insgesamt eine Mehrheit, die in allen
Studiengruppen ungefähr gleich verteilt
war. Die meisten Patienten klagten über
Nasopharyngitis und Kopfschmerzen,
und dies häufiger unter Antikörper-The-
rapie. Unter Placebo traten vergleichs-
weise häufiger Hautinfektionen oder
Exazerbationen der AD auf, die bei
manchen eine stationäre Aufnahme
erforderten.
SchlussfolgerungDupilumab beeinflusste alle gemessenen
Parameter der Aktivität der Atopischen
Dermatitis im Vergleich zu Placebo
deutlich positiv (s. a. Topic „Biologicals“
in diesem Heft). Unerwünschte Wirkun-
gen waren nicht dosislimitierend. Die in
allen Studien konsistenten Ergebnisse
deuteten auf die pathophysiologische
Bedeutung der Th2-Zytokine Il4 und
Il13 bei AD hin, betonen die Autoren.
Möglicherweise spielen diese Zytokine
neben Asthma und AD auch für weitere
atopische Krankheiten eine Rolle.
JOURNAL CLUB: Beck et al. Dupilumab Treatment for Adults with Moderate-to-severe Atopic Dermatitis
Dupilumab bei Atopischer DermatitisDr. med. Susanne Meinrenken, Bremen
Eine gestörte Barrierefunktion der Haut, von Th2-Zellen getragene Immunreaktionen gegen zahlreiche Umweltallergene, oft kaum
zu ertragender Juckreiz und die Neigung zu Infektionen der Haut – die typischen Merkmale der Atopischen Dermatitis (AD).
Weltweit sind bis zu 20 % der Bevölkerung betroffen, etwa ein Fünftel von ihnen leidet an einer mäßig-starken bis sehr aus-
geprägten Form. Hier sind die zugelassenen Wirkstoffe, wie Hautpflegemittel, topische Steroide und Calcineurininhibitoren oft
von begrenztem Nutzen.
Dr. med. Susanne Meinrenken
Kontakt
Sponsor
Regeneron Pharmaceuticals und Sanofi
Originalstudie
Beck LA et al. Dupilumab Treatment in Adults with
Moderate-to-Severe Atopic Dermatitis. New Engl J Med 2014;
371: 130-139
Praktische Neurodermitis- Therapie im Kindesalter16. und 17. Januar 2015, Dresden
Veranstaltungsort: Hotel Bülow Palais,
Königstraße 14, 01097 Dresden
Leitung: Dr. med. Susanne Abraham,
Dresden, Dr. med. Katja Nemat, Dresden
Erwartete Teilnehmer: 24 (maximal)
Information: [email protected],
www.di-text.de
3. Update-Tag der WestdeutschenArbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (WAPPA)31. Januar 2015, Düsseldorf
Tagungsort: Universitätsklinikum
Düsseldorf
Leitung: Prof. Dr. med. Antje Schuster,
Düsseldorf
Erwartete Teilnehmer: 80 (begrenzt)
Information: [email protected],
www.di-text.de
Gemeinsame Jahrestagung der Arbeits- gemeinschaft Asthmaschulung im Kin- des- und Jugendalter e. V. (AGAS) und der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitis-schulung e. V. (AGNES)20. und 21. Februar 2015, Fulda
Veranstaltungsort: Gemeindezentrum Kün-
zell / Fulda, Hahlweg 32-36, 36093 Fulda
Leitung: Dr. med. Ansgar Forderer, Fulda,
Dr. med. Thomas Spindler, Wangen /
Allgäu, PD Dr. med. Jens-Oliver Steiß,
Fulda
Erwartete Teilnehmer: 400
Information: [email protected],
www.di-text.de
Allergo Update 2015 / 5. Allergologie-Update-Seminar27. und 28. Februar 2015, Wuppertal
Information: [email protected];
www.allergo-update.com
Kompaktkurs „Pädiatrische Aller- gologie“ der Norddeutschen Arbeits- gemeinschaft für Pädiatrische Pneumo-logie und Allergologie e. V. (nappa)20. und 21. März 2015, Bad Zwischenahn
Veranstaltungsort: Bildungs- und Freizeit-
stätte der Wirtschafts- und Sozialakade-
mie der Arbeitnehmerkammer Bremen
gGmbH, Zum Rosenteich 26, 26160 Bad
Zwischenahn
Leitung: Prof. Dr. med. Jürgen Seidenberg,
Oldenburg
Erwartete Teilnehmer: 50
Information: [email protected],
www.di-text.de
Kompaktkurs „Pädiatrische Pneumologie“ der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneumologie und Allergologie (APPA) e. V.27. und 28. März 2015, Wörlitz
Veranstaltungsort: Ringhotel Wörlitz
„zum Stein“, Erdmannsdorfer Str. 228,
06786 Wörlitz
Leitung: Dr. med. Antje Nordwig,
Dresden
Erwartete Teilnehmer: 40 (maximal)
Information: INTERCOM Dresden
GmbH, Silke Wolf, [email protected]
Ausbildung zum Prüfarzt / PrüfarztassistentenGrundkurs gemäß der „Guten Klinischen
Praxis“ (ICH-GCP) inklusive MPG-Schulung
17. und 18. April 2015
Veranstaltungsort: Bochum
NETSTAP e. V. Netzwerk Kinder- und
Jugendärzte für klinische Studien in der
Ambulanten Pädiatrie e. V.
Information: NETSTAP e. V.,
z. H. Frau Elke Stöckmann, FZB,
Parkallee 35, 23845 Borstel
Kompaktkurs „Pädiatrische Pneumo- logie“ der Norddeutschen Arbeits- gemeinschaft für Pädiatrische Pneumo-logie und Allergologie e. V. (nappa)24. und 25. April 2015, Bad Zwischenahn
Veranstaltungsort: Bildungs- und Freizeit-
stätte der Wirtschafts- und Sozialakade-
mie der Arbeitnehmerkammer Bremen
gGmbH, Zum Rosenteich 26, 26160 Bad
Zwischenahn
Leitung: Prof. Dr. med. Jürgen Seidenberg,
Oldenburg
Erwartete Teilnehmer: 50
Information: [email protected],
www.di-text.de
10. Deutscher Allergiekongress1. bis 3. Oktober 2015, Köln
Kongresspräsident:
PD Dr. med. Ernst Rietschel
Veranstaltungsort: Congress-Centrum Ost
Koelnmesse
Information: wikonect GmbH,
Weitere Termine unter www.gpau.de
Der allergologische NotfallDie Ausgabe 02 / 2015 erscheint am 29. März 2015 erstmals nur als eJournal.
Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe
TERMINE
PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE
AUSGABE 01 / 2015