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Ausgabe 3/2007 AUSGABE 03 I 2007 I Jhg. 32 I EUR 3,00 www.ocg.at P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien I 02Z031460M 2007 3 Pioniere der Informatik n Kurt Bauknecht Drei Jahrzehnte Informatik an der Universität Zürich n Laudatio für Peter Wegner Begegnung mit einem großen Informatiker Berichte aus den Arbeitskreisen n 3 rd eBusiness Day 2007 Second Life und Web 2.0 am 3rd eBusiness Day 2007 n E-Government-Konferenz Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz n Das war die eHealth2007 Medical Informatics meets eHealth

AUSGABE 03 I 2007 I Jhg. 32 I EUR 3,00  · Second Life und Web 2.0 am 3rd eBusiness Day 2007 n E-Government-Konferenz Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz n Das

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�Ausgabe 3/2007

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Pioniere der Informatikn Kurt Bauknecht Drei Jahrzehnte Informatik an der Universität Zürich

n Laudatio für Peter Wegner Begegnung mit einem großen Informatiker

Berichte aus den Arbeitskreisenn 3rd eBusiness Day 2007 Second Life und Web 2.0 am 3rd eBusiness Day 2007

n E-Government-Konferenz Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz

n Das war die eHealth2007 Medical Informatics meets eHealth

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2JOURNAL

Inhalt

Inhalt

Editorial

Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Gerald Futschek 3

Forschung und Innovation

Das IP Multimedia System IMS 8 Grundlagen einer IKT-Forschungsstrategie 6

Praxis und Wissen

!NFOday – school goes informatik 16 Constantinus 2007 22

Das Lernzentrum des Anton Proksch Instituts 32

OCG aktuell

Eine Vorlesefunktion für die OCG-Webseiten 34

Berichte aus den Arbeitskreisen

SecondLifeundWeb2.0am3rdeBusinessDay2007 4 HighlightsderösterreichischenE-Government-Konferenz 10 HCI4MED: Human-Computer Interaction for Medicine & Health Care 14 DaswardieeHealth2007–MedicalInformaticsmeetseHealth 17

Neue Reihen

Fachhochschulen in Österreich: Die FH-Studiengänge Burgenland 12 Web Accessibility: OCG Web Accessibility Absolventen 30

Interview

Werner Schimanovich – Die Verbesserung von ganz Europa 24 Dr. Leo Steiner – General Manager von IBM Österreich 31

Pioniere der Informatik

KurtBauknecht–DreiJahrzehnteInformatikanderUniversitätZürich 19 LaudatiofürPeterWegner–BegegnungmiteinemgroßenInformatiker 26

ImpressumMedieninhaber und Herausgeber: Österreichische Computer Gesellschaft

Präsident: Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Gerald Futschek

Generalsekretär: Eugen MühlvenzlWollzeile 1-3, 1010 Wien, Tel.: 01/512 02 35-0, Fax: 01/512 02 35-9

E-Mail: [email protected] URL: www.ocg.at

Kontakt zur Redaktion: Mag. Christine Haas,Tel.: 01/512 02 35-51, [email protected]

Layout: Therese FrühlingUlrike Haring, OVE-Medienzentrum Graz

Fotos: Archiv OCG, Autoren, Privatarchive

Druck: Ueberreuter Print & Digimedia

Gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.

Hinweis: Geschlechtsbezogene Aussagen in diesem Magazin sind auf Grund der Gleichstellung für beiderlei Geschlechter aufzufassen bzw. auszulegen.

ISSN 1728-743X

Mag. Dipl.-Ing. Marion Brandsteidl berichtet über den !nfoday - school goes informatik. (linkes Foto) Am 14. Juni 2007 fand im Dworak Saal der Wirtschaftskammer Österreich der AUSTRIAPRO Expertentag und der 3. eBusiness Day der

OCG statt. BM Buchinger nahm an einer Diskussion zum Thema „Web 2.0: Second Life oder Second Crash?“ teil. Lesen Sie mehr auf S.4. (rechtes Foto)

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3Ausgabe 3/2007

Editorial

Große InformatikerGroße Persönlichkeiten sind wichtig für die Informatik. Sie

bewegen viel in ihrem Leben und dienen als Vorbild für

zahlreiche andere. Normalerweise wird in einer Ausga-

be des OCG Journals eine Persönlichkeit der Informatik

vorgestellt oder geehrt, diesmal sind es aus besonderen

Anlässen gleich mehrere.

In der Reihe der Informatikpioniere wird anlässlich seiner

Emeritierung das nachhaltige Wir-

ken von Prof. Kurt Bauknecht, des

langjährigen Direktors des Instituts

für Informatik der Universität Zürich,

in einem Interview gewürdigt. Er hat

uns oft in Österreich besucht und mit

seinem Esprit viele von uns begeis-

tert.

Wir freuen uns insbesondere, dass

wir die gesamte Laudatio von Chris-

tiane Floyd für den großen Informa-

tiker Peter Wegner abdrucken dürfen, die sie anlässlich

einer akademischen Feier an der TU Wien in Anwesen-

heit des Gott sei Dank wieder vollständig genesenen

Inhabers des Goldenen Ehrenkreuzes der Republik

Österreich hielt.

Dr. Leo Steiner wurde General Manager von IBM Öster-

reich, deswegen wurde er zu Informatik, Bildung, OCG

und seinen Plänen bei IBM von Dr. Helmut Malleck be-

fragt.

Schließlich bieten wir den Versuch von Ao. Univ.-Prof.

Mag. Dr. Karl Fröschl und Mag. Lucy Traunmüller, dem

ungewöhnlichen Alternativdenker und Gödelexperten

Dr. Werner „Jimmy“ Schimanovich in einem Interview

die Highlights seines vielfältigen beruflichen Lebens zu

entlocken.

Die Arbeitskreise der OCG lassen in diesem Heft durch

eine Vielzahl von Beiträgen aufhorchen. Die Berichte

über die eGov Konferenz, den eBusiness Day 2007 und

die eHealth 2007 zeigen das erfolgreiche Vernetzen des

Wissens der betroffenen Fachinstitutionen in Österreich

auf. Eine Kurzfassung einer ausführlichen Studie zu den

Grundlagen einer IKT-Forschungsstrategie gibt Dr. Erich

Prem, und Univ.-Doz. Andreas Holzinger berichtet über

Aufgaben und Vorhaben der heuer gegründeten Re-

search Unit „Human Computer Interaction for Medicine

& Health Care“ an der Medizinischen Universität Graz.

Aus- und Weiterbildung in Informatik und IKT ist für Wirt-

schaft und Gesellschaft eine grundlegende Säule. In

diesem Heft berichten wir über den !INFOday – school

goes informatik, bei dem 50 SchülerInnen an der TU

Wien Workshops an verschiedenen Informatikinstituten

besuchen konnten. Im Burgenland werden in Eisenstadt

und Pinkafeld Fachhochschullehrgänge aus dem Be-

reich Informations- und Kommunikationstechnologien

angeboten, und beim Constantinus Award wurden Ös-

terreichs beste IT-Projekte gekürt. Kurse und Prüfungen

zum Europäischen Computer Führerschein ECDL spie-

len im Anton Proksch Institut bei der Behandlung und

Rehabilitation von Süchtigen eine besondere Rolle – eine

geregelte Anstellung trägt wesentlich zum Therapieerfolg

der PatientInnen bei.

Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen

Gerald Futschek, Präsident der OCG

Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Gerald Futschek

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�JOURNAL

Berichte aus den Arbeitskreisen

Second Life und Web 2.0 am

3rd eBusiness Day 2007Mag. Lucy TraunMüLLer

Eine bewährte Kooperation: Am ��. Juni 2007 fand in Wien bereits zum dritten Mal der eBusiness Day statt, der auch diesmal wieder von OCG und AUSTRIAPRO gemeinsam abgehalten wurde. Die von OCG-Finanzre-ferent Dr. Karl Fröschl (EC3 und Universität Wien) moderierte Veranstal-tung setzte sich aus drei Teilen zusammen: dem AUSTRIAPRO Experten-tag am Vormittag und dem eBusiness Day am Nachmittag sowie einer abschließenden Podiumsdiskussion mit prominenten Gästen.

Mag. Christian S. Boser von AUSTRIAPRO

eröffnete die erste Vortragsreihe mit einer

Vorstellung seiner Organisation. Der aus

90 Mitgliedern bestehende Verein ist in der

Wirtschaftskammer Österreich angesiedelt

und fördert B2B-Standards für den elektro-

nischen Datenaustausch. AUSTRIAPRO zählt

vier Arbeitskreise: E-Billing, Semantic Web,

E-Zustellung und E-Trade und Transport,

welche am Expertentag durch die nachfol-

genden Vorträge vertreten waren.

Dipl.-Ing. Rudolf Bauer (PARADIGMA Un-

ternehmensberatung), der den E-Trade und

Transport-Arbeitskreis leitet, verschaffte

einen Überblick über das Internationale

Supply Chain Reference Model. Dieses

wird von UN CEFACT, dem Zentrum der Ver-

einten Nationen für Handelserleichterungen

und elektronische Geschäftsprozesse, er-

stellt. Das ISC-Referenzmodell, das auf der

Wissensbasis von mehreren internationalen

Organisationen aufbaut, bietet eine Standar-

disierungsvorlage und soll Handelserleich-

terungen (trade facilitation) unter anderem

durch Kostensenkung fördern.

Markus Linder, Geschäftsführer von Smart

Information Systems und Leiter des Seman-

tic Web-Arbeitskreises, sprach zum Thema

Semantic Web-basierter E-Commerce.

Während derzeitige Informationssysteme nur

Bezeichnungen lesen, können die Inhalte des

Semantic Web von intelligenten Suchmaschi-

nen mittels vereinbarter Bedeutungskodie-

rungen „verstanden“ werden. Ermöglicht wird

dies durch RDF (Resource Description Fra-

mework), einem maschineninterpretierbaren

Format, mit dessen Hilfe E-Commerce-An-

gebote besser als solche ausgezeichnet und

gefunden werden können.

ebCrossborder – Der österreichische

Rechnungsstandard ebInterface im inter-

nationalen Umfeld hieß der Vortrag von Mag.

Lothar Winkelbauer, E-Business-Konsulent

und Leiter des E-Billing-Arbeitskreises. Der

XML-Rechnungsstandard ebInterface wurde

2004 aus der Taufe gehoben und wird ab

2008 in das österreichische E-Taxation-Sys-

tem Finanz Online integriert. Im Rahmen des

Projekts ebCrossBorder soll ebInterface nun

auf internationaler Ebene etabliert werden.

PIN-SME, das Paneuropäische Netzwerk für

IKT & E-Business im Bereich von Klein- und

Mittelbetrieben, bietet den organisatorischen

Rahmen.

Dr. Gerhard Laga, Geschäftsführer von AUS-

TRIAPRO, setzte sich mit der elektronischen

Zustellung in der Wirtschaft auseinander.

Bei der B2B- und B2C-Zustellung von elektro-

nischen Dokumenten muss die Sicherheit in

technischer und rechtlicher Hinsicht gewähr-

leistet sein. In Zusammenarbeit mit dem Ver-

ein e-Zustellung Austria erstellt AUSTRIAPRO

ein E-Zustellungs-System für den privatwirt-

schaftlichen Einsatz und erarbeitet gleichzei-

tig einen entsprechenden Standard.

Im zweiten, von der Österreichischen

Computer Gesellschaft gestalteten Teil des

eBusiness Day wurde das Thema „eBusi-

ness Innovation“ behandelt.

In seinem komplexen Vortrag stellte Dr. Ro-

man Kopetzky (ERSTE Bank) ein Modell zur

Charakterisierung disruptiver Technologien

am Beispiel mobiler Breitbanddienste vor.

Disruptive Technologien beruhen auf radi-

kalen Innovationen, die eine bestehende

Technologie(-entwicklung) unterbrechen. Ko-

petzky, der dieses Konzept auf das konkrete

Beispiel von Sprachtelefonie-Diensten an-

wendet, präsentierte eine empirische Unter-

suchung unter der hypothetischen Annahme

einer „unmittelbaren Einführung von Mas-

senmarkt-fähigen VoIP-Sprachdiensten über

mobiles Breitband“. Radikale Innovation, so

Kopetzky, bezieht sich nicht zwingenderma-

ßen auf eine Technologie, sondern eher auf

ein Geschäftsmodell.

In wissenschaftliche Gefilde begab sich

auch Mag. Alexander Trieb, Capgemini

Consulting Österreich AG, mit seiner Iden-

tifikation und Analyse innovativer Anwen-

dung des Ubiquitous Computing in der

Versicherungsbranche. Ubiquitous Com-

puting (UC) bezeichnet eine „allgegenwär-

tige“ Informationsverarbeitung, bei der mit

Sensoren oder Chips ausgestattete Alltags-

gegenstände Daten übermitteln. Trieb prä-

sentierte zwei Einsatzmöglichkeiten von UC

in der Versicherungsbranche: die Markie-

rung von hochpreisigen Objekten, die über

GPS, GPRS oder RFID überwacht werden,

und den Einsatz drahtloser Netzwerke und

Sensorsysteme zur Reduktion von Wasser-

schadensfällen.

Eine Stimme aus der Praxis kam von Anette

Rehm, die das Web 2.0 dahingehend be-

leuchtete, ob es eine Chance für Finanz-

dienstleister bietet. Rehm ist Marketing-

Direktorin bei Quelle Bausparkasse (QBS),

die seit 1997 online ist und als einziges

deutsches Unternehmen Direkt-Baufinan-

zierung über das Internet bietet. Was disrup-

tive Technologien betrifft, so wurde 2000 bis

2001 eine WAP-Verbindung angeboten, die

hohe Aufmerksamkeit seitens der Medien,

aber nur geringe Nutzung erfuhr. Großer Ak-

zeptanz erfreuen sich hingegen die seit 1998

angebotenen Foren, Userbefragungen und

Newsletter. Derzeit versucht QBS, im zwei-

ten Anlauf die digitale Signatur über Handy

einzuführen.

Dipl.-Ing. Michael Hager von artindustrial

informationstechnologien analysierte zwei

häufig genannte Schlüsselbegriffe dieser

Veranstaltung: „Web 2.0 versus Semantic

Web“. Web 2.0 suggeriere einen technischen

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�Ausgabe 3/2007

Berichte aus den Arbeitskreisen

Hintergrund, stehe jedoch für keine spezielle Technologie, sondern für

interaktive, intuitive Plattformen mit von den Usern erstellten Inhalten.

Im semantischen Web hingegen gehe es darum, Webressourcen mit

Bedeutung zu versehen. Es ist somit inhaltsorientiert und nur indirekt

(über Dienste) nutzbar. Die beiden Konzepte konkurrieren nicht, son-

dern ergänzen einander.

Abschluss und Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Podiums-

diskussion: Web 2.0: Second Life oder Second Crash? Eine be-

sondere Form der Spiegel-im-Spiegel-Übertragung fand hier statt:

Die Diskussion konnte im Internet über die Second Life-Site verfolgt

werden, wo sie als Life-Stream über den Avatar des Online-Veranstal-

tungsraums gezeigt wurde; im „First Life“ wiederum wurde das vir-

tuelle Geschehen auf die Leinwand hinter den Diskutanten projiziert.

Der Unterschied zwischen den zwei Welten zeigte sich im Zuhörerver-

halten: Einige Avatare, die scheinbar brav auf ihren Sesseln saßen,

präsentierten sich in Second Life bunter bekleidet und mit mehr Bewe-

gungsdrang als im Saal der Wirtschaftkammer Österreich.

Eingeleitet wurde die Diskussion von der filmischen Vorstellung und

Demonstration von „Second Life“ (Johannes Sperlhofer, EC3),

die das Thema E-Commerce behandelte. In dieser von ihren Usern

eingerichteten Welt, die mittlerweile 7,2 Mio. „Bewohner“ verzeichnet,

wird mit dem Betreten von virtuellen Geschäften dreidimensionales

Shopping möglich.

„Ich wurde in einer Doppelfunktion eingeladen. Zum einen als Kon-

sumentenschutzminister, zum anderen, weil ich selbst – als Blogger

– ein Web 2.0-Anwender bin“, schrieb Dr. Erwin Buchinger, der pro-

minenteste der Podiumsteilnehmer nach der Veranstaltung auf www.

erwin-buchinger.at. Sein Blog soll den Bundesminister für Soziales

und Konsumentenschutz für den Bürger greifbar machen.

Sepp Tschernutter, Geschäftsführer von Trimedia Communications

Austria, hat in seinem Unternehmen Second Life intensiv als Trainings-

platz genutzt. Die wirtschaftliche Bedeutung der virtuellen Welt werde

laut Tschernutter im Moment noch überschätzt, doch die Entwicklung

gehe weiter, und Dreidimensionalität werde sich letztlich durchsetzen.

Metacowboy, der Avatar von Camera Department Filmservice-Grün-

der Amir Esmann, ist begeisterter Second Life-Bewohner. Esmann

schildert die virtuelle Plattform als Werkzeug mit einfachen Gestal-

tungsmöglichkeiten. So kann er etwa in Second Life unter geringem

Zeitaufwand einen für Kunden anschaulichen 3D-Spot entwerfen.

Christoph Breitler ist seit 2004 als Pressesprecher für Wikipedia Ös-

terreich tätig. Er sprach das für eine auf User-Wissen basierende En-

zyklopädie relevante Thema des Urheberrechts an. Schwerwiegende

Probleme gebe es laut Breitler kaum, die meisten Verletzungen wür-

den von den Autoren selbst begangen, die eigene Texte ohne Quel-

lenangabe kopieren.

Eine ganz andere Art von Plattform bildet Österreichs größte Kommu-

nikations-Website sms.at. Mit einer jugendlichen Community liegt der

Fokus auf 37500 (allerdings größtenteils inaktiven) Blogs und 500.000

Nick-Pages (kleinen, persönlichen Homepages) sowie diversen Chat-

Foren. Christian Gsöll, der für den B2C-Service verantwortlich ist,

berichtet von durchschnittlich 4000 - 5000 Usern online.

Moderator der Diskussion war Dr. Hans G. Zeger, Obmann von

ARGE DATEN, der betonte, dass Web 2.0 mehr als nur einen Marke-

tingbegriff darstellt und vielmehr als gesellschaftliches Phänomen zu

betrachten sei. Doch der letzte Zweifel daran war ohnedies spätestens

mit Veranstaltungsende ausgeräumt. n

Die Moderation des 3.eBusiness Day übernahm Univ.-Doz. Mag. Dr. Karl Fröschl

Spannende Diskussionsrunden beim Expertentag von AUSTRIAPRO und dem 3. eBusiness Day des Forum eBusiness der OCG

BM Erwin Buchinger (re.) nahm am späten Nachmittag an einer Diskussionsrunde zum Thema „Web 2.0: Second Life oder Second Crash?“ teil, Moderation: Dr. Hans Zeger (Mitte)

Kontakt

OCG Forum eBusinessMag. Christine HaasTel. 512 02 35/[email protected]

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�JOURNAL

Forschung und Innovation

Grundlagen einer IKT-Forschungsstrategie

DipL.-ing. Dr. erich preM, MBa

Als F&E-Strategieberater wurde eutema

Technology Management gemeinsam

vom Rat für Forschung und Technologie-

entwicklung und dem Bundesministerium

für Verkehr, Innovation und Technologie

(BMVIT) beauftragt, Grundlagen einer

IKT-Forschungsstrategie für Österreich zu

ermitteln. Neben einer Sichtung existie-

render Studien geht es in der nun vorlie-

genden Studie um die Beschreibung der

Charakteristika der IKT, die Identifikation

fachlich-inhaltlicher Forschungsschwer-

punkte in Österreich, eine Analyse von ak-

tuellen Bedürfnissen der IKT-Forschung,

um Stärken und Schwächen in diesem

Bereich und schließlich um die Identifikati-

on möglicher strategischer Zielsetzungen

und Handlungsoptionen. Die Methoden

umfassen eine Sekundäranalyse früherer

Studien, die Befragung von Experten, die

Analyse einer Veranstaltung zur IKT-For-

schungsstrategie sowie die Auswertung

statistischer Daten über geförderte For-

schungsprojekte und aus Publikationsda-

tenbanken und Desk Research.

Dieser methodische Ansatz ist bewusst

breit gewählt und stellt nicht bloß auf sta-

tistische oder bibliometrische Daten ab.

Derartige Ansätze einer „evidenzbasier-

ten“ Technologiepolitik mögen ihre Recht-

fertigung haben. Hochdynamische Tech-

Strategieentwicklung wird als Kunst und Wissenschaft bezeichnet, weil sie zwar auf Fakten beruht, aber aufgrund zahlreicher Unsicher-heiten Kreativität erfordert. Dies gilt in besonderem Maße für die Entwicklung einer Forschungsstrategie. Schon vor Jahren wurde in der österreichischen Technologiepolitik der Bedarf nach einer Strate-gie für die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-For-schung formuliert. Ein solides Fundament für eine derartige Strategie war jedoch nicht vorhanden, was einer der Gründe für das Fehlen ei-ner Gesamtstrategie ist. Für einen dynamischen Wissenschafts- und Technologiebereich wie die IKT sind überhaupt Zweifel angebracht, ob eine gesamtösterreichische IKT-Forschungsstrategie Sinn macht, oder ob nicht vielmehr Strategien für einzelne Teilbereiche – so ge-nannte Strategeme – zielführender sind.

nologiebereiche erfordern aber auch einen

Blick auf das Wesen der Technologie. Da-

her war es wichtig, Charakteristika der IKT

an den Ausgangspunkt der Untersuchung

zu stellen. In weiterer Folge wurden aber

auch Daten zu Publikationstätigkeit und

Projekten sowie Meinungen erhoben, um

zu einer möglichst umfassenden Analyse

der Ausgangslage der IKT-Forschung in

Österreich zu gelangen.

IKT-CharakteristikMehrere Studien belegen den starken po-

sitiven Zusammenhang zwischen Einsatz

(und daher vorangehend der Erforschung

und Entwicklung) von IKT und Produkti-

vität einer Volkswirtschaft. IKT beeinflusst

alle Wirtschaftsbereiche und beinahe alle

Lebensbereiche. IKT gehören zu den we-

nigen Technologien, die auch im Dienst-

leistungssektor die Produktivität verbes-

sern können, was in einer immer stärker an

Dienstleistungen orientierten Gesellschaft

von besonderer Bedeutung sein muss.

IKT erlauben sehr oft eine Trennung des

Ortes der Leistungserbringung vom Ort

der Nutzung der Leistung, z. B. bei der

Inanspruchnahme eines Internet-Diens-

tes. Damit sind IKT und Globalisierung

wirtschaftlicher Leistungsprozesse un-

mittelbar miteinander verbunden. Diese

Vernetzungscharakteristik ist eine wesent-

liche Eigenschaft der IKT. In vielen Fällen

steigt der Nutzen einer IKT-Anwendung

mit dem Quadrat der Anzahl der Nutzer

des Systems. Diese auch als Gesetz von

Metcalfe bezeichnete Charakteristik findet

sich bei Telefonnetz, Faxgeräten oder dem

Internet und zahlreichen Applikationen.

Sie liegt vielen erfolgreichen innovativen

Geschäftsmodellen im Internet zugrunde.

IKT erleichtern auch die Vernetzung von

Informationen über Marktangebote, was

zur Beseitigung von Informationsdefiziten

führen kann.

Die Produktion und Distribution von Soft-

ware unterscheidet sich wesentlich von

anderen Wirtschaftsgütern. Softwarepro-

dukte und auch digitale Inhalte weisen oft

Grenzkosten der Produktion von Null auf,

ebenso können die Grenzkosten der Dis-

tribution von Software und Content über

Internet gegen Null gehen.

IKT sind durch eine extrem hohe Innova-

tionsdynamik charakterisiert sowie durch

eine rasche Diffusion neuer Produkte und

innovativer Anwendungen. Das Bedürfnis

nach Information und Kommunikation ist

dabei nicht nur ein grundlegender We-

senszug von Wirtschaftsprozessen, son-

dern auch eine wesentliche menschliche

Eigenschaft. Dies bedingt den universellen

Charakter der IKT, erklärt aber auch, wa-

rum davon auszugehen ist, dass IKT über

lange Zeit eine dynamische Entwicklung

durchmachen und verursachen werden.

IKT-Forschung in ÖsterreichÖsterreichs IKT-Forschung gehört zu den

wichtigsten Forschungsbereichen des

Landes. Die forschungsintensivsten unter

den größten heimischen Unternehmen

sind zu einem Großteil direkt oder indirekt

dem IKT-Bereich zuzuordnen. Insgesamt

ist Österreich die Fähigkeit zu attestieren,

in aktuellen IKT-Teilgebieten international

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7Ausgabe 3/2007

Forschung und Innovation

erstklassige Forschung zu betreiben. Ös-

terreich verfügt dabei über einige größere

Bereiche mit belegbaren Stärken in der

IKT-Forschung. Österreich kann auf eine

Reihe international gut und einige wenige

hervorragend rezipierte IKT-Forscher ver-

weisen.

Die Identifikation von Stärkefeldern erfolgte

durch die Analyse von Experteninterviews

sowie anhand von statistischen Daten über

geförderte Forschungsprojekte beim FWF,

beim Basisprogramm der FFG, Rück-

flussdaten im 6. EU-Forschungsrahmen-

programm Bereich IST und – zur Abrun-

dung um die Start-up-Perspektive – durch

Daten des universitären Gründerservice

INITS. Zusätzlich

werden die Publi-

kationsindikatoren

österreichischer IKT-

Forscher analysiert.

Da die genannten

Förderstellen äu-

ßerst unterschied-

liche und inkompa-

tible Klassifikationen

verwenden, wurden

die verschiedenen

statistischen Daten-

sammlungen zu-

nächst auf ein einheitliches Begriffssche-

ma abgebildet.

Die Analyse der Daten ergibt, dass zu den

größeren thematischen Stärkefeldern der

heimischen IKT-Forschung in Industrie

und Wissenschaft insbesondere die Be-

reiche Embedded Systems, Mobilkom-

munikation, Visual Computing, Artificial

Intelligence und semantische Systeme,

Elektronik sowie als Grundlagenbereich

vor allem die Mathematik und elektro-

nischen Grundlagendisziplinen gehören.

Es zeigt sich, dass nur wenige Bereiche

sowohl im Grundlagenbereich als auch in

den anwendungsorientierten Indikatoren

als ausgeprägte Stärken erscheinen, z. B.

der Bereich Embedded Systems. Visual

Computing fällt dadurch auf, dass es so-

wohl bei FWF-Programmen als auch im

Basisprogramm und auf EU-Ebene erfolg-

reich ist. Zwischen einigen der Stärkefelder

bestehen Überlappungen und starke Syn-

ergiepotenziale, dies gilt z. B. für die Be-

reiche Mikrolektronik, Embedded Systems

und Mobilkommunikation. Interviews mit

25 österreichischen IKT-Forschern zeigen,

dass diese Stärkefelder zwar im Prinzip

bekannt sind, jedoch auch die Experten

Lücken in der Information über österrei-

chische IKT-Forschung und insbesondere

Stärkefelder aufweisen. Dies gilt für die

IKT-Forschung als Ganzes, aber auch für

Teilgebiete. Als Maßnahme zur Bekämp-

fung der Informationsdefizite werden eine

verbesserte innerösterreichische Netz-

werkbildung oder ein erleichterter Binnen-

Personalaustausch vorgeschlagen.

Österreichs IKT-Forscher sehen große

wirtschaftliche Chancen im IKT-Bereich

aufgrund der zu erwartenden weiteren dy-

namischen Entwicklung der Technologie,

einer verbesserten Infrastruktur und einem

steigenden Bedarf an Anwendungen. Auch

das Potenzial für neue Geschäftsmodelle

und Neugründungen von Unternehmen

zur Verwertung von IKT-Forschungser-

gebnissen wird als sehr gut eingeschätzt.

Die Kooperationsbereitschaft zwischen

Industrie und akademischer Forschung ist

hoch, gleichzeitig sind aber Informations-

mängel über Aktivitäten und Bedürfnisse

der beiden Seiten erkennbar.

Zu den Herausforderungen gehören vor

allem die Themen geistiges Eigentum,

Forschungspersonal sowie Außen- und

Selbstwahrnehmung der Informatiker

und Nachrichtentechniker. Eine unge-

nügende positive öffentliche Wahrneh-

mung der Leistungen österreichischer

IKT-Forschung wird von vielen Experten

als Grund für den jüngsten Rückgang bei

den Studierendenzahlen gesehen. Lang-

fristig ist die Verfügbarkeit von hochqualifi-

ziertem Forschungspersonal ein zentraler

Faktor für erstklassige IKT-Forschung.

Dies gilt für Universitäten und die Industrie

gleichermaßen. Beide Gruppen von Ak-

teuren beklagen eine komplexe Situation

im Bereich der Regelungen für geistiges

Eigentum, insbesondere aus F&E-Koope-

rationen. Dies ergibt vor dem Hintergrund

einer zunehmend Bedeutung von IPR im

internationalen Kontext, gerade auch für

Klein- und Mittelbetriebe, einen strate-

gischen Handlungsbedarf.

Die IKT-Forschung in Österreich hat ei-

nige wenige spezifische Bedürfnisse in

Abgrenzung zu anderen Forschungsbe-

reichen. Sie bewegt sich in einem extrem

dynamischen Umfeld und benötigt daher

Förderung, die

schnell, flexibel und

qualitativ hoch-

wertig ist. Qualität

bezieht sich hier

sowohl auf Evaluie-

rungsprozesse als

auch auf Personal

(Anzahl, Qualifika-

tion und Erfahrung)

in den Förderstel-

len. IKT-Forschung

benötigt oft auch

Kooperation mit

Instituten und Unternehmen. Stärkere Be-

mühungen um eine größere Zahl von in

Österreich forschenden IKT-Unternehmen

gehören zur Wunschliste der Forscher.

Die befragten IKT-Forscher verlangen

kaum nach neuen F&E-Programmen und

zeigen sich mit dem vorhandenen Instru-

mentenmix grundsätzlich zufrieden. Sie

wünschen sich aber höhere langfristig

planbare Budgets sowie die Übernahme

von mehr Risiko durch die Fördergeber.

Es passt in dieses Bild, dass viele der von

den Experten vorgeschlagenen Einzel-

maßnahmen im Prinzip mit bestehenden

Förderinstrumenten in Österreich abge-

deckt werden können.

IKT-Forschung wird in Österreich breit ge-

fördert, so etwa von FFG, FWF, aber auch

durch EU-Programme und Initiativen der

Bundesländer. Im Vergleich zu anderen

Wissenschaften ist etwa der hohe IKT-An-

teil an START-Auszeichnungen des FWF

bemerkenswert. Einzelne Bereiche sind

fast gänzlich bei einem der beiden gro-

Abb.1.: Verteilung der IKT-Projekte (FP6-Projektbeteiligungen) in den einzelnen Hauptkate-gorien nach Fördergebern

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�JOURNAL

Forschung und Innovation

ßen Fonds zu finden. Beim Basispro-

gramm der FFG führen die Teilgebiete der

allgemeinen Informationsverarbeitung und

die Mikroelektronik. Beim FWF führen die

Themen Visual Computing, Nanotechno-

logie, Allgemeine Informatik, elektronische

Grundlagenfächer und Mathematik. Abb.1

verdeutlicht, dass eine Gesamtbeurteilung

der Projektportfolios immer alle drei gro-

ßen Finanzierungsquellen (FWF, FFG und

EU) berücksichtigen sollte.

Abschließend ist festzuhalten, dass die

KontaktDr. Erich Premeutema Technology Management GmbHDr.-Karl-Lueger-Ring 101010 WienTel.: 01/524 53 [email protected]

heimische IKT-Forschung vor Herausfor-

derungen steht, aber in einer insgesamt

guten Ausgangsposition ist. Viele IKT-For-

scher formulieren auch explizit einen Be-

darf nach strategischer Orientierung und

dem Management von Themenfeldern

und begrüßen Aktivitäten für eine neue ös-

terreichische IKT-Forschungsstrategie. n

Lesen Sie die ganze Studie unter

www.eutema.com oder http://www.rat-

fte.at/UserFiles/File/Studie07_Eutema_

Grundlagen-IKT-Strategie.pdf

Die Zukunft der Kommunikation hat schon begonnen:

Das IP Multimedia System IMSDipL.-ing. WoLfgang reichL

Die heutige technische Infrastruktur für die

Kommunikation ist heterogen. Das öffent-

liche Internet ist eine Zusammenschal-

tung unterschiedlicher Paketnetze mittels

IP (Internet-Protokoll). Das herkömmliche

Telefonnetz und der Mobilfunk verwenden

leitungsvermittelte Technologie. Obwohl

traditionelle Sprachtelefonie heute noch

für ¾ aller Umsätze der Telekommunika-

tionsindustrie verantwortlich ist, wird die

Zukunft in einem einheitlichen Paket-ba-

sierenden Netz gesehen. Es entstehen

IP-basierte universelle Kernnetze, die im

Gegensatz zum Internet QoS (Quality

of Service)-Mechanismen besitzen und

damit den Anforderungen der Dienste

entsprechen können. Im Zugangsnetz

Mit dem Erfolg des Mobilfunks ist uneingeschränkte persönliche Erreichbarkeit zur Selbstverständlichkeit geworden. Über Telefon, Sprachbox und SMS erhalten wir rund um die Uhr „Zurufe“ aus ge-schäftlichen und privaten Lebensbereichen. Aktiv ins Geschehen ein-zugreifen, mit dabei zu sein, ist uns von nahezu jedem beliebigen Ort aus möglich. Hotspots ermöglichen von vielen Stellen den Zugang zum öffentlichen Internet und die Informationsbeschaffung mit Such-maschinen. UMTS-Datenkarten kombinieren die Vorteile des Mobil-funks mit den Annehmlichkeiten des Internets. PC-Spiele, in Echtzeit und mit beliebigen Mitspielern, gehören etwa in Japan längst zum Alltag. Für die Benutzer hat die Zukunft der Kommunikation schon be-gonnen! Wie werden aber die zukünftigen Telekommunikationsnetze aussehen, welche die vielfältigen Diensteanforderungen erfüllen und die Möglichkeiten der technologischen Entwicklungen nutzen?

setzen sich vermehrt Breitbandanschlüs-

se durch. Abb. 1 zeigt eine vereinfachte

Sicht eines NGN (Next Generation Net-

work), bestehend aus paketorientiertem

Kernnetz, einem Breitband-Zugangsnetz

und einer Steuerungsschicht, welches

konvergente Anwendungen und Services

unterstützt.

Neben der Entwicklung eines IP-basier-

ten Kernnetzes und dem Ausbau von

Breitbandanschlüssen muss auch die

„Netzintelligenz“ (die Software) eine ra-

sche und kostengünstige Entwicklung

und Integration neuer Dienste erlauben.

In diesem Zusammenhang hat sich 2006

das Schlagwort IMS (IP Multimedia Sys-

tem) in der Telekommunikationsbranche

etabliert. IMS verspricht, für Telekommu-

nikationsbetreiber das Framework für

kommerziell umsetzbare Business-Mo-

delle für neue konvergente Dienste zu

werden. IMS unterstützt Quality of Ser-

vice, marktgerechte und kostengünstiges

Design und auch Implementierung von

konvergenten Diensten und Verrechen-

barkeit der Dienstleistungen durch die

Netzbetreiber.

IMS ist im Rahmen der Mobilfunk-Stan-

dardisierung entstanden. ETSI GSM und

später ETSI 3GPP haben für das mobile

Kernnetz bereits frühzeitig neben dem

leitungsvermittelnden, einen paketver-

mittelnden Anteil (GPRS, General Packet

Radio System) eingeführt. Während im

leitungsvermittelnden Anteil Mobile Swit-

ching Centre MSC die Steuerintelligenz

für den Verbindungsaufbau und für die

Services enthalten blieb, wurde im GPRS

zunächst nur ein Zugang zum Internet

realisiert. Der paktvermittelnde Anteil der

einzelnen Netzbetreiber und auch das

Kernnetz sind „service agnostic“ wie das

öffentliche Internet. Daher besteht heute

auch keine Möglichkeit zur kommerzi-

ellen Verwertung IP-basierter Dienste

in Mobilfunknetzen. Da nunmehr alle

Dienste paketvermittelt werden sollen,

entwickelte ETSI auch für den paketver-

Page 9: AUSGABE 03 I 2007 I Jhg. 32 I EUR 3,00  · Second Life und Web 2.0 am 3rd eBusiness Day 2007 n E-Government-Konferenz Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz n Das

�Ausgabe 3/2007

Forschung und Innovation

Abb. 1.: Next Generation Network NGN

mittelnden Anteil im Mobilfunk eine Steu-

erintelligenz, das sogenannte IP Multime-

dia Subsystem IMS. IMS sollte zunächst

ermöglichen, neue IP-basierende Dienste

zu entwickeln. IMS hatte jedoch auch das

Potential, im GSM bestehende Diens-

te und die Sprachtelefonie komplett zu

übernehmen, letztlich die herkömmliche

leitungsvermittelnde Domain komplett zu

ersetzen.

Für den Festnetzbereich wurde ent-

schieden, für NGN ebenfalls IMS als

Ausgangspunkt zu nehmen und eine

Adaption des Breitband-Netzzugangs

über xDSL zu entwickeln. Dazu hat ETSI

TISPAN Ende 2005 die erste Release der

NGN-Spezifikationen fertig gestellt. Auch

im Festnetz hat IMS das Potential, alle

Dienste, auch die Sprachtelefonie, auf IP-

basierenden Netzen zu steuern. Zurzeit

werden Anstrengungen unternommen,

die Standardisierungsgremien innerhalb

ETSI (Mobilfunk in 3GPP und Festnetz in

TISPAN) zusammenzuführen.

Abb. 2 zeigt die wesentlichen Bestandtei-

le des IMS. Die Verbindungssteuerung ist

im CSCF (Call Service Control Function)

implemeniert. So wie heute im Mobilfunk-

netz gibt es drei unterschiedliche Aus-

prägungen dieser CSCF. Die Proxy-CSCF

entspricht dem visited MSC im Besucher-

netz. Im Heimatnetz des Benutzers un-

terscheidet man Interrogating CSCF und

Serving CSCF. Diese Funktionsaufteilung

erlaubt den Einsatz von Mobilitätsfunkti-

onen ähnlich im heutigen Mobilfunknetz.

Auch das HSS (Home Subscriber System)

ist aus dem Mobilfunk HLR entwickelt. Alle

Elemente im IMS sind in IP-basierenden

Protokollen verbunden. Zum Routing und

zur Adressierung wird das Domain Name

System verwendet. Die Umrechnung von

Telefonnummern in Internetadressen wird

mittels ENUM unterstützt.

IMS ist somit die zukünftige, einheit-

lich standardisierte Steuerungsschicht

eines zukünftigen Kommunikations-

netzes, welches die Netzintelligenz von

Mobilfunk als auch von PSTN/ISDN er-

setzen wird. Im Gegensatz zum öffent-

lichen Internet kann IMS auch Quality of

Service, Security sowie Abrechenbarkeit

nach vielfältige Business-Modellen unter-

stützen.

Die Industrie unternimmt bereits jetzt große

Anstrengungen, IMS-Standards in Produkte

umzusetzen. Netzbetreiber sind bestrebt,

IMS-basierende Produkte in Feldversu-

chen, Proof of Concepts oder mit aggres-

siven Rollouts für eine Netztransformation

einzusetzen. Das bedeutet die komplette

Ablöse des heutigen leitungsvermittelten

Sprachtelefonnetzes durch Breitbandan-

schlüsse, ein IP-Kernnetz und Applikati-

onsserver, welche die Steuerintelligenz

übernehmen. Als wirtschaftlichen Treiber

für diese Entwicklung werden zwei Gründe

genannt: Kostensenkung und das Potenzi-

al zur Entwicklung neuer Dienste. Die tech-

nologische Entwicklung ermöglicht diese

„Revolution“ in der Telekommunikation,

welche durchaus mit der Entwicklung der

Mainframe Computer zu Personal Compu-

tern in den 1980er und 1990er Jahren zu

vergleichen ist.

Telekommunikationsnetzbetreiber werden

Abb. 2.: IMS-Struktur

ihre Netze nach den Regeln der Daten-

verarbeitung bauen und auch sukzessive

die Business Prozesse der Datenverar-

beitung übernehmen. Diese Entwicklung

wird dazu führen, dass auch in der Tele-

kommunikation spezielle Rechensysteme

durch standardisierte Lösungen aus der

Datenverarbeitung abgelöst werden. Die

Telekommunikation wird zu einer Soft-

wareindustrie, und auch die kommerzi-

ellen Mechanismen der Softwareindustrie

werden an Einfluss gewinnen. Netzbe-

treiber müssen sich dieser Entwicklung

stellen. Wesentlich ist es, das Know-how

der weltweiten Kommunikation in diese

neue Entwicklung zu übernehmen. IMS

ist ein wesentlicher Schritt dazu und wird

gemeinsam mit einer Softwareentwick-

lungsumgebung die Basis für künftige

Kommunikationsdienste darstellen. n

KontaktDipl.-Ing. Wolfgang ReichlÖFEG GmbH Arsenal Objekt 24, 1103 WienTel.: 01/ 7978028

Page 10: AUSGABE 03 I 2007 I Jhg. 32 I EUR 3,00  · Second Life und Web 2.0 am 3rd eBusiness Day 2007 n E-Government-Konferenz Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz n Das

�0JOURNAL

Berichte aus den Arbeitskreisen

Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz

DipL .-inforM.WirT SiLke WeiSS, Min.-raT JoSef MakoLM

E-Government-Award 2007 und neue BildungsinhalteDr. Christine Leitner, Leiterin des Zentrums

für Europäische Verwaltungswissenschaft

an der Donau-Universität Krems moti-

vierte in ihrem Vortrag die Fachleute zur

Teilnahme am Wettbewerb um die dritten

europäischen E-Government-Awards. Mit

den europäischen E-Government-Awards

2007 zeichnet die EU-Kommission inno-

vative aktive E-Government-Anwendungen

in der öffentlichen Verwaltung aus und

fördert damit den Austausch von Good

Practice-Modellen innerhalb Europas. Ins-

gesamt werden fünf Kristall-Trophäen bei

der diesjährigen Preisverleihung am 20.

September 2007 im Rahmen der vierten

europäischen E-Government-Konferenz in

Lissabon verliehen.

Des Weiteren stellte Frau Dr. Christine Leit-

ner den seit Wintersemester 2006 neu an

der Donau-Universität Krems angebotenen

Studiengang „Master of Public Administra-

tion“ vor, den sie gemeinsam mit Prof. Dr.

Klaus Lenk entwickelt hat und der berufs-

begleitend innerhalb von vier Semestern

absolviert werden kann.

Innovative E-Government-Anwendungen in ÖsterreichSektionschef Dr. Arthur Winter präsentierte

in seinem Vortrag innovative Umsetzungen

der E-Government-Visionen im Bundes-

Im Mai trafen nicht nur Österreichs E-Government-Verantwortliche

aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung an der Donau-Universi-

tät Krems zusammen, auch Fachleute aus den Niederlanden, aus Est-

land und aus der Schweiz nahmen an der Konferenz zum effektiven

Wissenstransfer im E-Government teil. Organisiert wurde die Kon-

ferenz von der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung (ADV) in

Zusammenarbeit mit dem Forum e|Government der Österreichischen

Computer Gesellschaft (OCG) .�

ministerium für Finanzen. Die ersten prak-

tischen Ergebnisse des Forschungspro-

jektes „DYONIPOS“ – der Use Case in der

IT-Sektion des Finanzministeriums zum

Thema Wissensmanagement – wurden

von Josef Makolm erläutert. Des Weiteren

wurden folgende E-Government-Anwen-

dungen vorgestellt:

E-BilanzMag. Erich Waldecker und Ministerialrat

Josef Makolm präsentierten am Beispiel

des Projekts E-Bilanz die Strategie des

Bundesministeriums für Finanzen in Be-

zug auf „Interoperabilität und Datenaus-

tausch“. Durch die Umsetzung dieses

Projekts konnte die Anwendung Finan-

zOnline erfolgreich erweitert werden:

Seit April 2007 ist es möglich, die Bilanz,

Gewinn- und Verlustrechnung sowie den

zugehörigen Anhang über FinanzOnline

elektronisch zu übermitteln. Technisch

wird die E-Bilanz in XML abgebildet, wo-

bei die Struktur den gesetzlich geregelten

Gliederungsebenen des Unternehmens-

gesetzbuches entspricht. Zudem wurde

für die umfassende Offenlegung im Rah-

men des steuerlichen Jahresabschlusses

die Möglichkeit zur Eingabe von text-

lichen Erläuterungen sowie optional die

Möglichkeit zur Eingabe von zusätzlichen

Erläuterungen durch Einführung eines

„finanzspezifischen Anhangs“ geschaf-

fen. Vorerst besteht noch keine gesetz-

lich normierte Verpflichtung zur elektro-

nischen Einreichung der E-Bilanz. Weitere

Ausbaustufen der E-Bilanz sind geplant,

diese sehen spezielle Bilanzstrukturen

für Unternehmen vor, die nach besonde-

ren gesetzlichen Vorschriften bilanzieren

(Kreditinstitute, Versicherungen).

E-RechnungAlfred Dittrich sprach über das Thema

E-Rechnung aus Sicht der öffentlichen

Verwaltung. Seit 2003 ist die Möglichkeit

der elektronischen Rechnungslegung mit

elektronischer Signatur gesetzlich veran-

kert. Von der österreichischen Wirtschaft

wurden die derzeitigen Regelungen je-

doch wenig angenommen, die Rege-

1 Dieser Artikel gibt bewusst nur einzelne Punkte der Konferenz aus Sicht der Autoren wieder.

Elektronische Rechnungs-Übermittlung via FinanzOnline (Grafik: Alfred Dittrich, BMF)

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��Ausgabe 3/2007

Berichte aus den Arbeitskreisen

lungen seien kompliziert, unklar, aufwän-

dig, kaum nachvollziehbar und unsicher.

Aufgrund dieser Tatsachen erarbeitete

das Bundesministerium für Finanzen ge-

meinsam mit dem Bundeskanzleramt,

der Rundfunk und Telekom Regulie-

rungs GmbH, dem Zentrum für sichere

Informationstechnologie Austria und

der Wirtschaftskammer Österreich zwei

neue Lösungsmodelle: das so genannte

Bestätigungs-Modell und das FinanzOn-

line-Modell. Beide Modelle verwenden

die einheitliche und bereits akzeptierte

XML-Datenstruktur ebInterface. Dadurch

können kostenintensive Medienbrüche

vermieden und durchgängige und unter-

nehmensübergreifende IT-Prozesse ge-

fördert werden.

Im Bestätigungs-Modell signiert der Liefe-

rant die E-Rechnung und übermittelt diese

anschließend dem Empfänger. Der Rech-

nungsempfänger ist befähigt, die Echtheit

der Herkunft und die Unversehrtheit des

Inhaltes der E-Rechnung zu prüfen, zu

bestätigen und im eigenen Datenbestand

abzulegen, bevor er die Rechnung be-

zahlt und bucht.

Das FinanzOnline-Modell sieht eine si-

gnaturlose Übermittlung der E-Rechnung

vom Lieferanten an den Empfänger über

die gesicherte Umgebung der FinanzOn-

line-Plattform vor. So werden die Echtheit

der Herkunft und die Unversehrtheit des

Inhaltes der E-Rechnung gewährleistet.

Voraussetzung zur elektronischen Über-

mittlung der Rechnung über FinanzOnline

ist eine grundsätzliche Zustimmung des

Empfängers zur E-Rechnung. Nur wenn

diese Zustimmung vorliegt, kann der

Lieferant seine erstellten E-Rechnungen

übersenden. Die Übermittlung, Zustellung

und Ablegung der E-Rechnung im Finan-

zOnline-Modell wird folgendermaßen aus-

geführt (vgl. Abbildung):

n Identifizierung des Übermittlers der

E-Rechnung durch FinanzOnline-Lo-

gin

n Protokollierte Übersendung der E-

Rechnung im Datenstrom an Finanz-

Online; dabei findet auch eine grobe

Überprüfung der Datenstruktur statt

n Identifizierung des Empfängers

durch FinanzOnline anhand seiner

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

n Protokollierte elektronische Zustel-

lung der E-Rechnung an den Emp-

fänger durch Server-Download aus

FinanzOnline

n Ablegung der E-Rechnung in Finanz-

Online

Der fünfte Schritt gewährleistet die Ein-

haltung der steuerlichen Aufbewahrungs-

pflicht. Weiters ist zu erwähnen, dass die

bisher bestehenden Regelungen, elek-

tronischer Datenaustausch der E-Rech-

nungen im EDI (Electronic Data Inter-

change)-Verfahren und die Übertragung

elektronisch signierter Rechnungen, dies

teilweise mit kleinen Modifizierungen, je-

denfalls weiterhin gültig bleiben.

Neues E-Government: die Schweiz auf der ÜberholspurProfessor Dr. Reinhard Riedl, Leiter des

Kompetenzzentrums Public Manage-

ment und E-Government an der Berner

Fachhochschule und Diplom-Informati-

ker Andreas Kühn beschrieben in ihrem

Vortrag den Transformationsprozess

vom alten zum neuen E-Government.

Die seit 24. Januar 2007 verabschiede-

te E-Government-Strategie Schweiz und

ein Masterplan sollen die Transformati-

on, mit optimalen Geschäftsprozessen,

E-Gov-Grids, Prozess-Automatisierung

und Compliance, triggern. Führungsins-

trument der Transformation ist die Um-

Die Artikel der SprecherInnen sind im Konferenzband publiziert:

Traunmüller, R., Makolm, J., Orthofer, G.: Eastern European e|Gov Days 2007 Best

Practice and Innovation, Proceedings of the Eastern European e|Gov Days 2007

in Prague and the Austrian E-Government-Konferenz in Krems, provided by the

Forum e|Government, Österreichische Computer Gesellschaft, 2007, ISBN 978-

3-85403-222-9.

Die Vortragsfolien und teilweise auch kurze Zusammenfassungen der Vorträge sind

elektronisch verfügbar über:

http://e-government.adv.at/2007/files/

Silke Weiss, Dipl.-Inform.Wirt.,Projektassistentin im Bundesministerium für Finanzen, Österreich [email protected]

Josef Makolm, Ministerialrat, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Finanzen, Österreich [email protected]

setzung einer umfassenden modernen

Unternehmensarchitektur, die gleichzeitig

auch als Kooperations- und Kommunika-

tionsinstrument dient: „Sie definiert den

Rahmen für den optimalen IT-Einsatz

und beschreibt, welche Aspekte des Ge-

schäftes Gegenstand einer optimalen IT-

Unterstützung sein sollten“. Zum Schluss

betonte Prof. Riedl, dass, um diese Ziele

bestmöglich verwirklichen zu können, die

Unterstützung aller Beteiligten notwendig

ist. n

Page 12: AUSGABE 03 I 2007 I Jhg. 32 I EUR 3,00  · Second Life und Web 2.0 am 3rd eBusiness Day 2007 n E-Government-Konferenz Highlights der österreichischen E-Government-Konferenz n Das

�2JOURNAL

Fachhochschulen in Österreich

Die Fachhochschulstudiengänge BurgenlandEine Reportage

DipL.-ing. Dr. heLMuT MaLLeck

Eisenstadt, da dachten wohl viele – neben

Schloss Esterházy, Bergkirche und Joseph

Haydn – nur an die Flugtechnikausbildung

an der HTBLA. Aber in Eisenstadt haben

sich längst die Fachhochschulstudien-

gänge Burgenland als praxisorientierte

Hochschulausbildung etabliert. Im Herzen

Europas – an den Fachhochschulstudi-

engängen Burgenland – hat Bildung zwei

Stoßrichtungen, „abroad“ und „at home“.

Abroad sind zur Erweiterung der Sprach-

kompetenz internationale Berufspraktika in

EU-Ländern, Teilnahme an Sommerhoch-

schulen mit europäischen Partnerinstitutio-

nen, das Studiensemester im Ausland so-

wie Studienexkursionen möglich. At home

werden bei Lehr- und Forschungsprojekten

Gaststudierende, Professoren und For-

scher aus EU-Ländern und MOEL in die

Studiengänge integriert. Breit gefächert ist

der regionale Wissenstransfer durch Ba-

chelor- und Masterstudiengänge. Vor allem

berufsbegleitende Masterstudiengänge

dienen zur Höherqualifikation von Absol-

ventInnen und Personen mit akademischen

Erststudienabschlüssen.

Studiengangsleiter Prof. (FH) Dr. Fritz Wie-

singer – vielen in der OCG gut bekannt –

erzählt mit großer Freude, dass zur praxis-

und zukunftsorientierten Berufsausbildung

als Informationstechnik- bzw. Wissensex-

perten für den Kernkompetenzbereich In-

formationstechnologie und -management

die Bachelorstudiengänge Informations-

Seit ���� beleben Fachhochschulstudiengänge die österreichische Hochschullandschaft. Damals wie heute haben die Fachhochschul-studiengänge Burgenland durch die Orientierung in Richtung Mit-tel- und Osteuropa großen Weitblick bewiesen. Bereits vor �3 Jahren startete das Burgenland mit den ersten Studiengängen Internatio-nale Wirtschaftsbeziehungen und Gebäudetechnik. ���7 kam der Studiengang Informationsberufe dazu und 2002/03 der Studiengang Information and Communication Solutions. Derzeit werden an den Standorten Eisenstadt und Pinkafeld insgesamt �� Studiengänge in vier Kernkompetenzbereichen Wirtschaft (mit Schwerpunkt Mittel- und Osteuropa), Informationstechnologie und -management, Ener-gie-Umweltmanagement und Gesundheit angeboten.

berufe und Internettechnologien sowie der

Masterstudiengang Angewandtes Wis-

sensmanagement und – als Nachfolger

der auslaufenden Diplomstudiengänge

Informationsberufe und Information and

Communication Solutions – künftig weitere,

derzeit in Planung befindliche weitere Mas-

terstudiengänge in weitläufigen modernen

Gebäuden in Eisenstadt untergebracht

sind. Mobile Kommunikationstechnik und

Datensicherheit sowie der Umgang mit

Information und Wissen stehen im Vorder-

grund der Ausbildung. Individuelle Studi-

engestaltung wird durch Wahlmodule und

Vertiefungsschwerpunkte sowie durch

Einsatz modernster Hard- und Software

möglich.

Studiengangsleiter Prof. (FH) DDr. Se-

bastian Eschenbach berichtet aus seinen

Studiengängen Informationsberufe und

Angewandtes Wissensmanagement, dass

bereits eine Reihe von Forschungs- und

Entwicklungsprojekten läuft. Durch interdis-

ziplinäre Breite der F&E-Teams und häufige

Kooperation mit Partnern werden gute Er-

gebnisse sichergestellt. Beispielsweise ar-

beitet zum Thema Umgang mit Information

und Wissen in komplexen Organisationen

ein zehnköpfiges Team von Fachleuten

aus den Bereichen der Informationswis-

senschaften, Informatik, Betriebswirtschaft,

Soziologie, Pädagogik und Psychologie

zusammen. An dem bereits abgeschlos-

senen reUSE-Projekt „Langzeitarchivierung

in öffentlichen Institutionen“ nahmen im

Rahmen ihrer Ausbildung sieben Studen-

tInnen vom Studiengang Informationsbe-

rufe teil. Koordiniert von der Universitäts-

bibliothek Innsbruck und mit Unterstützung

der Österreichischen Nationalbibliothek

wurden bei öffentlichen Institutionen und

Verlagen Wissensstände und laufende

Aktivitäten zur Langzeitarchivierung, insbe-

sondere zu den für Publikationen maßgeb-

lichen digitalen Objekten – etwa zur Weiter-

verwendung von digitalen Druckmastern –,

und die Zusammenarbeit von Bibliotheken

im Bereich Langzeitarchivierung erhoben.

Ausgewählte Arbeitsergebnisse präsen-

tiert die Veröffentlichungsreihe „Wissen &

Management“. Aktuell sind Themen zum

Umgang mit Wissen in komplexen Organi-

sationen, die visuelle Darstellung von Wis-

FH Eisenstadt bei Nacht

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�3Ausgabe 3/2007

Fachhochschulen in Österreich

sen, die Analyse der Wirksamkeit von

Wissensmanagementmaßnahmen und

der systematische Umgang mit Wissen

ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor in Mit-

telbetrieben.

Schwungvoll und aufgeschlossen war man

bei den heurigen Linux-Wochen, die der

Internetclub Burgenland ICB gemeinsam

mit den Studiengängen Internettechnolo-

gien und Information and Communication

Solutions sowie mit der Free Software

Community in Eisenstadt veranstaltete.

Unter anderem wurde erörtert, wie man

Linux-Arbeitsumgebungen an bestehen-

de Systeme anpasst, um Barrieren zu

umgehen und Kompatibilität herzustellen.

Über die erfolgreiche Umstellung von 100

PC-Arbeitsplätzen auf Kubuntu Linux wur-

de ebenso berichtet wie über ein Content

Management-System, mit dem sich Inhalte

von Websites auf einfache Weise gestalten

lassen. Der ICB berichtete über ein mit fi-

nanzieller Unterstützung der Internet Pri-

Gebäude Pinkafeld

HCI�MEDResearch Unit „Human-Computer Interaction for Medicine & Health Care“

univ.-Doz. ing. Mag. Mag. Dr. anDreaS hoLzinger; DipL.-ing. regina geierhofer; DipL.-ing. Dr. MaxiMiLian erraTh

Ausgangspunkt und MotivationInformatik ist heute aus dem Gesundheits-

wesen nicht mehr wegzudenken. Allerdings

ergeben sich immer wieder Fragen, wie mit

Hilfe von Informatik Probleme noch besser

gelöst und das ärztliche Handeln noch bes-

ser unterstützt werden können. Die zentra-

le Aufgabenstellung ist dabei, wie richtige

Information, am richtigen Ort zur richtigen

Zeit dargestellt werden muss, damit die

Endbenutzerinnen und Endbenutzer rasch

eine anstehende Aufgabe lösen können,

eine Entscheidung treffen können bzw. in

ihrer Handlung unterstützt werden. Und ge-

nau hier stehen wir heute vor einem immer

größer werdenden Problem, das die Ent-

wicklung technischer Performanz mit sich

bringt: Informationsüberflutung (engl. „in-

formation overload“). Durch moderne Infor-

mationssysteme steht Medizinerinnen und

Medizinern auf Knopfdruck eine immer grö-

ßere Menge an detaillierter und komplexer

Information zur Verfügung … die Zeit für die

Entscheidungsfindung – auf der Basis der

vorhandenen Information – wird aber nicht

länger. Die Verarbeitungs- und Aufnahme-

fähigkeit des menschlichen Gedächtnisses

ist begrenzt. Man behält sogar noch weni-

ger, wenn man abgelenkt wird oder sich mit

überflüssigen Informationen den Blick auf

das Wesentliche verstellt. So vergleichen

beispielsweise Vertreter der Cognitive Load

Die Research Unit Human-Computer Interaction for Medicine and Health Care (RU HCI�MED) am Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation (IMI) der Medizinischen Universität Graz (MUG), beschäftigt sich – neben den informationstechnologischen Aspekten – mit benutzerzentrierten, kognitions-psychologischen Aspekten me-dizinischer Informationsverarbeitung. Der zentrale Erfolgsfaktor die-ser Forschungseinheit ist die Verknüpfung naturwissenschaftlicher und ingenieurwissenschaftlicher Methoden. Empirische Forschungs-erkenntnisse fließen auf systemischer Ebene in die Entwicklung ein. Die mit Wirkung ab �. �. 2007 gegründete Forschungseinheit will in Zukunft nicht nur Partner in der Scientific Community sein und Beiträ-ge zur Wissenschaft leisten, sondern vor allem anwendungsbezogene Problemstellungen lösen, die nachhaltig zeigen, welchen wert- und sinnvollen Beitrag die Informatik für Menschen leisten kann.

vatstiftung Austria IPA gestartetes Projekt,

welches Installation, Konfiguration und

Wartung von Servern so vereinfachen soll,

dass jeder, der einen Webbrowser bedie-

nen kann, dazu imstande ist.

Im Trend liegen die Fachhochschulstudi-

engänge Burgenland auch damit, dass

sich die Studiengänge die Lehre und die

angewandte Forschung selbständig or-

ganisieren. Alle Betroffenen werden mit

ihrem unmittelbaren Know-how der Situati-

on eingebunden, was ein Zuviel an Büro-

kratie vermeidet und rasche, kundennahe

Entscheidungen ermöglicht. Entsprechend

der Aufgeschlossenheit für alles Neue, dem

Schwung und der Einsatzfreude bei Studie-

renden und Lehrern dürfen wir uns stets auf

weitere interessante Arbeitsergebnisse der

Fachhochschulstudiengänge Burgenland

freuen.

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��JOURNAL

Berichte aus den Arbeitskreisen

Theory nach Sweller (1988) das menschliche

Kurzzeitgedächtnis mit der begrenzten Kapazität

eines Arbeitsspeichers. Geschickte Informati-

onspräsentation darf nun diese limitierte Res-

source nicht unnötig belasten, es muss Raum für

erwünschte, relevante Information bleiben. Nach

der oben erwähnten Cognitive Load Theory kön-

nen wir drei Arten von „Load“ unterscheiden:

1) Intrinsic Load = intrinsische Belastung, die

durch die Information selbst bedingt ist bzw. von

der Schwierigkeit und der Komplexität abhängt,

dagegen können wir entwicklungsseitig leider

wenig machen. Ein schwieriger medizinischer In-

halt bleibt ein schwieriger medizinischer Inhalt.

2) Extraneous Load = extrinsische Belastung,

diese hängt sehr wohl vom Design, der Darstel-

lung, Anordnung, Strukturierung und Gestaltung

der Information (sowohl Benutzeroberfläche als

auch Inhalt) ab, aber auch, wenn zu viel Energie

für die Informationssuche aufgebracht werden

muss. Hier können wir entwicklungsseitig einiges

tun – allerdings muss das experimentell für den

jeweiligen Fall individuell erfasst werden.

3) Germane Load = spezifische Belastung der

für den Verarbeitungsprozess notwendig ist, d. h.

auch das Germane Load sollte optimiert werden,

auch hier ist experimentelle Arbeit notwendig, die

in die Entwicklung einfließen muss.

Der Grundgedanke ist nun, dass die kognitive

Belastung nicht größer sein sollte als das Kurz-

zeitgedächtnis der jeweiligen Endbenutzerin

bzw. des Endbenutzers eines Informationssys-

tems, da es sonst zu einem „cognitive overload“

kommt. Allerdings betrifft das natürlich nur die

kognitionspsychologischen Faktoren, es müssen

aber noch viele andere Faktoren berücksichtigt

werden, wie z. B. Motivation, Akzeptanz, Interes-

se, Bedienbarkeit usw., die schließlich gemein-

sam entscheidend sind für gute Benutzbarkeit

(Usability) und Brauchbarkeit (Usefulness).

ThemenbereicheKonkret werden innerhalb der RU Einzelprojekte

zusammengefasst, die alle unter einem gemein-

samen Überbegriff „Kognitive Performanz1–Un-

terstützung durch adaptive Informationssysteme

in Medizin und Gesundheitswesen“ (engl. Cogni-

tive Performance Support with adaptive Informa-

tion Systems in Medicine and Health Care) sub-

sumiert werden können, in welchen aber jeweils

verschiede Aspekte betrachtet werden.

Die zentrale Fragestellung lautet dabei: Wie müs-

sen adaptive Informationssysteme entwickelt wer-

den, damit relevante Information so präsen-

tiert wird, dass eine größtmögliche kognitive

Performanz-Unterstützung der Endbenutze-

rinnen und Endbenutzer erreicht wird.

BeispielprojekteBeispiel: Projekt EMERGE –

„Emergency Monitoring and Prevention”

Zentrale Fragestellung: Wie muss multimo-

dale Information für ältere oder behinderte

Menschen mit Hilfe mobiler, ubiquitärer

Technologie präsentiert werden, um sowohl

diese selbst als auch Ärzte und Rettungs-

leute in ihren Handlungen und insbesonde-

re in Notfällen zu unterstützen? Besonderer

Schwerpunkt liegt hier auf dem Life-Long

Learning-Aspekt.

Im Rahmen des IST 045056 EU-Projekts

EMERGE: Emergency Monitoring and Pre-

vention for elderly people FP6-2005-IST-6

(Startdatum: 1. 2. 2007) ist die RU HCI-

4MED für die Themen Mensch-Computer-

Interaktion und Usability verantwortlich.

Im Projekt werden mobile bzw. ubiquitäre

Technologien entwickelt, die zur Unterstüt-

zung von älteren Menschen dienen (Klein-

berger, Becker, Ras, Holzinger & Müller,

2007). Ziel des Projektes ist, dass ältere

Personen gefahrlos länger in ihrer häus-

lichen, vertrauten Umgebung verbleiben

können. Dabei haben Akzeptanz, Adap-

tivität, Benutzbarkeit und Brauchbarkeit

höchste Priorität (Holzinger, Searle & Ni-

schelwitzer, 2007). Hier soll auch das Zu-

sammenspiel zwischen Patientinnen und

Patienten und den medizinischen Exper-

tinnen und Experten untersucht werden,

um festzustellen, wo mögliche Mehrwerte

entstehen (können). Dabei geht es um die

1 Ähnlich wie der Performanz-Begriff in der Informatik wird in der Kognitionspsychologie damit ein – in einem bestimmten Kontext – gezeigtes positives Leistungsverhalten bezeichnet, das z. B. in der Lösung eines Problems oder in einer rich-tigen Entscheidung sichtbar wird.

Unterstützung kognitiver Informationsver-

arbeitung (Human-Capability Model) bei äl-

teren Personen und der Entscheidungsun-

terstützung von medizinischem Personal

in kritischen Situationen. Die Gesamt-Pro-

jektleitung liegt beim Fraunhofer Institut für

Experimentelle Softwareentwicklung, ins-

gesamt arbeiten neun europäische Partner

zusammen.

Beispiel: Projekt MIPS – „Usability of Se-

mantic Information & Performance Sup-

port in Medicine”

Hier haben wir es, im Gegensatz zum ersten

Projekt, überwiegend mit visuell-textueller

Information zu tun. Nachdem in den letz-

ten Jahrzehnten die zentrale Fragestellung

im Bereich der Krankenhausinformations-

systeme lautete „Wie kann die traditionelle

Patientenakte elektronisch abgebildet wer-

den?“, steht heute das medizinische Fach-

personal vor dem Problem, die relevante

medizinische Information in der Flut der

Informationen in elektronisch zur Verfügung

stehenden Dokumenten zu finden (Abb. 2).

Die zentrale Fragestellung lautet also: Wie

kann man unter Zuhilfenahme von in den

Dokumenten vorhandener semantischer

Information Software entwickeln, damit me-

dizinische Dokumentation für die Endbe-

nutzerInnen (medizinische Entscheidungs-

trägerInnen) optimal nutzbar wird (Daten

→ Information → Wissen)? In der RU HCI-

4MED wird dazu derzeit, basierend auf par-

allel dazu laufenden technologischen Ent-

wicklungsarbeiten (z. B. Semantic Retrieval;

Evaluierung einschlägiger, kommerzieller

Software usw.), vor allem untersucht, wie

über semantische Methoden gewonnene

Tabelle 1. Übersicht über die Themenfelder, die in der RU HCI4MED bearbeitet werden, ausgehend von der Informationsmodalität

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��Ausgabe 3/2007

Berichte aus den Arbeitskreisen

Abb. 1.: Der Mensch im Mittelpunkt des EU-Projektes EMERGE: Ziel ist es, dass ältere Personen länger in ihrer vertrauten Umgebung leben können

Abb. 2.: Kein Sonderfall: Die Patientenakte eines erst 2 ½ Jahre alten Kin-des. Die Anzahl der Einzeldokumente in der elektronischen Patientenakte ist grundsätzlich enorm. Alles wird gesammelt, alles steht auf Knopfdruck in Sekundenbruchteilen zur Verfügung. Und es ist noch etwas erstaunlich: Obwohl wir uns im Multimedia-Zeitalter befinden, besteht – gerade in der Medizin – der Großteil an Information aus Text

LiteraturHolzinger, A., Geierhofer, R. & Errath, M. (2007): Semantische Infor-

mationsextraktion in medizinischen Informationssystemen. Infor-matik Spektrum, 30, 2, 69-78.

Holzinger, A., Searle, G. & Nischelwitzer, A. (2007) On some Aspects of Improving Mobile Applications for the Elderly. In: Coping with Di-versity in Universal Access, Research and Development Methods in Universal Access, Lecture Notes in Computer Science (LNCS 4554). Berlin,Heidelberg, New York, 923-932.

Holzinger, A. & Slany, W. (2006): XP + UE -> XU Praktische Erfah-rungen mit eXtreme Usability. Informatik Spektrum, 29, 2, 91-97.

Memmel, T., Reiterer, H. & Holzinger, A. (2007) Agile Methods and Visual Specification in Software Development: a chance to ensure Universal Access. In: Coping with Diversity in Universal Access, Research and Development Methods in Universal Access. Lecture Notes in Computer Science (LNCS 4554). Berlin, Heidelberg, New York, Springer, 453-462.

Kleinberger, T., Becker, M., Ras, E., Holzinger, A. & Müller, P. (2007) Ambient Intelligence in Assisted Living: Enable Elderly People to Handle Future Interfaces. In: Universal Access to Ambient Inter-action, Lecture Notes in Computer Science (LNCS 4555). Berlin, Heidelberg, New York, Springer, 103-112.

Holzinger, A., Geierhofer, R. & Errath, M. (2007) Semantic Informa-tion in Medical Information Systems - from Data and Information to Knowledge: Facing Information Overload. Proc. of I-MEDIA ‚07 and I-SEMANTICS ‚07, Journal of Universal Computer Science, 323-330.

KontaktUniv.-Doz. Ing. Mag.Mag. Dr. Andreas HOLZINGERDipl.-Ing. Regina GEIERHOFERDipl.-Ing. Dr. Maximilian ERRATHInstitut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation (IMI)Auenbruggerplatz 2/V, 8036 GrazTel.: 0316/385-3883, Fax.: 0316/385-35 [email protected]

Information mittels adaptiver Interfaces zum Performance Support bei-

tragen kann (Holzinger, Geierhofer & Errath, 2007). Performance Support

dient damit hier also primär der Entscheidungsunterstützung (Decision

Support).

MethodenUm in den oben genannten Themenfeldern zu arbeiten, ist es notwendig,

sich nicht nur auf technologische Aspekte (Computer) zu konzentrieren,

sondern psychologische und pädagogische Aspekte (Human) gleich-

wertig mit einzubeziehen. Forschungsergebnisse müssen dabei stets auf

systemischer Ebene in die Informatik-Entwicklung einfließen. Innovationen

und neue Erkenntnisse entstehen auch oft an der Nahtstelle zweier oder

mehrerer Fächer, weil gerade hier eine Kombination unterschiedlicher Her-

angehens- bzw. Sichtweisen und Methoden stattfindet.

Beispielsweise müssen Arbeitsabläufe, Verträglichkeiten, mögliche Be-

einflussungen von Kommunikationsverhalten und die Veränderung der

Arbeitsergonomie usw. vor einer breiten Einführung von neuen Techno-

logien im Spannungsfeld von Patient, Arzt und Krankenhausbetreiber un-

tersucht und die Ergebnisse wiederum in der Entwicklung berücksichtigt

werden. Typische Methoden, die in der RU HCI4MED angewandt werden,

umfassen daher: User-Centered Design & Development (UCD) Rapid

Prototyping und Rapid Usability Testing; eXtreme Usability (Holzinger &

Slany, 2006); Heuristic Evaluation; Cognitive Walkthrough; Action Analysis;

Thinking Aloud; Field Observation; Task Analysis; Video Analysis; Contex-

tual Inquiry; Co-Discovery Methods; Biological Usability Testing; Surveys;

Naturalistic Observations; Focus Groups; Case Studies; Logging; Single-

Factor Controlled Experiments; Multi-Factor Controlled Experiments; Qua-

si Experimental Designs; Ex-Post-Facto Analysis; One-Group Post-Test

Only; One-Group Pre-Test-Post-Test Design; Static-Group Comparison;

Interrupted Time-Series Experiments.

KooperationspartnerErfolgreich kann man nur im Team sein. Daher ist es das Bestreben der

Research Unit, ein Knoten in der Scientific Community Österreichs zu

sein. Eingebettet in das Institut für Medizinische Informatik, Statistik und

Dokumentation (IMI) mit dessen unmittelbarer Nähe zum LKH-Universi-

tätsklinikum Graz und den klinischen Partnern bestehen traditionell sehr

gute Beziehungen zur TU Graz (Fakultät für Informatik), zur Karl-Franzens-

Universität Graz (Institut für Psychologie) und zur TU Wien (Fakultät für

Informatik).

Die RU HCI4MED veranstaltet am 7. 9. 2007 im Zuge der i-Semantics in

Graz einen Special Track: Semantics in Life Sciences, siehe: http://www.

i-semantics.tugraz.at

Zusammen mit dem Arbeitskreis HCI&UE der OCG veranstaltet die RU

HCI4MED am 22. 11. 2007 das 3rd Usability Symposium USAB 07 in Graz,

siehe: http://www.meduni-graz.at/imi/usab-symposium n

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��JOURNAL

Praxis und Wissen

Begeisterung früh schaffenUnter dem Begriff „Informatik“ verstehen

die meisten Schüler – so sie nicht eine

spezialisierte technische Ausbildung an

einer HTL genießen – oft nur die Arbeit mit

Textverarbeitungssoftware und Tabellen-

kalkulationen sowie das Surfen im Internet

oder eine gelegentlichen Partie „Counter-

strike“ mit ihren Freunden. Die Fakultät

für Informatik der TU Wien versucht ge-

meinsam mit der OCG, im Rahmen des

!NFOday interessierten SchülerInnen zu

vermitteln, dass die Informatik nicht nur

aus diesen alltäglichen Anwendungen

besteht, und bietet im Rahmen dieser Ver-

anstaltung Einblicke in die verschiedenen

Informatik-Studien sowie die vielfältigen

informatikverwandten Berufsfelder und

Forschungsgebiete.

Das ProgrammZunächst gab Prof. Gerti Kappel, Studi-

endekanin für Wirtschaftsinformatik, einen

Überblick über die Informatik-Studienrich-

tungen an der TU Wien. Durch die Vorstel-

lung der verschiedenen Informatikstudien-

richtungen, deren Schwerpunktsetzung

und der möglichen Berufsfelder nach

einer erfolgreichen Absolvierung konnten

sich die Schüler ein Bild davon machen,

was sich hinter Studiumsbezeichungen

wie „Software Engineering“ oder „Wirt-

schaftsinformatik“ verbirgt.

Der Vortrag wurde durch die Erfahrungs-

berichte von zwei Informatik-Absolven-

tInnen (Manuel Wimmer und Birgit Korherr

– inzwischen ProjektassistentInnen am

Institut für Softwaretechnik und Interaktive

Systeme) abgerundet. Durch die Schilde-

rungen der beiden konnte auch der eine

oder andere Irrtum ausgeräumt werden

univ.-aSS. Mag. DipL.-ing. Marion BranDSTeiDL

!NFOdayschool goes informatik

„Wolltest du schon immer wissen, was man bei einem Informatik-Studium so alles machen kann?“ – unter dem Motto „school goes informatik“ wurde am 22. Juni �0 SchülerInnen das Angebot an In-formatik-Studien an der TU Wien vorgestellt. Anschließend konnten sie in ein paar Bereiche selbst hineinschnuppern.

– wie beispielsweise der Mythos, dass die

TU StudienanfängerInnen der Informatik

bereits profunde Programmierkenntnisse

abverlangen würde. Tatsächlich ist man als

AHS-Absolvent durchaus dazu befähigt,

ein Technikstudium an der TU Wien zu be-

ginnen – das Programmieren, das vielen

Einsteigern schwer fällt, wird in den ers-

ten Semestern des Studiums von Grund

auf vermittelt. So kommt es durchaus vor,

dass – entsprechenden Eifer vorausge-

setzt – der eine oder andere AHS-Absol-

vent im Laufe seines TU-Studiums seine

Kollegen von der HTL die Programmier-

fachkenntnisse betreffend überrundet.

Nach einer kurzen Pause konnten die

SchülerInnen an zwei von vier angebo-

tenen einstündigen Workshops aktiv teil-

nehmen, um zwei Gebiete der Informatik

näher kennen zu lernen.

Im Anschluss an die Workshops wurden

die SchülerInnen von der OCG in die Men-

sa zu einem kleinen Mittagessen eingela-

den, um alle noch offenen Fragen zu stel-

len und sich in einem etwas informelleren

Rahmen mit Studierenden und Lehrenden

auszutauschen.

Die WorkshopsDie vier angebotenen Workshops wurden

von MitarbeiterInnen der Fakultät konzi-

piert und geleitet. Anschließend sollen die

Kurzbeschreibungen des jeweiligen Work-

shop-Leiters bzw. der jeweiligen Work-

shop-Leiterin einen kleinen Einblick in den

jeweiligen Workshop geben:

Wie sieht ein Computer von innen aus?Koordination: Petra Brosch, Institut für

Softwaretechnik und Interaktive Systeme,

gemeinsam mit Daniela Knitel

Inhalt: „Bei uns hast du die Möglichkeit,

einen Computer ganz genau von innen

kennen zu lernen. Wir werden gemeinsam

einige Komponenten aus- und wieder ein-

bauen sowie über die Funktionsweise der

Teile und ihr Zusammenspiel sprechen.

Danach werden wir uns mit Betriebssys-

temen und Netzwerken im Allgemeinen

beschäftigen.“

Kommentar: Viele SchülerInnen durften

bisher noch nie selbst an einem Computer

herumschrauben oder hatten sogar noch

nie selbigen von innen gesehen. In die-

sem Workshop konnten die Ängste, etwas

kaputt zu machen, überwunden werden.

Geometrieunterricht in Aug-mented RealityKoordination: Mathis Csisinko, Institut für

Softwaretechnik und Interaktive Systeme

Inhalt: „In einer Demonstration wirst du ein

Geometrieprogramm testen können, das

dir die Beziehungen zwischen konstruier-

ten Objekten wie Linien, Ebenen, Kugeln

etc. veranschaulichen soll. Die erzeugten

Objekte lassen sich direkt mit der Hand

Geometrieunterricht in Augmented Reality

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�7Ausgabe 3/2007

Berichte aus den Arbeitskreisen

manipulieren und verändern, neue kön-

nen aus bestehenden konstruiert und wei-

terverwendet werden. Diese Demo wird im

VR Labor des Instituts für Softwaretechnik

und Interaktive Systeme an einem statio-

nären Computersystem mit zwei Daten-

brillen, Tracking-Kameras, und anderen

Eingabegeräten durchgeführt.“

Kommentar: Viele SchülerInnen wurden

zunächst vom Titel dieses Workshops ein

wenig verunsichert, da sie ihn mit tatsäch-

lichem Geometrieunterricht – so wie sie

ihn aus der Schule kennen – verbanden.

Damit, dass sie bald mit einem Helm und

einer 3D-Brille auf dem Kopf versuchen

würden, Punkte zu „fangen“, hatten die

meisten wohl nicht gerechnet.

Wie entsteht ein Computer-spiel?Koordination: Andrea Weidlich, Institut für

Computergraphik und Algorithmen

Inhalt: „In der Computergraphik kommen

vor allem Themenbereiche aus der Mathe-

matik (Vektoren, Analytische Geometrie,

Differentialrechnung, ...) und der Physik

(Optik, Oberflächenphysik, ...) zur Anwen-

dung. Auch wenn die Computergraphik

weit mehr Bereiche umfasst, so wird das

Interesse für dieses Themengebiet oft

durch die faszinierenden Effekte eines

Computerspiels geweckt.“

Kommentar: Computerspiele faszinieren

Jugendliche besonders, weshalb es un-

nötig ist zu erwähnen, dass dieser Work-

shop außerordentlich beliebt war. Andrea

Weidlich hatte mehrere Kurzvorträge

organisiert, in denen Studierende Com-

puterspiele vorstellten, die sie selbst im

Rahmen von Lehrveranstaltungen entwor-

fen hatten. Die unendlichen Möglichkeiten

faszinierten die SchülerInnen besonders.

Meine erste HomepageKoordination: Prof. Christian Huemer, Ins-

titut für Softwaretechnik und Interaktive

Systeme

Inhalt: „Gestalte deinen persönlichen

Auftritt im Internet. Bei diesem Workshop

lernst du die ersten Schritte, um mit Hilfe

einer geeigneten Software entsprechende

Web-Seiten zu gestalten. Somit bist du in

der Lage, deine eigene Seite mit Wissens-

wertem über dich und deine Person zu ver-

fassen und ins Netz zu stellen. Genau das

werden wir auch tun. Das heißt, ihr habt

alle einen eigenen Computer während des

Workshops zur Verfügung, um eure eige-

Kontakt Univ.-Ass. Mag. Dipl.-Ing. Marion Brandsteidl Institut für Softwaretechnik und Interaktive Systeme (E188) Favoritenstr. 9-11 1040 [email protected]

ne Web-Seite zu entwerfen. Wir wollen euch ja

in guter Erinnerung behalten und werden alle

diese Seiten für ein Jahr im Internet zugänglich

machen. Dann kann jeder/jede nach dir „goo-

geln“ und dich im Netz finden.“

Kommentar: Christian Huemer stellte den Schü-

lerInnen eine kleine Homepage von sich selbst

zur Verfügung, an deren html-Quellcode sie

„herumbasteln“ konnten. So lernten sie spiele-

risch den Zusammenhang zwischen Quellcode

und Homepage und sahen, welche großen

Auswirkungen selbst die kleinste Veränderung

im Code mit sich ziehen kann. n

Das war dieeHealth2007 – Medical Informatics meets eHealth

DipL.-ing. Dr. günTer Schreier, MSc.

Mit 140 Teilnehmern wurden die Erwar-

tungen der Veranstalter deutlich übertroffen

und die Kapazität am Veranstaltungsort

erreicht. Das wissenschaftliche Programm

bestand aus 30 Beiträgen, die durch vier

eingeladene Vorträge zu den Themen öster-

reichische eHealth-Strategie, Elektronische

Am �. Juni 2007 fand in Wien die eHealth2007 statt, die erste wissen-schaftliche Tagung zum Thema eHealth in Österreich. Sie stand unter der Schirmherrschaft von Frau Dr. Andrea Kdolsky, Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, und wurde von den Austrian Re-search Centers gemeinsam mit der Österreichischen Computer Gesell-schaft und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Tech-nik veranstaltet.

Gesundheitsakte, die Europäische eHealth-

Vision und zur mobilfunkbasierten Teleme-

dizin umrahmt wurden.

eHealth ist definiert als der Einsatz von Infor-

mations- und Kommunikationstechnologie

(IKT) im Gesundheitswesen. Medizinische

Informatik ist jenes Fachgebiet, das sich mit

den informationstechnologischen Grundlagen

von eHealth beschäftigt.

Zwischen Medizinischer Informatik und eHealth

liegt ein Spannungsfeld vergleichbar dem zwi-

schen Forschung und Anwendung, Theorie und

Praxis, und oft auch Erwartungen und Reali-

täten.

Dieser stark interdisziplinäre Bogen konnte

im Rahmen der Tagung erfolgreich gespannt

werden. Innerhalb und außerhalb des wissen-

schaftlichen Programms kamen IT-Manager

aus dem Gesundheitswesen, der öffentlichen

Verwaltung und der Industrie, Medizininforma-

tiker aus verschiedenen Forschungseinrich-

tung in ganz Österreich sowie Ärzte aus allen

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��JOURNAL

Berichte aus den Arbeitskreisen

Universitätskliniken und zahlreichen weiteren

Versorgungsbereichen zusammen. Diskutiert

wurden Lösungsansätze für die zentralen Fra-

gen von eHealth wie z. B. Datenschutz und

Datensicherheit, patientenzentrierte Versor-

gung, der Stellenwert der Telemedizin bis hin

zu ökonomischen Aspekten und Plänen für

den zukünftigen Ausbau der österreichischen

eHealth-Infrastruktur.

Übereinstimmung herrschte in Hinsicht darauf,

dass der eHealth-Zug in Österreich mit der

Einführung der e-card Fahrt aufgenommen hat

und die Route nun in Richtung Elektronische

Gesundheitsakte, kurz ELGA, geht.

Die Erwartungen an eHealth für die Zukunft

des Gesundheitswesens sind groß. Es geht

darum, die Effizienz und die Qualität der Ge-

sundheitsversorgung zu steigern und die Kos-

tensenkungspotenziale zu heben. Das Ziel ist

es, den absehbaren Herausforderungen (Alte-

rung der Gesellschaft, Zunahme chronischer

Erkrankungen, neue diagnostische und the-

rapeutische Möglichkeiten, …) zu begegnen

und eine leistbare Gesundheitsversorgung mit

höchster Qualität für die Zukunft sicherzustel-

len. „Daten senden“ anstatt „Patienten trans-

portieren“ ist eine der positiven Auswirkungen,

die sich mit dem Einsatz von IKT und der damit

möglichen, verstärkten Kollaboration im Ge-

sundheitsbereich abzeichnen.

Weitere Informationen und fotographische Im-

pressionen sind auf der Konferenz-Website

unter www.eHealth2007.at ersichtlich. Zusätz-

lich stehen die PDFs sämtlicher Präsentationen

zum Download bereit.

Die Resonanz auf die eHealth2007 wird als Auf-

trag verstanden, diese Tagung auch in Zukunft

zu veranstalten. Damit soll ein permanentes

Forum für die wissenschaftlichen Grundlagen

von und die Auseinandersetzung mit eHealth

geschaffen werden. Die Arbeitsgruppe „Medi-

zinische Informatik und eHealth“ sieht es als

ihre Aufgabe, einen nachhaltigen Beitrag da-

für zu leisten, dass der Einzug von eHealth im

Gesundheitswesen in ausreichendem Maß von

der Wissenschaft begleitet wird und damit die

Erfolgschancen erhöht werden.

In diesem Sinn haben die Planungsarbeiten

für die eHealth2008 bereits begonnen. Der Fo-

kus auf Österreich soll zwar beibehalten, dem

KontaktDipl.-Ing. Dr. Günter Schreier, MSc.Austrian Research Centers GmbH – ARCBiomedical Engineering / eHealth systemsReininghausstraße 13, 8020 GrazTel.: 0316/58 65 [email protected]/ehs

eHealth2008Medical Informatics meets eHealthWissenschaftliche Tagung und Workshops29. – 30. Mai 2008, Wien

Veranstalter: Arbeitskreis Medizinische Informatik und eHealth der Österreichischen Com-puter Gesellschaft und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik

Interessierte sind herzlich eingeladen, sich in die E-Mail-Liste des Arbeitskreises einzutra-gen, über die laufend aktuelle Informationen zur eHealth2008 und weitere einschlägige Tagungen ausgesendet werden (siehe: http://iig.umit.at/akmi/akmi.htm).

Vergleich und dem Austausch mit den Nach-

barländern und darüber hinaus aber breiterer

Raum eingeräumt werden. Das teilweise sehr

dichte Programm soll auf 1,5 Tage und um

Workshops im Vorfeld verlängert werden. n

In den Pausen konnten die Teilnehmer die herrliche Aussicht vom 19. Stock des Techgate-Towers genießen

Günter Schreier begrüßt die Teilnehmer

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��Ausgabe 3/2007

Pioniere der Informatik

Während dreier Jahrzehnte leitete Kurt

Bauknecht mit viel Engagement das

Institut für Informatik, das IfI, an der

Wirtschaftswissenschaftlichen und der

Mathematisch-naturwissenschaftlichen

Fakultät der Universität Zürich. Von

kleinsten Anfängen führte er das IfI zu

seiner heutigen Größe und Bedeutung.

Informations- und Kom-

munikat ionsmanage-

ment sind die Lehr- und

Forschungsgebiete von

Kurt Bauknecht. Dazu

kommen die interdiszi-

plinären Ausrichtungen

des IfI, etwa für Com-

puterlinguistik zur Phi-

losophischen Fakultät

oder – während fast 20

Jahren – durch gemein-

same Lehrveranstaltun-

gen mit der Juristischen Fakultät und

der ETH Zürich. Das IfI arbeitet mit den

ETHs in Zürich und Lausanne sowie mit

den Universitäten in Bern, Genf und St.

Gallen, ferner mit Universitäten in Eu-

ropa, Japan und USA zusammen. Als

Präsident der Informatikkommission der

Universität Zürich hat Kurt Bauknecht

seinerzeit dazu auch eine grenzüber-

schreitende Vereinbarung zwischen IfI

und der Fakultät für Mathematik und

Informatik der Universität Konstanz vor-

bereitet, die eine Intensivierung der Zu-

sammenarbeit in Forschung und Lehre

durch gemeinsame Studienangebote

beinhaltete.

Seit 1970 ist Kurt Bauknecht Professor

Kurt BauknechtDrei Jahrzehnte Informatik an der Universität Zürich

DipL.-ing. Dr. heLMuT MaLLeck

Herr Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Bauknecht ist einer der Begründer der Informatik in der Schweiz und hat als zentrale Persönlichkeit der Schweizer Informatik diese Wissenschaftsdisziplin als Wissenschafter, Manager, Innovator und Mentor nachhaltig geprägt.

für Informatik. Von 1995 bis 2000 war

Kurt Bauknecht Präsident der Interna-

tional Federation for Information Pro-

cessing (IFIP) des Weltverbandes für

Informationstechnik1. 2003 emeritierte

Kurt Bauknecht, seine Nachfolge in der

Institutsleitung trat Univ.-Prof. Dr. Klaus

Dittrich an. Kurt Bauknecht ist Hono-

rarprofessor an der Uni-

versität Wien, ständiger

Lehrbeauftragter an der

Universität St. Gallen

und Ehrendoktor der

Johannes Kepler Uni-

versität Linz seit 2000.

Nach wie vor leitet Kurt

Bauknecht Forschungs-

gruppen an der Universi-

tät in Zürich, wo er auch

zum Kommissionsmit-

glied der Senioren-Uni-

versität bestellt ist. Kurt Bauknecht ist

Mitglied zahlreicher Fachgruppen und

Forschungsverbände. Das OCG-Jour-

nal hatte Gelegenheit, mit Herrn Profes-

sor Dr. Bauknecht über seine Arbeiten

und weiteren Ziele zu sprechen.

OCG-Journal: Ihre 1967 an der Eidge-

nössischen Technischen Hochschule

Zürich den Professoren Dr. Walter Da-

enzer und Dr. Hans Künzi vorgelegte

Dissertation „Untersuchung des Ver-

kehrsverhaltens von Straßenbahnen

durch Simulation auf einem Rechenau-

tomaten“ zeigt großen Pioniergeist. Si-

mulationstechnik sowie Modelle für die

Praxis blieben einer Ihrer Forschungs-

schwerpunkte. Was hat Sie an diesem

Thema so nachhaltig fasziniert?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Immer, wenn

man sich mit einer Thematik aus tiefem

Interesse rückhaltlos auseinandersetzt,

steigert sich die Faszination dafür. Ich

würde mich sehr freuen, wenn man das

in meinem 1976 bei Springer Berlin er-

schienen Buch „Simulationstechnik:

Entwurf und Simulation von Systemen

auf digitalen Rechenautomaten“ auch

spüren könnte.

OCG-Journal: Den Wandel, aber auch

die Problematik der EDV an Hochschu-

len und Universitäten kann man aus

so mancher Ihrer Arbeiten – thema-

tisch geordnet und zeitlich gestaffelt

– ablesen. Trugen Sie damit nicht Ihren

Leidensdruck einer wenig verständnis-

vollen Öffentlichkeit vor? Was haben Sie

damit erreicht?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Zum einen

wollte ich mir meine Sorgen von der

Seele schreiben und auf diese Wei-

se selbst Lösungen näher kommen.

Andererseits, und das war mir min-

destens ebenso wichtig, wollte ich mit

Paradigmen aufräumen. Informatik ist

Innovationsmotor, der an Hochschulen

und Universitäten seine Leistungsfä-

higkeit entwickeln muss. Heute sind in

der Industrie die Auswirkungen neuer

Informations- und Kommunikations-

technologien auf Produkt- und Prozess-

innovation unbestritten. Das war nicht

immer so.

OCG-Journal: Zu Computer und Recht

haben Sie doch auch Ihre Stimme er-

hoben?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Ja, und das

sogar in Buchform. Als Mitherausgeber

von Band 15 der Schriftenreihe „Com-

1 Ab März 2000 war Kurt Bauknecht Chef des TC 8 „Information Systems“.

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Bauknecht

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20JOURNAL

Pioniere der Informatik

puter und Recht“ und dann noch 1984

mit einem Beitrag zur Tagung „Rechts-

informatik, Bedürfnisse und Möglich-

keiten“.

OCG-Journal: Mit Stephanie Teufel, geb.

Schmidt – ehemals Assistentin am IfI, wo

sie 1991 promovierte und 1998 habili-

tierte, seit 2000 Inhaberin des Ordinari-

ats für Telekommunikationsmanagement

an der Wirtschafts- und Sozialwissen-

schaftlichen Fakultät der Universität

Fribourg und Direktorin des institute of

management in telecommunications –

hatten Sie über mehrere Jahrzehnte viele

Forschungsaktivitäten zu Dokumenten-

verwaltung und Security. Ein krönender

Abschluss waren wohl die von Ihnen und

Stephanie Teufel gestalteten Fachta-

gungen „Sicherheit in Informationssyste-

men“ SIS ‚94, SIS ‚96 (gemeinam mit Di-

mitris Karagiannis), SIS ‚98 (gemeinsam

mit Alfred Büllesbach und Hartmut Pohl)

sowie SIS 2000; bei der SIS 2002 waren

Sie als Diskutant auf dem Podium.

Visionen und Ideen zur elektronischen

Durchführung unterschiedlichster Ge-

schäfte und Transaktionen – beim Elec-

tronic Business – haben den Bogen im-

mer weiter gespannt. Für die Verbreitung

und insbesondere die Nutzung von Inter-

net-basierten Geschäftsarten war Secu-

rity oftmals ein Hemmschuh. Wie sehen

Sie das Thema Sicherheit heute?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Sicherheit

dient nicht nur dazu, Ausfälle und deren

Folgen zu verhindern, sondern stellt sich

als Business Enabler dar, wodurch viele

Geschäftsideen und Transaktionen erst

möglich werden. Die Sicherheit von In-

formationssystemen ist damit eine wich-

tige Basis der Geschäftstätigkeit. Dabei

gilt, dass funktionsfähige und vertrau-

enswürdige Sicherheitsinfrastrukturen

die Voraussetzung einerseits für diese

Sicherheit, andererseits aber auch für

das Vertrauen der Kunden und Benutzer

sind. Neue Organisationsformen und

ihre Auswirkungen auf die Sicherheit von

Unternehmen, Mobile Devices, Virtual

Private Networks, sicherer Internethan-

del, Vertrauensbildung, Zugriffskontrolle,

sichere Kopplung von Systemen, Public-

Key-Infrastrukturen, Sicherheit beim Ein-

satz von HBCI (Homebanking Computer

Interface) und Information Warfare, das

sind die heutigen Schwerpunkte für For-

schung und Entwicklung.

Aber, auf Frau Teufel zurückkommend,

der Fächer gemeinsam bearbeiteter The-

men ist wesentlich breiter. Ein Beispiel –

wahllos herausgegriffen – ist eine Erwei-

terung zum Workflow-Management um

qualitative Aspekte der Unternehmens-

steuerung, etwa durch Verknüpfungen

der Ursache-/Wirkungsketten im Ablauf

der Geschäftsprozesse.

OCG-Journal: Bei den jährlichen interna-

tionalen Konferenzen EC-Web „Electro-

nic Commerce and Web Technologies”,

an deren Zustandekommen Sie von An-

beginn – also seit 2000 – großen Anteil

haben, war Herr O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing.

Dr. A. Min Tjoa, Leiter des Instituts für

Softwaretechnik und Interaktive Systeme

2 an der TU Wien, in Ihrem Organisati-

onskommitte. Für Sie war Dr. Tjoa schon

damals altbekannt, haben Sie doch seit

1997 am IfI gemeinsam Doktoranden-

seminare für Nebenfachinformatiker an-

gekündigt. Darf man fragen, ob Sie mit

weiteren österreichischen Forschern in

Verbindung stehen?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Durchaus.

Zuvor aber noch zwei Worte zu meinem

Kollegen A Min Tjoa. Während seiner

Gastprofessur an der Ecole Polytech-

nique Fédérale de Lausanne begann

unsere engere Zusammenarbeit. Bei-

spielsweise holte ich ihn bei der Wiener

Technologieoffensive „IKT Vienna 2003“

zum Themenkreis „Sicherheit in der Infor-

mationsverarbeitung“ in die Jury.

Ein weiterer Namen ist schon gefallen.

Univ.-Prof. Dr. Dimitris Karagiannis, Leiter

des Instituts für Knowledge Engineering

an der Universität Wien; mit ihm gemein-

sam betreute ich beispielsweise im Win-

tersemester 2001/02 an der Universität

Wien das Seminar „Business Intelligence“.

Langjährige Zusammenarbeit verbindet

mich mit den Professoren Reinhard Posch

und Andreas Maurer, besonders eng und

gedeihlich hat sich jedoch die gemein-

same Arbeit mit einem Auslandsöster-

reicher entwickelt, mit Helmut Schauer,

den ich vor vielen Jahren von der TU Wien

an das IfI als Professor holte.

OCG-Journal: Titel und Inhalt Ihrer Vorle-

sungen nahmen oftmals engen Bezug auf

Ihre Forschungsgebiete. Für Studierende

wurde Ihr Buch „Grundzüge der Daten-

verarbeitung: Methoden und Konzepte

für die Anwendungen“, neu bearbeitete

und erweiterte 3. Auflage, Teubner Stutt-

gart 1985, zum Standardwerk. Wie konn-

ten Sie in der Lehre dem Strukturwandel

in der Kommunikationstechnik, hin zu In-

formationstechnik und Informationsma-

nagement, entsprechen?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Mit dem von

1995 bis 2001 jährlich veranstalteten Se-

minar „Kommunikationssysteme“ habe

ich gemeinsam mit Professor Dr. Studer in

einem theoretischen Teil an der Universi-

tät Zürich und in einem dreitägigen Prak-

tikum im Telecom-Labor der HTW Chur

zu Themen wie ADSL, ATM, Network Ma-

nagement, Firewall, Intrusion Detection

Systeme, ISDN, Routerkonfiguration und

IPv6 den Studierenden die Möglichkeit

geboten, hier firm zu werden. Darüber

hinaus wurden von mir entsprechende

Diplomarbeitsthemen ausgeschrieben.

Die von Michael Oehry 1998 eingereichte

Diplomarbeit, welche in Theorie und Pra-

xis Möglichkeiten und Grenzen elektro-

nischer Märkte für die „Business-to-Busi-

ness“-Kommunikation aufzeigte, war ein

solcher Brückenschlag.

OCG-Journal: Informationssystem-(IS-)

Qualitätsmanagement soll IS-Prozesse

und IS-Produkte anforderungsgerecht

gestalten. Solche Aufgabenstellungen

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2�Ausgabe 3/2007

Pioniere der Informatik

zählen doch zu Ihren prominenten For-

schungsgebieten?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Vor einigen

Jahren habe ich vom IfI aus eine schrift-

liche Umfrage bei den 140 größten

schweizerischen Unternehmen durch-

geführt, um den Entwicklungsstand des

Qualitätsmanagements von Informati-

onssysteme in der Unternehmenspraxis

festzustellen. Zeit- und Personalmangel

waren die wichtigsten Gründe für man-

gelnde Qualität der im Unternehmen

eingesetzten Informationssysteme. IS-

Qualitätsmanagement erhöhte zwar die

Transparenz im Unternehmen deutlich,

Defizite könnten durch bessere Integra-

tion in die Informatik oder durch verbes-

serte Unterstützung durch das Control-

ling behoben werden.

Derzeit leite ich das Projekt „Quality con-

trol of information systems (QUISC)“,

welches auf den Erfahrungen aus IfI-

Projekten zu Informatik-Controlling und

Software-Qualitätsmanagement aufbaut.

Qualitätscontrolling als Teil des Control-

lingsystems koordiniert unternehmens-

weit qualitätsrelevante Prozesse mit dem

Ziel, ein anforderungsgerechtes Quali-

tätsniveau wirtschaftlich sicherzustellen.

Qualitätscontrolling von Informations-

systemen unterstützt das Informations-

system-Qualitätsmanagement im Errei-

chen seiner Ziele. Im Rahmen dieses

Projektes soll nun ein Rahmenwerk für

ein integriertes Qualitätscontrolling von

Informationssystemen entstehen.

OCG-Journal: Noch kurz vom Informa-

tions- zum Sicherheitsmanagement.

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Im Informati-

onsmanagement wird die Informationssi-

cherheit mittels des Sicherheitsmanage-

ments – Verhindern von realen Schäden

und den daraus resultierenden wirt-

schaftlichen Schäden in Unternehmen

– auf Basis einer Sicherheitsarchitektur

planmäßig hergestellt, überwacht und

erhalten. Wie die Erfahrung zeigt, verur-

sacht proaktives IT-Management die we-

nigsten Kosten und ist am effektivsten,

Ziel ist eine Performance-Maximierung.

OCG-Journal: Wir sprachen über Trends

der Wirtschaftsinformatikforschung, über

Informationsmanagement in Verbindung

mit Unternehmensführung und Wirt-

schaftsinformatik sowie über Informati-

onssicherheitskultur als soziokulturelle

Dimension im Informationssicherheits-

management. – Wie sehen Sie nun die

Hochschul-Informatik im Spannungsfeld

zwischen Wissenschaft, Industrie und

Berufsvorbereitung?

Univ.-Prof. Dr. Bauknecht: Wirtschafts-

informatik definiere ich als eine Schnitt-

menge aus den Gebieten Informatik

und Betriebswirtschaft. Innerhalb der

Wirtschaftsinformatik nimmt das Infor-

mationsmanagement einen prominenten

Platz ein. Das Studium an der Züricher

Universität, mit 40 % Informatik, 40 %

Betriebswirtschaftslehre und 20 % freien

Fachgebieten, liefert eine beachtliche

Interdisziplinarität. Angesichts der Halb-

wertszeit des Wissens sehe ich einen

Trend zum kürzeren Studium, aber mit

oftmaliger Auffrischung und Ergänzung

des Wissens nach Studienabschluss.

Informatik bietet aber auch ohne Hoch-

schulstudium gute Berufschancen, weil

durch den Strukturwandel zur Wissens-

gesellschaft der Bedarf stark gestiegen

ist. Leider wird der Informatikerberuf in

der Öffentlichkeit zu wenig differenziert

dargestellt. Informatik ist nicht nur ein

Hilfsmittel und Werkzeug sondern eine

Disziplin, die zur Beherrschung kom-

plexer Problemstellungen unerlässlich

ist. Informatik muss stufengerecht, sys-

tematisch gelehrt und gelernt werden.

In der Informatikbranche fehlt die Ausbil-

dungstradition, und weltweit vernetztes

Danken wird immer wichtiger.

OCG-Journal: Vielen Dank für das Ge-

spräch. n

Informatik-AkademieInternet Meets Telecommunications:

Evolution von Telekomdienstplattformen im Kontext IP Multimedia Subsystem (IMS) und Service Oriented Architecture (SOA)

Fachliche Leitung: Univ.-Prof. Dr. Thomas Magedanz, Fraunhofer Institut FOKUS/TU BerlinWeitere Beiträge: Dipl.-Ing. Wolfgang Reichl, ÖFEG und Dipl.-Ing. Dr. Helmut Malleck, ÖFEG

Donnerstag, 22. November 2007, 09:00 bis 17:00 UhrOCG Wien, Heinz Zemanek-Saal

Mehr über den Kurs: http://www.ocg.at/ia/ims.htmlAnmeldung: http://www.ocg.at/ia/anmeldung.html

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22JOURNAL

Praxis und Wissen

Constantinus 2007Österreichs IT-Branche punktet mit hohem Kundennutzen

DieTMar eDer

138 Projekte wurden beim Constantinus 2007 ein-

gereicht – so viele wie noch nie. Die stärkste Ein-

reich-Kategorie war die Informationstechnologie.

„Erfreulich sind aber nicht nur die zahlreichen Ein-

reichungen, sondern auch die hohe Qualität der

Projekte“, sagt Constantinus-Präsident Hans Jörg

Schelling. „Wichtigstes Kriterium ist wie am Markt

der Kundennutzen“, ergänzt Alfred Harl, Obmann

des Fachverbandes Unternehmensberatung und

IT.

Der hohe Kundennutzen ist bei den Siegerpro-

jekten aus den Kategorien Open Source, Infor-

mationstechnologie sowie Kommunikation &

Netzwerke neben der technischen Innovation das

wesentliche Erfolgsgeheimnis. So punktet IT-Sieger

ilogs aus Klagenfurt mit einem System, das mobile

Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen besser in inter-

ne Prozesse integriert. Die Virtic Datenerfassung

GmbH räumte mit ihrem mobilen Montagecockpit

den Constantinus in der Kategorie Kommunikation

& Netzwerke ab. Die „Handy-Stechuhr“ von Virtic

macht Controlling in Echtzeit möglich. Die beste

Open-Source-Lösung lieferte die GRZ IT-Gruppe

aus Linz ab – der NetScanAssistant sorgt für mehr

Netzwerk-Sicherheit.

Sieger InformationstechnologieMobile Mitarbeiter von Pflegediensten sind natur-

gemäß viel auf Achse. Die Hauskrankenpflege ist

der Wirtschaftsbereich mit den meisten mobilen

Mitarbeitern – verglichen mit der Gesamtgröße

der Unternehmungen. „Erst durch die Einführung

von mobilen elektronischen Zeit- und Leistungs-

erfassungssystemen bzw. mobiler elektronischer

Auftragsdisponierung können größere Zahlen von

Mitarbeitern effizient verwaltet werden“, sagt Wal-

ter Liebhart, Geschäftsführer der Klagenfurter ilogs

mobile software GmbH. ilogs wurde im Jahr 2000

gegründet und beschäftigt derzeit etwa 25 Mit-

arbeiter an den Standorten Klagenfurt, Wien und

Zug. Das Unternehmen hat sich auf die Mobilisie-

Eine Open-Source-Lösung, die Lücken im Sicherheitsbereich vollautomatisch erkennt und dokumentiert. Ein System, das mobile Mitarbeiter von Pflege-diensten in die internen Prozesse integriert. Das Handy als Stechuhr. Beim Constantinus 2007 wurden Österreichs beste IT-Projekte gekürt.

rung von Geschäftsprozessen spezialisiert.

Mit Mobile Care (kurz: MOCA) schafften die

Kärntner eine Lösung, mit der die Mitarbei-

ter von mobilen Pflegeeinrichtungen in die

Unternehmensprozesse integriert werden

– von der elektronischen Zeiterfassung bis

zum Fahrtenbuch. Beim diesjährigen Cons-

tantinus siegte MOCA in der Kategorie Infor-

mationstechnologie, darüber hinaus gab es

noch den Constantinus-Jungunternehmer-

preis. Integrierter Bestandteil von MOCA ist

eine leistungsfähige Einsatzplanung. „Die

Einsatzleitung hat jederzeit den Überblick,

welcher Mitarbeiter bei welchem Klienten vor

Ort ist“, erklärt Liebhart. „Die gesamte für die

Disponierung erforderliche Kommunikation

erfolgt automatisch über MOCA. Mühsames

Telefonieren und unverbindliches Übergeben

von Einsätzen gehören der Vergangenheit

an.“

MOCA basiert auf einer eigens von ilogs

entwickelten Middleware. Damit kann sehr

flexibel auf die individuellen Bedürfnisse

der Kunden eingegangen werden. Auf den

Endgeräten kommt das Betriebssystem

Windows Mobile zum Einsatz. MOCA ist in

den Bundesländern Wien, Niederösterreich,

Salzburg, Kärnten und Steiermark im Einsatz.

„Weitere Bundesländer werden folgen“, kün-

digt Liebhart an. Und auch im Ausland soll

MOCA bald für mehr Qualität und Effizienz

in der mobilen Pflegeverwaltung sorgen. „Es

gab bereits Präsentationen in Slowenien, Ita-

lien, Frankreich und der Schweiz. Aufgrund

der sehr positiven Rückmeldungen sind kon-

krete Exportaktivitäten in diese Länder bereits

in Planung.“

Sieger Open SourceDie GRZ IT Center Linz GmbH hat für die

LOGIS IT Service GmbH den „NetScanAssis-

tant“ entwickelt. „Es handelt sich um eine auf

Open Source basierende Lösung, die Lücken

im Sicherheitsbereich vollautomatisch erkennt

und dokumentiert“, so LOGIS-Geschäftsfüh-

rer Hermann Sikora. Das Werkzeug erzeugt

automatisiert hochqualitative Risk-Reports

und kann von unterschiedlichsten Geräten

aus bedient werden – vom PC/Browser bis

hin zum Smartphone. Der NetScanAssistant

ermöglicht dem Management und den Si-

cherheitsverantwortlichen, aktiv und automa-

tisiert aktuelle Ergebnisse anzufordern – zum

Beispiel per E-Mail. Der Audit wird gestartet,

durchgeführt und das Ergebnis an den Ab-

sender geschickt. Das Reportmanagement

wird wie die Steuerung der Netzwerkaudits

per Eclipse-Plug-in, Kommandozeile oder

signierter E-Mail durchgeführt. Vorgefertigte

Standardabfragen erlauben eine massive

Entlastung der Audit-Teams, ein historisches

Bild der Netzwerkinfrastruktur inklusive ange-

bundener Komponenten und die Erhöhung

der Auditfrequenz.

Als Besonderheiten des NetScanAssistant

nennt Oliver Hable von GRZ IT unter anderem

das 4WT-Prinzip (Wir Wissen Was Wir Tun),

die Langzeitarchivierung, Datenintegrität und

Plattformunabhängigkeit. „Im Sicherheitsbe-

reich muss man die Rahmenbedingungen in-

klusive Infrastruktur so gut wie möglich unter

Kontrolle haben, das spricht für Open Source.

Dazu kommt noch die Zukunftssicherheit der

eingesetzten Technologien dank einer großen

Community“, so Hable weiter.

Die GRZ IT Center Linz GmbH, ein Unter-

nehmen der GRZ IT Gruppe, wurde 1971 als

Rechenzentrum für Banken und Handelsun-

ternehmen gegründet und ist heute eines der

größten und erfolgreichsten Rechenzentren

und IT-Systemhäuser Österreichs.

Sieger Kommunikation & NetzwerkeDie oberösterreichische Metallbaufirma

Kreuzroither beschäftigt 135 Mitarbeiter und

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23Ausgabe 3/2007

Praxis und Wissen

verfügt über Standorte in Schörfling, Asten

und Zagreb. Mit dem mobilen Montage-

cockpit der Virtic Datenerfassung GmbH

steuert die Firma ihre Prozesse in Echt-

zeit. Hintergrund: Die Überwachung und

Steuerung von Prozessen, die außerhalb

des eigenen Betriebs ablaufen, stellt viele

Unternehmen vor Probleme. Die Datener-

fassung – zum Beispiel auf Baustellen – ist

meist schwierig, die Daten liegen erst mit

großer Verzögerung im Unternehmen vor.

Das mobile Montagecockpit ermöglicht es,

Informationen aus den betrieblichen Ab-

läufen über Mobiltelefone zu erfassen und

über das mobile Internet an einen Server

zu senden. Dort stehen die Daten sofort

zur Verfügung, dadurch wird Controlling

in Echtzeit ermöglicht. „So wird das Stan-

dard-Handy unter anderem zur Stechuhr“,

sagt Thomas Bogensperger von Virtic. Ein

Ergebnis: „Mit herkömmlichen Lösungen

werden pro Mitarbeiter im Monat 9,7 Stun-

den mehr aufgeschrieben, als mit der mo-

bilen Variante.“

Konkret bedeutet das für die Firma Kreuz-

roither, dass ihr präzises Controlling eine

schärfere Projektkalkulation ermöglicht.

Projektleiter können Abweichungen und

Mehrkosten sofort erkennen und wirksame

Gegenmaßnahmen einleiten. „Die Lösung

ist auch für kleinere Unternehmen leistbar.“

VIRTIC (VIrtual TIme Clock) ist ein Appli-

cation Service Provider, der Lösungen für

mobiles Controlling anbietet. Per Stan-

dardhandy werden Daten (Arbeitszeit, Pro-

jektdaten etc.) erfasst und online in einem

Internetportal zur Verfügung gestellt. Zur

Verifizierung der Angaben der Mitarbeiter

ist es möglich, Ortungen durchzuführen.

Die Mitarbeiter müssen der Handy-Ortung

aber zustimmen. Virtic war der erste Dritt-

anbieter, der Zugang zu den Ortungsser-

vern von A1 und T-Mobile erhalten hat.

Alternativ bietet die Firma GPS Tracking

Solutions an. n

KontaktConstantinus ClubWiedner Hauptstraße 73, 1040 WienTel.: 059 09 0037 92 [email protected]

Die Preisverleihung fand im Rahmen der großen Constantinus-Gala am 21. Juni 2007 im Salzburg Congress statt

Jubeln über den Erfolg ihrer Open-Source-Lösung für mehr IT-Sicherheit: Hermann Sikora, Barbara Hauer und Oliver Hable von der Linzer GRZ IT-Gruppe (v.l.)

V.r.n.l: Constantinus-Doppelsieger Walter Liebhart und Klaus Kienzl (ilogs GmbH) mit Kunde Robert Em (WS Alten- & Pflegedienste GmbH) und Fachgruppenobmann Herr-mann Daniel (UBIT Kärnten)

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2�JOURNAL

Interview

Die Verbesserung von ganz EuropaEin Interviewversuch mit dem Radikalrationalisten Werner Schimanovich

Mag. Lucy TraunMüLLer; ao. univ.-prof. Mag. Dr. karL fröSchL

Dr. Werner Schimanovich hat aber auch

die Entwicklung der Informatik in Öster-

reich von Anfang an begleitet, wenn-

gleich seine Beiträge in überwiegend

indirekter Art – über die Logik – erfolgt

sind. Das freigeistige Schicksal, mit

einem ausgeprägtem Hang zu einer

üppig mäandernden Interdisziplinari-

tät, charakterisiert seinen unkonventi-

onellen intellektuellen Lebensweg, der

sich in vielen institutionellen Reibungen,

persönlichen Enttäuschungen, mitun-

ter fragwürdigen Polemiken, aber auch

in der Erkennung und Förderung von

Begabungen und oft genug der rich-

tungsweisenden Vorwegnahme meist

noch weitgehend unverstandener wis-

senschaftlicher und politischer Entwick-

lungen widerspiegelt. Die Liebe zum

Ein Jubiläum wird begangen: Werner Schimanovich ist �� Jahre jung. Der Wiener Alternativdenker ist, nach etlichen Stationen seines aka-demischen Lebens, am Institut für Informationssysteme der TU Wien (Univ.-Prof. Georg Gottlob) beheimatet. Seinen Werdegang – den Nei-gungen entsprechend – mit Studien in Maschinenbau und Technische Physik beginnend, wechselte er später zur Mathematik, Philosophie und schließlich zur Logik und war dann 32 lange Jahre als Assistent (bei Univ.-Prof. Leopold Schmetterer), Oberrat und einer der weltweit bedeutendsten Gödel-Forscher am Institut für Statistik und Informatik der Universität Wien tätig.

Erfinden hat er sich stets erhalten, die

Streitlust steht immer noch im Dienste

der Weltverbesserung (zumindest jener

der europäischen Welt), und auch der

avantgardistischen Kunst ist er – unter

anderem in Zusammenarbeit mit Peter

Weibel und Valie Export – nach wie vor

eng verbunden. Der Opulenz seines

Oevres kann man, unbeschadet des

oft letztlich doch nur fragmentarisch

Gebliebenen, nur mit Staunen begeg-

nen und mit dem Jubilar darüber ein

– zwangsläufig ziemlich unvollständiges

– Gespräch führen.

Herr Dr. Schimanovich, auf Ihrer Web-

site stellen Sie sich folgendermaßen vor:

Werner-Jimmy-DeViena DePauli-Schi-

manovich-Göttig. Wie viele Personen

werden wir heute interviewen?

Die drei Namen stellen natürlich die hei-

lige Dreifaltigkeit dar. Außerdem stehen

sie für meine drei Väter. Schimano-vich

ist mein Geburtsname, mein Stiefva-

ter hieß DePauli. Göttig war der Name

meines leiblichen Vaters in Deutsch-

land. Die drei Vornamen habe ich aus

Symmetriegründen angegeben.

Wenn man Ihre intellektuelle Biografie

verfolgt, so sieht man eine Entwicklung

vom Maschinenbau zur Logik. Wie kam

es zu dieser Entwicklung, und wie ging

es dann weiter?

In der Mittelschule hat mich mein Phy-

siklehrer immer „kleiner Erfinder“ ge-

nannt. Eigentlich hat sich damals schon

abgezeichnet, dass meine wirklichen

mentalen Stärken der Maschinenbau

und das Erfindertum sind. Aber ich kann

nun einmal nicht gut zeichnen. So bin

ich vom Maschinenbau zur Technischen

Physik gewechselt, von dort aus zur Ma-

thematik, dann zur Logik. Danach habe

ich am Institut für Statistik und Informa-

tik der Universität Wien gearbeitet. Und

zum Schluss habe ich mich mit Artificial

Intelligence beschäftigt. Aber in Wirk-

lichkeit bin und bleibe ich ein verhinder-

ter Maschinenbauer, der zwangsläufig

zum Intellektuellen wurde.

Sie haben sich mit einer unglaublichen

Vielfalt von Themen beschäftigt. Wel-

ches sind Ihre wichtigsten Ergebnisse?

Vielleicht kann man sagen, dass mein

wichtigstes Ergebnis meine hervorra-

genden Schüler sind – allen voran der

Wittgensteinpreisträger Georg Gottlob,

der in Wien Technische Mathematik und

Informatik/Logistik studiert hat und mitt-

lerweile als Professor an der Universität

Oxford tätig ist. Ihm konnte ich in seiner

formativen Phase an der Universität Wien

und der Technischen Universität Wien

als Ansprechpartner Unterstützung bie-

ten. Die Gründung der Österreichischen

Studien-Gesellschaft für Betriebs- und

Verkehrsinformatik (BVI) und der In-

ternationalen Kurt Gödel Gesellschaft

sind sicher auch greifbare Ergebnisse.

Die meisten meiner Projekte und Erfin-

dungen sind jedoch leider Fragmente

geblieben. Aus diesem Grund habe ich

fünf Jahre vor der Pensionierung be-

schlossen, mein Gesamtwerk zu doku-

mentieren und zu kommentieren: Texte,

Lieder, Zeichnungen und Erfindungen.

Werner Schimanovich – für das OCG-Journal mit Kappe

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2�Ausgabe 3/2007

Interview

Drehmoment-Motor, Europolis Band 3, S. 488

Daraus ist dann die Buchserie „Euro-

polis“ geworden, die mittlerweile aus

sechs Bänden besteht.

Ihre Erfindungen waren nicht nur tech-

nischer, sondern auch organisatorischer

Natur.

Ja, ich habe viele Erfindungen im Be-

reich Verkehr gemacht, wie etwa den

Drehmoment-Motor für Rennwagen

oder die Elektrifizierung der Autobahnen

für LKW. Eigentlich habe ich mich

mit allen Verkehrsträgern beschäf-

tigt, die es überhaupt gibt. Auf or-

ganisatorischer Ebene habe ich

beispielsweise die 10-Tage-Woche

entworfen, die eine freie Zeiteintei-

lung vorsieht. Mit zehn Stunden täg-

licher Arbeit würden uns fünf Tage

Freizeit pro Woche zukommen – bei

gleich bleibender Arbeitszeit pro

Jahr. Das ist aber natürlich nur als

Denkanstoß gedacht, ich habe nie

ernsthaft an die Verwirklichung die-

ser Idee geglaubt.

Der Mathematiker und Logiker Kurt

Gödel ist einer Ihrer Schwerpunkte.

Wie ist es dazu gekommen?

Wenn man Mathematik in Wien stu-

diert, dann muss man zwangsläufig

über Gödel stolpern. In meinem Fall

hat sich dann eine zunehmend in-

tensivere Beschäftigung ergeben,

vielleicht auch aus dem Gefühl

heraus, dass ihm in Österreich zu

wenig Aufmerksamkeit geschenkt wur-

de. Als Kurt Gödel 1978 starb, war ich

gerade Universitätsassistent am Institut

für Statistik und Informatik der Univer-

sität Wien, und es erschien mir ange-

bracht, seine Bedeutung zu würdigen.

Insgesamt habe ich dann fünf Bücher

über Gödel geschrieben, darunter ge-

meinsam mit John Casti ein englisches:

„Gödel – A Life of Logic, the Mind, and

Mathematics“. Außerdem habe ich mit

Peter Weibel einen Film produziert, der

1986 im ORF ausgestrahlt wurde: „Kurt

Gödel − ein mathematischer Mythos“.

Welche Relevanz hat Gödel heute?

Gödels Satz stellt heute einen Teil der

Informatik dar. Mathematisch gesehen

ist die Aussage ja alles andere als kom-

plex: Sie liefert einfach den Beweis da-

für, dass die logische Ableitbarkeit aller

Wahrheiten aus einem einzigen forma-

len System Illusion ist. Philosophisch ist

das jedoch höchst relevant. Der Gödel-

sche Satz ist eines der großen Limita-

tionstheoreme der Wissenschaft, z. B.

in der Formulierung des Halteproblems

von Turingmaschinen. Wenn Wahrheiten

nicht quantifizierbar sind, dann bedeu-

tet das, dass selbst in der Mathematik,

der Königin der Wissenschaften, Vieles

im Bereich der Intuition verbleibt und

die entdeckten Wahrheiten letztlich eine

Frage des Zufalls sind.

Werner Schimanovich als Metaphysiker?

Als rationaler Metaphysiker. Ich sehe

mich als Anhänger des „radikalen Rati-

onalismus“, der in der Philosophie mit

Kant seinen Anfang nahm. Das heißt

jedoch nicht, dass ich gegen das Irrati-

onale bin. Es gibt hier ein großes Miss-

verständnis: Anti-Rationalität, die Unver-

nunft bedeutet, wird oft mit Irrationalität

gleichgesetzt – die die kreative Kraft der

Intuition darstellt. Diese Verwechslung

ist ein echtes Problem. Übrigens war

auch Gödel Metaphysiker. Nur wäre es

damals undenkbar gewesen, sich als

solcher zu deklarieren. Zu Gödels Zeiten

hat noch die Illusion geherrscht,

dass alles formalisierbar sei.

Am 5. Mai 2007 feierten Sie Ih-

ren 65. Geburtstag. Was wird

die Zukunft bringen?

Lassen Sie mich eines gleich

vorweg sagen: Als Mathema-

tiker empfinde ich die 65 als

eine völlige unbedeutende

Zahl. Sie ist ja noch nicht ein-

mal eine Primzahl! 64 – das ist

ein gewichtiges Alter: 2 hoch 6.

Aber 65… Was ich nun machen

will? Im Oktober halte ich mei-

ne letzte Vorlesung. Danach

möchte ich die Europolis-Serie

komplettieren: zunächst mit

zwei englischen Büchern mit

Exzerpten aus meinem deut-

schen Gesamtwerk. „Gödel’s

Letters to his Mother and In-

terviews with Time Witnesses”

wird dann Band 9 werden. Eu-

ropolis 10 soll „Utopia Europia” heißen.

Utopia Europia?

Ein Zukunftsroman. Um meine Gedanken

in lesbare Form zu gießen. Und um die

gesamteuropäische Kultur zu fördern. Ich

bin nämlich ein glühender Anhänger des

europäischen Gedankens, ein Europäist.

Wir gratulieren dem postmodernen Re-

naissancemenschen, „Maschinenbauer

der Logik“, Querdenker, Provokateur,

Polemiker und Europagandisten Werner

Schimanovich: ad multos annos! n

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2�JOURNAL

Pioniere der Informatik

Laudatio für Peter WegnerBegegnung mit einem großen Informatiker!

prof. Dr. chriSTiane fLoyD

Peter Wegner, ein gebürtiger Österreicher, der das Land wegen der Nationalsozialisten als Kind verlassen musste, war wegen seiner wissen-schaftlichen Leistungen bereits 1999 mit dem Großen Ehrenkreuz der Republik Österreich – der höchsten Auszeichnung für einen auslän-dischen Wissenschafter – geehrt worden. Die in Wien geplante Verleihung musste allerdings verschoben werden, da Professor Wegner bei seiner Anreise einen schweren Verkehrsunfall erlitten hatte. Sie wurde etwas später ohne sein Beisein durchgeführt. Umso bemerkenswerter war es, dass Pe-ter Wegner nun wieder ganz gesund beim WIT-Kolloquium auftreten konnte. Seine in-teressanten fachlichen Ausführungen zum Thema „Interactive Principles of Problem Solving“ wurden mit großer Aufmerksam-keit verfolgt und als konstruktive Denkan-stöße gewertet. Auch die im Anschluss gegebenen Kommentare und der histo-rische Überblick zum Thema durch Dekan Professor Hermann Maurer (TU Graz) wur-den vom Publikum positiv aufgenommen. Dem fachlichen Teil folgte jener Teil der Veranstaltung, in dem Peter Wegners Lebenswerk gewürdigt wurde. Sektionschef Frühauf (bmbwk), Vizerektor Professor Ram-merstorfer und Dekan Prof. Steinhardt (TU Wien) sprachen Grußworte. Der Hauptteil des zweiten Teils war die inspirierende Laudatio von Professor Floyd, in der neben den fachlichen Leistungen Peter Wegners auch die leidvollen Phasen seiner Biografie angesprochen wur-den. Niemand hätte diese schwierige Aufgabe besser zu meistern gewusst. Wie schon bei Professor Zemaneks Geburtstagsfeier im Jahr zuvor (siehe OCG Journal 5/2005 bzw. 1/2006) war die Laudatio von Professor Christiane Floyd ein ganz besonderes Ereignis. Doch am besten lesen Sie selbst:Laudation for Peter WegnerLadies and gentlemen,It is a great privilege for me to give the laudation for Professor Peter Wegner, one of the outstand-ing personalities in computer science in the soft-ware field. To be honest, I have volunteered for

Gemeinsam mit der Fakultät für Informatik und der OCG lud das Wissen-schafterinnenkolleg Internettechnologien (WIT) im letzten Herbst, am ��. Oktober 200�, zu einem WIT-Kolloquium zur Würdigung eines großen In-formatikers: Professor Dr. Peter Wegner.

this honor on grounds of my friendship with Peter Wegner, whom I have come to know at the University of Oslo in 1994, where we were guests of our common friend Kristen Nygaard. We soon found out that we both originated from Vienna – a discovery, which led to a deep personal encounter. In 1996, Peter Wegner visited the University of Ham-burg for a week of seminars and discus-sions focusing on object-orientation. This

has been a great experience for my whole research group and has strengthened our friendship.Since then I hoped that there would be a suitable way of honoring Peter Wegner in Vienna. When I heard that – due to an initia-tive of professors Maurer, Tjoa and Kappel – he was awarded the ‘Große Ehrenkreuz 1. Klasse für Wissenschaft und Kunst’ of the Austrian Republic in 1999 and that the-re would be a celebration on this occasion at the Vienna University of Technology, I was deeply gratified, although, at the time, I was not part of this initiative.And then came a horrible shock, which

hit me in Hamburg through an e-mail that was sent to Peter Wegner’s friends and col-leagues all over the world. In Vienna, every-thing had been prepared, and the ceremony actually took place – but not as a celebration. Professor Roland Mittermayr had written a splendid laudation – I will draw substantially on his text, which was a valuable source of information for me – however, he had to give his laudation in the absence of the person to be honored.As we now know, Peter Wegner was strug-gling for his life in the intensive care unit of a hospital after a severe accident in the streets of London. The fact that we have Peter Weg-ner with us today – active in scientific work,

giving lectures, writing articles and edit-ing books – comes close to a miracle. At the time, we had little reason for hop-ing that he would live to this day. Having witnessed what happened only from afar (through a mailing list where I was one of many recipients) my impression was that the slow recovery was not only a great medical accomplishment, but that the actual healing was due to the unfailing love and support from his wife and family, and to his own persevering courage. I understand that this proc-ess was considered so extraordinary that the Medical School of Brown Uni-versity made a video about it, so as to

help others who have to cope with a similar affliction.When Peter Wegner eventually was well on the road to recovery, the award was bestowed to him by a member of the Austrian embassy in the United States. However, professor Kappel and others, including myself, felt that it would make a big difference to have a celebration here in Vienna as well. So, today we come together in order to celebrate healing.This introduction already shows that I cannot give a routine laudation, just going through one date after the other in Peter Wegner’s life. The second reason why this cannot be, is that most of us know that he is a native

Professor Christiane Floyd ist Österreicherin und war Deutschlands erste Informa-

tikprofessorin. Sie ist gern gesehener Gast bei WIT und leitet den Arbeitsbereich

Softwaretechnik an der Universität Hamburg.

Mehr Info: http://swt-www.informatik.uni-hamburg.de

Professor Peter Wegner bei seinem Vortrag

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27Ausgabe 3/2007

Pioniere der Informatik

Austrian, born in 1932, and that his official biography starts with the dry statement: Emi-gration to England in 1939. We will look at the background of this short phrase later. For now, I invite you to follow the little boy, who has left behind turmoil and danger in Vienna to find a safe haven in England.Peter Wegner spent his young years attend-ing an English boarding school and attained a very British outlook on life. The center of our attention is his academic path, eventu-ally leading him to the great achievements in computer science that he has been honored for. The first step on this path was a bachelor in mathematics from the Imperial College in London.Peter Wegner got his introduction to computing, when he went to Cambridge to follow a master program in numeri-cal analysis and automatic computing led by Maurice Wilkes. The outstanding achievement of this computer pioneer was to provide a milieu – unique at the time – where programming was possi-ble. In the early years of computing there were many ‘firsts’ – in Germany, in the United States, and so on, even in Austria. England may claim to have been the first in programming: the EDSAC, the com-puter, which was developed and used at the Cambridge lab in the late 1940s, was the first machine in the world that was actually available as a problem solv-ing tool. Programming then was primarily seen as a way of solving problems in the sciences. Understanding and relating all levels from problem formulation to ma-chine code was required so as to enable an efficient and effective program execu-tion. Several of the students who had the opportunity to work in this milieu around 1950 became leading computer scientists in Britain and other countries. They shared very broad and encompassing ideas of programming, which also shaped Peter Wegner’s attitude. His master thesis was related to solving prob-lems in physics.As a first step in his scientific career, Peter Wegner joined the Weizmann Institute in Is-rael as a research fellow for a short time. Then he was a practicing mathematician in London. This is where he also got married in 1956. Soon afterwards, he went to Pennsyl-vania State University, where he took another master course, worked with George Dantzig on optimization problems in linear program-ming, and obtained an MA in Economics. He had a brief stage at the well-known research

group at MIT, which invented time sharing sys-tems, and then acted as assistant director of Harvard‘s statistical laboratory. All these were engagements of short duration, involving fre-quent changes. When he went back to England from 1961 to 1964 to become a senior research officer at the London School of Economics, his interest had moved on to statistics.In 1964, Peter Wegner came to the US again, this time to stay. For a brief period he returned to Pennsylvania State, then moved on to Cornell University. And after all this back and forth, wan-dering around the world, he finally entered into a period of extended stability, when he joined the faculty of Brown University.Considering that Peter Wegner strongly be-

lieves in interaction as a basic paradigm, it is fair to say that he has lived according to this para-digm in his early scientific life. He has immersed himself in a variety of research milieus, he has been interested in many different fields of work and, as a consequence, he was able to draw from highly diverse sources of ideas, which all became fruitful in his later research.At the age of 36, just before he became a pro-fessor at Brown University, Peter Wegner ob-tained his PhD in London. He published his dissertation as a book, which became a best-seller and established his outstanding reputa-tion in the field of programming languages. At the time when the thesis was written, several im-portant programming languages were already in existence – including FORTRAN, COBOL, ALGOL 60, LISP, and SIMULA – and they were

very different from one another. In the course of the development and use of these languages, basic ideas of programming methodology were emerging that provoked highly controversial discussion.Peter Wegner’s work laid the foundation for treating programming languages systematically in an encompassing framework. Even the title ‘Programming Languages, Information Struc-tures and Machine Organisation’ is quite pro-found, because it relates three dimensions. The first term ‘programming languages’ refers to the expressive power inherent in the language itself. ‘Information structures’ points to the potential of the language for modeling – at that time there was as yet little concern with types, modeling

happened very much in terms of structures. And ‘machine organization’ shows the con-cern for the language’s implications on im-plementation, centering around the question, how does the program formulated in the pro-gramming language actually control the ma-chine. This spans the field of tension inherent in programming languages already then and to this day.From the mid-sixties onwards, Peter Wegner showed a continued interest in programming languages. At first he was concerned with semantics, and as part of this interest, he sought an exchange with the Vienna group around Heinz Zemanek. The Vienna Defini-tion Language developed by this group was a landmark in semantics at the time. It owes its international recognition to a considerable extent to Peter Wegner’s mediation.In the early 1980s Peter Wegner was one of the key researchers in the international move-ment that eventually led to the ADA language. He was among those asked to contribute to the request of proposals and later to the

evaluation of the programming language, which was originally called DOD1, but became known as ADA. However, he was dissatisfied with ADA even before the language was defined, because he was already looking for what he later called ‘real object-orientation’.To many computer scientists – certainly to those in my environment – Peter Wegner has become a source of profound inspiration mainly through his work in object-orientation. Taking a close look at his work when preparing this laudation, I came to appreciate the diverse concerns and different roads to object-orientation which were all accommodated in his own encompassing view.Peter Wegner’s pre-occupation with object-orientation already shows in the treatment of Simula in his dissertation (this was also the

Laudatorin Floyd im Gespräch mit Heinz Zemanek

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Pioniere der Informatik

origin of his friendship with Kristen Nygaard who developed Simula together with Ole Johan Dahl). However, he later writes somewhat con-descendingly about the European approach to object-orientation, which was just concerned with modeling and classification, but otherwise left programming as it was. This was certainly the case for Simula, a language that offered the innovative class concept, but embedded AL-GOL 60 otherwise.A different road – one that we are all familiar with – is the human-computer interaction approach adopted in Xerox PARC, where objects were graphical icons that could be manipulated. And these two combined, eventually lead to Small-talk, the first ‘real’ object-oriented language, as Peter Wegner would call it, with objects be-ing in the center of concern.The third road to object-orientation (which by the way is the one adopted by our colleague Roland Mittermayr, who wrote the original laudation that I’m drawing on) comes from the wish to reuse software. This is of course very legitimate. It is a question of the capital invested in software development, an issue also pointed to by Peter Wegner.But Peter Wegner himself was most inter-ested in objects as computational entities that could exist in parallel and had the ability for interaction. This is where he saw the real potential and the fundamental innovation of object-orientation. His overriding concern was: how could programming languages be designed so as to exploit the potential of real object-orientation, allowing objects as compu-tational units to fully unfold their dynamics, and at the same time provide clear concepts in or-der to master this dynamics and enable a se-mantic understanding of what these programs would do.In the 1980s the work of Peter Wegner involved so many great and fundamental contributions that I will even refrain from recalling the titles of his seminal papers. He has published overall analyses, bringing out all dimensions of object-oriented language design in a comprehensive, understandable and yet highly innovative way, and is the (co-)author of several in-depth treat-ments of advanced topics, such as types in connection with object-orientation or the gen-eral concept underlying inheritance. These pub-lications combine clear conceptualization and sophisticated elaboration of the concepts with a view to implementation. There is an amazing richness to be found in them.Peter Wegner’s outstanding contribution was to take into account the work of very many people, a large variety of highly diverse programming

languages designed for different purposes, and to propose a systematic way of looking at them. Thus, he integrated many approaches in a convincing manner and brought about a new quality. So he is a highly original thinker and at the same time a great synthesizer of ideas, integrating them into an organic whole.Peter Wegner’s conviction that fundamental ideas in computing should be understandable to many people led to an important part of his scientific work: not only to publish his own pa-pers, but to contribute to journals as an edi-tor. His outstanding service for the computing community was recognized by the Association of Computing Machinery (ACM) and honored by two awards that he received from this lead-

ing professional organization. In 1995, he was given the ACM Fellows Award. This is a quote from the citation: “For 27 years, professor Wegner has been an initiating leader in ACM’s educational and publication efforts, while in-spiring several generations of computer scien-tists.“ And in the year 2000, he received the ACM Distinguished Service Award „for many years of generous service to ACM and the computing community, including outstanding and inspiring leadership in publication and in charting research directions for computer sci-ence.“As a scientific personality, Peter Wegner exhib-its a lucid and visionary mind, sensing where the way to the future is going, and at the same time exemplifies the willingness to serve the community in an outstanding way with long lasting effects. This special, unique role of Pe-ter Wegner has been demonstrated again and again at international conferences on object-orientation, in particular at the OOPSLA con-ference series. Thus, programming languages and, more particularly, object-orientation are the overrid-ing concern of the whole middle period of Pe-

ter Wegner’s scientific work. I have not been able to retrace how his interest shifted from object-orientation to what he now calls inter-action machines. My conjecture is that he considered objects as computational units in their own right, endowed with enhanced computational ability through interaction. This seems like a natural bridge.Since about 1991, the focus of Peter Wegn-er’s attention is on the interactive paradigm for computing, which he sets in contrast to the established, algorithmic paradigm.Could this paradigm change be meaningful for people in general? Should we stop calling our laptops ‘computers’? Should we rather refer to them as ‘interaction machines’? Per-

haps this would be more appropriate, considering what we do with comput-ers today. It might be easier to explain this idea to novices. The actual ‘com-puting’ recedes more and more into the background. What we experience is basically interaction – between us and the machine, between humans through the machine, and also the interaction between machines.Peter Wegner focuses on interaction in this last sense: the interaction be-tween computers – more precisely, between programs as computational units. He does not suggest to change the name ‘computer’, but rather to

expand the notion of ‘computation’ in an un-precedented manner so as to cover interac-tion as well. In doing so, he challenges the very foundations of computer science and devotes the evening of his scientific life to promoting a change in scientific paradigms.This process is a tremendous upheaval that we are witnesses of. Senior scientists who can draw on the wealth of experience of their whole life’s work have the responsibil-ity to put the basic concepts and paradigms of a discipline in perspective, making it clear that these paradigms were taken up at some point in time and maybe will be shown as too limited at some other point of time. And then they will be superseded, not given up alto-gether, but enriched by something to come.The theoretical foundation underlying what Peter Wegner calls the algorithmic paradigm is the Turing machine. He does not challenge the Turing machine itself – as a mathematical model for describing all computable func-tions it is timeless and will always remain val-id. But in computer science as we know it the Turing machine serves as a model to show what can and what cannot be computed by

Peter Wegner mit Gastgeberin Gerti Kappel

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Pioniere der Informatik

machine and thus to mark the boundary of computer science.My German colleague Wilfried Brauer once answered the question ‘what is computer science’ by simply saying: well, it is all you can get out of Turing machines, bit patterns and human-computer equivalence. I did not appreciate this at first, but in retrospect I find it a poignant description of computer sci-ence as it has been framed and implement-ed several decades ago. More recently, the boundaries inherent in this idea of compu-ter science have been challenged and are expanding in different directions – but the original view has not been given up.This situation is typical for an impending paradigm shift, which Thomas Kuhn calls a revolution. A revolution comes with blood-shed and there is strong resistance. Some of the resistance comes from attachment to familiar habits of thought. Also, the proponents of the paradigm shift need time to elaborate their novel ideas into clear concepts. But, perhaps most im-portantly, there is a power struggle – in the case of computer science it pertains to the question how tra-ditional formal approaches relate to the rest of the discipline. To me, as a working person in the field of com-puter science, this controversy has practical implications.This is not Peter Wegner’s line of interest. Instead he expands his ideas from the computing realm into a comparison of epistemologi-cal schools of thought and even into hu-man, political and social life. He associates the algorithmic paradigm with rationalism and the interaction paradigm with empiri-cism, to which he gives strong preference. To him, rationalism promotes an attitude where thinking relies on a person’s prede-fined concepts only – taking no account of experience and other peoples’ views. Since the empiricist school of thought is prevalent in England and has had a deep influence on American thought, while rationalism origi-nates in France and has permeated much of continental Europe, he associates politi-cal beliefs and ways of life in different coun-tries with these philosophical ideas. While he sees empiricism as fundamental to de-mocracy, he diagnoses a decline in Europe-an thought as a consequence of rationalism and associates even the dictators that have plagued the world in the twentieth century

with this school of thought. Admittedly, to me this sounds rather like a caricature of rational-ism. I cannot follow Peter Wegner there.However, I strongly share Peter Wegner’s concern that we need to reflect on how our ways of thinking are related to how we deal with human affairs. Throughout his life, in his scientific work, but also in his dealing with the world, Peter Wegner has shown himself to be a humanist and has sought mutual under-standing between people, between different groups of people – building bridges and con-tributing to creating conditions for everyone to live in peace.This brings me back to Peter Wegner’s own experience in life. I will now explain why it is important to have this celebration in Vienna, which was his home as a child.

When Peter Wegner started school in 1938 in the second district of this city, he lived in the Praterstraße with his grandmother. He had lost his father some years before. His mother had to leave the country right after the Anschluss, which incorporated Austria into Hitler’s Re-ich, because she was in double danger for her political views and for being Jewish. The school – where he had to go, because it was the only school reserved for Jewish children – was burned down on November 9, 1938 in the so–called Reichskristallnacht.In April 1939, when he was not yet seven years old, he was one of 300 Jewish children from Vienna, who were taken to England in what was called a Kindertransport. This was a coordinated effort of the Jewish community in cooperation with the Red Cross, based on the clear insight (already before the war!) that in the situation of extreme danger at hand, even breaking up Jewish families was called for, so

that at least the children could be saved. On their way to start a new life, the children were cared for by the Red Cross. A special train took them on, was sealed before it left Vienna and went all the way through the Reich to Hoek van Holland. There, the children embarked for England, where families – some Jewish, some non-Jewish – had offered to give them a home. In Peter Wegner’s case this meant seeing his mother again, who had fled to England a year before, but lived in such modest circumstances that he had to grow up with a foster family. In Vienna, he had to leave behind his grandmother and other family members, never to see them again.The human greatness that I would like to bring out is Peter Wegner’s attitude to Austria after the war. He came back to Vienna for the first time in

1949. In spite of his own experi-ence, of what his family had en-dured, and the full horror of what had come in the open after the war, Peter Wegner was willing to regain some trust in Austria. He even sought cooperation with Austrians around 1970. Through his involvement in the research effort of Heinz Zemanek’s group, he actually made an important contribution to Austrian Compu-ter Science as well. Eventually he established friendships with some people here. This is the really deep level of healing that we are celebrating, and I want to make it very clear that we owe it to Peter Wegner that we

can celebrate this. It was he, who has taken the first steps. We – Austrians from all generations – may be grateful and happy, and respond to his attitude in kind.Having said all this, I nevertheless want to end my laudation on a somewhat lighter tone.Peter Wegner has now been in Vienna for al-most a week and I have had the opportunity to spend quite a bit of time with him. So I had the chance to learn that, no matter how sad were the circumstances that made him leave this city, no matter how long he has lived in other parts of the world, he is nevertheless, in some ways, very Viennese.I first found this out in the opera, by his love for

Dekan Maurer und Peter Wegner

Die Nachlese der Veranstaltung mit Fotos

und Vortragsvideos aller ReferentInnen

findet sich auf der WIT-Homepage unter:

http://wit.tuwien.ac.at/events/wegner

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OCG aktuell

the music. As we know, it is very Viennese to love the opera. Peter Wegner does not only love the opera, he also knows a lot about music and corrected me several times, ac-cusing me mildly of being a rationalist, when I made a slight mistake. This was the first indication.Another, more problematic aspect of Peter Wegner’s Viennese character is his love for Schlagobers (whipped cream). He read to me an e-mail from his concerned wife, from which I inferred that this is a controversial issue in the family. Too much Schlagobers may not be recommendable, however, this predilection is clearly very Viennese – sweet dishes are the pride of this city.But Peter Wegner’s truly Viennese nature became obvious to me in a little conver-sation with Ulli Pastner, who takes care of all scientific guests of this institute. She didn’t just say that he was nice (anybody can be nice!) but added: “Mit dem kann ma Schmäh führn”. Now, you see, only the Viennese can do that. This friendly way of making jokes is not at all superficial. It re-quires the discipline of seeing the light side in all situations. It allows you to say things that are too serious to be articulated in any other way. And it makes it easier to go even through severe hardships with grace. I can’t be sure how far the art of ‘Schmäh führen’ extends into other parts of Austria – but it is certainly beyond the reach of my colleagues from Germany. In fact, my family complains that I have forgotten all about ‘Schmäh führen’, because I have lived in Germany for so long. Peter Wegner, on the other hand, has retained this art all his life, exhibiting an admirable lightness in spite of the dark times he has known. In this way he reveals himself as a model Viennese, belonging to this city in a basic manner.With this recognition, I would like to end my laudation. n

KontaktDr. Ulrike PastnerWIT - Wissenschafterinnenkolleg InternettechnologienInstitut für Softwaretechnik und Interaktive SystemeTechnische Universität WienFavoritenstraße 9-11/E188,1040 [email protected] http://wit.tuwien.ac.at

Ab 1. 1. 2008 wird sich im Inter-net einiges ändern. Die Neure-gelung öffentlicher Webseiten sieht vor, dass absolute Gleich-berechtigung für alle Personen gegeben ist. Das bedeutet: Websites müssen so gestaltet sein, dass sie auch problem-los von Menschen mit Sin-nes- und körperlichen Beein-trächtigungen benutzt werden können. Das Zertifikat OCG Web Accessibility, das sechste Modul des OCG WebPublis-hers, bietet dem Webdesigner

genau diese notwendigen Fähigkeiten, um den Neuregelungen zu entsprechen. „Die größte Grup-pe der Internetuser ist bereits über 50 Jahre alt“, berichtet Andreas Lämmerhirt von der OCG, der die österreichweit ersten OCG WebAccessibility Zertifikate überreichte. „Leider ist Barrierefreiheit im Internet noch immer meist nicht, in schlechter Qualität oder nicht entsprechend den Bedürf-nissen der Zielgruppe gewährleistet. Barrierefreies Web bedeutet aber, Inhalte so aufzubereiten, dass sie neben sehbehinderten oder blinden Personen auch von gehörlosen und hörbehinderten Menschen, von mobilitätsbehinderten und kognitiv behinderten Menschen, Menschen mit Lern-schwierigkeiten sowie auch von älteren Menschen genützt werden können.“

Feierliche StimmungDie Zertifikatsverleihung fand im Rahmen der Abschlussveranstaltung des Kollegs für Kommuni-kation und Mediendesign am CHS Villach statt. An die 100 Gäste kamen in den Technologiepark Villach. Darunter auch Vertreter der Stadt Villach, wie etwa Stadträtin Hilde Schaumberger und Su-sanne Palermo. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Test Center c4all.com unter Leitung von Reinhold Strobl in Kooperation mit dem Kolleg für Kommunikation und Mediendesign. Insgesamt wurden an diesem Tag 60 Zertifikate aus dem Bereich ECDL Advanced und OCG Webpublisher verliehen.

Kreative StudentenDaniela Kronig, Nina Ryall, Thomas Mühl, Martina Sandrieser und Markus Schumann heißen Öster-reichs ersten OCG Web Accessibility Absolventen. Sie besuchen auf der Fachhochschule Kärnten den Studiengang Gesundheits- und Pflegemanagement. n

Premiere: OCG Web Accessibility Absolventen

chriSTian ScherL

Am 2�. �. 2007 wurden an der Fachhochschule Technikum Kärnten die österreich-weit ersten OCG Web Accessibility Zertifikate vergeben. Zahlreiche Gäste kamen, um den Absolventen zu gratulieren. Der Trend beweist: Das Thema „Barrierefreiheit“ im Internet nimmt an Aktualität zu.

Österreichs ersten OCG Web Accessibility Absolventen aus der Fachhochschule Kärnten

Basisinfo OCG Web Accessibility Das Zertifikat OCG Web Accessibility ist das 6. Modul des OCG WebPublishers. Mit OCG Web Accessibility ist man in der Lage, verschiedenste Methoden und Techniken anzuwenden, um Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen die Zugänglichkeit zum Web zu erleich-tern. Für den Abschluss dieses Moduls gibt es ein eigenes Zertifikat. http://webpublisher.ocg.at; http://[email protected]

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Interview

OCG-Journal: Ihre Sichtweise zu Mathematik und Informatik? Dr. Steiner: Aus meiner Sicht geht beides Hand in Hand. Ich setze Mathematik mit Lo-gik gleich, und diese ist die Basis für IT.

OCG-Journal: Hatte Ihr Diplomarbeits- bzw. Dissertationsthema Bezug zu Informatik? Dr. Steiner: Nein, es ging um Bewegungs-analyse von behinderten Kindern, um hier neue Hilfsmittel zu entwickeln.

OCG-Journal: Ihre „Corporate Identity“ für IBM Österreich, etwa in Relation zu anderen IBM-Organisationen in der EU?Dr. Steiner: IBM in Österreich ist gleichzeitig Sitz der Landesorganisation und Headquar-ter für die Region CEMAAS (Central East Middle East Africa Austria and Switzerland). Als Landesorganisation konzen-trieren wir uns mit eigenen Geschäftstellen in den Bun-desländern Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und der Steiermark stark auf innovative Lösungen für unsere Kunden. Speziell unterstützen wir heimische Unter-nehmen stark bei ihren Auslandsaktivitäten in Osteuropa. Als Headquarter für CEMAAS ist Österreich bzw. Wien die Schaltzentrale für die IBM-Aktivitäten in den Wachstumsmärk-ten in Osteuropa und dem Mittleren Osten.

OCG-Journal: Wie werden Sie erfolgreiche Geschäfte durch Kooperation der Entwick-

Dr. Leo SteinerGeneral Manager von IBM Österreich

DipL.-ing. Dr. heLMuT MaLLeck

IBM Österreich hat mit Dr. Leo Steiner seit Jänner 2007, in der Nachfolge von Dr. Ernst Nonhoff, einen neuen Country General Manager. Das OCG-Journal konnte an Herrn Dr. Steiner einige Fragen herantragen:

lungen von Kunden und IBM als Lieferant machen? Dr. Steiner: Gerade aus meiner letzten Tätigkeit für Global Engineering Services habe ich zahlreiche Beispiele für erfolg-reiche Entwicklungskooperationen zwi-schen Kunden und IBM begleitet. Kon-krete Beispiele sind die Zusammenarbeit von IBM-Forschungslabors mit einzelnen Kunden oder die Entwicklung neuer Ge-schäftsmodelle wie etwa die pay as you drive-Versicherung von UNIQA. OCG-Journal: Wie sieht IBM die Ausbil-dung an Unis und FHs in Österreich im Hinblick auf neue Mitarbeiter sowie allge-mein zu Berufschancen eines Informatik-Absolventen? Dr. Steiner: Nicht zuletzt durch unser lau-fendes Sales Trainee-Programm mit der-zeit 25 Uni- und FH-AbsolventInnen sehen wir die gute Qualität der heimischen Unis und FHs im eigenen Haus. Gerade in ei-ner globalen Wirtschaft ist die Qualität der Ausbildung für den Wirtschaftsstandort Österreich von maßgeblicher Bedeutung. Wir brauchen die (qualitative) Spitze, gleichzeitig müssen wir eine konkurrenzfä-hige (quantitative) Breite sichern. Deshalb könnten zusätzliche Semester an internati-onalen Universitäten und Ausbildungsstät-ten die Berufschancen heimischer Studen-tInnen weiter erhöhen.

Leo SteinerDer gebürtige Stei-rer Dr. Leo Steiner begann 1978, nach abgeschlossenem Mathematikstudium an der TU Graz, seine Karriere als Systems Engineer für den Öf-fentlichen Bereich bei IBM Österreich. In der

Folge war er in Österreich in verschiedensten Professional- und Management-Funktionen in den Bereichen Sales, Technik und Dienstleistun-gen tätig, ehe er 1997 seine erste internationale Funktion als Director Industries Sales Emerging Markets, verantwortlich für Osteuropa, über-nahm. Als Vice President Web Server Sales hatte Leo Steiner die Produktverantwortung für Unix Server in Europe, Middle East & Africa. Als Vice President IBM e-business on demand unter-stützte Leo Steiner mit seinem Bereich Kunden in ganz Europa bei deren Business-Transforma-tion. Zuletzt war der 52-Jährige als Vice Presi-dent Server Technology Group verantwortlich für Technology Collaboration Services für die Region IBM Northeast (Österreich, Schweiz, die Region Zentral- und Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika; sowie Deutschland, Skandinavien, Großbritannien, Irland und Südafrika). Mit der neugeschaffenen Technology Collaboration Services brachte IBM die über den traditionellen IT-Bereich hinausgehende Chip-Technologie, F&E-Know-how, OEM und Supercomputing als gemeinsame Dienstleistung zusammen, um so IBM-Kunden auch bei der eigenen Produktent-wicklung zu unterstützen.

Lebenslaufverheiratet, eine Tochter1954 geboren in Graz1978 Dipl.-Ing. TU Graz1978 Systems Engineer für den Bereich „Public Sector“ der IBM Österreich ab 1980 verschiedenste Professional- und Management-Funktionen in den Bereichen Sales, Technik und Dienstleistungen1997 Director of Industries Sales, Emerging Markets1999 Director of Networking Hardware Sales, EMEA2000 Vice President Web Server Sales, EMEA2004 Vice President e-business on demand, Europe2005 Vice President Business Development STG, Northeast Europe2006 Vice President Technology Collaboration Services STG, Northeast Europe2007 (Jänner) Country General Manager IBM Österreich

OCG-Journal: Wo könnte sich IBM Österreich bei OCG stärker engagieren? Dr. Steiner: IBM Österreich wird sich wie bisher aktiv bei OCG engagieren, speziell, wenn es um Aktivitäten für den IT-Standort Österreich und Branchenfragen geht. Innovative Themen wie e-health, e-government, Telematik oder Automated Meter Management (in der E-Wirtschaft) als Beispiele von Global Engineering Ser-vices wollen wir weiterhin stark forcieren.

OCG-Journal: Vielen Dank, Herr Dr. Steiner. Ihnen und Ihrem Team die beste Wünsche für erfolgreiche Ge-

schäfte. n

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Praxis und Wissen

1. Phase: In den ersten zehn Tagen erfolgt

neben der körperlichen Entzugsbe-

handlung eine genaue medizinische

Untersuchung und Diagnoseerstel-

lung bezüglich organischer Folge-

schädigungen nach chronischem

Alkoholkonsum.

2. Phase: Hier stehen psychiatrisch-

psychologische Maßnahmen im Vor-

dergrund. Neben Einzelgesprächen

mit den TherapeutInnen nehmen die

PatientInnen an Klein- und Groß- so-

wie indikationsspezifischen Grup-

pen teil. Zumeist besteht neben der

Abhängigkeitserkrankung eine so

genannte komorbide Störung, wie z.

B. Angsterkrankungen oder Depres-

sionen, die ebenfalls Gegenstand der

Therapie sind.

3. Phase: Jetzt beginnt die Orientierung

nach Außen, d. h. hier stehen vor

allem soziotherapeutische Maßnah-

men im Vordergrund. Ein Schwer-

punkt ist die Beratung und Betreuung

der PatientInnen in Bezug auf die be-

Das Lernzentrum des Anton Proksch InstitutsFort- und Weiterbildungsmaßnahmen während der stationären

Behandlung alkohol- und medikamentenabhängiger PatientInnen

Mag. Dr. oLiver ScheiBenBogen; gerLinDe anTenSTeiner; univ.-prof. priM. Dr. MichaeL MuSaLek

Das Anton Proksch Institut, Europas größte Suchtklinik, im Süd-West-en Wiens gelegen, wurde ���� als Stiftung gegründet. Mittlerweile verfügt es über 270 Betten. 200 MitarbeiterInnen behandeln jährlich ca. 2000 stationäre PatientInnen und ca. �0000 ambulante PatientIn-nen. Das Behandlungskonzept basiert auf Freiwilligkeit und besteht aus vier Phasen.

rufliche (Re-)Integration mit der Set-

zung von Fortbildungsmaßnahmen,

Schuldenregulierung, Erhalt der Woh-

nung u.v.m.

4. Phase: Die ambulante Nachbetreu-

ung stellt die bedeutsamste Phase

innerhalb dieses Behandlungskon-

zeptes dar. Im Sinne einer geschlos-

senen Behandlungskette besteht die

Möglichkeit nach erfolgreich absol-

viertem stationären Aufenthalt die am-

bulante Therapie zumeist bei ihrem(r)

TherapeutIn weiterzuführen. Nur eine

regelmäßige und anfänglich hochfre-

quente Nachbehandlung ermöglicht

eine dauerhafte Aufrechterhaltung

der Abstinenz, da gerade die ersten

drei Monate ein erhebliches Rückfall-

risiko darstellen.

Erste Schritte zur Integration von Fort- und

Weiterbildungsmaßnahmen in das oben

genannte Behandlungskonzept (Pha-

se 3) wurden bereits 1985 gesetzt. Das

Lernzentrum als Teil des Bereichs Akti-

vierung existiert seit 2002 und wird aus

Mitteln des waff (Wiener

ArbeitnehmerInnen Förde-

rungsfonds) im Rahmen

des territorialen Beschäfti-

gungspaktes finanziert.

Der Bereich der Aktivierung, als res-

sourcenorientiertes Angebot, beinhaltet

neben dem Lernzentrum als Maßnah-

me zur beruflichen (Re-)Integration eine

Werkstatt zur kreativen Freizeitbeschäf-

tigung sowie arbeitstherapeutische

Maßnahmen.

Das Lernzentrum ist mit 12 PC-Arbeits-

plätzen, einem Server, Beamer, Scanner

und Digitalkamera ausgestattet.

Die therapeutische Zielsetzung in die-

sem Bereich betrifft das Erkennen,

Aktivieren und Stabilisieren von prä-

morbid vorhandenen Ressourcen der

alkoholkranken PatientInnen auf kör-

perlicher, psychischer, kognitiver und

sozialer Ebene. Substanzabhängigkeit

wird auf psychischer Ebene häufig von

Interessens- und Motivationsverlust,

Antriebslosigkeit, Spannungs- und Un-

ruhezuständen, Stimmungsschwan-

kungen etc. begleitet.

Neben internistischen Erkrankungen

beeinträchtigt Alkoholkonsum nach-

weislich das Gehirn und das Nervensys-

tem. Schon bei einzelnen Räuschen tre-

ten Gedächtnislücken („Filmrisse“) auf.

Langfristig bilden sich chronische neu-

ropsychologische Defizite in den Berei-

chen Aufmerksamkeit, Konzentration,

Gedächtnis, Lernfähigkeit, räumliches

Vorstellungsvermögen, Zeitwahrneh-

mung und Problemlösungsstrategien.

Das in das Therapieprogramm gut inte-

grierte Aus- und Weiterbildungsangebot

des Lernzentrums wird an das individu-

Das Lernzentrum des Anton Proksch Instituts

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33Ausgabe 3/2007

Praxis und Wissen

elle Qualifikations- und Fähigkeitsprofil

der PatientInnen angepasst.

Die Betreuung erfolgt nach folgenden

Schritten:

1) Im Team (Zusammenarbeit von

FachärztInnen für Psychiatrie, Psy-

chotherapeutInnen, klinischen Psy-

chologInnen, ErgotherapeutInnen,

SozialarbeitInnen) wird bei wöchent-

lichen Besprechungen die momen-

tane Beschäftigungssituation erhoben

und die Möglichkeit beruflicher (Re-

)Integrationsmaßnahmen diskutiert.

2) Die Zuweisung zu den Kursmaß-

nahmen erfolgt nach Absprache im

Team und durch Empfehlungen der

WBB. Ausschlaggebend sind fol-

gende Kriterien: Verbesserung der

vorhandenen Qualifikation im erlern-

ten Beruf, gezielte Umschulung im IT-

Bereich.

3) Im Erstkontakt mit den Teilneh-

merInnen werden Arbeitsmarktstatus

und relevante soziodemographische

Daten erhoben. Die angebotenen

Kursmaßnahmen werden auf die

Möglichkeit der beruflichen Weiterbil-

dung und den Erwerb von Zusatz-

qualifikationen abgestimmt.

4) Die Unterrichtseinheiten werden

als CBT (computer based training)

angeboten oder in Workshops ver-

mittelt. Die KursteilnehmerInnen er-

arbeiten sich die Lerninhalte nach

einer Einführung durch den/die

TrainerIn weitgehend selbstständig.

Bei der praktischen Umsetzung der

Lerneinheiten ist meist eine intensive

Unterstützung und Hilfestellung er-

forderlich. Diese angebotene Form

des Blended Learnings verbindet

eigenverantwortliches Lernen und

durch TrainerInnen gestützte und

motivierte Wissensvermittlung. In

den Betreuungsprozess integriert

erfolgen Information und Feedback

über den individuellen Lernfortschritt

an die TeilnehmerInnen. Die erwor-

benen Kompetenzen können auch

durch Prüfungen mit einem Zertifikat

abgeschlossen werden.

5) Der Informationsaustausch über

die aktuelle Situation der beschäf-

tigungslosen PatientInnen mit der

WBB erfolgt bei Bedarf.

6) Im Lernzentrum werden PatientInnen

bei der Online-Jobsuche, beim Erstel-

len von Bewerbungsunterlagen unter-

stützt.

7) Die PatientInnen werden auch auf be-

rufliche Aus- und Weiterbildungsmaß-

nahmen, die nicht im Rahmen des

Lernzentrums im API angeboten wer-

den können, hingewiesen. Teilweise

erfolgt die Kontaktaufnahme mit ande-

ren Institutionen und Ausbildungsstel-

len (z. B. BBRZ Reha) noch während

des stationären Aufenthaltes.

Im Jänner 2006 erfolgte die Autorisierung

als Test-Center im Rahmen des Europä-

ischen Computer Führerscheins (ECDL)

durch die Österreichische Computer Ge-

sellschaft (OCG).

Derzeit bestehen Zertifizierungsmöglich-

keiten für den ECDL-Core und ECDL-Ad-

vanced.

Anzahl der Abschlüsse mit (Einzel-)PrüfungenSeit 2003 nimmt die Zahl der Abschlüs-

se (ECDL-Prüfungen) stetig zu. Da die

Prüfungen im API direkt abgenommen

werden, sind die Kosten für PatientInnen

deutlich geringer. Ein weiterer, wesent-

licher Vorteile sind deutlich reduzierte Prü-

fungsängste, da ein Kennenlernen der Be-

urteiler vor der Prüfungssituation möglich

ist und die Prüfungsräume bereits aus der

Lernsituation bekannt sind.

In einer Zeit, in der es aufgrund der ange-

spannten Arbeitsmarktsituation besonders

schwierig ist, wieder eine Anstellung zu

bekommen, ist eine gezielte Fort- und Wei-

terbildungsmaßnahme zur Steigerung der

Qualifikation besonders wichtig. Mit dem

Lernzentrum im Anton Proksch Institut wird

versucht, dies bereits während des statio-

nären Aufenthalts umzusetzen, denn eine

geregelte Anstellung trägt wesentlich zum

Therapieerfolg der PatientInnen bei. n

Seit 2003 nimmt die Zahl der Abschlüsse (ECDL-Prüfungen) stetig zu

KontaktMag. Dr. Oliver ScheibenbogenLeiter des Bereiches AktivierungMackgasse 7-11, A-1230 WienTel: +43 1 [email protected]

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3�JOURNAL

OCG aktuell

Dabei handelt es sich um die Software

ReadSpeaker, deren Entwicklung 1999 im

schwedischen Uppsala begann. Dieser

ASP-Dienst kommt ohne jede clientseitige

Installation aus und ist in erster Linie als

Service für Legastheniker, Kinder, Senioren,

funktionale Analphabeten und Nicht-Mut-

tersprachler gedacht.

ReadSpeaker SagEs steht in mehr als 10

Sprachen zur Verfügung, wobei zwischen

verschiedenen Sprachen ausgewählt wer-

den kann. Die OCG hat derzeit nur die

deutschsprachige Version abonniert und

eine weibliche Stimme ausgewählt.

Die Vorlesegeschwindigkeit kann an unter-

schiedliche Zielgruppen angepasst wer-

den.

Die Technologie

Technologisch verbirgt sich dahinter ein Text-

To-Speech-System (TTS), das auf Sprach-

synthese beruht. Schon der uns durch

den „Schachtürken“ gut bekannte Johann

Wolfgang von Kempelen baute im 18. Jhdt.

eine Sprechmaschine, mit der er vor allem

Eine Vorlesefunktion für die OCG-WebseitenMag. Dr. Johann STockinger

Angeregt durch das Beispiel von heise online stellt nun auch die OCG versuchsweise eine Vorlesefunktion für ihre Webseiten zur Verfügung. In Österreich ist diese Funktion schon seit einiger Zeit auf den Web-seiten des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz (BMSK) integriert.

Gehörlose mit einer vernehmbaren Stim-

me versehen wollte. Man konnte sich die

Sprechmaschine umschnallen, mit den Ar-

men und Händen bedienen und damit nach

seinen eigenen Worten „in einer Zeit von drei

Wochen eine bewundernswerte Fertigkeit im

Spielen erlangen, besonders wenn man sich

auf die lateinische, französische oder italie-

nische Sprache verlegt, denn die deutsche

ist um vieles schwerer.“ (Wikipedia)

Gründe, warum sich die deutsche Sprache

besonders schwer für eine TTS-Technologie

eignet, sieht Ulf Beyschlag, Geschäftsführer

der ReadSpeaker KG, in den langen Sätzen

(Probleme mit der Satzmelodie), den lan-

gen Worten (Probleme mit der Einzelworter-

kennung) und den vielen Anglizismen.

Derzeit besteht die deutschsprachige Versi-

on von ReadSpeaker aus ca. 240.000 Wör-

tern, die aber nur zum Teil als gesprochene

Wörter abgelegt sind, der Rest wird in Echt-

zeit zusammengesetzt. Wie Ulf Beyschlag

ausführt, muss man sich das so vorstellen,

daß ein Sprechtalent mehrere Wochen da-

mit beschäftigt ist, im Studio vorgegebene

Texte, Gedichte, Gebrauchsanleitungen,

usw. auf Deutsch und Eng-

lisch vorzulesen. Die ge-

sprochenen Texte werden

daraufhin auf Basis der

Phoneme atomisiert und

in Echtzeit wieder zusam-

mengesetzt, angefangen

von den Buchstaben über

die Silben bis zu den Wör-

tern. Anschließend wird die

Satzmelodie darüberge-

legt.

Einsatzszenarien

Neben öffentlichen Ein-

richtungen, Banken, Tou-

rismus- und Seniorenver-

bänden setzt auch der

Bundesverband Legasthenie und Dys-

kakulie in Deutschland ReadSpeaker

ein, um den Legasthenikern eine Chan-

cengleichkeit bei der Wissensaufnahme

zu ermöglichen. Die Lese-Rechtschreib-

schwäche (sog. Legasthenie) ist gene-

tisch bedingt und tritt bei 4-6 Prozent der

Bevölkerung auf. Auch der Erste Österrei-

chische Dachverband Legasthenie ap-

peliert an öffentliche Stellen und Firmen,

derartige Vorlesedienste einzusetzen.

Die OCG plant mit Readspeaker SagEs

auch herunterladbare MP3-Versionen ih-

rer Zeitschriften OCG Journal und ECDL

News anzubieten. Besonders Eiligen

könnten damit die Inhalte während an-

derer Aktivitäten wie Sport, Haushaltsar-

beiten, Autofahren, etc. im Hintergrund

vermittelt werden. Da die Software auch

RTF-, DOC- und PDF-Dateien vorlesen

kann, wird sie auch zusehends für Pod-

casts und im E-Learning-Bereich einge-

setzt.

Kein Ersatz für für barriere-freies Webdesign

Wie ReadSpeaker Europe betont, han-

delt es sich bei der Vorlesefunktion um

keinen Ersatz für barrierefreies Webde-

sign, sondern um eine sinnvolle Ergän-

zung. Barrierefreies Webdesign ist eine

unabdingbare Voraussetzung für Web-

sites, die für alle zugänglich sein sollen.

Sogenannte Screenreader wie z.B. JAWS

stellen zusätzliche Funktionen zur Verfü-

gung, die z.B. auch die Bedienung eines

Webbrowsers betreffen. Die Vorlesefunk-

tion von ReadSpeaker SagEs profitiert

aber von bereits vorhandenen barrierfrei

gestalteten Webseiten und ist damit in

der Lage, eine Website für viele Benutzer-

gruppen zugänglicher zu machen.

An dieser Stelle darf auf das Zertifikat

OCG WebPublisher hingewiesen wer-

den, wo das Thema Web Accessiblity in

einem eigenen Modul abgehandelt wird.

Zusätzlich bietet die OCG im Rahmen

ihrer Informatik-Akademie (IA) eintägige

Seminare zu diesem Thema an. n

Weiterführende Links:http://www.readspeaker.dehttp://www.bmsk.gv.athttp://ia.ocg.athttp://www.heise.dehttp://www.bvl-legasthenie.dehttp://www.legasthenie.at/http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachsynthesehttp://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_von_Kempelenhttp://www-itec.uni-klu.ac.at/KempelenPreishttp://www.talkingtext.dehttp://www.webspeech.de

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November 22, 2007, Graz, Austria

http://www.meduni-graz.at/imi/usab-symposium

Mission Statement: Together Today, combining Data, Information and Knowledge,

to support the work of the Medical Professionals of tomorrow!

Technological performance increases exponentially and Medical Information Systems and Decision Support Systems are extremely sophisticated. However, human cognitive performance does not ad-vance at the same speed. Information systems are a central component of modern knowledge-based Medicine and Health services. However, Information technology must make Knowledge Management possible and support all medical staff in their daily work. Consequently, the focus on interaction and communication between human and computer is of increasing importance. Traditionally, Human–Computer Interaction (HCI) bridges Psychology and Informatics, while Usability Engineering (UE), as an engineering discipline, is firmly anchored in software technology and guarantees a solid technolo-gical implementation. Together, HCI&UE provide the emerging potential to assist the daily workflows in the realm of medicine and health care. Innovation and new developments often take place just at the junction of two or more disciplines. We are cordially inviting your participation.