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hifi& recordshochwertige Musikwiedergabe
Das Magazin für
»Unheimliches Tal«:
Convergent Audio JL 7 BP
Sonderdruck Ausgabe 3/2017
V E R S T Ä R K E R
Wir alle kennen diese grüblerischen Momente, in de-
nen wir vor einer hochkarätigen Anlage sitzen und
dennoch nicht vollends zufriedengestellt verbleiben.
Wir wissen, eine Konserve kann klanglich kein Konzerterlebnis er-
setzen und schließen letztlich unseren Frieden damit. Oft wissen
wir jedoch nicht so recht, was uns überhaupt an einer Darbietung
stört, die sich nach objektiven Kriterien auf sehr hohem Niveau
bewegt. Demgegenüber sprechen uns zuweilen ausgerechnet
Anlagen, die beileibe nicht lupenrein aufspielen, ganz unmittel-
bar an. Warum aber fällt es Zuhörern mitunter leichter, einfach
Musik zu genießen, selbst wenn die Wiedergabe dem live erlebten
Höreindruck weniger ähnelt? Eine möglichst glaubhafte Repro-
duktion ist doch genau das, wonach sich jeder Audiophile sehnt.
Ein Grund für diese vermeintliche Paradoxie ist simpel: Wenn das
Dargebotene nicht bis zu einem gewissen Grad mit realen Musik-
erlebnissen konkurrieren kann, akzeptieren wir diesen Umstand
leichter, weil wir jede Analytik beiseite schieben.
Doch der springende Punkt ist dieser: Wir vergleichen dennoch
immer unwillkürlich alles Reproduzierte mit direkt gemachten
Erfahrungen, und ab einem bestimmten Maß an Glaubwürdigkeit
setzt eine Irritation ein, weil das Gehörte plötzlich nicht mehr gar
so abstrakt wirkt. Es nähert sich in manchen Eigenschaften natür-
lichen Referenzen geradezu unbehaglich weit an und passt daher
nicht mehr so recht in die eine oder die andere Kategorie. Will-
kommen inmitten einer tiefen Senke zwischen »zwei Schwell-
werten auf einer Realismus-Sympathie-Kurve«, die 1970 der Ro-
botiker Masahiro Mori als »Uncanny Valley« beschrieben hat.
Nur wirklich außerordentlich gute Anlagen können diese Ak-
zeptanzlücke überwinden und uns aus dem »unheimlichen Tal«
hinausführen, indem sie uns in wichtigen Belangen tatsächlich zu
täuschen vermögen. Das neueste Werk von Ken Stevens illustriert
dieses Wahrnehmungsphänomen sehr eindrucksvoll, denn die
JL 7 Black Path lässt den kritischen Bereich des nur
beinahe Glaubhaften hinter sich und fordert keinen
Widerspruch duldend zu unbefangenem Musik-
hören auf. Der Meister betont gern sein konsequen-
tes Prinzip, niemals eine suboptimale Lösung mit
einem behelfsmäßigen Kniff kompensieren zu wol-
len, der seinerseits neue Schwierigkeiten einbrin-
gen kann. Stattdessen entwickelt und tüftelt Ken
Stevens so lange an jedem Detail, bis er eine seines
Erachtens von Grund auf absolut einwandfreie
Konstruktion gefunden hat – und offensichtlich
versteht er sein Handwerk.
Schwarz glänzend lackierte Abdeckgitter, Mes-
singschrauben und perfekt polierte Edelstahlplatten
fangen die wuchtige Physis der JL 7 ästhetisch ab.
Die spiegelnden Dekoreinlagen auf den Gehäuse-
deckeln zieren ein mattschwarzes Firmenlogo und
der Schriftzug »Black Path« – er bezeichnet von Ken
Stevens entwickelte Kondensatoren, die an vitalen
Stellen der Audio-Schaltung sitzen. Im Zuge ihrer
Fertigstellung flossen weitere Detailverbesserungen
in das neue Design ein; dazu zählen in der Span-
nungsversorgung eingesetzte Kondensatoren des
japanischen Kult-Herstellers Black Gate, die mittler-
weile zu einer Rarität geworden sind. Prinzipiell ist
die JL 7 als nur schwach gegengekoppelte Class-A-
Topologie konzipiert, die 220 Watt Ausgangslei-
stung sowohl an vier als auch an acht Ohm gene-
riert. Obgleich sie eine Single-Ended-Schaltung
aufweist, verfügt die JL 7 auch über symmetrische
XLR-Eingänge, die den Cinch-Terminals gegenüber-
liegend positioniert sind. Auf beiden Seiten der
Chassis befinden sich Lautsprecheranschlüsse, um
Bi-Wiring zu ermöglichen; deren positive Signal-
phase ist mit jeweils einer Schraubklemme für vier
und für acht Ohm versehen. Hier kann es sich
durchaus lohnen, beide auszuprobieren, obwohl im
Falle der von mir verwendeten dynamischen Schall-
wandler das Klangbild durch die höherohmigen, in
erster Linie für Elektrostaten vorgesehenen Abgriffe
zwar etwas an Ausdehnung gewann, im Gegenzug
allerdings spürbar an Fokussierung und Basskontur
Ken Stevens von Convergent Audio führt mit
den Mono-Endstufen JL7 Black Path einmal
mehr sein Talent im Verstärkerbau vor.
Test: Endverstärker Convergent Audio JL 7 Black Path
Unheimliches Tal3/2017 hifi & records
V E R S T Ä R K E R
in der Anleitung
die klare Empfeh-
lung ausgespro-
chen, keine
Röhrenaufsätze
zu verwenden.
Denn der Aufbau
der JL 7 kündet
mit einer Dämp-
fungsschicht un-
terhalb ihrer
Topplatte, Gum-
mipuffern an
den Röhrenab-
deckungen und
viskoelastischen
Füßen von beson-
derem Augen-
merk auf die Op-
timierung seines
Resonanzverhal-
tens, daher könn-
te jede Tuning-
Maßnahme die Balance stören. Als
Netztrafo kommt derselbe Typ wie in der
JL 5 (hifi & records 2/2015) zum Einsatz.
Er ist in einem separaten, mit Nickel be-
schichteten Stahlgehäuse untergebracht,
um die Signalwege vor seinem starken
Magnetfeld zu schützen. An selber Stelle
verhindert ein Isolationstransformator
einbüßte. Für die Leistungsstufe der JL 7
transferierte Convergent Audio Techno-
logy die Technologie seines »Statement«
in einen etwas kleineren Maßstab; ihre
Schaltung ist für die extrem potenten,
vom russischen Hersteller Tung-Sol ent-
wickelten Strahlbündel-Tetroden KT 150
optimiert, soll jedoch auch mit den Röh-
rentypen 6550 und KT 88 ausgezeichnet
funktionieren, die mit geringeren Heiz-
strömen auskommen. CAT bestückt die
JL 7 gleich mit acht KT 150-Röhren, be-
treibt sie allerdings weit unterhalb ihrer
Nennleistung, um ihnen eine längere
Lebensdauer zu ermöglichen. Wenn die
Glaskolben dann irgendwann doch reif
für einen Wechsel sind, bleibt die Status-
Diode nach dem Einschalten rot, eine
zwischenzeitliche Einstellung des Ruhe-
stroms ist nicht erforderlich.
Die einer Glocke ähnelnde Form ihrer
Glaskörper führt zu günstigen thermi-
schen Eigenschaften und macht die Röh-
ren resistenter gegen Mikrophonie-Effek-
te. Vermutlich wird nicht allein deshalb
Labor-Report
Frequenzgang: Convergent Audio JL 7
Klirrspektrum: Convergent Audio JL 7
Störspektrum: Convergent Audio JL 7
Convergent Audio JL7 (unsym.)
Nennleistung 8Ω (1% THD) 219WNennleistung 4Ω (1% THD) 218WVerstärkungsfaktor 15,3-fach /23,7dBKlirrfaktor (THD+N, 10W/4Ω) 0,129%IM-Verzerrungen (SMPTE, 5W/4Ω) 0,42%IM-Verzerrungen (CCIF, 5W/4Ω) 0,086%Fremdspannung -97,6dB Geräuschspannung (A-bewertet) -101,4dBObere Grenzfrequenz (-3dB /10W) 72kHzEmpfindlichkeit (Vollaussteuerung 4Ω) 1,91VEingangswiderstand ca.150kΩLeerlauf-Leistungsaufnahme ~355W
Die Monoblöcke JL7 liefern tatsäch-
lich nochmals 100 Watt mehr als
die noch mit KT120-Leistungsröhren be-
stückte Stereo-Endstufe JL5. Die neuen
KT 150 haben keinen Einfluss auf die
Bandbreite, die ist bei JL5 und JL7 genau
gleich, im Klirrspektrum der Monos indes
liegen die geradzahligen Harmonischen
etwas niedriger (wodurch die ungerad-
zahligen wiederum deutlicher hervortre-
ten). Die Störabstände sind bei Conver-
gent Audio Technology einmal mehr
erstklassig – rundum sauber gemacht.
Convergent AudioJL7 Black Path
BxHxT 31 x 20 x 50 cm
Garantie* 3 Jahre
Preis 36.000 Euro
Vertrieb Bold High End Vertrieb
Ulrich-von-Hutten-Straße 2
55546 Frei-Laubersheim
Telefon 067 09 - 9119380
* Röhren 6 Monate
Endröhren im Vergleich: links die
KT120, rechts die neue KT 150, die
Ken Stevens in der JL 7 BP einsetzt.
hifi & records 3/2017
das Ein-
dringen von
Netzstörungen in die
Verstärkerschaltung, deren Trei-
berstufe mit zwei 6922-Röhren von Elec-
tro-Harmonix realisiert ist. Die zwölf
Kilogramm schweren »Amorphous
Core«-Ausgangsübertrager sind in ab-
schirmenden Gehäusen montiert; Ken
Stevens hat es sich allerdings nicht neh-
men lassen, per Gehör zu eruieren, mit
welchem Material er sie am besten aus-
kleidet und sich schließlich für Birken-
holz entschieden.
Insbesondere wegen dessen Transpa-
renz fiel die Wahl des NF-Kabels auf das
Nordost Heimdall 2, als Lautsprecher ka-
men neben den Dali Epicon 6 die Dyn-
audio Contour 30 und die Sonus Faber
Serafino Tradition zum Zuge – die JL 7
beflügelte sie alle und machte deren
Klangcharakteristik unverkennbar. Doch
ihr selbst eine solche zu attestieren oder
auch nur eine Stärke isoliert zu benen-
nen, würde ihrer völligen Ausgewogen-
heit nicht gerecht werden. Die JL 7 ver-
fügt tonal, dynamisch und räumlich über
einen immensen Aktionsspielraum, mit
dem sie die Achtsamkeit für die kompo-
sitorische Identität von Musik intensi-
viert. Die ersten Töne von »The Way So-
me People Live« erklingen, und ich finde
Die Mono-Endstufe
JL 7 Black Path von
Convergent Audio hat
tonal, dynamisch sowie räumlich traum-
haftes Auflösungsvermögen und prä-
sentiert sich mit äußerst gefühlvoller,
homogener Spielweise als wahrhaft sen-
sibler Feingeist. Zugleich steckt Kraft
hinter jedem Ton, und dank souveräner
Leistung treibt sie anspruchsvolle Laut-
sprecher mühelos an. Sie wirkt wie eine
akustische Lupe, lenkt die Aufmerk-
samkeit jedoch immer auf die musikali-
sche Intention. Die JL 7 Black Path sind
Traum-Verstärker! Marius Donadello
Fazit
keit dennoch jede farb-
liche Nuance zu entfal-
ten und die Struktur
dieser Komposition
freizulegen.
Sie widmet sich Mu-
sik jedweden Genres
mit größtem Engage-
ment, das den Blick auf
ein Werk schärft.
Zügellose Spielfreude
und traumhaftes Auf-
lösungsvermögen ge-
währen außergewöhn-
lich unverstellte
Einblicke in das musi-
kalische Geschehen, die
ein Gefühl von ganz be-
sonderer Verbundenheit mit
dem Gehörten wecken. Lang
Lang spielt das Klavierkonzert Nr. 1
in e-moll von Chopin, begleitet von den
Wiener Philharmonikern unter der Lei-
tung von Zubin Mehta, und mir kommt
sofort ein Satz von Jean-Michel Jarre in
den Sinn: »Musik beginnt in den Zwi-
schenräumen zu leben.« Das enorm flin-
ke Spiel des chinesischen Ausnahmeta-
lents im Allegro maestoso ist wie gemacht
für diesen äußerst sensiblen Feingeist:
Die JL 7 agiert mit federgleicher Leichtig-
keit, und selbst die allerkleinsten Pausen
sind von Stille erfüllt. Eines sollten Sie
allerdings noch wissen: Nur mal so ne-
benbei Musik hören, das kann man mit
der JL 7 Black Path getrost vergessen.
mich stau-
nend, wie gefesselt dasitzend wieder.
Dann wird mir klar: Die JL 7 hat mich so-
eben auf das Plateau jenseits des Tals
geführt. Giovanni Guidi, João Lobo und
Thomas Morgan scheinen mit ihren In-
strumenten tatsächlich im Hörraum
gegenwärtig zu sein. Nach dieser ein-
schneidenden Erfahrung bleibt mir nur
der Versuch zu ergründen, wie sie das
schafft. »Beat« aus dem gleichnamigen
Album des Tingvall Trios offenbart,
welch stark ausgeprägtes Rhythmusge-
fühl die JL 7 besitzt, mit dem sie bei solch
zerbrechlichen Gebilden aus subtilen
Variationen wie ein Taktgeber wirkt.
Vijay Iyer würdigt mit dem Titel
»Hood« den geistigen Vater des Minimal
Techno, Robert Hood, indem er den »Co-
de« des Genres dechiffriert und dessen
Stilelemente auf ihre Essenz reduziert.
Die stakkatohafte Weise, mit der diese
Konzentrate neu gemischt werden, er-
scheint oberflächlich als ein Puzzle aus
Fragmenten von Noten und Melodien.
Die JL 7 vermag hier mit ihrer Schnellig-
© monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D-71106 Magstadt, Telefon 07159 / 949853, Fax 949530, www.monomedia.dehifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56 3/2017 hifi & records
V E R S T Ä R K E R