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Ausgewählte Rechtsfragen bei Grundstückverkäufen Praxishinweise für Maklerinnen und Makler Luzern, 3. Juli 2019 Alain Friedrich, Rechtsanwalt und Notar

Ausgewählte Rechtsfragen bei Grundstückverkäufen · kennen sollen, ausser es liegt eine gegenteilige Zusicherung vor. Verkäufer hat damit Interesse, dem Käufer möglichst alle

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Ausgewählte Rechtsfragen beiGrundstückverkäufen

Praxishinweise für Maklerinnen und Makler

Luzern, 3. Juli 2019

Alain Friedrich, Rechtsanwalt und Notar

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1. Einführung

2. Ausgewählte Themen bei Grundstückverkäufen

a. Eigentumsübertragung / Übergang von Nutzen und Gefahr

b. Hinweise zu Rechts- und Sachgewährleistung

c. Besonderheiten beim Kauf von Stockwerkeigentum

d. Hinweise zu Reservationsvereinbarungen

3. Apéro

Agenda

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a. Eigentumsübertragung /Übergang von Nutzen und Gefahr

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Die Eigentumsübertragung erfolgt direkt im Anschluss andie öffentliche Beurkundung des vorliegenden Vertrags.Der Besitzesantritt, d.h. der Übergang des Kaufobjekts inRechten und Pflichten, Nutzen und Schaden, erfolgt amMontag, 15. Juli 2019.

Eigentumsübertragung /Übergang von Nutzen und Gefahr

(Im Kanton Luzern) typische Vertragsklauselzur Eigentumsverschaffungs- und Besitzverschaffungspflicht desVerkäufers eines Grundstücks

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• Verkäufer hat vertragliche Eigentumsübertragungspflicht, welchedurch Abgabe der Grundbuchanmeldung erfüllt wird.

• Eigentumserwerb erfolgt rückwirkend auf den Tag derTagebuchanmeldung mit folgenden Wirkungen:

• formelle Verfügungsmacht des Käufers

• Übergang von Miet- und Pachtverträgen (Art. 261 und Art. 290 lit. a OR)

• Übergang von (privaten) Versicherungsverträgen, die mit demGrundstück zusammenhängen (Art. 54 VVG)

• Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist (Art. 219 Abs. 3 OR)

Pflicht zur Eigentumsübertragung

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• Besitzesübertragung [Antrittstag] erfolgt durch physische Übergabe bzw.Übernahme der verkauften Sache (Art. 922 Abs. 2 ZGB)[vertragliche Vereinbarung]

• Bei überbauten Grundstücken: Schlüsselübergabe• Bei unbebauten Grundstücken: Betreten des Grundstücks

• Rechtsfolgen• Übergang von Nutzen, Lasten und Gefahr (vgl. Art. 220 OR)• Massgebend für Sachgewährleistung• Prüfungs- und Rügeobliegenheiten des Käufers nach Art. 201 Abs. 1 OR

Pflicht zur Besitzesübertragung

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• Übergang von Nutzen, Lasten und Gefahr in aller Regel zeitlich mitBesitzesübertragung, sofern keine abweichende Vereinbarung besteht.

• Mit Nutzen meint die Vorteile aus der Kaufsache (insb. Miet- oder Pachtzinse).Unter Lasten versteht man die mit Grundstück zusammenhängendenKosten, sofern sie übernommen werden (Heiz-, Nebenkosten, öffentlich-rechtliche Abgaben)

• Abrechnung über Nutzen und Lasten per Datum des Besitzesübergangs(sog. ausseramtliche oder marchzählige Abrechnung)

Übergang Nutzen und Lasten

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• Risiko des Käufers, dass er den Kaufpreis auch dann bezahlenmuss, wenn sich die Kaufsache aufgrund eines zufälligenEreignisses verschlechtert oder untergegangen ist (Preisgefahr)

• Wurde die Verschlechterung oder der Untergang des Grundstücksdurch eine Partei verschuldet, kommen die Bestimmungen derSachgewährleistung (Art. 197 ff. bzw. Art. 219 OR) oder derVertragshaftung (Art. 97 OR) zum Zug.

Übergang von Gefahr

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Fallkonstellationen (Gefahr noch bei Verkäufer)

Untergang durch Zufall vorEigentumsübertragung

Untergang oder Verschlechterung durch Zufallnach Eigentumsübertragung

unverschuldete Unmöglichkeit (Art. 119 Abs. 1OR)[Wegfall Eigentumsverschaffungspflicht undPflicht zur Rückerstattung der bisherigenLeistungen]

Käufer kann Wandelung verlangen (Art. 207 Abs.1 OR) [Rückübertragung Eigentum undRückerstattung Kaufpreis] oder bei einerVerschlechterung der Kaufsache durch Zufallkann der Käuferin Minderung geltend machen(Art. 205 Abs. 2 OR), da aufgrund UmständeWandelung nicht gerechtfertigt ist.

Eigentumsübertragung Übergang Nutzen und GefahrBeurkundung

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• Verkäufer haftet im Rahmen der Sachgewährleistung grundsätzlich fürsämtliche Mängel, welche im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzenund Gefahr (= Besitzesübertragung) bereits im Keime angelegt waren.

• Anwendbarkeit bei Zerstörung/Verschlechterung durch zufälligesEreignis nach Eigentumsübertragung und vor Übergang von Nutzenund Gefahr• Wortlaut der Freizeichnungsklausel• Parteiwille

Im Regelfall sind nach Vertragsabschluss zufällig eintretende Ereignisse nicht durch dieFreizeichnungsklausel abgedeckt, da sich diese auf Mängel beschränken, welche vorVertragsabschluss erkennbar waren («wie gesehen», «im heute bekannten Zustand»)

Wirkung von Freizeichnungsklauseln

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Fallkonstellationen

Besitzesübergang vorEigentumsübertragung

Besitzesüberganggleichzeitig mitEigentumsübertragung

Besitzesübertragung nachEigentumsübergang

Käufer trägt «Preisgefahr» abBesitzesübergang (!)

Käufer trägt Risiko sofort Verkäufer trägt «Preisgefahr»(Wandelung/Minderung)

Gewährleistungsansprüche nurfür Mängel, die bereits imZeitpunkt desBesitzesübergangs vorhandenwaren

Gewährleistungsansprüche fürMängel, die bei Eigentums-übertragung / Besitzes-übertragung vorhanden waren

Verkäufer für Mängel derKaufsache, die im Zeitpunktdes Übergangs von Nutzenund Schaden bereits im Keimevorhanden waren

EigentumsübertragungNutzen/Schaden EigentumsübertragungNutzen/Schaden

Eigentumsübertragung Nutzen/Schaden

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• Der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung, der Beurkundungszeitpunktund der Zeitpunkt des Besitzesübergangs können unterschiedlich sein.

• An den Eigentumsübergang und an den Besitzesübergang knüpfenunterschiedliche Rechtsfolgen.

• Bei Auseinanderfallen der Zeitpunkte sind die unterschiedlichenRechtsfolgen und Fristen (insbesondere die Verjährungsfrist sowie dieRüge- und Prüfungsobliegenheit) im Auge zu behalten.

Fazit

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b. Hinweise zu Rechts- und Sachgewährleistung

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„Die Parteien schliessen jegliche Rechts -und Sachgewährleistungs-pflichten der Verkäufer aus (Art. 192 ff., Art. 197 ff. und Art. 219 OR).Bezüglich der Sachmängel bedeutet dies, dass die Verkäufer weder füroffene, noch für verdeckte Mängel haften, auch wenn diese erheblichoder unerwartet sind. Die Parteien schliessen zudem alle weiterenHaftungsansprüche und Rechtsbehelfe der Käuferin für Rechts- undSachmängel aus. Diese Freizeichnung unterliegt den gesetzlichenSchranken. Bei der Rechts- und der Sachgewährleistung bleibtinsbesondere das arglistige Verschweigen eines Mangels vorbehalten.»

Freizeichnungsklauseln

Typische Vertragsklausel betreffend Gewährleistungsausschluss

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• Liegt ein reiner Kaufvertrag vor oder ist mit der Pflicht zur Übereignungvon Grundstückeigentum die Pflicht zur Errichtung eines Bauwerksverbunden (Grundstückkaufvertrag mit Bauleistungspflicht)?

• Welche Bestimmungen sind auf die Mängel anwendbar?• Bei gemischten Verträgen kommen auf die Pflicht zur Herstellung und

Vollendung der Baute werkvertragliche Regelungen zur Anwendung.

• Wesentliche Unterschiede zwischen den Gewährleistungsrechten imWerkvertragsrecht und im Kaufrecht

Vorfragen

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Abgrenzungskriterien

Grundstückkaufvertrag mitBauleistungspflicht

Kauf über eine künftige Sache

• Verkäufer trifft eine Herstellungspflicht

• Käufer hat intensiven Einfluss auf denHerstellungsprozess und kann z.B.Innenausbau gestalten und hat Wahl aufdie Unternehmer

• Verkäufer tritt eineEigentumsverschaffungspflicht an einerSache, die noch nicht existiert

• Käufer hat keinen intensiven Einfluss aufden Herstellungsprozess (z.B. Auswahl vonBoden- und Wandbelägen, Küchen- undSanitärapparaten)

Anwendbarkeit von werkvertraglichenRegelungen (Ausnahme: Bauleistung ist nuruntergeordnete Nebenleistung)

Anwendung von Kaufvertragsrecht

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• Absicherung der «Rechtsverschaffungspflicht» des Verkäufers(Pflicht zur Verschaffung eines «unbeschwerten» Eigentums).

• Dank des Grundbuchs spielt die Rechtsgewähr in der Praxis kaum eineRolle. Die Rechte an Grundstücken sind (fast) lückenlos und einwandfreidokumentiert (sog. positive Rechtskraft des Grundbuchs: Gemäss Art. 973 Abs.1 ZGB ist der Käufer, der sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlässt und daraufhin Eigentumerworben hat, ist in diesem Erwerb zu schützen)

• Wichtig: Bauhandwerkerpfandrechte

Rechtsgewährleistung (Art. 192 – 196 OR)

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Mängelhaftung

• Vorhandensein eines Mangels

• Inhaltlich und zeitlich gehörige Rüge

• Fehlende Kenntnis des Mangels aufseiten des Käufers

• Keine Wegbedingung der Mängelhaftung

• (grundsätzlich) kein Verschulden des Verkäufers nötig

• Keine Verjährung

Sachgewährleistung (Art. 197-210 OR)

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• Mangel: «tatsächlicher Zustand des Kaufobjekts weicht von der vertraglichversprochenen (zugesicherten) oder stillschweigend vorausgesetztenBeschaffenheit ab».

Was ist ein Mangel?

Sachmangel

Fehlende zugesicherte Eigenschaft

Fehlende vorausgesetzte EigenschaftAufhebung oder

wesentlicheMinderung der

Gebrauchstauglichkeit

Wertbeständigkeit

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Zusicherung und Anpreisung

Zusicherung Blosse Anpreisung• Erklärung über jede objektiv feststellbare

(gegenwärtige) Eigenschaft der Kaufsache,soweit die Erklärung nach Treu undGlauben für den Kaufentschlussbestimmend war

• Reine Werturteile (offenkundig übertrieben,unbestimmt, nicht objektiv bestimmbar)

Beispiele:• Mieterspiegel• Flächenangaben• Kataster der belasteten Standorte

Beispiel:• «Alles in hervorragender Qualität gebaut»• i.d.R. Statements in Maklerbroschüren

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Zusicherung und selbständige Garantie

Zusicherung Selbständige Garantie• Zugesicherte Eigenschaften müssen

grundsätzlich im Zeitpunkt des Übergangsvon Nutzen und Gefahr vorhanden sein.

• Ausnahme: Der Verkäufer ist objektiv inder Lage, die Kaufsache noch in denzukünftigen Zustand zu versetzen (z.B.nachträgliche Ausführung einerReparatur).

• Ein zukünftiger Erfolg wird versprochen.

• Dieser zukünftige Erfolg geht über dieSacheigenschaft des Kaufgegenstandeshinaus und liegt ausserhalb derEinflussmöglichkeiten des Verkäufers(z.B. Mietzinsgarantie)

Mangel(Rügeobliegenheit, Verjährungsfrist 5 Jahre).

Schadenersatz(keine Rügeobliegenheit, Verjährungsfrist 10Jahre)

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• Gewährleistung für Altlasten

• Regelung für bestehende Mängel und Instandstellungsarbeiten

• Konformität der Baute mit anwendbaren Vorschriften und Bewilligungen

• Rechtsstreitigkeiten und administrative Verfahren

• Vollständigkeit und Korrektheit der übergebenen Unterlagen (z.B. auchbezüglich Stockwerkeigentümerbeschlüsse)

Übliche Zusicherungen

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Rügeobliegenheit

• Prüfungsobliegenheit (abänderbar)(«sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist» (5-7 Tage)

• Rügeobliegenheit und zwar substantiiert (abänderbar)• Offene (sofort erkennbare) Mängel: Sofortige Rüge

• Verdeckte (geheime) Mängel: Sofort nach ihrer Entdeckung

• Verjährungsfrist: 5 Jahre nach Eigentumserwerb (abänderbar)

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Keine Haftung für gekannte und pflichtwidrignicht erkannte Mängel

• Verkäufer haftet nicht für Mängel,• die der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat (Art. 200 Abs. 1 OR)

• die der Käufer bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit hättekennen sollen, ausser es liegt eine gegenteilige Zusicherung vor.

Verkäufer hat damit Interesse, dem Käufer möglichst alle vorhandenenUnterlagen zur Verfügung zu stellen und dem Käufer die Möglichkeit zugeben, das Grundstück (mehrmals) zu besichtigen.

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Freizeichnungsklauseln

• Üblich bei Bestandesliegenschaften• Gesetzliche Schranken von Freizeichnungsklauseln:

• Keine Freizeichnung für Körperschäden möglich

• Freizeichnung ungültig, sofern Mangel arglistig verschwiegen wird und zwar, falls(i) Käufer den absichtlich verschwiegenen Mangel nicht kennt, (ii) Verkäufer ihnkennt und die Aufklärung bewusst unterlässt.

Aufklärungspflicht des Verkäufers, sofern der Käufer in Kenntnis desverschwiegenen Mangels den Kaufvertrag nicht oder nur mit erheblich anderemInhalt abgeschlossen hätte!

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Rechtsfolgen beiabsichtlich verschwiegenen Mängeln

• Gewährleistungsausschluss ungültig

• Keine Möglichkeit des Verkäufers sich darauf zu berufen, dass Käufer denMangel bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt hätte kennen sollen (Art. 200Abs. 2 OR)

• Keine Prüfungs- oder Rügeobliegenheit (Art. 203 OR)

• Zehnjährige Verjährungsfrist (Art. 210 Abs. 6 OR)

• (evtl. Anfechtung des Grundstückkaufvertrags wegen absichtlicherTäuschung)

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Wie weit gehen Freizeichnungsklauseln?

• Ein Mangel wird nicht von der Freizeichnungsklausel erfasst:• wenn er gänzlich ausserhalb dessen liegt, womit ein Käufer

vernünftigerweise rechnen musste;

• wenn zwar nicht der Mangel, jedoch sein Ausmass derart unerwartet ist,dass der Kaufgegenstand für den vorgesehenen Zweck untauglich ist;

• Der wirtschaftliche Zweck einer Altbaute gilt als beeinträchtigt unddamit der Mangel ausserhalb des vernünftigerweise Vorstellbaren,wenn die Mängelbehebungskosten 10 % des Kaufpreises übersteigen(sog. 10 %-Regel).

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Formulierung von Freizeichnungsklauseln

• Freizeichnungsklauseln werden restriktiv (d.h. zurückhaltend)interpretiert

• Es wird oft auch die Unklarheitenregel herangezogen, wonach eineunklare Vertragsbestimmung zu Ungunsten desjenigen ausgelegt wird,der sie formuliert bzw. verwendet hat.

• Die häufig floskelhafte Wegbedingung der Gewährleistung inGrundstückkaufverträgen (z.B. jede Nachwährschaft wirdwegbedungen), welche die Parteien nicht reflektiert haben, kann u.U.unwirksam sein.

• Klare Formulierungen und eine Erklärung der Freizeichnungsklauseanlässlich der Beurkundung sind damit zentral.

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• Welche Gewährleistungsrechte kommen zur Anwendung?

• Liegt ein Mangel vor?

• Hatte ich Kenntnis vom Mangel? Hätte ich den Mängel erkennenkönnen?

• Welche Prüfungs- und Rügeobliegenheiten kommen zur Anwendung?

• Ist die vereinbarten Freizeichnungsklauseln zulässig? Deckt sie denvorhandenen Mangel ab?

Wichtige Fragen im Zusammenhang mitder Gewährleistung

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c. Kauf von Stockwerkeigentum

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Kauf von Stockwerkeigentum

Verkaufszeitpunkt für Risiken zentral

• Erwerb einer bestehenden Stockwerkeigentumswohnung• Erwerb einer Stockwerkeigentumswohnung vor Baubeginn oder

Fertigstellung des Gebäudes (Stockwerkeigentum ab Plan)• Erwerb einer zukünftigen Stockwerkeigentumswohnung vor

Begründung des Stockwerkeigentums

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Wichtige Aspekte bei der Beratung vonKäuferinnen und Käufer

• Übernahme der Gemeinschaftsordnung sowie sämtlicherBeschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung, sofern sichdiese auf die Benutzung des Gebäudes oder die Verwaltungbeziehen (Art. 649a ZGB) [inkl. Pläne (!) vs. tatsächliche Gegebenheiten]

• Allfällige reglementarische (oder vorgemerkte) Vorkaufs- oderEinspracherechte (Art. 712c ZGB)

• Werkvertragliche Abmachungen bei Stockwerkeigentum ab Planund Mängelhaftungsrechte / Bauhandwerkerpfandrechte

• Reglementarische Nutzungsbeschränkungen (Airbnb-Fall)

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BGE betreffend Anbieten einerStockwerkeigentumswohnung auf Airbnb (5A_436/2018)

• Die Vermietung einer Wohnung auf Airbnb ist gemässBundesgericht eine parahotelleristische Beherbergung

• Zulässigkeit richtet sich nach der konkreten Liegenschaft.Entscheidend sind damit die konkreten Umstände desEinzelfalles und das Stockwerkeigentümerreglement.

• Ein reglementarisch vorgesehene «Wohnzweck» wird gemässBundesgericht durch die Vermietung auf Airbnb gesprengt.

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Zitat Bundesgericht

«Eine solche Einquartierung von Gästen entspricht (…) weder dem Wort-noch dem Rechtssinn des 'Wohnens’.

Darunter fällt selbstverständlich nicht einzig der ununterbrocheneAufenthalt durch den Stockwerkeigentümer, sondern beispielsweise auchdie Nutzung durch einen regelmässig von längeren Auslandaufenthaltenzurückkehrenden Eigentümer, durch einen Mieter im üblichen Sinn, durcheine Wohngemeinschaft, durch einen Wochenaufenthalter, etc.

Die Tochter des Beschwerdeführers betreibt in der fraglichenWohnung jedoch ein parahotelleristisches Gewerbe, welches wedermit dem reglementarischen 'Wohnzweck' noch mit demreglementarisch näher umschriebenen 'stillen Gewerbe' vereinbarist (…).»

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Zitat Bundesgericht

«[D]ie Stockwerkeigentümergemeinschaft darf gestützt auf Art.712g Abs. 3 ZGB grundsätzlich die Zweckbestimmung und dieNutzungsweise autonom festlegen. Sie muss dabei einzig dieSchranken beachten, wie sie sich aus Art. 2 und 27 ZGB sowie Art. 19 f.OR und aus der Institution des Stockwerkeigentums ergeben [...].Vorliegend kann aber weder von einer ‚Aushöhlung des Eigentums’ dieRede sein noch liegt - was denn auch nicht geltend gemacht wird - eineSchikane vor; vielmehr ist nachfühlbar, dass sich die anderen Bewohnerder Liegenschaft durch die mit dem steten Wechsel zwangsläufigeinhergehenden erhöhten Immissionen sowie durch das Auftauchen vonunbekannten Personen in gemeinsamen Anlagen wie Schwimmbad undSauna in ihrer Wohnqualität beeinträchtigt fühlen."

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d. Reservationsvereinbarungen

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• (bloss schriftliche) Verpflichtung, das Grundstück zu den vereinbartenBedingungen zu verkaufen bzw. zu kaufen.

• Bekräftigung der Kaufabsicht durch Leistung einer Anzahlung• Kommt Kaufvertrag aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat, nicht zum

Abschluss, verfällt Anzahlung in der Regel ganz oder teilweise.

• Kommt der Kaufvertrag aus Gründen, die der Verkäufer zu vertreten hat, nichtzum Abschluss, wird die Anzahlung zurückbezahlt.

Was wird in der Regel in einerReservationsvereinbarung vereinbart?

• Reservationsvereinbarungen sind in der Regel formungültig undnichtig, da sie einen Vorvertrag zum Grundstückkaufvertrag darstellen.

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• Die Anzahlung muss grundsätzlich vom Verkäufer zurückerstattetwerden und zwar infolge Formungültigkeit.

• Haftung aus culpa in contrahendo (Haftung aus einer schuldhaftenVerletzung von Pflichten in vorvertraglichen Verhältnis) möglich, d.h.potentieller Käufer kann für die Auslagen haftbar gemacht werden(Problem: Beweislast für schuldhafte Pflichtverletzung)

• Mögliche Lösung?Vereinbarung eines Aufwands- und Spesenersatzes

Folgen bei Nichtabschluss des Kaufvertrags

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Ansatz einer Beispielformulierung für dieAufwand- und Spesenersatz

«Der Käufer entschädigt den Verkäufer mit einem pauschalen Betrag vonCHF 10’000.00 für dessen Aufwendungen im Rahmen der Vertrags-vorverhandlungen. Diese Aufwendungen sind mit beidseitigemEinverständnis nicht näher zu bezeichnen.

Sollte der Kaufvertrag ordentlich beurkundet werden, trägt der Verkäuferdie entstandenen Aufwendungen gemäss vorgenannten Absatz selbst.»

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Fragen?

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Herzlichen Dank für dieAufmerksamkeitAlain FriedrichMBA (London Business School)Rechtsanwalt und Notar

[email protected]

Telefon +41 41 541 92 20direkt +41 41 541 92 21

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