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336 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 79 (2010), Heft 5 Fachthemen DOI: 10.1002/stab.201001324 Werden die systembedingten Besonderheiten beachtet, die sich aus dem hohen Vorfertigungsgrad der Bauelemente ergeben, lässt sich die hohe Steifigkeit von Sandwichelementen zur Aus- steifung oder Stabilisierung nutzen. Der Stand der Technik in der Ermittlung der Steifigkeit und Tragfähigkeit von Sandwichelemen- ten bei Beanspruchung als Scheibe wird vorgestellt. Der domi- nierende Einfluss der Verbindungen wird erläutert sowie aktuelle Entwicklungstendenzen aufgezeigt. Bracing and stabilisation by sandwich panels. The high in-plane stiffness of sandwich panels can be taken into account for brac- ing (diaphragm action) or stabilisation (beams, columns) if the characteristics of such systems are taken into account. These characteristics are determined by the high degree of pre-fabrica- tion. The state of the art in the calculation of the stiffness and the load-bearing capacity of sandwich panels under in-plane loading is introduced. The dominating influence of the fixings is ex- plained. Current development trends are identified. 1 Einleitung Sandwichelemente werden als raumabschließende Bau- elemente im Hoch- und Industriebau eingesetzt. Sie wer- den dabei zumeist auf einer Unterkonstruktion montiert und tragen die Kräfte aus Wind und Schnee auf diese ab. Sandwichelemente besitzen aber bei Beanspruchung als Scheibe auch eine hohe Schubsteifigkeit K, die anders als bei den verwandten Bauprodukten Trapezprofil oder Kas- settenprofil zumeist rechnerisch nicht angesetzt wird. Da- bei ist sowohl die zusätzliche Nutzung zur Stabilisierung einzelner Bauteile (z. B. Biegeträger) durch Behinderung seitlicher Verformungen als auch die aussteifende und lastabtragende Wirkung in Form eines Schubfeldes denk- bar. Zwingend erforderlich wird diese Nutzung zur Last- abtragung in Scheibenebene bei kleineren unterkonstruk- tionslosen Gebäuden wie zum Beispiel in Bild 1 darge- stellt. In jedem Fall sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten, die sich aus dem Aufbau der Elemente, der Geo- metrie der Längsränder und den üblichen Verbindungsele- menten ergeben: Sandwichelemente weisen üblicherweise keine me- chanische und damit kraftübertragende Verbindung der Längsstöße auf. Die Verbindung erfolgt zumeist über ein Nut- und Feder-System. Lediglich bei Dachelementen wird die Außenschale verbunden, wobei diese Verbindung hauptsächlich der Dichtigkeit des Längsstoßes und der Stabilisierung des großen freien Schenkels dient (Bild 2). Aussteifung und Stabilisierung von Bauteilen und Tragwerken durch Sandwichelemente Saskia Käpplein Thomas Misiek Thomas Ummenhofer Bild 1. Kleines Gebäude aus Sandwichelementen, aber ohne Unterkonstruktion (Bild: Firma ECP Gesellschaft für GFK-Systemlösungen mbH) Fig. 1. Small building made of sandwich panels, but with- out a substructure Bild 2. Typische Längsstöße bei Dach- und Wandelementen Fig. 2. Typical longitudinal joints of sandwich roof and wall panels

Aussteifung und Stabilisierung von Bauteilen und Tragwerken durch Sandwichelemente

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336 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 79 (2010), Heft 5

Fachthemen

DOI: 10.1002/stab.201001324

Werden die systembedingten Besonderheiten beachtet, die sichaus dem hohen Vorfertigungsgrad der Bauelemente ergeben,lässt sich die hohe Steifigkeit von Sandwichelementen zur Aus-steifung oder Stabilisierung nutzen. Der Stand der Technik in derErmittlung der Steifigkeit und Tragfähigkeit von Sandwichelemen-ten bei Beanspruchung als Scheibe wird vorgestellt. Der domi-nierende Einfluss der Verbindungen wird erläutert sowie aktuelleEntwicklungstendenzen aufgezeigt.

Bracing and stabilisation by sandwich panels. The high in-planestiffness of sandwich panels can be taken into account for brac-ing (diaphragm action) or stabilisation (beams, columns) if thecharacteristics of such systems are taken into account. Thesecharacteristics are determined by the high degree of pre-fabrica-tion. The state of the art in the calculation of the stiffness and theload-bearing capacity of sandwich panels under in-plane loadingis introduced. The dominating influence of the fixings is ex-plained. Current development trends are identified.

1 Einleitung

Sandwichelemente werden als raumabschließende Bau-elemente im Hoch- und Industriebau eingesetzt. Sie wer-den dabei zumeist auf einer Unterkonstruktion montiert

und tragen die Kräfte aus Wind und Schnee auf diese ab.Sandwichelemente besitzen aber bei Beanspruchung alsScheibe auch eine hohe Schubsteifigkeit K, die anders alsbei den verwandten Bauprodukten Trapezprofil oder Kas-settenprofil zumeist rechnerisch nicht angesetzt wird. Da-bei ist sowohl die zusätzliche Nutzung zur Stabilisierungeinzelner Bauteile (z. B. Biegeträger) durch Behinderungseitlicher Verformungen als auch die aussteifende undlastabtragende Wirkung in Form eines Schubfeldes denk-bar. Zwingend erforderlich wird diese Nutzung zur Last-abtragung in Scheibenebene bei kleineren unterkonstruk-tionslosen Gebäuden wie zum Beispiel in Bild 1 darge-stellt.

In jedem Fall sind jedoch einige Besonderheiten zubeachten, die sich aus dem Aufbau der Elemente, der Geo-metrie der Längsränder und den üblichen Verbindungsele-menten ergeben:

Sandwichelemente weisen üblicherweise keine me-chanische und damit kraftübertragende Verbindung derLängsstöße auf. Die Verbindung erfolgt zumeist über einNut- und Feder-System. Lediglich bei Dachelementenwird die Außenschale verbunden, wobei diese Verbindunghauptsächlich der Dichtigkeit des Längsstoßes und derStabilisierung des großen freien Schenkels dient (Bild 2).

Aussteifung und Stabilisierung von Bauteilenund Tragwerken durch Sandwichelemente

Saskia KäppleinThomas MisiekThomas Ummenhofer

Bild 1. Kleines Gebäude aus Sandwichelementen, aberohne Unterkonstruktion (Bild: Firma ECP Gesellschaft fürGFK-Systemlösungen mbH)Fig. 1. Small building made of sandwich panels, but with-out a substructure

Bild 2. Typische Längsstöße bei Dach- und WandelementenFig. 2. Typical longitudinal joints of sandwich roof and wallpanels

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Sandwichelemente werden in der Regel als zweiseitiggelagerte Bauelemente verlegt. In diesem Fall entsprichtdas Tragverhalten in Elementebene nicht dem eines echtenSchubfeldes, sondern der eines Vierendeelträgerpfostens(Bild 3). Eine umlaufende Befestigung auf der Unterkon-struktion ist nicht üblich, wenn auch machbar. Sandwich-elemente werden durch die äußere Deckschicht mit der Un-terkonstruktion verschraubt. Der Schraubenkopf und dieScheibe liegen an der durch die relativ schubweiche Kern-schicht von der Unterkonstruktion getrennten äußerenDeckschicht an, tragen also nur wenig zur Steifigkeit derVerbindung bei (Bild 4). Die Verbindungen von Sandwich-elementen mit der Unterkonstruktion besitzen dadurch ei-ne größere Nachgiebigkeit als die von Stahltrapezprofilen.Erschwerend kommt hinzu, dass Bleche für die Deck-schichten verwendet werden, deren Dicke die Hälfte der beiStahltrapezprofilen verwendeten Blechdicken beträgt.

Diese Besonderheiten behindern die Ausführung ei-nes klassischen umlaufend gelagerten Schubfeldes mit ei-ner durch die Längsrandverbindungen sichergestelltenschubstarren Scheibe. Werden nur die beiden Querränderangeschlossen, stellt sich kein echtes Schubfeld ein. DasTragsystem entspricht dann dem eines Vierendeelträgers.

2 Ermittlung der aussteifenden und stabilisierenden Wirkungvon Sandwichelementen

2.1 Schubfelder

Die Verwendung von Sandwichelementen zur Schubfeld-aussteifung und zur Ableitung von an Bauwerken angrei-fenden Horizontalkräften wurde untersucht (z. B. [1] und[3]). In [1] werden Sandwichelemente zur Verwendung inklassischen Schubfeldern untersucht. In mehreren Ver-suchsreihen mit Dach- und Wandelementen wurden dieäußeren Abmessungen der Schubfelder innerhalb des bau-

praktischen Bereichs variiert. Die Dachelemente wurdenumlaufend mit der Unterkonstruktion und in den Längs-stößen miteinander verbunden. Die Längsstoßverbindun-gen wurden, wie baupraktisch üblich, nur im Bereich derÜberlappung der Obergurte ausgeführt. Wandelementewurden der üblichen Anwendung entsprechend als ein-achsig spannendes Element nur an den aufgelagertenQuerrändern mit der Unterkonstruktion verbunden. Umdie dadurch reduzierte Scheibensteifigkeit zu kompensie-ren, wurden Randeinfassungen vorgesehen.

Die Untersuchungen aus [3] wurden mit dem Ziel derVerwendung bei potentieller seismischer Beanspruchungdurchgeführt. Auch in diesem Fall haben die Elemente ei-ne aussteifende Funktion und müssen die aus der Hori-zontalbeschleunigung resultierenden Massenkräfte ablei-ten. Dementsprechend wurden die Untersuchungen miteinsinniger und wiederholter Belastung durchgeführt. DieElemente wurden grundsätzlich einachsig spannend miteiner Befestigung nur am Querrand untersucht, wobei dieLängsstöße zwischen den untersuchten Wandelementenmit Schrauben oder Niete verbunden und zum Teil auchdurch Kaltprofile verstärkt wurden.

Maßgebend für die Steifigkeit und Tragfähigkeit derSchubfelder waren in beiden Untersuchungen die Verbin-dungen. Die Steifigkeit der Elemente liegt um ein Vielfa-ches über der der Verbindungen. Die Elemente könnendaher in Verbindung mit den weichen Anschlüssen nähe-rungsweise als starr angenommen werden. Für übliche An-wendungen wird in [1] ein Berechnungsmodell zur Er-mittlung der Schubfeldsteifigkeit S und der Schubfeldtrag-fähigkeit abgeleitet, das nur Nachgiebigkeiten der Verbin-dungen berücksichtigt:

Die Ermittlung der Schubsteifigkeit erfolgt aufGrundlage der Annahme, dass Verschiebungen der Sand-wichelemente nur parallel zu deren Längsrändern stattfin-

Bild 4. Typische Verbindungen von Sandwichelementen mit der UnterkonstruktionFig. 4. Typical fixings of sandwich panels

Bild 3. Tragsysteme Schubfeld und VierendeelträgerFig. 3. Load-bearing systems shear diaphragm and Vieren-deel girder

a) b)

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den. Eine Rotation des Gesamtfeldes um eine Achse or-thogonal zur Elementebene wird vernachlässigt. Diese An-nahme wird auch durch die Ergebnisse vergleichbarer Un-tersuchungen [4] bestätigt. An den Verbindungen werdendaher nur die Kräfte und Verschiebungen in Richtung derLängsränder betrachtet. Zur Simulation der Verbindungenwerden Kraft-Weg-Federn mit der Federsteifigkeit kv an-gesetzt. Für jedes Element wird das Kräftegleichgewicht inLängsrichtung aufgestellt, wobei sich die Kräfte aus denAnschlusssteifigkeiten einer Verbindung multipliziert mitden zugehörigen Relativverschiebungen Δv zur Unterkon-struktion oder zu den benachbarten Elementen ergeben.Die Relativverschiebung Δvi,j an einer Verbindung j einesElementes i lässt sich durch den Abstand von der Bezugs-linie (Bild 5) und den Schubwinkel γ beschreiben. Für nElemente erhält man dann ein Gleichungssystem mit nGleichungen und den n unbekannten Koordinaten derBezugslinien der Elemente. Mit dem Hebelarm yi,j in Ele-mentquerrichtung wird, ausgehend von diesen Bezugslini-en, das innere Moment

(1)

über alle n Sandwichelemente und deren ni Verbindungs-elemente ermittelt, das dem äußeren Moment

M = V · b = S · γ · b (2)

entgegenwirken muss. Ein- und Gleichsetzen liefert dieSchubfeldsteifigkeit S. Das Berechnungsverfahren ist ein-schließlich eines ausführlichen Beispiels in [2] dokumen-tiert. Die auf die einzelnen Verbindungselemente wirken-den Kräfte werden aus dem Moment und den Abständenzur Bezugslinie berechnet. Dazu sind die Kräfte aus deräußeren Last V zu addieren. Durch schrittweise Berech-nung lassen sich auch linear-elastische – ideal-plastischeFedergesetze für die Verbindungselemente ansetzen. Da-bei werden die nach Überschreiten der Tragfähigkeit einerVerbindung (i. d. R. durch Langlochbildung) weiter zu-nehmenden äußeren Kräfte des Gesamtsystems auf diebisher weniger beanspruchten Verbindungen umgelagertund den erstgenannten keine weitere Last mehr zugewie-sen. Dies ist für die Berechnung der durch die Verbindun-gen bestimmten Tragfähigkeit des Schubfeldes wichtig.

Ergänzend ist zu beachten, dass die zugrundeliegendeAnnahme einer linearen Schraubenkraftverteilung überden Querrand bei zweiachsiger Lagerung der Elementenicht zutreffend ist. Hier stellt sich eine entlang des Ran-des parabelförmige Schraubenkraftverteilung ein, derenVerlauf allerdings aufgrund der Duktilität der Verbindun-gen vermutlich vernachlässigt werden kann.

Ein Versagen der Sandwichelemente selbst konnte in[1] und [3] nur nach einer zusätzlichen Versteifung derRänder, die eine Lasteinleitung in beide Deckschichten er-möglichte, erzielt werden. Die dabei, insbesondere im Rah-men der in [3] dokumentierten Untersuchungen, vorge-nommenen Versteifungen der Längsstöße durch angeniete-te oder angeklebte Kaltprofile entsprechen allerdings nichteiner üblichen oder sinnvollen Anwendung von Sandwich-elementen und würden in dieser Ausführungsform wohlauch von den Baubeteiligten nicht akzeptiert werden.

M F y v k yi j i jj

n

i

n

i j v i j i j

i

= ⋅( ) = ⋅ ⋅(==∑∑ , , , , , ,

11

Δ ))==∑∑j

n

i

n i

11

Um ein Gefühl für die Größenordung der Schubfeld-steifigkeiten zu bekommen, wird diese für das in Bild 5beispielhaft dargestellte System nach [1] berechnet undmit den Werten für ein Stahltrapezprofil verglichen. AlsAbmessungen werden die Werte b = 3800 mm, c = 800 mmund LS = 4000 mm gewählt.

Die Verbindungen der Sandwichelemente werden mitFedersteifigkeiten kv = 2,5 kN/mm an den Verbindungenmit der Unterkonstruktion (Längsrand, Querrand) und kv = 1,0 kN/mm für die Längsstoßverbindungen angesetzt.Man erhält:– bei Ansatz aller in Bild 5 dargestellten Verbindungen

S = 14600 kN– nur mit Befestigung am Auflager und mit Längsstoßver-

bindungen zwischen den Elementen, d. h. ohne Ver-bindung der äußeren Längsränder des Schubfeldes mitder Unterkonstruktion S = 6670 kN

– nur mit Befestigung am Auflager (d. h. entsprechendder üblichen Anwendung an Sandwichelementwän-den) S = 1715 kN bzw. S = 2000 kN mit korrigierterSchubfeldbreite von b = 3 c

Diese Werte hängen stark von den ansetzbaren Feder-steifigkeiten kv ab. Reduziert man die Federsteifigkeit für die Verbindungen mit der Unterkonstruktion von kv =2,5 kN/mm auf kv = 1,5 kN/mm, so beträgt die Schubfeld-steifigkeit bei Ansatz aller Verbindungen S = 11920 kNstatt 14600 kN.

Würde das diskutierte Schubfeld alternativ mit einemStahltrapezprofil 100/275 mit t = 0,88 mm Nenndicke aus-gebildet, so ergäbe sich bei umlaufender Befestigung eineSchubfeldsteifigkeit von S = 6510 kN. Für ein entspre-chendes zweiseitig gelagertes Schubfeld ergibt sich nach[5] S = 4375 kN. Bei gleichartiger Ausbildung lassen sichin diesem Fall mit Sandwichelementen größere Schub-feldsteifigkeiten erzielen.

2.2 Knick- und Kippstabilisierung2.2.1 Einleitung

Die Behinderung des seitlichen Ausweichens des an dieSandwichelemente angeschlossenen Gurtes eines Biege-

Bild 5. Bezugslinie für die Berechnung der Schubfeldsteifig-keit nach [1]Fig. 5. Reference line for the calculation of the stiffness ofthe shear diaphragm according to [1]

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trägers oder Druckstabes lässt sich durch den Ansatz einerWegfeder modellieren (Bild 6). In Abhängigkeit von derFedersteifigkeit kommt es zu einer teilweisen oder voll-ständigen Behinderung des seitlichen Ausweichens desGurtes.

2.2.2 Vollständige Behinderung seitlichen Ausweichens

Bei einer vollständigen Behinderung seitlicher Gurtverfor-mungen kann bei Biegeträgern der Nachweis des Biege-drillknickens und bei Druckstäben der Nachweis des Aus-weichens in y-Richtung entfallen. Eine vollständige Be-hinderung liegt vor, wenn die auf das untersuchte Bauteilentfallende Schubsteifigkeit Si so groß ist, dass bei derenAnsatz je nach Regelwerk 90 bis 95 % von Mcr (Biegedrill-knicken) oder Ncr,z (Biegeknicken) erreicht werden. DieTragfähigkeit wird dann unter der Annahme einer starrenseitlichen Lagerung des gehaltenen Flansches berechnet.Dann wird entweder die vollplastische Tragfähigkeit er-reicht, oder es werden andere Stabilitätsnachweise maßge-bend: Wird bei einem Biegeträger der Druckflansch gehal-ten, so wird die plastische Querschnittstragfähigkeit er-reicht. Wird der Zugflansch gehalten, ist Biegedrillknickenmit Zwangsdrillachse zu untersuchen. Bei Druckstäbenkann Knicken um die starke Achse oder (selten) Drillkni-cken maßgebend werden.

Ein entsprechendes, auf dem Vergleich des kritischenelastischen Biegedrillknickmoments mit der Querschnitts-tragfähigkeit basierendes Vorgehen, wird in DIN 18800-2

Bild 6. Knick- und KippstabilisierungFig. 6. Stabilisation against weak axis buckling and lateraltorsional buckling

a)

b)

c)

Bild 7. Schraubenkräfte (Träger am unteren Schubfeldrandnicht betrachtet)Fig. 7. Forces in fasteners

für den Biegedrillknicknachweis von Biegeträgern ohneNormalkraft in der Form

(3)

formuliert. Ist diese Bedingung erfüllt, so ist kein Biege-drillknicknachweis erforderlich. Damit verbunden ist dieForderung, dass die Sandwichelemente im Längsstoß mit-einander mechanisch verbunden werden müssen und dassdas Schubfeld umlaufend gelagert sein muss.

Die Schraubenkräfte lassen sich durch den Ansatz ei-ner Verformungsfigur in Form einer Sinushalbwelle be-rechnen. Die Abtriebskräfte ergeben sich für ein zu stabili-sierendes Profil zu

(4)

mit der sich aus dem Biegemoment MS,d im zu stabilisie-renden Druckgurt (Bild 7) ergebenden Normalkraft

(5)

und der Vorverformung

(6)

nach [6], gegebenenfalls vergrößert um den Anteil vonVerformungen aus Querlasten. Auf den Querrand wirktinfolge der Abtriebskraft der Schubfluss (Bild 7):

(7)q x Sl

vSF

xlT S d i i

i

i

, , , ( ) cos= ⋅⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⋅−

⋅ ⋅⎛⎝

π π2

0

1⎜⎜

⎞⎠⎟

v ll n0 400

10 0 5 1 1= ⋅ ⋅ ⋅ +⎛

⎝⎜

⎠⎟,

FM

h tiS d=−

,

q x Sl

vSF

xlA S d i i

i

i

, , , ( ) sin= ⋅⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⋅−

⋅ ⋅⎛⎝

π π2

0

1⎜⎜

⎞⎠⎟

S EIl

GI EIl

hhi w t z≥ ⋅ + + ⋅ ⋅

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⋅π π2

2

2

2

2

2470

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Die für die Bemessung der Schrauben anzusetzende ein-wirkende Kraft lässt sich für jede einzelne Schraube durchIntegration über die zugehörige Einzugsbreite ermitteln.Die Anteile aus (4) und (7) sind dann am Querrand vekto-riell zu addieren. Da

(8)

sind bei gleichem Schraubenabstand alle Schrauben einesTrägers für die gleiche Kraft zu bemessen.

An den Längsrändern erhält man die Kräfte infolgederAbtriebskraft durch Integration von qA über die Längedes Trägers und Verteilung auf die beiden Längsränderdes Schubfeldes:

(9)

für jedes zu stabilisierende Profil. Diese sind über die An-zahl der zu stabilisierenden Profile aufzuaddieren undgleichförmig auf die Schrauben eines Längsrandes zu ver-teilen. Hier handelte es sich um Kräfte aus dem Schub-fluss. Die Kombination von Gleichung (8) mit dem Kosi-nus-Ansatz aus Gleichung (7) ergibt die Kräfte für denLängsstoß.

Während Gleichung (3) nur die Behinderung der seit-lichen Verschiebung eines Biegeträgers (lt. DIN 18800-2ohne Normalkraft, d. h. Kippen) abdeckt, lässt sich dasVorgehen beim Nachweis der Schraubenkräfte auf andereProbleme übertragen. In diesem Fall ist aber Gleichung(5) zu modifizieren: Bei der Stabilisierung eines Drucksta-bes mit planmäßig mittigem Druck ist

Fi = NS,d (10)

und bei der Stabilisierung eines Profils mit Normalkraftund Biegung

(11)

oder

(12)

je nachdem, ob es um Biegeknicken (Gleichung (11)) oderBiegedrillknicken (Gleichung (12)) geht.

In [7] wird eine Rückverankerung und damit Einlei-tung der Kräfte am Auflager des vorwiegend durch Druckbeanspruchten und knickgefährdeten Profils untersucht(Bild 8). Die an jedem der beiden Auflager zu verankerndeKraft beträgt demnach

(13)VN

M

hN

N

S d iS d

S d

S k

cr V

, ,,

,

,

,

,= ⋅+

−0 006

1

FN M

h tiS d S d= +

−, ,

2

F NM

h ti S dS d= +−,

,

V Sl

vSF

Fl

vFS

S d i ii

i

ii

i

, , = ⋅ ⋅−

= ⋅ ⋅−

π π0 0

1 1

q q q Sl

vSF

S d A S d T S d ii

i

, , , , ,= + = ⋅⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⋅−

2 22

0

1

π

mit

(15)

(16)

und dem Abstand b zwischen Schwerpunkt und Angriffs-punkt der Stabilisierungskraft (bei I-Profilen normaler-weise b = h/2). Für diese Kraft VS,d,i sind die Verbindun-gen an den beiden Verankerungspunkten zu bemessen.Wegen Gleichung (16) gilt die Forderung NS,d ≠ 0.

Im Ansatz für die Abtriebskräfte wird vereinfachendund auf der sicheren Seite liegend die Druckkraft analogGleichung (11) angesetzt. Grund hierfür ist, dass in denzugrundeliegenden Untersuchungen vorwiegend die Sta-bilisierung gegen Ausknicken betrachtet wurde.

Dieses Vorgehen beinhaltet implizit im Nachweis derQuerkrafttragfähigkeit für die Verbindungselemente ein

eM

NS d

S d= ,

,

NE I

lcr zz

, =⋅ ⋅ π2

2

NS b i N i E I

lG I

cr y

i p cr z p w t

,

,=

⋅ +( ) + ⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅ −2 2 22

2π 22

2 2 2

⋅ ⋅ ⋅

−( )⎛

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

±

±

S b e

i e

S

i

p

i ⋅⋅ +( ) + ⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅ − ⋅ ⋅ ⋅b i N i E Il

G I S bp cr z p w t i2 2 2

2

22,

π ee

i e

N S E I

p

cr z i w

2 2 2

2

−( )⎛

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

−+( ) ⋅ ⋅ ⋅,

π22

2

2

2

2 2

lG I E I

lS

i e

t w i

p

+ ⋅⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

+ ⋅ ⋅ ⋅

−( )π

Bild 8. Rückverankerung der Stabilisierungskräfte am Feld-randFig. 8. Anchoring of the stabilisation forces

(14)

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Steifigkeitskriterium analog zu Gleichung (3). Wird eseingehalten, liegt eine starre seitliche Lagerung des ange-schlossenen Flansches vor. Wird das Steifigkeitskriteriumnicht eingehalten, werden die zu übertragenden Querkräf-te so groß, dass dieser Nachweis nicht erfüllt werdenkann.

Aus dem Kräftegleichgewicht ergibt sich, dass die imFeld zwischen dem Element und dem Profil zu übertra-genden Kräfte die Größe

(17)

haben. Theoretisch ließe sich wie oben für jede Verbin-dung mit dem Ansatz einer sinusförmigen Verformungsfi-gur die Einwirkung berechnen. In [7] wurden jedoch zumTeil deutlich höhere Kräfte ermittelt, wohl verursachtdurch ein mehrwelliges Ausbeulen des angeschlossenenGurtes. Daher wird dort empfohlen, jede Schraube für denWert VS,d,i nach Gleichung (13) zu bemessen. Diese Emp-fehlung wäre dann auch bei der Auswertung von Glei-chung (4) zu berücksichtigen, das heißt jede Schraube wä-ren für die Kraft VS,d,i nach Gleichung (9) zu bemessen.Andererseits fällt auf, dass in Gleichung (17) im Vergröße-rungsfaktor Druck im Flansch infolge eines Biegemo-ments My nicht erfasst wird, so dass ΣVS,d bei Einwirkungvon zusätzlichen Momenten unterschätzt wird. Nach An-sicht der Verfasser muss in den Gleichungen (13) und (17)NS,k durch NS,k + MS,k/h ersetzt werden, um den Einflussder Biegemomente zu berücksichtigen. Zusätzlich zu denQuerkräften aus Gleichung (17) wirken Schubflüsse inProfillängsrichtung.

Der Längsstoß muss so ausgeführt werden, dass erhinreichend steif ist, um als quasi-starre Verbindung zuwirken. In [7] reichten dafür drei Niete, die über der Auf-lagerlinie die beiden äußeren Deckschichten angrenzen-der Elemente miteinander verbanden. Aufgrund der Be-sonderheiten der Stoßgeometrie mit einer Umbördelungder Längsränder an beiden sich im Stoß überlappendenBlechen konnte dabei jeweils ein Niet durch vier Blechegesetzt werden.

2.2.3 Teilweise Behinderung seitlichen Ausweichens

Geht man von einer nur teilweisen Behinderung des seitli-chen Ausweichens aus, so ist der Nachweis gegen Knickenum die schwache Achse oder gegen Biegedrillknicken zuführen. Hierbei kann jedoch die Schubfeldsteifigkeit mitin Ansatz gebracht werden. Der Widerstand gegen dasseitliche Ausweichen des an die Sandwichelemente ange-schlossenen Gurtes eines Biegeträgers oder Druckstabeslässt sich für die Ermittlung von Mcr oder Ncr bei Annah-me einer sinusförmigen Verformungsfigur durch den An-satz einer Wegfeder mit der Federsteifigkeit

(18)

modellieren. Dies führt zu einer erhöhten kritischen elas-tischen Knicklast

k Sli= ⋅

⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

π2

VN

M

hN

N

S dS d

S d

S k

cr V

,,

,

,

,

,= ⋅+

−∑ 0 012

1

Bild 9. Vereinfachte Ermittlung von Si wenn nurVerbindungen am Auflager vorhanden sind Fig. 9. Simplification for the determination of Si in case of fasteners only at the supports

oder einem erhöhten kritischen elastischen Biegedrill-knickmoment

(20)

In diesem Fall kann nach den in [7] dokumentierten Un-tersuchungen zur Stabilisierung von Druckstäben auf eineLängsstoßverbindung und eine umlaufende Befestigungder Elemente verzichtet werden. Die bisher übliche ein-achsig spannende Anwendung mit Befestigung an den bei-den Auflagern ist ausreichend. Die Schubfeldsteifigkeitkann vereinfachend mit

(21)

ermittelt werden (Bild 9). In diesem Fall verläuft die Be-zugslinie in Elementmitte. Für diesen Anwendungsfall er-

Sc k

k li

v=⋅

= ⋅⎛⎝⎜

⎞⎠⎟2

2

π

M S bE I

lS

E I

lG Icr i

zi

wt= ⋅ ±

⋅ ⋅+

⎝⎜

⎠⎟ ⋅

⋅ ⋅+ ⋅ +

π π2

2

2

2SS bi ⋅

⎝⎜

⎠⎟2

NE I

lS

E I

lG I S b

cr zz

i

wt i

, = ⋅⋅ ⋅

+ +

⋅ ⋅+ ⋅ + ⋅1

2 4

2

2

2

22

ππ

⋅⋅

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

±

±

⋅ ⋅⋅

+

i

E I

l

S

p

z i

2

2

22 4π

++

⋅ ⋅+ ⋅ + ⋅

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

π

π

2

22

2

2

2

E I

lG I S b

i

wt i

p

22

2

2

22⋅ ⋅

+⎛

⎝⎜

⎠⎟ ⋅

⋅ ⋅+ ⋅ + ⋅

⎝⎜

⎞E I

lS

E I

lG I S bz

iw

t iπ

⎠⎠⎟

( ) +⋅( )

i

S b

ip

i

p2

2

2

(19)

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hält man bei einer Berechnung nach [1] identische Werte,für obiges Beispiel zum Beispiel

Sind weitere Verbindungen mit der Unterkonstruktion oderzwischen den Elementen vorhanden, deren positiver Ein-fluss auf die Schubfeldsteifigkeit genutzt werden soll, so istdiese nach [1] zu ermitteln. Über die Verschiebungsfigur las-sen sich auch mehr als nur die beiden in [6] betrachtetenVerbindungen berücksichtigen, zum Beispiel gemäß Bild 10:

(22)

Für die höchstbeanspruchte Verbindung ergibt sich

(23)

mit

und v0, Ncr,z, e und b wie bei Gleichung (14). Es fällt auchhier auf, dass in Gleichung (23) im VergrößerungsfaktorDruck aus Biegung nicht erfasst wird. Wirken auch oderausschließlich Momente, muss nach Ansicht der Verfasserin Gleichung (23) NS,k durch NS,k + MS,k/h ersetzt werden,um den Einfluss der Biegemomente besser zu erfassen.

NS b i N i E I

lG I

cr V

i p cr z p w t

,

,=

⋅ +( ) + ⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅ −2 2 22

2π 22

2 2 2

⋅ ⋅ ⋅

−( )⎛

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

S b e

i e

S

i

p

i

⋅⋅ +( ) + ⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅ − ⋅ ⋅ ⋅b i N i E Il

G I S bp cr z p w t i2 2 2

2

22,

π ee

i e

N S E I

p

cr z i w

2 2 2

2

−( )⎛

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

−+( ) ⋅ ⋅ ⋅,

π22

22 2

2 2

lG I S b

i e

t i

p

+ ⋅⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

− ⋅

−( )

V Sl

vN

N

S d icr V

S k

, ,max,

,

= ⋅ ⋅−

π 0

1

Sc k c k u

uc k c k

civ v v v=

⋅+

⋅⋅ =

⋅+

⋅⋅2 2 2 2

2 2

1

22

S S S mm kN mm kN= + = ⋅ ⋅ =1 2 2 800 2 52

2000, /

Ausgehend von der Vorgabe, dass die plastischeQuerschnittstragfähigkeit des Profils ausgenutzt werdensoll und damit der Nachweis des Biegedrillknickens nichtmaßgebend wird, gilt nach [8] die Forderung

(

an die Schubfeldsteifigkeit. Auch diese Forderung basiertauf dem Konzept einer teilweisen Behinderung, das heißtihr liegt ein Biegedrillknicknachweis zugrunde, bei demdie Schubfeldsteifigkeit in Ansatz gebracht wird.

2.3 Rahmenlose Konstruktionen

Werden Gebäude oder Gebäudeteile ohne Unterkonstruk-tion und nur aus Sandwichelementen erstellt, so ist offen-sichtlich auch kein Dach- oder Wandverband zur Weiter-leitung von Horizontallasten in das Fundament vorhan-den. Die Aussteifung der Konstruktion hat dann durch dieSandwichelemente zu erfolgen.

Untersuchungen hierzu liegen bisher noch nicht vor.Da auch hier gilt, dass die Schubverformung der Elementeselbst vernachlässigt werden kann, ergibt sich die Schub-feldsteifigkeit durch die Federsteifigkeit der Verbindungen.Besonderes Augenmerk ist bei diesen Konstruktionen aufdie Weiterleitung der Kräfte und die Interaktion zwischenden einzelnen Wand- und Dachscheiben zu richten: Schub-flüsse, die bei Gebäuden mit Unterkonstruktion in diese alsNormalkräfte eingeleitet werden, müssen hier in rechtwink-lig angrenzende Scheiben eingeleitet werden.

3 Offene Fragestellungen3.1 Charakteristik der Verbindungen3.1.1 Einführung

Während die Tragfähigkeit der Verbindungen aus den je-weiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen ent-nommen werden kann, liegen für die Anwendung der obenvorgestellten Ansätze zur Steifigkeit keine allgemeingülti-gen Angaben zur Steifigkeit kv der Kraft-Weg-Federn vor.Lediglich in den zitierten Forschungsberichten sind diefür die jeweiligen Untersuchungsobjekte ermittelten Stei-figkeiten ausgewiesen, wobei die Ermittlung dieser aus denKraft-Weg-Diagrammen unterschiedlich durchgeführtwurde.

Für die praktische Bemessung zu beachten ist auch,dass für die Ermittlung der Schubfeldsteifigkeit und damitzum Beispiel der stabilisierenden Wirkung untere Gren-zen der Steifigkeit (z. B. charakteristische Werte als 5 %-Fraktilwerte) anzusetzen sind. Des Weiteren darf der Ein-fluss der Elementgeometrie nicht vernachlässigt werden.Deutlich wird dies zum Beispiel, wenn es um die Befesti-gung von Dachelementen geht, bei denen durch die über-lappenden Außenschalen verschraubt werden soll.

3.1.2 Versuchsauswertung

Die Durchführung von Querzugversuchen zur Ermittlungder Tragfähigkeit von derartigen Verbindungen kann zum

SM

hEI

l

EIi

pl y z w≥ ⋅ − ⋅ ⋅ − + + ⋅⋅

10 18 4 31 1 1 1 862

2, , ,, π ++ ⋅

⋅ ⋅

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟

GI l

E I ht

z

2

2

(25)

(24)

Bild 10. Vereinfachte Ermittlung von Si für mehrere VerbindungselementeFig. 10. Simplification for the determination of Si forseveral fasteners

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Beispiel [9] entnommen werden. Diese enthalten jedochkeine Angaben zur Ermittlung der Federsteifigkeit einerVerbindung aus den Kraft-Relativverschiebungs-Bezie-hungen. Infolgedessen werden im Schrifttum unterschied-liche Vorgehensweisen gewählt, mit dementsprechend un-terschiedlichen Ergebnissen:

In [1] werden die Federsteifigkeiten sowohl durch ei-nen linearen Ansatz (kv3) als auch durch einen bilinearenAnsatz (kv1, kv2) ermittelt (Bild 11). Berücksichtigt wirddann aber nur der lineare Ansatz

(26)

Es handelt sich also um eine Sekantensteifigkeit. DieKraft Vmax für einen Versuch wird gemäß [9] innerhalb ei-nes Verschiebungsbereichs von 3 mm ermittelt. In [3]wird die Kraft-Verschiebungs-Beziehung über das Ram-berg-Osgood-Gesetz abgebildet (Bild 12).

(27)v Vk

v VVv

n

= + ⋅⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟00

0

kV

v Vv = ( )max

max

Damit wäre kv die Tangentensteifigkeit im Ursprung derKraft-Verschiebungs-Beziehung. [4] arbeitet ebenfalls miteiner Tangentensteifigkeit (Bild 13): es wird der lineareBereich der Kraft-Verschiebungs-Beziehung angesetzt:

(28)

Die in [10] angegebenen Federsteifigkeiten für die Ermitt-lung von Schubfeldsteifigkeiten bei Schubfeldern aus Tra-pezprofilen basieren auf den tatsächlichen Verschiebun-gen v unter Gebrauchslasten (Bild 14), das heißt

(29)k

V

vVv

R k

F M

R k

F M

=⋅

⎝⎜

⎠⎟

,

,

γ γ

γ γ

kV Vv v

Vv vv =

−−

=−

2 1

2 1

2

2 1

Bild 11. Federsteifigkeit nach [1]Fig. 11. Spring stiffness according to [1]

Bild 12. Federsteifigkeit nach [3]Fig. 12. Spring stiffness according to [3]

Bild 13. Federsteifigkeit nach [4]Fig. 13. Spring stiffness according to [4]

Bild 14. Federsteifigkeit nach [10]Fig. 14. Spring stiffness according to [10]

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Das Vorgehen nach [10] erscheint dabei sowohl das prag-matischste als auch das praktikabelste. Würde das Vorge-hen nach [1] um eine statistische Auswertung und ein Si-cherheitskonzept erweitert, so würden sich ähnliche Wer-te ergeben.

3.1.3 Vergleich von Versuchsergebnissen

Aufgrund der zuvor genannten Unterschiede in derAuswer-tung als auch infolge der Unterschiede in den Untersu-chungsobjekten lassen sich die Ergebnisse aus den vorge-stellten Forschungsberichten nicht direkt vergleichen. Den-noch zeigt sich, dass die Ergebnisse zumindest nach [1] und[4] in der gleichen Größenordnung liegen: Für quasiebeneSandwichwandelemente, Kerndicke d = 50 mm bis 80 mmmit Stahldeckschichten mit tN = 0,50 mm bzw. 0,75 mmwurden mittlere Federsteifigkeiten von 2,1 kN/mm bis 2,4 kN/mm gemessen. Für Dachelemente, Kerndicke d = 60 mm mit Stahldeckschichten mit tN = 0,50 mm wurden mittlere Federsteifigkeiten von 2,4 kN/mm bis 3,0 kN/mm gemessen. Die Dicke des oberen Flansches derUnterkonstruktion lag dabei allerdings bei 10 mm bzw.20 mm, so dass die gemessene Verschiebung ausschließlichaus der Langlochbildung in den Deckschichten der Elemen-te und der Biegung der Schrauben resultiert. Die infolge dergroßen Blechdicke nicht vorhandene Verdrehung im Be-reich der Einspannung in die Unterkonstruktion bringt zu-sätzliche Verformungsanteile und reduziert die Feder-steifigkeit.

Es fällt aber auf, dass die ermittelten Werte kv in etwaden Werten für Trapezprofile nach [10] entsprechen – unddies, trotz der mit 10 mm bzw. 20 mm sehr großen Dickender Flansche der Unterkonstruktion: In [10] wird für dieVerbindung mit der Unterkonstruktion eine Nachgiebigkeitvon 0,35 mm/kN angegeben. Dies entspricht einer Feder-steifigkeit von 2,8 kN/mm. Nach [10] darf für eineDeckschicht-Deckschicht-Verbindung im Längsstoß eineNachgiebigkeit von 0,25 mm/kN beziehungsweise Feder-steifigkeit von 4 kN/mm angesetzt werden. [1] gibt für dieseVerbindungen allerdings Werte von 1,4 kN/m bis 1,5 kN/man.

3.2 Schubbeultragfähigkeit

Auch wenn die vorliegenden Untersuchungen und insbe-sondere Versuche zeigen, dass die Tragfähigkeit der Ele-mente in Scheibenebene bei den untersuchten Anwen-dungen keine Rolle spielt, sollte dennoch die Tragfähig-keit der Elemente überprüft werden. Die Elemente versa-gen bei einer Scheibenbeanspruchung durch Knittern derDeckschicht. Dabei kommt es erst zu einem mehrwelligenAusbeulen der Deckschicht und anschließend beim weite-ren Versagen zu einer Delamination.

Es ist zu beachten, dass die Deckschichten der einzel-nen Elemente an den Längsrändern in der Regel nur eineUmbördelung besitzen, die – wenn wie üblich keine me-chanische Verbindung erfolgt – keine rechnerisch ansetz-bare Kraftübertragung ermöglicht. Insofern kann dannauch nicht von einer stetigen Verformungsfigur über alleElemente ausgegangen werden.

4 Zusammenfassung

Sandwichelemente besitzen bei Beanspruchung als Schei-be eine hohe Schubsteifigkeit, die sowohl zur Stabilisie-rung einzelner Bauteile (z. B. Biegeträger) durch Behinde-rung der Verformung als auch für die aussteifende undlastabtragende Wirkung in Form eines Schubfeldes nutz-bar ist, die mindestens so hoch wie bei Trapezprofilen ist.

Der vorliegende Bericht zum Stand der Technik wurdeim Rahmen des Projekts EASIE erarbeitet. Er zeigt auf, dassfür die Ermittlung der Steifigkeit und Tragfähigkeit vonSchubfeldern aus Sandwichelementen fundierte Ansätzevorliegen. Ebenso liegen Ergebnisse aus Untersuchungenzur Nutzung derselben vor, die deren Anwendbarkeit bestä-tigen. Offene Punkte sind zum einen die Federsteifigkeitender Verbindungen und die Grenztragfähigkeit der Sand-wichelemente selbst. Die Untersuchungen dazu werden ander Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine durchge-führt. Das Projekt EASIE erhält finanzielle Unterstützungaus dem siebten Rahmenprogramm FP7/NMP2-SE-2008der Europäischen Union (grant agreement No. 213302).Für diese Unterstützung bedanken wir uns.

Literatur

[1] Baehre, R., Ladwein, Th.: Tragfähigkeit und Verformungs-verhalten von Scheiben aus Sandwichelementen und PUR-Hartschaumkern (Projekt 199). Studiengesellschaft Stahlan-wendung e.V., Düsseldorf 1994.

[2] Ladwein, Th.: Zur Schubfeldwirkung von Sandwichele-menten. Stahlbau 62 (1993), S. 342–346 und S. 361–363.

[3] DeMatteis, G.: The effect of cladding panels in steel build-ings under seismic actions. Università degli Studi di NapoliFrederico II, Facoltà di Ingegneria, Neapel 1998.

[4] Riedeburg, K.: Untersuchungen zum wirtschaftlichen Ein-satz von Sandwichelementen in Dächern und Wänden. Insti-tut für Stahlbau Leipzig GmbH, Leipzig 1994.

[5] Dürr, M., Kathage, K., Saal, S.: Schubsteifigkeit zweiseitig ge-lagerter Stahltrapezbleche. Stahlbau 42 (2006), S. 280–286.

[6] Lindner, J., Scheer, J., Schmidt, H. (Hrsg.): Stahlbauten: Er-läuterungen zu DIN 18800-1 bis -4. Berlin: Beuth VerlagGmbH 1998.

[7] Hedman-Pétursson, E.: Column Buckling with Restraintfrom Sandwich Wall Elements. Department of Civil andMining Engineering, Division of Steel Structures, Lulea University of Technology, 2001.

[8] Heil, W.: Stabilisierung von biegedrillknickgefährdeten Trägern durch Trapezblechscheiben. Stahlbau 63 (1994),S. 169–178.

[9] Preliminary European Recommendations for testing anddesign of fastenings for sandwich panels. CIB Report publica-tion 320 / ECCS publication no. 127. Rotterdam/Brüssel:ECCS TC 7 & CIB W56 2009.

[10] European Recommendations for the Application of metalSheeting acting as a Diaphragm – Stressed Skin Design.ECCS publication no. 88. Brüssel: ECCS TC 7. 1995.

Autoren dieses Beitrages:Dipl.-Ing. Saskia Käpplein, [email protected]. Thomas Misiek, [email protected]. Dr.-Ing. Thomas Ummenhofer, [email protected] bei Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine, Karlsruher Institut fürTechnologie, Otto-Ammann-Platz 1, 76131 Karlsruhe