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8/3/2019 AUSZUEGE Aus - Lukacs - Zur Ontologie Des Gesellschaftlichen Seins -- Erster Halbband
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Georg Lukcs
Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins
Erster Halbband
Auszge
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Inhat
Erste Halbband
Prolegomena zur Ontoogie des geselschaftlichen Sens
Prnzpenfragen ener heute mgich ge.ordenen Ontooge
2
Ee T eil: Die gegenwige Poblemlage
Eneitung
I Neopositvsmus und ExstentiaismusI Neopostivus2 Exkurs ber Witgensten Exstentalsmus
4 De Phosophe der Gegenwart und das regse Bedrfnis
l Nikoa Hartmanns Vorsto zu ener ehen Ontologe Auauprnzpen der Hartmannshen Ontoogei Zur Krtik der Hartmannshen Ontologe
m Heges fasch und echte Ontoogie Heges Daektk mtten im Dnger der Wdersprche
2 Heges daektische Ontooge und de Refexonsbestimmungen
7
7
7
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Prolegomena zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins1
S. 7
. . . Versuch, das philosophische Denken der Welt auf das Sein zu basieren,
von vielen Seiten auf Widerstand stt. Die letzten Jahrhunderte des philosophischen
Denkens wurden von Erkenntnistheorie, Logik und Methodologie beherrscht
und ihre Herrschaft ist noch lange nicht berholt worden.
. . . Kardinal Bellarmin als Vater der modernen Erkenntnistheorie
8
Zusammenhang und Verschiedenheit der drei groen Seinsarten (anorganische und organische
Natur, Gesellschaft)
9
Um diesen Tatbestand in den primitivsten Zustnden aufzuzeigen, mu an die oft vergessene
Trivialitt erinnert werden, da nur ein seiender Hase gejagt, nur eine seiende
Beere eingesammelt werden kann etc. Jedes Denken, dessen Voraussetzungen und
Folgerungen dieses letzthinnige Fundament verlieren, mu in seiner Ganzheit, in
seinen Endergebnissen sich selbst subjektivistisch auflsen.
15Praktisch ist es vor allem wichtig, da auch ein letzthin falscher oder zumindest
unvollstndiger Aspekt des Seins fr die Praxis, die jeweils nur noch einebestimmte Hhe erreicht haben konnte, eine derart vllig ausreichend erscheinende
Grundlage ergeben kann, da gesellschaftlich keinerlei reales Bedrfnis
vorhanden ist, ber die so entstandenen theoretischen Auffassungen der Wirklichkeit
hinauszugehen, ihre Grundlage prinzipiell zu kritisieren; es gengt,
nochmals an die so lange wissenschaftliche Vorherrschaft der Ptolemischen
Astronomie zu erinnern, die, trotz bereits vorhandener heliozentrischer Theorien,viele Jahrhunderte hindurch unerschtterlich blieb. Das hngt natrlich, wie
bereits angedeutet, auch damit zusammen, da der Geozentrismus wichtige
Bedrfnisse der damaligen (religisen) Ideologie befriedigte.
16
Die vollstndig nie erkennbare Totalitt der jeweiligen Seinsbestimmungen macht sowohl ein
langes ungestrtes Funktionieren unvollstndiger, nur Teilwahrheiten enthaltenderTheorien wie ihre berwindung gesellschaftlich mglich und notwendig.
17
Schon diese allgemein bekannte Konstellation zeigt, wie lebenswichtig die
Ideologie fr das Funktionieren einer jeden Gesellschaft ist. Die stndige und
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richtige Durchfhrung der Arbeit lt ununterbrochen, tglich, ja stndlich
Konflikte entstehen, wobei das Wie ihrer Entscheidung sehr oft, direkt oder
indirekt, Lebensfragen fr die jweilige Gesellschaft beinhalten kann. Die Ideologie
mu deshalb letzten Endes diese Einzelentscheidungen in einen gesamten
Lebenszusammenhang der Menschen einordnen und bestrebt sein,
18
Im Vollzug der Hherentwicklung der
Arbeitsprozesse bildet die Gesellschaft Erkenntnisweisen aus, deren Wesen im
Grunde so beschaffen ist, da mit ihrer Hilfe das wirklich Seiende wahrheitsgemer,
exakter etc. (vor allem als praktisch beherrschbarer) erkannt werden kann als
ohne sie, die aber im Laufe der Entwicklung doch zur Entfernung davon beitragenknnen und es oft auch tun.
Gerade diese Art von
Seinsflschungen durch Exzesse der mathematischen Vernunft sind heute nicht
mehr wirksam, ebensowenig wie die jahrhundertlange, rein mathematisch zuweilen
hochwertige Mathematisierung astrologischer Zusammenhnge. An diese
lohnt es sich nur deshalb methodologisch zu erinnern, um ganz deutlich zu
machen, da vollendetste, innerlich fehlerlose, immanent hochwertige mathematische
Behandlungen eines seinsmig nicht vorhandenen Zusammenhangs diesenunter keinen Umstnden in einen wirklich seienden verwandeln knnen.
19
Es wird dabei blo die Kleinigkeit vergessen, da zwar im homogenen Medium
der rein mathematischen Wissenschaften Extrapolationen fast schrankenlos vollzogen
werden knnen, da jedoch, sobald vom Sein die Rede ist, vor jederExtrapolation die Frage aufgeworfen werden mu, ob der jeweils zu behandelnde
Proze in seiner konkreten Prozehaftigkeit seinsmig so beschaffen sei, da dieExtrapolation gerade seine wirklichen Tendenzen zum Ausdruck zu bringen geeignet
ist.
Diese ontologische Grenze der Anwendbarkeit der Mathematik auf
reale Seinsvorgnge . . .
(Selbstverstndlich darf eine ontologische Kritik sich nicht
auf Wesen und Anwendbarkeit der Mathematik beschrnken. Alle hheren
Weisen in der Aufdeckung der Weltzusammenhnge [Erkenntnistheorie, Logik,Methodologie] mten einer solchen Kritik standhalten, bevor ihre Ergebnisse als
seinsmig richtige anerkannt werden knnten.)
28
desanthropomorphisierenden Methoden
Bei dieser Frage gilt es, sich darauf zu besinnen, da die Desanthropomorphisierung
eine der allerwichtigsten, der unentbehrlichsten Mittel fr die Erkenntnis des
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Seins, wie es wirklich, wie es an sich ist, war, ist und bleiben wird. Alles, was mit
der unmittelbaren Beziehung des jeweiligen Gegenstands der Erkenntnis zum
wahrnehmenden wirklichen Menschen untrennbar verbunden scheint, was aber
nicht nur dessen echte, objektive Eigenschaften, sondern zugleich blo die
Eigenart der menschlichen Aufnahmeorgane (das unmittelbare Denken miteinbegriffen)
bestimmt, mu in diesem Proze der Desanthropomorphisierung alsErscheinung (oder eventuell sogar als bloer Schein) in den Hintergrund treten,
um seine Stelle den wirklich an sich seienden Momenten zu berlassen, um den
Menschen dazu zu befhigen, die Welt so aufzunehmen, wie sie an sich,
unabhngig von ihm ist. Eine solche von der Arbeit ausgehende Bewltigung der
Wirklichkeit durch die menschliche Praxis wre nie real zustande gekommen ohne
dieses Abstrahieren des Menschen von seiner eigenen Unmittelbarkeit.
ist gerade das Desanthropomorphisieren
ein entscheidend wichtiges Moment fr das Menschwerden des
Menschen, fr das Zurckweichen der Naturschranken in seinem sich als Einzelner
wie als Gattung reproduzierenden Gesellschaftsproze
31
kann gesagt werden, da
eine bestimmte Kompromibereitschaft, von den konomischen und politischenUmstnden erzwungen, auch auf der Gegenseite bis zu einem gewissen Grade,
gerade bei den relativ fortschrittlichen Elementen vorhanden war; man denke an
die Stellungnahme des Kardinals Bellarmin in der Galileiaffre, ja schon frher an
die Ideologie der doppelten Wahrheit im Nominalismus.
Whrend etwa Galileiselbst seine wissenschaftliche Methode, deren Ergebnisse noch in einer, man
knnte sagen, naiv ontologischen Weise zum Ausdruck brachte, rckt balddarauf, schon bei Descartes, die kritische Erkenntnistheorie in den Mittelpunkt
der philosophischen Methode und behlt ihre Vorherrschaft in einer immer
verstrkteren, immer entschiedeneren Weise bis in unsere Tage hinein.
32
. . . Versuch, den letzten Konsequenzen
einer folgerichtig wissenschaftlichen Weltbetrachtung mit Hilfe einer Abartder doppelten Wahrheit auszuweichen.
32-33
. . . konnte der fr die Wissenschaft des Brgertums notwendige Kompromi nur durch eine
vernichtende Kritik der ontologischen Relevanz der Naturwissenschaften, bei Beibehaltung
ihres Geltendbleibens innerhalb der konomischen Praxis und aller Gebiete, die
mit dieser unmittelbar oder vermittelt zusammenhngen, zustande gebracht werden.
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Wenn nun dieser sich stndig vergrernde
soziale Spielraum fr wissenschaftliche Forschung den Einflu der ontologisch
agnostizistischen Tendenzen in der Erkenntnistheorie kaum berhrt, so weist diese
Tatsache darauf hin, da das ideologische Bedrfnis, das sie im brgerlichen
Denken ins Leben rief, auch noch andere Grundlagen haben mute.
. . . Tendenzen zu einer
rein weltimmanenten, mehr oder weniger bewut aufs materielle Sein orientierten
Ontologie. Ihre Anfnge sind schon bei Bacon sichtbar und die Philosophie von
Hobbes ist bereits eine echt materialistische, rein innerweltliche Ontologie sans
phrase. Die konsequente Durchfhrung einer solchen Denkweise, die damit sehr
oft, ja vorerst zumeist, alle wichtigen Gegenstze der kapitalistischen Gesellschaftans Tageslicht der ffentlichkeit zu bringen bestrebt ist, widerspricht den
Interessen der fhrenden Kreise des Kapitalismus, die bei realer Durchsetzung
ihrer Produktionsmethoden, bei Kompromissen mit den alten herrschenden
Klassen auch ihre soziale Respektabilitt zu bewahren bestrebt gewesen sind.
34
Diese ideologische
Verhaltensweise mute sich nur noch steigern, als der Marxismus auch auf dem
Gebiet der Weltanschauungen als Gegner auftrat. Eine einfache Widerlegungseiner Feststellungen von Tatsachen reichte dazu nicht aus, es mute erkenntnistheoretisch
die wissenschaftliche Unhaltbarkeit der Methode nachgewiesen werden,
Die Einzelwissenschaften
konnten nach wie vor alle ihre konomischen, sozialen etc. Verpflichtungen
restlos erfllen, die Frage nach der Wirklichkeit wurde aber bereits alsnaive, unwissenschaftliche Frage abgelehnt.
Ein Versuch, das Denken der Welt wirklich wieder auf das Sein
zurckzufhren, kann heute nur auf dem Weg der Wiedererweckung der
Ontologie des Marxismus erfolgen.
Es mu eingesehen werden, da die
Erkenntnistheorie philosophisch unfhig ist, die ontologischen Probleme in der
Wissenschaft wirklich zu verstehen.
39
Gattungsmigkeit ist eine elementar objektive Grundeigenschaft eines jeden
Seienden.
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Prolegomena zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins2
40
hat Marx nie aufgehrt, in der Entwicklung
der Gattungsmigkeit das ontologisch ausschlaggebende Kriterium fr
den Proze der Menschheitsentwicklung zu erblicken
41
Die stumme (nicht bewut gewordene, keinen bewuten Ausdruck suchende undfindende, jedoch in den realen Seinsprozessen real zum Ausdruck kommende)
Gattungsmigkeit erscheint mithin als generell ontologisch grundlegende Kategorie
des organischen Naturseins.
42
Erst auf hherer Stufe, wo derReproduktionsproze des Organismus seine selbstndige Bewegtheit in seiner
Umwelt voraussetzt, entstehen die biologischen Umarbeitungen der physikochemischen
Prozesse der Umwelt (Lichtstrahlen werden z. B. als Farben, Luftschwingungen
als Tne etc. biologisch umgewandelt).
44
Jedenfalls setzt, eine vom Standpunkt der Gattungsmigkeit uerst wichtige
Entwicklungstendenz ein: die allmhliche Verwandlung der Einzelheit in Individualitt.
Einzelheit ist nmlich, ebenso wie Allgemeinheit, eine der Grundkategorien
eines jeden Seins: es gibt kein Seiendes, das nicht zugleich als Exemplar seinerGattung (allgemein) und als einzelne Gegenstndlichkeit (einzelnes) existieren
wrde.
Die wirkliche Entwicklung der immer gesellschaftlich, nie
blo naturhaft fundierten Individualitt aus der blo naturhaften Einzelheit ist ein
hchst komplizierter Proze, . . .
45lt erst
jene Seinsgrundlagen entstehen, aus welchen die ursprngliche, noch vielfach
blo naturhafte Einzelheit des Menschen allmhlich den Charakter der (gesellschaftlichen,nur in Gesellschaftlichkeit mglichen) Individualitt erhalten kann.
dazu fhren kann, den
Problemkomplex der nicht mehr stummen Gattungsmigkeit in ihrer eigentlichen
Seinsweise ins Leben zu rufen, indem fr den Menschen in seiner Praxis nicht
blo die konkreten Gegenstnde, auf deren Existenz und Bearbeitung derStoffwechsel der Gesellschaft mit der Natur beruht, zu Objekten werden, denen er
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nunmehr als Subjekt der gesellschaftlichen Praxis gegenbersteht, sondern durch
die daraus entspringenden Formen der Gesellschaftlichkeit selbst, letzten Endes,
wie Marx hervorhob, die eigene Gattungsmigkeit als Ensemble der gesellschaftlichen
Verhltnisse entstehen zu lassen.
49whrend die Einzelorganismen in der organischen Natur unmittelbar
Exemplare ihrer jeweiligen Gattungen sind, die gesellschaftlich gewordene
menschliche Gattung sich zu kleineren, unmittelbar in sich geschlossen scheinenden
Einheiten differenziert,
Die nicht mehr stumme Gattungsmigkeit desMenschen verankert also ihr Selbstbewutsein nicht direkt in der wirklichen,
totalen Gattung der Menschheit, die als Gesellschaft ins Sein treten wrde,
sondern in diesen ihren unmittelbar ersten partiellen Erscheinungsformen. Die
Trennung geht bewutseinsmig so weit, da die Mitglieder dieser ersten,
partiellen, freilich auch als partial nicht mehr stummen Formen der Gattungsmigkeit,
die der anderen hnlichen Gruppen praktisch gar nicht als Mitmenschen,
als Angehrige derselben Gattung behandeln (Kannibalismus etc.). So scheint sich
die nicht mehr stumme menschliche Gattungsmigkeit in der unmittelbaren
Praxis ganz in selbstndige Teile zu zerstckeln.
49-50
Dieser Pluralismus zeigt jedoch in der menschlichen Gattungsgeschichte eine
merkwrdige Dialektik: einerseits ist in den subjektiven Seinstendenzen der
Menschen ein sehr starkes Beharrensvermgen dieser ursprnglichen Gegeben
heitsweise ihres sozialen Daseins enthalten (man kann solche Tendenzen nochheute etwa in der Bretagne oder in Wales wahrnehmen), andererseits erscheint die
ununterbrochene Aufhebung dieser anfnglichen Differenzierung, das Entstehenimmer grerer Integrationseinheiten aus Verschmelzung dieser partiellen Vereinigungen
als ein wichtiges Moment der Menschheitsgeschichte. Sie hat sich bis
jetzt vor allem dort, wo die immer reiner gesellschaftlichen Prinzipien die blo
naturhaften strker als sonst zurckdrngten bis zur Entstehung und Konsolidierung
von Nationen entfaltet.
50
ber die konkreten Seinsformen der darber hinausfhrendennoch umfassenderen Integrationsweisen kann als ber eine Zukunftstendenz
heute noch kaum etwas wirklich Konkretes ausgesagt werden. Einerseits mssen
wir eine stndig zunehmende konomische Integration wahrnehmen, die ohne
Frage objektiv in die Richtung eines einheitlichen konomischen Seins der ganzen
Menschengattung drngt. Auch die Nation htte sich nie als eine umfassendere
Einheitsform durchsetzen knnen ohne die Grundlage einer derartigen konomischen
Integrationstendenz, die stark genug war, die lokalen Partikularitten der
anfnglichen Gesellschaftsformen zu berwinden, sie in eine wirtschaftliche Einheit
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zu verschmelzen. Andererseits sehen wir, wie stark sich die in den Nationen
integrierten Einheitstendenzen (und, wie wir sehen konnten, auch solche von
vornationalem oder primitivnationalem Charakter) sich gegen alle neuen Formen
der Vereinigung auf konomisch hheren Stufenwehren;
Die bisherige Geschichte derMenschheit zeigt, da bis jetzt letzten Endes die hheren Integrationsformen die
siegreichen wurden, ohne freilich uns darber mit Sicherheit belehren zu knnen, in
welchen konkreten Weisen sie diese weiteren, die Gattungsmigkeit qualitativ
modifizierenden Umgestaltungen vollziehen knnen.
53Je entwickelter in gesellschaftlicher Hinsicht eine Gesellschaft ist,
desto vielfltigere Detailentscheidungen verlangt sie von jedem ihrer Mitglieder,
und zwar auf smtlichen Gebieten des Lebens, wobei auch sachlich einander nahe
Gebiete oft in den Reaktionsforderungen groe Unterschiede zeigen knnen; man
denke an Handel und Brse, an Verhalten der Kinder zu Hause und in der Schule
usw. usw.
Diese ans Unendliche zu grenzen scheinende Vielfalt in den Alternativentscheidungen,
zu denen das einzelne Gesellschaftsmitglied durch die innere Differenzierung
der Gesamtgesellschaft stndig veranlat oder auch gentigt wird, ist die sozialeGrundlage dessen, was wir generell als Ausbildung des Menschen zur Individualitt
zu bezeichnen pflegen.
54
Diese groe Vielfltigkeit der Reaktionen oft auf dieselben von der gesellschaftlichen
Bewegung gestellten neuen Aufgaben (die eben erwhnten Initiativrollenmitinbegriffen) bedeutet jedoch keineswegs, da der herrschende Impuls dieser
Entwicklung von individuellen Initiativen letzthin hervorgebracht worden wre.Im Gegenteil. Die Geschichte zeigt, da sowohl die zunehmende Differenzierung
der gesellschaftlich zu lsenden Probleme, wie ihre Art, ihr Inhalt, ihre Form etc.
letzten Endes stets von der Entwicklung der Gesamtgesellschaft auf die Tagesordnung
gesetzt werden.
Keinerlei blo seiende Konstellation von Gegenstnden,
Prozessen etc. enthlt in diesem ihrem unmittelbaren Gegebensein eine zu
beantwortende Frage. Diese erscheint als das Produkt eines denkenden undsetzenden Subjekts, das die jeweils vorhandene, alte oder neue Konstellation,
Tendenz etc. gedanklich als eine Frage deutet, um sie denn vorerst ebenfalls
gedanklich als Antwort zu formulieren; erst auf dieser Stufe des Bewutgewordenseins
kann die Antwort geeignet sein, als Grundlage praktischer teleologischer
Setzungen zu figurieren.
55
Je primitiver eine Gesellschaft ist, je
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weniger ihr noch die Tendenz innewohnt, die Naturschranken radikal zurckzudrngen,
desto seltener stellt sie vielfache Anforderungen an ihre Mitglieder, die
diese nur auf dem Wege von Frage und Antwort erfllen knnen.
55-56
Der Grund des Wandels isteben die aktive Anpassung an die Umwelt, aus welcher ein bestimmter Grad von
bewuter Ttigkeit nicht mehr ausschaltbar ist. Damit hrt aber die biologische
Anpassung an eine sich total oder partial vernderte oder sich verndernde
Umwelt auf, als alleiniger Regulator fr die Reproduktion solcher Lebewesen zu
funktionieren. Sie mu von einer gesellschaftlich-aktiven Anpassungsweise abge
lst werden, worin die neue Art der seiend-praktischen Beziehung von Gattungund Gattungsexemplar sich in neuer Weise zu uern vermag.
Die Erscheinungsweise, das Organ dieser gesellschaftlich gewordenen neuen
Form der Reproduktion der Menschen ist eben ihre Seinsweise als Individualitten.
57
hchst fehlerhaft, die allgemein bliche Praxis zu befolgen,
wonach man die Kategorie der Individualitt fr die sogenannten groen Mnner,
oder allenfalls fr die Intelligenz aufsparen wrde. Nein. Das gesellschaftliche
Phnomen, das uns hier beschftigt, ist viel breiter.
Die Individualitt als ein
gesellschaftlich bestimmtes, eigenes System des Reagierens auf die Alternativen,
die das Leben (das Alltagsleben) stellt, charakterisiert heute schon so gut wie alle
Menschen der Gesellschaft und ist objektiv seinsmig ein Produkt der Jahrtausende
whrenden Entwicklung der Gesellschaft zu einer tendenziell allseitigenGesellschaftlichkeit, natrlich auch im Reproduktionsproze der einzelnen Gattungsexemplare.
62
Es ist also ontologisch unmglich, eine Individualitt ohne diesen Ursprung und
ohne einen solchen Ausgang sich auch nur vorzustellen, geschweige denn in ihrem
isoliert gedachten Sein, in ihrer von hier aus gesehen angeblichen Eigenbewegung
das vereinheitlichende, das die Individualitt real leitende Prinzip zu
erblicken. Diese theoretisch schroffe Negation weitverbreiteter tiefeingewurzelter
Vorurteile verliert nichts von ihrer Schrfe, wenn erluternd hinzugefgt
werden mu, da damit die unmittelbar primre Wirksamkeit der subjektivenBewegungsfaktoren keineswegs geleugnet, im Gegenteil vollauf besttigt werden
soll. Denn ohne Anerkennung dieser Seinshaftigkeit in der Lebensunmittelbarkeit
der Individuen, konnten sie keine Individualitten werden, sondern blo mechanische
Produkte der gesellschaftlichen Entwicklung.
64
Vor allem ist schon bis jetzt deutlich geworden, da die Individualitt des
Menschen unter keinen Umstnden eine ursprngliche, angeborene Eigenschaft
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des Menschen sein kann, sondern das Ergebnis eines langwierigen Prozesses der
Vergesellschaftung des gesellschaftlichen Lebens der Menschen, ein Moment
seiner gesellschaftlichen Entwicklung ist, das man sowohl in seiner Seinshaftigkeit,
wie in seinen perspektivischen Mglichkeiten nur aus der Geschichte seinem
wahren Wesen nach begreiflich zu machen imstande ist. Die gesellschaftlichgeschichtlich
determinierte Genesis der menschlichen Individualitt mu schondeshalb energisch in den Mittelpunkt solcher Analysen gerckt werden, weil
Gesellschaftswissenschaft wie Philosophie der brgerlichen Gesellschaft gleicherweise
dazu neigen, in der Individualitt eine alles begrndende, keiner Ableitung
bedrftige Zentralkategorie des menschlichen Seins zu erblicken.
DieOntologien der jngsten Vergangenheit, die aus dem Kampf gegen die universelle
Manipulation, also gegen Positivismus und Neopositivismus entstanden sind
(Jaspers, Heidegger, Sartres Anfnge) zeigen deutlich die Tendenz, ganz spezifische,
zeitbedingte Zge der gegenwrtigen sozialen Entwicklung des Menschen
zu ontologisch zeitlos grundlegenden Kategorien im Verhltnis des Menschen zur
Welt zu erheben. Daraus knnen vorbergehende Faszinationen entstehen
(und sind auch ebenso entstanden, wie in vielfach hnlich eingestellten Literaturrichtungen
derselben Zeit), aber kein methodologisch gangbarer Weg zur
ontologischen Erklrung ihrer spezifischen gesellschaftlich-geschichtlichen Genesis,ihrer sich daraus entwickelnden Perspektiven und Sackgassen.
67
Da der Mensch nie
in menschenleeren Situationen handeln kann, ja jede seiner Taten, auch die
eigenwilligsten, da jeder Verwirklichungsversuch seiner persnlichsten Gedankenoder Gefhle von Menschengemeinschaften ausgehen und irgendwie in diese
mnden, mu mit Marx gesagt werden: Der Mensch ist im wrtlichsten Sinnnicht nur ein geselliges Tier, sondern ein Tier, das nur in der Gesellschaft sich
vereinzeln kann."
75
whrend die Tiere stets in ihrem gesamten Sein und unmittelbar Exemplare je einer
Gattung sind, ist die menschliche Gattung von Anfang an auf Stmme zerstckelt.
Die Herdentiere sind als Herdentiere ebenso unmittelbare Gattungsexemplare
wie die nicht in Herden vereinten. Der Stamm bildet aber einen nicht stummenKomplex des wirksamen Gattungsbewutseins in den Menschen aus, worin fr
lange Zeiten ein ganzes oder partielles Leugnen der nicht Stammesangehrigen
mitenthalten ist (Kannibalismus). Mit der allgemeinen Integration der Menschheit
in Nationen etc. werden diese nicht mehr stummen Gattungsobjektivationen
immer grer, ohne das Ausschlieen der auerhalb Stehenden aus der Menschengattung
ganz aufzuheben (Hellenen und Barbaren, Weie und Farbige
etc.). Und selbst wenn der Integrationsproze der konomie bis zum Weltmarkt
fortgeschritten ist, bleibt als unmittelbar praktisch wirksam die Gattungsmigkeit
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der Nation, ja der Nationalitten etc. weiter bestehen.
77
Eben weil, wie wir oft gezeigt haben,
die die konomie praktisch fundierenden Kausalreihen nichts Teleologisches in
ihren unmittelbaren, seinsmigen Auswirkungen enthalten, wre es ontologischfalsch, vereinfachend (vulgarisierend) zu sagen: diese konomische Entwicklung
produziert die Individualitt als Lebensform der Menschen, die Individualitt sei
also einfach ihr direktes Produkt. Schon rein kausal betrachtet stimmt das nicht.
78
zu einer objektiven unausweichlichenSeinsform erhoben: an die Stelle der frheren, hchst konkret, wirkenden
Vermittlung ist eine an sich leere Zuflligkeit getreten. In dieser Konfrontation
wird der Einzelmensch einer solchen Gesellschaft dazu veranlat, diesen objektiven
Tatbestand vom Standpunkt des Was tun ? innerhalb seiner eigenen
Lebensfhrung in eine Frage zu verwandeln, die er seinen Lebensbedrfnissen,
Lebensinteressen und Lebensfhigkeiten entsprechend, ja bis zu gewissem Grade,
bei Strafe des Untergangs, praktisch und oft auch theoretisch zu beantworten hat.
79Engels, der nach dem Tode von Marx mit unermdlicher Energie die Vulgarisierungstendenzen
bekmpft, gert selbst gelegentlich in eine leicht Miverstndnisse
hervorrufende Lage. In einem Brief an Starkenburg streift er dasselbe Problem,
das wir eben in seiner Marxschen Fassung kennengelernt haben. Er lst auch die
hier entstehenden Probleme in der Hauptlinie hnlich wie Marx. Doch wenn er im
Endresultat (Herrschaft Napoleons i., Entstehung des historischen Materialismus)zu Folgerung gelangt, da der Mann sich jedesmal gefunden, sobald er
ntig war, da fr die Marxsche Lehre die Zeit bereits reif war und sie ebenentdeckt werden mute, biegt er von der Linie Marxens, von der vorsichtig
behandelten Tendenzartigkeit des historischen Ablaufs auf diesem Niveau ab und
proklamiert ontologisch vereinfachend eine dem gesellschaftlichen Sein, mit
Ausnahme der konomie im strengsten Sinne, fremde, weil berspannte Notwendigkeit.
79-80
Noch schroffer
gilt das fr den Marxismus selbst. Da die Grundfragen seiner Methode objektivauf der Tagesordnung der geistigen Entwicklung standen, ist sicher richtig. Aber
in anderem Zusammenhang bezweifelt der einzige reale Kandidat fr den
historischen Ersatz von Marx, nmlich Engels selbst, ob er persnlich die
Fhigkeiten gehabt htte, das Lebenswerk von Marx ohne ihn zu vollbringen.
Hier machen tatschlich die Menschen ihre Geschichte selbst; auch wenn wir die
reale Macht der nicht von ihnen selbst gewhlten Umstnde einkalkulieren, kann
hier keine hnlich geartete notwendige wechselseitige Kompensation der Zuflligkeiten
stattfinden, wie auf dem Gebiet der im strengen Sinne genommenen
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konomie selbst."
80
Wenn jedoch in ihrem Wechselverhltnis die Kategorienverhltnisse
(vor allem Notwendigkeit, Zuflligkeit, Freiheit) nicht in ihrer
simultanen unzerreibaren Verbundenheit und qualitativer Verschiedenheit begriffenwerden, so wird die Freiheit entweder zu einem der Normalentwicklung
transzendenten Wunder (Idealismus) oder zu einem zwangslufigen Produkt
der Entwicklung (mechanischer Materialismus). In beiden Fllen verschwindet
jene reale, abwechslungsreiche, ungleichmige etc. prozehafte Wechselbeziehung
von Gleichartigkeit und Verschiedenheit, von Gebundenheit und relativ
selbstttigem Wachstum zwischen beiden, in deren Dialektik gerade der historischeCharakter der menschlichen Gattungsmigkeit ihrem Wesen angemessen
zum Ausdruck gelangt.
85
da die
berwindung jedes utopischen Strebens stets im Mittelpunkt der Marxschen
Denkarbeit stand. Es ist nur eine Seite dieser Tendenz, da er unermdlich
bestrebt ist, jedes Phnomen aus seiner konkreten Historizitt zu begreifen, da
er Verfehlungen in diesem Komplex oft hhnisch kritisiert.
Daraus erwchst die Richtschnur der echten Praxis, dieses Herauswachsen
durch richtige Einsicht in das wirklich Seiende rechtzeitig wahrzunehmen
und wirkungsvoll zu frdern.
Prolegomena zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins3
87Es handelt sich kurzgefat darum, was bedeutende Gelehrte wie Planck oder
B. Russell schon lange methodologisch klar gesehen haben, da die berwltigende
Mehrzahl der von uns erfabaren Phnomene in Wirklichkeit letzten Endes,
seinsmig irreversible Prozesse sind. Schon unter der Herrschaft der lteren
Methodik der Wissenschaften (man pflegt sie zumeist mit Newtons Name zu
bezeichnen) haben diese Tatsachen sich immer strker Geltung verschafft. Wieimmer z. B. die Astronomie Notwendigkeit und Gesetzmigkeit des Weltalls
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und darin die unseres Sonnensystems in der Vergangenheit aufgefat haben mag,
haben sich in bezug auf die Erde Geologie und Palontologie als selbstndige
Wissenschaften entwickelt und haben gezeigt, da das Sein unseres Planeten,
sowie das Leben, das seine Existenz hervorgebracht hat, dem Wesen nach
irreversible Prozesse sind.
88
Schon die oberflchlichste Betrachtung zeigt, wie schwer es dem Menschen fllt,
sich selbst als gewordenen, als Subjekt und zugleich Objekt eines irreversiblen
Prozesses aufzufassen. Der ontologisch primre Grund dafr liegt wahrscheinlich
darin, da in der Unmittelbarkeit des Alltagslebens seine Selbstreproduktion als
Gesellschaftswesen an entscheidenden Punkten von der biologischen verdecktwird.
89
Es handelt sich darum, da dem Menschen die
uere Welt der Gegenstndlichkeiten unmittelbar und in der Unmittelbarkeit
unaufhebbar in Dingformen gegeben ist. Das ergibt nicht nur fr das Natursein
eine selbstverstndliche, unerschtterlich scheinende fixe Daseinsform. Ob es
sich um einen Berg oder einen Stein, um ein Haus oder um ein Mbelstck-etc.
handelt, scheint die Dinghaftigkeit, die Urform der Gegenstndlichkeit berhauptzu sein, die als solche unaufhebbar zu sein scheint. (Erst die in unseren
Tagen sich entwickelnden Physik der festen Krper wirft ihre Genesis als
wissenschaftliches Problem auf.) Diese Dinge knnen sowohl Produkte der
Natur wie Ergebnisse der Arbeit sein, und bei der berragenden Bedeutung, die
die Arbeit (die Herstellung oder Verwandlung von Dingen) im Menschwerden
des Menschen spielt, ist der Analogieschlu sehr naheliegend: die Dinge in derNatur seien gleichfalls Produkte einer schpfenden Arbeitsttigkeit, allerdings die
von hheren (menschenhnlichen) Wesen
91
Im Paradies des sich entfaltenden Christentums
gewinnt die Dinghaftigkeit ihre nicht nur verklrteste, sondern auch sachlich
folgerichtigste Erscheinungsweise: eine gefhlsmig untergebaute eleatische
Permanenz des vollkommenen Seins jeder mglichen Wandlung gegenber.
95Die Wirklichkeit als eigenstndige, sich selbst im Mastab der Unendlichkeit
gleichmig reproduzierende Seinsweise ist ein gewaltiger Fortschritt dem Mittelalter
gegenber. Schon die einheitliche Eigengesetzlichkeit des Universums zeigt
dies ganz klar als Bruch mit der Erde als seinem Mittelpunkt, also als Schauplatz
der entscheidenden kosmischen Ereignisse der Theologie (Jngstes Gericht,
Paradies und Hlle, ja schon frher die Unterscheidung der superlunaren Welt
von der sublunaren etc.). Das bedeutet die wissenschaftliche Proklamation eines
einheitlichen und einheitlich eigengesetzlichen Weltalls, in welchem die Erde, mit
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allen menschlichen und vor allem mit den religis-geschichtsphilosophisch postulierten
Ereignissen nur ein verschwindend kleines Pnktchen vorstellen kann.
Unendlichkeit von Raum und Zeit konnten nur nach einer solchen Gesamtkonzeption
in ihrer wahren Beschaffenheit begriffen und zum Erkennen auch
endlicher Phnomene angewendet werden.
95-96
Erst der groe Aufschwung der
mathematischen Einsichten, der sich mit dieser neuen Naturkonzeption gleichzeitig
und in Wechselwirkung entfalten, hat Wissenschaft und Philosophie instandgesetzt, diesem neuen Weltbild einen ihm auch nur annhernd angemessenen
Ausdruck zu verleihen. Zugleich entsteht damit im Denken der Welt eine
qualitativ hher geartete, wirklichkeitsgemere Form des desanthropomorphisierenden
Denkens als je frher. Im mathematischen Ausdruck der Phnomene
der Wirklichkeit schien das Mittel gefunden zu sein, diese rein gedanklich wie
ihrem Sein entsprechend so zu erfassen, da die anthropomorphisierend-analogi
sierenden Fehlerquellen ihrer Erkenntnis verschwinden oder zumindest minimiert
werden knnen. Man pflegt dabei nur hufig zu vergessen, da die
anthropomorphisierenden Tendenzen auch in der gedanklichen Bewltigung derentgtterten Wirklichkeit so stark sind, da sie von Erfahrungen der Praxis und
von ideologischen Bedrfnissen untersttzt auch in die Methode der mathematischen
Bewltigung der Wirklichkeit eindringen knnen.
97-98
Es ist schon kein Zufall, da viele angesehene Gelehrtedes xix. Jahrhunderts das reale Sein des Atoms zu bezweifeln begnnen.
Damit mu jedoch selbstredend sein verdinglichender Einflu auf die Gesamtheitder Naturbilder keineswegs zu wirken aufhren. Indem jedoch die ganze
Natur ohne wesentliche theoretische Neuerung im methodologischen Gesamtaufbau
nicht mehr als materiell gegebenes Sein aufgefat wurde, sondern
als primr gedankliches Produkt der jeweiligen wissenschaftlichen Arbeitsmethodologien
erschien, konnte nunmehr keine Allgemeinanschauung als die Einzelforschung
fhrend beeinflussende Philosophie, als bestimmungengebend
verallgemeinerndes Denken der Gesamtheit wirken. Die reine Wissenschaftlichkeit
in den Einzelforschungen verlor immer mehr ihren frher stark wirkendenKontakt mit der Philosophie. Die in der Forschung herrschend gewordenen
Positivismus und Neopositivismus bauten ihre philosophisch generalisierenden
Zge immer mehr ab, um als rein praktische, blo effektive Zusammenfassungen
der Einzelforschungen, als eine ihnen vllig untergeordnete Methodologie
zu funktionieren.
Diese entschiedene Trennung von Philosophie und Einzelwissenschaft ergab fr
letztere einen fast unbegrenzten, scheinbar nur durch Postulate der Exaktheit
beschrnkten Spielraum. Diese Freiheit ist jedoch die bloe Kehrseite ihrer
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immer weitergehenden Einbeziehung in den Dienst der materiellen Produktion
und ihrer marktrationalen Organisierung. Diese Lage ergibt eine eigenartige,
eigenartig verschlungene Einheit von vlliger methodologischer Freiheit in den
unmittelbar zu erforschenden Einzelfragen und von einer weitgehend strengen
Gebundenheit an ihre marktmig in Betracht gezogene Effektivitt. Es ist noch
nicht jetzt an der Zeit, smtliche Folgen dieser gegenwrtigen gesellschaftlichenKonstellation in der Entwicklung der Einzelwissenschaften, in ihrer Wechselbeziehung
zur Philosophie nher zu betrachten;
99
Planck betont immer wieder die Notwendigkeit der
Annahme einer realen Welt, welche ein selbstndiges, vom Menschen unabhngigesDasein fhrt, und bezeichnet in diesem Zusammenhang z. B. die
Konstante als einen neuen geheimnisvollen Boten aus der realen Welt. 41 In
dieser Hinsicht, in der der Objektivitt des Seins, will er also keinerlei neue
Kategorien fr die Objektivitt der Natur anerkennen.
100
Ebenso
evident ist, da das als Wahrscheinlichkeit sich durchsetzende Ergebnis der
Tendenzen innerhalb eines solchen Prozesses jene Tendenzartigkeit in ihrerGesamtheit aufdeckt, wodurch eben diese irreversible Prozehaftigkeit sichvon den
einfach-homogenen Kausalreihen ontologisch unterscheidet.
106
Das, was viele Jahrtausende hindurch die gedanklich unerschtterbare Grundlage
des Seins der Natur und darum auch des richtigen Denkens schien, mu im Lichteeiner solchen Umwlzung in der Erkenntnis als ein spezifischer Zustand der
Materie, unter den spezifischen Entwicklungsbedingungen unseres Sonnensystemsund in ihm unseres Planeten erscheinen. Erst solche Erkenntnisse haben es
mglich gemacht, auch die anorganische Natur als wesentlich irreversiblen Proze
aufzufassen, der sich jedoch konkret in Form von prozessierenden, einander in
ihren Prozessen mehr oder weniger beeinflussenden Komplexen verwirklicht. Erst
indem auch in der anorganischen Natur die unaufhebbare Koexistenz von der
Seinsprioritt konkreter Komplexe und der sie konstit iier enden irreversiblen
Prozesse als Erkenntnisgrundlage des Seins sich durchgesetzt hat, entsteht die
Berechtigung, von einer einheitlichen Ontologie eines jeden Seins zu sprechen.
107
Was in einer dinghaften Statik unerklrbar schien, erhlt im letzten
Endes, bei allen Einzelunterschieden und Einzelgegenstzen, einheitlichen Geschichtsproze
die einzig mgliche Vereinheitlichung: die Genesis einer jeden
Seinsweise aus dem groen irreversiblen Proze der Weltgeschichte, der Welt als
Geschichte, um diese Einheit der Verschiedenheiten ontologisch zu formulieren.
Die Entwicklung des menschlichen Wissens ist so dahin gelangt, den groartigen
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Jugendgedanken von Marx, von der Geschichte als Grundprinzip eines jeden
Seins, im Woher? seiner Genesis, im Was und Wie seines gegenwrtigen
Seins, in den Tendenzen seiner Weiterentwicklung, also in seinen Perspektiven
gedanklich zu erfassen.
112-113Dieser Exkurs mute gemacht werden, um zu zeigen, da die heutige Aufgabe der
Marxisten nur sein kann: die echte Methode, die echte Ontologie von Marx wieder
zum Leben zu erwecken, vor allem um mit ihrer Hilfe nicht nur eine historisch
getreue Analyse der gesellschaftlichen Entwicklung seit Marx' Tod, die heute
noch so gut wie vllig fehlt, wissenschaftlich mglich zu machen, sondern auch
um das gesamte Sein, im Sinne von Marx, als in seinen Grundlagen historischen(irreversiblen) Proze zu begreifen und darzustellen. Das ist der einzige theoretisch
gangbare Weg, den Proze des Menschwerdens des Menschen, das Werden
des Menschengeschlechts ohne jede Transzendenz, ohne jede Utopie gedanklich
darzustellen. Nur so kann diese Theorie jenes stets irdisch-immanent bleibende
praktische Pathos wiedererhalten, das sie bei Marx selbst hatte und das spter
teilweise vom Leninschen Zwischenspiel abgesehen theoretisch wie praktisch
weitgehendst verloren ging. Unsere Betrachtungen hatten schon bis jetzt diese
Zielsetzung gehabt. Jedoch erst die Erkenntnis, die Anerkennung dessen, da die
dinghafte Auffassung des Seins von der ontologischen Prioritt des Seins derKomplexe, die einfache kausale Erklrung der dynamischen Prozesse von der
Erkenntnis ihrer tendenzartigen Irreversibilitt abgelst zu werden begann,
versetzt uns in die Lage, die Kategorienprobleme des Seins, vor allem natrlich des
gesellschaftlichen in echt marxistischer Weise zu erkennen und darzustellen. Das
setzt naturgem erstens eine eingehende Kritik jeder heute einflureichen
brgerlichen Ideologie voraus, die im Kapitalismus mit den neopositivistischenTendenzen einer sogenannten Entideologisierung unserer Erkenntnisse ber
die Welt ihren Gipfelpunkt erreicht hat, um das gegenwrtige System derkonomisch-sozial manipulierten Ordnung als letzte Vollendung des menschlich
Mglichen darzustellen und so zu einer Konzeption des Endes der Geschichte
zu gelangen, die sich heute faktisch bereits im Anfangsstadium der Selbstauflsung
befindet.
127
ein Sein ohne reale Bestimmungen ist niemals seiend, ist ein bloes
Denkgebilde.
Die damit engst verbundene weitere, von uns ebenfalls oft angefhrte Feststellung
von Marx ist, da die Kategorien Daseinsformen, Existenzbestimmungen sind.
Hier ist wieder der radikale Gegensatz zu jeder idealistischen Erkenntnistheorie
sichtbar, die meint, die Kategorien seien Produkte unseres Denkens ber die
Beschaffenheit des Seins, vor allem gerade ihre konkreten Bestimmungen.
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18/77
185-186
Zugleich
haben alle diese sich so entwickelnden Ausdrucksweisen der nicht mehr
stummen menschlichen Gattungsmigkeit eine gleichfalls unaufhebbare Tendenz
auf letzhinnige Einheitlichkeit, zu spontan aus dem gesellschaftlichen Sein
entstandenen Entsprechungen, die eine generelle Verstndlichkeit dieser Sprachen untereinander seinsmig nicht nur allgemein ermglichen, die aber auch,
wo die gesellschaftlich-geschichtlichen Umstnde dies erfordern und hervorbringen,
in der gesellschaftlichen Praxis ihre wechselseitige Beeinflussung bis zur
Verschmelzung zustande bringen knnen.
Wenn nun von dieser Sprache der entstehenden menschlichen Gattungsmigkeit
etwas konkretisierend, obwohl recht allgemein gesprochen werden soll, souert sie sich vor allem im Proze und in den Ergebnissen der Arbeit selbst.
Selbstverstndlich zeigen sich berall die Einmaligkeitszge der jeweilig konkreten
Genesis, es ist jedoch auffllig, wie frh bereits der Tauschverkehr der
Arbeitsprodukte (Werkzeuge mitinbegriffen) begonnen hat. Wenn wir nun diese
Tatsache im Lichte des hier behandelten Problemkreises betrachten, so ergibt es
sich rein seinsmig, da ein Tauschverkehr unmglich wre, wenn die Arbeitsprodukte
nicht eine fr unter sich verschiedene Gesellschaftsgruppen gleicherweise
verwirklichbare praktische Brauchbarkeit besen, wenn sie also letzten
Endes nicht eine in dieser Hinsicht gemeinsame Sprache besitzen wrden. Dieschon frh einsetzende Verallgemeinerung im Gebrauch neuer Errungenschaften
(man denke an die weitverbreitete, gemeinsame Existenz von Stein, Bronze, Eisen
als Rohmaterial der Arbeit, an die Verbreitung des Geldes als Instrument eines
generell gewordenen Tauschsystems, an die relativ geringe Zahl der Materien, die
als Geld figurierten etc.), die zweifellos vorhandenen groen Unterschiede
verschiedener Gruppen, Gebiete etc. in ihrer konomischen Entwicklung knnendiese Tendenzen zu einer gemeinsamen Sprache in den letzten Grundlagen der
konomie nicht vllig aufheben. Natrlich drfen dabei die Unterschiede, jaGegenstze der einzelnen konkreten Verwirklichungen nie vergessen werden, die
Grundtatsache jedoch, da im Stofwechsel der Gesellschaft mit der Natur die
jeweils mglichen optimalen Mglichkeiten eine Tendenz, sich auf die Dauer
durchzusetzen, haben, ergibt sich aus dem auf teleologische Setzungen fundierten
Wesen der Arbeit. Und aus dieser Tendenz ergibt sich, da in der konomischen
Entwicklung (Arbeitsteilung etc. mitinbegriffen) sich in diesem Sinn, bei allen
Unterschieden, je Gegenstzen, eine solche gemeinsame Sprache der nicht mehr
stummen Gattungsmigkeit sich als Tendenz durchgesetzt hat.
186-187
Diese ontologische Grundtendenz uert sich, wenn mglich, noch deutlicher in
der Sprache im eigentlichen Sinn. Da ihre Entstehung mit den primitivsten
Erfordernissen von Arbeit und Arbeitsteilung eng zusammenhngt, ist allgemein
bekannt. Freilich simultan mit der ebenso evidenten Tatsache der unermelich
scheinenden Vielfltigkeit der Sprachen selbst und ihrer qualitativen Differenzen
untereinander vom Wortinhalt bis zur grammatikalischen Struktur. Dabei darf
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jedoch ein praktisch bereits allgemein bewhrtes Moment nicht vernachlssigt
werden: alle diese Differenzen besitzen eine in der Praxis erprobte Einheitlichkeit;
sie sind ausnahmslos transportabel, d. h. bersetzbar. Der quantitativen und
qualitativen, ueren wie inneren Vielheit der Sprachen steht das Moment ihrer
bersetzbarkeit ergnzend gegenber. bersetzbarkeit setzt jedoch innerhalb
der vielfachen Verschiedenheiten wesentliche Momente eines letzthin gemeinsamenGehalts voraus. Im Mittelpunkt dieser Momente steht, da alle Wrter
daraufhin gesetzt wurden, um die Gattungsmigkeit der Gegenstnde zum
Ausdruck zu bringen; nur die Nuancen des Satzbaus, der Wrterkombination etc.
vermgen diese allgemeine Gattungsmigkeit, die allen Sprachen gemeinsam ist,
gegebenenfalls zur Besonderheit beziehungsweise zur Einzelheit weiterzufhren.
Diese fundamentale Allgemeinheit, die eben darum auch eine Basis fr unmittelbargroe Verschiedenheiten ist, drckt sich in allen Sprachen auch darin aus, da
ihr innerer Aufbau stets eine bestimmte generelle Typik des auf der Arbeit
beruhenden, aus der Arbeit heraus sich differenzierenden Menschenlebens zum
Ausdruck bringt: das Subjekt und seine Aktionen, deren raumzeitliche Differenzierung,
die Beziehung von Subjekt und Objekt, des Subjekts zu anderen
Subjekten etc. bilden, wenn wir die Sprache als wichtigen Faktor des gesellschaftlichen
Seins betrachten, die Grundlagen einer jeden Sprachstruktur. Da diese
Strukturen in den verschiedenen Sprachen verschiedene konkrete Ausdruckswei-
sen erhalten, ist ein wichtiges Moment ihrer jeweiligen spezifischen Beschaffenheit,ihrer Geschichte, ndert aber an diesen Feststellungen nichts. (Da z. B.
bestimmte Relationen in der einen Sprache als Prpositionen, in der anderen als
Suffixe gestaltet werden, mag vom Standpunkt der Sprachwissenschaft noch so
wichtig sein, bleibt aber fr die hier festgestellte Gemeinsamkeit irrelevant.) So
entstehen die untereinander stark, qualitativ verschiedenen Sprachen, deren
Verschiedenheit in der Menschheitsentwicklung eine bedeutsame Rolle gespielthat und noch spielt, deren Verschiedenheit diese Menschheitsentwicklung mglicherweise
nie aufheben wird, die jedoch vom hier entscheidenden Gesichtspunktder universellen Entwicklung der Gattung betrachtet als Momente in der objektiven
Einheit dieses irreversiblen Prozesses figurieren. Da auch die gegenwrtige
Vielheit der Sprachen bereits das Ergebnis eines langwierigen Integrationsprozesses
ist, der Lokalsprachen, Dialekte etc. allmhlich zu nationalen Sprachen
synthetisiert hat, verstrkt noch die Realitt des von uns aufgezeigten Prozesses.
Die Sprache, als unentbehrliches Medium der nur gesellschaftlich mglichen
Kommunikation, des Zusammenwirkens und Zusammenlebens schon im Alltag
des gesellschaftlichen Seins, ist gerade in dieser letzthinnigen Einheitlichkeit einZeichen der gleichfalls letzthinnigen Einheitlichkeit des neuen, nicht mehr
stummen Gattungsprozesses selbst.
188-189
Und selbst auf den Gebieten, die sehr stark von der geschichtlichen Zuflligkeit,
von individuellen Impulsen beherrscht erscheinen, auf denen der institutionellen
und persnlichen Richtlinien der menschlichen Aktivitten, zeigt sich zwar
unmittelbar eine fast unbersehbar scheinende Vielfltigkeit ihrer Formen und
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Inhalte. Werden aber diese im Zusammenhang mit den konkreten Seinsproblemen
jener Gesellschaften, jener konomisch-historischen Zusammenhnge, in
denen sie konkret wirksam werden aus der Nhe betrachtet, so zeigt sich die auf
anderen Gebieten bereits aufgezeigte letzthinnige Konvergenz auch hier. Ob man
Staatsformen, Klassengliederungen, moralische Gebote oder Verbote, Tugenden
oder Laster usw. nimmt, berall kommen allgemein typische Wesenszge zumVorschein, die in dem hier gebrauchten Sinne des Wortes als bersetzbar
bezeichnet werden knnen. Sehr oft ist diese bersetzbarkeit so offenkundig,
da gerade auf diesem scheinbar so subjektbedingten Gebiet jahrtausendelang
whrende Dauerwirkungen von als vorbildlich empfundenen Verhaltensweisen
entstehen. (Man denke an Sokrates, an Jesus von Nazareth etc.) Gerade hier sind
die Grnde dieser bersetzbarkeit am durchschaubarsten. Denn ob diehandelnden Menschen dessen bewut werden oder nicht, ist in jedem menschlichen
Verhalten eine Richtung auf die Gattungsmigkeit enthalten. (Diese kann
natrlich in bezug auf die jeweils vorherrschende auch eine negative sein.)
189
Wenn wir bis jetzt diese generelle und permanente Tendenz in der Entwicklung
der Gattungsmigkeit des Menschen sichtbar gemacht haben, mssen wir ein
weitverbreitetes Vorurteil von vornherein ausschalten: das einer einheitlichen und
direkten, gradlinigen Fortschrittlichkeit. Wir haben zwar berall auf die gesellschaftlich-geschichtliche Differenziertheit, auf die jeweils seiende historische
Einmaligkeit all dieser uerungen immer wieder hingewiesen, diese Einschrnkung
knnte jedoch als nicht hinreichend begrndet abgewiesen werden, wenn
wir nicht auch hier auf die seinsmigen Grundlagen dieses Phnomens zurckgreifen
wrden. Es handelt sich um den ausschlielich kausalen Ablauf eines jeden
historischen Geschehens, das in seiner Ganzheit nichts Teleologisches kennt. Dasgesellschaftliche Sein unterscheidet sich zwar qualitativ von beiden ihm vorangegangenen
naturhaften Seinsweisen dadurch, da in ihm jeder von den Menschenselbst ausgehende Impuls eine teleologische Setzung zur Seinsgrundlage hat. Das
ist natrlich ein unausschaltbares Moment zum Verstehen des gesellschaftlichen
Seins als eigene Seinsweise. Es kann aber nicht richtig verstanden werden, wenn
nicht zugleich in Betracht gezogen wird, da die teleologische Setzung zwar
imstande ist, durch praktisches Setzen von Ziel und Mittel die durch sie in Gang
gesetzten kausalen Prozesse weitgehend zu modifizieren, niemals jedoch seinen
kausalen Charakter seinsmig zu verndern. Es gibt eben nur kausale Prozesse,
teleologische gibt es einfach nicht.
193-194
Die Entwicklung der nicht mehr stummen Gattungsmigkeit spaltet nmlich den
eigenen Entwicklungsproze: ihre objektive Seite kann sich nur durch eine
Vergewaltigung der subjektiven verwirklichen; die Steigerung der Arbeit ber die
bloe Reproduktionsmglichkeit (Mehrarbeit im weitesten Sinne des Wortes)
entwickelt auf gesellschaftlichem Niveau die Notwendigkeit, die Frchte dieser
Mehrarbeit (und deshalb auch die sozialen Bedingungen ihrer Herstellung) den
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eigentlichen Produzenten zu entreien, sie deshalb zu einer Arbeitsweise zu
zwingen, in der diese zum Besitz einer nichtarbeitenden Minderheit werden.
Damit ist fr die ganze folgende Vorgeschichte der Menschengattung die Bezie
hung des Einzelmenschen zur Gattung in einen Zustand der unaufhebbaren
Widersprchlichkeit geraten, in welchem eine unmittelbare, eine allgemeine und
direkte Beziehung des Einzelmenschen zur Gattung (deshalb auch zur eigenenGattungsmigkeit) unmglich geworden ist. Der Einzelmensch ist durch die so
entstandene gesellschaftliche Lage gezwungen, wenn er zu den Aneignern der
Mehrarbeit gehrt, diese objektiv hchst widerspruchsvolle Gattungsmigkeit
als eine selbstverstndliche zu bejahen, oder, wenn er zu den Enteigneten gehrt,
sie auf Grund dieser Widersprchlichkeit als Gattungsmigkeit zu verwerfen.
194
Es ist lange Zeit Sitte gewesen (und spukt als Vorurteil zuweilen auch heute), die
Entfremdung ausschlielich bei den negativ Privilegierten wahrzunehmen und
anzuerkennen. Das ist nicht die Meinung von Marx, fr den die Gattungsmigkeit
stets ein zentraler Gesichtspunkt in der Beurteilung und Bewertung eines
jeden gesellschaftlichen Phnomens gewesen ist. In der Frhschrift Die Heilige
Familie heit es: Die besitzende Klasse und die Klasse des Proletariats stellen
dieselbe menschliche Selbstentfremdung dar. Aber die erste Klasse fhlt sich in
dieser Selbstentfremdung wohl und besttigt, wei die Entfremdung als ihreeigene Macht, und besitzt in ihr den Schein einer menschlichen Existenz; die
zweite fhlt sich in der Entfremdung vernichtet, erblickt in ihr ihre Ohnmacht
und die Wirklichkeit einer unmenschlichen Existenz.'" Es ist dabei wichtig, da
Marx in beiden Fllen die Entfremdung als Verzerrungsweise der menschlichen
Existenz betrachtet. Und wenn er auch einen deutlichen Unterschied zwischen
Schein einer menschlichen Existenz und unmenschlicher Existenz macht,so ist es klar, da dadurch die gemeinsame soziale Wurzel der beiden an sich und in
ihren ideologischen wie praktischen Folgen diametral entgegengesetzten, zutiefstwiderspruchsvollen Phnomenen nicht geleugnet, sondern sogar energisch in den
Vordergrund geschoben wurde.
197
erzwungenen Ungleichheit der Gesellschaftsglieder ihre
Grundlage darin hat, da der Sklave bereits mehr zu produzieren imstande ist, als
zu seiner eigenen Reproduktion ntig ist, da deshalb sein Besitzer ber diese
Mehrarbeit zur eigenen, persnlichen Bedrfnisbefriedigung zu verfgen gesellschaftlichinstand gesetzt wird. Damit ist die Entfremdung ins Leben getreten.
Beim Sklaven instrumentum vocale bei den Rmern in einer ohne weiteres
evidenten Weise; beim Sklavenhalter, indem die notwendigen Erfordernisse
des gesellschaftlichen Seins auch in ihm selbst die echten Beziehungen zur
eigenen Gattungsmigkeit zerstren.
198
Indem die
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Entwicklung der Arbeitsproduktivitt eine Mehrarbeit und ihren Gebrauch durch
andere, an ihrem Hervorbringen nicht beteiligte Menschen verwirklicht, werden
die unmittelbaren Lebensinteressen in allen Gesellschaften antagonistisch-widersprchlich
und darum nur vermittelst Gewaltanwendung regulierbar. Die Notwendigkeit
des gesellschaftlichen Handelns erreicht damit ihre erste, bis heute
noch immer wirksame Form: sie ist vom Standpunkt des einzelnen Gesellschaftsgliedsgesehen eine, wie Marx sagt, Handlungsweise bei Strafe des
Untergangs. Wenn man darin eine Grundtatsache des gesellschaftlichen Seins
erblickt, wenn man also die Gewalt als unentbehrliches Moment in jeder
einigermaen entwickelten Gesellschaft als unabnderlichen Tatbestand anerkennt,
so ist es wichtig, auch dieses Problem als Seinsmoment der Gesellschaftlichkeit
zu betrachten und es durch keinerlei Eintragung idealistisch wertenderStellungnahmen dazu in positiver oder negativer Richtung zu entstellen.
198-199
Es ist naheliegend und weitverbreitet, gegen die Gewalt allgemein Stellung zu
nehmen, vergessend, da kein Schritt seit unserem Austritt aus der biologischen
Sphre des Tierseins, keine Vergesellschaftung, keine Integration der Menschengattung
etc. etc. ohne Gewalt mglich gewesen wre. Aber andererseits darf man
in der Gewalt, selbst in ihren brutalsten Formen, kein einfaches Erbstck aus dem
vormenschlichen Zustand erblicken, das etwa in abstrakt moralischer Weisemenschlich berwunden werden knnte. Man mu stets dessen bewut sein,
da wie wir frher in anderen Zusammenhngen angedeutet haben keine
Praxisform des gesellschaftlichen Seins, also kein Moment seiner Selbstreproduktion
(sei es konomie oder berbau, wie Staat, Recht etc.) ohne Gewalt entstehen
und der menschlichen Reproduktion dienen knnte. Die Sprache der Gattung, die
ihre Stummheit historisch ablst, kann die verschiedensten Formen von Gewalt,Zwang etc. unmglich entbehren. Die Geschichte der Gattung zeigt, da die
vormenschliche Stummheit, die unaufhebbar spontan, rein biologisch funktionierendevormenschliche Seinsbeschaffenheit nur in dieser gewaltbeladenen, antagonistischen
Bewutheitsbewegungsweise sich zu artikulieren imstande war und noch
ist. Das Heraustreten aus der Stummheit, mit dem das Bewutsein erst aufhrt blo
ein biologisches Epiphnomen zu sein, ist ebenfalls ein kausaler Proze, der in seiner
Irreversibilitt zwar eine generelle Richtung, aber kein Ziel und deshalb keinerlei
Planmigkeit, Zielgerichtetheit besitzen kann. Wie sich seine kausale Spontaneitt
auf einem vllig neuen Seinsniveau ontogenetisch und phylogenetisch auf
die neuen Beziehungen von Einzelexemplar und Gattung auswirkt, bestimmteben die wirkenden Krfte in der Selbstentwicklung des Menschengeschlechts.
199
In der Realitt der Praxis
identifiziert sich fr jeden Einzelmenschen jene Gesellschaft, in der er gerade lebt,
unmittelbar mit der Gattung selbst. Die Mitmenschen, die in anderen Gesellschaften
leben, gehren fr seine Praxis gar nicht oder in hchst problematischer Weise
berhaupt derselben Gattung an. (Barbarenbegriff der Griechen etc.) Erst die reale
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Integration der ursprnglich kleinen Stmme zu Nationen etc. dehnt den Umkreis
dessen aus, was der Einzelmensch als zur Menschengattung gehrig in seiner
gesellschaftlichen Praxis anzuerkennen gezwungen ist. Diese von der konomie
diktierte Integration hat im Weltmarkt in abstrakt praktischer Weise bereits zur
Einheit der Menschengattung gefhrt, wobei freilich festzustellen ist, da diese
Anerkennung insbesondere im Gebiet der realen gesellschaftlichen Aktivitten noch in gattungsmig uerst prblematischen Weisen in Erscheinung tritt.
203
Dabei mu, im Sinne des bisher ausgefhrten,
betont werden, da es sich im Phnomen der Entfremdung vor allem um
etwas Seinshaftes handelt. In primrer Weise gehrt sie dem gesellschaftlichenSein selbst an, sowohl in ihrer objektiven Beschaffenheit, wie in ihren Auswirkungen
auf die einzelnen Gattungsexemplare. Da sie sich sehr oft in ideologischen
Formen uert, ndert an diesem ihrem Grundcharakter nichts, ist doch die
Ideologie im gesellschaftlichen Sein die generelle Form fr das Bewutmachen
und das Ausfechten der konomisch-sozial entstandenen Konflikte.
205
Wir haben bereits in anderen Zusammenhngen darauf hingewiesen, da in den
Entfremdungen auf primitiver Stufe diese sich weitgehend in jenen Vorstellungskomplexenzu uern pflegt, da die Menschen die Produkte ihrer eigenen
Ttigkeit alsbald als Geschenke transzendenter Mchte aufgefat haben (Prometheus
und das Feuer). Das liegt jeder vorwiegend religisen Entfremdung
Feuerbach hat vor allem diese kritisiert zugrunde.
Die eigene Existenz als solche, das eigene Schicksal etc. erhlt so eine durch diese
Transzendenz entfremdete Seinsweise. Die Selbstbewegung des Menschen durchselbstdurchgefhrte Alternativentscheidungen wird zum Schein degradiert, indem
diese blo in jenen Fllen als effektiv wirksam anerkannt werden, wenn sieihrem letzten Wesen nach nichts weiter sind, als gehorsame Durchfhrungen
transzendenter Gebote oder Verbote. Insofern haben Feuerbach (und vor ihm die
Aufklrung) ganz recht, wenn sie in jedem transzendenten Setzen menschlicher
Aktivitten eine grundlegende Erscheinungsweise der Entfremdung berhaupt
erblicken.
212
Da die Arbeit und alles, was daraus alsmenschliches Bewutsein, als gesellschaftliche Aktivitt entsteht (gerade im
Interesse ihrer erfolgreichen Aktivitt), eine mglichst adquate Erkenntnis der
Naturgegenstndlichkeit erfordert, ist eine grundlegende Tatsache des gesellschaftlichen
Seins. Aber alle, oft wesentliche Vernderungen, die durch eine
solche gesellschaftliche Aktivitt an der Natur selbst vollzogen werden, knnen
an der ontologischen Grundtatsache, an der seinshaften Unabhngigkeit der
Naturgegenstndlichkeiten und Naturvorgnge von ihrem Gedachtsein nichts
ndern. Jedes Denken, das kategorielle Beziehungen, die erst im gesellschaftlichen
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Sein als Selbstbestimmungen berhaupt entstehen knnen, in die Natur projiziert,
begeht, im ontologischen Sinne, eine Verflschung des Seins, produziert einen
Mythos (der seine geistige Heimat gleichfalls nur im gesellschaftlichen Sein
haben kann), keine objektive Erkenntnis der Natur. Dasselbe bezieht sich,
mutatis mutandis, auch auf das gesellschaftliche Sein als Sein.
213
Unsere bisherigen Darlegungen
haben bereits gezeigt, da es sich dabei sachlich in erster Reihe um die
berwindung des hartnckigsten Scheins in unserer Welt handelt, um die der
Dinghaftigkeit der Gegenstnde als bestimmende Urform ihrer Gegenstndlichkeit.
In seiner konkreten wissenschaftlichen Praxis hat Marx diesen Vorstellungskomplexber das Sein immer bekmpft, er hat immer wieder gezeigt, wie
vieles, was wir gewohnt sind, als dinghaft aufzufassen, sich richtig erfat, als
Proze erweist. In unserer Naturerkenntnis kam diese Betrachtungsweise zum
endgltigen Durchbruch, als Planck und die Fortfhrer seiner Lehre die theoretische
Hochburg der Dinghaftigkeit, das Atom in unbezweifelbarer Weise als
Proze zu begreifen imstande waren. Im Lichte dieser Wendung zeigte sich, wenn
auch noch lange nicht allgemein anerkannt, da die berwltigende Mehrzahl
dessen, was in der Naturerkenntnis wissenschaftlich erfat wird, nicht mehr einen
Dingcharakter der Gegenstnde zur Grundlage hat, welcher durch polar andersgesetzte Krfte in Bewegung gesetzt wurde, da es vielmehr berall dort, wo
wir die Natur bereits gedanklich angemessen zu erfassen anfangen, das Grundphnomen:
irreversible Prozesse von prozessierenden Komplexen sind. Vom
Inneren des Atoms reicht diese Gegenstndlichkeits- und zugleich Bewegungsform
bis an die Astronomie hinauf: Komplexe, deren Bestandteile zumeist
gleichfalls Komplexe sind, bilden in Wahrheit jene Gegenstndlichkeit, die Marxseinerzeit meinte. Und was sind dann irreversible Prozesse anderes als Geschichtsablufe,
ganz abgesehen davon, ob ihre Irreversibilitt von einem Bewutseinerfat und unter Umstnden sogar partiell beeinflut wird; allerdings
ohne damit die allgemeine Irreversibilitt aufheben zu knnen. In diesem Sinne
kann man sagen, da die letzten Etappen der Ausdehnung und Vertiefung der
Weltkenntnis die Feststellung des jungen Marxes von der kosmischen Universalitt
der Geschichtlichkeit (gleich: Irreversibilitt der Prozesse) besttigt haben.
213-214
Diese nunmehr gerechtfertigte Universalitt der Marxschen Weltkonzeptionbringt eine hchst wichtige Akzentverschiebung im Verhltnis von Gesellschaft
und Natur mit sich. Vielfach noch in der Engelsschen Darstellung und noch mehr
in denen, die auf sie folgten, schien es sich vor allem darum zu handeln, da es vor
allem eine einheitliche dialektische Methode gbe, die auf Natur und Gesellschaft
mit gleicher Berechtigung angewendet werden knnte. Nach der echten Konzeption
von Marx handelt es sich dagegen um einen letzthin, aber nur letzthin
einheitlichen historischen Proze, der sich schon in der anorganischen Natur als
irreversibler Proze des Wandels zeigt, von greren Komplexen (wie Sonnensysteme
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und noch viel grere Einheiten) ber die historische Entwicklung der
einzelnen Planeten bis hinunter zu abn prozessierenden Atomen und deren
Bestandteilen, wobei weder nach oben noch nach unten feststellbare Grenzen
vorhanden sind. Infolge jener gnstigen Zuflle, die auf der Erde das organische
Leben mglich gemacht haben, entstand eine neue Form des Seins, dessen
Anfangsbedingungenwir bereits zu ahnen anfangen, dessen Geschichte seit Darwin
immer nher bekannt wurde. Eine Reihe anders gearteter Zuflle hat das
Herauswachsen des gesellschaftlichen Seins aus der organischen Natur ermglicht.
Wenn wir also, mit Marx, die Geschichte unserer eigenen gesellschaftlichen
Seinsweise als irreversiblen Proze zu verstehen bestrebt sind, erscheint alles, was
man Dialektik in derNatur zu nennen pflegt, als dessen Vorgeschichte. Dabei soll diegedoppelte Betonung der Zuflligkeit imbergangvon einer Seinsform indieandere
vor allem darauf hinweisen, da in diesem historischen Entwicklungsproze, in
diesen bergngen ebenso wenig von teleologischen Krften die Rede sein kann,
wie innerhalb der einzelnen irreversiblen Prozesse je einer bestimmten Seinsform.
Vorgeschichte bedeutet also blo soviel (dieses blo umfat allerdings eine
grenzenlose Vielfalt von realen Bestimmungen), da sich eine kompliziertere
Seinsform nur aus einer einfacheren, nur auf ihr als Grundlage fuend entwickeln
kann.
228-229
Die neue Konzeption der Geschichtlichkeit als oberste
dynamisch zentrale ontologische Kategorie eines jeden Seins und darum auch,
sogar vor allem des gesellschaftlichen Seins, ist heute noch weit entfernt davon,
selbst die Seinsanschauungen der sich zum Marxismus Bekennenden gedanklichzu beherrschen.
231-237
Das Citoyenideal der groen Revolutionen,
vor allem der franzsischen, die sich weitgehend von den religisen und naturbehafteten
Bestandteilen sozial gereinigt haben, ist freilich in einem seinsmig
realen Sinn nur im revolutionren bergang, in den revolutionren Zerstrungsbestrebungen
gegenber dem Feudalismus, weniger im gesellschaftlichen Sein der
kapitalistischen Gesellschaft selbst fundiert. Marx, der in seinen historischen
Schriften ber die revolutionren Krisen von 1848 diese Lage mit allen ihren;Folgen eingehend analysiert, sagt ber den groen Citoyenaufschwung der
groen Revolution ab 1789: Aber unheroisch, wie die brgerliche Gesellschaft
ist, hatte es jedoch des Heroismus bedurft, der Aufopferung, des Schreckens, des
Brgerkriegs und der Vlkerschlachten, um sie auf die Welt zu setzen. Daher der
Rckgriff auf die Ideologien des seinsmig davon radikal verschiedenen antiken
Citoyentums. Die revolutionren Ideologien fanden darin die Ideale und die
Kunstformen, die Selbsttuschungen, deren sie bedurften, um den brgerlich
beschrnkten Inhalt ihrer Kmpfe sich selbst zu verbergen und ihre Leidenschaft
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auf der Hhe der groen geschichtlichen Tragdie zu halten.' 25
Marx hat bereits in den vierziger Jahren klar gesehen, da es sich hier um etwas
grundlegend Neues handelt, wodurch die kapitalistische Gesellschaft fr die reale
232 Neustellung der Probleme des menschlichen Gattungslebens wirksam wird. In
der Judenfrage heit es: Der vollendete politische Staat ist seinem Wesen nachdas Gattungsleben des Menschen im Gegensatz zu seinem materiellen Leben.
Wir haben frher in anderen Zusammenhngen die Entwicklung geschildert, in
der die Menschen infolge des Aufhrens der stummen Gattungsmigkeit (als
gesellschaftliche Kmpfe um das Artikuliertwerden der neuen Sprache) sich
annherten. Der hier von Marx aufgezeigte Gegensatz ist eine neue, wichtige
Etappe dieses Weges. Die dabei entstehenden Widersprche bringen diesenGegensatz, der bis zur schroffen Spaltung der Verhaltensweisen des Menschen zu
seiner gesellschaftlichen Umwelt fhrt, aktiv und real ans Tageslicht. Marx sagt:
Alle Voraussetzungen dieses egoistischen Lebens bleiben auerhalb der
Staatssphre in der brgerlichen Gesellschaft bestehen, aber als Eigenschaften
der brgerlichen Gesellschaft. Wo der politische Staat seine wahre
Ausbildung erreicht hat, fhrt der Mensch nicht nur im Gedanken, im Bewutsein,
sondern in der Wirklichkeit, im Leben ein doppeltes, ein himmlisches
und ein irdisches Leben, das Leben in politischen G emeinw esen, worin
er sich als Gemeinwesen gilt, das Leben,in der brgerlichen Gesellschaft,worin er als P r i vatm ens c h ttig ist, die anderen Menschen als Mittel
betrachtet, sich selbst zu Mittel herabwrdigt und zum Spielball fremder Mchte
wird. Der politische Staat verhlt sich ebenso spiritualistisch zur brgerlichen
Gesellschaft wie der Himmel zur Erde. 1' Die Anspielung auf die Analogie mit
der Religion ist ideologienkritisch berechtigt. Die Rolle, die Jesus von Nazareth
im entfalteten Feudalismus spielt, ist der von Robespierre und St. Juste in 1848 inmancher Hinsicht verwandt, obwohl die reiner entwickelte Gesellschaftlichkeit
im Kapitalismus zugleich so bedeutsame Kontraste geschaffen hat, da diesegeeignet sind, die hnlichkeiten zu verdecken. Die revolutionren Gesetzgeber
der groen Wende am Ende des 18. Jahrhunderts haben deshalb im Widerspruch
zu ihren allgemein theoretischen Idealen, aber im Einklang mit dem gesellschaftlichen
Sein des Kapitalismus seinsmig folgerichtig gehandelt, wenn sie in ihren
Konstitutionen den idealistischen Vertreter der Gattungsmigkeit, den Citoyen,
dem den Materialismus dieser Gesellschaft reprsentierenden Bourgeois untergeordnet
haben. Diese Bewertung des Seinsgewichts hat auch spter die gesamte
kapitalistische Entwicklung beherrscht. Je energischer sich die Produktion entwickelte,desto mehr wurde der Citoyen und sein Idealismus zum dirigierten
Bestandteil der universell-materiellen Herrschaft des Kapitals. Natrlich ging das
nicht ohne Fraktionskmpfe vor sich. Der Wettstreit von Liberalismus (Anerken-
233 -nung und Durchsetzung dieser materiellen Suprematie) und Demokratie (Versuch
der Anknpfung an die Traditionen der groen Revolutionen) mute aber der
konomischen Entwicklung des kapitalistischen Seins entsprechend mit dem Sieg
des ersteren, mit der Verwandlung aller einst antifeudal intentionierten Reformen
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(allgemeines Wahlrecht, Pressefreiheit etc.) in Instrumente der unbeschrnkten
Herrschaft des Kapitals enden. Diese Beschaffenheit des Kapitalismus mute eine
universelle Entfremdung des Menschen mit sich fhren. Wir haben bei Behandlung
dieser Frage hervorgehoben, da auch die Entfremdung eine universelle werden
mute, nur mit entgegengesetzten Gefhlsbetonungen, je nach Klassenlage.
Wie seinerzeit ebenfalls hervorgehoben wurde, gewinnt auch die Entfremdungimmer reiner gesellschaftliche Zge. Da sie in der Kapitalistenklasse, je reiner
sich ihre konomie entfaltet hat, eine ununterbrochene Steigerung erfahren mu,
versteht sich von selbst; je energischer sich die auf smtliche Momente der
Lebensfhrung ausdehnende Herrschaft des materialistischen Bourgeois ber den
Citoyenidealismus durchsetzt, desto mehr. Aber auch auf der Gegenseite mute
der Kampf gegen die Entfremdung wesentliche nderungen durchmachen. Auchderen Inhalte und Formen sind von der konomischen Entwicklung des Kapitalismus
bedingt. Marx hat diesen historischen Proze genau verfolgt. Er hat gezeigt,
wie aus den grausamen Weisen der ursprnglichen Akkumulation die kapitalistische
Ordnung der konomie erstand. Er schliet seine genaue historische
Darstellung mit der ironischen Charakteristik des daraus entwachsenden Normalzustandes:
Fr den gewhlichen Gang der Dinge kann der Arbeiter den
>Naturgesetzen der Produktion< berlassen bleiben. 127 Diese normale Entwicklung
enthielt aber in den Formen der Ausbeutung und dadurch vermittelt in der
allgemeinen menschlichen Entfremdung genug Elemente, um auf der Seite derAusgebeuteten mehr oder weniger bewute revolutionre Gegenkrfte auszulsen,
die sich eben in den Arbeiterbewegungen des 19. Jahrhunderts, wie allgemein
bekannt, auch gezeigt haben. Schon bei dem jungen Marx ist es klar ersichtlich,
wie die lange Arbeitszeit, der unmenschlich niedrige Arbeitslohn Lagen schaffen,
aus denen nur die radikale Revolution einen Ausweg zu zeigen vermag. Ihre
grndliche Fundiertheit im unmittelbar konomisch bestimmten Sein zeigtdeshalb die Richtung fr die Bewegung auf: wie aus dem Kampf um ein materiell
einigermaen menschenwrdiges Leben die totale Umwlzung der gesamtenGesellschaft organisch herauswachsen kann. Zweifellos war dies die materielle
wie ideologische Grundlage, die die revolutionre Arbeiterbewegung in der Mitte
und zweiten Hlfte des vorigen Jahrhunderts ideologisch bestimmte.
234 Marx selbst jedoch hat noch eine wesentliche nderung im konomischen,
seinshaft entscheidenden Aufbau und Bewegungsrichtung der kapitalistischen
konomie festzustellen vermocht. Wir meinen den bergang der ausschlaggebenden
Ausbeutungsform vom absoluten Mehrwert, dessen Genesis in derAnalyse des Abschlusses der ursprnglichen Akkumulation dargelegt wurde, zu
der mit der Vermittlung des relativen Mehrwerts. Sein Wesen wird von Marx
zugleich konzentriert und das Wesen betonend so beschrieben: da im Gegensatz
zum absoluten Mehrwert nicht die Arbeitszeit verlngert werden mu, damit es
zur Erhhung des Mehrwerts komme, sondern die zur Selbstreproduktion des
Arbeiters notwendige Arbeit mu verkrzt werden, durch Methoden, vermittels
deren das quivalent des Arbeitslohns in weniger Zeit produziert wird. Statt also
die Arbeitszeit zu erhhen, werden die technischen Prozesse der Arbeit und die
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gesellschaftlichen Gruppierungen durch und durch revolutioniert. Das bringt eine
neue Periode der kapitalistischen Produktion hervor: An die Stelle der formellen
tritt die reale Subsumtion der Arbeit unter das Kapital.
Da damit natrlich
den Klasseninteressen der Bourgeoisie entsprechend die Gesellschaftlichkeit der
gesellschaftlichen Reproduktion der Menschen gesteigert wird, ist evident. Eswird zugleich klar, da die Unmittelbarkeit des revolutionren Reagierens auf die
kapitalistische Ausbeutung dadurch gleichfalls eine Abschwchung erfhrt. Dieser
Wandel als Wirkung der Kategoriennderung im Proze der Ausbeutung
spiegelt sich auch in den verschiedenen revisionistischen Bewegungen, denen
entsprechend die revolutionre Umwlzung der Gesellschaft keinen organischen
Bestandteil des Marxismus bildet, sondern eine fremde (nach Bernstein: bloblanquistische, d. h. citoyenhafte) Zutat. Die Versuche der Widerlegung des
Revisionismus bei Bewahrung der alten konomischen Begrndungen endeten in
einen Eklektizismus, der dem Walten der Revolution im Marxismus einen
idealistisch-utopischen, beliebig manipulierbaren, darum praktisch ohnmchtigen
Citoyen -Charakter verlieh.
Die bedeutende theoretische Tat Lenins ist die Auflehnung gegen dieses, am
gesellschaftlichen Sein des Proletariats, seiner Ausbeutung und Entfremdung
achtlos vorbeigehende falsche Dilemma. Sie enthlt aber noch nicht eine neue,
vertiefte Analyse der nderung der konomischen Seinslage selbst. Wenn Lenindiese spter in der konomie des Imperialismus zu finden meinte, so wies er,
ebenso wie gleichzeitig Rosa Luxemburg, mit groem Recht auf eine der
wichtigsten Erscheinungsweisen der konomisch genderten Lage; beide erreichen
jedoch in ihrer kritischen Analyse die konomischen Fundamentalkatego-
235 rien nicht. Rosa Luxemburg kontrastiert die spontan-revolutionre Praxis desProletariats mit seinem opportunistischen Dirigiertsein bei einem normal funktionierenden
Kapitalismus und landet damit bei der Konzeption eines spontanautomatischen,notwendigen Inerscheinungtreten des subjektiven Faktors in
objektiv revolutionren, aber zumindest auch auf revolutionre Mglichkeiten
intendierenden Lagen. Diesem gegenber ist die Analyse Lenins kritischer. Am
Vorabend der Oktoberrevolution, gegen Sinowjew polemisierend, zeigt er, da
auch spontan-vehemente Auflehnungen des subjektiven Faktors gegen das bestehende
kapitalistische System einen Alternativcharakter haben mssen, also spontan
sogar ins direkt Reaktionre umschlagen knnen.' Diese berechtigte Kritik
ist bei ihm mit einer richtigen, tiefgreifenden Analyse der allgemeinen Handlungsmglichkeitender Menschen im Kapitalismus verknpft, mit der Erkenntnis, da
die blo spontane Auflehnung der (partikular bleibenden) Menschen, auch wenn
sie Massen erfat, den Rahmen des Kapitalismus keineswegs notwendig-spontan
sprengt. Wenn er in Was tun ? die von ihm tradeunionistisch genannte
Spontaneitt mit dem individuellen Terror der Sozialrevolutionre auf eine Stufe
stellt, ' ist seine Ideologienkritik weitgehend auch fr gegenwrtige Aktionen
einer reinen Spontanitt gltig. Der Ausweg aus diesem Steckenbleiben in der
bloen Spontanitt, die die normale Handlungsweise der partikularen Menschen
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charakterisiert, sucht Lenin, ebenfalls mit Recht, in ihrer ideologischen berwindung,
die darauf basiert ist, da die berwindung der Partikularitt mit allen ihren
aktionsmigen und theoretischen Folgen nur ein Bewutsein sein kann, das an
den Menschen von auen herangefhrt wird, ein politisches Klassenbewutsein.
Er beschreibt das so Entstehende folgendermaen: Das politische Klassenbewutsein
kann dem Arbeiter nur von auen beigebracht werden, d. h. auerhalbdes konomischen Kampfes, auerhalb der Sphre der Beziehungen zwischen
Arbeitern und Unternehmern. Das Gebiet, aus dem allein dieses Wissen
geschpft werden kann, ist das Gebiet der Beziehungen aller Klassen und
Schichten zu dem Staate und der Regierung, das Gebiet der Wechselbeziehungen
zwischen smtlichen Klassen. 13' Damit ist ein hchst wichtiger Schritt zur
berwindung der falschen Verwissenschaftlichung des Marxismus dieser Zeitgetan. Fr Marx selbst war die konomie immer die materielle Grundlage fr die
entscheidenden (kategoriellen) Formen des menschlichen Lebens, fr ihre historische
Entwicklung, deren allgemeinster Ausdruck sich als die jeweilige Entfaltung
236 der nicht mehr stummen Gattungsmigkeit real konkretisiert. Indem seine
Nachfolger aus dieser universellen Basis des menschlichen Seins eine davon
isolierte Einzelwissenschaft gemacht haben, konnten sie in ihren partiellen
Zusammenhngen nur Beziehungen auf die Aktivitten der blo partikularen
Menschen entdecken, so da selbst deren totalste Synthese nicht ber diesePartikularitt hinauszuweisen vermochte. Indem nur in einer auf dieser
Grundlage konsequenten Weise jede nicht strikt konomische uerung des
Menschenlebens dieser knstlich isolierten konomie als davon mechanisch
abhngiger (oder idealistisch verselbstndigter) berbau gegenberstand, mute
die konomie selbst jede innere Gebundenheit an die menschliche Gattungsmigkeit
und ihre geschichtliche Bewegungsweise verlieren, einerlei, ob die einzelwissenschaftliche Beziehung von Basis und berbau idealistisch geltend oder
mechanisch-materialistisch gesetzmig formuliert wurde. Lenins Lehre vomnicht mehr spontanen, von auen herangebrachten Klassenbewutsein des
Proletariats ist also der einzige groe theoretische Vorsto zu einer Erneuerung
des Marxismus, zur Herstellung ihrer echten, auf das Sein begrndeten Totalitt
und weltgeschichtlichen Bewegtheit.
Die einzige wichtige damals nicht sichtbar gewordene und darum falsch
kritisierte Schwche dieser grozgigen, Marx wirklich der Gegenwart revolutionr
entgegenbringenden Konzeption Lenins ist, da sie sich zu ausschlielich,
zu unbedingt auf die Umwlzung der Ideologie konzentriert und diese darumnicht konkret genug an die Vernderung des umzuwlzenden Objekts, der
kapitalistischen konomie orientiert. Es darf freilich dabei auch nicht verschwiegen
werden, da Marx selbst aus der von uns zuletzt angefhrten, von ihm selbst
als grundlegend betrachteten nderung der kapitalistischen konomie infolge
der Tendenz zur Vorherrschaft des relativen Mehrwerts in der Ausbeutung der
Arbeiter nie ausgesprochene Konsequenzen fr die revolutionre Bewegung
gezogen hat.' Auch bei Lenin fehlt selbst eine Anspielung darauf, ob seine so
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237 wichtige Unterscheidung zwischen tradeunionistischem und politischem
Klassenbewutsein
von einer nderung im gesellschaftlichen Sein des Kapitalismus
hervorgerufen und auf diese speziell bezogen oder fr jedes Stadium der Entwicklung
in gleicher Weise gltig wre. Es bleibt so bei einer bedeutsamen
ideologischen Gegenberstellung zweier Verhaltungsarten. Das hat allerdings inder spteren Entwicklung verhngnisvolle Konsequenzen gehabt. Die ideologische
Allgemeinheit schien nmlich fr Stalin und seine Anhnger die Mglichkeit
zu bieten, ihre eigene politische Ideologie, die in allen einigermaen wichtigen
Fragen der strikte Gegensatz der Leninschen gewesen ist, als deren angemessene
Fortfhrung darzustellen. Dadurch wurde sie zum Instrument eines sozialistischbrokratisch
manipulierten Citoyentums, worin die von Marx gefundene undvon Lenin konkretisierte berwindung des brgerlichen Dualismus sozialistisch
formell vereinigt und gerade dadurch fr die Praxis der Gegenwart kompromittiert
wurde. Soll sie erneuert werden, mu das von Lenin Versumte nachgeholt
werden: das Aufzeigen jener konomischen Grundlagen, ihrer Entwicklungstendenzen,
die es gestatten, hier und gerade hier endlich die berwindung der
Bourgeois-Citoyen-Dualitt und darin vor allem die Herrschaft des rein partikularen
Menschentums ber die auf eine neue, nicht mehr notwendig entfremdete
Gattungsmigkeit orientierte zu verwirklichen.
Es kann nicht oft genug wiederholt werden: das setzt eine weitgehende, wissenschaftlichgenaue Kenntnis der konomie jener Formationen voraus, in denen
diese Tendenzen verwirklicht werden knnen und sollen. Die bisherigen Darlegungen
jedoch haben uns, so wenigstens hofft es der Verfasser, in die Lage
versetzt, etwas genauer ins Auge zu fassen, was dabei unter Wissenschaftlichkeit
verstanden werden soll. Wenn wir auch in dieser Frage auf die Methode von Marx
zurckgreifen, so zeigt sich dabei sogleich als eine ihrer bahnbrechendstenErgebnisse, da sie die bis dahin oft errichtete chinesische Wand zwischen
Wissenschaft und Philosophie niedergerissen hat. Das bedeutete natrlich niemalsden Versuch, die Eigenart der beiden letzthin zusammengehrigen und doch in
Zielsetzung und Methoden unmittelbar so verschiedenen, ja zuweilen sich bis zur
Gegenstzlichkeit zuspitzenden Gebiete mechanisch zu homogenisieren. Es
bedeutet im Gegenteil die Einsicht, da beide, in ihrer Verschiedenheit einander
letzthin ergnzende theoretisch-praktischen Aktivitten des Menschengeschlechts
werden mssen, um ihre echten Erkenntnisfunktionen in echter Weise
erfllen zu knnen.
238-239
In den Einzelwissenschaften geht freilich im allgemeinen das
Gefhl fr das wirkliche Sein, fr die echte Bewegtheit des jeweils untersuchten
Gebiets verloren. uerliche, formelle Strukturformen wachsen zum Ersatz der
wirklichen Daseinsweisen empor, und die gleichfalls unter solchem Einflu
stehende, jedoch in entscheidenden Fragen von den Manipulationsinteressen des
Kapitalismus geleitete Philosophie entfernt sich immer mehr von Anerkennung
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und Analyse des wirklichen Seins. Kant hat noch ein wenn auch unerkennbares
An-sich-Sein anerkannt; im Neukantianismus und noch mehr im Positivismus
und Neopositivismus ist das Hauptbestreben: das Sein berhaupt aus der
Erkenntnissphre zu eliminieren. Diese Objektivitt ohne Seinsgrundlage von
Wissenschaft und Philosophie ist gerade dazu geschaffen, um die menschlichen
Aktivitten zu entideologisieren, d. h. zu bloen Objekten einer Manipulation(vermittels der universellen Allmacht der Informationen) zu verwandeln.
247
Will der Mensch der Steinzeit ein Beil herstellen, so
mu er sich die Funktionen, die mglichen Formen etc. des Beils, bestimmteHandgriffe des Schleifens, etc. bewutmachen. Das ist ja gerade der Sprung aus
der biologisch determinierten Seinssphre in die der Gesellschaftlichkeit. Daraus
folgt jedoch bei weitem nicht, da die dabei fr eine solche Praxis unerlliche
Bewutheit fr den Menschen dieser Entwicklungsstufe als solche ebenfalls
bewut werden mte. Die konkreten Arbeitserfahrungen, die ja ebenfalls einen
praktisch bewuten Charakter haben mssen, um funktionieren, um eventuell
praktisch erweitert werden zu knnen, besitzen diese Bewutheit blo in bezug
auf den konkreten Proze der Praxis selbst, nicht in bezug auf die Genesis und
Beschaffenheit jenes Bewutseins, dessen konkret-praktische Erscheinungsweisensie de facto sind.
249
Da die Menschen der anfnglichen Entwicklungsstufen
(und auch noch lange danach) auerstande waren, ihr eigenes
gesellschaftliches Sein in seiner Genesis, in seiner Historizitt sich auch nurvorzustellen, d. h. da sie auerstande waren, die eigene Praxis und das daraus
entstehende Bewutsein zur Grundlage ihres eigenen Weltbildes zu machen,mute die erste wichtige Form der menschlichen Entfremdung entstehen: die
Menschen bertrugen Genesis, Wesen, Funktionen ihres eigenen Seins auf transzendente
Mchte, deren Beschaffenheit sie, anfangs sehr simpel, spter gedanklich
immer raffinierter aus Analogieschlssen ihres eigenen Daseins aufbauten. Aus der
teleologischen Arbeit der Menschen entstand die Entfremdungsweise der von
transzendenten Mchten geschaffenen Welt und in ihr des von ihnen geschaffenen
Menschen selbst.'"
250
knnte man sagen: die Erkenntnistheorie lst die Theologie
ab, d. h. statt den kategoriellen Aufbau der Wirklichkeit auf die schpferische
Teleologie eines transzendenten, vollkommenen Wesens (oder auf mehrere,
relativ vollkommenere) zurckzufhren, wird der im zunehmenden Mae als
ungeschaffen, als unvernderlich-ewig vorgestellten Welt ein gleichfalls ohne
Genesis vorgestelltes Denken gegenbergestellt.
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