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Zu: Gerhard Sammer, Doris Schumacher: Ein Komponist der Romantik – Lernzirkel mit Antonín Dvorák. © by Helbling, Rum/Innnsbruck
B1: Politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen im 19. Jahrhundert
Informationsblatt
‘Die Freiheit führt das Volk an’ von Eugène Delacroix, 1830, Louvre, Paris.
Die Französische Revolution
Voraussetzung für die meisten Verän-derungen im 19. Jh. war die Franzö-sische Revolution von 1789 bis 1792.Sie begann mit dem ‘Sturm auf dieBastille’ (die Bastille war ein Gefäng-nis und somit ein Symbol für dieGewaltherrschaft) und brachte demfranzösischen Volk einen Sieg überden ‘Absolutismus’.
Der ‘Ständestaat’ wurde abge-schafft, die Menschenrechte wurdenerklärt: Die Begriffe Liberté, Egalitéund Fraternité (also persönliche Freiheit, Rechtsgleichheit und Welt-bürgertum) sollten von nun an dieGrundlagen des Zusammenlebens imStaat sein.
Die Folgen dieses Aufstands in Pariswaren Bauernerhebungen im ganzenLand, Massenflucht des Adels unddamit verbunden ein völliger Zusam-menbruch der Verwaltung. Den All-tag bestimmten Unsicherheit, Macht-kämpfe und Morde.
In diesem Chaos ließ sich Napoleonzum Kaiser krönen und überzogEuropa mit Krieg. 1815 wurde dasletzte napoleonische Heer in derSchlacht bei Waterloo vernichtet.
Politische Ereignisse
Neuordnung Europas
Die Neuordnung Europas sollte ineinem Friedenskongress, an dem fastalle Staaten und Fürsten Europas teil-nahmen, erfolgen. Der ‘Wiener Kon-gress’ (1814/1815) war in erster Linieein Werk Fürst Metternichs (österrei-chischer Außenminister), der alle libe-ralen und revolutionären Ideen derZeit als staatsgefährdend ablehnte.
Im Vordergrund des Kongressesstand nicht nur die Wiederherstel-lung des politischen Zustandes von1792. Überall herrschte wieder Kon-servativismus und Traditionalismus(das Bewahren überkommener Le-bensformen aus Erfurcht vor demGewordenen, der Tradition).
Neue Revolutionen
Doch die Unterdrückung der neuenIdeen blieb nicht erfolgreich und vieleMenschen in Europa waren nicht
mehr bereit, sich dem alten poli-tischen System des Absolutismusunterzuordnen: Große Revolutionenbegannen.
Nach der ‘Julirevolution’ von 1830erfasste die Revolution von 1848 allegroßen europäischen Staaten mitAusnahme von England und Russ-land. Die Unruhen begannen inFrankreich und griffen auf Deutsch-land und Österreich über. Währendradikale Kräfte eine demokratischeRepublik anstrebten, begnügte sichdas Bildungsbürgertum mit gemä-ßigten Positionen.
Doch die liberalen, nationalen undsozialistischen Kämpfe endeten inNiederlagen und leiteten eine Epocheneuerlicher Machtpolitik ein. Trotzder starken konservativen Kräfte (diedas Bestehende bewahren wollen),setzte aber langsam und unaufhalt-sam ein Demokratisierungsprozessein.
Der ‘Kutscher Europas’: Klemens Wen-zel Fürst Metternich hat maßgeblichenAnteil ander Neuordnung Europas.
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Zu: Gerhard Sammer, Doris Schumacher: Ein Komponist der Romantik – Lernzirkel mit Antonín Dvorák. © by Helbling, Rum/Innnsbruck
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Erfindungen und Entdeckungen
Nicht nur die politischen Ideen warenradikal neu, es herrschte auch eingroßer Glaube an Fortschritt undWissenschaft. Zahllose Erfindungenund Entdeckungen in der Physik(Röntgenstrahlen), der Biologie (Ver-erbungslehre), der Chemie und Medi-zin (Äthernarkose, viele neue Opera-tionsmöglichkeiten), der Nachrich-ten- und Verkehrstechnik (Elektro-motor, Benzinmotor, Luftschiff undTelefon), viele neue Maschinen unddie steigende Bedeutung der Eisen-bahn verändern die Wirtschaft unddas Leben der Menschen stark.
Die Eisenbahnen revolutionieren deninternationalen Verkehr. Abb: ‘Eisen-bahntänze‘, Museum für Geschichte derStadt Leipzig.
Die wichtigsten politische Strömungen
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Die Schwerindustrie wird aufgrund der immer schnelleren technischen Entwicklungzur Leitbranche der Industrialisierung. Abb.: ‘Eisenwalzwerk’ von Adolph Menzel,Preußischer Kulturbesitz.
Konservativismus
Der Konservativismus ist eine poli-tische Grundidee im 19. Jh. Manbetrachtet Staat und Gesellschaftals sich organisch entwickelndeGebilde, die nicht nach neuen Ideen verändert werden sollten. So werden alle Einrichtungen undAutoritäten, die für die überlieferteund gottgewollte Ordnung stehen,verteidigt: Monarchie, Kirche, Fa-milie, Besitz.
Liberalismus
Dem gegenüber steht der Libera-lismus, der die Verwirklichung indi-vidueller Freiheit anstrebt. Darun-ter versteht man: • die Freiheit der Person, ge-
schützt durch Grund- und Men-schenrechte (Meinungsfreiheit,Glaubensfreiheit, nicht: Besitz-und Bildungsfreiheit)
• einen Verfassungsstaat mit Ge-waltenteilung und Grundge-setzen, der als Rechtsstaat denBürger schützt und auf Macht-politik verzichtet
• Mitwirkung des politisch mün-digen Bürgers an der Gemein-schaft durch Wahl
• freie Wirtschaft
Demokratie
Die demokratische Bewegung hebtsich von den Liberalen durch dieBetonung der Gleichheit und derVolkssouveränität (vor dem Rechtdes Einzelnen rangiert das Rechtder Mehrheit) ab. Neben einem allgemeinen Wahlrecht werdeneine gerechtere Verteilung desEigentums und die Beseitigung von Klassengegensätzen und Bildungs-vorrechten gefordert.
Nationalismus
Das National- und Vaterlands-gefühl (Patriotismus) wird, aus-gehend von der FranzösischenRevolution, zu einer der stärkstenpolitischen Kräfte im 19. Jh. Eserwacht ein ausgeprägtes Ge-schichtsbewusstsein, somit einwachsendes Interesse an derEigenart von Völkern und Orten.Man strebt das Selbstbestim-mungsrecht der Nation, den sou-veränen Nationalstaat an.
Ende Februar 1848erscheint das epoche-machende Manifestder KommunistischenPartei von Karl Marx und Friedrich Engels.
Wirtschaftliche und soziale Veränderungen
Industrialisierung und Sozialprobleme
Die Industrialisierung ging von Eng-land aus, das bis zum Ende des 19.Jahrhunderts führend blieb. Es ent-standen Ballungszentren in Industrie-gebieten (Verstädterung), National-einkommen und Lebensstandard stie-gen. Allerdings verloren Handwerkund Kleinbauerntum an Bedeutungund die Klassenunterschiede ver-schärften sich. Die sozialen Problemewurden immer größer: Die Arbeiterwurden ausgebeutet und lebten imElend, Kinderarbeit war alltäglich.Der Einzelne musste sich in einer ano-nymen Masse zunehmend isoliertfühlen.