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Rechtsprechung bbl 2009, Heft 6 Dezember 231 © Springer-Verlag 2009 Steiermark Baupolizeilicher Auftrag; Parteienbezeichnung; Ver- schmelzung von Gesellschaften; Rechtsnachfolge DOI 10.1007/s00738-009-0737-7 § 39 Abs 3, 4 und 5 stmk BauG 1995 Eine förmliche Berichtigung der unrichtigen Par- teienbezeichnung einer juristischen Person (hier: von „X-GesmbH & Co KG“ in „X-GesmbH“ nach Einbringung der KG einer X-GesmbH & Co KG in die Muttergesellschaft) ist im Berufungsverfah- ren nicht zulässig. VwGH 15.9.2009, 2009/06/0106 <170> Aus der Begründung: Die Bf wendet sich zunächst ge- gen die von der Berufungsbeh vorgenommene Berich- tigung der Parteibezeichnung und erachtet diese als unzulässig. Damit ist sie im Recht: Unbestritten ist, dass es die X-GmbH & Co KG als Rechtssubjekt gegeben hat, diese (aufgenommene Ge- sellschaſt) mit der Bf verschmolzen wurde, was sich auch aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Fir- menbuchauszug ergibt, und dies bereits vor Einleitung des zugrundeliegenden baupolizeilichen Verfahrens der Fall war. Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob eine förmliche Berichtigung der Parteibezeichnung (von der X-GmbH & Co KG auf die Bf) durch die Beh erster Instanz hätte erfolgen können (verbunden mit einer Zustellung des Bescheides an die Bf), weil nach der gegebenen verfahrensrechtlichen Konstellation die Vorgangsweise der Berufungsbeh rechtswidrig war: Auf Grund des Vorbringens in der Berufung, die aus- drücklich von der (nicht mehr existenten) X-GmbH & Co KG erhoben wurde, war es ausgeschlossen, diese der Bf zuzurechnen und aus diesem Anlass die Parteienbe- zeichnung zu berichtigen, sowie die Berufung der Bf zuzurechnen und hierüber als von der Bf erhobene me- ritorisch zu entscheiden. Vielmehr wäre die Berufung der X-GmbH & Co KG mangels rechtlicher Existenz der vormaligen Gesellschaſt als unzulässig zurückzu- weisen gewesen. (Auebung) Wien Wasserreservoir; Superädifikat; Widerruf der Baube- willigung; Beseitigungsauftrag, Adressat DOI 10.1007/s00738-009-0738-6 §§ 71, 129 Abs 10 wr BauO; § 38 AVG; §§ 297, 435 ABGB Ein Superädifikat liegt dann vor, wenn dem Er- bauer erkennbar die Belassungsabsicht fehlt, welche im Allgemeinen durch das äußere Er- scheinungsbild des Bauwerkes hervortritt, aber auch aus anderen Umständen erschlossen wer- den kann. Bei einem Wasserreservoir, das (hier: mit aus- drücklicher Zustimmung der Grundeigentümer) der Vereinsleitung einer Kleingartenanlage auf Widerruf bewilligt worden ist, handelt es sich auf Grund der erkennbaren fehlenden Belassungs- absicht um ein Superädifikat des Vereins. Der Widerruf der Bewilligung sowie der Bau- auftrag zur Beseitigung des Bauwerkes sind da- her an der Verein (als Eigentümer des Bauwerkes) zu richten. VwGH 23.7.2009, 2006/05/0027 <171> Baubewilligungsfreie Maßnahmen; Glashaus auf Dach- terrasse DOI 10.1007/s00738-009-0739-5 §§ 60 Abs 1 lit c, 62a Abs 1 Z 5 und Abs 3 wr BauO Die Situierung eines Glashauses auf der Dach- terrasse schließt auch im Fall der damit einher- gehenden Veränderung des äußeren Ansehens eines Gebäudes nicht von vornherein die Bewil- ligungsfreiheit dieser baulichen Maßnahme aus. VwGH 23.7.2009, 2006/05/0277 <172> Aus der Begründung: Nach § 62a Abs 3 BO müssen Anlagen nach § 62a Abs 1 leg cit den Bauvorschriſten einschließlich den Bebauungsvorschriſten entsprechen und sind anderenfalls zu beseitigen; gegebenenfalls kann die Beh Auſträge gem § 129 Abs 10 BO erteilen. Solche Auſträge müssen erteilt werden, wenn augen- scheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesund- heit von Menschen besteht. 2.2. Die bel Beh stützte die aktuelle Bewilligungs- pflicht auf § 60 Abs 1 lit c BO, wonach – soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70 BO zur Anwendung kommen – bei Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, durch die (ua) das äußere An- sehen geändert wird, „vor Beginn“ die Bewilligung der Beh zu erwirken ist. Dazu ist aber zu bemerken, dass allein die Verän- derung des äußeren Ansehens eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage nicht bedeuten kann, dass eine Bewilligungsfreiheit nach § 62a Abs 1 BO jeden- falls nicht in Betracht käme, zumal diese Bestim- mung – vgl insb deren Z 24 und Z 33 – Bewilligungs- freiheit für Bauausführungen vorsieht, mit denen üblicherweise eine Änderung des äußeren Ansehens von Gebäuden und baulichen Anlagen einhergeht kann. Es ist nicht zu erkennen, warum dies nicht auch für die im angefochtenen Bescheid für die vorliegende Baulichkeit genannte Z 5 des § 62a Abs 1 BO gelten sollte. Der GH hat schon in seinem die vorliegende Konstellation betreffenden, bereits zit Erk v 27.6.2006

Baubewilligungsfreie Maßnahmen; Glashaus auf Dachterrasse

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Rechtsprechungbbl2009, Heft 6Dezember 231

© Springer-Verlag 2009

Steiermark

Baupolizeilicher Auftrag; Parteienbezeichnung; Ver-schmelzung von Gesellschaften; Rechtsnachfolge

DOI 10.1007/s00738-009-0737-7

§ 39 Abs 3, 4 und 5 stmk BauG 1995

Eine förmliche Berichtigung der unrichtigen Par-teienbezeichnung einer juristischen Person (hier: von „X-GesmbH & Co KG“ in „X-GesmbH“ nach Einbringung der KG einer X-GesmbH & Co KG in die Muttergesellschaft) ist im Berufungsverfah-ren nicht zulässig.

VwGH 15.9.2009, 2009/06/0106 <170>

Aus der Begründung: Die Bf wendet sich zunächst ge-gen die von der Berufungsbeh vorgenommene Berich-tigung der Parteibezeichnung und erachtet diese als unzulässig. Damit ist sie im Recht:

Unbestritten ist, dass es die X-GmbH & Co KG als Rechtssubjekt gegeben hat, diese (aufgenommene Ge-sellschaft) mit der Bf verschmolzen wurde, was sich auch aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Fir-menbuchauszug ergibt, und dies bereits vor Einleitung des zugrundeliegenden baupolizeilichen Verfahrens der Fall war.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob eine förmliche Berichtigung der Parteibezeichnung (von der X-GmbH & Co KG auf die Bf) durch die Beh erster Instanz hätte erfolgen können (verbunden mit einer Zustellung des Bescheides an die Bf), weil nach der gegebenen verfahrensrechtlichen Konstellation die Vorgangsweise der Berufungsbeh rechtswidrig war: Auf Grund des Vorbringens in der Berufung, die aus-drücklich von der (nicht mehr existenten) X-GmbH & Co KG erhoben wurde, war es ausgeschlossen, diese der Bf zuzurechnen und aus diesem Anlass die Parteienbe-zeichnung zu berichtigen, sowie die Berufung der Bf zuzurechnen und hierüber als von der Bf erhobene me-ritorisch zu entscheiden. Vielmehr wäre die Berufung der X-GmbH & Co KG mangels rechtlicher Existenz der vormaligen Gesellschaft als unzulässig zurückzu-weisen gewesen. (Aufhebung)

Wien

Wasserreservoir; Superädifikat; Widerruf der Baube-willigung; Beseitigungsauftrag, Adressat

DOI 10.1007/s00738-009-0738-6

§§ 71, 129 Abs 10 wr BauO; § 38 AVG; §§ 297, 435 ABGB

Ein Superädifikat liegt dann vor, wenn dem Er-bauer erkennbar die Belassungsabsicht fehlt, welche im Allgemeinen durch das äußere Er-scheinungsbild des Bauwerkes hervortritt, aber

auch aus anderen Umständen erschlossen wer-den kann.

Bei einem Wasserreservoir, das (hier: mit aus-drücklicher Zustimmung der Grundeigentümer) der Vereinsleitung einer Kleingartenanlage auf Widerruf bewilligt worden ist, handelt es sich auf Grund der erkennbaren fehlenden Belassungs-absicht um ein Superädifikat des Vereins.

Der Widerruf der Bewilligung sowie der Bau-auftrag zur Beseitigung des Bauwerkes sind da-her an der Verein (als Eigentümer des Bauwerkes) zu richten.

VwGH 23.7.2009, 2006/05/0027 <171>

Baubewilligungsfreie Maßnahmen; Glashaus auf Dach-terrasse

DOI 10.1007/s00738-009-0739-5

§§ 60 Abs 1 lit c, 62a Abs 1 Z 5 und Abs 3 wr BauO

Die Situierung eines Glashauses auf der Dach-terrasse schließt auch im Fall der damit einher-gehenden Veränderung des äußeren Ansehens eines Gebäudes nicht von vornherein die Bewil-ligungsfreiheit dieser baulichen Maßnahme aus.

VwGH 23.7.2009, 2006/05/0277 <172>

Aus der Begründung: Nach § 62a Abs 3 BO müssen Anlagen nach § 62a Abs 1 leg cit den Bauvorschriften einschließlich den Bebauungsvorschriften entsprechen und sind anderenfalls zu beseitigen; gegebenenfalls kann die Beh Aufträge gem § 129 Abs 10 BO erteilen. Solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augen-scheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesund-heit von Menschen besteht.

2.2. Die bel Beh stützte die aktuelle Bewilligungs-pflicht auf § 60 Abs 1 lit c BO, wonach – soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70 BO zur Anwendung kommen – bei Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, durch die (ua) das äußere An-sehen geändert wird, „vor Beginn“ die Bewilligung der Beh zu erwirken ist.

Dazu ist aber zu bemerken, dass allein die Verän-derung des äußeren Ansehens eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage nicht bedeuten kann, dass eine Bewilligungsfreiheit nach § 62a Abs 1 BO jeden-falls nicht in Betracht käme, zumal diese Bestim-mung – vgl insb deren Z 24 und Z 33 – Bewilligungs-freiheit für Bauausführungen vorsieht, mit denen üblicherweise eine Änderung des äußeren Ansehens von Gebäuden und baulichen Anlagen einhergeht kann. Es ist nicht zu erkennen, warum dies nicht auch für die im angefochtenen Bescheid für die vorliegende Baulichkeit genannte Z 5 des § 62a Abs 1 BO gelten sollte. Der GH hat schon in seinem die vorliegende Konstellation betreffenden, bereits zit Erk v 27.6.2006

Rechtsprechung232bbl2009, Heft 6

Dezember

© Springer-Verlag 2009

darauf hingewiesen, es sei nicht von vornherein aus-zuschließen, dass hier die Bewilligungsfreiheit nach § 62a Abs 1 BO in Betracht kommt.

In dem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Be-willigungsfreiheit nach § 62a Abs 1 BO grundsätzlich in Betracht kommen kann, führt daher der Hinweis auf eine Änderung des äußeren Ansehens eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage durch eine Bauausführung nicht zu dem Ergebnis, dass eine Bewilligungsfreiheit iSd § 62a BO von vornherein ausscheidet.

Die Auffassung der bel Beh, dass die Situierung der gegenständlichen Baulichkeit auf dem Dach eines Ge-bäudes die Bewilligungsfreiheit ausschließe, ist mit dem Einleitungssatz des § 60 Abs 1 BO nicht zu ver-einbaren. Soweit die bel Beh das Erk v 19.3.1991, 88/05/0113, ins Treffen führt, ist zu bemerken, dass dieses zu einer Rechtslage vor der Schaffung des § 62a BO erging.

Die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffas-sung, dass bei Errichtung einer Baulichkeit iSd § 62a Abs 1 Z 5 BO auf einem Flachdach eines Gebäudes oder einer Terrasse das äußere Ansehen des Gebäudes geändert werde und damit jedenfalls eine Bewilli-gungspflicht bestehe, erweist sich daher als nicht zu-treffend. Vielmehr hätte die bel Beh das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 62a Abs 1 Z 5 BO näher prüfen müssen, zumal eine nach § 62a Abs 1 BO ge-gebene Bewilligungsfreiheit (wie auch schon in dem zit Erk ausgeführt) die Erlassung eines Bauauftrages nur im Rahmen des § 62a Abs 3 BO ermöglicht. (Auf-hebung)

Fehlende Einreichunterlagen; Verbesserungsauftrag

DOI 10.1007/s00738-009-0740-z

§§ 63 Abs1, 64 wr BauO; § 13 Abs 3 AVG

Im Fall ergänzungsbedürftiger Einreichunterla-gen ist eine Verbesserungsfrist von drei Wochen als angemessen zu beurteilen.

VwGH 23.7.2009, 2006/05/0129 <173>

Aus der Begründung: Der in der Aufforderung ge-nannte § 64 BO normiert in seinem Abs 1 näher den Inhalt der nach § 63 Abs 1 leg cit für das Baubewilli-gungsverfahren als Einreichunterlage vorzulegenden Baupläne. Angesichts dieser Regelungen über die dem Bauansuchen anzuschließenden Unterlagen ist davon auszugehen, dass die Bf wusste, mit welchen Unterlagen ihr Bauansuchen ausgestattet sein muss. Von daher ist – entgegen der Beschwerde – die von der Erstbeh statu-ierte Frist von drei Wochen zur Vorlage der aufgetrage-nen Ergänzungen als angemessen zu beurteilen (vgl etwa das Erk v 31.8.1991, 99/05/0143, mwH). (Abwei-sung)

Baubewilligungspflichtige Maßnahmen; auskragende Bauteile auf Stahlkonstruktion; Dachterrassenerwei-terung

DOI 10.1007/s00738-009-0741-y

§§ 60 Abs 1 lit c, 62a Abs 1 Z 33 wr BauO

Die Errichtung auskragender Bauteile (hier: auf einer Stahlkonstruktion zur Erweiterung von Dachterrassen) an einem Gebäude ist baubewilli-gungspflichtig.

Ein begehbarer Bauteil kann nicht als baube-willigungsfreie Außenjalousie, Markise oder als Gleichartiges angesehen werden.

VwGH 23.7.2009, 2006/05/0167 <174>

Aus der Begründung: Gem § 60 Abs 1 lit c BO erfordert (ua) jede Änderung des äußeren Ansehens eines Gebäu-des (soweit nicht §§ 62, 62a oder 70a leg. cit. zur Anwen-dung kommen) „vor Beginn“ die Bewilligung der Beh.

Gem § 62a BO ist bei Bauausführungen betreffend „Außenjalousien, Markisen und dergleichen außerhalb von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre“ weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich (Abs 1 Z 33).

Entgegen der Beschwerde erweist sich die von der bel Beh vertretene (oben wiedergegebene) Auffassung, dass die vorliegende Stahlkonstruktion weder aus gramma-tikalischer noch aus gesetzessystematischer und (nach den Gesetzesmat) aus historischer Sicht dem § 62a Abs 1 Z 33 BO subsumiert werden kann, als rechtskonform.

Wenn auch (worauf die Beschwerde zu Recht hin-weist) in dieser Norm mit der Wortfolge „und derglei-chen“ eine bloß demonstrative Aufzählung der diesem Tatbestand zu subsumierenden Gegenstände erfolgt, wird mit den dort enthaltenen Begriffen „Außenjalou-sien“ bzw „Markisen“ doch der Maßstab fixiert, dem die nicht konkret aufgezählten Gegenstände entsprechen müssen. Ein begehbarer Bauteil kann weder als Marki-se noch als Jalousie oder als Gleichartiges angesehen werden. (Abweisung)

Abweichende Bauausführung; unzulässiger Plan-wechsel, baubewilligungspflichtige Maßnahmen

DOI 10.1007/s00738-009-0742-x

§§ 60 Abs 1 lit c, 73 wr BauO

Für eine von der Baubewilligung abweichende Errichtung zusätzlicher Stützmauern (hier: bis zu einer Höhe von ca 2,5 m), erhebliche Geländean-schüttung (hier: bis zu einer Höhe von über 3 m) sowie Änderung der Dachform ist ein bloßer Plan-wechsel (iSd § 73 wr BauO) nicht zulässig.

VwGH 23.7.2009, 2008/05/0241 <175>