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Der Anbau von Birnen in Europa findet im Er- werbsobstbau heute in der Regel auf schwach- wachsenden Quittenunterlagen statt. Diese haben für den Tafelobstanbau die Vorteile, dass sehr gute Ertragsleistungen, bei hohen Fruchtgrößen und minimalen Wuchsleistungen des Baumes (2 bis 3 m Höhe) erzielt werden. Für Birnen, die für eine weitere Verarbeitung bestimmt sind, ist allerdings in erster Linie das Aroma, der Geschmack, die Gerbstoff- gehalte und Säuren und der vorhandene Zucker entscheidend. Starkwachsende Unterlagen bestimmen den Gehalt an Inhalts- stoffen der Früchte, einerseits haben die Bäume weniger und kleinere Früchte bei größerer Blattmasse, andererseits findet die Versorgung des Baums und der Früchte über die Wurzeln statt, welche bis in eine Tiefe von 10 m vordringen. Daher sind starkwach- sende Unterlagen (6 bis 12 m Höhe), also Baumformen die zuerst einmal versuchen ein landschaftsprägender Baum zu werden und dann nach 15 bis 25 Jahren in die Ertrags- phase übergehen, langfristig die bessere Wahl. Sie bringen das „Terroir“ in einzig- artiger Weise schmeckbar zum Vorschein. Die starkwachsende Unterlage der letzten 50 Jahre war für fast jede Baumschule die Baumformen und Anbausysteme „Kirchensaller Mostbirne“. Leider ist diese gegen die vor 30 Jahren eingeschleppte Krankheit Birnenverfall (pear decline) nicht resistent. Und so sind bereits heute fast alle Bäume im „besten“ mittleren Alter verschwunden. Die Manufaktur Jörg Geiger hat es sich zum Ziel gesetzt auf diese Herausforderung eine Antwort zu finden. Gemeinsam mit dem Verein zu Erhaltung und Förderung alter Obstsorten e.V. wurden stark- wachsende und resistente Unterlagen an Baum- schulen gegeben, um auch langfristig wieder einen landschaftsprägenden Anbau mit qualitativ einzig- artigen Früchten zu erreichen und den Lebensraum für die Vogelarten der Streuobstwiesen zu bewahren. „Auf jeden Raum pflanz einen Baum, und pflege sein, er trägt dir’s ein“. Dr. Eduard Lucas, 1856 Demonstrationsprojekt Champagner Bratbirne Im Rahmen des LIFE+-Projektes „Vogelschutz im Albvorland“ werden alte Mostbirnensorten auf starkwachsenden und resistenten OHF (Old Home x Farmingdale) Unterlagen aufgepflanzt. Die Flächen werden durch die Manufaktur Jörg Geiger bereitgestellt. Rund 30 Weinbirnensorten wurden in Mischbeständen angepflanzt. In jeder Reihe werden zwei Sorten im Wechsel angepflanzt. Je nach Bodenbeschaffenheit variiert die Sortenwahl. Die Bäume werden dicht gepflanzt, um bereits in der Jugendphase geschlossene Baumreihen zu erhalten. Durch ein Bleiber-Weicher-Prinzip wird mit zunehmendem Alter der Bäume jeder Zweite wieder entfernt, so dass nach einer Zeit von 20 bis 25 Jahren das typische Bild eines Streuobst- bestandes entsteht. Im Baumbereich erfolgt organische Düngung mit Hornspänen und Malz- keimen in Ergänzung mit Branntkalk sowie in der Regel biologischer Pflanzenschutz. Die Baumstreifen unter den Bäumen werden teils begrünt und mit mechanischer Boden- bearbeitung in einem Sandwich System (Hacken und Scheibenegge) freigehalten. Ziel der Offenhaltung im Baumbereich ist es, Bodennährstoffe im Baumbereich zu konzentrieren und gute Jagdbedingungen für die Gegenspieler von Wühlmäusen zu schaffen. Um die Lebensraumqualität für die Zielvogel- arten zu sichern und zu verbessern, werden in den Maßnahmenflächen alte Streuobstbäume erhalten und in den neu angepflanzten Beständen besondere Habitatrequisiten wie spezielle Nist- hilfen oder Reisighaufen angelegt. Schwachwachsende Unterlagen Neuanpflanzungen im Bleiber-Weicher-System mit OHF – Unterlagen und erhabenen Habitatbäumen Staatliche Naturschutzverwaltung Baden-Württemberg Dieses Projekt wird durch das Umweltprogramm LIFE+ der Europäischen Union unterstützt. LIFE ist die Abkürzung für L´Instrument Financier pour L´Environnement. LIFE fördert das Schutz- gebietssystem NATURA 2000 für bedrohte Tiere und Pflanzen sowie wertvolle Lebensräume. Projektträger: Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 56, Ruppmannstraße 21, 70565 Stuttgart Text: Jörg Geiger, Hans-Henning Gravert Bildrechte: Manufaktur Jörg Geiger Assoziierte Partner: (Infos zu allen Partnern und zum Projekt unter www.life-vogelschutz-streuobst.de)

Baumformen und Demonstrationsprojekt Champagner Bratbirne ... · Die Manufaktur Jörg Geiger hat es sich zum Ziel gesetzt auf diese Herausforderung eine Antwort zu finden. Gemeinsam

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Page 1: Baumformen und Demonstrationsprojekt Champagner Bratbirne ... · Die Manufaktur Jörg Geiger hat es sich zum Ziel gesetzt auf diese Herausforderung eine Antwort zu finden. Gemeinsam

Der Anbau von Birnen in Europa findet im Er-werbsobstbau heute in der Regel auf schwach-wachsenden Quittenunterlagen statt. Diese haben für den Tafelobstanbau die Vorteile, dass sehr gute Ertragsleistungen, bei hohen Fruchtgrößen und minimalen Wuchsleistungen des Baumes (2 bis 3 m Höhe) erzielt werden.

Für Birnen, die für eine weitere Verarbeitung bestimmt sind, ist allerdings in erster Linie das Aroma, der Geschmack, die Gerbstoff- gehalte und Säuren und der vorhandene Zucker entscheidend. Starkwachsende Unterlagen bestimmen den Gehalt an Inhalts- stoffen der Früchte, einerseits haben die Bäume weniger und kleinere Früchte bei größerer Blattmasse, andererseits findet die Versorgung des Baums und der Früchte über die Wurzeln statt, welche bis in eine Tiefe von 10 m vordringen. Daher sind starkwach-sende Unterlagen (6 bis 12 m Höhe), also Baumformen die zuerst einmal versuchen ein landschaftsprägender Baum zu werden und dann nach 15 bis 25 Jahren in die Ertrags- phase übergehen, langfristig die bessere Wahl. Sie bringen das „Terroir“ in einzig- artiger Weise schmeckbar zum Vorschein.

Die starkwachsende Unterlage der letzten 50 Jahre war für fast jede Baumschule die

Baumformen und Anbausysteme

„Kirchensaller Mostbirne“. Leider ist diese gegen die vor 30 Jahren eingeschleppte Krankheit Birnenverfall (pear decline) nicht resistent. Und so sind bereits heute fast alle Bäume im „besten“ mittleren Alter verschwunden.

Die Manufaktur Jörg Geiger hat es sich zum Ziel gesetzt auf diese Herausforderung eine Antwort zu finden. Gemeinsam mit dem Verein zu Erhaltung und Förderung alter Obstsorten e.V. wurden stark-wachsende und resistente Unterlagen an Baum-schulen gegeben, um auch langfristig wieder einen landschaftsprägenden Anbau mit qualitativ einzig-artigen Früchten zu erreichen und den Lebensraum für die Vogelarten der Streuobstwiesen zu bewahren.

„Auf jeden Raum pflanz einen Baum, und pflege sein, er trägt dir’s ein“. Dr. Eduard Lucas, 1856

Demonstrationsprojekt Champagner Bratbirne

Im Rahmen des LIFE+-Projektes „Vogelschutz im Albvorland“ werden alte Mostbirnensorten auf starkwachsenden und resistenten OHF (Old Home x Farmingdale) Unterlagen aufgepflanzt. Die Flächen werden durch die Manufaktur Jörg Geiger bereitgestellt. Rund 30 Weinbirnensorten wurden in Mischbeständen angepflanzt. In jeder Reihe werden zwei Sorten im Wechsel angepflanzt. Je nach Bodenbeschaffenheit variiert die Sortenwahl.

Die Bäume werden dicht gepflanzt, um bereits in der Jugendphase geschlossene Baumreihen zu erhalten. Durch ein Bleiber-Weicher-Prinzip wird mit zunehmendem Alter der Bäume jeder Zweite wieder entfernt, so dass nach einer Zeit von 20 bis 25 Jahren das typische Bild eines Streuobst-bestandes entsteht. Im Baumbereich erfolgt organische Düngung mit Hornspänen und Malz-

keimen in Ergänzung mit Branntkalk sowie in der Regel biologischer Pflanzenschutz.

Die Baumstreifen unter den Bäumen werden teils begrünt und mit mechanischer Boden- bearbeitung in einem Sandwich System (Hacken und Scheibenegge) freigehalten. Ziel der Offenhaltung im Baumbereich ist es, Bodennährstoffe im Baumbereich zu konzentrieren und gute Jagdbedingungen für die Gegenspieler von Wühlmäusen zu schaffen.

Um die Lebensraumqualität für die Zielvogel- arten zu sichern und zu verbessern, werden in den Maßnahmenflächen alte Streuobstbäume erhalten und in den neu angepflanzten Beständen besondere Habitatrequisiten wie spezielle Nist- hilfen oder Reisighaufen angelegt.

Schwachwachsende Unterlagen Neuanpflanzungen im Bleiber-Weicher-System mit OHF – Unterlagen und erhabenen Habitatbäumen

Staatliche NaturschutzverwaltungBaden-Württemberg

Dieses Projekt wird durch das Umweltprogramm LIFE+ der Europäischen Union unterstützt. LIFE ist die Abkürzung für L´Instrument Financier pour L´Environnement. LIFE fördert das Schutz-gebietssystem NATURA 2000 für bedrohte Tiere und Pflanzen sowie wertvolle Lebensräume.

Projektträger: Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 56, Ruppmannstraße 21, 70565 StuttgartText: Jörg Geiger, Hans-Henning GravertBildrechte: Manufaktur Jörg Geiger

Assoziierte Partner: (Infos zu allen Partnern und zum Projekt unter www.life-vogelschutz-streuobst.de)