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  ie diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen Von Oskar Becker, Freiburg i B. (Eingegangen am 10. 6. 1.931,) 1. •.. oxolwv syro c h 7 J r c i i f t X ~ rl'l. XLQBW'V f x XCJ'l' X U X - t ~ cpvcn•ll uai rpQa ;wv ouros ~ ' x n . Heraklit, fr. 1. Die folgenden Ausführungen verfolgen den Zweck, die diairetische Theorie der platonischen ldealzahlen, die J. Stenzel in seinen bekann ten Veröffentlichungen 1 ) aufgestellt hat, in einem wesentlichen Punkte weiter auszugestalten und damit dem alten Problem näherzukommen: Was sind eigentlich, ganz konkret gesagt, die sogenannten ldealzahlen und wie werden sie erzeugt? Daß gerade diese Frage auch noch jetzt, trotz der Forschungen Stenzels, die in vieler Hinsicht dem Idealzahlproblem ein ganz neuos Gesicht gegeben haben, ungelöst ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Wenn es bei Stenzel (ZG 117) heißt: "Die Zahlen als Ideen sind Ord nungsprinzipien, die dialektisch die Einheiten nach ihrem StellenwtJrl, im System unterscheiden. Das ist ... der Sinn der Idealzahlen, cl.ie Ent faltungsstufen der diairetischen Entwicklung zu ordnen und die einzelnon Ideen damit unterscheidend und gegeneinandm' ,begrenzend' zu hestün men"2), so ist dies gewiß durchaus richtig. Aber man wird von hier an : zu der Frage gedrängt: Wie geschieht des näheren diese "clialoktiseho Unterscheidung" der Ideen nach ihrem Stellenwert im System"i' Zunächst: Um welehes System handelt es sich ' Man wird soforL an das von Stenzel (ZG 31) aufgestellte diairetische Schema der Zahlen- 1 ) Studien zur Entwicklung der platonischen Dialektik von Solerates zu Ari· stoteles. Breslau 1917. - Zahl u nd Gestalt be i Plato und Aristo teles. Lei pz ig-Be rl in 19 2t . (Abkürzung: ZG). - Artikel "Speusippos" in Paulys Realenzyklop. d. dass. Altertwiss. (ca. 1928). Zur Theorie des Logos bei Plato u. Aristoteles; diese Zeit- sehr., Bd. I, S. 34ff. (1929). 2 ) Vgl. auch ähnliche Äußerungen, S. 118, Anm. 1 gegen Schluß, S. 120 u. a.uL  Aus:Quellen und Studien zur Geschichte der Mathematik, Astronomie und Physik: Studien, Bd. 1 (1929)

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Die diairetische Erzeugung der platonischen

Idealzahlen.

Von Oskar Becker, Freiburg i. B.

(Eingegangen am 10. 6. 1.931,)

1.

• . . oxolwv syro c h 7 J r c i i f t ! X ~ rl'l.!XLQBW'V f!x!XCJ'l'!X U ! X - t ~ cpvcn•lluai rpQa!;wv ouros ~ ' x n .

Heraklit, fr. '1.

Die folgenden Ausführungen verfolgen den Zweck, die diairetischeTheorie der platonischen ldealzahlen, die J. Stenzel in seinen bekannten Veröffentlichungen 1) aufgestellt hat, in einem wesentlichen Punkteweiter auszugestalten und damit dem alten Problem näherzukommen:

Was sind eigentlich, ganz konkret gesagt, die sogenannten"ldealzahlen" und wie werden sie erzeugt?

Daß gerade diese Frage auch noch jetzt, trotz der ForschungenStenzels, die in vieler Hinsicht dem Idealzahlproblem ein ganz neuosGesicht gegeben haben, ungelöst ist, kann keinem Zweifel unterliegen.Wenn es bei Stenzel (ZG 117) heißt: "Die Zahlen als Ideen sind Ordnungsprinzipien, die dialektisch die Einheiten nach ihrem StellenwtJrl,im System unterscheiden. Das ist . . . der Sinn der Idealzahlen, cl.ie Entfaltungsstufen der diairetischen Entwicklung zu ordnen und die einzelnonIdeen damit unterscheidend und gegeneinandm' ,begrenzend' zu hestünmen"2), so ist dies gewiß durchaus richtig. Aber man wird von hier an1:1

zu der Frage gedrängt: Wie geschieht des näheren diese "clialoktisehoUnterscheidung" der Ideen "nach ihrem Stellenwert im System"i'

Zunächst: Um welehes System handelt es sich!' Man wird soforL an

das von Stenzel (ZG 31) aufgestellte diairetische Schema der Zahlen-

1) Studien zur Entwicklung der platonischen Dialektik von Solerates zu Ari·stoteles. Breslau 1917. - Zahl und Gestalt bei Plato und Aristoteles. Leipzig-Berlin192t. (Abkürzung: ZG). - Artikel "Speusippos" in Paulys Realenzyklop. d. !dass.Altertwiss. (ca. 1928). -Zu r Theorie des Logos bei Plato u. Aristoteles; diese Zeit-

sehr., Bd. I, S. 34ff. (1929).2) Vgl. auch ähnliche Äußerungen, S. '118, Anm. 1 gegen Schluß, S. 120 u. a.uL

Aus:Quellen und Studien zur Geschichte der Mathematik, Astronomie und Physik: Studien, Bd. 1 (1929)

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 465

erzeugung denken, in dem jede der einzelnen Zahlen wirklich eine bestimmte Stelle eindeutig bezeichnet. (Fig. 1.)

Jede Idee hätte in diesem System eine bestimmte Stelle inne aufGrund eines dem Zahlenschema formal gerrau gleichen begrifflichen Zerlegungsschemas, einer diairetischen "Eide-Kette", wie sie uns in mehreren Beispielen im "Sophistes" und "Politicus" erhalten sind und darüber hinaus höchstwahrscheinlich in den von Aristoteles erwähnten 3)

, , niedergeschriebenen Einteilungen" ( y s y e a f l f l B 1 ' a ~ owtesastr;) der altenAkademie (die vermutlich mit den

Speusippischen ""Opota" (Ähnlich- ~ keiten) identisch sind 4

) vorgelegen / 2'- /3"

haben (vgl. ZG 11). Insofern "wären 9 '\, 6 '-..._7

dann die Ideen Zahlen", wie es so / \ I'\. I \ I \8 9 1U 11 11! 13 1 ~ 15

o ft bei Aristoteles heißt. Einer jeden · · · · · ·Idee einer bestimmten Ideenkette·wäre in geeigneter Weise (die die Ein

Fig. 1

eindeutigkeit zu garantieren hätte) eine bestimmte Zahl zuzuordnen und

sie "wäre" demnach, gemäß der hier noch vorliegenden "mystischen"Vorstellungsweise, für die eineindeutiges Zuordnen und Identifizierungineinander verfließen, jene Zahl. Stenzel selbst scheint allerdings einerso konsequenten Ausdeutung seiner Theorie zu widerstreben. Er sagt

(ZG 118, Anm. 3 gegen Ende), daß "jede einzelne Idee ihre Stelle oderZahl hat", aber nicht, daß sie diese Zahl ist.

Was sind nun aber die Idealzahlen? Sind sie die Zahlen des diairetischen Schemas? Wenn sie aber das sind, - sind sie dann wirklichIdeen? Denn gerade daß die Zahlen Ideen sind, lehren die Zeugnisseallerorten. Ferner: Sind die Zahlen des Stenzeischen Schemas denn wirklich - "I d e a 1-Zahlen"? Sind es nicht vielmehr ganz gewöhnliche"mathematische" Zahlen, nur in einer etwas ungewohnten Anordnung?Haben wir aber nicht deutliche Zeugnisse (bei Aristoteles, Met. i\{ 6 -9

und anderswo) dafür, daß die elO?JTt'Kot det<BpoC etwas von den mathematischen Zahlen qualitativ und ihrer inneren Struktur nach gänzlich Verschiedenes sind?

Und wie steht es mit der Erzeugungsweise der Zahlen im Stenzeischen Schema? Ist es wirklich eine "diairetische", der Begriffszerlegunganaloge Entstehungsweise, die 'hier v o r l i e g ~ ?

Das Schema der Erzeugung ist offenbar folgendes:n

/\2n 2 n + t

3) de part. animal. I,2 (642b,12); de gen. et corr.Il,3 (330b,16).4) Vgl. Stenze!, Speusippos, Sp. '1657.

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466 0. B tlCker

Wird hierbei n in 2n und 2n+ 1 zerspalten, so wie ein Eidos in

zwei Unter-Eide zerspalten wird - etwa "Lebewesen" in "befußte" und

"unbefußte" u. dgl.? Offenbar nicht. Der Übergang von n auf 2n is t

wohl durch Verdoppelung, d. h. Spaltung der Zahleinheiten in diedoppelte Anzahl neuer Einlieiten zustandegekommen. Aber der S c h r i ~ t von 2 n auf 2n+ 1 kann doch nur durch Hinzufügung (:rr:e6a{}eau;) von

1 zu 2 n geschehen. Jedenfalls entstehen aber nicht 2n und 2 n+ 1gleichzeitig durch Diairesis aus n, s9ndern ihre Genesis würde richtiger durch das Sukzessions-Schema: n -+ 2n -+ 2n+ 1 wiedergegebenwerden.

Es sollen nun aber auch die Vorzüge des Stenzeischen Schemas nichtunerwähnt bleiben. Was es leistet, ist folgendes: Während die übliche

Zahlenerzeugung die wieder h olLe Addition von 1 erfordert, vermeidetdies die Stenzeische Erzeugungsweise. Sie hat zwei Operationen zur Verfügung: die Verdoppelung, die iterierbar angenommen werden muß, und

die Addition von 1, die nicht mehrere Male unmit te lbar hintereinander ausgeführt zu werden braucht. Dies is t insofern ein Vorteil, alsdie Quellen (Aristoteles) für Idealzahlen zwar iterierte Verdoppelungkennen (Met. M 7, 1082a, 28-31), aber nur eine einmalige Additionvon 1 (Met. M. 8, 1084a, 4-5). Ferner könnte daran gedacht werden,die Zahlen des Stenzeischen Schemas mit dyadischen anstatt deka

dischen Ziffern zu schreiben; man hätte dann das natürliche Erzeugungsschema der Zahlen im dyadischen Positionssystem 5). Indessen is t dieserGedanke zur Interpretation Platos nicht zu gebrauchen. Denn das Altertum besaß (abgesehen von Indien) überhaupt kein Positionssystem für

die Zahlen. Für das babylonische Sexagesimalsystem ist bekannt, daßes sich dabei nur um eine pseudopositionelle Zahlschreibung handelt 6

) .

Außerdem kommt auch dieses pseudopositionelle Zahlsystem erst wesentlich nach Plato und dann auch nur in der Form von astronomischen

Sexagesimalbrüchen im griechischen Kulturkreis vor.Im ganzen is t das Stenzeische Schema trotz mancher Vorzüge noch

nicht als die endgültige Lösung des Idealzahlproblems anzusehen. Vielleicht kann es aber zur Lösung hinführen. Die Hichtung, in dor man von

ihm aus weiterzuschreiten hat, ist vorgezeichnet durch die soeben an

gestellten Überlegungen. Die Quellen fordern mit Entschiedenheit, daß

die Ideen Zahlen sind, nicht nur Zahlen haben. Die Interpretation

muß also darauf bedacht sein, Ideen und Zahlen einander möglichst nahe

6) Vgl. Verf., "Mathematische Existenz" (I-Ialle a. S. 1927), S. 205, Anm. 1.0) 0. Neugehaue r, Zur Entstehung des Sexagesimalsystems, Abhandl. d.

Gesellsch. d. Wissensch. z. Göttingen math.-phys. Kl. N. F., Bel. XIII, 1 ('1927).- Sexagesimalsystem u. babylonische Bruchrechnung, diese Zeitschr., Bel. I,s. 183 ff . (1929).

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 4.67

zu bringen; insbesondere muß ihre Erzeugungsweise in eine möglichstvollkommene Übereinstimmung gebracht werden. Überliefert ist nun mit

Sicherheit und in allen Einzelheiten das platonische V erfahren der Be

griffsspaltung ( ~ w t g e a u ; ) im "Sophistes" und "Politicus". Also bleibt

nur übrig, die Entstehungsweise der (idealen) Zahlen - über die dieÜberlieferung sehr lückenhaft is t - der Diairesis der Eide ganzanalog zu gestalten. Hier ist der kritische Punkt, wo das StenzeischeSchema versagt, denn 2n und 2n+ 1 werden dort nicht aus n durch

Diairesis erzeugt.Wie aber muß die positive Lösung aussehen? Dafür gibt Aristoteles

einen eindeutigen Hinweis durch ein Beispiel, die Erzeugung der idealen

2, 4, 8 . . . , insbesondere der Tetras aus der Dyas und der Oktas aus der

Tetras (Met. M 7, 1082a, 28-31; vgl. etwa noch 1081 b, 21 f., b 25;1082a, 13f.). Die ideale Vier entsteht aus der Zwei dadurch,

daß jede der die Zwei bildenden beiden Einheiten in zwei

neue Einheiten zerfällt , die dann eben die vier Einheiten der

idealen Vier sind. Ähnlich entsteht die Acht aus der Vier und so allePotenzen von zwei (6 d - r ; ] t & f i - d ~ drp' e ' V o ~ otnJ..a(nal;6f1-e'Voc;; vgl. Met. N 3,1091a, 10-12). Wie die anderen Zahlen entstehen, wird noch zu erörtern

sein; für jetzt läßt sich aber schon eine wertvolle Folgerung ziehen. DieErzeugung der idealen 2, 4, 8, 16 usw. erfolgt nämlich offenbar wirklich

durch Diairesis und zwar durch Zweiteilung der Einheiten( p o v a ~ s c ; )

der jeweils in der Reihe (der Potenzen von 2) vorausgehenden Zahl. EsHegt also ein diairetisches Schema vor, in dem nicht die Zahlen selbst,sondern die Einheiten der Zahlen die Glieder sind, und' das man graphischetwa so darstellen kann, indem man die zerspaltenen, also ,,aufgehobenen''Monaden durch leere, die ungespaltenen, also noch subsistierenden durchvolle Kreise kennzeichnet:

• 0

10\0

I\ / 'b

/\ 1\.1 \ 1\f\ ''. [', ?,• • • • • •• • •••

/YfOtlfJS .D.ras Tetras Okfas

Fig. 2

Den Ideen im begriffsspaltenden Schema (der Eide-Kette)

entsprechen also die Einheiten der idealen Zahlen, nicht

diese selbst.

Das steht anscheinend im Widerspruch zu der fortwährenden Aussageder Texte, "die Zahlen seien Ideen" und umgekehrt. Trotzdem soll an

dieser These festgehalten und im. folgenden versucht werden, sie in sachlicher und interpretatorischer Hinsicht durchzuführen.

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468 0. B ecker

2.

Welches sind zunächst die sachlichen Konsequenzen der auf

gestellten These?Das erste ist, daß die Aufgabe gelöst werden muß, diejenigen Zahlen,die nicht Potenzen von 2 sind, diairetisch zu erzeugen. Die Entstehungvon 2, 4, 8 usw. ging dadurch vor sich, daß alle Einheiten derjeweilsvorliegenden Zahl (beginnend mit 1) in je zwei neue Einheiten gespaltenwurden. Erweitert man diese Erzeugungsvorschrift dahin, daß nicht alleMonaden der Ausgangszahl, sondern unter Umständen nur einige odereine gespalten und die übrigen unberührt gelassen werden, so könnenohne weitere Hilfsmittel alle Zahlen erzeugt werden. Denn, da die ge

spaltene Einheit ja eben durch die Spaltung "aufgehoben" wird, alsoals aktuelle Einheit verschwindet, so kommt die Operation der Spaltungeiner Einheit einer vorliegenden Zahl auf die Hinzufügung gerade einer

Einheit zu ihr hinaus (n - 1+ 2 = n+ 1). Man kann also, von 1 ausgehend, so alle Zahlen erzeugen. Ja, man wird unmittelbar die sonst so

rätselhafte Bemerkung des Aristoteles (Met. M 7, 1082b 35 f.) verstehen,es sei müßig, darüber zu streiten, ob wir "durch Teilung" ( ~ a n r fü3Q{ow;)oder "hinzufügend" (neorJJ,af.lß6:vovus) zählten, tatsächlich täten wirbeides (nowvftS1J os apcpodems).

Die ideale Drei( a i . r r : ~

lj T(!tds) wird demgemäß das folgende Schemahaben, dem gleich eine entsprechende BegriiTsspaltung gegenübergestellt sei:

Lebewesen (a)

/ ~ !Jef!!igelt(b) tflll f'!i!JI?Ill/ersehen(c)

(llllgFfl!ige/1)7 ~

Zwe;fiißig(ri.) /1/erfiißig(e)

Fig. 3

Damit ist also das schwierigste Problem bei der Genesis der Idealzahlen, die rein diairetische Erzeugung der Drei und der ungeradenZahlen überhaupt in überraschend einfacher Weise gelöst 7

) .

Es ergeben sich, wie manleicht sieht, für alle Zahlen solche Schemata,von der Vier ab nicht mehr eindeutig, je ein Schema, sondern verschie-

7) Über dieses Problem vgl. L. Robin, La theorie platonicienne des idees et

des nombres d'apres Aristote (Paris 1908). S. 281ff., t1t..ßff. - Man kann (mitW. D. Ross in seiner Ausgabe der aristot. Metaphysik, Bd. I, S. LXII) unsere Auffassung bei Alexander v. Aphrodisias (ad Ar. Met. A 6, 987b 33 ssq. - p. 57,22-28

Hayd.; 43, 13-19 Bz;.) wiederfinden. Ross sagt: "Alexander gives a different accountof the odd unit in odcl numbers - that i t is one of the portians oftheindefinite dyad,after the One has determined it ; but this does not agree with Aristotles statements. "( ?)

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 469

dene für dieselbe Zahl ("Isormeren", wie man in der Chemie sagt). So

schon für die Vier:

l l l ld /\0/\ / \• • • •

Fig. 4

Das ist nicht verwunderlich oder störend, denn es gibt offenbar auchentsprechende BegrifTsdiairesen. Für die erste Form nehme man etwaein geeignetes Stück aus der diairetischen Definition der Kunst des Poli

tikers (Politic. 261 AfT., vgl. Stenzel, ZG 1.1), für die zweite die Teilung des Alls des Seienden in das Denkbare (JIO'f/7:071) und das Sichtbare(6gw:611) mit dichotomer Unterteilung beider Teile (Staat, VI. Buch,509 Dff.).

Eine eigentliche diairetische Definition durch sukzessive Unterteilungeiner bestimmten, sich jeweils durch die Dichotomie ergebenden Hälftebis zum unzerschneidbaren (a-r:oftov, CJ.-r:ft1fi011) Eidos ist allerdings immerdurch ein Schema des ersten Typus, das man sich ja beliebig verlängertdenken kann, gegeben. Aber schon diejenigen diairetischen Betrach

tungen, durch die verschiedene BegrifTe in ihrem gegenseitigen Verhältnisfestgelegt werden, wie sie in halb scherzharter Weise von Plato an denBeispielen "Angelfischer" und "Sophist", "Mensch" und "Sclnvein"durchgeführt werden, erfordern verwickeltere.Verz·weigungen gemäß demzweiten Typus 8) .

Die Idealzahlen sind also damit gekennzeichnet als "diairetische

Geflechte", deren Knoten die "M.onaden" sind, die aus ihnen, denZahlen, geflochten werden. Es sind die Schemata, nach denen Diairesisund Symploke, Zerlegung und Verflechtung der Ideen erfolgen. So erklärtsich auch die befremdende Ausdrucksweise, die Aristoteles gelegentlich

anwendet, wenn er sagt: unter gewissen Voraussetzungen seien die Mo-

naden früher als die Zahlen, aus denen sie (die Monaden) "geflochten"

8) Im "Sophistes" und "PoliLicus" spielt die Reihenfolge der Glieder der Diairesis keine wesentliche Rollo; das zeigt dio Änderung der Reihenfolge bei der Zu-

sammenfassung (Soph. 221 B) gegenüber der vorausgehenden ausführlichen Entwicklung (2'19A-221A). An sich is t nicht gesagt, daß das so sein muß: man könntez. B. positive und negative (besser privative) Glieder (öv·nx und fL1J öv-r:a) unterscheiden. (Vgl. Aristoteles, de part. animal. I, 3 (64.2 b, 2'1): ~ · n anQÜm fLEV &vayxaiov

chwQclv xa! chat(loilatv oi cftxo-r:ofLoilv-r:as). Aber Platos Kritik der Einteilung der

Menschen in Hellenen und Barbaren (Pol. 262 D) zeigt, daß beide Glieder der Ein-

teilung ebenbürtig sein sollen.

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470 0. B ecker

werden (ware : r t ( ! O ' t B I ] a ~ a:v 8t8'V a[ flO')J(icJ81; 1) o[ a e ~ ß t J O b s ~ d)p :rtABUO'V'tat 9) ,

Met. M 7, 1081a, 33).Die idealen Zahlen sind "allgemeiner" als ein bestimmtes vorgelegtes

diairetisches Geflecht, die ideale Drei ( a i n : ~ 1] reuit;) ist allgemeiner alsdie oben neben sie gestellte Begriffszerlegung; ganz andere Begriffekönnten nach demselben "triadischen Schema" zerlegt werden. Daherist die Zuordnung einer Idealzahl zu einem bestimmten Be

griff (etwa "Mensch") nicht als eineindeutige zu verstehen. Ein

Begriff kann zunächst einer Idealzahl nur indirekt zugeordnet werden,vermittels seiner diairetischen Definition, aus der er als a r o ~ J o v eloat; ("Ideenatom") resultiert. (Diese ist daher in gewissem Sinne eineZahl - vgl. Aristot., Met. H 3, 1043b, 34: ö re yae oetaftot; aed}!J6t; nt;.)

Nun kann aberz. B.

"Mensch" verschieden definiert werden: etwa als"zweibeiniges Lebewesen" (Ccpov OC:rcovp) oder auch als "zweibeinigesungeflügeltes Lebewesen" (CcpoP ot:rcovp ä:rcreeo1'). Im ersten Fall entspricht seiner Diairesis das Schema der Dyas, im zweiten das derTrias. In der Tat erscheint auch bei Aristoteles 10) der "Mensch an sich',einmal als ideale Zwei und einmal als ideale Drei . Auch umgekehrtfinden sich natürlich Fälle der Zuordnung verschiedener Begriffe zurseihen Idealzahl 11

) . Alle solche Zuordnungen werden in den Textenstets nur beispielsweise vollzogen; es heißt: "Wenn der Mensch dieDrei ist . . . " usw.

Was die Anzahl der Monaden in einer bestimmten Ideal

zahl anlangt, so ergibt sich diese leicht aus der Überlegung, daß dieErzeugung der Idealzahlen mit der idealen. Eins beginnt und mit jedemSchritt (der ja aus einer Dichotomie besteht - oder eventuell mehrerennebeneinander) zwei :Monaden überhaupt, aber nur eine "aktuelle"

Monade hinzufügt (da ja die zerspaltene in der Spaltung "sich aufhebt").Der Heihe nach enthalten also die Idealzahlen 1, 3, 5, 7 . . . 2n - 1 Mo-

naden überhaupt und1, 2, 3, 4 . . . n "aktuelle" Monaden. Insbesondereenthält die Dyas 3, die Trias 5, die Tetras 7 Monaden überhaupt. Dies

erklärt ohne weiteres die schwierige, bisher ganz unverständliche Aristotelesstelle Met. M 7, 1081 a, 33-35: "in der Dyade wird eine dritteEinheit sein und in der Triade eine vierte und die fünfte." (811 rf j

0) So Ab und '/Q E, Christ und Jaeger; dagegen Uro'llnxt E, Bonitz und W. D.Ross. Indessen ist 11:UKO'II't'at ganz offenbar die di{{icilior lectio und auch die Auskunft,Jw auf ftO'IIa8<·s zu beziehen, ist unmöglich.

10 ) Met. M 8, 1084 a 14, 18: al l!awv 1) 't'Qtfis av-roci'l!.ß'QCD11:0S; a 25: al ctvas &v.frQCD·

nos. Vgl. die vielen, stark wechselnden Zuordnungen bei Ps.-Alexander zu Met.M 6 -9 passim.

11) Met. M 8, 108!• a 24: el 8 ~ 1) -tE-tQd:s a v t ~ loea -rw6s sar:w, o f ov E'11:nov ~ '-ev1toil,("wenn die Telrade Idee von etwas ist, wie etwa des Pferdes oder des Weißen . . . ")

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 471

~ IJ l I \ " \ > - IJ l I \ < I ) bu v a u ~ 7 : ( ! ~ 7 : 1 ] flO'Vac; sarw . • . 'Xat S'V rn T"(!WuL TET"a(!7:'1] - x a ~ 17 nspn7:'1J, e enso

wie die dazugehörige Interpretation Pseudo-Alexanders 12) .

Die Zahl der Monaden in einer bestimmten Idealzahl ist unabhängigvon der besonderen Struktur ihres Geflechts, die ja von 4 ab nicht mehr

eindeutig festliegt.

Fragt man nun zum Schluß, welche ontologischen Probleme sich

aus der angenommenen Struktur der Idealzahlen ergeben, so tritt soforl;

eines als überragend heraus. Im Gegensatz zur Erzeugung der gewöhn

lichen "mathematischen" Zahlen durch sukzessive Addition je einer

neuen Einheit (deren "Herkunft" im Dunkeln bleibt) entstehen die

Idealzahlen durch sukzessive (oder evtl. auch teilweise simultane) Dicho

tomie schon vorhandener Monaden. Die zerspaltenen M o ~ a d e n gehendadurch gewissermaßen in einen Zustand der "Aufgehobenheit" über.

Dieser sich hier geradezu aufdrängende H egelsehe Terminus "aufheben"

- in dem bekannten Doppelsinn von "bewahren" und "vernichten" -

weist darauf hin, daß es sich bei der "Entstehung" der Idealzahlen um

eine eigentliche Genesis handelt. Diese eigentümliche Bewegtheit im

pliziert eine echte Zeitlichkeit, die sich in I-legels dialektischem Prozeß

darstellt. In der antiken Philosophie wird sie begriiTlich bewältigt durch

das aristotelische Begriffspaar Dynamis-Energeia 13); nachdem schon

Plato mit dem Aufweis des Phänomens des e ~ a t c p v ~ 7 c ; (des "Plötzlich")einen ersten Vorstoß gemacht hatte 14

). Indessen blieb bei ihm der Be

wegungsbegriff noch vage, insbesondere auch die· -x{v1]atc; T"W'V i&tiw, durch

die die dairetische Methode beherrscht wird.

12) Die Stellen werden weiter unten (S. l1%ff.) ausführlich besprochen werden.13) Man vgl. die Darstellung der aristotelischen Philosophie in H egels "Vor

lesungen über die Geschichte der Philosophie".H) Das Problem der Vorgeschichte des aristotelischen Dynamisbegriffs ist noch

nicht gelöst. Hingewiesen sei auf eine merkwürdige Wurzel der aristot. Dynamis inder hippokratischen Medizin. 0. Hegenbogen berichtet in seinem Aufsatz

(in dieser Ztschr., Bd. I, S. 131 ff.) "Eine Forscln.mgsmethode der antiken Naturwissenschaft", der den Begriff der "Analogia" behandelt, über einen botanischenExkUl's in der hippokratischen (embryologischen) Schrift " m Q ~ cp1!aw<; nonolo1•"

(a. a. 0. S. 166ff.). Darin heißt es, die Pflanze ziehe ihre Nahrung aus der Erde in

der Form der luftclg, eines feuchten Dunstes. Diese lu[.Lcis heißt auch rJvvcqu.g. Dynamisist also hier der kraftgeladene Stoff, die wirksame Substanz, die in allen primitiven Vorstellungen von Verursachung eine so große Rolle spielt (Zaubertrank,Gift usw.; im Grunde eine Spielart des mäna-Begriffs, vgl. z. B. E. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen, Bd. II , Das mythische Denken, Berlin 1925). ImBoden sind fLVQLIXL o'vvafHEg, Tausende spezifischer Stoffe, die den spezifischen Pflanzenals Nahrung dienen. Da heißt es nun (-n:. cp. n., p. 5H, 25) von dem Rosenstrauch(-tb c160ov): 7:0 "tE raQ c16ctov SÄxEL &nb 7:1jS r1iS lufLMa 7:0t.a1!-t7]"V, 0 r6V n E l 1( IX t ai> ·d l

rl'v?'cifLBL f.adv. ("Die Rose zieht aus der Erde einen solchen Saft, wie sie selbstauch der Dynamis nach ist".) Hier bedeutet Dynamis gewiß zunäcl1st eben

"wirksamer Stoff". Aber der Ausdruck "ctv?'clfLEL f.arl1'" ist doch schon wörtlich der

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472 0. Becker

Die Auseinandersetzungen der Bücher Z und H der aristotelischenMetaphysik zeigen nun, daß auch das Definitionsproblem, insbesonderedie Fragen der "Einheit" und der "Teile" der diairetischen Definition(Z, cap. 10-12; H, cap. 3 u. 6), ferner das Problem, ob das Allgemeine

(·ul ua'l96?.ov) und die Gattung ('rd ysvoc;;) selbständige Wesenheiten (ovalat)

sind, gerade mittels der Unterscheidung von Potenz und Aktus gelöstwerden. Dies ist von entscheidender Wichtigkeit für das Verständnis deraristotelischen Polemik gegen die Idealzahlen. Wenn nämlich diese inihrem "Geflecht" von Monaden unmittelbar das Schema einer diairetischen Ideenkette sind, werden die Probleme der "Einheit" und

der "Teile" bei den Zahlen und (diairetischen) Definitionen

sich docken.

Das bestätigen nun in der Tat die Texte: Nicht nur wird die Definitiondirekt als "eine Art Zahl" bezeichnet (H 3, 1043b, 34), sondern auch dasProblem der Einheit der Definition wird (H 6, 1045 a, 7ff.) gleichzeitignüt dem für die Zahl gestellt und - scheinbar nur für die Definitionim folgenden beantwortet. In Wahrheit ist eben für Aristoteles mit derLösung für die Definition die für die (ideale) Zahl schon ohne weiteresmitgegeben. Das heißt aber, daß die Idealzahl im wesentlichen nichtsanderes is t als die diairetische Definition.

Die Lösung selbst besteht in der konsequenten Anwendung der Be

grifTo StolT und Form (Potentialität und Aktualität) auf das Verhältnisvon Genus und Differenz: das ysYoc;; ist die nedn:'Y) iJA17, der, von der aktuellen Differenz aus gerechnet, "erste StofT"; das Hinabsteigen in derIdeenkette vom Allgemeinen zum Besandorn ist also eine ständige Be

wegung vom StoiT zur Form, von der Potenz zum Aktus. Dieser Be

\vogung entspricht nun genau die Entwicklung der Idealzahl durch Entstehen immer neuer Einheiten aus den zerfallenden alten: die Zweiteilungoinor lVI'onude is t nach platonischer Lehre nichts anderes als die Spaltungoines Genus in zwei Differenzen.

Dor K.nmpf des Aristoteles gegen diese Theorie hat sein letztes Motivin der ontologischen Unbestimmtheit dieses Spaltungsvorgangs. Er selbstexpliziert diese "Kinesis" der Ideen als den Übergang vom Stoff zur

u r i s t o ~ o l i s c h e . Auch boi Aristoteles liegt ja die Dynamis in der Hyle und die spezifische iultiXs (Saft) der Rose is t eben schon bei Hippakrates nichts anderes als dieHoso selbst in der Potenz.

Für das Begriffspaar I-Iyli:i-Morphe (Eidos), das der Zweiheit "Dynamis-Energeia"(Entelecheia) entspricht, ist auch der Anfang der Abhandlung "Über die Weltseele"(7taQi 1fJvx&s u o t J ~ t r o ) des Timaeus Locrus (im Corpus Platonicum) zu vergleichen,

die der frühen Akademie entstammt. Dort findet sich schon der Vergleich der Formmit dem Männlichen und des Stoffes mit dem Weiblichen, was im Gegensatz zureigentlich platonischen Auffassung des Form-Stoff-Verhältnisses steht (vgl. Aristoteles, Met. A 6, 988a 2-7).

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 473

Forrn (von der Potenz zum Aktus). Eine solche Explikation vermißt er

bei Plato; er wirft ihm vor, seine Monaden seien alle aktuell, nämlich als

Eide oder ovatat expliziert, infolgedessen sei die Symploke im "diaire

tischen" Ideengeflecht ein aktuelles "Darinliegen" (8Yvnaexew) der

WesenheiLen (ovatat, dr'l1J, flOYaoer;) in der resultierenden Wesenheit, die

in der diairetischen Definition definiert wird und daher mit der Definition

selbst als "Zahl" sich darstellt (Met. Z 13, 1039a, 3 -8 (ovata), zu ver

gleichen mit a, 11-14 (;;,owxr; bzw. aet-B,a6r;).

Die ganze aufschlußreiche Parallele von Definition und Zahl tritt nur

dann klar heraus, wenn das, was in der Idealzahl und der Ideenkette

verglichen wird, die einzelne Monade in der Zahl und die einzelne Idee

in der Kette ist. Der Idealzahl als ganzer entspricht die ganze Definition

und damit freilich auch das Definierte als Ganzes - cl. h. das ä:r:o;w1'

elooc; (Icleenatom), das nach Plato vermöge der Symploke alle höheren

Eide der Kette in sich begreift (an seine Stelle tritt bei Aristoteles teils

das -r:6oe -r:t ("Dies-da"), teils das -r:d -r:t ijy elYm ("vVesenswas").

Die Bestätigung an I-land der Texte wird noch gegeben werden, vor

läufig sei auf den häufigen aristotelischen Terminus für Idealzahl: "ci

-r:w1• el0w1• aet:fl·t-t6r;" ("die Zahl der Ideen") hingewiesen, der den Singu

lar von Arithmos mit dem Plural von Eidos in so eigentümlicher vVeise

verbindet.

Aus der geschilderten Gesamtproblematik ergibt sich ungesucht dasfast ständige Thema der großen aristotelischen Idealzahlkritik (Met. lVI,

cap. 6-9) . Der ganze Fragenkomplex der ,,zusammcnwerfbaren" und

"unzusammonwerfbaren" Einheiten (po1'aoec; avt-tßA17rat bzw. U.m5fi

ß'A?]7:ot) und sekundär auch Zahlen, der zunächst so befremdend wirkt,

wird jet:t.t vm•stüncllich. Alles dreht sich bei Aristoteles um die ontolo

gische Bestimmung der Bewegtheit der Zahlenerzeugung und den Cha

rakter der sukzessiv erzeugten Zahlenteile. Nicht. der Gegensatz zwischen

der schlichten Eindimensionalitüt der "mathematischen" Zahlenreihe

und der verzweigten Struktur des diairetischen Idealzahlgeflechts 15 ) ,

sondern das Vorhültnis des Teils einer Idealzahl zu einem ihm gewisser

maßen kongruenten Toil einer anderen IdGalzahl ist fiir Aristotoles das

entseheidonclo ]O>roblorn. Ist die ,,erste Dyade" (1) nedm7 o v a ~ ) in der

iclealen Vier (b mJ-r:ü -r:z7 -r:wr:eaot) identisch mit der idealen Zwei (a.v-r:1} ?J

o v a ~ ) i1 Dies Problem erscheint, isolie1•t genommen, ziemlich abstrus, es

gewinnt aber einen guten Sinn, wenn man sich erinnert, daß in dem

"ersten Teil" einer Idealzahl das Allgemeine und das Genus (die höheren

Eide der Ket-te) stecken, im "folgenden" aber die Differenzen. In der

15) Sachlich genommen bilden die Idealzahlen eigentlich doch auch eine imwesentlichen l ineare Reihe, soweit diese Linearität nicht durch die verschiedenen,

gewissermaßen "isomeren" Formen dar Tetras, Pentas usw. gestört wird.

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474 0. Becker

Relation des "Früheren und Späteren" (7:o :rce6?:seoy ?(al ?:o va?:eeoy) der

Idealzahl steckt also für Aristoteles das Problem der Kluft zwischen

Genus und "Dies-da", Genus und "Wesenswas" (7:o ?:t 1Jy slYw), d. h.

letztlich zwischen Dyamis und Energeia. So sind etwa die Einheiten deridealen Zwei aktuell (und das "erste Eine" (7:o :rcew'ioY [y) in ihr entspricht

etwa dem "Wesenswas"), die Monaden der "ersten Dyade" in der idealen

Tetras dagegen stellen höhere Eide (bzw. Gene) dar und sind deshalb

potentiell. Sind nun aktuelle und potentielle Monaden "zusammen

werfbar"?

Das abstruse Problem der f10'Jlaoer; aO'Vf-lßlYJ'iOL is t also keineswegs ein

beliebiges, es is t nichts anderes als das Fundamentalproblem des plato

nisch -aristotelischen Gegensatzes selbst.

3.Bevor die Texte im einzelnen herangezogen werden zur Bestätigung

der vorgebrachten Interpretation, sollen noch kurz die Beziehungen

der Idealzahlen zur Mathematik der platonischen Zeit zur Sprache

kommen.

Die graphische Darstellung, deren wir uns bedient haben, war unsere

eigene Zutat, sie ist nicht so überliefert. Dagegen hat Plato selbst, an

einer sehr bekannten Stelle des "Staates" (VI, p. 509 E) eine andere Art

von graphisch-geometrischer Darstellung eines diairetischen Verhält

nisses gegeben: wie wenn eine in zwei ungleiche Abschnitte a, b geteilteStrecke nach dem Verhältnis a : b wieder in ihren beiden Abschnitten

untergeteilt wird, so wird das All des Seienden in das "Denkbare" und

"Sichtbare" eingeteilt und jeder dieser Abschnitte wiederum in zwei

entsprechende Unterabschnitte gespalten (&a:rcee ?:ob'V?' yeaftftr)v otxaI 1 ßl 't I 11 I < I I N ' I I

'iS7:fL'YJf1SV'YJV, Aa W1' a11 aa 7:fL17fla'ia, :n;a"w 'i8fW8 8?(a'i8(!01' -r:o 'ifL'YJfla W'a 'iDY:J \ 1 I I - f:' I I ) \ "" I )

av-r:ov ADYOY, 7:0 'iS 7:ov oeww::vov yevovr; ?(ab 7:0 'iOV 1'00VftS1'0V . . • .

Was hier allein beachtet werden soll, ist das graphische Darstellungs

verfahren der Diairesis (Einteilung der Begriffe (ero17)). Sie wird symboli

siert durch Teilung einer Strecke. Das hat vor dem von uns früher benutzten Stammbaumschema den Vorzug, daß die relative Quantität

der Teile, d. h. ihr gegenseitiges Verhältnis durch das Verhältnis der

Längen der Teilstrecken unmittelbar dargestellt werden kannl 611) . Nun

macht in der Tat Plato nicht nur an der angeführten Stelle von dieser

Möglichkeit Gebrauch, in der die Proportion (a?'aJ.oyta) aufgestellt wird:

Sichtbar: Denkbar= Hypothetisch: Anhypotheton =Abbild: Original.

Auch im "Sophistes" und besonders im "Politicus" finden sich mehr

fach Hinweise auf das quantitative Verhältnis der Teile einer diairetische

15 a) Vgl. hierzu und zum folgenden: 0. Toeplitz, "Das Verhältnis von Mathematik und Ideenlehre bei Plato", diese Zeitschr., Bd. I, S. 3ff., insbes. S. 16-18.

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 4 75

Einteilung. (Polit. 258 BC, 261 ACE, 262 B-E: ,,p1} ap1:ueov p6ewv ev:rcedr; flByaJ,a ~ a l :rco,Ua &rpat(!Wflev" [nwir wollen keinen kleinen Teil im

Verhältnis zu [:rceor;] großen und vielen Dingen abschneiden . . . "] -,,Aem:ov(}yBiv o v ~ aacpaUr;, Oia peawv Öe aarpaJ.ia-r:eeo11 levm 'cSfW0117:8r; . . .[fein zu arbeiten - d. h. mit raffiniert abgeschätzten Teilverhältnissen -

ist nicht sicher; durch die Mitte gehen beim Zerschneiden - d. h. im

Verhältnis 1 : 1 teilen - ist sicherer].) Am sichersten ist die fortgesetzte

gewissermaßen mechanische Dichotomie im Verhältnis 1: 1; das schließt

nicht aus, daß man durch geschickte Teilung in anderen Verhältnissen

schneller zum Ziel gelangt (vgl. Pol. 256 A-267 C: längerer und kür

zerer Weg zur Bestimmung_ des Staatsmanns). Auch der allgemeine, von

Stenzel (Studien, S. 59, 63, ZG, S. 21) eingehend gewürdigte Gedankeder Zerschneidung nach dem natürlichen Wuchs (owtipvew ua•' a.efJeall :rcecpvxe11, Phaedr. 265 C) beim Opfertier (xa-r:a {lÜ17 • .• olov leeüov Otat-ewpd}a, Pol. 287 C), - aber auch schon in der Küche, wo der schlechte

Koch die Knochen zerbricht (xa-r:ayvvvat flleor; fl?]Öh "axov payeleov -r:e6:ntp,Phaedr. 265 C), gehört offenbar hierher.

Ferner hat die platonische Darstellungsart den Vorzug, daß sie über

aus anschaulich die "Jagd" nach dem zu definierenden Beg1•iff bei der

diairetischen Definitionsmethode wiedergibt. Stellt man sich etwa die

diairetische "Jagd" nach dem Sophisten, die in dem gleichnamigen

Dialog so lebendig bis zur endlichen Erlegung des ,,Wildes" geschildert

wird, durch sukzessive St,reckenhalbierung graphisch dar, so sieht man

unmittelbar, wie das gejagte "Wild" immer enger eingeschlossen und

aus einem Schlupfwinkel nach dem anderen vertrieben wird (vgl. Stenzel,

Speusippos, Sp. 1660, 35ff., 64ff.). Nimmt man die (zum mindesten früh

und mittel-) platonische Auffassung hinzu, daß das Element der Linie

kein ausdehnungsloser Punkt (anyp1]), sondern ein Linienatom (a.ooftor;Y(!C!flftfJ) ist, so scheint es fast, als ob bei der diairetischen Definition das

schließlich erreichte Ideenatom (ä-r:ofW1' slöo.;) durch ein Linienatom un

mittelbar repräsentiert wird. Freilich is t gerade diese Vorstellungmathematisch nicht zu halten, und es is t seinver denkbar, daß Plato an ihr

noch festgehalten habe, nachdem - erst spät in seinem Leben (Ge

setze VII, 819D)- das Phänomen des irrationalen Verhältnisses intensiv

in seinen Gesichtskreis trat.

Aber das bleibt jedenfalls bestehen, daß die drei Probleme der Diai

resis der Begriffe (Ideen), der Zahlen und des Räumlichen (nach Stenzeis

Bezeichnung ZG passim) durch die platonische graphische Darstellung

unter der Voraussetzung der von uns gegebenen Interpretation der Ideal

zahlen -soeng aneinanderrücken, daß sie im wesentlichen

nurnochverschiedene Ausdrücke einer identischen Sachlage darstellen. Die ver

einheitlichende Kraft des Diairesisgedankens in der beherrschenden

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476 0. Becker

Durchdringung dreier zunächst anscheinend ganz verschiedener Gebietetritt überzeugend heraus.

Nimmt man beispielsweise eine normale diairetische Definition, die

durch sukzessive Halbierung fortschreitet, derart, daß immer wiedereine der zuletzt erhaltenen Hälften wiederum halbiert wird (vgl. unsm

obiges Beispiel S. 468, aus ZG 11), so ergibt die graphische Darstellungdes Diairesis-Schemas, also die graphisch dargestellte Idealzahl, eine so-

wohl aus Euklid wie auch aus Platos Vorlesung "Über das Gute" (nsec

raya-&ov) bekannte Figur; nämlich die Figur zu Euklid, Elem. X, 1 (wennman von einer Strecke mehr als die I-Iälfte wegnimmt, vom Rest wiedermehr als die Hälfte usf. ins Unbegrenzte, so unterschreitet man schließlich jede beliebig (klein) vorgegebene Streclce 16 ) - und zugleich die

Figur der Stelle aus dem Philebuskommentar des Porphyrins (überliefert bei Simplicius, in Arist. phys. ausc. p. 24 7, 453 Diels, vgl. Z G 63 f.),

die die "Teilung der Elle" behandelt.

0 'ira1/s 1

14 'I.1-1-I-1-1----- I · --------

Fig. 5

Man kann durch eine naheliegende Verallgemeinerung dieser Einteilung das allgemeine V erfahren der Aufsuchung eines Punktes auf einerdual untergeteilten Skala ableiten. (Messen mit einem dual untergeteiltenMaßstab, ganz analog unseren dezimal geteilten Maßstäben.) Ins BegrifT-

liche übersetzt ergäbe sich die "Jagd" auf einen durch Diairesis zu bestimmenden Begriff, wie oben geschildert. Man kann vielleicht sogardiese Verallgemeinerung aus dem Text unserer Stelle herauslesen 17

) ;

16 ) Dieser Satz findet Elem. XII, 2 seine Anwendung auf die "Exhaustion" derKreisfläche, die man durch folgende, diairetisch zu interpretierende Figur (schematisch) darstellen kann:

3] (

4 - ~ - ]( ~ ~ - J( ](

- - - - - - - - - - - - - - - - - ~ ~ - - - ~ - - - ~ ~ 1 h's Eto

Fig. 6

J( bedeutet die Kreisfläche, 1/ 2K, 3/,JC, : . . ihre entsprochenden Bruchteile, E<t, E 8,

E16 ••• die Flächen des dem Kreise eingeschriebenen Quadrats, reg·elm. Achtocl(s,Sechzehnecks usw. Die Strecken E4 K, E8K, E 16J( •.. in der Figur bodouton dieFlächendifferenzen zwischen den regulären Polygonen und dem Kreise, die, wie mansieht, an der oberen "dualen" Skala gemessen, nach Elem. X, 1 schließlich {Jnterjede Grenze sinken.

Als eine Anwendung der diairetischen Methode kann man auch das "Sieb des

Eratosthenes" zur Aussiebung der Primzahlen durch sukzessive Ausscheidung (ier

Zahlen der Formen 2n, 3n, 5n, 7n, '11 n . . . auffassen.17

) Der Text lautet: "-tb t-tlw f-teeov ~ t - t l n t J x v &-r:t-t'Y/-r:ov Maat.ftBV, -r:o cYI; fi-ti!QOV ~ ! d ' l t f J X V dt-tvwces x ad : ß laX 1J n (l o 6 d.f}o ~ ft c 1 -tqi & - t t - t ~ t t p , chl o &v yf.vol-co tqi 1 t ~ X H I ~ E ( l f J ,

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 4 7 7

man kann aber auch annehmen, daß Plato in seiner Vorlesung den trivialen Fall nur als Einführung für kompliziertere Betrachtungen ver

wendet hat und daß das uns bei Simplicius erhaltene Stück aus der ursprünglichen Nachschrift nur den allgemein verständlichen Trivialfallwiedergibt.

Mathematisch käme die Sache hinaus auf die Entwicklung eines

graphisch gegebenen "Logos" in einen systematischen Dual-

bruch.

Es fragt sich: Is t Derartiges zu Platos Zeit möglich und sind irgendwelche Wirkungen eines solchen Verfahrens in der zeitgenössischenMathematik nachzuweisen?

Die Möglichkeit einer dyadischen Entwicklung zu Platos Zeit läßtsich sehr leicht beweisen: einfach dadurch, daß man auf die altägyp-

tische Teclmik des elementaren Multiplizierens und Dividierensund derBruchrechnung hinweist. Dort wird ja in ausgiebigster Weise von derdyadischen Entwicklung des Multiplikators (Vervielfachung nicht mittelsdes auswendig gelernten "Einmaleins", sondern durch iterierl;es Verdoppeln und geeignetes Zusammenfassen), dyadischen Approximation des

Dividenden und Ergänzung des Restes durch dual entwickelte Bruchteile des Divisors usw. usw. Gebrauch gemachtl8

) . Man muß annehmen,daß zum mindesten die elementare Technik der Division Plato wohl-

,;6 fLIW f n ~ ,;o !l!..a,;,;ov ? t Q o ~ o ' V , -rb cl's ~ n l -r:o f L < i ~ o y & - r : c · l a v - t ~ - r : r o g . " Die Frage ist, ob dieTeile, die von der zerschnittenen Ellenhälfte der unzerschnitlenen hinzugefügtwerden, u nm i t telbar anschließen müssen oder nicht. Im zweiten Falle könnteman die Sache auch so verstehen:

l:hfL1J<'D'V 7)!ol7t1Ji(,V

Stadium J. 1-- - - - - - - - - - - - - - - - - -1Stadium Il. 1----------1-----1······ ............. 1

Stadium I I I . 1--- - - - - - -1 ... · · · · ·1-1·· · ................ 1

Stadium IV. I ......... , ...1-1 ................... 1

Fig. 7

Die ausgezogenen Teile der rechten Ellenhälfte machen zusammen mit derunzerschnittenen Ellenhälfte den "zum Kleineren fortschreitenden (ilnl -cb E'J.anov

? t Q D ~ o v ) Teil" aus, die punktierten Teilstrecken den "zum Größcrn (in! -r:b !LfitD?')

fortschreitenden Teil".lB) Vgl. 0. Neugebauer, Die Grundlagen der ägyptischen Brucl1rechnung,

(Berlin 1926); Arithmetik und Rechentechnik der Ägypter (diese Zeitschr., Bel. I,S. 30.1ff.). - Aus dem letzteren Aufsatz stammt das folgende Beispiel (S. 82?)

"R24":

Aufgabe:.

'19:8

Rechnung:'1 '1 '1~ 2 4 8

8 16 4 2 1

Ergebnis:

2+i.+i.4 8

Auf das wesentlich k o m p l i ~ i e r t e r e Bruchrechnen kann hier nicht eingegangen werden.Aber auch da sind dyadische Entwicklungen grundlegend.

Quellen u. Studien B I . 32

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478 0. B ecker

bekannt war; die frühgriechische "Logistik" wird der ägyptischen ähn

~ i c h . gewesen sein 19) . Der Gedanke der dualen Entwicklung eines Logos

1st 1hm also wohl zuzutrauen.

Aber dann erhebt sich die weitere Frage: Wie kommt es, daß dieduale Entwicklung von Brüchen und überhaupt Verhältnissen in der

überlieforten griechischen Mathematik nicht auftritt? Wenn Plato diesen

Gedanken systematisch aufnahm, warum wurde er nicht; wissenschaft

liebes Gemeingut i1 Die Antwort darauf kann natürlich nur mit einiger

Wahrscheinlichkeit gegeben werden. Aber man geht wohl nicht fehl, wenn

man annimmt, daß das ja auch Plato (in seiner Spätzeit) so stark be-

seltilftigende Problem des I r rat ionalen die Verwendung des systema

tischen Bruchs in der griechischen :Mathematik verhindert hat. Es gibt

bekanntlich rationale Brüche, die nicht auf endliche Weise dual(doY.;imo.l, soxag·esimal) entwickelt werden können, sondern unendliche

(periodische) Dual- (Dezimal-, Sexagesimal-) Brüche ergeben. So schon1/

3im dualen (und dezimalen) System. Rationalität und endliche

Entwickelbarkeit eines Logos fallen also nicht zusammen; die Entwick

lung in einen systematischen Bruch kann also kein Kriterium für die

Hationalität eines Verhältnisses darbieten. Noch mehr: die Darstellung

eines so einfachen ganzzahligen Verhältnisses wie 1: 3 als ein "Apeiron"

(eine unendliche Dualentwicklung) mußte alle griechischen Begriffe

in Vorwirrung bringen: sollte man den "Logos" 1: 3 dem "Peras" oder

dem "Apeiron" zuweisen?- Der Weg der dualen Entwicklung war also

ungangbar, dagegen führte die Kettenbruchentwicklung in der Form des

sogenannten Euklidischen Teilerverfahrens (Elem. VII, 2) zum Ziele.

Diuses auch heute noch benutzte Verfahren zur Aufsuchung des eventuell

vorhandenen gemeinsamen Teilers zweier gegebener Größen läßt sich

IUWh in der F'orm einer allerdings doppelten und verschränkten Diairesis

(d?•·t?v(patQBtJJ nennt Euklid diese Operation) darstellen. Seien die zu prü

l'en<lon GrOßem a1

und a2• lVJan hat dann (wenn nu n 2, n3 ••• ganze Zahlen

bo,louLon): ~ 1 . ) a1 = a2 n1+ a3

~ l ) a3 = a,1 n3 + a5

5) a6 = a0 n5+ a7• • • • 0 • • • • • •

2) a2 = a3 nz+ a4

4) a4 = a5 nJ+ a6

6) a6 = a7 n0+a8

lD) Vgl. "Gesetze", VII, 819 C. Dort wird der arithmetische Elementarunterricht

der 1lgyp t ischen Kinder den Griechen als Muster hingestellt und einzelne Ver

teilungs- und Kombinationsaufgaben werden ausdrücklich genannt, wie sie als an

gewandte Aufgaben dem alltäglichen Leben erwachsen. Es handelt sich bei der e ~ s t e n Aufgabe bei Plato um eine sehr einfache "'7/-" (d. i. "Haufen-") Rechnung, bet der

dritten wohl um eine "psw"- ("Qualitäts-") Rechnung. Diese Rechnungen nachägyptischer Methode benutzen alle die dyadische Entwicklung von Zahlen und

Starnmhrüchen; vgl. Neugcbauer a. a. 0.

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 4 79

Wenn das Verfahren abbricht, haben a1 und a2 ein rationales V erhältnis, wenn es ins Unendliche fortschreitet, ein irrationales.

Betrachtet man die Kolumnen für sich, so sieht man, daß es sich um

eine sukzessive Diairesis handelt (z. B. wird links der Reihe nach a1,

dessen Unterteil a3 , dessen Unterteil a5 usw. zerlegt). Die Art der Teilungbestimmt sich rekursiv (durch Hineindividieren und Zerlegen in einenAbschnitt, in dem die Teilung "aufgeht", und einen Restabschnitt) und

zwar durch Hin- und Hergehen zwischen beiden Kolumnen, wie die Ordnungszahlen (1), (2), (3), (l1) . . . andeuten. Das Verfahren bricht dadurchab, daß schließlich einmal eine Division glatt aufgeht, also etwa ah+2 = 0wird. Dies is t aber nicht immer der Fall: das einfachste Gegenbeispielist die Teilung nach dem "goldenen Schnitt", wo sich dieselbe Divisions

aufgabe in immer verjüngtem Maßstab wiederholt. - Diese "Anthyphairesis" ist also das entscheidende Mittel zur Beherrschung des Irrationalenproblems (modern ausgedrückt: Endlichkeit der Kettenbruch

entwicklung als Kriterium der Rationalität). Sie ist eine Weiterbildungder diairetischen Methode und mußte sachlich die duale diairetischeEntwicklung überwinden.

Die Klassifikation der Irrationalitäten bei Euklid (Elem., Buch X)schließt sich hier unmittelbar an; sie ist sicher der letzte Reflex einesontologischen Problems: die Stufen zwischen dem "Peras", dem vollkommen Rationalen, und dem "Apeiron", den "ungeordneten Irratio

nalen" ( a : r : a w c o ~ lJJoym), zu bestimmen, die Mittelglieder ihrer "Zahl"

nach festzulegen (gemäß Phileb. 16 DE). Das Problem setzt sich bis zuA p ollonius V Oll p ergß ( : n : e e ~ ch:&wrw1' a?coywP, de irrationalibus inordi-

natis), ja bis zu Pappus fort, dessen Kommentar zu Euklid Elem. X 20)

uns sowohl die mathematische Entwicklung wie auch die Beziehung zur

Philosophie einigermaßen überblicken läßt 21) .

Methodisch verwanclt ist auch die Anregung, die Plato nach dem

Bericht des Endemus (im zweiten Buch der : A c r r e o ? c o y ~ ; > , : 1 J 'Irnog{a,

fr. 96 Sp. bei Simpl. in Arist. de coelo p. 488, 19 I-leiberg) den Astro-

20 ) Nur in arabischer Übersetzung des Abu Othman erhalten, von F. Woepcke

teilweise ins Französische ("Essai d'une restitutiondes traveaux perdus d'Apolloniussur !es quantites irrationelles d'apres des indications tirees d'un manuscrit arabe."

Mem. pres. a 'acad. d. sciences de l'inst. imp. de France, Sc. Mathemat. et. Phys.,T. XIV, Paris 1856); von H. Suter vollständig ins Deutsche übertragen ("Beiträgezur Geschichte der Mathematik bei den Griechen und Arabern", Abh. z. Gesell. d.Naturw. u. d. Med., hrsg. v. Osk. Schulz, Heft IV, Erlangen 1922). Die philosophischen Stellen bedürften einer weiteren Bearbeitung unter Berücksichtigung derneuplatonischen Terminologie bei Proclus (in Euclidem) und den ihm nabestehenden Euldidscholien. (Die neuste Bearbeitung von Junge-Thomson in der "Har

vard Semitic Series", Vol. 8 (1930) war mir leider noch nicht zugänglich.)21) Vgl. die Darstellung des Verf. a. a. 0. S. 139ff.

32*

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480 0. Becker

nomen seiner Zeit zur Erforschung der Planetenbahnen gab. Nämlich

zu erforschen, "unter Zugrundelegung welcher gleichförmiger und

geordneter Bewegungen die die Bewegungen der Irrsterne betreffenden

Erscll'einungen ,gerettet' (d. h. richtig wiedergegeben) würden" (Tlvwv{rnof}st.a{iw Of.taAW?' xai Tnaypevwv xw'l]aswv ÖtaawiJfi Ta nsei u!<;; utn}-

asu; TW1' nJ.avwps?'WY cpa.w6f.te?'a). Es werden denn auch beide Aufgaben. '

die Theorie der Irrationalität und die der Planeten, in den "Gesetzen"

VII, 8:L8E (neben der Arithmetik) zusammen erwähnt und dann 8i9D

bis 822A näher gekennzeichnet. - Zur Terminologie ist zu bemerken:

Die TBTa.ypha.t xw'l]au<;; sind das genaue Widerspiel der a:r:a.wr:ot äJ.oyot des

Apollonius, der sich ja die Aufgabe stellte, diese ä:r:a.urot äJ.oyot zu TauTal

(ev??·si:(u) zu machen. Auch das Gegenspiel des Terminus Üf.tal,o<;; findet

sich in dem uns bekannten philosophischen Zusammenhang und zwar

bei Eudomus selbst (fr. 27 Sp., Simpl. in Arist. phys. ausc. p. 43i, 8 - iü

D' l ) JJ1 I ji I I I I I I I I 1 >1 I 1 0 1 }.

10 S : " AO.TOJll uB "CO flBya ?<at 't'U f.llU(JOV UO.l 't'O f.l1} 01' Xat "CO O.VOJf.lU .ov

xai /Jaa TO'!JTOls e:rd ra.v'to cpB(!Bl T ~ v xtl'1]GW Aßyst." ("Plato nennt das

,Große und Kleine' und das Nichtseiende und das Ungleichförmige

und was immer mit diesen auf dasselbe hinauskommt die Bewegung".) 22)Daran ist wichtig vor allem die sachliche Identifizierung des mit den

Ansdrücken "groß und klein", "nicht seiend" und "ungleichförmig"

Gemeinten. (Eine Zeile später wird auch noch avtaov als gleichbedeutendeingeführt, später (Z. 1.6) auch aoeta't'ov.) TO aJIWflUAOV bezeichnet also

das vieldeutige "zweite'' platonische Prinzip, das dem Einen, Guten,Eidos, Peras usw. entgegengesetzt ist. Die astronomische Aufgabe liegt

also ganz parallel den übrigen platonischen Problemen der "Begrenzung

clos Unbegrenzten". ·Anßor dioson besonderen, wenn auch umfassenden Aufgaben, die in

dor Akademie ihren Ursprung gehabt haben, is t noch die allerdings nicht

oindnnt.igo Überlieferung zu erwähnen (Proclus, in Euclidem, p. 103, 2i

bis Hllt, 2Cl Friodl.; Plutarch, vita Marcelli 14, quaest. convival. VIII, 2, 1,p. 718E), die Plato die Beschränkung der elementaren geometrischen

KonBiii'nktionen auf das Schlagen von Kreisen und das Ziehen von Geradon zusehreibt. Bedenkt man, daß (nach Proclus, in Euclidem p .1. 79, 24

his 180,a; p.97,7.9-17; p.185,10-12 Friedl.) Gerade und Kreis

22) Daß hier das cblro[La:J.,o11 mit der xlv'I]CJLS identifiziert wird, darf man nicht a ~ s WiderspJ•uch zu der astronomischen Forderung der o[Lcä .7] ulVTJlitS verstehen. Dw

gleichförmige Kreisbewegung is t ja die der Ruhe am nächsten kommende ("ewige"}Bewegung (die ausführlichsten Analysen darüber bei Aristoteles, Physik e und

Metaph . ./1); ihre Geschwindigkeit und die Krümmung ihrer Bahn "schwankt" nicht!

Man vergleiche auch Proclus, in Euclidem, ad def. XV (p.146, 24-150, 12) über

die Eigenart des Kreises. {146, 2lx: '[;0 'lCQlhtcrrov ' l t C I ~ &-n:l.ovCJ'!:Ci'l:OV '!:WV axmuxT'CüV xat

''[;a/,storcxrov•• •

14?, 3:ua l

E()'CL?I &va!..oyov "r:cji 1ti!QCIT:L 'ltCIL '!:fl p.ovach 'ltCIL ol.ws -tfl& p . ~ l ~ · a v

uvar:otxlc;< usw.)

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 481

durch das "gleichförmige Fließen" (oftaJ.?j evat(;) des Punktes bzw. die"gleichförmige Bewegung" (Ofla'Aij ~ t ' J ! ? ] O ' t ( ; ) des Endpunktes des Radiuszustandekommen und daß die in der Vorstellung der (}vat; liegende Anschauung des Punktes als Ursprung (&.ex1]) der Linie platonisch ist, so

gewinnt die Überlieferung an innerer Wahrscheinlichkeit. Fügt man

hinzu, daß zur Zeit Platos tatsächlich die naive Verwendung der "Ein

schiebung" ('J!svat(;), die noch bei Hippakrates von Chios vorkommt,verschwindet und daß auch die neue Lösung des Delischen Problemsdurch den Eudoxus-Schüler Menaechmus (vermittels der Kegelschnitte)auf die neue Auffassung Rücksicht nimmt, so ist auch der äußere Tatbestand anscheinend bestätigt.

Dieser umfassendste methodische Gedanke Platos auf mathematischem Gebiet darf allerdings nicht als "Konstruktivismus" interpretiertwerden im Sinne einer Existenzsicherung mathematischer Gebilcle durchihre "Erzeugung". Sondern die von Proclus (in Euclidem p. 77, 15

Friedl.) berichtete Auseinandersetzung der Akademie (Speusippus) undder kyzikenischen Schule (Menaechmus) über den Sinn der "Bewegung"in der Mathematik zeigt, daß nach platonischer Auffassung das "Mathema" ein "ewig Seiendes" (dst lf?i) ist (vgl. Staat VII, 527 A, dazuStenzel, Speusipp. 1659-60 u. Verf., "Math. Existenz", S. 131. ff.,

198f.). Das heißt: die "Beschränkung der mathematischen Instrumenteauf Lineal und Zil'lml", wie man für gewöhnlich recht mißverständlichsagt, besagt in Wahrheit die stufenweise Ordnung der unbewegten geo-

metrischen Figuren nach dem Grade ihrer Komplikation, feststellbar ander Zahl und Art der ineinander greifenden (schneidenden und verbindenden) Geraden und Kreise, die die "erzeugende" KonstruktionOLOaO'XaUa(; xaew benutzt.

Also auch diese umfassendste Aufgabe ordnet sich sinngemäß demmethodischen Gedanken des "Philebus" unter; die "unendliche" Mannigfaltigkeit der Raumgestalten wird "begrenzt", zu dem gemacht, waswir noch heute "definite (&-weWflB'J!1]) Mannigfaltigkeit" nennen.Die "Zahl" (aed}fldf;) erscheint auch hier in der doppelten Funktion von"Baustein" (a-r:otxe'io'J!) und "Band" (oWJto(;).

So zeigt sich, daß fast alle großen Problembezirke der Mathematikder Zeit und eines ihrer umfassendsten methodischen Prinzipien von derdiairetischen Methode und der Konzeption der Idealzahl aus ihrenphilosophischen Mittelpunkt erhalten. Allerdings ist zweierlei· festzuhalten: Erstens geht die mathematische Methode im weiteren Verlaufihrer Entwicklung weit über eine einfache Diairesis der Ideen hinaus und

zweitens darf man nicht glauben, daß in dem verwickelten Verhältnisder akademischen Philosophie und der Mathem'atik die erste der alleingebende Teil war - ebensowenig wie freilich die zweite. Es ist nicht

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( l, l l t ' l ~ k ill'

l l t t ~ ~ t i l n g - i g , diP ~ l n t . h t • H m l . i l \ tlm; llippokl'aLt':{ Vtllt t:hio:{, dnH .At•r\hyLnH 11dt•t· k ~ · z i k t • n i ~ · w h t • n StdJttlt! udt•t• gm· ÜP:-1 Art·hilllPtlt•:{ nlH J\lnLhomat

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halh• 11111' lltillt•b• d••t• ,.ltnnlyliHt'ht•H'' Mt'lhndtl g-Pfnndt•tl \l'!'t'dtm kiilllltlll, dorHol\lt•l hudo•, tlt•t•r•u N,nilt'llllll iNI'IIn I l n l ' d t l ' i l h t · n n ~ llJnln wg-t•Htdu•iuhon wird . .Morkwü

iu tliPt<t•ttt Z l l t ~ i t l l l l l l l ' l l h a u ~ r i11t. t m d l i t ~ h mwh oino llllllll'l'knng- dt•H I'K.-Ji]t•atoxLho(llir•ht, Vrtl'N. :ti!A, lf•) Hlu•t• A t • t · . h ~ • l i i H 111\tl l•:ut!oxus: ,.lft'l•(it!{iiJlCt•·r• ä ~ ' I T ' t ~ m . · r • cd

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 483

!1.

Von den weitreichenden Auswirkungen der platonischen IdeenZahlen-Lehre kehrt unsere Untersuchung zu dieser selbst zurück. Es

bleibt ihr die Aufgabe, an der Hand der Texte - in möglichster Kürze -die vorgebrachte These zu prüfen. Dabei kann natürlich nicht die Absicht die sein, alle die mannigfachen Dunkelheiten der Überlieferung,besonders in der aristotelischen Polemik gegen die platonische Lehre,aufzuhellen. Das wird wahrscheinlich überhaupt niemals ganz möglichsein. Aber es soll versucht werden, möglichst eindeutige Belege für unsereThese aus den Texten zu gewinnen.

Methodisch is t von vornherein ·eine Bemerkung zu machen: Die aristotelische Kritik an Plato ist höchstwahrscheinlich mißverstanden, wennaus ihrer Auslegung sich ergibt, daß sie die platonische Theorie in ihrenelementarsten Zügen nicht versteht und daß sie lediglich um Nebenpunkte und abstruse Einzelheiten marottenhart streitet. Nach dem, waswir sonst von Aristoteles wissen, ist vielmehr anzunehmen, daß er dieakademischen Lehren sehr genau gekannt und in philosophisch

wesentlichen Punkten bekämpft hat.Die Texte sind im folgenden in sachlicher Gruppierung zusammen

gestellt und interpretiert; am Schluß folgen einige besonders wichtige

Einzelstellen.

a) Die Benennung der Idealzahlen und der sprachliche

Ausdruck der These, daß "die Ideen Zahlen sind".

Die erste Erwähnung der Ideen-Zahlen-These findet sich Met. A 6,

987 b 20-23: cvr; fLB11 oi5v VA?JV -rd flAya u a ~ -cd fUtt(!d?J sl11at aexar;, wr; o'ovalav-rd e11' s ~ sust?IWP ')'Ct{! uaTCl p { { ) s ~ W "tOV BPO(; -ca 8t01J slvm Ws (für überliefertesTovr;) &12 t-o.pavr;.

Die letzten Worte sind, so wie sie überliefert sind, schwer verständlich.Zellerund W. D. Ross streichen Ta st017, Christ umgekehrt Tovr; &gt-o.rwvr;;Schwegler -covr; und J aclcson schreibt für Tovr;: -ra wr;. (Von noch anderenVorschlägen sei hier abgesehen.) Wir übersetzen: " . . . aus jenen leitetensich (slvm s ~ ) die Ideen her, sofern ( w ~ ) sie Zahlen seien." (wr; etwa inder Bedeutung von ?J·) - Die Konjektur wr; für Tovr; vermeidet denEinwand, den Ross gegen Jacksons verwandten Vorschlag erhebt (ra wr;

für y o v ~ ) , daß damit zwei Klassen von do17 statuiert würden, solche c ( J ~ &.etfJf-toi und andere. Der Text besagt 1Jei uns nur, daß die Ideen alsZahlen anzusehen seien 24

) .

24) Es sei hier ein Deutungsversuch der in der Nähe befindlichen umstrittenenStelle 987b 33-988 a 1 angeschlossen: " . . . -tb 8/: <l'vct<l'a ' R . D ~ ~ u a ~ - t ~ v hEQ«V cp·vaw <l'Lit

'tO ' t O f J ~ & Q t & f L O f J ~ (xa:t) nro 'tihv '!CQ cb-twv EVcpvws ES O:Vt1jS ycvvacr.frat, &u'!CEQ i!x 't!'VOS

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484 0. Beclcer

Ähnliche Wendungen kommen oft in der Metaphysik vor, z. B.:M 9, 1086a 11-13: 6 n e r ' i n : o ~ # S j J , B ' V O ~ 'l"cl BtO'YJ slval ~ a l a e l ß f l , D V ~ TaBLO'YJ . . . N 3, 1090 a 16: o[ ftS'V OV'V ?:lßSfJ,B'VOl ' l " c l ~ l o e a ~ el11al ~ a l aetßp,ovc;

a v ? : a ~ elvm . . . bemerkenswert endlich die präzise Wendung: N 2,1090 a 4-6: ?:q:i l o e a ~ uthp,e1'<p . . . l ! ~ a a r o r ; ?:W1' aed}p,iiw loea nr;. An denersten beiden (und vielen anderen) Stellen werden die Ideen (im Plural)den Zahlen (im Plural) zugeordnet, an der dritten ausdrücklich jeder

einzelnen Zahl eine bestimmte Idee (also Singular dem Singular).Bis hierher hat die Sachlage nichts Merkwürdiges. Aber es kommt die

Tatsache hinzu, daß in einer Reihe von Stellen sich geradezu eine Terminologie ausbildet, die der Zahl (im Singular) Ideen (im Plural, mitund ohne Artikel) zuordnet.

Schon im zweiten Buch von nselr p t J . a a o r p t a ~

(fr. 9 R, überliefert beiSyrian) heißt es: el i i . U o ~ aed}p,or; aZ loeat. Die Formel 6 -rwv slowv (loeäl1')

d.et#ft6c; steht Met. M 7, 1081 a 21; M 8, 1.083b 3; N 3, 1090b 33, 37. EineVariante ist: ?:o'ir; wc; do'YJ -r6v aetß{J,dv Uyovm (1083b 4-5) und die auchin anderer Hinsicht wichtige Stelle: (aet#ß6v) -rdv sxov?:a ne6?:sem' xal

iJa-rsea'V ? : a ~ l o e a ~ (1080a 12-13) (S. u. S. 485, Anm. 28).

Man könnte daran denken, den Singular von d . e t # p , 6 ~ in allen Fällenim kollektiven Sinne zu verstehen, so daß er bedeutungsmäßig einemPlural nahe käme, aber - warum kommt dann niemals an solchenStellen s l o o ~ im kollektiven Sinne vor? Dieser Ausweg hilft also - inAnbetracht der immerhin erheblichen Zahl (7) der Stellen - nichts. Esbleibt dabei, daß die "Zahl" bald der einzelnen Idee, bald - als einzelne"den Ideen" oder "Ideen" entspricht. Liegt dann aber nicht ein Widerspruch vor?

Man kommt zu einer Erklärung des Tatbestands, wenn man Stellenheranziel:rt wie Met. I-1 3, 1044a 11-14: neel flhl OV11 Y B 1 1 S ( J 8 ( ) ) ~ ~ ( J . L r p ß o e f l ~ TW j i 'Asyop,hW11 OV(J{W1' . . . "al nsel -ri]r; (sc. ?:W'V 'Aey. OVrJlW11) s l ~ ?:01' &.!]l??·w1v

a1'aywyi'jc; 26) , was zusammenzuhalten ist etwa mit Z 13, 1039a 7: el f;

th<-ltayelov". " ••. weil die Zahlen aus der Dyas (auch) über die (bei den) ersten

hinaus wohlgebildet erzeugt werden, wie aus einem bildsamen Stol'f." - Wir fassenalso, im Anschluß an A. E. T ayl or, o! n:(lcii-r:ot. als die beiden ersten Zahlen 1 und 2auf und fügen hinzu, daß N,ro nicht notwendig "mit Ausnahme" (n7.1]?',

pracler) bedeutet , sondern zunächst "außerhalb" (extra) und "darüber

hinaus" in räumlicher und zeitlicher Hinsicht (Bonitz, Index ArisLot., p. 2G2b,

55ff.; Xenophon, Kyropaedie IV, t,, 1: E'sro 1dr;ov 1J!Jot!Qas; Demosthones 54,26(Bekker): li6ro ltt!Grov v'vx-r:wv}. Der Sinn ist dann: Bei 1 und 2 ist die Erzeugung· trivial,aber auch darüber hinaus ist sie möglich. Das xal is t dem Sinne nach zu ergänzen;man braucht diese Ergänzung aber nicht notwendig als Text-Konjektur aufzufassen.

25}

Zum Terminus &vayroy'l] vgl. The op hrast, Metaphysik 13 ( 6b, 11-14 Usener):"IIJ:chrov ~ J o i : V otiv sv - r ~ o &v& Y H 7' d s -r ~ s &QXa s 0'6l;wsv ~ v &n:-rMiJm -rci'w & J . ~ r o v sls-r:ag lO't!as &1•an-rrov, -rav-cas 0'' sls -ro-bs & Q t . & ~ J o o v s , fx 0'/; -rov-rca1• sls - r ~ s &Qx&s . . ."

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 485

ovata lJv, OV'X l J a - c a ~ 8 ~ ovauvv 8vvnaexovawv und a 3: aovva-rov yae ovatav

8 ~ OVrJlWV elvw 8vvno.exovawv w ~ brcdsxetq.. Weiter heißt es (a 11-14):

Diese Unmöglichkeit des aktuellen svvnaexsw der Teil-ovatm in einer

ganzen ovata ist ganz wie bei der Zahl: " o p o t w ~ ; -rof.vvv ofj).ov, 8u uo.iiJn' aet.Of-lOV f ! ~ s t , et7Ce(! 0 U ( ! l { ) p , o ~ C1VJJ{)salr; flOVaCJWJI, wanse A8ys-rm vn6 -rwwv

(nämlich den Platonikern) ~ yae ovx ev r; o v d ~ , ~ OV'X SJIEC1'tl [ t o v d ~ ; b av-rfl

sv-rdsxetq.. Womit unmittelbar zu vergleichen ist M 7, 1082b 28-32:

OtO xai 'tO d(!t{)·fU;;'la{}at o v - r w ~ , e11 ovo, f t ~ nqoaJ..aftßavopevov 7 C ( ! O ~ T!p vnaexov-rt

dvayxa'lov a v - r o i ~ Uysw. OV7:e yae r; yeveatr; lJa-r:at B'X - r f j ~ aoeta-rov ovdC!or; 26)

ov-re loeav 8voexs-r:at eblat• s v v n a e ~ 8l yae i-riea loea BV sdeq. xat nd.v-ra -r:a

do17 e v o ~ pe(!?J.

Und schließlich sagt Aristoteles ganz direkt und deutlich (M 7,

1082a 34-35): . . . wa-re näcrm o.l f W l ' a o s ~ löeal ytyvov-rm xal. avyxef.ae-rallMa e ~ losaw. Dazu kommt dann noch, außer anderen Parallelstellen 27

) ,

die besonders krasse M 9, 1085a 24-26: ndv-r:wv oe 'XOWO'JI 'tOVTWJI önee

enl 'tW'JI elowv 7:W11 w ~ y e v o v ~ avpßatvet C!wnoee'lv, OWJI Ttr; 1ffj <xwew-ra

J aeger) -ra xa{)6J..ov, n6-reeov -rd t;i[>o?' av-r:d 8v -ri[> !;cf!cp 1} lJ-reqov avwiJ l;i[>ov

(für !;cf!ov Jaeger).Es handelt sich an allen diesen Stellen und an noch zahlreichen ande

ren 28 ) immer um dieselbe Frage, ob eine Idee, eine ova{a oder eine Zahl

26 ) Die Genesis aus der t:l:tiQtli't'OS U'v&s steht hier nicht zufällig. Denn (wie wir

oben, S. 4,70 f., sahen) vermeidet ja die Erzeugung durch Spaltung der Monaden geradedas Bestehenbleiben (t\na(!xsw) der "alten" Monaden als aktueller in (fv) der schließ-lich erreichten ZahL .

27) Vgl. bes. 1082b 23-26 (vor der im Text zitierten Stelle): oiJd'/; l!liovr:rxt txi

l d ' ~ t x t &(,n.f:l'fLOl. 't 'oiho [LEV raQ txVTO O Q . f : I ' W ~ ieyovliL oi O t t x r p O ( ! O V ~ TtXS [LOVall'txs & ~ r o v v - r : a s alvctt d'n&Q l d' 8X t (sei!. ai !L011ct08S I) lrJOji'CCXL, oor11t&Q El'(,11J'I:CXt 1tQOT&QOV (nämlich '1082 a3lt-35) · ~ v r : Q 1:0 E l oo s. Es wird hier als wesentlicher und selbstverständlicherBestandteil der platonischen Lehre angenommon, daß die Monaden Ideen sind -unter Hinweis ·auf die frühere Stelle (und vielleicht noch andere) und mit der Be·gründung, das Eidos sei gv, der These, die den ganzen platonischen "Parmenides"durchzieht.

28)Zu erwähnen is t davon noch besonders Met. M 6, l080a '15-18: &,•&rwlJ u'al'rca(!sad,, o&Qt-ll'ftÖs rpvrns ' Z ' t ~ 1'txtlt1J&U1J-rlssrmv av'!:ov l ]ovala&n' -roiir' av1:6,

roanao rpcxc;l nvss, ijTot slvcxt 'I:D fLE1' n(lcli-r:ov 1:l. rxv1: o i -r6 U'' izofLsvov, g-c&QOV ov 1:9'J efd'ag1'CXr1't'OV. und unmittelbar dazu M 6, 1080b H-13: oi fLEV 0 · ~ 1 1 (die Platonilter) afL

rpodQOVS rpcxat alvcxt 't'o-11!; &Qt&ft-ovs, dv fLEV (die Idealzahl) l!zov't'tx -cb 1tQD

't'c(!O'I' xcd vc;Hr,>OV 1:as id't!rxs, 1:ov os f.LCXil'lJ!trx't'or6v •• .In beiden Stellen is t der Singular von &[,n.&f.LOS bedeutsam. In der ersten heißt

1:0 f.LSV nQÖl't'OV av1:o ii 1:0 d'' ex6f.LEVov: "das erste einerseits und das folgende andrerseits (dem Eidos nach verschieden!) der (einzelnen!) Zahl". In der zweitenwerden zwei Zahltypen unterschieden (&fLrpOUQOL o! aQLil'fLol); eine typische Zahl derersten Art (o fLI:v) hat (als einzelne!) als das Früher und Später die Ideen (Mehrzahll) oder "besitzt das Früher und Später, nämlich die Ideen". Das heißt: in einereinzelnen Zahl dieses Typs sind gewisse 'l'eile früher, gewisse später -nicht etwa sind gewisse Zahlen (als ganze) früher bzw. später als andere! Letztlich

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486 0. B ocker

aus Monaden oder ,,kleineren" Teilzahlen so zusammengesetzt werden

kann, daß die Teile aktual sind und trotzdem das Ganze ein l!v ist. Das

wird von Aristoteles stets geleugnet (es ist ein wesentlicher Teil seiner

Argumentation über die Einheit der Definition in Met. Z), von den Pla

tonikern aber (nach Aristoteles) behauptet. Dabei gehen an den ver

schiedenen Stellen nicht nur die Zahlen, sondern auch die Teilzahlen bis

hinab zu den Einheiten den Ideen parallel. Direkt ausgesprochen wird

es an der zitierten Stelle 1082a 3 ! ~ : rciJ.aat aE ttov&.osr; loeat y!y?,ovrat,indirekt ergibt es sich aus Met. N 4, 1091 b 25-27: ä.uaaat yae a[ ftov&.osr;

y{yvwr:w Önee aya{}6v n . . . l!n el Ta BtO?] aed}ftol, Ta erO?] navTa O'JtB{!

aym96v Tt. Dies ist nur dann ein gültiger Schluß, wenn man als Minor

ergänzt: Ta ero17 eaTl fl01'aoer;, was also augenscheinlich, als nähere De

termination, aus der angegebenen Bedingung er Ta er01] aed}ftot ge

folgert .wird 29) .

Ebendasselbe ergibt sich aus Met. I-I 3, 1043b 33: e'lnee ela! nwr; aedJpol

a[ ova!w, ofhwr; elal xal ovx, wr; Ttver; Myovm, fGO'Vaowv. - o1hwr;, d. h. so

wie im vorigen beschrieben: nicht aus aktualen Teilen zusammengesetzt,

sondern aus Stoff (Potenziellem) und Form (Aktuellem), wobei zum

Stoff auch das Genus gerechnet wird (vgl. Met. Z 13) und damit über

haupt alle höheren Eide der Ideenkette, die in der aristotelischen Aus-

handelt es sich bei diesen Teilen um die Einheiten, die MuxlQ<-r:a, die nicht weiter

zerlegbaren Teile. Diese sind also früher und später und bei diesen gibt es ein

Erstes und ein Folgendes.

Eduard Zeller kommt in einer berühmten Anmerkung seiner "Philosophie der

Griechen" (Bel. II , 1, S. 68'1, Anm. 4 in der 4. Auflage) ganz nahe an diese Erkenntnis

heran. Mit Recht bringt er die Unvereinbarkeit der Einheiten der Idealzahl (der

fto'I'&V'<s a O ' V ! ~ ( 3 ! . r r r : o t ) mit diesem Verhältnis von früher und später in Zusammenhang.

Vgl. M ?, 108'1 a '1?, 35ff., b 28 (!LO'V&V'ss & a v t t ( 3 J . 1 ] ' ! : 0 ~ = ft011Mcs ' J t Q U ' r E Q I X ~ %eiL va't'cQIXI.);

M 8, '1083a 33. F'm•ner: M 7, 1082a 2ßff., wo "Aristoteles (wie Zeller sagt) gegen die

platonische Annahme der Idealzahlen einwendet: aus ihrer Voraussetzung würde

sich ergeben, daß nicht bloß die ganzen Zahlen, sonelern auch die '!'eile derselben, im Verhältnis des Vor und Nach stehen, daß also auch diese Ideen

sein müßten, und somit eine Idee aus mehreren Ideen (die ideale Acht z. B. aus

zwei idealen Vieren) zusammengesetzt sein müßte". - Dies alles gilt wörtlich für

die Einheiten (die MtalQF.-r:a) selbst, die also Ideen sind, die in ihrer Verflechtung

( a v ~ : r r ; / . . o % ~ ) im diairetischen Schema wiederum Ideen produzieren.

20) Man könnte einwenden: Wenn die ~ o 1 ' & J ' c s onEQ &yail·o1' n sind, so auch die

aus ihnen zusammengesetzten Zahlen. Aber das is t in Anbetracht des Gesamt

arguments, in das die Stelle eingebettet ist, unmöglich. Die ~ o v d s ist nämlich &ya.&ov

als S'P, und zwar ist hier S'"' gemeint als 0 ' - r : o ~ x a i o p und &Q%71 '1tQcht:'f} (b 24-25), nicht

etwa als "formale" Einheit der Zahl als ganzer (vgl. für diese Dinstinktion M 8,

'1084b 2ff.). So ist in diesem Zusammenhang die Zahl kein Eines, sondern eineMehrheit (nl.1)-ltos), demnach nicht onaQ &yail·o"' -r:t. Der im Text betrachtete Schluß

ist also in der 'rat nur dann gültig, wenn die cfc1'1J als ~ O l ' t t & c s , nicht bloß als &Qt-ltfkol

aufgefußt werden.

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 487

drucksweise deshalb ' ia w ~ ' ) J B 1 J O V ~ e[o'Y} (z. B. 1057b 7, 1058a 22, i079b 34,

1085 a 24) heißen - zum Unterschied von den "getrennten Ideen" der

Platoniker. Diesen "getrennten Allgemeinen" (ca ~ a { } 6 ) , o v &a xwew"ta)

entsprechen eben in der H 3-Stelle die Monaden. Es folgt dort der Vergleich von Zahl und diairetischer Definition -: daß beide e l ~ dotatee&azu zerlegen, . . . daß beide ein §y sind und nicht nur eine Anhäufung

(olo11 a w e 6 ~ , 1044 a L1, - vgl. vor allem 10Mb 9). Das Letztere können die

Platoniker weder bei der Definition noch bei der Idealzahl erklären.

Trotzdem ist es ganz natürlich 'und hat beide Male denselben Grund: die

definierte ova{a - d. i. das (J;r:opoP e l o o ~ , das einerseits das ai5la{(!87:0V des

o e t a f t ( 5 ~ ist, andererseits auch durch den ganzen o e t a f t 6 ~ dargestellt

wird - ist Eines, weil es Entelechie und "Physis" ist (während alles

Allgemeine bloß potentiell bleibt). Sie ist also nicht wie eine Monas oderein Punkt ( c & ~ anyp1j, d. h. p 6 1 ; a ~ mit { } ß a t ~ , einer bestimmten "Stellung"

im diairetischen Schema 30}, wie Plato meint. Dem Ataman Eidos ent

spricht also wieder die Monas -: jedem Eidos der Kette eine Monas.

Der ganze Streit geht immer wieder darum, ob diese Monaden potentiell

oder aktuell sind, bzw. ob diese das Eine, jene das Andere. - Die ganze

Sache ist wiederum dargestellt in Met. M 8, 1084b 3-32. Auch diese

zunächst nicht. ganz leichte Stelle wird ganz konkret verständlich, wenn

man das EJ' als Repräsentanten des Eielos in der diairetischen Eide-Kette

faßt. Die "mathematische" Auffassung siehtim 1!1' ( w ~ a n y p ~ ) die

Monasals Stoff, die Auffassung, , 8 ~ &W1' J.6yw11 1:ov uafJ6},ov" (von der allgemeinen

Begriffsbestimmung her) sieht in ihm "das Ausgesagte" (-rd ~ a t ? ] y o e o v -f-l&'Vo1l), d. h. das Prädikat,, das nicht selbständig ist, sonelern von einem

Substrat ( s ~ ~ b i e c t u m ) ausgesagt wird (ua&' {m;oxetftB'Vov & t w ) ~ xan]yoeov-pevov) - das sincl aber die c & ~ y s ? ' O V ~ erD17 im aristotelischen Sinn. Aristo

teles wirft nun den Platonikern vor, beides vermischt zu haben: die

Idealzahl sei eine unmögliche Kreuzung von mathematischer Zahl und

Definition. - Wieder entsprechen die Monaden der Zahl den ((hs y e v o v ~ ) et'Ö?) der Definition I

Diese Stellen aus Aristoteles (die nicht das Matm·ial erschöpfensollen) genügen wohl zum Beleg der Behauptung, daß den Monaden

der Idealzahl in erster Linie die Ideen entsprechen, Dann freilich auch

die durch die Symploke geeinten Teile und das Ganze des Ideengeflechts

selbst. In diesem doppelten Sinn, des "Elements" (a&otxeio?') und des

Ganzen (platonisch des "Bandes", des o w w ' ; ~ ) ist das Eidos ev - womit

freilich auch sofort die in den letzten Stellen (i084b 3-32) explizit

\Verelende Problematik aufbricht.

ao) Vgl. Met. Ll6, 1016b 16 und W. D. Ross, Metaphysikkommentar zu 1084b

33-3t± (Val. II , t±5t±).

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488 0. B ecker

Der Ausdruck o aed}poc; o r:wv slowv wird jetzt ganz durchsichtig:

er ist zunächst nichts anderes als der übliche Ausdruck für eine b e

nannte Zahl ("eine Anzahl Ideen", ganz so wie "eine Anzahl Schafe"

oder "I-1 unde", a e ~ { } p d c ; neoßa-r:wv, uvvwv, vgl. Physik LI 14, 224a 2 ff.).Weiteres Material gibt Met. N 1, 1088a 4-14. Der Stelle geht

(1087b 33-1088a 4) eine Bemerkung über das voraus, was in verschie

denen Gegenstandsgebieten das jeweilige Maß sei (ev aepovtq_ otsatc;, ev

psyi{}st Odu-r:vJ.ac; f} novc;, ß1, evfJpoic; ß a a ~ c ; f) avUaßry, ev ßd.est a w : { } r ~ d c ; nc; w e ~ a p b o c ; , b 35-37), eine Qualität im qualitativen, eine Quantität

im quantitativen Gebiet. Das bedeute - so fährt unsere Stelle fort -,

daß die EinheiL ein Maß der Vielheit (nJ.fj{}oc;) sei und die Zahl eine

gemessene Vielheit oder eine Vielheit von (Einheits-) Maßen. Das Eine

sei daher selbst keine Zahl. - Dasselbe aber müsse allen jeweils ge-messenen Dingen als Maß zugrunde liegen: wenn das Maß ein Pferd, so

liege eine Zahl von Pferden vor, wenn ein Mensch, von Menschen. Wenn

aber Mensch, Gott und Pferd zur Zahlbildung vorliege, so sei die Einheit

vielleicht Lebewesen (Ccpov) und die Zahl jener sei Lebewesen (im Plural:

o & e ~ { } p d c ; ainwv l J a - r : a ~ Ccpa). Wenn endlich Mensch, Weiß(es) und Schrei

tend(es) gegeben sei, so gäbe es "am wenigsten" eine Zahl davon, weil

dies alles ja demselben zukäme ("der weiße Mensch ist schreitend") und

Einem der Zahl nach ( jutam pe:v a e t 1 J ' f ~ d c ; mv-r:wv oui -r:d av-r:cp nm,ß.' vnaexsw

xai s1'i -r:dv aet-8-pdv). Dennoch wird die "Zahl" dieser "Dinge" existierenals Zahl von "Gattungen" (yb'J}) oder einer anderen derartigen Prädi

kation (ÖftWc; OB ys')!Wjl lJa-r:at 0 aedJpdc; 0 ?:OV'l:(l)')! 1j -r:woc; aAA'Yjc; 7:0WV7:'Yjc;

neoa1)YOQtac;). Von den trivialen Fällen benannter Zahlen geht also Aristo

teles schrittweise zu den schwierigeren inhomogenen Fällen über, wo der

den zu zählenden "Dingen" gemeinsame Oberbegriff erst aufgesucht

werden muß, bis schließlich zu dem absonderlichen Fall, wo ein solcher

gar nicht oder kaum ( juw-r:a) zu existieren scheint - dann nämlich,

wenn die in eine Zahl oder "Menge" (aet1J·pdc;, nM]fJ·oc;) zusammenzufas

senden Gegenstände verschiedenen Kategorien angehören (avfJeronoc; isteine ovata, Asvudp ein notdv, ßaot(W11 ein Modus des 'JTOts'{11), Man muß sich

da: mit einem formalen gemeinsamen Prädikat (neoa?)yoeta) wie yi1'oc;

begnügen, freilich gibt es dann auch "am wenigsten" eine Zahl.

Gorade dieser letzte absonderliche Fall ist nun offenbar für unser

Problem sehr wichtig: der Ausdruck 6 aetfJ·rtoc; 6 ys1'WY erinnert stark an

die Formel 6 &et{}poc; o r:wv slowv: wie es sich dort um eine Zahl von

"Gattungen" handelt, so hier um eine solche von Ideen oder "Arten"

(species). Wir finden also auf das deutlichste bestätigt: o a e t - & f ~ d r ; o r:wv

slowv besagt nichts anderes als "eine (An-) Zahl von Ideen", d. h. einebenannte Zahl mit der Benennung Idee, eine geordnete Menge oder

Mannigfaltigkeit von Ideen, also - eine Zahl, deren Einheiten (fW1'aosc;)

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 489

eben Ideen sind. (Primär also nicht: eine Zahl= eine bestimmte

Idee!}

Daß es "am wenigsten" einen a e ~ f f t - t d r ; ; ysvw11 gibt, dem entsprichtwiederum die Aussage Met. I-I 3, 1.043 b 34, daß die diairetische Definition

(oetaf.l6r;) "eine Art Zahl" (aedJp6r; - . ~ r ; ) ist (ähnlich b 33: srnse slat nwr;

- irgendwie, in gewissem Sinne - & g d } f . W ~ aZ ovatm). In beiden

eng verwandten, beinahe identischen Fällen (Eidos und Genas stehen

sich u. U. sehr nahe, vgl. den Borritzsehen Index sub verbis l) handelt es

sich um "Zahlen" mit Elementen von verschiedener Allgemein

heitsstufe bzw. sogar von verschiedener Kategoriet

b) Bestät igung der These " Idea= Monas" aus Plato.

Dafür, daß das Eielos l!:Jl ist, könnte man in gewissem Sinne eigent,lichjeden platonischen Dialog anführen. Der Gedanke machL sich schon be

merkbar in der Einzigkeit der sokratisch-frühplatonisc.hen Defmition

gegenüber der Vielheit der vom naiven Menschen zur Begriffserklärung

regelmäßig herangezogenen Beispiele, er gewinnt einen besonders ein

clrucksvollen Ausdruck in der berühmten Charakteristik der Idee im

Symposion " p o v o s ~ o s r ; ad Bv", 21.1 AB), er wircl schließlich zum eigenen

Thema eines ganzen, äußerst wichtigen Dialogs der S p ä t z e i ~ , des "Par

menides", und spielt eine nicht geringe Rolle in dem mit der Diairesis

Lehre auf das engste verbundenen "Sophistes" - um von anderem zuschweigen.

Aber hier ist es uns ja nicht um die platonische Idee-Einheits-These

im allgemeinen zu tun, sondern um diejenige Form derselben, die einen

entscheidenden Bestandteil der Ideen-Zahlerr-Lehre bildet. In dieser

Form besagt die These, nicht bloß, daß das Eidos /J.v ist, sondern daß es

c,''w1.r; (= f.l01Jar;) ist, "Einheit" im Ideengeilecht der IdealzahL Dies aber

i s ~ erst präzis ausgesprochen im "Philebus" l

Schon Paul N atorp hat auf Phileb. 1.5 AB als grundlegende Stelle

für das Verständnis der Idealzahl hingewiesen 31 ). - Nachdem (1.!1 CD)

das Problem des Einen und Vielen in dem bekannten populären Sinn

durch Hinweis auf das Verhältnis von Idee und Sinnending e r l e d i g ~ ist,

wird (1.5 A) das neue Problem von Einheit uncl Vielheit im Heiche der

Ideen selbst aufgeworfen 32) . "Wenn einer nämlich einen Menschen sich

zu setzen bemüht und einen Ochsen und· das Schöne als Eines und

das Gute als Eines (cl. i. also all' das als Idee), so entsteht um diese

,Einheiten' (svd.osr;) und Derartiges viel Zweifel und Streit durch die

Diairesis." (8-.av oe -.ir; sva ä.vfJewnov smxsteii -.t1JsafJw x a ~ ßovJ1 f!va 1 - ~ a i 1'0 xaJ.ov g1, "'ai &yafJov BY, :nsel -rovuov TW?J evdowv x a ~ 'rW'V 'rOWV'rW11 lj

31) s. Platos Ideenlehre (Leipzig 1902), S. ( d ~ .

32) Das ist genau derselbe Gedankengang wie im "Parmenides", '128E-'130A.

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490 0. B ecker

:rco1A1} a:rcovß·(j !tB"Ca owtesaswr; d t t c p t a ß ~ t t ) r J t r ; ytyvstat.) Dies wird dann

näher gekennzeichnet, wöbei die evaosr; ohne weiteres als 7:0WVTat f[ovaÖBr;bezeichnet werden.

Hier werden also von Plato selbst die Ideen "Einsheiten"

(Henaden) und "Ein(zig)heiten" (Monaden) genannt (16 D

kommt sogar nach Bury und Stenzel ("Studien", S. 67, 102f.) n:l 1!11vor). Es sind also beide Ausdrücke als Konkreta gebraucht, während

wwar; als Idee der Einheit, als "Einshaftigkeit" im Phaedo 101 C und

105 C, also als Abstraktum vorkommt (Stenze!, l. c. S. 67) 33) .

Auf diese Stelle ":rceei ooin:ow 7:WY e11aowY bezieht sich augenscheinlich

auch Platin, Ennead. VI, 6, cap. 9 (Vol. II, p. 408, 18 Vollcmann) mit

den Worten: "&d uat u\; diJ17 i!J.syoy (nämlich die Platoniker) u a , 8vdi5ar;

ua) ael'f}ftovr;." ("Denn deshalb nannten die Platoniker auch die Ideen

sowohl Einheiten als auch Zahlen.") Das "deshalb" (0!6) bezieht sich

auf die im vorigen entwickelte Theorie, daß in der Zahl (als "Grundlage,

Quelle, Wurzel und Ursprung" der Dinge -: "ßdaw !Je exst ,a, IJvm ev

avoif> ual 7C1JY1J1' uai r}t,av uai aex?]v", p. 408, 23f. Volkmann) die Kraft

(!Jv11arur;) liege, die die seienden Dinge (oa tf117:a) aus der Einen Seienden

(81' = /Jv) durch Teilung (p,seta!t6r;) hervorgehen lasse; infolgedessen "sei

das aus dem Einen hervorgegangene Seiende - in derselben Weise wie

jenes Eines sei - Zahl" (wr; ijjl gy BUSlPO, Osl av7:o oihwr; apy&f[OP slvat,

p. 408, 17).

Unsere Platostelle legt also in der Tat die Gleichung Eidos= Henas

= .Monas in dem dargelegten Sinne fest. - Kann man diese Feststellung

nun noch weiter durch eine sorgfältige Betrachtung der vielbehandelten

Stelle Phil. 16 D 11'. erhärten i1Beginnen wir mit 16D! Zunächst darf man nicht das vVort aedJp,6r;,

iLbornll wo es auftritt, sofort in der Bedeutung "Idealzahl" nehmen.

"J.tt·:·dz f!.Üt1' r5vo . . . t(!B"if: 1jnva ä.Uo11 aetfJp611"- da ist offenbar eine ganz

gnwiilmliche Zahl wie 1, 2, 3, 4, usw. gemeint. Aber in dem Satz "rryv oeoofi dmdeov l O ~ ~ m ' :rceor; 1:0 rrcAijiJor; p1} :rceoacpsgsw nei1' äv nr; n)y &gtffttdv

tt'lh:O'f5 rrcdwr:a uaoto17 7:cJ1' f.lsoal;v rov a:rcsteov 7:e uai oov 8v6r;" hat aetiJ·pof:angoruwheinlieh eine andere Bedeutung. Man darf zwar auch hier nicht

nn "Idonlzahl" im Sinne eines festen Terminus denken - aber ist die

:111) Dio Stolle lautot: OV'lt ?xüs &J.J.1)V 'l:L'VCI cdr:lav 't'OV lJvo rsvliairat &J.J.' 1l ' ! : ~ V -r:1js lJvacl'os p . ~ - r : a u z s u l ' l ' , ual lJsi11 1:0v-r:ov (-r:avr?Js?) !La-r:aaxsiv r:it. 1 d i . . J . o v - r : t ~ tivo/ ; ' a a a i J - t ~ t , uai p.o?Jatios B &v !LEU1J ~ v EusuS'<Xt. Dies steht hier noch im Gegen

satz nicht nur zur 7tQOuiJ'Mts, sondern auch zur rrxlms (Zweiteilung). Immerhin hat

sich in dem späteren Begriff der rivcl:s &6Qta-r:og und in dem f!v, durch Teilnahme an

welchem die Zahlen "sich begrenzen", diese abstrakte Bedeutung von p.ovas undcl'vas erhalten (vgl. a. Stenze!, Speusippos, Sp. 1659, 89ff. u. 1663, 22ff.). - Da

gegen findet sich die konkrete Bedeutung von iJax&s bei Aristoteles, Physik LJ14,

2 2 t ~ a 2 f r .

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Die diairetisehe Erzeug·ung der platonischen Idealzahlen 491

hier gemeinte "Zahl" noch eine Zahl in unserem engen modernen Sinn?Selbst bei Aristoteles, etwa Met. I 2, 1053 b 32-1054 a 5 34) , hat detßpdr;

noch einen uns fremden, gestalthaften, "archaischen" Bedeutungssinn.Ein "Lied" (,uüor;) ist dort ein det&ru3r; öde1ewv (1053b 35} und ein sprachlicher Lautkörper (tpBoyy6r;) ein de.d}ftdr; C1r:DLxetwv (1054a 1-2) . Ebensoist von einer "Zahl" von Farben und Figuren die Rede. All' dies sinddoch offenbar ganzheitliche Gesamtgestalten, deren Zusammengesetztheit aus ihren Elementen (den Einheiten) eine echte "schöpferische Synthese" darstellt. Es ist ein weiter Weg vom primitiven "Gruppengebilde" (M. Wertheimer 35

) ) - z. B. der Gesamtheit der Balken einesHauses, im anschaulichen Vorentwurf des primitiven "Architekten",nicht nach Sorten geordnet, in homogene Haufen abgeteilt, sondern als

anschauliches Ganze vorgestellt, so zusammengefügt, wie sie dann späterdas I-laus bilden - ein wahres elöor; sv .:fi 1pvxfi (Aristoteles) oder eine:n:eo.:vnwe1lr; im Sinne Plotins (p. 408, 31)! - ,über die "Zahlgeb ilde" miteinem gewissen anschaulichen "Umfang", der aber keineswegs so

universal ist wie der unseres Anzahlbegriffs (er enthält etwa solche Ge-

bilde wie die Quincunx oder die "one-hand-plants" der Neger 36) ) , -,-bis

endlich zum indifferenten auf alles und jedes anwendbaren modernenZahlbegriff. Und so besagt auch "6 ae,dJpdr; r:ov n . : t ~ & o v r ; nfir;", die gesamte(ganze) Zahl der Menge (Vielheit) - ni eh t etwa "alle Zahlen der Menge"

31 ) I-Iieran knüpfen sich weitere Fragen über den aristotelischen Zahlbegriff,deren nähere Erörterung aber zu weit führen würde. Doch seien sie wenigstens genannt.

Zunächst fragt es sich, wie sich der Unterschied von "abstrakter" Anzahl und

k o n k r e t ~ g e s t a l t h a f t e r Zahl verhält zu dem zwischen unbenannter Zahl ( & Q t - l r ~ t i J S (LOvachnos) und benannter, weiterhin zu dem zwischen "zählender Zahl" (&. q1 & Q t - l T ~ t o i i ILEv, also genauer: "Zahl, mit der wir zählen") und "gezählter" (&. o&Qt-lTfLOVfiE1'os)

bzw. "zählbarer" (&. o & e L . J 1 ' ~ t r J - r 6 s ) - vgl. .Aristot., Phys. LI H, 219b 5 -? u. ö. -,

und wie sich diese letzten beiden Unterschiede zueinander verhalten.Vom &. o/ &(nS·fLoVfLiiV hört man wenig bei Aristoteles (auch der &. f!O?>aow.os ist

&. &QtS'fWVftsvos). Zu einer radikalen Überwindung der gegenständlich gebundenenZahlvot·stellung durch einen abstrakten Begriff im Sinne zählender Akte dringt ernirgends durch, wenn er ihn auch manchmal streift. So Phys. LI '111, 223 a 2·1 ff.: Erfragt, ob die Zeit, die ja "gezäh!Le Zahl der Bewegung" ist, ohne die Seele sein könnte.Und sagt dann: &O·vvd-rov yaQ öv-ros cl?Jm oroii &ot-IT/tr)Gcxv·ws cMvvcx-ro'P nat &Qt.J1'1L1J-riw

slvat: - "Wenn das Zählende (d. h. der zählende seelische Akt) unmöglich ist , so

auch das Zählbare (d. i. die Zahl als Gegenstand)". - In vollkommener Weise erreicht wird dagegen der "selbständige" (d. h. gegenstandsunabhängige) Zal1lbegriff(der &Qt-lrftOS icp' !\av-rov [r'hv]) von Pl o tin, Enn. VI, 6, cap. 9 (s. a. im Text aufs. 490). , '

35) Zur Sache vergleiche man seine ausgezeichnete Analyse in dem Aufsatz "Überdas Denken der Naturvölker I (Zahlen und Zahlengebilde)", wieder abgedruckt in

"Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie", Erlangen 1925), S, 10ßff. S. insbes. § 1( Gruppengebilde) bis § 4, § 6.

36) a. a. 0. § 2 (S. 109f.), § 6 (S. 115f.).

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492 0. B ecker

d. h. alle, die irgendwie an dem ganzen strukturalen Gebilde vorko:rn.

men! - durchaus nicht eine "Anzahl" in unserem heutigen Sinn, sondern

ein bei weitem gestalthafteres Gebilde, in dem die Gliederung (Struktur)

aller Teile im ganzen eine fest bestimmte ist. Eine solche "Zahl" is tnicht wie unsere Anzahl, die gegen jeden Wechsel der Anordnung "in

variant" ist, ein strukLurloser, amorpher "I-laufen" (awe6c;), sondern

selbst Form (Geformtes), Eidos, d. h. eine einheitliche Gesamtgestaltoder ein lJp,

Diese Interpretation wird bestätigt durch die Betrachtung zweier

weiterer Stellen. Zwar ist die Bedeutung von r3.e.t#fl6c; an der zunächst

folgenden Stelle 17 C-E, die von den musikalischen Intervallen han

delt, schwor eindeutig festzulegen. Denn gerade hier spielen echt quan

titative Bogriffe wesentlich hinein - wie die Verhältniszahlen der "Abstände der Stimme" u. dgl. Immerhin deutet eine Wendung wie: "-raOl<W'i'IJj.Ul7:a o:n;6 a' san -rdv r3.e.dJfld1' ?:ijr; cpwvijc; o$V'i1]'l'Oc; 7:8 :n;eet ~ a l ßae.vtT)'l'O";

~ a l c5aio'ia . . . xal -r:a ex ?:OV'l'W1' Öaa ava?:'Y)fl<l'l'a yeyo1'81' .. • " auf die enge

Verbindung des Quantitativen mit dem Qualitativen (o:n;oia) und "Struk

turellem" (avan)fw-r:r.d) hin. Ebenso, wenn von den :n;d{}YJ der Körper

bowegung gesprochen wird, "ä ö» cJt' &.gdJw'i'Jv flB?:(!'YJ#eP-r:a oe'iv av cpaal

i]v{}povc; ~ a l ftere.a s:n;o1'0ft6.Cew". Denn noch in Augustins ,,de musica"

haben die "numeri" in Rhythmus und Metron eine weiL über den ab

strakten Anzahlbegriff hinausgehende gestalthafte Bedeutung.Aber das nun folgende, von Stenzel (ZG 14-18) ausführlich inter

pretierte Buchstabenbeispiel (Phil. 18A-C) gibt viel eingehendere und

gonuuoro Aufschlüsse. Im allgemeinen auf Stenzeis Auslegung verweisend,

bohundeln wir nur kurz den letzten Satz: " ... ewr;; aedJpdv av-rwv~ ~ ' ) I rl r I I I - > I _Q - _!11 rM l JW1' 1-:1n T:B BuaaT:C{I uat avpnaat a?:OlXBtov s:n;OJ1'0ftaae· xa·u,oewv ue w;-

m ' \ b d ~ 'iJplv'JI ovö' U?l /}jJ av-rd ua{}' av-r:d a?JBV na?J?:W?J av?:CÖ?J ftafJot, ?:oii'l'01' 't'OV

ör:rrp d ' wi'i ?.oywa;.,u!1'oc; wr; thra e11a xat na1na ?:av?:a ep :n;w c; no to V?''l' a".

IHo "Zuhl", die hier "für jeden einzelnen Laut und für alle zusammen"

gofundon wird, ist alles andere als eine bloße Anzahl. Zum mindestenmiißlio os sioh doch um eine ganze, selbst strukturierte Gruppe von

Zahlen handeln, damit der fragliche einzelne Laut in ihr gleichsam wie

<hn•eh oin Koordinatensystem festgelegt werden könnte. Ferner wird

<liosor dedJwJr; als arotxeZov (Singular!) und ösart6c; bezeichnet. Er ist also

"Element" und "Band" zugleich. Daß eine Zahl- sonst doch ein nM!'ß'o;

flO?Jaowv - "Element" (Buchstabe) ist, ist seltsam. Es erklärt sich aber

zwanglos durch den eigentümlichen cloppel'ten, diairetisch-syndesmischen

(bzw. symplektischen) Charakter der Eide-Kette. Gerade dieser Doppel

charakter soll anscheinend durch die Doppelbezeichnung a?:otxeio1'osaft6r;; gekennzeichnet werden. Das aT:OlX8l01' ist das aTOflO?I elooc;, das

a&af(!BT:o1', das Ende der Zerlegung - und oeafl6c; ist der Ausdruck für

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 493

die a v f 1 n A o ' H , ~ aller höheren ä ~ 1 7 der Kette im letzten, eben dem O:r:oftov

e l ~ o r ; . Das ALomon Eidos is t also, diairetisch gesehen, unzerlegbare Monas

(vgl. 15 AB) und doch Vieles (no.l.J.ci) und insofern ded}f16r;. Und dazuvermöge des "Band"-Charakters "alle Eide der Kette irgendwie zuEinem machend" (ncivw -r:aiJ-r:a t!1' nwr; nowfJJ').

Dies bestätigt sich durch die wenig spätere, bisher, wie es scheint,noch zu wenig berücksichtigt.e Stelle 18 E: "-r:ofJ1:' av-r:o 1Jfl6.r; one6afh1'

.l.6yor; (d. i. die obige Erörterung über musikalische Töne und die Buchstaben) dnat-r:s'l, nwr; l lanv ev 'H,a/, noUa avTwJ' B'H,a-cseoJI (die beidenBegriffe sind hier speziell rpg61'1]Gtr; und ? J ~ 0 1 ' 1 J , um die es ja in der I-Iaupt

nnd Rahmendiskussion des Dialog geht) 'H,at nwr; t - . t ~ C&cetea eMh)r;, dUaTlJIU :n;o-r:e dgl'l}f-LOJI S'H,UTE(!OJI lJwceoa{}e ' i ( , h ~ T ? J 7 : a l TOV fhr:etea avTWJI

il'H,aa-r:a yeyovsvw.''

Die Frage ist: Wie (! ) ist jeder Begriff "Eines und Vieles" und wie

ist jeder nicht gleich "unendlich", sondern welche Zahl gewinnt er, bevoralles Einzelne ins Unbegrenzte verschwimmt? Das Gewonnen-Habeneiner Zahl ist also gleichbedeutend mit der Art und Weise (!) des "Eines

und Vieles"-Seins. Und die "definierten" Begriffe erreichen gerade clies 37) .

Daß die "Zahl" die Art des "Eines und Vieles-Seins" festlegt., ist

nun bei der Auffassung der "Zahl" als Gruppengebilde mit den Eideder Kette als Gliedern am einfachsten zu verstehen. Es könnte allerdings schließlich auch mit Hilfe der Stenzeischen Vorstellung derZahlen- (nicht Ideen-) Ket"Le, in der jeclem Eidos eine Stellenzahl

entspricht (gewissermaßen als Koordinate) begriffen werden. Aber dieWendung dedlt--tdr; (lVTWJI evi S'H,O.O"l:cp 'H,a/, O'V/l'lWGl (16 D) ist doch in dieserVorstellungsart schwierig. Denn "allen Eide" kommt dann zwar eineZahlengesamtheit aber keine einzelne Zahl zu. Sind dagegen dieEidö die Monaden, so ist die Gesamtheit der im cliairet.ischen Schema

angeordneten Buchstaben- eine Idealzahl, denn eine solche ist ja eben37) Zu dieser Stelle (Phil. '18 C) ist zu vergleichen Farmmüdes '155 E: "-r:o ~ ~ ~ el

E11U11 of011 c l ' ~ B ~ 1 J ~ V • f } c q ~ B ' I I 1 d!Q' Otnt &vaJit1J IXVtO, f!v H ~ ' I I Xct.L noUa n cd ~ ~ ~ 7 : 8 gV j L ~ ' l ' b ' nona ncd fL<dxov XQ01•ov . • • (das Eine, indem es sowohl [u ] "llv xcd n o ~ ~ t i " alsauch [das zweite xai I] "fL?J'!:B g,, f t ~ - r : c noUci" ist). - Die erste Formel ist identischmit der im Philobus, die zweite besagt sachlich dasselbe wie die erste, nämlich:Das f•JI (= lfv = d c l ' o ~ ) ist "in gewisser Hinsicht Eines und in gewisser Vieles" undalso "weder ganz und absolut Eines noch ganz und absolut Vieles" (es ist vonder starren Bindung sowohl an das unbezüglich Eine wie auch an das unbestimmtViele [&nHQOv] befreit). ·

Die zitierte Parmenidesstelle faßt die Erörterung des ganzen ersten Teils derJVfLvcwla, unmittelbar vor dem entscheidenden Mittelstück, der Betrachtung überdas f i ~ a i r p v ' l ] s , zusammen. is t also keineswegs eine zufällige oder beliebige Äußerung.Die Formulierung besagt, wie der Vergleich mit Phileb. 18 C ergibt, nichts anderesals daß das alcl'os (= f/v = öv) eben - &Qt.V'fLOS ist.

Quellen u. Studien B I . 33

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494 0. B ecker

nichts anderes als em diairetisches Schema. Diese Idealzahl ist dann

zugleich das universelle "Band" (oea116r;), dem die "eine Kunst" (;.da

nJxv17) der Grammatik entspricht.

Die "logischen" Operationen des Verknüpfens und Unterscheidenskommen damit in eine ganz nahe Parallele zu den "ideal-arithmetischen

des "Zusammenzählens" (avvaed}f1sia1Jm) und des "Auseinander

Zählens" (owed}fislaßat). In der Tat finden wir nun - und darin liegt

eine letzte Bewährung unserer Interpretation - diese Ausdrücke bei

Plato und Aristoteles gerade in dieser Bedeutung, z. B.:

Plato, Philebus 23 C: eyw ydoi6r; nr; z ~ a v w r ; ~ a . , ; ' sfo17 o u a r a ~ ~ a l av'J! ae LfJf1 OV flS'V 0 r;.

Aristoteles, Rhetorik A4, 1359b 2-3: OLaQ.LfJfl'l]aaafJat ~ a l otatesiv ~ a . , ; ' do17.

- - , Physik Ll 14, 222b 30: .,;ovTwv (scil. noaaxwr; 1:0 JFÜP xal .,;L n}

no.,;e xal To aen ~ a l .,;o ijo17 ~ a l .,;o m:Hat ~ a / , To e ~ a t c p 1 1 1 J r ; , b 28-29) o' nt-tiv

ofJ..w Ot1]Q.tßf11]flB'PW'P, cpa?ISQ.OP, ön . . .

Auch dieses "Zusammen- und Auseinanderzählen" setzt voraus, daß

das Ergebnis der Vereinigung und Trennung zweier Idealzahlen wieder

eine Idealzahl ist. Dies ist aber nur möglich, wenn das "Ideengeflecht"

ein Geflecht von Monaden und nicht von "Stellenzahlen" ist. -

Zum Schluß sei noch ein terminologischer Vorschlag gemacht,

der gewissermaßen die Quintessenz unserer ganzen Interpretation in sichbirgt: An Stelle des zwar gebräuchlichen, aber doch eigent

lich etwas nebelhaften Wortes "Idealzahl" sei der Ausdruck

,,Ideen-Zahl" gesetzt - in der Tat ist nach den Ergebnissen unserer

auslegenden Bemühungen ein sla?Juxor; aet1J·t-t6r; nichts anderes als eine -

Zahl von Ideen (slow11 rlet1Jtt6r;).

c) Interpretation einiger Stellen aus der aristotelischen

Metaphysik und dem zugehörigen Kommentar Alexanders.

I.Met. M

7,1081 a 33-35.

<I I " 1 ' I _ ~ > ~ ' > { } I 'C 7 1 I l" . , . WG'I:B :JT:Q.O'I:S(!al a?l Sa::v W flO?Jausr; 11 Ol O.(!l f.Wl Bs (()11 :Jtr.BX0117:11.t 0 011

B11 -r:fj ovd.öt T(!t'I:?J flOYar; t!aTat nelv .,;a 'l:(!{a sl?I(J.l ~ c d b .,;l) 'I:(!UXÖt I:Sia(!T?'J xal' I \ \ > _Q _\ I11 nepn1:17 :Jt(!W 1:ovr; aewpovr; .,;ov-r:ovr;.

Zum Text: nUuo?J'I:at Al", YG· E, Christ, Jaeger; Uym1Tat E, Bo

niLz, vV. D. Ross. --1] streichen Jaeger und H.oss (durch reine Kon

jektur). - sv -r:tf 'l:(!tci& (xal ?:B'I:(JaOt) -r:s.,;a(!7:1J J aeger (dem hierin Hoss

nicht folgt), durch reine Konjektur, ohne Parallelstellen und ohne Inter

pretation. Angeblich "liegt mechanischer Wortausfall vor" 38) .

38) Vgl. W. J aeger, Emendationen zur aristotelischen Metaphysik, Sitzungsber.

d. Preuß. Akad. d. Wiss., Philos.-hisLor. Kl. 1923, S. 263ff. - insbes. S. 277.

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 495

Daß die Lesart nUuovrw vorzuziehen ist, wurde schon oben (S. 470,

Anm. 9) auseinandergesetzt. J aegers Ergänzung ist unmotiviert und

ändert den ganzen Sinn der Stelle ins Triviale um. Dies zu tun scheintuns in dem Augenblick nicht mehr erlaubt, wo eine mögliche und weniger

triviale Deutung gefunden ist, wie sie unsere Auffassung der Idealzahlen

sofort liefert.Die Stelle ist seit alters her nicht recht verstanden worden. Schon

Bessarion übersetzt: "in dualitate erit tertia unitas antequam tria

sint, et in trinitate quarta, (!) et quinta (keine Interpunktion) antequmn

hi numeri sint." Bessarion deutet die Stelle durch Verschiebung der

Interpunktion (Setzen des Komma hinter "quarta" anstatt hinter

"quinta", wo es natürlicherweise hingehört!) um. Die fünfte EinheiL wirdfür sich genommen und schwebt in dieser Isolierung nun ganz in der

Luft. "in der Dreiheit wird die vierte Einheit sein und die fünfte ... ?''

Es fehlt o:ITenbar "in der Vierheit". Es wäre also im Griechischen etwa

zu lesen: " . . . ual (811 rfj rergaot > 1] ne;.;,nrrJ . . . " (oder allenfalls nach

J aegers Konjektur) oder wenigstens: " . . . uai 1] 'TCBfl'ltTrJ (uai a[ e$fjc;>

nelv . . . " ("und auch die fünfte und die folgenden . . . "). Aber das stehGnicht da!

Es bleibt, wenn man dem Text folgt, nur übrig, die Worte h rfj

rguiot rer&errJ ual 1] ne;.;,nn7 zusammenzunehmen: ,,in der Dreiheit eine

vierte und die (1]) fünfte Einheit." Das deutet augenscheinlich an, daß

damit Schluß ist und nicht etwa noch eine sechste Monade in der Trias

auftritt.

Die Übersetzung des Textes bereitet so gar keine Schwierigkeiten,aber der Sinn war bisher rätselhaft: wieso hat die ideale Drei gerade

fünf Monaden in sichll Es darf als ein unleugbarer Vorzug unserer Deutung der Idealzahlen in Anspruch genommen werden, daß sie diesesRätsel ohne weiteres löst, - wir sahen ja (vgl. oben S. 470), daß allgemein jede diairetisch erzeugte Idealzahl n gerade 2n -1 konstituie

rende Monaden enthält (also die Trias 5 und die Tetras 7) 3 n).

Il. Ps. -Alexander zur Stelle I. (1081a 29)

Eine merk\vürdige Bestätigung erfährt unser· Interpretation durch

den (Ps.-)Alexander-Kommentar (pp. 728-729 Bonitz, pp. 751-752

Hayduck).Der Kommentator gibt zunächst (p. 728, 1.2-28 Bz., p. 751, 3-20

Hd.) eine eigene sachliche und zusammenfassende Darstellung (rw11 J.eyo-flBVWY Ot6.1'0ta) und danach einen ausführlichen Bericht gemäß dem

39) Dagegen, das 'lt(Jäno?' fv etwa nicht mitzurechnen, spricht deutlich der vorhergehende Satz ('1081 a 29ff.).

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O.Becker

m : i s t o t e l ~ s c h e n Wortlaut (ua:ra TtJV U ~ w , p. 728,28-729, 16 Bz., p. 751,20

lns 752, .3 Hd.). Wir behandeln die Stellen nacheinander (unter A uncl B).

A) p. 728, 23-25 Bz., p. 751, 14-17 Hayd.

m'l:rcw yau url1JULV??a EX 7:0V :rcew-

7:011 ISl'lk uak n/c; ao(!{aTOV t5vac'Jo.;

Pr:fiJIU "i (!Bi c; ruwaöer;; yey(Jl'(J.aw,

flcrtijt{JJ.-ij"iOG JU\j! oVaW t'lta T . ~ ? J vno-

·0/·:rrt:l' n(!dc; -r:är;; -r:·1}r;; m37:oövaoor;; t-to

? ' d l ~ w ; , )!F'l''l'l/"itJ.tut b1l TIJr;; m'J-r:O"i(!tciOOr;;.

Denn auch dann sind noch nicht

aus dem ersten Einen und der un

begrenzten Zweiheit andere drei

Einheiten erzeugt, unvereinbar

nach der Voraussetzung mit den

Einheiten der "idealen Zwei", aber

fähig, die "ideale Drei" zu erzeugen.

Dal:l hei13t: ·wenn auch schon die ideale Zwei vollendet vorliegt, beHt.nhnnd tml:l dem ersten :Einen (a) und der ersten (b) und zweiten (c) Ein-

lwil, dm· i1loalonZwei, so liegt doch noch nicht die idealeDrei (ab' c' d' e')

Fig. 8

vor, indmn m1s dom ersten Einen (a) und der unbegrenzten Zweiheit

uonh nioht b' d' e' erzeugt sind. (Dies geschieht durch Aufspaltung des a

iu h', n' mul zwoiLons von c' in d' und e' 40) , siehe Figur 8!)

B) p. 72R, 27-729, 16 Bz., p. 751,20-752,3 Hayd.

I l111' KommonLntor l1eginnL damit die Entstehung der Monaden in

dnr l l iairmtil:l w orlüutern.EH Hind wwh ihm zn unterscheiden:

~ I ) lltlli :rr:urTn:o'' lh• = -, a ~ h d -r:d f.!v = r l e x ~ " ; o v lfv: (a)(1 lnl:l orl:ll.o Eino, dns Eine selbst, das des Entspringenlassens fähige

E.inn.):.!) Ein r ' i l · : ~ ) r . P I J I W Pl'!Uml. 't'd 1C[!W"i011= iJ 'i* a v - r : o b v a o o ~ neoyeyovvZa ftDVac;: (b)

( l • ~ i n : ~ , w n . i t . o s Eino n.aeh dem ersten, die zuerst entstandene Einheit

dm' "Zwni fHllhst".)Sin iHt. oinorsoit.s: -r:ov new'tov B1'0s ösvr.ßea (zweite im Verhältnis zum

1 1 I I { ) I ~ {) ' <\ "

orst.on Einen) -- andrerseits: 1:1jr;; f - ~ e r . . r . . o v a ' Y J ~ yevea -m p o v a u o ~ , fte · t)V av

o ~ o ) .Ilin B o ~ e i e h n u n g ll ' b, c' c, d' d, e' mußte eingeführt werden, weil die M o n a ~ e n dor Vlll'HChiodonon Idealzahlen nach Voraussetzung unvereinbar ( & O " v p . ß J . ' I J ' t ' O ~ ) smd

(im ~ . w d L o n 'l'uil, 1 1 c x ' t ' t ~ J . 8 ~ L 1 ' , wird der Begriff des &O"·vfLßi..'IJ"t"ov nicht so scharf ~ e n o m -1111111, HO clul3 üorL tlirJ Unterscheidung von b und b' usw. wegfällt). Doch 1st das

b d. " -• 'n(ui

1n,.

1  fi·JI (a) HLoLs das!:wll>o (?), e enso te cxof!w-ros uvcxs.

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 497

anar;rdcrot TYJV avroovdr5a, ngrfn:?] (die erste im Verhältnis zu der im Ent

stehen begriffenen [also noch entstehen sollenden] Einheit, mit der

die erste die "Zwei-selbst" vollendet).

3) Ein rehov /Jv, Osih:c:eov fl-87:11. 7:0 OeViSQOV, i(!liO?J Oe fl-eia TO newrov: (c)

(Ein drittes Eines, das zweite nach dem zweiten, das dritte nach dem

ersten Einen.)

= ?] ! J - ~ n w yeym,via -cijc; ysv}]GOftSP17c; avror5vdooc; ~ J - O w i c ; (= die noch

nicht entstandenen Einheit der entstehen werdenden "Zwei-selbst") n).

"So daß also" - so heißt es weiter (p. 729, 7 -8 Bz., p. 751, 31-32

Hd.) - "drei Einheiten da sein werden, aber ,die Drei' werden noch

nicht sein, aus denen die Dreiheit zusammengeflochten und zusammen

gestellt wird" (W11iB BCI01"Wt i(!e'ic; !J-01'el0ec;, i(!la Oe OVX eCITC.f:t, S ~ di1' 1J iQlCtc;

crvt,t:rrJ.exc:-cm xal av?,tcr-ca-cw).

Das heißt: Es sind zwar drei einzelne Einheiten da, aber die Zahl

"drei" (-ceta; grammatisch ein Noutrum Pluralis, worauf sich das Rela

tivum l ~ ifw bezieht) ist damit noch nicht konstituiert und aus dieser

erst kann sich die (ideale) Trias bilden.

Dann kommt, die Hauptstelle: p. 729,9-16 Bz., p. 751,33 bis

752,3 I-Id.

a.Ua u?J:v ndltw Twv -ci]c; avro-ovdr5oc; r5vo powiöwv xai 7:0V newrov

lvoc; ovcrwv V % 0 1 ' 0 ~ ! 1 W f ! B 1 ' ön EU TOV

lC(!rfliOV h1oc; xai Tijc; aOQ {a'I:OV OVelOOc;

yiyo1'e xai 1!7:1'(!01', pdF oi5 ual rwv

v:rw?,oovf.dvow Aolnwv 7:e w v (leg·e

Ova Bz.) fWVaOW1l 'lj avTO'!:Qtac; ys-

?Jea{)cu orpdJ.st, l!am,-cat. ru1v 7:/Jn:aec:c;

fW1'riasc;, nl ö1l new-co1' xai dgxtxdv

81' xai a[ ovo -c·fjc; av-corSvdr5oc; ucd 1]

1jr51J yt:yo?'Via, 'l}nc; flE[]Oc; orpeiAct

ym,ecr1?m rryc; ywi]CioJ.dl'1Jc; <mho

eu&.ooc; i) ) m!-co7:BrQ6.ooc; (lege mho

TQuiboc; Br..).

Aber, wenn wir hinwiederum,indem (ja) die beiden Einheiten

der "Zwei-selbst" und das erste

Eine vorhanden sind, bedenken,

daß aus dem ersten Einen und der

unbegrenzten Zweiheit noch etwas

Anderes entstanden ist, mit. Hilfe

dessen und der übrigen drei (Bz.:

zwei!) gedachten EinheiLen die

"Drei-selbst" entstehen muß, -so werden (nun) vier EinheiLen

da sein (nämlich): das erste und

entspringenlassende Eine und die

l1eiden ( Eütheiten) der "Zwei

selbst" uncl die schon (früher) ent

standene (Einheit), die Teil werden

soll der entstehen sollenden "Drei

selbst" bzw. "Vier-selbst" (Bz.

lediglich: "Drei-selbst" 1).

41) (b) heißt auch: -ro n:ooyeyo1'og ~ v r.1js o:'li-rocl'vcM'os, (c) : -r:o o's•tkseov ~ 1 1 -rfjs o:vro

cl'vacl'os.

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498 0. B ecker

el öi] .,;oiho vnovm]aot-tev, dnaga

f-GB'J1 ea-r:at, u - r : e a ~ ~ e O V ~ U f - G W ~ . ovnw

yag yey6vaat xal al 'Aomal -r:ge'ib

(lege bvo Bz.) t-tov&.öeb -r:ijb yevsa1Jatt-td'AovrY?]b a v - r : o - r : e . , ; g d b o ~ (lege av-r:o-

7 : { ! t a ~ o b Bz.). xal enl -r:wv 'Aomwv

dt-to{wq.

Wenn wir nun das ins Augefassen, so wird es die Vier zwargeben, aber niemals die .Vierheit

(d. i. die ideale Vier). Denn nochnicht sind die übrigen drei (Bz.:zwei!) Einheiten der entstehensollenden "Vier-selbst" (Bz. :"Dreiselbst"!) erzeugt. Und so mit denübrigen (ldealzahlen) in gleicherWeise.

Zum Text: Bonitz ändert viermal (!)den überlieferten Text durchreine Konjektur, die von ihm angenommene Verderbnis kann er nicht

näher verständlich machen. - Unsere - wie wir sehen worden, nichteinmal unbedingt notwendige- Textergänzung ist durchaus möglich.(Man kann auch Ml statt 1] setzen.) Die Ähnlichkeit der aufeinanderfolgenden Satzschlüsse " - r : f j ~ y t : V 1 ] r 1 0 f ! S V ' I J ~ ( a v - r : o - r : e u i ~ o ~ 11) a v - r : o - r : e - r : g d b o ~ " und " - r : f j ~ yevea{Jm p , e J . J o v a ' l } ~ m h o - r : e - r : g t i C J o ~ " gibt ein vollkommen ge

nügendes Motiv für das Verderbnis ab. (An dieser - einzigen - Stelleist auch Bonitzens Konjektur plausibel und auch sachlich verständlich,s. u.; sie beweist aber keineswegs seine Theorie.)

Bonitz faßt den Sinn der Stelle offenbar folgendermaßen: Aus .dem

ngw-r:ovg11 (

a) entsteht:1) Die a v - r : o ~ v d ~ , dadurch, daß aus ihm zwei Einheiten (b, c) projiziertwerden (Dichotomie!).

2) Davon ganz unabhängig die a v - r : o - r : g t d ~ dadurch, daß aus ihm mit

einem Male drei ganz neue Einheiten (b', c', d') projiziert worden(Trichotomie!). Das "IJ-r:egov" ist die erste Monade der idealen Dreiheit,also b'. (Das ngw-r:o11 6111 gehört nicht zu den Monaden einer ldealzahl, wieauch der Text zeigt: z. B. "-r:WJI - r : ' i j ~ a v . , ; o ~ v d ~ o ~ ~ v o f W j i ( J ~ W J I " , ) Mit seinerHilfe und der der beiden anderen c', d' (Korrektur ~ v o statt -r:etwv!) ent

steht die Trias. Deshalb wird später auch dieses b' als "1] rj611 ysyovvia.(sc. f-GOji(Jb), r j - r : t ~ f t S ( ! O ~ orpel'Aet yt:?Jsr11Jat 7:1Jb YBV'I]r10ftB111]b av-r:o7:guJ.öob" (Korrektur statt a v - r : o - r : e - r : e & . ~ o b !) bezeichnet. - a, b, c, b' sind zusammen vierEinheiten, die bisher vorliegen. Aber noch liegt die ideale Vier nieht vor,denn es besteht ja noch nicht einmal die ideale Drei. Es fehlen an ihr

noch zwei Einheiten, nämlich c', d', die noch nicht erzeugt sind.In sich ist diese Auffassung völlig konsequent, aber im Text findet

sie keine Stütze. Außerdem setzt sie eine Trichotomie beim Entstehender idealen Drei aus dem ersten Einen voraus, die sonst nirgends be

legt ist.Gemäß unserer Theorie dagegen - und dem überlieferten Text! -:

verhält sich die Sache so:

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Die diairetische Erzeugung der platonischen Idealzahlen 4 99

Es sind bereits vorhanden das erste Eine (a) und die beiden Einheiten

der Zwei-selbst (b, c). Es wird ferner aus dem ursprungshaften Einen

und der unbegrenzten Zweiheit noch ein 8-r:seov, ein "Anderes" (x) erzeugt, Mü dessen Hilfe und der der drei angeführten Einheiten a, b, c

muß die "ideale Drei" entstehen 42) . Man hat also jetzt vier Einheiten:

a, b, c und x (d. h. de facto dl). Und zwar wird nun das "8-rsem'", x= d,

erstens als "Einheit" bezeichnet, zweitens als "Teil der erst entstehen

sollenden idealen Vier" - nicht der idealen Drei , wie man erwarten

sollte und Bonitz verbessert ( a f n : o r e u : l o o ~ statt a i h ' o r s g & o o ~ ) . Dem Sinne

nach ist beides richtig. Denn a, b, c, d, e - das sind fünf Einheiten -

bilden die Triade; a, b, c, d, e, f, g - das sind sieben Einheiten - kon

stituieren die Tetrade 43 ). Es ist aber wesentlich, die Tetras hier zu erwähnen. Denn im folgenden kommt es darauf an, zu zeigen, daß die

"ideale Vier" noch nicht konstituiert ist, obwohl doch schon vier Ein

heiten (a, b, c, d) da sind. Das wird denn auch im folgenden Satze:

"sl 01) rovto . . . a v o a f t w ~ " ausdrücklich gesagt.

Und dann heißt es: "Denn noch sind die drei (I) noch fehlenden

Einheiten der noch im Entstehen begriffenen idealen Vier nicht erzeugt!"

Es fehlen also, da ja a, b, c, d jetzt vorhanden sind, noch die Einheiten

e, f, g, um die ideale Vier zu konstituieren. Diese enthält in der Tat also

sieben Einheiten a, b, c, d, e, f, g - wie es der diairetischen Theorieentspricht. Diese hat sich somit von neuem bestätigt.

III. Met. M 6, 1080 a 30-35.

ou3 ual 6 p,sv f t a D r t t t a n u d ~ (scil.

agt.Dftdc;) a e ~ D p . e ' i - r : a t p.sra rd B'v < i?

Christ> ovo, :rceoc; rrp ~ r m e o a ß s v b l

(J).J..o llv, ual T.a r.ela n e o ~ r o i ~ ; ovaläUo ll1• Ml o J..omclc; os 6aavtcbc;.

.,. - ~ ' ( • ' - ~ ' ' .n ' )ovtoc; us so. o 8lu1]ttuoc; a(}t'UftOc;

f.tS?:a -r:d i111 ovo lheea aw;v iDV B110c; ?:OV

necbrov, ual17 'I:QlCt!; <ovo IJrsea> CJ.vev

r f j ~ ovdooc;, 6pola)(;; os ual o a U o ~ a . 1 2 d i f t 6 ~ ; .

Deshalb wird auch die mathe

matische Zahl (so) gezählt: nach

der Eins die Zwei - zu dem vor

hergehenden Einen ein anderes

Eines, und die Drei (so): zu diesen

zweien (noch) ein anderes Eines,und die übrigen (Zahlen) ebenso.

Diese aber (nämlich die Ideal

zahl) so: nach dem Eins zwei

andere, ohne das erste Eine, und

die Dreiheit (wird gezählt): ('<vle-

derum) zwei anclere ohne die Zwei

heit - und in der gleichen Weise

die anderen Iclealzahlen.

42) Es wird also hier nicht zwischen b, c als Monaden der Dyas und b', c', d',e' der Trias unterschieden, der Begriff der "Unvereinbarkeit" also nicht so sLrenggenommen wie früher. Wir müssen uns jetzt also in der Figur 8 die Striche an den

bezeichnenden Buchstaben wegdenken I43) Es spaltet sich etwa e in f, g.

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500 0. B ecker

Zum Text: Wir haben hinter 1] - r e u i ~ : ovo b:sea ergänzt, um derStelle einen nicht-trivialen Sinn zu geben und zugleich einen, der sichwirklich auf die Erzeugungsweise der Idealzahlen bezieht. Man hätte

auch ergänzen können fle'tll 1:0 811 ovo hsea oder noch deutlicher: fts-ca- c ~ v ovd.oa ovo euea. Aber diese Ergänzungen haben als Textkonjekturenwenig Wahrscheinlichkeit. Dagegen ist der Ausfall der wörtlich wiederholten kurzen Phrase ovo IJ-csea sehr wohl denkbar.

Der Sinn der Stelle ist von der diairetischen Theorie der Idealzahlaus sehr leicht zu verstehen: es wird die Erzeugungsweise durch Aufspaltung jeweils einer schon vorhandenen Einheit in zwei neue beschrieben, wobei die alte Einheit, als "konstituierende", noch mitgerechnetwird; man würde also noch deutlicher von der Projektion zweier

neuen Einheiten aus einer alten sprechen. D. h. also: Aus der Eins nwerden b, c (ovo !Juea I) projiziert und so die Zweiheit erzeugt, dann,aus b etwa, d, e (wieder ovo IJ-csea, und zwar ohne die Zweiheit mitzurechnen avsv t " i j ~ o v a o o ~ l ) .

lVInn kann dazu noch die schon früher (S. 468) erwähnte Stelle M 7,

1082b 33-37 vergleichen .

. . . -roiho y' mi-ed llxsw 7:1'1!a c p ~ aovat a'JW(!{av, n6U(!0111 (J'tav aQt'fJ

fU'iJftSV uai änwpsv ßv ovo 7:Qta, neo a-J . . a p . ß a v o 1 1 U ~ aQd}ftOVflSP lj ~ a ' i a f t s e L o a ~ . nowvps1' os a p c p o - r s e w ~ · otd ydoiov -ravnp' e l ~ 1 : 1 7 A t ~ a v 1 : 1 7 1 ' - r i j ~ ovatar; dvaysw otacpoeav.

Nach den Platonikern bestehteine Schwierigkeit bezüglich der

Frage, ob, wenn wir zählen undsagen "eins, zwei, drei", wir cl u rc hHinzufügung zählen oder durch

Aufspaltung (Teilung). Wir tun

aber beides; deshalb ist es liichorlich, diesen Untersahiod zu einemso großen Wesensunterschied r.u

machen.

Pia-ra pse{oar;;muß (mit Bonitz

und

Stenzel ZG48) mit "durch

Toilnng" übersetr.L werden, die Übersetzung "portionsweise" (Apclt u. a.,aueh W. D. Hoss) ist abwegig, die Parallele nedr;; w e t o t x ~ ödm•t:w (Plutareh.,Agesiluus 17, Sympos. 2, 10, 2; Athenueus I, 27 u. a.) erseheint uns anden Haaren herheigezogcn. Dagegen wird von Plat in (Enn. VI, 6, cap. !l,

p. 408, D-1.1 Volkm.) ausdrücklich die Teilung des e inon Seicrulondurch die Dynamis der Zahl behauptet. (dU' 1] -cov Ö.(!vDpov öv1'a;.ur; vno

a-räaa il;.ts(! tas -rd t!v P i a ~ oiov wM,sw ilnobws av1:d -rd nJ..1j1Jor;;.)

Der Kommentar Ps.-Alexanders zur Stolle (p. 740, 29-74'1, 3 Bz.,

p. 762, 29-32 Hayd.) - vgl. Stenzel ZG 49, von dessen Interpretationich aber abweiche - ist hier von Interesse:

w2 taps11ov yae l . f v - c o ~ -rov a. 12 tfJ

;.wv . . • OWLQ0Vfl811 av-rovr;; slr; -rd

Sofern die Zahl begrenzt ist,zerlegen wir sie in die ihr eigontüm-

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Die diairetische Erzeug·ung der platonischen Idealzahlen 501

OlY.SW flB(J17 . aoeta-cov OB neoad1h-

flSV Tals fW?Ja.at flOVaOas' BOJs av

Y . a 7 : a v r : ~ a W f . U 3 V els 7:01' aet'fJp6111 811oe{aat xal nsea-rciJaat ßovAdps{}a.

liehen Teile, - sofern sie noch un

abgeschlossen ist, setzen wir ihren

Einheiten Einheiten hinzu, solangebis wir die (neue) Zahl erreicht

haben, die wir bestimmen (be-

grenzen) wollen.

Das heißt: Zugleich und in einem damit, daß wir - beim "Zählen"

der Idealzahl - die als begrenzt vorliegende "alte" Zahl (bzw. ihre Ein

heiten) zerspalten, setzen ·wir neue Einheiten hinzu und insofern ist also

die "alte" Zahl unabgeschlossen. - Mit Faldorengliederung, wie Stenzel

meint, hat die Stelle m. E. nichts zu tun.

Diese Interpretationen mögen als Proben für die Anwendbarkeit

unserer Theorie zur Erklärung der Texte hier genügen. Wir holTen, bei

einer späteren Gelegenheit noch weiteres :Material vorzulegen.