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Begleitheft zum Sächsischen Bildungsplan

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Elternbegleitheft

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Page 1: Begleitheft zum Sächsischen Bildungsplan

Begleitheftzum Sächsischen Bildungsplan

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Liebe Eltern,

Kindertageseinrichtun-gen und Kindertages-pflegestellen sind Orte,an denen Kinder sichwohl fühlen sollen, in

denen sie Freunde finden, Sicherheitund Geborgenheit erleben in einemRahmen, der ihnen auch genügend Frei-räume zum Spiel lässt. Und es sind Ortedes Lernens, der Bildung. Sie sollen dieBildung und Erziehung im Elternhausbegleiten, unterstützen und ergänzen,jedoch nicht ersetzen. Sie ermöglichenden Kindern Erfahrungen über den Rah-men der Familie hinaus, sie ermunterndie Kinder, Schritte in die Vielfalt unse-rer Welt zu wagen.

Sicher haben Sie bewusst eine Einrich-tung oder eine Kindertagespflege in derNähe Ihres Wohnortes gewählt und sichmit deren Konzept vertraut gemacht.Viele Kindertageseinrichtungen habenganz eigene inhaltliche oder pädagogi-sche Schwerpunkte. In Sachsen gibt esda eine beachtliche Vielfalt. Alle Betreu-ungsangebote sind aber gebunden aneinen Bildungsauftrag, der im Sächsi-schen Bildungsplan festgehalten ist.Dieser Plan engt die Arbeit des jeweili-gen Trägers nicht ein, gibt aber eineGrundlage, einen Wegweiser und nenntwichtige Bildungsthemen. Er weist denWeg im Hinblick auf die Anforderungender Schule und darüber hinaus des le-benslangen Lernens.

Gelingen kann Bildung nur, wenn Eltern-haus und Kindertageseinrichtung oderKindertagespflegestelle an einem Strangziehen. Deshalb ist es Anliegen diesesHeftes, Sie mit dem Bildungsplan ver-traut zu machen. Dieser Plan ist nun seit2005 die gesetzliche Grundlage für dieBildungs- und Erziehungsarbeit. Hier fin-den Sie keinen Katalog abzuarbeitenderZiele und Vorgaben, sondern neben einerThemensammlung Anregungen für diepädagogische Arbeit der Erzieherinnenund Erzieher sowie Kindertagespflege-personen. Ausgangspunkt ist eine Grund-auffassung vom Kind, die seine Stärkenin den Blick nimmt, die das Kind wert-schätzt als einmalige kleine Persönlich-keit. Das Kind soll dazu befähigt werden,sich mit Unterstützung der Erwachsenenund in ständigem Kontakt mit anderenKindern ein eigenes Bild von der Weltzu machen und auf der Grundlage einespositiven Selbstwertgefühls seine Mög-lichkeiten auszuprobieren. Es geht we-niger darum, dass Erwachsene dem Kindihre Lebenssicht und ihre Erfahrungen»beibringen«, sondern dass das Kind imZusammenspiel mit den Fachkräften undanderen Kindern Entdeckungen macht.In diesem Heft versuchen wir, dies bei-spielhaft darzustellen.

Der Bildungsplan hat neue Akzente ge-setzt, Diskussionen um Bildungsthemenund pädagogische Haltungen ausgelöst.Viele Eltern haben sich positiv dazu ge-äußert. In Kürze wird ein wissenschaftli-ches Gutachten über die Arbeit mit

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diesem Plan vorliegen. Natürlich sindauch Sie eingeladen, sich mit ihm aus-einanderzusetzen. Wichtig ist vor allemIhr guter Kontakt zu der Einrichtung oderzur Tagesmutter bzw. zum Tagesvater.Nehmen Sie Ihr gesetzlich garantiertesMitwirkungsrecht wahr, sich an der Erfül-lung der Aufgaben der Kindertagesein-richtungen und der Kindertagespflege zubeteiligen. Die vollständige Fassung desBildungsplanes finden Sie auf dem Ser-ver www.kita-bildungsserver.de

Prof. Dr. Roland WöllerSächsischer Staatsminister für Kultusund Sport

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Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über dasselbe Thema malen.

Pablo Picasso

Man kann einen Menschen nichts lehren. Man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.

Galileo Galilei

Das Unmögliche ist oft das was noch niemand versucht hat. Johann Wolfgang Goethe

Solange es das Staunen gibt, feiert die Banalität keine Triumphe. Andre Heller

Nur wer den Klang riecht kann Farben hören. Michael Weisser

Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken riechen. Novalis

Kräfte lassen sich nicht mitteilen, sondern nur wecken. Georg Büchner

Die Phantasie ist bedeutender als das Wissen. Albert Einstein

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Buchstaben und NamenLernen im Spiel, Celina 5 Jahre

Seit einigen Tagen schreibt Celina bei je-der Gelegenheit ihren Namen auf Papier.Sie ist sehr stolz auf ihr Können undäußerst interessiert an Buchstaben.

Es ist ein Dienstagmorgen. Celina kommtgegen 8.00 Uhr in die Kita. Wie so oft inden letzten Tagen setzt sie sich an denTisch und schreibt ihren Namen auf. Aberheute tut sie noch viel mehr. Sie nimmteinen Stift und ihren beschriebenen Zet-tel und verlässt den Raum mit der Bemer-kung »Ich komme gleich wieder!«. Ichlasse sie gehen und warte gespannt aufihr Wiederkommen. Aus dem Nebenraumhöre ich, wie sich Celina von eben ein-treffenden Eltern deren Namen aufschrei-ben lässt. »So wie ich!«, ordnet sie an.Dann entfernt sie sich. Nach etwa zehnMinuten ist sie wieder da und präsentiertmir ihr Schriftstück. Acht Namen hat Celi-na gesammelt. Ich staune und lese sielaut vor. Jedem der vorbeikommt, zeigt

sie stolz ihren Schatz. Als ich glaube,dass Celinas Beschäftigung damit been-det ist, werde ich eines Besseren belehrt.

Sie sucht sich ein ruhiges Plätzchen imNebenraum. Dort beginnt Celina, mit bun-ten Stiften alle gleichen Buchstabenanzumalen. Ich setze mich still dazu undschaue ihr zu. Ich erkenne ihr Ordnungs-system und warte gespannt darauf, waspassiert. Und tatsächlich! Als sie alleNamen bearbeitet hat, offenbart sie mirihr Ergebnis. »Der Buchstabe ist ganz oft(e), und der auch (n,) und der ist garnicht viel angemalt (c)...!«

Ich höre ihr aufmerksam zu und denke:»Was für eine Leistung!«

Und dann darf auch ich meinen Namendazuschreiben...

Katharina B., Erzieherin

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Auszug Bildungsplan:»Der diesem Bildungsplan zugrunde lie-gende Bildungsbegriff orientiert sich amGedanken der Selbstbildung. Bildungwird als ganzheitlicher, umfassenderProzess aufgefasst, der auf die Gesamt-entwicklung der Person in ihren unter-schiedlichen Wahrnehmungs-, Denk-und Handlungsweisen bezogen ist. Bil-dung ist demnach mehr als Lernen.

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Welches Bildungsverständnis liegt demSächsischen Bildungsplan zugrunde?Anhand der Spielsituation von Celina solldas verdeutlicht werden.

Jedes Kind ist von Anfang an bemüht sichseine Umwelt aus eigener Kraft und miteigenen Strategien und Mitteln anzueig-nen, mit ihr in Kontakt zu treten undErfahrungen zu sammeln: wir haben gese-hen, wie sich Celina an die eintreffendenEltern wendet und sie um das Aufschrei-ben ihrer Namen bittet. Die Kinder lernenaus eigenem Willen und entwickeln sichdabei. Celina wurde nicht aufgefordert,dieser Tätigkeit nachzugehen, sie agiertaus eigenem Antrieb und Interesse.

Celina besitzt, wie jedes Kind, vielfältigeWahrnehmungsmöglichkeiten, die ihr hel-fen, sich in ihrer Lebenswelt zurechtzufin-den, sie zu erforschen und für sich nutz-bar zu machen. So erkennt Celina, dassdie Eltern für ihr Vorhaben nützlich sind,weil sie schreiben können. Im Verlaufihrer Beschäftigung mit Buchstaben ent-steht bei Celina das Bedürfnis, die vielenSinneseindrücke zu ordnen, die zunächstdiffus und chaotisch erscheinen. Im Hin-blick auf dieses Bedürfnis reicht Celinadas »Aufschreiben lassen« durch dieEltern nicht aus. Sie setzt sich an ein ruhi-ges Plätzchen und beginnt, die Buchsta-ben nach ihrem eigenen System zu ord-nen. Bereits hier wird deutlich, dass Kin-der in ihrer Entwicklung herausragendeLeistungen vollbringen, die sie auf indi-viduelle Art und Weise bewältigen. Dabei

nutzen sie ihre bisherigen Potentiale undFähigkeiten, in diesem Fall das Schreibenvon Buchstaben, das Ordnen von Gegen-ständen und das Kommunizieren. Celinaist nun in der Lage, diese Fähigkeiten fürihr Vorhaben zu bündeln: So kann siezum Bespiel erkennen, dass die einzelnenBuchstaben in unterschiedlichen Mengenin den Namen enthalten sind und entwi-ckelt so ein eigenes Ordnungssystem.

Kinder sollen, so wie Celina, im wahrstenSinne des Wortes Gegenstände so langewie nötig ergreifen und betrachten dürfen,um sie begreifen zu können. Es bedarfdeshalb vielfältiger Gelegenheiten, umDinge zu untersuchen und ihrem Sinn aufden Grund gehen zu können. Dazu brau-chen Kinder eine an Anregungen reicheLernumgebung. Wie tief dabei jedes ein-zelne Kind in den jeweiligen Wissensbe-stand eintaucht, ist u. a. abhängig von derZeit, die dem Kind zum Erkunden zur Ver-fügung steht, und von den Erwachsenen,die entscheidend mitbestimmen, welchesWissen sich Kinder aneignen können.

Celina genoss das Vertrauen der Erziehe-rin um sich im Haus frei bewegen zu kön-nen, sie besaß ausreichend Zeit undMaterialien für ihr Vorhaben und sieerfuhr Unterstützung durch die Sensibili-tät der Erzieherin, Celinas ganz eigenenBildungsprozess zu erkennen. Es liegtweitestgehend an den Erwachsenen, objedes Kind seine Ausdrucksmöglichkeitenerkennen und weiterentwickeln kann, undob es mit seinen »hundert Sprachen« die

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Welt, seine Mitmenschen und sich selbstverstehen lernt. Celina erlebt dabei fürsich Freude, Wohlbefinden und Befriedi-gung. Sie lässt jeden, der vorbeikommt,ihren »Schatz« sehen. Sie findet einenSinn in ihrem Tun und in den Dingen, diesie umgeben. Auf dieser Basis gewinnenTätigkeiten und Dinge für Celina eine sub-jektive, d.h. individuelle Bedeutung undkönnen so leichter in ihre eigenen Wis-sensbestände eingehen.

Alle Kinder entwickeln ihre Identität inder Auseinandersetzung mit anderen Kin-dern und Erwachsenen, mit Gegenständender sie umgebenden Welt und ergänzenihre eigenen Fähigkeiten durch die Fähig-keiten der anderen im gegenseitigen Aus-tausch. Für eine ganzheitliche Entwick-lung bedürfen alle Kinder der Wertschät-zung und des Respekts der Erwachsenen,die so wie Celinas Erzieherin in der Lagesein sollten, zu staunen, aufmerksam zu-zuhören und die Leistungen der Kinderanzuerkennen. Es bedarf also Erwachse-ner, die dem kindlichen Tun mit Freudeund Offenheit gegenüberstehen. Daspädagogische Handeln auf dieser Grund-haltung unterstützt die Kinder in ihremSelbstbildungsprozess und ermöglichtihnen, so wie Celina, ihre jeweiligen Ideenund Pläne zu verwirklichen.

Wie ist der sächsiche Bildungsplan auf-gebaut?In der nachfolgenden Grafik sind dieKapitel Grundlagen, Bildungsbereiche undKontexte des Bildungsplans dargestellt.

Der Sächsische Bildungsplan beschreibtsechs Bildungsbereiche (somatische Bil-dung, soziale Bildung, kommunikative

Bildung, ästhetische Bildung, naturwis-senschaftliche Bildung und mathemati-sche Bildung).

Jeder Bildungsbereich wird nach einerfachlichen Einführung mithilfe von Leitbe-griffen beschrieben, wobei diesen Leitbe-griffen konkrete praktische Themen zuge-ordnet sind.

Auch wenn der Bildungsplan die Bil-dungsbereiche differenziert beschreibt,sind sie im pädagogischen Alltag nichtlosgelöst voneinander zu betrachten, dasich die Entwicklung von Kindern kom-plex vollzieht. Bildungsprozesse beziehensich immer auf mehrere Bereiche gleich-zeitig, was jedoch nicht heißt, dass injeder Alltagssituation jeder Bildungsbe-reich gleichermaßen erkennbar ist. DieVielfalt der Lernsituationen hebt diesesscheinbare Ungleichgewicht wieder auf.Die nachfolgenden Beispiele sollen die-ses verdeutlichen.

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Essen kühlen am VentilatorBildung beim Mittagessen – mit Luis,zwei Jahre

Es ist ein heißer Julitag. Die Kinder habensich zum Mittagessen um den Tisch ver-sammelt. Der Grießbrei dampft in denSchüsseln. Gerade legt sich Luis Essenauf. Sehr vorsichtig, mit gestrecktem Armund ernster Miene balanciert er eine KelleBrei auf seinen Teller. Einige Kinderbeginnen, auf ihren Teller zu pusten. Luisprobiert und legt seinen Löffel mit derBemerkung: »Essen ist warm« sofort bei-seite. Sein Freund Paul tut es ihm gleich.

Luis sitzt ganz still und sein Blick wan-dert zu einem Ventilator auf dem Fußbo-den, der den Kindern an diesem heißenTag ein wenig Abkühlung bringen soll.Fasziniert schaut er eine Weile auf dasrotierende Gerät.

Plötzlich steht Luis auf und transpor-tiert seinen Teller mit beiden Händen hal-tend sicher zum Ventilator. Er stellt sichdavor und schaut auf das Gerät hinab.

Die Erzieherin ist neugierig geworden undfragt: »Was machst Du?«.

Luis antwortet: »Soll kalt werden« undhockt sich nieder. In dieser Positionbleibt er eine Weile allein, aber nichtlange. Lisa und Paul kommen mit ihrenTellern hinzu. Auch sie wollen ihr Essenkühlen.

In dieser alltäglichen Situation erlebtLuis, dass seine Idee, das Essen am Ven-tilator zu kühlen, aufgegriffen wird. Soerfährt er nicht nur Anerkennung durchdie anderen Kinder, sondern macht auchdie Erfahrung, sich in die Gruppe einbrin-gen zu können und von dieser angenom-men zu werden (soziale Bildung). Solchegemeinsamen Erlebnisse und Aktivitätender Kinder stiften Anlässe für Kommuni-kation, sowohl über Sprache (»Soll kaltwerden«) oder Handlungen (Paul tut esihm gleich) – (kommunikative Bildung).

Als Luis aufsteht, um sein Essen zukühlen, ist es nicht sein Anliegen, gegenallgemein gültige Tischsitten zu versto-ßen. Er will essen und wählt eine für ihnwirkungsvolle Möglichkeit zum Abkühlen

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Auszug Bildungsplan:»Erwachsene werden ihrer Verantwor-tung nicht enthoben, wenn Bildung alsSelbstbildung und aktive Selbsttätig-keit eines Kindes aufgefasst wird. ImGegenteil: Die Lebenswelt von Mäd-chen und Jungen und die Erfahrungen,die sie darin machen, sind prägend fürdas jeweilige Selbstbild.«

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des Essens. Er übernimmt die Verantwor-tung für die Befriedigung seiner Grundbe-dürfnisse (somatische Bildung). Indemdie Erzieherin diese Handlung zulässt,findet er zu einer verblüffenden Einsatz-möglichkeit des Ventilators. Er hat dieChance, physikalische Vorgänge zu über-prüfen, vernetztes Denken wird gefördert(naturwissenschaftliche Bildung). Luiserforscht und entdeckt seine Umwelt mitallen Sinnen: hören, schauen, berühren…(ästhetische Bildung).

Der zweijährige Luis ist bereits in derLage, seinen Teller zu füllen und hantiertdabei mit Mengen und Gewichten. BeimTransportieren des Tellers balanciert erseinen Körper aus und muss den dafürerforderlichen Kraftaufwand einschätzen(somatische Bildung, mathematische Bil-dung und naturwissenschaftliche Bil-dung).

Diese detaillierte Betrachtung zeigt, wel-che vielfältigen Lernerfahrungen Luisgemacht hat und wie die dargestelltenBildungsbereiche in einem komplexenZusammenhang stehen – Bildung beimMittagessen!

Bunte FolienExperimentieren mit Materialien – erfun-den von Luca, drei Jahre

Von Frau N., der Mutter von Lisa, erhieltenwir im letzten Sommer verschiedenfarbigeFolien. Wir freuten uns sehr, sie den Kin-der als Material anbieten zu können.

Interessiert untersuchten die Kinderzunächst die Eigenschaften der Folien:Wie biegsam sind sie? Kann man sieeigentlich zerschneiden? Wie fühlt sich dieOberfläche an? Kann man da durchschau-en? – Lauter Fragen, auf welche die Kinderwissbegierig nach Antworten suchten...

Schon nach kurzer Zeit hörten wir sienur noch wild und völlig begeistertdurcheinanderreden und aufgeregt disku-tieren: »Guck mal, ich sehe alles rot!« –»Und ich alles blau!«

Noch am selben Nachmittag klebtendie Kinder farbige Folien auf unsere Fens-terscheibe und mit jeder neuen Farbfoliebestaunten wir gemeinsam die entstan-denen Farbflecken auf unserem Boden.

Einige Tage später...Es ist 14.45 Uhr, die tiefstehende Win-

tersonne blinzelt hell durch unser buntes

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Fenster. Einige Kinder sitzen noch amKaffeetisch ... Luca ist bereits fertig undsteht auf. Er holt sich einen Stuhl, stelltihn auf den Teppich vor das Fenster undsetzt sich. Aber warum setzt er sich mitdem Rücken zum Fenster? Die Folienselbst scheinen ihn nicht sonderlich zuinteressieren. Stattdessen beobachtet ergebannt die farbigen Lichtflecken aufdem Fußboden. Nach einer kurzen Weilesteht er auf, holt ein paar Holzbausteineund füllt damit die leuchtenden Formenaus. Was hat er nur vor? Anschließendsetzt er sich wieder auf seinen Stuhl undschaut prüfend auf das Ergebnis seinerArbeit. Dies wiederholt er noch mehrfach.Ich schaue ihm zunächst erstaunt, dochbegeistert zu und versuche, die Absichtseines Handelns zu verstehen.

Inzwischen ist es 15.15 Uhr; Kinder ausanderen Gruppen kommen hinzu. Keinerstört ihn, aber einige schauen ihmgespannt zu. Nach einer Viertelstundestellen Luca und seine Freundin Nora ver-blüfft fest, dass sich die farbigen Formenverschoben haben. Sie versuchen eineErklärung zu finden und Nora macht denschon sichtbaren Mond dafür verantwort-lich, »weil er die Sonne wegschiebt«. Aberdas stört die beiden nur wenig, denn alsLeuchtautobahn taugen die Farbfleckenauf dem Boden allemal!

So viele Farben! Was bewirken die Farbender Folien? Mit dem Angebot von Frau N.erhalten die Kinder Materialien, die sienicht nur neugierig machen, sondern sieauch anregen, sich damit auseinander zu

setzen. »Ich sehe alles rot«, »Ich sehealles blau«... ein Ausgangspunkt dafür istschnell gefunden. So entwickeln sich Ideenbei den Kindern, die weder die Erzieherinnoch Frau N. vorausgesehen haben.

Die Basis für das Erkunden und Erfor-schen der Kinder bildete der freie Zugangzum Material. Zur selbstständigen Ausei-nandersetzung mit Materialien undGestaltungstechniken müssen die KinderFreiräume zum Experimentieren erhaltenund daneben auch den zweckmäßigenGebrauch erfahren können. Über dasErkunden der Folie entsteht das Interesseder Kinder an farbigen Formen auf demBoden. Einige Tage später erregen die far-bigen Lichtflecke das Interesse der Kin-der. Die farbigen Formen auf dem Fußbo-den werden nun mit Bausteinen ausge-füllt und die Kinder erkennen, dass dersich ändernde Lichteinfall auch die For-men verändert (mathematische Bildungund ästhetische Bildung). Die sich ausder Handlung ergebenden Gespräche der

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Auszug Bildungsplan:»Die Menschen, die Neues entdecken,nahmen sich kleine Dinge vor, die inihrer Fragestellung begrenzt waren, imForschungsprozess jedoch viele neueFragen aufwarfen. Ähnlich ist dies beiKindern, denn sie sind neugierig undmüssen eigene Erfahrungen mit Ele-menten und Phänomenen aus der sieunmittelbar umgebenden Natur, Kulturund Religion machen.«

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Kinder sind dabei wichtig, weil sie ihnenden Anschluss an bereits vorhandenesWissen und Denken ermöglichen. Dabeigeht es zunächst nicht um eine »richtige«oder »falsche« Beschreibung von Phäno-menen aus der Umwelt der Kinder, son-dern um eine Beschreibung mit Begriffenaus ihrem eigenen Erfahrungshinter-grund. Aus den farbigen Flecken auf demFußboden und den gelegten Bauklötzernkann so eine »Leuchtautobahn« entste-hen, für das Verschieben der farbigen For-men ist der schon sichtbare Mond ver-antwortlich (soziale Bildung, kommunika-tive Bildung, naturwissenschaftliche Bil-dung und somatische Bildung). Wenn dieKinder dabei eigene Erklärungen findensollen, ist es wichtig, dass ihnen dieErwachsenen zur Seite stehen, sie anre-gen und den Kindern für ihre Experimen-te ausreichend Zeit einräumen. Die Kin-der betreten dabei, ähnlich wie ein for-schender Wissenschaftler, Neuland. Soentwickeln sie Thesen und Vermutungen(»weil der Mond die Sonne wegschiebt«),die sie auf ihre Richtigkeit überprüfenund anhand derer sie wieder neue The-sen entwickeln können.

Dadurch, dass sich die Erzieherinnen undauch Frau N. auf die sich veränderndenThemen der Kinder einlassen, ermöglichensie den Kindern, mit ihnen gemeinsamErklärungen durch neue Experimente zu fin-den. Zum Beispiel den Lichteinfall durchdie Folie vielfältig auszuprobieren, Folie zubemalen und zu bekleben, Folie im Raumaufzuhängen und den Raum zu teilen...

Welten entdecken Das Schloss – erschaffen von Karl, vierJahre

Geschäftiges Treiben in der Kindergruppe:Elsa schmückt die Möbel des Zimmersmit bunten Glassteinen – Laura, Paulaund Caroline haben sich auf dem Fußbo-den Malblätter ausgelegt und malen eif-rig. Farbenprächtige Prinzessinnen, Blu-men und Sonnen sind zu sehen. Im Vor-raum haben einige Kinder unter demKommando von Felix ein Schloss ausStühlen, Schaumstoffbausteinen undallerlei Dingen »besetzt« und verteidigenes vor imaginären Angreifern. Die Besu-che des großen Schlosses am Rande derStadt scheinen nachhaltige Eindrücke beiden Kindern zu hinterlassen.

Karl schlendert scheinbar unschlüssigzwischen den einzelnen Gruppen umherund ist sichtlich froh, als es nach einigerZeit in den Garten geht. Draußen treffeich ihn wieder: er sitzt am Sandkasten,

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vor sich mehrere Eimerchen und einengroßen Behälter mit bunter Straßenmal-kreide. Angestrengt reibt er Kreide aneinem Teesieb, so dass feiner Kreide-staub in die kleinen Eimerchen rieselt –rosa, himmelblau, grün, gelb, violett undorange. Kaum, dass er mich wahrnimmt,als ich mich zu ihm setze. Er reibt,schnauft und runzelt ab und zu die Stirn,wenn er mit seinen kleinen Händenabrutscht. Eine ganze Weile schaue ichihm zu. Die Eimerchen füllen sich. »Willstdu dir Farbe herstellen?« frage ich. Karlschüttelt nur den Kopf, er hat wohl keineZeit mit mir zu sprechen...

Dann – Karl bringt die Eimerchen zueinem großen Sandhaufen im Sandkas-ten und streut nun andächtig den buntenKreidestaub darüber. Rosa Kreise, grüneund himmelblaue Streifen, violette undgelbe Flecken und orange Tupfer entste-hen. »Ein Schloss«, sagt er zu mir.

Die vielen neuen Eindrücke bei demBesuch des Schlosses haben ganz unter-schiedliche Ideen, Phantasien und Aktivi-täten bei den Kindern der Gruppe ausge-löst. So können wir beobachten, wieErlebtes im Spiel der Kinder unterschied-lich bearbeitet wird. Jedes Kind verarbei-tet die bereits gesammelten Erfahrungenmit der ihm eigenen Phantasie. Dabeikombiniert es ein bekanntes Thema unddamit auch vorhandenes Wissen mitneuen Themen und neuen Inhalten, diesich aus dem Schlossbesuch ergaben, aufvielfältige Weise. Diese unterschiedlicheBearbeitung spiegelt sich in den differen-zierten und kreativen Ausdrucksformender Kinder wider; bspw. beim Gestaltenmit Materialien und Gegenständen (bunteGlassteine) oder beim Eintauchen in ver-schiedene Rollen (Prinzessin, Ritter). Überden Austausch der Kinder untereinander,zum Beispiel beim »Verteidigen« der Burg,tauschen sie nicht nur die gesammeltenErfahrungen, sondern auch das vorhande-ne Wissen aus und erweitern es auf spie-lerische Art.

Karl hatte Sand, farbige Kreide – und einausrangiertes Küchensieb. Und er hat»Bilder«, die er als Erfahrungsschatz insich trägt: von Erlebnissen zu Hause, beiden Großeltern und natürlich auch vongemeinsamen Unternehmungen mit denKindern und der Erzieherin aus der Kita.Auf dieser Grundlage bearbeitet er dasThema Schloss auf seine individuelleWeise.Er sortierte die Kreide nach Farben

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Auszug Bildungsplan:»Der Begriff »ästhetisch« wird häufig inVerbindung mit Schönheitsidealen ver-wendet, er deutet aber auch auf dasEmpfindungsvermögen und seine Funk-tionen hin. Im weiteren Sinne beinhal-tet er Harmonie in Natur und Kunst undeinen Einklang der Sinne des Men-schen. Bei Mädchen und Jungen äußertsich das zum Beispiel darin, dass sie inBildern denken und diese Vorstellungenästhetisch ausdrücken möchten.«

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(ästhetische Bildung). Er zählte sich soviele Eimerchen ab, wie es Farben gab(mathematische Bildung), und er nahmeine große Anstrengung (somatische Bil-dung und soziale Bildung) auf sich, ummit den Hilfsmitteln farbigen Staub her-zustellen: zielstrebig, ausdauernd undhochkonzentriert. Mit den Worten »einSchloss« zeigt er, wie stolz und zufriedener mit seinem Tun ist.

Wir staunen über Karl. Ein neues, ande-res Schloss ist entstanden.

Kontexte

Auf den vorangegangenen Seiten wurdenanhand von Beispielen aus Alltagssitua-tionen von Kindern das Bildungsver-ständnis des Sächsischen Bildungsplansund die im Bildungsplan benannten Bil-dungsbereiche vorgestellt. Möglicherweiseentsteht beim Lesen der Eindruck, dassdie Bildung der Kinder ausschließlich imSelbstlauf passiert, nur von den Kindernausgeht und Erwachsene dabei wenigaktiv sind. Ist das tatsächlich so?

Die Antwort auf diese Frage führt unszum Kapitel 3 des Sächsischen Bildungs-plans, in welchem insbesondere auf dieAufgaben von Erzieherinnen in Kinderta-geseinrichtungen und in der Tagespflegeeingegangen wird. Demnach besteht dieHauptaufgabe von pädagogischen Fach-kräften darin, eigenaktive Bildungspro-zesse von Kindern zu ermöglichen, indemsie Bildungsprozesse beobachten unddokumentieren, die entsprechenden Rah-menbedingungen schaffen, methodisch-didaktische Entscheidungen treffen sowiemit allen am Erziehungsprozess Beteilig-ten kooperieren.

Grundlage für die pädagogischeArbeit ist die Beobachtung der Bil-dungsprozesse des Kindes. Bei die-ser Beobachtung steht nicht dieFrage im Vordergrund, ob Kinder überkonkrete Fertigkeiten verfügen unddiese ihrem jeweiligen Alter entspre-chen. Vielmehr geht es um eine aner-kennende und wertschätzende Beob-

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achtung, in der Ressourcen, Stärkenund Entwicklungsprozesse jedes ein-zelnen Kindes erfasst werden. Auchwenn eine Vielzahl von Beobach-tungsformen existiert, so verfolgendiese jedoch immer das Ziel, die The-men und Interessen der Kinder zuerkennen und festzuhalten. Im Ergeb-nis der Erfassung entstehen keine vonder Situation abhängigen Testwerte,sondern für jedes Kind sehr unter-schiedliche Lerngeschichten im Kon-text alltäglicher Situationen. So kanndie Erzieherin individuelle Entwick-lungsprozesse erkennen und fördern.

Um Entwicklungsschritte bei Kin-dern nachvollziehen und die Bil-dungsprozesse des Kindes besserverstehen zu können, ist es wichtig,dass die Erzieherinnen Dokumentati-onsverfahren einsetzen. Die Doku-mentation der Beobachtung bildetdie Grundlage für einen kontinuierli-chen Austausch zwischen den Erzie-herinnen untereinander, mit den Kin-dern sowie mit deren Eltern. Für dieDokumentation von Entwicklungs-schritten bei Kindern eignen sichunterschiedliche Dokumentationsfor-men. Das können zum BeispielÄußerungen und Handlungen derKinder sein, die als Geschichten auf-geschrieben werden, Skizzen oderFotoserien sowie Produkte von Kin-dern. Der gegenseitige Austauschdarüber bietet für alle Beteiligten dieGelegenheit zu erfahren, wie sichKinder die Welt aneignen und gibt

den Kindern die Möglichkeit, überihre eigenen Tätigkeiten und Aus-drucksformen zu sprechen. Ein sol-cher gemeinsamer Austausch bildetdie Grundlage für die Unterstützungder kindlichen Entwicklung.

Darauf aufbauend werden die Rah-menbedingungen für kindliche Bil-dungsprozesse geschaffen: • Die bewusste Gestaltung von bil-

dungsanregenden Räumen,• die Gestaltung des Alltags, in wel-

chem den Kindern ausreichendZeit, Freiräume und Selbstständig-keit zugestanden wird, und

• eine methodisch vielfältige päda-gogische Arbeit der Erzieherin, diedie Eigenaktivität von Kindernherausfordert, Bildungsprozessebegleitet und das Zusammenlebenin einer Kindergruppe moderiert.

Die kleine Spielsequenz aus dem All-tag von Celina, beobachtet und auf-geschrieben von der Erzieherin, lässtuns erkennen, was Celina in diesemMoment wichtig war. Wie kann Celinabei weiteren Lernprozessen unter-stützt werden? Womit beschäftigtsich Celina zu Hause? Solche undähnliche Fragen helfen der Erzieherin,im Dialog mit den Eltern neueHerausforderungen für Celina zu fin-den, zum Beispiel Materialien wie dieSchreibmaschine aus dem Nachbar-zimmer, der Stempelkasten, Zeitun-gen und Bücher oder Erfahrungsräu-

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me wie zum Beispiel Bibliothek,Buchstaben suchen im Ort (A wieApotheke...). Bei der Auswahl dieserMaterialien und Handlungsräume hatdie Erzieherin die Vermutung, dassCelinas Interesse den Buchstabengilt. Es wäre aber auch denkbar, dasssie sich Farben und Formen zuwen-det. Das Angebot würde dann ent-sprechend ergänzt. Über die Nutzungdes angebotenen Materials entschei-det das Kind selbst.

Lernen findet in der frühen Kindheitvor allem im Spiel statt. Es ist für Kin-der ein Tun mit einem eigenen Stel-lenwert, das sich noch nicht im Sinneeiner »Erholung« oder »Freizeit« vonArbeit oder Bildungstätigkeiten ab-grenzen lässt. Spielen, als die Haupt-aneignungstätigkeit der Kinder, istdie komplexeste Lernform. Es bietetdie Möglichkeit, eigenaktiv und selbst-organisiert zu erkunden, zu erobernsowie zu experi mentieren. Für Kinderist es eine aktive Auseinandersetzungund Aneignung der sozialen, räumlich-materiellen und natürlichen Umwelt.In dieser Tätigkeit agieren die Kinderhochmotiviert an ihren Themen,experimentieren mit Rollen und Mate-rialien, lernen Prozesse zu planen,eigene Vorhaben umzusetzen undüber das Geschehene zu kommuni-zieren. Dadurch erwerben sie Schlüs-selkompetenzen (zum Beispiel Team-fähigkeit, Fähigkeiten, Probleme zulösen, Fähigkeiten zur Kommunikati-

on), die sie für den Start in die Schu-le und ihr weiteres Leben benötigen.Im Spiel lernen sie Grenzen undRegeln kennen, lernen, diese auszu-handeln, selbst einzuhalten und aufderen Einhaltung zu achten.

Neben dem Spiel stehen den Kin-dern im Alltag aber auch noch ande-re weiterführende Lernformen zurVerfügung. In Projekten zum Beispielkann das Kind in spielerischer Weiselernen, seinen eigenen Fragestellun-gen zu folgen, eigene Interessen zuäußern, Projekte mit zu planen, mitzu gestalten und sich an Entschei-dungsprozessen zu beteiligen. Auchin der Projektarbeit gibt die Erziehe-rin keine Lösungen vor, sondern sieunterstützt die Kinder bei ihrer Su-che nach Antworten. Auf diese Weisewerden die Kinder an handlungsbe-zogenes Lernen herangeführt, sieerleben Situationen, in denen siedas bereits Gelernte anwenden undZusammenhänge herstellen können.Kinder lernen auf diese Weise nichtnur Methoden zur Wissensaneignung,sie üben auch, miteinander zukooperieren und unterschiedlicheMeinungen zuzulassen.

Eltern sind die wichtigsten Personenim Leben der Kinder. Sie sind dieersten Kommunikationspartner unddie Menschen, zu denen die Kinderdie intensivste Beziehung aufbauen.Diese Bindung gibt den KindernSicherheit und Schutz. Nur auf die-

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ser Grundlage können sie vom ers-ten Lebenstag an lernen und dieErfahrungen sammeln, die sie späterin die Kindertageseinrichtung mit-bringen und kontinuierlich erweitern.Dabei ist es für das Kind wichtig,dass es eine Beziehung zu einerneuen Bezugsperson aufbauen kannund dass Familie und Kindertages-einrichtung gemeinsam die Verant-wortung für die Entwicklung des Kin-des übernehmen. Um gelingendeÜbergänge gestalten zu können, istes wichtig, dass die am Erziehungs-prozess Beteiligten eine Erziehungs-partnerschaft anstreben und gestal-ten. Der erste Tag in der Kinderta-geseinrichtung oder der erste Schul-tag sind Anlässe, die im Leben einesKindes eine große und weitreichendeBedeutung haben.

Auch wenn sich die Erfahrungsräumemit zunehmendem Alter der Kindererweitern müssen, beginnt Schulvor-bereitung nicht erst im letzten Kin-dergartenjahr. Kinder auf die Schulevorzubereiten heißt insbesondere,den Wechsel des Kindes von derKindertageseinrichtung in die Grund-schule aktiv zu gestalten. Soll dieserÜbergang gelingen, müssen sich Er-zieherinnen, Grundschullehrerinnenund Eltern über ihre Erwartungenaustauschen und gleichberechtigt ander Gestaltung des Überganges mit-wirken.Gleichberechtigte Gestaltung des

Überganges heißt u. a.für die Kinder:• die neuen Lern- und Lebensräume

kennen lernen,• Beziehungen aufbauen und • erworbenes Wissen und Schlüssel-

kompetenzen anwenden können,

für die Erwachsenen:• Entwicklungsverläufe von Kindern

erkennen und dazu einen partner-schaftlichen Austausch pflegen,

• darauf aufbauend die Themen derKinder zu finden, die in die Gestal-tung gemeinsamer Projekte mün-den.

Der Sächsische Bildungsplan verstehtsich nicht nur als eine Arbeitsgrundlagefür pädagogische Fachkräfte in Kinderta-geseinrichtungen und Tagespflege son-dern auch als eine Orientierungshilfe fürEltern, um die gemeinsame Erziehungs-verantwortung wahrzunehmen und eineErziehungspartnerschaft zu praktizieren.

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Was bedeutet es, den Sächsischen Bildungsplanumzusetzen?

• Kinder dürfen selbst zunehmend dieVerantwortung für die Erfüllung ihrerGrundbedürfnisse übernehmen.

• Kinder verfügen über Freiräume, Zeitund ausreichende Möglichkeiten zumSpielen.

• Die Ziele der pädagogischen Arbeitwerden auf der Grundlage von indivi-duellen Beobachtungen einzelner Kin-der und von Kindergruppen formuliert.

• Auf der Grundlage von Dokumentatio-nen werden in regelmäßigen Gesprä-

chen mit den Eltern der Entwicklungs-stand des Kindes, seine Interessenund Bedürfnisse thematisiert.

• Die Umgebung der Kinder ist sogestaltet, dass jedes Kind seinen Lern-bedürfnissen nachgehen kann unddabei herausgefordert wird.

• Kinder bestimmen ihren Alltag mit undübernehmen dafür auch Verantwortung.

• Schulvorbereitung wird als Lernen ver-standen, das mit der Geburt beginnt.

• Es besteht die Bereitschaft, mit allenam Erziehungsprozess Beteiligten zu-sammen zu arbeiten.

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Page 18: Begleitheft zum Sächsischen Bildungsplan

HerausgeberSächsisches Staatsministerium für Kultus und SportReferat 36 Kindertagesbetreuung und soziale BerufeCarolaplatz 1, 01097 DresdenBürgertelefon: +49 351 5642526E-Mail: [email protected] Diese Broschüre entstand im Landesarbeitskreis zum Bildungsauftrag unter Mitwirkung von:Ruth Beyer, Leiterin der Kita Martinstraße, Chemnitz; Madleine Ehrlich, Leiterin der Kita „Sörnewitzer Kinderwelt e. V.“, Coswig; Maria Hackel, Fachberaterin, Jugendamt Leipzig; Bärbel Höhne, Leiterin der Kita „Knirpsenland“, Meißen; Brigitte Kittel, Fachberaterin der Solidar-Sozialring GmbH, Zwickau; Dr. Susanne Kleber, wissenschaftliche Mit-arbeiterin, Fakultät Erziehungswissenschaft, TU Dresden; Beate Nobis, Leiterin der Kita „Kinderhaus Leubnitz e. V.“, Dresden; Angelika Scheffler, Fachberaterin, Landesjugendamt; Ina Schenker, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Ev. Hochschule für Soziale Arbeit Dresden (FH); Brigitte Wende, Amtsrätin, Sächsisches Staatsministerium für Kultus und SportMarion Wolf, Leiterin der Kita „Mäuseburg“, Waldkirchen; Eike Zwinz-scher, Leiterin der Kita „Pusteblume“, Frankenberg und mit Unterstützung durch die Kindertageseinrichtungen:Kita „Mäuseburg“, Waldkirchen, Kita „Sörnewitzer Kinderwelt e. V.“, Coswig; Kita „Pusteblume“, Frankenberg, Kita Lichtenstein RedaktionMarie-Luise Spiewok, Referentin. Sächsisches Staatsministerium für Soziales und VerbraucherschutzLektoratRahel von WroblewskyGestaltungTania Miguez, Jens KlennertGrafikDenny WinkelmannFotosKita Frankenberg, Kita Waldkirchen, Kita CoswigAuflage30 000 ExemplareDruckDruckhaus GeraRedaktionsschlussFebruar 2007, unveränderter Nachdruck 2010

Diese Druckschrift kann kostenfrei bezogen werden bei: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Hammerweg 30, 01127 Dresden Telefon: +49 351 2103671 oder +49 351 2103672 Telefax: +49 351 2103681 E-Mail: [email protected] www.publikationen.sachsen.de