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Universität Zürich EINFÜHRUNG IN DIE PHONETIK UND PHONOLOGIE Beat Siebenhaar 12. November 2007 Einführung in Phonetik & Phonologie 2 EINLEITUNG - GRUNDBEGRIFFE Definition Phonetik & Phonologie > Phonetik beschreibt die Entstehung, Übertragung und Wahrnehmung, also hauptsächlich die materielle Seite der Sprachlaute. Dabei interessieren sämtliche Laute aller Sprachen. > Die Phonologie hingegen untersucht vor allem die Funktion und Eigenschaft von Sprachlauten als Elemente eines Sprachsystems, also die funktionelle Seite der Sprachlaute in einer Sprache. > Beide Wissenschaftsbereiche durchdringen und bedingen sich in verschiedener Weise.

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Phonologie

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Universität ZürichEINFÜHRUNG IN DIE PHONETIK UNDPHONOLOGIE

Beat Siebenhaar

12. November 2007

Einführung in Phonetik & Phonologie

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EINLEITUNG - GRUNDBEGRIFFEDefinition Phonetik & Phonologie

> Phonetik beschreibt die Entstehung, Übertragung undWahrnehmung, also hauptsächlich die materielle Seite derSprachlaute. Dabei interessieren sämtliche Laute allerSprachen.

> Die Phonologie hingegen untersucht vor allem die Funktionund Eigenschaft von Sprachlauten als Elemente einesSprachsystems, also die funktionelle Seite der Sprachlaute ineiner Sprache.

> Beide Wissenschaftsbereiche durchdringen und bedingensich in verschiedener Weise.

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PHONOLOGIELernziele

> Die Studierenden erkennen den Unterschied zwischenPhonetik und Phonologie.

> Phonem, Allophon, Minimalpaar sind begriffen> Die Studierenden verstehen phonologische Prozesse als

regelgeleitet.> Die Studierenden kennen Unterschiede der mundartlichen

und standardsprachlichen Sprachsysteme

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PHONOLOGIEGrundbegriffe

> Die Phonologie beschäftigt sich mit der Funktion undEigenschaft von Sprachlauten als Elementen einesSprachsystems. Ihr Gegenstand ist die funktionelle Seite derSprachlaute.

> Aufgbe der Phonologie ist es also Sprachlaute unter demAspekt ihrer funktionalen Eigenschaft zu analysieren, dasPhonemsystem einer Sprache zu erstellen und die Regeln zuermitteln nach denen dieses System funktioniert.

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PHONOLOGIEGrundbegriffe

> Das Phon ist die Analyseeinheit der Phonetik, ein einzelnerLaut, der aus dem Lautstrom segmentiert werden kann, ohneRepräsentant eines Phonems zu sein, d.h. ohne schon inBezug auf seine sprachsystematische Funktion analysiert zusein. Phon bezeichnet eine Klasse von Lauten, derenphonetische Substanz sehr ähnlich ist. Phone werden ineckige Klammern gesetzt [fo:n].

> Phonem ist die Bezeichnung für kleinste aus demSchallstrom der Rede abstrahierte lautliche Segmente mitpotentiell bedeutungsunterscheidender Funktion. DasPhonem ist eine Abstraktion, in der alle Phone mit gleicherdistinktiver Funktion zusammengefasst sind. Phonemewerden in Schrägstriche gesetzt /fo'ne:m/.

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PHONOLOGIENochmals: Das sprachliche Zeichen

> Ein sprachliches Zeichen entsteht aus der Verbindung einesInhalts mit einem Ausdruck.

Saussure, Ferdinand de (19672) Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Berlin: de Gruyter

Ausdruck – Bezeichnendes – signifiant

Inhalt – Bezeichnetes – signifé

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PHONOLOGIEGrundbegriffe: Phonem, Minimalpaar

> Klassifikation der Phone in Phoneme durch Suche vonWortpaaren, die sich nur in einem Phon unterscheiden.

> Wörter, die sich nur in einem einzigen Phon unterscheidennennt man Minimalpaare. Minimalpaare haben also diegleiche lautliche Umgebung.

> Wenn zwei Phone in derselben lautlichen Umgebungvorkommen und Ihre Vertauschung zu Wörtern mitunterschiedlicher Bedeutung führt, dann sind sie phonetischeRealisierungen zweier verschiedener Phoneme.

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PHONOLOGIEGrundbegriffe: Allophon

> Verschiedene Phone, die phonetisch nicht exakt gleich, jedochähnlich sind, können einer einzigen Einheit eines Sprachsystemszugeordnet werden, insofern sie keine Bedeutungsunterscheidungmarkieren. Diese phonetisch unterschiedlichen Realisierungeneines Phonems nennt man Allophone.

> Wenn zwei phonetisch ähnliche Phone nie in derselben Umgebungvorkommen, sind sie phonetische Realisierungen eines Phonemsund werden als kombinatorische Allophone (oder gebundeneAllophone/Varianten) bezeichnet. Sie stehen in komplementärerVerteilung.

> Wenn zwei Phone in derselben lautlichen Umgebung vorkommenund ihre Vertauschung nicht bedeutungsdifferenzierend wirkt, sindsie Realisierungen eines Phonems und werden als freie Allophonedes Phonems bezeichnet.

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PhonologieLautinventar

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PhonologieVariation - gebundene Allophone

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PhonologieVariation - gebundene Allophone ç, x, (!)

-chen

Chemie

durch

Milch

manch

seicht

nachleuchten

FachTöchter

brauchenRechen

dochmechanisch

hochGerüche

SpruchTücher

Tuchsich

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PhonologieVariation - gebundene Allophone ç, x, (!)

/ç//x/

-> [x] / [u: ! o" # a" a a!$]_

-> [ç] / [i" % y" &" e" ø" ' '" œ œ%$ a%$ l r m # +]_

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PhonologieDer Status von "

> Ist " ein Phonem des Deutschen?> Minimalpaaranalyse I

— (a!$s - ha!$s

— (as - pas

— (!nt)n - t!nt)n

— (alt - kalt

> Minimalpaaranalyse II— (a!$s - a!$s

— (as - as

— (!nt)n - !nt)n

— (alt - alt

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PhonologieDer Status der Affrikaten

> Affrikaten sind Verbindungen von Plosiven und homorganenFrikativen.

> [pf] [ts] [t!] oder [p+f] [t+s] [t+!]> Zwei Obstruenten im Auslaut sind möglich

— Akt, Abt, sechs,— *Atk, Atb, sesk

> Im Auslaut dürfen nicht zwei nicht-koronale Konsonantenstehen— Witz, Rotz, Schatz, Matsch,— Kopf, Napf, Rumpf

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PhonologieDer Status der Affrikaten

> Affrikaten sind Verbindungen von Plosiven und homorganenFrikativen.

> [pf] [ts] [t!] oder [p+f] [t+s] [t+!]> spiegelbildlicher Aufbau der deutschen Silbenstruktur

— Blatt - Kalb— Kram - Mark— klug - Schalk— Spott - hübsch— Zahn - Schatz, Hast— Tscheche - Kitsch, Gischt— Pfund - Topf, *... fp

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PhonologieDer Status der Affrikaten

> Affrikaten sind Verbindungen von Plosiven und homorganenFrikativen.

> [pf] [ts] [t!] oder [p+f] [t+s] [t+!]> Kommutationstest

— Topf–Torf, Latz–Lachs, Putsch–Punsch— Pfahle–prahle, Zaum–Traum, Tscheche–Zeche— Pfund–Fund, Pfosten–Posten, Zahl–Tal, Kitsch–Kitt

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PhonologieKonsonanten-Systeme des Deutschen

Duden 4Grassegger

Hakkarainen Hall

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PhonologieVokal-System des Deutschen

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PhonologieGespannte Kurzvokale

> viel [*fi"l] – Mutti [*m!ti]Diele [*di"l)] – vielleicht [fi*la%$çt]

> /i" y" u" e" ø" o"/ -> [i y u e ø o]/_ (wenn unbetont)

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PhonologieSchwa – # und Tiefschwa – $

> Schwa

> genau [g)*na!$] – genial [ge*ni$a:l]

> Tiefschwa (#)> Lehre [*le:r)] – Lehrer ['le:r+]

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PhonologieVokal-System des Deutschen

Duden 4 (2005)

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PHONOLOGIEGrundbegriffe: phonologische Regel

> engl. [le$t], [li"f], [fi",], [be,]

> /l/ !"[,] / _#

> [n$çt], [naxt] [%çt], [d$ç], [d&x], [dax], [manç'], [v%lç'], [arç'],[çemi:]?> /ç/ !"[x] / [u!o#a]_

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PHONOLOGIEPhonologische Regel: Auslautverhärtung

> Auslautverhärtung: /bdgvz-/ !"[ptkfs.] /_#

> Tag /ta:g/ [ta:k] - Tage /ta:g)/ [ta:g)]Dieb /di:b/ [di:p] - Diebe /di:b)/ [di:b)]Stück /.t&k/ [.t&k] - Stücke /.t&k/ [.t&k)]

> Job /d-#b/ [d-#p] - jobben /d-#b)n/ [d-#b)n]

> Die Auslautverhärtung gilt für die Aussprache der deutschenStandardsprache.

> Die Orthographie greift auf die zugrundeliegendephonologische Repräsentation zurück und berücksichtigt dieAuslautverhärtung nicht.

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PHONOLOGIEAufgabe – Phoneme, Allophone

Fehlartikulationen: Liegt hier ein Fehler auf phonologischerEbene oder der phonetischen Ebene vor? Anders gesagt, istdas falsche Phonem oder das fasche Allophon gewählt?

> Hansli in der Schule: "!x b"!n six#r."> Ida: "nax #m æ$:# mu#$ m# t hænd %æ$:#."> Lina: "nax #m æ$:# mu#$ m# t hænd %æ&:#."> Heather: "a!' w(d la!'k tu $!) '$*m$!)."> Urs: "v+l#n vi:,' çi'ne:s!& -s#n?" Uwe: "du ma!'nst &i'ne:z!&?"> Jürg im Kaufhof: "!x hæt# gærn a!'n &t.kx kxæ:z "#."> Jörg: "gry:tsi"> Eduard: "d# 'fa:/#/ f+m 'g/o:s# 'x/a:n# tr!)kxt ! d# &ri:n#'/e!' #s

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